Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 14.01.2021 – Au 2 K 19.707, Au 2 K 20.1480, Au 2 K 20.1481
Titel:

Rechtmäßigkeit von Straßenausbaubescheiden

Normenketten:
AO § 129
KAG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 1, S. 3, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Art. 19 Abs. 7 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Unter einer Erneuerung ist eine über eine Instandsetzung hinausgehende Maßnahme zu verstehen, durch die eine erneuerungsbedürftige Straße bzw. Teileinrichtung nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 05.12.2007 - 6 BV 04.496 -; Beschl. v. 21.07.2009 - 6 ZB 06.3102 -; Beschl.  v. 22.09.2009 - 6 ZB 08.788 -). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Straße hat in der Regel nach 25 Jahren ihre Nutzungsdauer überschritten und darf erneuert werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 14.07.2010 - 6 B 08.2254 - KommP BY 2010, 362; Urt. v. 19.09.1991 - 6 B 88.1578 - BayVBl 1992, 728). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ortsstraßen sind Straßen, die dem Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage oder innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Sinn des Baugesetzbuchs dienen mit Ausnahme der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, Staatsstraßen und Kreisstraßen (BayVGH, Urt. v. 13.12.2016 - 6 B 16.978 - BayVBl 2017, 418; Urt. v. 01.12.2016 - 6 BV 16.856 -; Besch. v. 18.05.2016 - 6 ZB 15.2785 -). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausbaubeitrag, Beitragserhebung, Erneuerung, Erschließungsanlage, Grundsatz der Typengerechtigkeit, Nutzungsdauer, Straßenausbaubeitrag
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 28.04.2022 – 6 ZB 21.758
Fundstelle:
BeckRS 2021, 52579

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten der Verfahren jeweils gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer der nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücke Fl.Nr. 3 (1.125 m²), Fl.Nr. 3/3 (827 m²) und Fl.Nr. 25/4 (305 m²) jeweils Gemarkung ... Lage .... Die Grundstücke Fl.Nr. 3 und Fl.Nr. 3/3 sind mit (zweigeschossigen) Wohngebäuden bebaut, die die Kläger und deren Töchter mit Familien bewohnen (Anwesen A 100 und A 100a). Das Grundstück Fl.Nr. 25/4 liegt nördlich der beiden anderen Grundstücke und wird als (gemeinsamer) Garten- bzw. Terrassenbereich genutzt. Die Flächen der Buchgrundstücke sind untereinander nicht durch Zäune etc. abgetrennt. Die Wohngebäude sind aneinandergebaut, wobei die Kläger das jeweilige Obergeschoss grundstücksübergreifend als Wohnbereich nutzen.
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Der Beklagte hat im Ortsteil ... u.a. die Straßen, an die auch die Grundstücke der Kläger angrenzen, im Jahr 2015 ausgebaut und dabei die Fahrbahn erneuert, die Straßenbeleuchtung verbessert, im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 8 die Stützmauer neu hergestellt sowie die Straßenentwässerung saniert. Die Grundstücke Fl.Nr. 3 und Fl.Nr. 3/3 grenzen mit ihrer Südseite unmittelbar an den als „A-...“ bezeichneten und abrechnungstechnisch als eigenständige Anlage betrachteten Straßenteil an. Das Grundstück Fl.Nr. 3/3 grenzt darüber hinaus mit seiner Westseite auch an den eigenständig abgerechneten Straßenbereich „A-Ortsmitte“ an.
3
Die Anlage „A-...“ zweigt im Bereich der Grundstücke Fl.Nr. 4 und Fl.Nr. 3/3 in östlicher Richtung von der Anlage „A-Ortsmitte“ ab, ist zwischen 4,50 m bis 5,50 m breit, weist einen etwa 20 m langen Abzweig zum Grundstück Fl.Nr. 22 auf und endet nach ca. 150 m an dem zum Grundstücks- und Gebäudebestand der ... gehörenden (Privat-)Grundstück Fl.Nr. 18. Die Anlage „A-Ortsmitte“ beginnt von der ...straße ... kommend am südlichen Ortseingang des Ortsteils A oberhalb der Abzweigung der Straße „B“ und führt bis zum nördlichen Ortsteilende zwischen Fl.Nr. 1/1 und Fl.Nr. 28 (früher Westgrenze Fl.Nr. 1). Sie ist ca. 450 m lang und weist am Grundstück Fl.Nr. 6 eine an der Grenze dieses Grundstücks entlangführende Abzweigung Richtung Osten auf, der nach ca. 30 m Länge in einen Fußweg zur Kapelle „...“ und weiter bergab zur ... übergeht. Die Anlagen „A-Ortsmitte“ und „A-...“ sind straßenrechtlich gemäß Eintragungsverfügung im Straßenbestandsverzeichnis des Beklagten vom 6. Mai 1963 als Ortsverbindungsstraße gewidmet und wurden am 2. November 2007 so in das digitale Straßenbestandsverzeichnis übernommen. Eine Änderung der Widmung erfolgte seither nicht.
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Der Beklagte führte im Bereich der Anlage „A-...“ mit einem Kostenumfang von 261.856,59 EUR Straßenausbaumaßnahmen durch (Erneuerung bzw. Verbesserung der Fahrbahn, der Straßenentwässerung, der Beleuchtung und Neuherstellung einer Stützmauer am Grundstück Fl.Nr. 8). Die letzte Unternehmerrechnung ging beim Beklagten am 9. Mai 2016 ein. Die Kläger wurden wegen der Kosten der Ausbaumaßnahmen an der als „A-...“ bezeichneten und als Anliegerstraße eingestuften Erschließungsanlage für das Grundstück Fl.Nr. 3 gestützt auf die am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Satzung des Beklagte über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen vom 7. Oktober 2014 (Ausbaubeitragssatzung - ABS) mit Bescheid vom 20. November 2017 - in der mit Schreiben des Beklagten vom 27. Februar 2018 übersandten gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 129 AO berichtigten Fassung - zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.445,13 EUR herangezogen. Für die Grundstücke Fl.Nr. 3/3 und Fl.Nr. 25/4 wurden die Kläger in gleicher Weise - mit Bescheiden vom 20. November 2017 in der mit Schreiben der Beklagten vom 27. Februar 2018 übersandten gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 129 AO berichtigten Fassung - zu einem Straßenausbaubeitrag für den Ausbau der Anlage „A-...“ in Höhe von 4.737,89 EUR (FlNr. 3/3) bzw. 1.747,35 EUR (Fl.Nr. 25/4) veranlagt.
