Titel:
Vergütung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds – nachträgliche Übernahme einer geringerwertigen Tätigkeit
Normenkette:
BetrVG § 37 Abs. 4, § 78 S. 2
Leitsätze:
Klage eines Betriebsratsmitglieds auf Vergütungserhöhung entsprechend der Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt seines Amtsantritts mit ihm vergleichbar waren, nachdem er nach Amtsantritt einen Änderungsvertrag bezüglich einer geringerwertigen Tätigkeit (ohne Führungsverantwortung) unterschrieben hatte. (Rn. 35 und 36 – 40)
1. Die Vorschrift des § 37 Abs. 4 BetrVG soll sicherstellen, dass Mitglieder des Betriebsrats weder in wirtschaftlicher noch in beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden, und damit verhindern, dass das Einkommen des Betriebsratsmitglieds durch die Inanspruchnahme durch das Betriebsratsamt beeinträchtigt wird. Insofern stellt die Regelung eine besondere Ausprägung und Konkretisierung des allgemeinen Benachteiligungsverbots des § 78 S. 2 BetrVG dar (Anschluss an BAG BeckRS 2017, 110743 Rn. 22). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vergleichbar in diesem Sinne sind diejenigen Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und die dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren (Anschluss an BAG BeckRS 2020, 5801 Rn. 21; BeckRS 2017, 110743 Rn. 16). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Hinblick auf das Begünstigungsverbot nach § 78 S. 2 BetrVG kann das Betriebsratsmitglied demgegenüber eine Anpassung der Vergütung an die Gehaltsentwicklung der im Zeitpunkt seiner Amtsübernahme mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer nicht verlangen, wenn er nach Amtsübernahme einen Änderungsvertrag bezüglich einer geringerwertigen Tätigkeit unterschrieben hat. (Rn. 35 und 36 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Betriebsratsmitglied, Vergütung, Vergleichbarkeit, Begünstigungsverbot, freigestelltes Betriebsratsmitglied, Benachteiligungsverbot
Vorinstanz:
ArbG München, Endurteil vom 10.12.2020 – 22 Ca 10321/19
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Urteil vom 23.11.2022 – 7 AZR 122/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 53029
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 10.12.2020, Az.: 22 Ca 10321/19, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers als Betriebsratsmitglied.
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Der Kläger ist seit 15.06.1998 bei der Beklagten beschäftigt. Zunächst als Karosseriebauer im Betrieb E. eingestellt, wurde er mit Wirkung zum 01.01.2007 in den Betrieb der Beklagten in B-Stadt versetzt und gleichzeitig zum Teamleiter ernannt. Als solcher gehörte er der ersten Leitungsebene der betrieblichen Hierarchie an, bis die Parteien unter dem 26.10.2012 vereinbarten (in Anlage B1 zum Beklagtenschriftsatz vom 08.11.2019, Bl. 59 d.A.), dass er ab 01.11.2012 die Funktion als Teamleiter abgeben und als Techniker eingesetzt und ab diesem Zeitpunkt nach Entgeltgruppe V/1 vergütet werden sollte.
3
Mit Schreiben vom 12.03.2012 (in Anlage K7 zum klägerischen Schriftsatz vom 20.05.2020, Bl. 159 ff.d.A.) bewarb sich der Kläger auf eine (andere) Teamleiterstelle und mit solchen vom 13.07.2016 und 05.03.2018 (in Anlagen K8 und K9 zum klägerischen Schriftsatz vom 20.05.2020, Bl. 170 ff. bzw. 173 ff.d.A.) auf zwei Abteilungsleiterstellen.
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Seit 2010 war der Kläger Mitglied des bei der Beklagten installierten Betriebsrats; seit 2014 ist er als solches freigestellt.
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Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet der bei der Beklagten geltende Mantel- und Entgelttarifvertrag für die Beschäftigten der IAV Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (METV-IAV) - zuletzt in der Fassung vom 13.09.2018 - Anwendung. Dessen § 18 METVIAV enthält eine dreimonatige Ausschlussfrist.
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In einer Unterredung und mehreren E-Mails - u.a. solchen vom 28.07.2014 und 20.08.2014 - sprach der Kläger die fehlende Einkommensentwicklung seiner Position an. Mit Schreiben vom 24.09.2014 mahnte die IG Metall eine Klärung an. Das Angebot der Beklagten vom 10.12.2014 über eine Erhöhung um € 100,00 lehnte der Kläger ab. Mit Schreiben vom 05.04.2019 machte die IG Metall schließlich gegenüber der Beklagten eine Anpassung an die durchschnittliche prozentuale Vergütungsentwicklung darin aufgeführter Vergleichspersonen von 2010 an geltend. In einem Schreiben vom 05.06.2019 wiederholte die Gewerkschaft ihre Forderung unter Fristsetzung.