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Bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche wurde jeweils ein Nutzungsfaktor von 1,3 angesetzt und eine Zweidrittel-Mehrfacherschließungsermäßigung gewährt. Der festgesetzte Straßenausbaubeitrag ergibt sich jeweils aus der Multiplikation der errechneten Fläche mit dem Beitragssatz von 6,6104 EUR/m².
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Die von den Klägern hiergegen mit Schreiben vom 12. Dezember 2017 eingelegten und mit Schriftsatz des Bevollmächtigten der Kläger vom 7. März 2018 begründeten Widersprüche wurden jeweils mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... vom 18. April 2019 zurückgewiesen.
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Am 14. Mai 2019 ließen die Kläger gegen die Heranziehungsbescheide Klagen erheben, die unter den Aktenzeichen Au 2 K 19.707 (Fl.Nr. 25/4 „A-...“), Au 2 K 20.1480 (Fl.Nr. 3 „A-...“) und Au 2 K 20.1481 (Fl.Nr. 3/3 „A-...“) geführt werden. Für sie ist jeweils beantragt,
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den Straßenausbaubeitragsbescheid des Beklagten vom 20. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom 18. April 2019 aufzuheben.
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Zur Begründung der Klagen wurde vorgetragen, dass der Beklagte die straßenrechtlich als Gemeindeverbindungsstraßen gewidmeten Erschließungsanlagen „A-...“ und „A-Ortsmitte“ im Jahr 2015 durch Straßenausbaumaßnahmen erneuert habe. Die im Ortsteil A gelegenen klägerischen Grundstücke Fl.Nrn. 3, 3/3 und 25/4 grenzten unmittelbar bzw. hinterliegend an die genannten Erschließungsanlagen bzw. Gemeindeverbindungsstraßen an. Es bestehe im Straßenbestandsverzeichnis eine Widmung der genannten Ausbaustraßen als Gemeindeverbindungsstraßen. Eine Umwidmung sei bis heute nicht erfolgt. Der Bauausschuss des Beklagten habe in seiner Sitzung am 30. Januar 2018 beschlossen, den die Umwidmung betreffenden Tagesordnungspunkt abzusetzen.
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Die verfahrensgegenständlichen Bescheide verstießen gegen das Rückwirkungsverbot und könnten nicht auf die Ausbaubeitragssatzung des Beklagten vom 7. Oktober 2014 gestützt werden. Es liege eine bestandskräftige Widmung der Ausbaustraßen „AOrtsmitte“ und „A-...“ als Gemeindeverbindungsstraße vor. Diese Straßenklasse falle nicht unter die Regelungen der Ausbaubeitragssatzung des Beklagten. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 ABS würden der Berechnung des Beitrags der Aufwand der Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung für Ortsstraßen im Sinn von Art. 46 BayStrWG zugrunde gelegt. § 5 Abs. 1 Nr. 2 ABS betreffe darüber hinaus auch bestimmte Bestandteile der Ortsdurchfahrten von Bundes-, Staats- und Kreisstraßen. Die Satzung erfasse deswegen keine Maßnahmen an Gemeindeverbindungsstraßen. Art. 46 BayStrWG enthalte die Legaldefinition der Gemeindeverbindungsstraße. Danach seien Gemeindeverbindungsstraßen solche, die den nachbarlichen Verkehr der Gemeinden oder der Gemeindeteile untereinander oder deren Verbindung mit anderen Verkehrswegen vermittelten. Ortsstraßen seien hingegen Straßen, die dem Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage oder innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans dienten, mit Ausnahme der Ortsdurchfahrten von Bundes-, Staats- oder Kreisstraßen. Eine Beitragserhebungsermächtigung für Gemeindeverbindungsstraßen enthalte die Satzung nicht. Die Erschließungsanlagen „AOrtsmitte“ und „A-...“ seien seit Jahrzehnten als Gemeindeverbindungsstraßen gewidmet. Es handle sich nach dem bestehenden und bis heute nicht geänderten Rechtszustand um Straßen, die den nachbarlichen Verkehr der Gemeindeteile untereinander und deren Verbindung mit anderen Verkehrswegen vermittelten und deshalb nicht der Ausbaubeitragssatzung des Beklagten unterlägen. Nachdem die Baumaßnahmen abgeschlossen seien, könne keine beitragsbegründende Umwidmung mehr erfolgen, da dies gegen das verfassungsrechtlich garantierte Rückwirkungsverbot verstoße. Liege eine konkrete Widmung einer Straße in eine bestimmte Straßenklasse vor, so sei diese Widmung für die Beitragserhebung maßgebend, wenn vor der tatsächlichen und rechtlichen Beendigung der Baumaßnahme keine Umwidmung erfolge. Einer Beitragserhebung, die die bisherige Widmung in Frage stelle, stehe das Rückwirkungsverbot entgegen. Im Fall einer Umwidmung würde den Anliegern außerdem das Klagerecht gegen die zu ihren Lasten gehende Änderung der Widmung verwehrt. Führe eine Gemeinde an einer Gemeindeverbindungsstraße im Rahmen ihrer Straßenbaulast beitragsfreie Erneuerungsmaßnahmen durch, könne sie nach Änderung der Verkehrsbedeutung und entsprechender Abstufung zur Orts straße den abgeschlossenen Sachverhalt beitragsrechtlich nicht mehr rückwirkend als beitragspflichtige Erneuerung einer Orts straße qualifizieren. Damit werde deutlich, dass die konkrete Widmung für die Beitragserhebung maßgeblich sei. Da die Baumaßnahmen bereits 2015 technisch abgeschlossen worden seien, bestehe seitens des Bürgers auch ein Vertrauensschutz darauf, dass keine rückwirkende Umwidmung mehr erfolge.
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Selbst wenn eine Beitragserhebung rechtlich in Betracht kommen würde, sei die Einstufung der Erschließungsanlagen „A-Ortsmitte“ und „A-...“ als bloße Anliegerstraßen rechtsfehlerhaft. Die Anlagen seien Hauptstraßen, die durch den gesamten Ortsteil ... führten und so dazu beitragen würden, dass überhaupt eine Verbindung zum Ortskern des Markts ... bestehe. Der auf diese Straßen entfallende Durchgangsverkehr sei mit mindestens 50 v.H. der konkreten Straßennutzung zu beziffern. Es komme allenfalls eine Einstufung als Haupterschließungsstraße in Betracht, da der Anlieger- und der Durchgangsverkehr in etwa als gleichgewichtig anzusehen seien. Beide Straßen seien aufgrund ihrer verkehrsstrategischen Bedeutung für die Anbindung des Ortsteils ... an sonstige Ortsteile und den Hauptort zumindest als Haupterschließungsstraßen zu qualifizieren. Besonders zu berücksichtigen sei, dass sich am Ende der Anlage „A-...“ das Hotel und ... „...“ mit rund 80 Zimmern befinde, das einen erheblichen Besucher- und Lieferverkehr aufweise. Der darauf entfallende Verkehr mache mindestens die Hälfte der konkreten Straßennutzung aus. Die Anlage gewährleiste auch im Hinblick auf die anliegenden Ferienwohnungen und die Nutzung durch Feriengäste bzw. Urlauber über die Anbindung zur ...straße ... die notwendige Verbindung mit dem Ortskern von ... sowie zu den Ortsteilen .... Eine Klassifizierung der Anlagen als Anliegerstraßen mit einem Gemeindeanteil von 25 v.H. an den Ausbaukosten werde der Verkehrsbedeutung nicht gerecht. Die Anlagen müssten in Bezug auf den Gemeindeanteil wie Haupterschließungsstraßen betrachtet werden.
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Der Beklagte wandte sich mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2019 gegen die Klagebegehren. Für ihn ist beantragt,
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die Klagen abzuweisen.
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Der Beklagte habe an den Anlagen „A-Ortsmitte“ und „A-...“ Ausbaumaßnahmen vorgenommen. Die Straße „A“ komme von Süden und ende bei der Westgrenze des Grundstücks Fl.Nr. 1 (alt). Sie sei vom Beklagten am 2. November 2007 in das digitale Straßenbestandsverzeichnis eingetragen und als Gemeindeverbindungsstraße gewidmet worden. Die Ausbaubeitragssatzung des Beklagten erfasse die an den Anlagen „A-Ortsmitte“ und „A-...“ durchgeführten Straßenausbaumaßnahmen. In § 5 Abs. 1 Nr. 1 ABS werde der Begriff „Ortsstraßen“ verwandt. Hieraus könne jedoch nicht hergeleitet werden, dass die Umstufung einer Gemeindeverbindungszu einer Orts straße die Beurteilung der Tatbestandsmerkmale der Beitragspflicht eines Anliegergrundstücks vorwegnehme und insoweit eine Bindungswirkung entfalte. Ob Straßenausbaubeiträge erhoben werden könnten, beurteile sich ohne Bindung an die Klassifizierung der streitbefangenen Straße allein danach, ob die - eigenständigen - Abgabentatbestände erfüllt seien. Die Verwendung des Begriffs „Orts straße“ in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. in § 5 Abs. 1 Nr. 1 ABS ändere daran nichts. Maßgeblich sei vielmehr, dass eine Beitragspflicht nur begründet werden könne, wenn eine Erschließungsanlage vorliege. Habe eine Straße unabhängig von ihrer Klassifizierung für ein Anliegergrundstück Erschließungsfunktion, dann sei es zum Anbau bestimmt, wenn es in einem Gebiet liege, in dem eine Bebauung baurechtlich zulässig sei. Dieses sei nur im Außenbereich ausgeschlossen. Im Übrigen seien Anlieger gegen eine Umstufungsentscheidung grundsätzlich nicht klagebefugt. Darüber hinaus werde im Hinblick auf den Erschließungscharakter einer Anlage auch ein Funktionswandel anerkannt. Eine zunächst durch den Außenbereich führende Straße unterliege einem Funktionswandel, falls an ihr verstärkt angebaut werde, d.h. wenn bauplanungsrechtlich eine Innenbereichslage anzunehmen sei. Demnach könne eine zunächst nicht primär zur Erschließung eines Baugebiets dienende Gemeindeverbindungsstraße durch einen intensiven Anbau bzw. eine entsprechende Anbauplanung zu einer Erschließungsanlage werden. Die Anlieger erhielten durch die Ausbaumaßnahme einen Vorteil, der über dem der Allgemeinheit liege und seien damit grundsätzlich zur Gegenleistung verpflichtet. Dieser Vorteil realisiere sich, wenn die Straße gerade der Erschließung der Anliegergrundstücke diene und zum anderen eine wirksame Widmung vorliege. Durch den Widmungsakt erlange die Straße die Eigenschaft als öffentliche Einrichtung, so dass unabhängig von der förmlichen Klassifizierung der Straße deren Erschließungsfunktion gesichert werde. Der Sinn und Zweck der Vorschriften über die Auf- und Abstufung von Straßen liege hingegen darin, dass die mit der Funktionszuweisung innerhalb der Straßennetze verbundene Aufgabenverteilung zwischen den Baulastträgern bei sich nachträglich ändernden Umständen, bei anfänglicher Fehleinstufung oder bei einer späteren Verkehrsumlegung aufrechterhalten werde. Die Umstufung könne dafür sorgen, dass die Baulastträger nur mit den ihnen gesetzlich vorbestimmten Aufgaben befasst würden bzw. den notwendigen Wechsel der Zuständigkeiten zwischen Baulastträgern lücken- und reibungslos zu gestalten. Daher könne es im Zusammenhang mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nicht entscheidend auf die formale Klassifizierung im Rahmen der Widmung als Ortsverbindungs- bzw. Orts straße ankommen.