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Mit seiner Klage verfolgt der Kläger die Feststellung zur Anpassung seiner Vergütung und hat erstinstanzlich außerdem Zahlung ausstehender Gehälter für die Vergangenheit gefordert. Nach seiner Ansicht stehe ihm eine Vergütungserhöhung in Höhe der durchschnittlichen Vergütungsentwicklung der Teamleiter seit 2010 zu. Zum Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes sei er in der Teamleitung beschäftigt gewesen, sodass neun Teamleiter zum Zeitpunkt 2010 die zutreffende Vergleichsgruppe bilden würden. Insofern sei auf den Zeitpunkt der Amtsübernahme abzustellen. Im Wesentlichen seien die aufgeführten Arbeitnehmer fachlich und persönlich gleich qualifiziert, wobei es auf die berufliche Qualifikation nicht ankäme, weil diese bei der Beklagten nicht zwingend erforderlich sei; vielmehr seien Qualifikationskurse im Zusammenhang mit Beförderungen zu besuchen. Zwei der im Jahr 2010 als Teamleiter beschäftigten Arbeitnehmer seien im Jahr 2018 als Projektleitung tätig, drei als Teamleitung, drei als Abteilungsleiter und einer als Senior Fachreferent. Hinsichtlich der Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Tabelle auf Seite 4 der Klageschrift vom 19.09.2019 (Bl. 12 d. A.) Bezug genommen.
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Die Vergütungsentwicklung sei betriebsüblich, wenn diese von der Mehrheit der Mitglieder der Vergleichsgruppe genommen werde.
9
Die Relation des Jahreseinkommens des Klägers zum Jahreseinkommen der Vergleichsgruppe habe zu Beginn der Berechnung 76,3593% betragen. Anhand dieser Relation sei in den Folgejahren die entsprechende Gehaltssteigerung zu ermitteln, so dass ihm für den Zeitraum 2011 bis 2018 Forderungen in Höhe von insgesamt € 75.301,45 brutto zustünden.
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Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf Seiten 5 ff. der Klageschrift vom 19.09.2019 (Bl. 13 ff. d.A.) Bezug genommen.
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Die Teamleitung, so der Kläger, habe er aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit abgegeben; angesichts angelaufener Mehrstunden habe er letztlich vor der Entscheidung gestanden, entweder sein Betriebsratsmandat niederzulegen oder seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu verändern.
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Die tariflichen Ausschlussfristen hat der Kläger nicht für einschlägig und im übrigen als nicht tatbestandlich erfüllt gesehen.
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Der Kläger hat daher vor dem Arbeitsgericht zuletzt beantragt,
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 1.324,49 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2012 an den Kläger zu zahlen.
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 3.348,96 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2013 an den Kläger zu zahlen.
- 3.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 7.904,28 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2014 an den Kläger zu zahlen.
- 4.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 7.188,29 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2015 an den Kläger zu zahlen.
- 5.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 10.627,13 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2016 an den Kläger zu zahlen.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 12.326,67 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2017 an den Kläger zu zahlen.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 15.307,38 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2018 an den Kläger zu zahlen.
- 8.
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Die Beklagte wird verurteilt, EURO 17.274,24 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2019 an den Kläger zu zahlen.
- 9.
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Es wird festgestellt, dass die Erhöhung des Jahresgehalts des Klägers jeweils zum 31.10. durch die durchschnittliche Gehaltsentwicklung der Vergleichsgruppe, bestehend aus den Personen mit der Personalnummer 52773, 30987, 32835, 54752, 54091, 32907, 53506, 33280, 54855 zu errechnen ist.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Sie hat bestritten, dass der Kläger sich zwischen Betriebsratsmandat und Teamleitung habe entscheiden müssen.