Denn dies würde ansonsten zu dem Ergebnis führen, dass der Eigentümer eines Grundstücks, das an einer Straße anliege, die als Orts straße im Bestandsverzeichnis klassifiziert sei, aber faktisch eine Ortsverbindungsstraße darstelle, zu einem Ausbaubeitrag herangezogen werden könne, obwohl er - aufgrund fehlender Erschließungsfunktion der Straße - keinen besonderen Vorteil durch die Ausbaumaßnahme erlangen könnte. Eine Ausbaubeitragspflicht entstehe unabhängig von der Klassifizierung der Straße dann, wenn die umliegende Bebauung die Qualität eines Innenbereichs im Sinne von § 34 BauGB erhalte. Der förmlichen Klassifizierung der Anlage komme für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten keine besondere Bedeutung zu. Das Merkmal „Orts straße“ im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, § 5 Abs. 1 ABS erfordere nicht zwingend die Widmung als Orts straße. Entscheidend sei vielmehr, dass eine öffentliche Einrichtung vorliege, der eine Erschließungsfunktion zukomme und die - rechtlich gesichert - der Öffentlichkeit zu dienen bestimmt sei. Bei den Erschließungsanlagen „A-...“ bzw. „A-Ortsmitte“ handle es sich um öffentliche Straßen, da sie bereits von der Eintragungsverfügung vom 6. Mai 1963 erfasst und in das Bestandsverzeichnis aufgenommen worden seien. Es könne wohl als unstreitig angesehen werden, dass sich die beitragspflichtigen Grundstücke innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befänden und somit im Innenbereich lägen. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass auch eine nachträgliche Umwidmung der streitgegenständlichen Straßenbereiche noch die Entstehung der Beitragspflichten im Fall der Kläger bewirken könnte. Bereits vor Abschluss der Ausbaumaßnahme habe eine Änderung der Verkehrsbedeutung der gewidmeten Straßen vorgelegen. Ob überhaupt die Funktion einer Gemeindeverbindungsstraße zu irgendeinem Zeitpunkt bestanden habe, sei fraglich. Der Beklagte habe die Straße in ihrer Funktion als Erschließungsanlage im Rahmen der ihm obliegenden Straßenbaulast ausbauen wollen. Es liege damit keine beitragsfreie Maßnahme vor. Selbst wenn man den Schluss ziehen wolle, dass erst mit der Abstufung der Straße zur Orts straße sämtliche Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten erfüllt wären, sei eine solche Umwidmung auch noch mit rückwirkender Kraft zulässig und könne einen dann verfrüht ergangenen Straßenausbaubeitragsbescheid im Laufe des gerichtlichen Verfahrens heilen.
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Die Anlage sei zu Recht als Anliegerstraße im Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS eingestuft worden. Der Ortsteil A liege nordwestlich vom Ortskern des Beklagten und werde im Osten und Süden durch die ...straße ... sowie weiter im Westen durch das Gewässer „...“ begrenzt. Im Norden schlössen sich Feld- und Wiesenlagen an. Die Erschließungsanlagen „A-Ortsmitte“ und „A-...“ dienten ausschließlich der verkehrsmäßigen Binnenerschließung der anliegenden Grundstücke. Sie führten an ihrem jeweiligen Ende nicht weiter, so dass insoweit für den Kfz-Verkehr eine Sackgasse vorliege. Eine Weiterfahrt in einen anderen Ortsteil sei nicht möglich. Die Anbindung an das überörtliche Straßennetz erfolge über die ...straße .... Ein inner- oder überörtlicher Durchgangsverkehr sei hier nicht möglich. Daher sei hier der Anliegerverkehr überwiegend. Im vorliegenden Fall gehe es ausschließlich um die Aufnahme des entlang der Straße entstehenden Ziel- und Quellverkehrs der anliegenden Wohn- und Gästehäuser sowie der Hotel- bzw. ...anlage „...“. Ein durchgehender innerörtlicher Verkehr finde nicht statt. Die Zweckbestimmung zur Aufnahme des Anliegerverkehrs aus den angrenzenden Grundstücken werde durch das Ausbauprofil der Anlage bestätigt. Die Fahrbahn sei in den fraglichen Bereichen durchschnittlich nur etwa zwischen 3,50 m und 5,50 m breit. Es seien weder asphaltierte Gehsteige noch Radwege oder Parkstreifen vorhanden. Es sei insoweit lediglich Pkw-Verkehr möglich. Lkw-Begegnungsverkehr auf der Fahrbahn sei ausgeschlossen. Der Ausbauzustand spreche daher eindeutig für eine Anliegerstraße. Auch der von Touristen und der Hotel- bzw. ...anlage „...“ ausgelöste Verkehr sei hier reiner innerörtlicher Verkehr.
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Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 23. Dezember 2019 wurde hierzu dargelegt, dass sich hinsichtlich der Straße „A“ im Straßenbestandsverzeichnis eine Eintragung als Gemeindeverbindungsstraße finde. Diese Eintragung stelle einen formalen Rechtsakt in einem öffentlichen Verzeichnis dar, an den sämtliche Beteiligte gebunden seien. In Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG werde offensichtlich an die Begrifflichkeit des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes angeknüpft, so dass der beitragsrechtliche Begriff der Orts straße dem straßenrechtlichen Begriffsverständnis folge. Die Ausbaubeitragssatzung enthalte daher keine Ermächtigung zur Erhebung von Beiträgen für Gemeindeverbindungsstraßen. An dem Inhalt der Widmung müsse sich der Beklagte festhalten lassen. Bestehe eine Widmung, sei diese maßgebend, wenn die Erneuerung der Straße abgeschlossen sei, ohne dass Beitragstatbestände berührt worden seien. Aspekte des Vertrauensschutzes und das Rückwirkungsverbot stünden einer nachträglichen Umwidmung und der Erhebung von Ausbaubeiträgen entgegen. Ein Funktionswandel liege hier nicht vor, da es sich bei den streitgegenständlichen Straßen schon immer um solche gehandelt habe, die der Verbindung zum Hauptort ... gedient hätten.
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Für den Beklagten wurde mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14. Februar 2020 hierzu ausgeführt, dass es sich bei den Erschließungsanlagen „AOrtsmitte“ und „A-...“ um Ortsstraßen im Sinn von Art. 46 BayStrWG handle, die zwar als Ortsverbindungsstraße gewidmet worden seien, jedoch dem Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage dienten. Sie vermittelten nicht den nachbarlichen Verkehr der Gemeinden oder der Gemeindeteile untereinander und dienten nicht der Verbindung mit anderen Verkehrswegen. Im vorliegenden Fall bestehe eine sog. geschlossene Ortslage. Es sei auch festzustellen, dass auf der gesamten Länge der Straßen beidseits bebaute bzw. bebaubare Grundstücke vorhanden seien, so dass die Erschließungsanlagen nahezu vollständig von der örtlichen Bebauung „umschlossen“ seien. Sie verliefen nirgends in freiem unbebauten Gelände. Die Anlagen könnten daher auch Gegenstand beitragsfähiger Straßenausbaumaßnahmen sein. Vorausgesetzt würden hierzu lediglich das Vorhandensein einer Orts straße im Sinn von Art. 46 BayStrWG als öffentliche Einrichtung und deren Widmung. Die Satzung erfordere keine Widmung als Orts straße. Entscheidend sei vielmehr, dass eine öffentliche Einrichtung gegeben sei, der eine Erschließungsfunktion zukomme und die daneben auch der Öffentlichkeit diene. Im vorliegenden Fall sei eine bereits vor Abschluss der streitgegenständlichen Ausbaumaßnahmen vorhandene Orts straße ausgebaut worden. Der Beklagte habe die - wenn auch noch entsprechend umzuwidmende - Orts straße in ihrer Funktion als Erschließungsanlage im Rahmen der ihm obliegenden Straßenbaulast ausbauen wollen. Die streitgegenständliche Straße habe beim Ausbau bereits Erschließungsfunktion hinsichtlich der anliegenden Grundstücke besessen. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot oder das Prinzip des Vertrauensschutzes liege nicht vor. Die Abgabenerhebung sei nicht durch die der Verkehrsbedeutung nicht entsprechenden Widmung als Gemeindeverbindungsstraße ausgeschlossen.
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Die Kläger äußerten sich mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. März 2020 nochmals zur Sache und vertieften die von ihnen vertretenen Rechtsauffassungen weiter.
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Am 14. Juli 2020 hat das Gericht Beweis erhoben durch die Einnahme eines Augenscheins. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das darüber erstellte Protokoll und die gefertigten Fotoaufnahmen Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30. Juli 2020 wurde für die Kläger auf die Durchführung mündlicher Verhandlungen verzichtet. Zur Sache wurde abschließend dargelegt, dass sich aus dem beigefügten Lageplan aus dem Jahr 1958 ergebe, dass der Ortsteil A damals ein Weiler gewesen sei bestehend aus acht Gebäuden. Die Widmung der Straße als Ortsverbindungsstraße sei vor diesem Hintergrund rechtlich zutreffend erfolgt.
21
Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 6. August 2020 wurde ebenfalls auf die Durchführung mündlicher Verhandlungen verzichtet.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichtsund Behördenakten sowie auf die Protokolle über die Augenscheintermine Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Entscheidung konnten ohne Durchführung von mündlichen Verhandlungen ergehen, da die Parteien hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Die Straßenausbaubeitragsbescheide des Beklagten vom 20. November 2017 - in der mit Schreiben des Beklagten vom 27. Februar 2018 übersandten gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 129 AO berichtigten Fassung - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom 18. April 2019, mit denen die Kläger als Gesamtschuldner nach § 4 Satz 2 ABS wegen der Kosten der Ausbaumaßnahmen an der Anlage „A-...“ für ihre einheitlich zu Wohnzwecken genutzten Grundstücke Fl.Nr. 3, Fl.Nr. 3/3 und Fl.Nr. 25/4 zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von 6.445,13 EUR (Fl.Nr. 3), 4.737,89 EUR (Fl.Nr. 3/3) und 1.747,35 EUR (Fl.Nr. 25/4) herangezogen wurden, sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Gemeinden können gemäß Art. 19 Abs. 7 Satz 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG (in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung) zur Deckung des nicht anderweitig refinanzierbaren Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Nach Art. 19 Abs. 7 Satz 1 KAG gilt für die Erhebung von Beiträgen für Straßenausbaubeitragsmaßnahmen das Kommunalabgabengesetz in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung, sofern - wie hier - die Beiträge jeweils bis spätestens am 31. Dezember 2017 durch Bescheid festgesetzt worden sind. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung sollen u. a. für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind.
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Die streitgegenständlichen Straßenausbaubeitragsbescheide finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 19 Abs. 7 Satz 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 u. 3, Art. 2 Abs. 1 KAG und der am 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Satzung des Beklagten über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen vom 7. Oktober 2014 (Ausbaubeitragssatzung - ABS).
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Nach § 1 ABS erhebt die Gemeinde zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der in § 5 Abs. 1 genannten, in ihrer Baulast stehenden öffentlichen Einrichtungen Beiträge nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes und dieser Satzung. Sonstige Bauarbeiten an gemeindlichen Straßen, wie insbesondere Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, sind hingegen nicht über Beiträge refinanzierbar. Unter einer Erneuerung ist die - über eine Instandsetzung hinausgehende - Ersetzung einer infolge bestimmungsgemäßer Nutzung nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit abgenutzten Orts straße durch eine gleichsam „neue“ Orts straße von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart zu verstehen, also eine Maßnahme, durch die eine erneuerungsbedürftige Straße bzw. Teileinrichtung nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2007 - 6 BV 04.496 - juris Rn. 23; B.v. 21.7.2009 - 6 ZB 06.3102 - juris Rn. 7; B.v. 22.9.2009 - 6 ZB 08.788 - juris Rn. 3). Die übliche Nutzungsdauer von Straßen beträgt in der Regel 20 bis 25 Jahre (so z.B. BayVGH, B.v. 29.7.2009 - 6 ZB 07.2861 - juris; B.v. 4.2.2005 - 6 ZB 02.319 - juris). Eine Straße hat daher in der Regel nach 25 Jahren ihre Nutzungsdauer überschritten und darf erneuert werden (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2010 - 6 B 08.2254 - KommP BY 2010, 362; U.v. 19.9.1991 - 6 B 88.1578 - BayVBl 1992, 728). Die Erneuerung einer Straße nach diesem Zeitraum ist grundsätzlich zugleich auch als eine beitragsfähige Verbesserung anzusehen (vgl. z.B. BayVGH, 3.11.2016 - 6 ZB 15.2805 - juris; B.v. 13.8.2014 - 6 ZB 12.1119 - juris).
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Die Ausbaumaßnahmen an der Anlage „A-...“ stellen vorliegend eine Erneuerung bzw. Verbesserung im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG dar, da die Fahrbahn mit Stützmauer, die Straßenentwässerung und die Beleuchtung neu hergestellt und verbessert wurden. Die Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen waren auch in diesem Umfang erforderlich und zwar unabhängig von den Unterhaltungspflichten des Beklagten, da die abgerechnete Anlage nach Aktenlage und - von Klägerseite auch nicht bestritten - vor mehr als 30 Jahren technisch hergestellt wurde und seitdem lediglich Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt worden waren, sodass die technische Nutzungsdauer jedenfalls abgelaufen war.
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Gegenstand einer solchen beitragsfähigen Erneuerungs- bzw. Verbesserungsmaßnahme ist grundsätzlich die einzelne Orts straße als öffentliche Einrichtung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG; wie weit diese reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich in der Regel nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter im Hinblick auf Straßenführung, Straßenbreite und -länge sowie in Bezug auf die Ausstattung mit Teileinrichtungen vermitteln (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 23.9.2009 - 6 CS 09.1753 - juris Rn.12; B.v. 29.7.2009 - 6 ZB 07.2861 - juris Rn. 5 m.w.N.). Die Erschließungsanlage „A - ...“ (Fl.Nrn. 20/2) weist eine Länge von ca. 0,150 km auf und beginnt im Bereich der Grundstücke Fl.Nr. 4 und Fl.Nr. 3/3, wo sie von der Anlage „A-Ortsmitte“ Richtung Osten abzweigt. Sie besitzt eine ca. 20 m lange abknickende Zuwegung zum Grundstück Fl.Nr. 22 und endet an dem zum Grundstücks- und Gebäudebestand der Hotel- bzw. ...anlage „...“ gehörenden Privatgrundstück Fl.Nr. 18.