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Außerdem hat sie die Berechnungen des Klägers als falsch bezeichnet; die in der Tabelle des Klägers gelisteten Beträge beruhten nicht auf von der Beklagten überlassenen Zahlen. Fehlerhaft sei außerdem die Vergleichsgruppe: Der Kläger stelle fehlerhaft auf das Alter ab, berücksichtige nicht den Unterschied von 13 Lebensjahren der Arbeitnehmer zueinander noch die unterschiedlichen Betriebszugehörigkeitszeiten. Vor allem aber sei der Kläger nicht mit Teamleitern, sondern angesichts der Vereinbarung von 2012 mit Technikern zu vergleichen. Eine Entwicklung von dieser Funktion zum Team- oder Abteilungsleiter bei der Beklagten schließlich sei nicht allgemein üblich; die Ernennung zum Teamleiter erfordere nach den im Gesamtunternehmen geltenden Verfahren u.a. eine Potenzialanalyse und eine Überprüfung der Eignung sowie eine förmliche Ernennung - Voraussetzungen, die der Kläger nicht erfülle.
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Für die Zahlungsansprüche hat sich die Beklagte zudem auf die tarifliche Ausschlussfrist und Verjährung berufen.
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Das Arbeitsgericht München hat unter dem Aktenzeichen 22 Ca 10321/19 mit Endurteil vom 10.12.2020, auf das hinsichtlich der Sachdarstellung und rechtlichen Begründung ergänzend Bezug genommen wird, die Klage insgesamt abgewiesen. Die Zahlungsanträge hat es für unbegründet gehalten, weil sie jedenfalls nach § 18 des MTV verfallen seien. Für den Feststellungsantrag, so das Arbeitsgericht, fehle es an einer substantiierten Darlegung zur Vergleichbarkeit: Weder sei zu den Tätigkeiten der genannten Vergleichsarbeitnehmer vorgetragen noch zur betriebsüblichen beruflichen Entwicklung.
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Gegen diese ihm am 19.01.2021 zugestellte Entscheidung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17.02.2021, der am selben Tage beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, Berufung eingelegt, die er mit solchem vom 19.04.2021, eingegangen am selben Tag, innerhalb der bis dahin verlängerten Frist begründet hat.
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Er moniert die erstinstanzliche Entscheidung als fehlerhaft. So habe er ausreichend zur Vergleichbarkeit vorgetragen, wenn er auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts abgestellt habe. Zu dieser Zeit sei er Teamleiter gewesen und daher mit solchen vergleichbar. Fehlerhaft habe das Arbeitsgericht weiteren Vortrag zu Aufstiegschancen verlangt, weil, wie er angegeben habe, diese allein von innerbetrieblichen Fortbildungen abhängig seien. Die Frage des Gerichts nach betriebsüblicher Entwicklung sei insofern fehlerhaft, weil diese eben sehr individuell von den jeweiligen Personen abhänge.
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Soweit das Gericht ihn in der Pflicht zur Darlegung gesehen habe, überzeuge dies nicht. Seine Darlegung genüge, wonach er trotz gleicher Tätigkeit bei Amtsübernahme weniger verdiene. Es fehle umgekehrt eine Begründung der Beklagten zur schlechteren Vergütung.
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Der Kläger beantragt daher zuletzt zu erkennen:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 10.12.2020 (Az.: 22 Ca 10321/19) wird teilweise abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Vergütung zu zahlen, die jeweils zum 31.10. 76,3593% des Durchschnitts der Vergütung der Vergleichsgruppe, bestehend aus den Personen mit der Personalnummer 52773, 30987, 32835, 54752, 54091, 32907, 53506, 33280, 54855, beträgt.
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Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
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Sie hält die Berufung schon für unzulässig, weil darin keine Auseinandersetzung mit dem Urteil, sondern allein eine Nachbesserung des eigenen erstinstanzlichen Vortrags erfolge. Im übrigen verteidigt sie die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend. Namentlich fehle es an der Vergleichbarkeit des Klägers mit der von ihm genannten Gruppe, weil er eben als Techniker, nicht als Teamleiter seit 2012 tätig gewesen sei. Eine Aufstiegschance, wie der Kläger sie darstelle, gebe es nicht; nicht jede Bewerbung zum Abteilungsleiter habe Erfolg, zumal diese Aufgabe ein Studium erfordere.