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Bei dem Ausbau der Erschließungsanlage „A-...“ handelt es sich - wie oben dargestellt - um die Erneuerung bzw. Verbesserung einer Orts straße, für die der Beklagte auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 u. 3 KAG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung und seiner vom Marktgemeinderat am 18. September 2014 beschlossenen und am 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Ausbaubeitragssatzung vom 7. Oktober 2014 Straßenausbaubeiträge erheben durfte. Dies wird - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei der abgerechneten Anlage straßenrechtlich um eine als Gemeindeverbindungsstraße im Sinn von Art. 46 Nr. 1 BayStrWG im Straßenbestandsverzeichnis eingetragene bzw. gewidmete Gemeindestraße handelt. Die anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Bestimmungen schließen hier die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nicht aus. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Nach Art. 19 Abs. 7, Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung sollen für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränktöffentlichen Wegen solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind. Gemäß § 1 der am 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Ausbaubeitragssatzung des Beklagten vom 7. Oktober 2014 erhebt dieser zur Deckung seines Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der in § 5 Abs. 1 ABS genannten, in seiner Baulast stehenden öffentlichen Einrichtungen Beiträge nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes und dieser Satzung, soweit nicht Erschließungsbeiträge zu erheben sind. In § 5 Abs. 1 ABS wird der Begriff „Ortsstraßen (Art. 46 BayStrWG)“ verwandt. Der Ortsrechtgeber knüpft damit - ebenso wie der Gesetzgeber in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. - an die Regelungen des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes an. Der beitragsrechtliche Begriff „Ortsstraßen“ folgt hier formal dem straßenrechtlichen, in Art. 46 Nr. 2 BayStrWG definierten Begriff. Danach sind Ortsstraßen Straßen, die dem Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage oder innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Sinn des Baugesetzbuchs dienen mit Ausnahme der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, Staatsstraßen und Kreisstraßen (BayVGH, U.v. 13.12.2016 - 6 B 16.978 - BayVBl 2017, 418; U.v.1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris; B.v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 7). Unter „geschlossener Ortslage“ versteht man denjenigen Teil des Gemeindegebiets, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist, wobei einzelne unbebaute Grundstücke, nicht bebaubares Gelände oder einseitige Bebauung diesen Zusammenhang nicht unterbrechen. Die straßenrechtliche Beurteilung muss von der Straße her ansetzen und die sich in der Nähe befindliche Bebauung betrachten, wobei ein weitläufiger Betrachtungsrahmen zugrunde zu legen ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2008 - 4 ZB 08.55 - juris Rn. 7). Ortsstraßen sind daher auch Straßen und Strecken im baurechtlichen Außenbereich, solange sie innerhalb der geschlossenen Ortslage liegen. Die Grenzen einer geschlossenen Ortslage sind nach den gröberen Umrissen des örtlichen Bebauungsbereichs, wo er sich gegenüber dem freien Gelände absetzt, zu bestimmen (BVerwG, U.v. 18.3.1983 - 4 C 10.80 - juris Rn. 14). Innerhalb der geschlossenen Ortslage verläuft eine Straße auch dann, wenn sie in einem weitläufigeren Rahmen von der örtlichen Bebauung umschlossen wird, sofern der Unterschied zum Verlauf im freien unbebauten Gelände sichtbar wird (SächsOVG, B.v. 1.7.2016 - 5 A 435/14 - juris Rn. 8). Die Feststellung des erforderlichen Bebauungszusammenhangs als Merkmal einer geschlossenen Ortslage ergibt sich danach im Allgemeinen schon aus der einfachen Gegenüberstellung des örtlichen Bereichs baulicher oder gewerblicher Nutzung und des davon freien, zumeist der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienenden Geländes (BVerwG, U.v. 18.3.1983 - 4 C 10.80 - juris Rn. 14). Herrscht am fraglichen Standort der Eindruck vor, sich im freien Gelände zu befinden, ist keine geschlossene Ortslage anzunehmen (NdsOVG, U.v. 30.1.2017 - 9 LB 194/16 - juris Rn. 33 m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs und unter Berücksichtigung der verfahrensgegenständlichen Planunterlagen sowie des Ergebnisses der Ortseinsicht verläuft die Anlage „A-...“ innerhalb der geschlossenen Ortslage im Sinn von Art. 46 Nr. 2, Art. 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 BayStrWG.
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Den Vorgaben des Straßen- und Wegerechts entsprechend setzt der in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG verwendete Begriff „öffentlich“ bei einer Orts straße entweder eine Eintragung im Straßenbestandsverzeichnis (Art. 67 Abs. 3 BayStrWG) oder eine Widmung nach Art. 6 Abs. 1 BayStrWG voraus (vgl. Art. 1 Satz 1 BayStrWG). Die sachlichen Beitragspflichten können erst dann entstehen, wenn eine der beiden Voraussetzungen erfüllt ist (BayVGH, U.v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris; B.v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 8; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 31 Rn. 4; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 1. Aufl. 2018, § 6 Rn. 19 ff.). Hier war auch der die abgerechnete Anlage bildende Straßenteil am 6. Mai 1963 unter der laufenden Nr. 11 mit der Bezeichnung „A“ als Gemeindeverbindungsstraße mit einer Gesamtlänge von 0,740 km im Straßenbestandverzeichnis eingetragen worden. Eine Umwidmung zur Orts straße im Sinn von Art. 46 Nr. 2 BayStrWG ist seither nicht erfolgt.
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In Bezug auf die in Streit stehende Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist es rechtlich unschädlich, dass es sich bei der abgerechneten Erschließungsanlage „A-...“ um eine formal als Gemeindeverbindungsstraße im Sinn von Art. 46 Nr. 1 BayStrWG in das Straßenbestandsverzeichnis des Beklagten eingetragene Straße handelt, da die straßenrechtliche Klassifizierung der Straße als Gemeindeverbindungsstraße die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in der vorliegenden Konstellation nicht ausschließt. Maßgeblich für die Möglichkeit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist - auch wenn in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG von „Orts straße“ die Rede ist - nicht die Klassifizierung der Straße als Orts straße oder Gemeindeverbindungsstraße, sondern ob der hier in Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i.V.m. § 38 AO normierte Abgabentatbestand erfüllt ist. Eine Beitragspflicht ist sowohl im Erschließungsbeitragsrecht wie auch im Straßenausbaubeitragsrecht nur begründet, wenn eine Erschließungsanlage vorliegt. Für den Straßenausbaubeitrag folgt dies aus Art. 5 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KAG a.F., der mit dem Tatbestandsmerkmal „soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a zu erheben sind“ die Verknüpfung zu Art. 5a KAG und zu den bundesrechtlichen Regelungen der §§ 128 ff. BauGB herstellt (so BayVGH, B.v. 14.11.2000 - 8 ZB 00.2948 - BeckRS 2000, 25135 Rn. 5). Eine Straße hat - unabhängig von der Klassifizierung - für ein Anliegergrundstück aber nur dann Erschließungsfunktion, d.h. sie ist im Sinn von Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG, § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB „zum Anbau bestimmt“, wenn das Anliegergrundstück nach den bauplanungsrechtlichen Kategorien der §§ 30 Abs. 1, 34 und 35 BauGB im Innenbereich oder in einem überplanten Gebiet, nicht jedoch im Außenbereich liegt (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 14.2.1986 - 8 C 115.84 - NVwZ 1986, 568). Befindet sich das Anliegergrundstück im bauplanungsrechtlichen Innenbereich (§ 34 BauGB), löst dies, selbst wenn die Erschließungsanlage nicht als Orts straße, sondern als Gemeindeverbindungsstraße gewidmet ist, die (Straßenausbau-)Beitragspflicht aus (BayVGH, B.v. 14.11.2000 a.a.O.). Auch auf einer Gemeindeverbindungsstraße kann kraft ihrer Widmung zur öffentlichen Straße von jedermann an die anliegenden Grundstücke herangefahren und Zugang genommen werden (vgl. Art. 6 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 46 Nr. 1 BayStrWG). Somit wäre eine Umwidmung der Straße „A“ und damit auch der die Anlage „A-...“ bildende Straßenteil von einer Gemeindeverbindungsstraße zur Orts straße, wie dies in der Sitzung des Bau-, Planungs-, Umwelt- und Liegenschaftsausschusses des Beklagten am 30. Januar 2018 geplant, aber letztlich nicht umgesetzt worden war, sowie deren Zeitpunkt ohne Belang für das bereits jetzt gegebene Erschlossensein der anliegenden Grundstücke (vgl. BayVGH, B.v.6.3.2006 - 6 ZB 03.2961 - juris Rn. 7). Nur soweit die straßenrechtliche Widmung eine allgemeine Anfahrmöglichkeit sperren würde, läge keine zum Anbau bestimmte Straße vor (so für einen öffentlichen Feld- und Waldweg BayVGH, B.v. 17.10.2000 - 6 ZB 00.1276- juris). Für die Frage der Abrechenbarkeit der Straßenbaumaßnahmen kommt es daher nicht auf die im Rahmen des Widmungsakts gewählte funktionsbezogene Klassifizierung der Straße als Orts straße bzw. Gemeindeverbindungsstraße an, sondern auf das den Vorteil vermittelnde Kriterium der Erschließung der herangezogenen Grundstücke durch eine öffentliche Einrichtung. Die an der abgerechneten Anlage „A-...“ anliegenden Grundstücke befinden sich hier nach dem sich durch die vorliegenden Planunterlagen ergebenden Eindruck und dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Augenschein (seit langem, jedenfalls bereits bei Beginn der Ausbaumaßnahmen und zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 9.5.2016) in einer geschlossenen Ortslage. Dass die Straße bei der Anlegung des Straßenbestandsverzeichnisses ihrer damaligen Funktion folgend wohl nicht zu Unrecht als Gemeindeverbindungsstraße eingetragen wurde, weil, wofür der mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 30. Juli 2020 vorgelegte Lageplan aus dem Jahr 1958 spricht, der Ortsteil A in dieser Zeit lediglich aus acht Gebäuden bestanden hat, steht dem nicht entgegen, da es beitragsrechtlich darauf ankommt, ob die Gemeinde mit den durchgeführten Maßnahmen eine Anbaustraße ausgebaut bzw. verbessert hat. Auch eine aufgrund Funktionswandels aktuell formal unzutreffend als Gemeindeverbindungsstraße gewidmete Straße, die - wie hier - die rechtlichen Voraussetzungen für die Einstufung als Orts straße im Sinn von Art. 46 Nr. 2 BayStrWG erfüllt, aber - aus welchen Gründen auch immer - nicht entsprechend (um-)gewidmet wurde, kann die Abrechnungsvoraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 KAG i.V.m. § 5 Abs. 1 ABS erfüllen, wenn die sonstigen rechtlichen Vorgaben für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht vorliegen. Selbst wenn die Straße „A“ bzw. die Anlage „A-...“ straßenrechtlich überhaupt nicht gewidmet wäre, könnte diese nachgeholt und die Beitragspflicht damit zum Entstehen gebracht werden (BayVGH, U.v. 13.12.2016 - 6 B 16.978 - juris Rn. 20). Eine nachträgliche Widmung kann nur dann keine Beitragspflichten entstehen lassen, wenn der maßgebliche Sachverhalt (Erneuerung oder Verbesserung einer Straße) bereits abgeschlossen war, ohne dass Beitragstatbestände berührt wurden. Führt eine Gemeinde etwa an einer tatsächlich nur den nachbarlichen Verkehr der Gemeinden oder der Gemeindeteile untereinander oder deren Verbindung mit anderen Verkehrswegen vermittelnden und entsprechend gewidmeten Gemeindeverbindungsstraße im Rahmen ihrer Straßenbaulast (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG) - beitragsfreie - Erneuerungsmaßnahmen durch, kann sie nach Änderung der Verkehrsbedeutung und entsprechender Umstufung zur Orts straße diesen abgeschlossenen Sachverhalt beitragsrechtlich nicht rückwirkend als beitragspflichtige Erneuerung einer Orts straße (um-)qualifizieren (BayVGH, U.v. 13.12.2016 - 6 B 16.978 - BayVBl 2017, 418; U.v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