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Ergänzend wird wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, namentlich die des Klägers vom 19.09.2019 (Bl. 9 ff.d.A.), 30.09.2019 (Bl. 24 d.A.), 20.05.2020 (Bl. 92 ff.d.A.) und 16.11.2020 (Bl. 223 ff. d.A.) erstund vom 17.02.2021 (Bl. 281 ff.d.A.) und 19.04.2021 (Bl. 339 ff.d.A.) zweitinstanzlich, die der Beklagten vom 08.11.2019 (Bl. 44 ff.d.A.), 03.03.2020 (Bl. 79 ff.d.A.), 03.07.2020 (Bl. 184 f.d.A.) und 06.11.2020 (Bl. 195 ff.d.A.) vor dem Arbeits- und vom 25.03.2021 (Bl. 306 f. d.A.) und 04.08.2021 (Bl. 381 ff.d.A.) vor dem Landesarbeitsgericht sowie auf die Sitzungsniederschriften vor dem Arbeitsgericht vom 13.11.2019, 04.03.2020, 19.11.2020 und 10.12.2020 (Bl. 41 f., 77 f., 256 f. bzw. 239 ff d.A.) und vor dem Landesarbeitsgericht vom 16.08.2021 (Bl. 427 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
27
Die Berufung ist zulässig. Sie ist angesichts einer Beschwer in Höhe von € 51.822,72 nach § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG statthaft und mit den Schriftsätzen vom 17.02.2021 und 19.04.2021 innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet, die angesichts der Zustellung des Urteils am 19.01.2021 gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 222 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 19.02.2021 bzw. - verlängert - am 19.04.2021 abliefen.
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Die Berufung genügt inhaltlich den Anforderungen der §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 1 und 3 ZPO an die Begründung. Der Kläger rügt Rechtsfehler des Erstgerichts, soweit dieses den Klagevortrag als unsubstantiiert bezeichnet und den Kläger in der Darlegungs- und Beweislast gesehen hat.
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Die Berufung ist unbegründet: Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend den geltend gemachten Vergütungsanspruch des Klägers verneint.
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1. Die in der Berufung zur Überprüfung gestellte Feststellungsklage ist in der zuletzt gestellten Fassung zulässig, namentlich erfüllt sie die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO, weil mit dem Antrag auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten ein Teil eines Rechtsverhältnisses zur Klärung gestellt ist, was genügt (BAG v. 25.04.2018, 7 AZR 520/16 Rn. 17 - zitiert nach juris; Ostrowicz u.a.-Künzl Rn.75), und ein Feststellungsinteresse in dem Streit der Parteien über die zutreffende Vergütungshöhe gegeben ist.
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2. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann nicht eine Vergütung entsprechend der durchschnittlichen Gehaltsentwicklung der von ihm benannten Vergleichsgruppe verlangen.
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a. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich nicht aus § 37 Abs. 4 BetrVG.
33
(1) Nach § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen sein als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass Mitglieder des Betriebsrats weder in wirtschaftlicher noch in beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden, und damit verhindern, dass das Einkommen des Betriebsratsmitglieds durch die Inanspruchnahme durch das Betriebsratsamt beeinträchtigt wird (st. Rspr., vgl. etwa BAG v. 14.10.2020, 7 AZR 286/18 Rn. 20 - zitiert nach juris). Insofern stellt die Regelung des § 37 Abs. 4 BetrVG eine besondere Ausprägung und Konkretisierung des allgemeinen Benachteiligungsverbots des § 78 S. 2 BetrVG dar (BAG v. 18.01.2017, 7 AZR 205/15 Rn.22 - zitiert nach juris).
34
Vergleichbar sind diejenigen Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und die dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren (zuletzt BAG v. 22.01.2020, 7 AZR 222/19 Rn. 21 - zitiert nach juris; BAG v. 18.01.2017, 7 AZR 205/15 Rn. 16 - zitiert nach juris; Giesen RdA 2020, 155, 158 f).
35
Allerdings untersagt § 78 Abs. 2 BetrVG die Gewährung von Vergütung, die das Betriebsratsmitglied nicht erhalten hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit erbracht, sondern gearbeitet hätte. Dieses Gebot, wonach Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden dürfen, dient - ebenso wie das Ehrenamtsprinzip nach § 37 Abs. 1 BetrVG - der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder (BAG v. 29.08.2018, 7 AZR 206/17 Rn. 33 f - zitiert nach juris; BAG v. 18.05.2016, 7 AZR 401/14 Rn. 21 ff.-zitiert nach juris).
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(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Kläger eine Gehaltsentwicklung wie diejenigen Mitarbeiter, die 2010 Teamleiter waren, nicht verlangen.
37
Zwar ist für die Entwicklung nach § 37 Abs. 4 BetrVG grundsätzlich eine Gruppe aus diesen Mitarbeitern zu bilden; denn zu Beginn seines Betriebsratsamts hatte der Kläger die Aufgabe als Teamleiter.
38
Im Hinblick auf das Begünstigungsverbot nach § 78 S. 2 BetrVG jedoch ist hier unter Berücksichtigung der Vereinbarung der Parteien zur Aufgabe des Klägers vom 26.10.2012 von diesem Grundsatz abzuweichen.
39
Die Parteien haben darin abgesprochen, dass der Kläger ab 01.12.2012 die Funktion als Teamleiter abgeben und als Techniker mit entsprechend geringerer Vergütung weiterarbeiten werde. Die Gleichstellung mit Teamleitern und deren Entwicklung würde ihn besser stellen, als wenn er weiterhin auf der neuen Stelle arbeitete und entsprechend remuneriert würde. Die im Vergleich mit den Teamleitern schlechtere Stellung ist dadurch gerechtfertigt, dass der Kläger infolge der einvernehmlichen Vertragsänderung keine Personalführung mehr zu verantworten hatte, die ihrerseits die höhere Vergütung der Teamleiter begründete.
40
Der Einwand des Klägers, die Vereinbarung sei wegen seiner Betriebsratsarbeit erfolgt: er habe sich zwischen der Teamleiterfunktion und seinem Amt entscheiden müssen, ändert daran nichts. § 37 Abs. 2 BetrVG sieht im Fall einer Kollision von Betriebsratsamt und geschuldeter Arbeitsleistung eine an der ordnungsgemäßen Durchführung des Amts gemessene erforderliche Freistellung vor. Da aufgrund der Vertragsänderung die mit der Teamleitung verbundene Mehrverantwortung unabhängig von der Freistellung für Betriebsratsarbeit weggefallen ist, hätte die Gewährung von Teamleitervergütung eine unzulässige Begünstigung des Klägers gegenüber den anderen wie er als Techniker beschäftigten Arbeitnehmern zur Folge. Dass er sich bei der Vertragsänderung derart unter Druck befunden habe, dass eine freie Willensbildung nicht möglich gewesen sei, hat der Kläger nicht vorgetragen noch ist dies ersichtlich.
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b. Wie das Arbeitsgericht zutreffend und sorgfältig ausgeführt hat, ist die geforderte Vergütungsentwicklung auch nicht nach § 78 S. 2 BetrVG deshalb zu gewähren, weil der Kläger eine entsprechende Beförderung fordern könnte.
42
(1) Die Mitglieder des Betriebsrats dürfen nach § 78 S. 2 BetrVG wegen ihrer Amtstätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Wird ein Betriebsratsmitglied allein wegen des Amts nicht auf eine höherdotierte Stelle befördert, so ergibt sich aus dem Benachteiligungsverbot iVm. § 611a Abs. 2 BGB ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf die erhöhte Vergütung (BAG v. 20.01.2021, 7 AZR 52/20 Rn. 23 - zitiert nach juris; BAG v. 22.01.2020, 7 AZR 222/19 Rn. 29 - zitiert nach juris).
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Allerdings trägt der Kläger für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung einer unzulässigen Benachteiligung grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast (BAG v. 20.01.2021, 7 AZR 52/20 Rn. 24 - zitiert nach juris). Dabei genügt es nicht, dass sich aus seinem Vortrag ergibt, die Beförderung auf eine höher bezahlte Stelle sei ohne das Betriebsratsamt möglich und wahrscheinlich; das Gericht muss aufgrund der vorgetragenen Tatsachen und Hilfstatsachen zu der Überzeugung gelangen können, dass dem Betriebsratsmitglied ohne das Betriebsratsamt die höherwertige Tätigkeit tatsächlich übertragen worden wäre.
44
(2) An einer derartigen Darlegung fehlt es.
45
Der Kläger hat angegeben, sich wiederholt auf Team- und Abteilungsleiterstellen beworben zu haben.
46
Soweit er sich auf die Bewerbung vom März 2012 auf eine Teamleiterstelle bezieht, stellte diese keine Beförderungsstelle dar; denn zu dieser Zeit war der Kläger selbst noch als Teamleiter eingesetzt.
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Soweit er auf die Bewerbungen aus den Jahren 2016 und 2018 rekurriert, ist zu beachten, dass er damit von seiner Stellung als Techniker eine solche als Abteilungsleiter zu erreichen suchte. Dazu, dass ein solcher Sprung überhaupt üblich und in seinem Fall sogar zwingend gewesen sei, hat er nichts vorgetragen. Dass er in der konkreten Situation der einzig zu berücksichtigende Kandidat gewesen sei, hat er nicht behauptet.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO: Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
49
Die Revision war nicht zuzulassen, insbesondere kommt dem Fall keine besondere über die Klärung der zwischen den Parteien streitigen Rechtsfragen hinausgehende Bedeutung i. S. d. § 72 Abs. II Nr. 1 ArbGG zu.