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Die Straße „A“ bzw. die Erschließungsanlage „A-...“ wurde bei der Ermittlung des Beitrags auch zutreffend als Anliegerstraße im Sinn von § 7 Abs. 2 Nr. 1 (1.1), Abs. 3 Nr. 1 ABS und nicht - wie von den Klägern aufgrund des höheren Gemeindeanteils gewünscht - als Haupterschließungsstraße eingestuft. § 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS definiert Anliegerstraßen als Straßen, die ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke dienen. Als Anliegerverkehr ist in diesem Zusammenhang der Verkehr anzusehen, der zu den angrenzenden Grundstücken hinführt oder von ihnen ausgeht (Ziel- und Quellverkehr). Dem Anliegerverkehr ist darüber hinaus auch der kleinräumige Ziel- und Quellverkehr aus dem betreffenden Bauquartier zuzuordnen; denn bei diesem handelt es sich nicht um „durchgehenden innerörtlichen Verkehr“, wie er zur Einstufung als Haupterschließungsstraße erforderlich wäre (BayVGH, U.v. 31.7.2018 - 6 B 18.481 - juris Rn. 20; U.v. 9.2.2012 - 6 B 10.865 - juris Rn. 20). Dagegen sind nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 ABS Haupterschließungsstraßen Straßen, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dienen und nicht Hauptverkehrsstraßen sind. Bei der Einordnung einer Straße in die Kategorien der Ausbaubeitragssatzung ist ausgehend von den Definitionen der Satzung auf die Zweckbestimmung abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergibt. Lediglich daneben, gewissermaßen als Bestätigungsmerkmal, können auch die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse von Bedeutung sein (BayVGH, U.v. 31.7.2018 - 6 B 18.481 - juris Rn. 19; B.v. 17.2.2016 - 6 ZB 14.1871 - juris Rn. 20; B.v. 27.7.2012 - 6 ZB 12.848 - juris Rn. 5). Die Begriffswahl „ganz überwiegend“ soll also verdeutlichen, dass es nicht um rechnerisch exakte Größenordnungen, sondern, wie es dem Grundsatz der Typengerechtigkeit entspricht, um einen Schwerpunkt gehen soll (BayVGH, B.v. 15.7.2019 - 6 ZB 19.157 - juris).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die vom Beklagten vorgenommene Einstufung der Anlage „A-...“ als Anliegerstraße im Sinn von § 7 Abs. 2 Nr. 1 (1.1), Abs. 3 Nr. 1 ABS rechtsfehlerfrei erfolgt. Dies ergibt sich sowohl aus dem Ergebnis der gerichtlichen Beweiserhebung als auch aus der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz, die auch anhand der vorliegenden Lagepläne zum Ausdruck kommt und durch die Eigenschaft als Sackgasse geprägt wird, sowie aus deren Ausbauprofil. Die Anlage ist in ihren wesentlichen Teilen lediglich zwischen ca. 4,50 m und 5,50 m breit, weist keinen Gehweg für Fußgänger auf und endet an dem zum Grundstücksund Gebäudebestand der Hotel- bzw. ...anlage „...“ gehörenden Privatgrundstück Fl.Nr. 18 als Sackgasse. Das aufgrund des Anliegens der Hotel- bzw. ...anlage „...“ und der Nutzung einiger Anliegergrundstücke zu touristischen Zwecken durch das Vermieten von Ferienwohnungen hervorgerufene Verkehrsaufkommen steht der Einstufung als Anliegerstraße nicht entgegen, da es sich hierbei aufgrund der Sackgassensituation nur um engräumigen örtlich radizierten Ziel- und Quellverkehr innerhalb desselben Bauquartiers handelt und nicht um „durchgehenden innerörtlichen Verkehr“, wie er zur Einstufung als Haupterschließungsstraße erforderlich wäre (vgl. BayVGH, U.v. 31.7.2018 - 6 B 18.481 - juris Rn. 23; B.v. 9.3.2015 - 6 ZB 14.124 - juris Rn. 8; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand August 2020, Rn. 2123 m.w.N.).
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Die - von den Klägern im gerichtlichen Verfahren auch nicht gerügte - konkrete Heranziehung der Grundstücke Fl.Nr. 3, Fl.Nr. 3/3 und Fl.Nr. 25/4 zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von 6.445,13 EUR (Fl.Nr. 3), 4.737,89 EUR (Fl.Nr. 3/3) und 1.747,35 EUR (Fl.Nr. 25/4) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die für die unmittelbar an der abgerechneten Anlage „A-...“ anliegenden Grundstücke Fl.Nr. 3 und 3/3 festgesetzten Straßenausbaubeiträge in Höhe von 6.445,13 EUR und 4.737,89 EUR ergeben sich unter Zugrundelegung der beitragspflichtigen Grundstücksflächen von 1.125 m2 bzw. 827 m2 und eines jeweiligen Nutzungsfaktors von 1,3 (§ 8 Abs. Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, Abs. 9 ABS) sowie bei Anwendung der in § 8 Abs. 13 Satz 1 ABS vorgesehenen Zweidrittel-Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke multipliziert mit dem Beitragssatz von 6,6104 EUR/m2.
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Auch das als (gemeinsamer) rückwärtiger Hausgarten- und Terrassenbereich zu den vorderliegenden Grundstücken Fl.Nr. 3 und Fl.Nr. 3/3 genutzte - gefangene - Hinterliegergrundstück Fl.Nr. 25/4 der Kläger stellt ein beitragspflichtiges Grundstück in Bezug auf die Anlage „A-...“ dar. Es zählt aufgrund der dortigen wohnakzessorischen Nutzung noch zum Umgriff der auf den Grundstücken Fl.Nr. 3 und Fl.Nr. 3/3 errichteten Wohngebäude und damit nicht zum bauplanungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.2014 - 9 C 7.13 - juris Rn. 25 m.w.N.; Schmitz, a.a.O., § 13 Rn. 32), der erst an der Südgrenze des nördlich anschließenden (Wiesen-)Grundstücks Fl.Nr. 25 beginnt. Das Grundstück Fl.Nr. 25/3 ist nicht eigenständig baulich nutzbar und bildet mit den genannten vorderliegenden Grundstücken eine wirtschaftliche Einheit im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 3 ABS. Daher teilt es deren beitragsrechtliches Schicksal. Bei einer Größe von 305 m2 und einem Nutzungsfaktor von 1,3 sowie der auch hier gebotenen Anwendung der Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke gemäß § 8 Abs. 13 Satz 1 ABS ergibt sich bei der Multiplikation der beitragspflichtigen Fläche von 264,33 m2 mit dem Beitragssatz von 6,6104 EUR/m2 der im streitgegenständlichen Bescheid festgesetzte Straßenausbaubeitrag in Höhe von 1.747,35 EUR.
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Da sonstige die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Straßenausbaubeitragsbescheide in Frage stellende Rechtsmängel weder gerügt noch sonst ersichtlich sind, konnten die Klagen keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs.