Inhalt

FG Nürnberg, Urteil v. 03.03.2021 – 3 K 682/20
Titel:

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Nießbrauchsvertrag

Normenketten:
EStG § 10d Abs. 4, § 11 Abs. 2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3
WoBindG § 5 Abs. 1
FGO § 40 Abs. 2, § 100 Abs. 1
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 433 f., § 535 f, § 872
Leitsätze:
1. Ein Befreiungsanspruch des Veräußerers gegen den Erwerber kann im Falle der Übertragung eines GbR-Anteils nicht etwa aus § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB (direkt oder analog) hergeleitet werden (vgl. FG Münster, Urteil vom 19.01.2011 12 K 4470/08 F). (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die nießbrauchsbelastete Sache im Besitz eines Dritten (des Mieters), dann ist dieser unmittelbarer Fremdbesitzer 1. Stufe, der Nießbraucher ist mittelbarer Fremdbesitzer 2. Stufe und Eigentümer mittelbarer Eigenbesitzer. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anschaffungs- und Herstellungskosten, Bank, Befähigung, Ergebnis der Beweisaufnahme, Gesonderte Feststellung, Grundbuch, Klagebefugnis, Kostenentscheidung, Minderung, Nießbrauchbestellung, Rechtsanwaltsgesellschaft, Rechtsmittelbelehrung, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Steuerberatungsgesellschaft
Fundstelle:
BeckRS 2021, 51516

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1
Streitig ist, ob - und ggf. in welcher Höhe - der Kläger aus entgeltlichem Nießbrauch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat.
2
Der Kläger wurde in den Streitjahren getrennt zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen erzielte er auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkommensteuerbescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) für 2011 (zuletzt vom 04.11.2015), 2012 und 2013 (zuletzt jeweils vom 02.11.2016) standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
3
In der Zeit vom 10.10.2016 bis zum 03.07.2017 fand beim Kläger für den Streitzeitraum eine Betriebsprüfung statt, die mit Bericht vom 05.07.2017 abgeschlossen wurde.
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Nach den Prüfungsfeststellungen (s.a. Tz. 1.8 und Anlage 9 Bp-Bericht; Bd. 3 Bp-Handakten) erzielte der Kläger aus einem Nießbrauchsvertrag vom 02.10.2008 über das Objekt D bislang nicht erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Laut Nießbrauchsvertrag wurde mit Wirkung zum 01.11.2008 für die Fa. A AGmbH & Co. B KG (im Folgenden „KG“) ein Nießbrauch an dem Objekt bestellt. Als Gegenleistung verpflichtete sich diese dazu, den Kläger von der Zahlung von Zins und Tilgung aus einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Bank 1 freizustellen, soweit ihm hierfür nicht Fördermittel der Bank 2 gewährt würden. Der Prüfer setzte die laut Vertrag vom Nießbraucher zu zahlenden Beträge als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung an; als Ausgaben berücksichtigte er die Abschreibung und die vom Kläger getragenen Kosten (Zinszahlungen). So ergaben sich bislang nicht erklärte Einkünfte i.H.v. 156.492 € (2011), 165.760 € (2012) und 188.368 € (2013).
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Hiergegen wandte der Steuerberater des Klägers bereits während der Prüfung ein, dass die vereinbarten Zahlungen nicht vollständig geflossen seien, sondern nur i.H.v. 70.000 € (2011), 7.348,87 € (2012) und 102.000 € (2013). Hierzu wurden die Jahreskontoauszüge des Darlehens vorgelegt. Dies führe zu einer entsprechenden Minderung der Einkünfte um 105.235 € (2011), 176.321 € (2012) und 106.420 € (2013).
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Das Finanzamt folgte dem Ergebnis der Außenprüfung und erließ am 11.09.2017 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide und geänderte Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG für die Jahre 2011 bis 2013. Die Einkommensteuer 2011 und 2012 wurde danach weiterhin i.H.v. 0 € festgesetzt, die Einkommensteuer 2013 erhöhte sich von zuletzt 305 € auf 121.907 €. Der verbleibende Verlustvortrag auf den 31.12. wurde nun i.H.v. 545.046 € (2011), 811.004 € (2012) und 0 € (2013) festgestellt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.
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Die gegen die geänderten Bescheide eingelegten Einsprüche wurden zunächst damit begründet, dass - wie bereits während der Betriebsprüfung eingewandt - allenfalls die tatsächlich zugeflossenen Beträge als Einnahmen anzusetzen seien, § 11 Abs. 2 EStG.
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Später wurde vorgetragen, dass sich der Sachverhalt (und damit auch die Rechtslage) anders darstelle als bisher angenommen: Die Zahlungen auf das Darlehenskonto seien vom Hausverwalterkonto aus geflossen, auf dem auch die Mieten und die Förderungen eingegangen seien. Allerdings habe es sich rechtlich nicht um laufende Zahlungen für die zeitlich befristete Einräumung eines Nießbrauchs gehandelt, sondern um Kaufpreiszahlungen für die Veräußerung der Immobilie. Mit Abschluss des notariellen Vertrages vom 02.10.2008 sei die Immobilie an Frau H verkauft worden; das wirtschaftliche Eigentum sei bereits mit dem Angebot auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrages übergegangen. Das Nießbrauchsrecht sei so ausgestaltet worden wie der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten bei einer Eigentumsübertragung. So habe der Nießbraucher Kosten für Ausbesserungen, auch wenn sie nicht zum gewöhnlichen Grundstücksunterhalt gehörten, und sämtliche auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Lasten zu tragen gehabt. Der Vertrag habe ein unwiderrufliches, durch eine Auflassungsvormerkung gesichertes Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags enthalten. Der Kaufpreis i.H.v. 2,3 Mio. € habe der prognostizierten offenen Darlehensforderung zum 01.01.2015 entsprochen. Das unwiderrufliche, durch eine Auflassungsvormerkung gesicherte Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages habe frühestens zum 01.01.2015, spätestens zum 01.01.2018 angenommen werden können. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben der damaligen Klägervertreter vom 12.12.2018 Bezug genommen.
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Diese Gestaltung sei gewählt worden, weil andernfalls Fördermittel verloren gegangen wären. Mit Vertrag vom 02.01.2015 sei das Grundstück dann an die Erwerberin zu einem Preis von 2.165.266 € verkauft worden. Diese habe dadurch ein Grundstück mit 2.510 qm Grundfläche in E erhalten, welches bereits im Jahr 2013 Nettomieten i.H.v. 255.000 € erzielt habe. Der Kaufpreis habe somit unter dem gemeinen Wert gelegen. Nach dem Verwaltungserlass vom 23.12.1991 über die steuerliche Behandlung von Teilamortisations-Leasing-Verträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter sei in solchen Fällen das Eigentum dem Leasingnehmer zuzurechnen, so dass das wirtschaftliche Eigentum bereits bei Abschluss des Leasingvertrages (notarieller Vertrag vom 01.11.2008) übergegangen sei.
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Ein Schreiben des Finanzamts vom 09.03.2020 mit der Bitte um weitere Aufklärung zu den angeblich ausgebliebenen Zahlungen des Nießbrauchsberechtigten blieb unbeantwortet.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 28.04.2020 wies das Finanzamt die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Einsprüche als unbegründet zurück und aktualisierte die Vorläufigkeitsvermerke.
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Die Betriebsprüfung sei zu Recht davon ausgegangen, dass es sich um einen entgeltlichen Nießbrauch handle. Ein mit einem Nießbrauchsrecht belasteter Gegenstand sei grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzuordnen. Dem Nießbrauchsberechtigten sei er nur dann zuzuordnen, wenn dessen Rechte so stark ausgestaltet seien, dass sie wirtschaftliches Eigentum begründeten, d.h., wenn der Nießbrauchsberechtigte im Innenverhältnis zum Eigentümer für eigene Rechnung über die Substanz verfügen dürfe oder wenn die Dauer des Nießbrauchs so bemessen sei, dass der belastete Vermögensgegenstand vor dem Erlöschen des Nießbrauchs technisch oder wirtschaftlich abgenutzt sei und deshalb der Herausgabeanspruch keinen wirtschaftlichen Wert mehr habe. Das sei hier nicht der Fall. Abweichende Kostenübernahme bzw. die Option, das Objekt zu erwerben, begründeten zudem kein wirtschaftliches Eigentum.
13
Der Leasingerlass vom 23.12.1991 treffe - selbst wenn er analog anwendbar sein sollte - auf den Streitfall nicht zu. Die Voraussetzungen für die Zurechnung des Leasinggutes beim Leasingnehmer (Rz. 8 „Verträge mit Kaufoption“) lägen nicht vor. Weder betrage die Grundmietzeit mehr als 90% der Restnutzungsdauer noch sei der vorgesehene Kaufpreis geringer als der Restbuchwert.
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Die Einstufung als entgeltlicher Nießbrauch sei zutreffend. Wenn zwischen Personen, die nicht durch verwandtschaftliche oder sonstige enge Beziehungen verbunden seien, ein Nießbrauch gegen Entgelt vereinbart werde, sei davon auszugehen, dass der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abgewogen seien.
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Die Einnahmen seien in der vertraglich vereinbarten Höhe anzusetzen. Dass und warum die Zahlungen nicht in voller Höhe geflossen sein sollten, sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
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Zur Begründung der Klage haben die vormaligen Klägervertreter noch vorgetragen, der Kläger habe im Jahr 2008 mit Herrn H), dem Kommanditisten und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der KG, über den Verkauf des Objekts D gesprochen. Der Kläger habe es zu einem Preis in Höhe der auf dem Objekt lastenden offenen Finanzierung verkaufen wollen. Bei den Vertragsverhandlungen sei jedoch festgestellt worden, dass durch den Verkauf eine noch laufende öffentliche Förderung durch die Bank 2 verloren gegangen wäre. Deshalb habe man das Nießbrauchsmodell erdacht und den notariellen Vertrag vom 02.10.2008 geschlossen. Aus den Regelungen dieses Vertrages ergebe sich, dass mit dem bindenden Verkaufsangebot wirtschaftlich bereits die Veräußerung der Immobilie erfolgt sei, so dass es sich bei den Zahlungen der KG um Kaufpreiszahlungen handle. Durch die Einräumung des Nießbrauchs gingen weiterreichend als durch einen Mietvertrag Besitz, Nutzen und Lasten „und sogar das Stammrecht betreffend aufgrund Abschnitt I. § 1.2.2“ über. Anfang 2015 habe die Familie H die Möglichkeit gehabt, entweder das Grundstück für einen verbleibenden Betrag von 2,3 Mio. € zu kaufen oder für das Nießbrauchsrecht für weitere drei Jahre insgesamt einen Betrag von fast 1 Mio. € nach Wegfall der Förderungen durch die Bank 2 am 15.08.2015 zu zahlen, ohne das Eigentum an dem Grundstück zu erwerben. Der Restkaufpreis habe 2,3 Mio. € für ein Grundstück mit 2.510 qm Grundfläche und einer Wohn- bzw. Nutzfläche von 2.793,29 qm betragen und damit offensichtlich unter dem gemeinen Wert gelegen.
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Die jetzigen Klägervertreter haben im Wesentlichen noch Folgendes vorgebracht:
18
Der Kläger sei als Erbe seines Vaters Eigentümer mehrerer Immobilien in E gewesen, die alle fremdfinanziert und von der Bank 2 gefördert gewesen seien und deshalb fast für den doppelten Zeitraum der Förderungsdauer (Förderzeitraum 1994 bis 15.08.2014) der Sozialbindung unterlegen hätten. Die Einnahmen aus diesen Objekten hätten somit je etwa zur Hälfte aus den Mieten und den Fördermitteln bestanden. Der Kläger habe befürchtet, dass die geerbten Objekte sämtlich mit Wegfall der Förderung unwirtschaftlich werden könnten. Er habe deshalb beschlossen, möglichst viele davon möglichst schnell zu verkaufen. Weil dabei aber die Förderbeträge nicht als Mieteinnahmen hätten angesetzt werden können, hätte er nur einen Kaufpreis erzielen können, der auch nicht ansatzweise zum Ausgleich der Restvaluta ausgereicht hätte. Die im Vorfeld des Verkaufs eingebundene Bank 2 habe zudem signalisiert, dass die laufende Förderung nicht auf einen Käufer übertragen werden könne. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses „am 30.10.2008“ habe die Restvaluta für das Darlehen für das Objekt D bei der Bank 1 noch 3.309.802,58 € betragen.
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Hätte der Kläger im Jahr 2008 das Objekt D verkauft, wäre die Förderung durch die Bank 2 sofort entfallen, was einen Kaufpreis von 2,3 Mio. € unrealistisch hätte werden lassen. Darüber hinaus sei der Kläger davon ausgegangen, dass er nochmals mindestens 1 Mio. € Unterdeckung bei der eigentlichen Finanzierung zu tragen gehabt und zudem die empfangene Förderung der Bank 2 zur Hälfte hätte zurückzahlen müssen, was ihm ebenfalls einen siebenstelligen Betrag gekostet hätte. Man habe deshalb eine Hilfskonstruktion finden müssen, die sowohl den endgültigen Verkauf in 2008 als auch die Mindestbedingungen einer angemessenen Kaufpreissumme sicherstellte. Hinzugekommen sei, dass der Käufer nicht mehr der Sozialbindung unterlegen habe. Da die sogenannte Anschlussförderung nicht gewährt worden sei, weil dafür keine Haushaltsmittel mehr vorhanden gewesen seien, habe der Gesetzgeber in § 5 I WohnBG [WoBindG?] den Bauherrn die Möglichkeit zu verkaufen eröffnet, wobei die Sozialbindung der Wohnungen im Verkaufsfall nur für den Käufer entfallen sei. Der Kläger habe deshalb als Ausgangspunkt für einen Mindestkaufpreis nicht mehr die Restvaluta im Jahr 2008, sondern die Restvaluta zum Zeitpunkt des Ablaufs der Förderung, bzw. des formal angedachten Übertragungszeitpunkts am 01.01.2015 zugrunde gelegt, laut Tilgungsplan ca. 2 Mio. €. Dieser Betrag sei um das von der KG eingesetzte Festgeldkonto in Höhe von 300.000 € ergänzt worden, mit dem die KG die vom Kläger an den Darlehensgeber verpfändete Lebensversicherung abgelöst habe (II. § 2, 3. notV).
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Der Makler M habe schließlich Herrn H als Käufer vermittelt. Dieser habe - als wirtschaftlicher Käufer des Grundstücks - zur Auflage gemacht, dass seine Ehefrau für ihn (treuhänderisch) zum Alleineigentum erwerbe und dass ein Nießbrauchsrecht der von ihm beherrschten KG eingeräumt werde.
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Die Formulierung „Übergang Besitz, Nutzen und Lasten mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises“ sei nur aus formalen Gründen beibehalten worden. Nach dem Willen der Vertragspartner habe „die Käuferin“ ab dem 02./08.10.2008 das Grundstück vorbehaltlos in Besitz nehmen und wirtschaftlich über es verfügen können, weil sie den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus dem Darlehen bei der Bank 1 bereits im Jahr 2008 faktisch restlos befreit habe und dies selbst für den Fall, dass die Fördermittel der Bank 2 herabgesetzt werden würden (vgl. not. Vertr. II. § 2, 2.3 und 2.4). Die später zu erklärende Annahme sei deshalb von allen Beteiligten als juristische Formalie bewertet worden. Zur Gewährleistung des vorbehaltlosen, wirtschaftlichen Übergangs des Objekts D an „die Käuferin“ im Jahr 2008 habe der Kläger in derselben Urkunde mit der KG einen im Grundbuch eingetragenen Nießbrauch „mit einer Laufzeit längstens bis vollständiger Tilgung des Darlehens des Klägers, nicht jedoch vor Ablauf des 01.01.2018, zugunsten letzterer der Gestalt, dass die A den Mietzins erhält und dafür den Kläger vom Darlehensvertrag bei der Bank 1 in Bezug auf Zins und Tilgung freistellt, soweit der Kläger diese Zahlungen nicht aus den Fördermitteln der Bank 2 erbringen kann,“ vereinbart - vgl. a.a.O. § 2, dort Nr. 2.2. Mit Urkunde vom 02.01.2015 habe die Käuferin formal das Angebot aus der Urkunde vom 02.10.2008 in Form der notariell beurkundeten Nachtragsvereinbarung vom 04.12.2013 angenommen, anschließend sei die Auflassung erklärt worden.
„Der Erwerber“ habe bereits mit der Nießbrauchsbestellung wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erworben. Das wirtschaftliche Eigentum setze nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Erwerber aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben habe, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden könne. Die Befristung der Annahme für „die Käuferin“ vom 01.01.2015 bis 01.01.2018 stehe einem bindenden Angebot und dem Eigentumserwerb in 2008 nicht entgegen. Der Kläger selbst habe sein Angebot zwischen dem 01.01.2015 und dem 01.01.2018 nicht widerrufen können. Die Aufteilung des Vertragspartners des Klägers in die KG und die Ehefrau des H sei unschädlich. Sowohl der Erwerb durch seine Ehefrau als auch seine KG seien allein „dem Käufer“, Herrn H, nach § 39 Abs. 1 AO wirtschaftlich zuzurechnen.
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Ein Angebot könne zwar nicht ohne weiteres einem Verkaufsvertrag gleichgestellt werden, sondern nur dann, wenn bereits durch das Angebot rechtlich und tatsächlich eine Situation geschaffen werde, wie sie auch aufgrund eines Verkaufsvertrages gegeben sei. Das sei hier aber der Fall. Der Kläger habe „der Käuferin“ schon im Jahr 2008 Besitz, Nutzen und Lasten in Erwartung eines sich unmittelbar anschließenden Eigentumserwerbs eingeräumt. Nur formal - aufgrund der „vordergründigen Personenverschiedenheit“ von KG und Käuferin - im Widerspruch zur Urkunde Az. 1 habe der Kläger seinem Vertragspartner, Herrn H, mit dem Abschluss des Nießbrauchvertrags in der Urkunde Az. 2 mit der von ihm beherrschten KG den Besitz am Objekt D eingeräumt und im Grundbuch eingetragen. Damit die Früchte gezogen werden könnten, habe der Nießbraucher gegen den Eigentümer grundsätzlich ein Recht zum Besitz. Zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher bestehe ein gesetzliches Schuldverhältnis, das den Nießbraucher verpflichte, ordnungsgemäß zu wirtschaften, die Sache zu erhalten und sie zu versichern. Auch habe der Nießbraucher die gewöhnlichen öffentlichen und privatrechtlichen Lasten zu tragen. Das wirtschaftliche Eigentum an der Sache liege damit beim Nießbraucher. Der Eigentümer behalte nur das „bloße Eigentum“.
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Durch das Angebot von 02.10.2008 hätten der Kläger und „die Käuferin“ rechtlich und tatsächlich eine Situation geschaffen, wie sie auch aufgrund eines Verkaufsvertrages gegeben sei. Der Kläger habe bereits bei Abschluss des notariellen Angebots vom 02.10.2008 nicht mit einer Ausschlagung des Kaufangebots rechnen müssen, da „die Käuferin“ bzw. die ihr zuzurechnende KG bei der Nichtannahme des Kaufangebots erhebliche Nachteile gehabt hätten. Die vertragliche Gestaltung sei insgesamt darauf angelegt gewesen, dass der Kläger mit dem Verkauf letztlich keinen Gewinn mehr realisieren, sondern sich nur noch von seinen Verbindlichkeiten habe befreien wollen. Der Kläger habe bereits im Jahr 2008 alles getan, was er als Verkäufer zu tun gehabt habe. Er habe die Büroangestellten des Notariats ermächtigt, die Auflassung zu erteilen; er habe „die Käuferin“ durch Eintragung einer Vormerkung gesichert; er habe der In-Besitznahme durch eine im Grundbuch eingetragene Nießbrauchsvereinbarung mit einer „durch die Käuferin beherrschten A“ zugestimmt und damit faktisch Besitz, Nutzen und Lasten übergehen lassen. Die KG habe abweichend vom gesetzlichen Leitbild noch Ausbesserung und Erneuerung am Grundstück über die gewöhnliche Unterhaltung hinaus übernommen, sie habe sämtliche auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Lasten und evtl. anfallende Umbaukosten getragen. Weiter sei die KG selbst für den Fall eines vertragswidrigen Verkaufs durch den Kläger gesichert gewesen, denn die Übertragung und Belastung des Grundstücks habe ihrer schriftlichen Zustimmung bedurft. Zudem habe die KG wie ein Eigentümer Mieter kündigen und auch ggf. die Wohnungen umbauen können.
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Schließlich habe auch der Makler, der damals den Vertragsschluss vermittelt habe, nicht erst im Jahr 2015 seine Courtage erhalten, sondern beginnend mit dem Jahr 2008.
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Selbst dann, wenn man der Auffassung des Finanzamts dem Grunde nach folge (entgeltlicher Nießbrauch = Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung), sei jedoch zu berücksichtigen, dass die KG die vereinbarten Leistungen nicht in vollem Umfang erbracht habe.
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Außerdem sei die Zahlung von 102.000 € im Jahr 2013 zu Unrecht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet worden. Mit Urkunde vom 04.12.2013 (Ur.Nr. 3) hätten die Parteien die Urkunde vom 02.10.2008 Az. 2 dahingehend abgeändert, dass der Nießbrauch mit dem Übergabetag aus dem dann zustande gekommenen Kaufvertrag enden solle, bzw. bei Nichtannahme des Kaufangebots zum 01.01.2018, frühestens mit Rückgewähr der Sicherheit durch den Kläger an die KG oder für den Fall einer Umfinanzierung. Die Umfinanzierung habe bessere Konditionen mit einer Gesamtsumme von 146.035,72 € ermöglicht, die in Höhe von 102.000 € dem Kläger zugutekommen sollten. Der Kläger habe für die Änderungen in Abschnitt I (Vereinbarung eines Nießbrauchs) von der KG im Jahr 2013 eine weitere Zahlung von 102.000 € erhalten, die auf den Kaufpreis von 2,3 Mio. € angerechnet worden sei. Die in der Urkunde Az. 3 vorgenommene Reduzierung des Restkaufpreises sei durch die Auszahlung der 102.000 € größtenteils kompensiert worden. Nach dem Wortlaut dieser Vertragsklausel handle es sich zwar um eine Gegenleistung für die Vertragsänderung bezüglich der Vorurkunde, dort Abschnitt I. Gemäß den detaillierten Einzelvereinbarungen in § 2 änderten sich jedoch drei Vertragspflichten des Klägers, nämlich die „Konditionen der Fortführung des Darlehensvertrags“, die „Dauer des Nießbrauchsrechts“ und die „Rückgabe einer Sicherheit“. Eine vollständige Zurechnung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei daher unter keinem rechtlichen Aspekt zu rechtfertigen. Die Zahlung könne nicht allein den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet werden, sondern sei auf die drei Leistungen des Klägers aufzuteilen.
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Im notariellen Vertrag vom 04.12.2013 sei unter B. § 2 formuliert, Abschnitt III § 3 der Vorurkunde werde dahingehend geändert, dass der Kaufpreis nunmehr 2.165.266 € betrage. Der Zusammenhang mit der Kaufpreiszahlung liege auf der Hand: Diese Zahlung der KG (102.000 €) sei auf jeden Fall Herrn H als Käufer und dem Kläger als Verkäufer als private Vermögensverfügung zuzurechnen und zwar als Teilzahlung auf den Kaufpreis von ursprünglich 2,3 Mio. €. Der Kläger habe keine Veranlassung gehabt, den Vorteil der günstigeren Darlehenskonditionen alleine dem Käufer zu überlassen. Auch wenn sich die Zins- und Tilgungssituation für ihn verbessert habe, so sei doch der Kaufpreis in 2008 mit 2,3 Mio. € angesetzt worden. Schließlich habe man sich auf die Verteilung des Erlöses von 134.734 € zugunsten des Käufers mit 102.000 € geeinigt. Damit liege der Anteil einer Zuordnung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei Null. Hinzu komme, dass bei genauer Lektüre einer der Leistungen des Klägers, überschrieben mit „§ 2 Dauer des Nießbrauchsrechts“ die Verkürzung der Dauer des Nießbrauchs auf den Zeitpunkt der Annahme des Kaufangebots ausschließlich zu Lasten der KG gehe, weil in der Vorurkunde noch formuliert gewesen sei, der Nießbrauch ende nicht vor Ablauf der Bindungsfrist für das Kaufangebot. Die KG habe aus ihrer Sicht deshalb gar keine Veranlassung gehabt, dem Kläger die Vertragsverkürzung auch noch zu vergüten. Dies lasse erkennen, dass die Zahlung „von der Käuferin“ im Wesentlichen für das Einverständnis des Klägers für die Auflassung ohne Nießbrauch durchgeführt worden sei.
28
Wenn das Finanzamt schon nicht der Auffassung folge, dass die Zahlung an den Kläger ein nicht steuerbarer Vermögenstransfer im Zuge der Veräußerung des Grundstücks sei, dann müsse es doch anerkennen, dass der Kläger nach dem Wortlaut der Urkunde auch für die Zustimmung zur Freigabe einer Sicherheit sein Darlehen betreffend gegeben und er die Konditionen für seinen Darlehensvertrag überraschend erfolgreich verhandelt habe. Der Anteil an der Gegenleistung sei deswegen für diese beiden Leistungen mit mindestens 75% zu bewerten, so dass für den Ansatz eines Sonderzuflusses für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2013 allenfalls ein Betrag von € 25.500 verbleibe. Der Differenzbetrag für die Zustimmung zur Freigabe einer Sicherheit und die Verbesserung der Konditionen des eigenen Darlehensvertrags seien im privaten Bereich zu verorten.
29
Nur noch hilfsweise erfolge der Hinweis, dass § 22 Nr. 3 EStG subsidiär sei; selbst wenn das Finanzamt diese Vorgänge als steuerbar ansehen würde, wären sie Annex zu den nicht der Einkommensteuer unterliegenden Vermögensverfügungen.
30
Außerdem sei die AfA mit 47.571 € zu niedrig angesetzt. Die Recherchen des vormaligen Prozessbevollmächtigten hätten ergeben, dass dieser Wert aus den Unterlagen der Kläger D GbR, an der der Kläger zunächst nur zu 20% beteiligt gewesen sei, ungeprüft übernommen worden sein müsse. Mit Urkunde vom 12.03.2004 habe er aber sämtliche Anteile von seinen Mitgesellschaftern erworben, so dass sich im Prüfungszeitraum eine deutlich höhere AfA ergebe. Zu berücksichtigen sei auch, dass eines der drei Häuser ein Altbau (vor 1925) sei, bei dem der erhöhte AfA-Satz (2,5%) zur Anwendung komme.
31
Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen, dass er die Verhandlungen über den Verkauf und die Bestellung des Nießbrauchs nur mit Herrn H geführt habe. Frau H habe er nie kennengelernt.
32
In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter beantragt, Herrn H, zu laden über die A GmbH & Co KG zum Beweis der Tatsache, dass seine Frau, H, das Objekt D in E für ihn treuhänderisch erworben hat, und zum Beweis der Tatsache das er die A GmbH & Co KG aus Haftungsgründen für sich bei dem notariellen Vertrag dazwischen geschaltet hat, als Zeugen zu vernehmen (Urkunde Nr. Az. 2der Notarin I, in E).
33
Weiter hat er beantragt, zu obigen Beweisthema M in E als Zeugen zu vernehmen.
34
Für den Fall, dass das Gericht diesen Beweisanträgen nicht nachkommt, beantragt er, die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 vom 11.09.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.04.2020, dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2011 um 156.492 €, im Jahr 2012 um 165.760 € und im Jahr 2013 um 188.368 € gemindert werden und die Steuer 2013 entsprechend niedriger festgesetzt wird.
35
Hilfsweise beantragt er, die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 vom 11.09.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.04.2020, dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2013 um 102.000 € gemindert werden und die Steuer 2013 entsprechend niedriger festgesetzt wird.
36
Hilfsweise beantragt er weiter, die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 vom 11.09.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.04.2020, dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 2011 bis 2013 um 27.795 € (Erhöhung der AfA) gemindert werden und die Steuer 2013 entsprechend niedriger festgesetzt wird.
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Schließlich beantragt er, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2011, 31.12.2012 und 31.12.2013 vom 11.09.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.04.2020, entsprechend zu ändern.
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Die Vertreterin des beklagten Finanzamtes beantragt, die Klage abzuweisen.
39
Nach den von den Klägervertretern aufgeführten BFH-Urteilen könne zwar unter besonderen Umständen ein Verkaufsangebot einem Verkauf gleichgestellt werden. Dies sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn durch das Angebot rechtlich und tatsächlich eine Situation geschaffen werde, wie sie auch aufgrund eines Verkaufsvertrages gegeben sei. Dies könne nur im Einzelfall unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte entschieden werden. Im vorliegenden Streitfall sei im Vertrag vom 02.10.2008 neben dem Verkaufsangebot ausdrücklich ein Nießbrauchsvertrag abgeschlossen worden. Hier sei auch das Vorgehen im Fall einer Nicht-Annahme des Kaufangebots geregelt (Abschnitt I. Nr. 2.7). Des Weiteren sei in Abschnitt III. Nr. 5.1 geregelt, dass der Besitz am Kaufgegenstand sowie die Nutzungen und Lasten, Gefahren und Abgaben erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises übergingen. Selbst im Vertrag vom 04.12.2013 sei unter A. § 2 Nr. 1b) eine Regelung für den Fall enthalten, dass das Angebot nicht angenommen werde. Der Kauf sei deshalb nicht von vorn herein sicher gewesen. Eine Veräußerung der Immobilie im Jahr 2008 sei somit nicht gegeben.
40
Das Finanzamt könne den Sachvortrag zum AfA-Volumen nicht überprüfen, da die Akte der Grundstücksgesellschaft nicht mehr vorhanden sei. Die Feststellungslast trage der Kläger, da es sich hier um steuermindernde Tatsachen handle.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger aus dem Nießbrauchsvertrag vom 02.10.2008 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der von der Betriebsprüfung festgestellten Höhe erzielt hat.
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Die Klage ist auch insoweit zulässig als sie sich gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 wendet, in denen die Einkommensteuer (unverändert) i.H.v. 0 € festgesetzt ist.
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Für die Klage gegen einen auf 0 € lautenden Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres fehlt die Klagebefugnis i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO, wenn das Begehren des Steuerpflichtigen nicht auf die Verlustfeststellung, sondern ausschließlich auf den Verlustrücktrag gerichtet ist (BFH-Urteil vom 10.03.2020 IX R 24/19, BFH/NV 2020, 873 (Rn. 31, juris)). Dagegen kann nach der Rechtsprechung des BFH nach der Neukonzeption des Verhältnisses zwischen Steuerfestsetzung und Verlustfeststellung durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 eine Beschwer im Hinblick auf einen Nullbescheid gegeben sein, wenn der Festsetzung Besteuerungsgrundlagen zugrunde gelegt worden sind, die zur Feststellung eines zu niedrigen verbleibenden Verlustvortrags führen können (vgl. BFH-Urteile vom 07.12.2016 - I R 76/14, BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704; vom 31.01.2018 - I R 25/16, BFH/NV 2018, 838; BFH-Zwischenurteil in BFH/NV 2019, 1109).
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Nachdem es hier nicht nur um Einkommensteuerbescheide geht, sondern auch die Bescheide über den verbleibenden Verlustvortrag angefochten sind, ist das Klagebegehren nicht nur auf einen Verlustrücktrag, sondern auch auf einen Verlustvortrag gerichtet. Der Kläger ist daher auch durch die beiden auf „Null“ lautenden Einkommensteuerbescheide beschwert.
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Die Klage ist aber unbegründet.
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1. Der Kläger hat in den Streitjahren aus entgeltlichem Nießbrauch aus dem Objekt D Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. (Zur Höhe der Einkünfte unten 2.).
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1.1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind solche aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Räumt der Eigentümer einem Dritten ein dingliches oder obligatorisches Nutzungsrecht ein, muss stets geprüft werden, ob und inwieweit der Eigentümer oder der Nutzungsberechtigte den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. Dabei kommt es nicht auf das Eigentum am jeweiligen Nutzungsobjekt an; entscheidend ist vielmehr, wer Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtverhältnis ist. (Mellinghoff, in Kirchhof EStG, 19. Aufl., § 21, Rz. 33 m.w.N.).
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Bei zugewendeten Nutzungsrechten ist für die Einkünfte des Eigentümers entscheidend, ob das Nutzungsrecht entgeltlich oder unentgeltlich bestellt worden ist. Ist das zugewendete Nutzungsrecht (wie hier der Nießbrauch) entgeltlich bestellt, hat der Eigentümer das für die Bestellung gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen (BFH-Urteil vom 27.06.1978 VIII R 54/74, BStBl II 1979, 332). Die dingliche Natur des Rechts steht der Zurechnung des Entgelts zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht entgegen, da die Begriffe Vermietung und Verpachtung einkommensteuerrechtlich weit auszulegen sind und auch wirtschaftlich vergleichbare Nutzungsüberlassungen einschließen (BFH a.a.O.).
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1.2. Die Leistungen, die die KG durch Bedienung der Verbindlichkeiten des Klägers aus dem Finanzierungsdarlehen bei der Bank 1 im vertraglich vereinbarten Umfang erbrachte, sind nach Auffassung des Senats ein Entgelt für die Nießbrauchsüberlassung und nicht „vorweggenommene“ Kaufpreisraten. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung des Sachverhalts war das Objekt D nach dem Abschluss des Nießbrauchsvertrages und der Abgabe des Verkaufsangebots vom 02.10.2008 rechtliches und wirtschaftliches Eigentum des Klägers.
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1.2.1. Gegenstand der Zurechnung sind Wirtschaftsgüter, nicht Einkünfte. Gemäß § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen.
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1.2.2. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen, § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO. Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers in diesem Sinne wird von der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 12.09.1991 III R 233/90, BStBl II 1992, 182, juris Rn. 16 ff.) angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder wenn dem Eigentümer überhaupt kein Herausgabeanspruch mehr zusteht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen; bei dieser Beurteilung kommt es nicht nur auf den Wortlaut sowie auf den Sinn und Zweck der von den Vertragspartnern getroffenen Vereinbarung, sondern auch auf deren tatsächlichen Vollzug an.
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1.2.2.1. Hiernach kann ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sein, wenn es ihm aufgrund eines „Mietkaufvertrags“ überlassen wird. Darunter versteht man Vereinbarungen, in denen Elemente eines Mietvertrags (§§ 535 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)) mit denen eines Kaufvertrags (§§ 433 ff. BGB) verbunden sind. Diese Verträge können so gestaltet sein, dass sie bei wirtschaftlicher Bewertung von Anfang an als Kaufverträge anzusehen sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn dem Mieter eine Kaufoption zu einem bereits festgelegten Kaufpreis eingeräumt wird und die Mietzahlungen bis zur Annahme des Verkaufsangebots durch den Mieter in voller Höhe angerechnet werden (BFH-Urteil vom 18.11.1970 I 133/64, BStBl II 1971, 133). Ähnlich liegt es, wenn sich aus dem Gesamtbild der getroffenen Vereinbarungen ergibt, dass der wesentliche Sinn des Vertrages im Erwerb eines Wirtschaftsguts liegt und hierfür von dem Nutzungsberechtigten eine bestimmte Gesamtleistung erbracht wird. In einem solchen Fall kommt es den Vertragsparteien auf den Abschluss eines Kauf- und nicht eines Mietvertrags an. Ein Wirtschaftsgut, das Gegenstand eines solchen Vertrags ist, ist in der Regel dem Käufer zuzurechnen. Zwar wird im allgemeinen der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums davon abhängig gemacht, dass Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Da es jedoch für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommt, kann der Übergang wirtschaftlichen Eigentums auch dann anzunehmen sein, wenn diese Voraussetzungen nicht in vollem Umfange gegeben sind (BFH-Urteil vom 12.09.1991 III R 233/90, BStBl II 1992, 182 m.w.N., vgl. auch Fu, in Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 157. Lieferung, § 39 AO - Zurechnung, Rn. 146 m.w.N.). Maßgebend ist, ob die Vertragsbedingungen so ausgestaltet sind, dass der Mieter vernünftigerweise keine andere Wahl hat, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen, so dass der Mieter von Anfang an daran interessiert ist, Eigentum zu erwerben. Dabei ist es unerheblich, ob der wirtschaftliche Sachzwang aus der Ausgestaltung des Mietzinses oder des Optionsrechts folgt. Wesentliche Kriterien sind Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Mietkäufer. Wirtschaftliches Eigentum des Mietkäufers wird aber nicht zwingend dadurch ausgeschlossen, dass eines der Kriterien nicht erfüllt ist. Typischerweise liegt wirtschaftliches Eigentum vor, wenn der Kaufpreis nach dem bei Abschluss des Mietvertrages vereinbarten künftigen Übernahmepreis bestimmt wird und die Mietzahlungen auf diesen Preis in voller Höhe angerechnet werden.
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Selbst wenn man diese zum Mietkauf ergangene Rechtsprechung auf den Fall eines Nießbrauchs mit anschließendem Ankaufsrecht des Nießbrauchers anwenden wollte, wäre der Kläger nach Auffassung des Senats wirtschaftlicher Eigentümer geblieben. Im Streitfall waren die Vertragsbedingungen nicht so ausgestaltet, dass der Nießbraucher vernünftigerweise keine andere Wahl hatte, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen. Die KG als Nießbrauchsberechtigte konnte nicht wählen. Ihr ist keine Kaufoption eingeräumt worden. Das Ankaufsrecht war Frau H eingeräumt worden, die aber nicht Nießbraucherin war. Nießbraucher (KG) und Käufer (Frau H) sind nicht personenidentisch. Selbst wenn Frau H „treuhänderisch“ für ihren Mann aufgetreten wäre, wäre dieser nicht der Nießbraucher gewesen. Herr H ist - selbst wenn er als einziger Kommanditist und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär GmbH die einzige natürliche Person „hinter“ der KG ist - nicht mit der KG identisch. Auch in diesem Fall hätte es sich damit um unterschiedliche Rechtssubjekte gehandelt. Dieser nach Meinung der Klägervertreter nur „formale“ Aspekt kann nach Auffassung des Senats nicht durch eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ nach dem Motto „Ist doch alles eins“ aufgehoben werden. Wenn man durch die vertragliche Gestaltung im Hinblick auf einen möglichen Wegfall der Bank 2-Förderung einen Verkauf oder auch nur den Anschein eines Verkaufs im Jahr 2008 tunlichst vermeiden wollte, muss man dasselbe Ergebnis auch bei der Besteuerung des Vorgangs gegen sich gelten lassen. Das (künftige) Eigentum der Ehefrau kann weder rechtlich noch wirtschaftlich dem Ehemann oder „dessen“ KG zugerechnet werden.
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Unabhängig davon bestand auch kein wirtschaftlicher Sachzwang für den späteren Erwerb des Objekts. Rechtlich war nur der Kläger als potentieller Verkäufer an das Verkaufsangebot gebunden, nicht aber die potentielle Käuferin, vgl. II.2. des Vertrags vom 02.10.2008. Für die KG als Nießbraucherin bestand nach Auffassung des Senats kein wirtschaftlicher Zwang zum späteren Erwerb des Objekts. Schließlich sollte nicht sie, sondern Frau H dieses erwerben. Der wesentliche Sinn des Vertrages lag daher auch nicht im Erwerb eines Wirtschaftsguts durch die KG (die Nutzungsberechtige), die hierfür eine bestimmte Gesamtleistung erbringen sollte. Im Gegenteil: nach Auffassung des Senats wäre es für die KG wirtschaftlich unsinnig „Kaufpreisraten“ zu zahlen, obwohl sie nach der vertraglichen Vereinbarung das Eigentum am Grundstück gerade nicht erlangen sollte. Den vereinbarten Kaufpreis sollte auch nicht die KG sondern Frau H bezahlen (vgl. auch A. § 3 Nr. 3 des Vertrags vom 04.12.2013: Frau H wird „so schnell wie möglich eine Bestätigung einer … Bank oder Versicherungsgesellschaft übergeben, wonach die Bezahlung des Kaufpreises … gesichert erscheint.“)
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Schließlich ist auch die Gefahr des zufälligen Untergangs des Objekts beim Kläger verblieben.
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1.2.2.2. Beim Leasing ist darauf abzustellen, ob der Herausgabeanspruch des Leasinggebers (zivilrechtlichen Eigentümers) noch eine wirtschaftliche Bedeutung hat (grundlegend BFH-Urteil vom 26.01.1970 IV R 144/66, BStBl II 1970, 264; vgl. auch z.B. BFH-Urteil vom 21.12.2017 IV R 55/16, BFH/NV 2018, 593 - Rn. 35, juris -). Dieser Herausgabeanspruch ist nur dann wirtschaftlich ohne Wert, wenn ein Dritter dazu in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer vollständig zu verdrängen. Hieran fehlt es, wenn bei einer die Grundmietzeit überschreitenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nur dem Leasinggeber (zivilrechtlichen Eigentümer) ein Andienungsrecht zusteht. Es bleibt dann beim Vorrang des zivilrechtlichen Eigentums. Eine andere Frage ist, ob für den zivilrechtlichen Eigentümer die Ausübung des Andienungsrechts ggf. wirtschaftlich vorteilhafter als das Behalten oder die anderweitige Verwertung des Leasingobjekts wäre. Dieser Umstand ist jedoch für die steuerrechtliche Zurechnung nicht maßgeblich. Würde man in Leasingfällen insoweit auf eine entsprechende Rechtsmacht des Leasingnehmers verzichten, käme es - so der BFH - zu einer unkontrollierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Leasingnehmers ggf. zu günstig darstellte.
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Im Streitfall wären diese Zurechnungsvoraussetzungen - wenn man diese Rechtsprechung sinngemäß anwenden wollte - nicht erfüllt. Der Nießbraucher danach war nicht in der Lage, den Eigentümer vollständig zu verdrängen.
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1.2.3. Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO sind die Wirtschaftsgüter bei Treuhandverhältnissen dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
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Der Nießbraucher ist nicht Eigensondern Fremdbesitzer. Eigenbesitzer ist, wer eine Sache als ihm gehörig besitzt, § 872 BGB; Fremdbesitzer ist jeder, der die tatsächliche Sachherrschaft ohne den Willen, die Sache wie ein Eigentümer zu besitzen, ausübt. In der Regel ist er Besitzmittler eines anderen. (Vgl. Joost, in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 872 Rz. 6). Ist die nießbrauchsbelastete Sache - wie hier - im Besitz eines Dritten (des Mieters), dann ist dieser unmittelbarer Fremdbesitzer 1. Stufe, der Nießbraucher ist mittelbarer Fremdbesitzer 2. Stufe und Eigentümer mittelbarer Eigenbesitzer (vgl. Pohlmann, in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 1036 Rz. 7). Dazu aus steuerrechtlicher Sicht Fu, in Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 157. Lieferung, § 39 AO - Zurechnung, Rn. 135 m.z.N.: Der Nießbraucher ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht wirtschaftlicher Eigentümer, weil er den Eigentümer nicht von der Nutzung ausschließen kann. Von diesem Grundsatz lässt die Rechtsprechung nur eng begrenzte Ausnahmen zu. Das rechtliche und tatsächliche Verhältnis zwischen Nießbraucher und zivilrechtlichem Eigentümer muss sich von dem normalen Nießbrauch, der lediglich eine Nutzungsbefugnis vermittelt, so unterscheiden, dass der Nießbraucher die tatsächliche Herrschaft unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers ausübt. Wirtschaftliches Eigentum des Nießbrauchers kommt dann nicht in Betracht, wenn er weder die Möglichkeit hat, sich selbst den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen (etwa durch die Berechtigung, das Grundstück zu belasten), noch über die ihm als Nießbraucher zustehenden Rechte hinaus vergleichbar einem Eigentümer nach Belieben mit dem Grundstück oder Gebäude bzw. der Wohnung zu verfahren noch das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung trägt und auch nicht an Wertsteigerungen teilnimmt. Für eine andere Beurteilung müssten weitere Umstände hinzutreten. (Vgl. hierzu auch Drüen, in Tipke/Kruse AO/FGO Kommentar, § 39 AO, Lfg. 129, Tz. 58 ff. m.z.N.).
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Im Streitfall hatte der Nießbraucher (die KG) diese zuletzt genannten Möglichkeiten nicht (vgl. I. § 1 des Vertrags vom 02.10.2008). Die spätere Käuferin, Frau H, war weder Sicherungseigentümerin, noch Treugeberin noch Nießbraucherin.
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2. Das Finanzamt hat auch die Höhe der Einkünfte zutreffend angesetzt.
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2.1. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die tatsächlichen Zahlungen des Nießbrauchers niedriger als vereinbart gewesen sein könnten. Wäre das (zumal in dem von Klägerseite behaupteten Umfang) der Fall gewesen, hätte dies zeitnah auffallen müssen - entweder der Hausverwaltung, deren Konto von der Bank 1 „geplündert“ worden wäre, oder der Bank 1, die auf ein unzureichend gefülltes Konto zugegriffen hätte.
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2.2. Auch die im Jahr 2013 aufgrund der Vertragsanpassung vom 04.12.2013 von der KG an den Kläger gezahlten 102.000 € hat das Finanzamt zurecht als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (und nicht als vorweggenommene Kaufpreisrate) erfasst.
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Dafür spricht - neben der Zahlung durch die KG, die nach Meinung des Senats ein Indiz dafür ist, dass die Zahlung dem Nießbrauchsvertrag mit der KG zuzurechnen ist, - zum einen schon, dass der Steuerberater des Klägers, als er gegenüber der Betriebsprüfung die angeblich niedrigeren Einnahmen ins Feld führte, ausgerechnet (und nur) diese 102.000 € als Einnahme aufführte.
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Dafür spricht aber auch der Wortlaut des notariellen Vertrags vom 04.12.2013. Nach der Vorbemerkung zu dieser Urkunde sollte dadurch Abschnitt I. der Vorurkunde geändert werden. Abschnitt I. des Vertrags vom 02.10.2008 betraf den Vertrag über die Einräumung eines Nießbrauchs und die Stellung einer Sicherheit (II. das Angebot auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrages). Ausgangspunkt der Vertragsänderung war, dass der Kläger die Darlehenskonditionen mit der Bank 1 neu verhandelt hatte, was zu für ihn günstigeren Darlehensbedingungen führte. (Vorbemerkung 2. zum notariellen Vertrag vom 02.10.2008: Festzins 4,450%, bis 31.12.2013 Tilgungsrate 4%, 3% zum 30.05.2013, monatliche Rate 27.462,50 €; A § 1 des Vertrags vom 04.12.2013: Sollzins 1,62% p.a., effektiver Jahreszins 1,63%, Tilgung 01.01.2014 bis 30.12.2014: 176.030,36 €). Das Entgelt für den Nießbrauch war aber an die gegenüber der Bank zu erbringenden Leistungen geknüpft. Geändert wurden in § 2 des Vertrages die „Dauer des Nießbrauchsrechts“ und in § 3 die „Rückgabe einer Sicherheit“ (der von der KG geleisteten Sicherheit i.H.v. 300.000 €). „Als Gegenleistung für die vorstehenden Änderungen und Ergänzungen des Abschnitts I der Vorurkunde“ zahlt die KG gemäß § 4 des Vertrags vom 04.12.2013 an den Kläger einen Betrag von 102.000 €. Der Vertrag enthält keinerlei Aussage darüber, wie sich dies auf die Höhe des Kaufpreises, den Frau H bei Ausübung der Kaufoption zu zahlen haben würde, auswirken sollte. Wegen des Kaufpreises ist unter § 3 „Rückgabe einer Sicherheit“ lediglich geregelt, dass Frau H eine Bank-/Versicherungsbestätigung beibringen werde, „wonach die Bezahlung des Kaufpreises aus dem unter Abschnitt II dieser Urkunde enthaltenen Angebot … als gesichert erscheint.“ (Gemeint ist damit vermutlich der Vertrag vom 02.10.2008, denn der vom 04.12.2013 ist nach Großbuchstaben und Paragraphen gegliedert. Abschnitt II. des notariellen Vertrags vom 02.10.2008 betrifft das „Angebot zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages“).
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2.3. Das Finanzamt hat auch die Absetzung für Abnutzung (AfA) in zutreffender Höhe als Werbungskosten berücksichtigt. Der Erwerb der übrigen Anteile an der Grundstücks GbR mit notariellem Vertrag vom 12.03.2004 führte nicht zu weiteren Anschaffungskosten es Klägers. - Aus der Anlage K 11 ergibt sich, dass die AfA für den früheren Fünftel-Anteil des Klägers an der GbR 9.514,20 € betrug, daraus errechnet sich die AfA laut Betriebsprüfung für 100% 47.571 €. - 2.3.1. Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) abziehbaren Werbungskosten gehören gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG auch die AfA. Bemessungsgrundlage hierfür sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 4 und 5 EStG). Die regelmäßige AfA beträgt bei Gebäuden, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, bei Fertigstellung nach dem 31.12.1924 jährlich 2%, bei Fertigstellung vor dem 01.01.1925 jährlich 2,5% der Anschaffungs- und Herstellungskosten, § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG. Welche Aufwendungen hierzu zählen, ist für die Gewinn- und Überschusseinkünfte und damit auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Rückgriff auf § 255 HGB zu bestimmen (z.B. BFH-Urteil vom 25.02.2003 IX R 31/02, BFH/NV 2003, 775, m.w.N.). Anschaffungskosten sind danach die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie diesem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu zählen auch die Nebenkosten und die nachträglichen Anschaffungskosten, § 255 Abs. 1 Satz 1 und 2 Handelsgesetzbuch (HGB). Nachträgliche Anschaffungskosten betreffen Aufwendungen nach Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts, die nach allgemeinen Grundsätzen nicht als Erhaltungsaufwand in vollem Umfang absetzbar sind (Pfirrmann, in Kirchhof EStG Kommentar, 19. Aufl., § 7 Rz. 44).
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Bei der Übertragung von Privatvermögen führt dabei die Übernahme von Verbindlichkeiten regelmäßig zur Annahme eines Entgelts (= Anschaffungskosten des Erwerbers). Dem liegt im Falle der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens der Gedanke zu Grunde, dass es keinen Unterschied machen kann, ob der Erwerber als Gegenleistung für die Übertragung ein Entgelt zahlt, welches der Veräußerer zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet oder ob der Erwerber die Verbindlichkeiten unter Anrechnung auf den Kaufpreis vom Übertragenden übernimmt. Das Entgelt besteht letzterenfalls in dem Vorteil, dass der Veräußerer durch den Erwerber von sonst anfallenden Ausgaben befreit wird (vgl. BFH Großer Senat, Beschluss vom 05.07.1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl. II 1990, 847).
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Wie im betrieblichen Bereich führt auch im Bereich der Vermögensverwaltung die Übernahme von Schulden einer Personengesellschaft nicht zu einem Veräußerungspreis bzw. zu Anschaffungskosten. Vielmehr gehören die Schulden der Unternehmung zu der betrieblichen bzw. vermögensverwaltenden Einheit (vgl. FG Köln, Urteil vom 10.10.2018 9 K 3049/15, EFG 2019, 1980 - juris Rz. 34 - m.w.N). Die Gesellschafter einer GbR haben dafür als Gesamtschuldner einzustehen, d.h., jeder ist zur Bewirkung der ganzen Leistung verpflichtet, die der Gläubiger aber nur einmal zu fordern berechtigt ist (§ 421 Satz 1 BGB). Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet, § 421 Satz 2 BGB. Der Übertragende wird durch die Übertragung des GbR-Anteils auch nicht von einer Nachhaftung befreit. Vielmehr besteht seine Haftung auch nach Ausscheiden grundsätzlich fort, sofern der Rechtsgrund für die Haftung im Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels bereits gelegt war (Palandt/Sprau, BGB Kommentar, 80. Aufl., § 736 Rn. 10 m.w.N.). Die Nachhaftung des Übertragenden wird nach § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB lediglich zeitlich auf eine Frist von fünf Jahren begrenzt. Soll der Übertragende von seiner fortbestehenden Haftung gegenüber Dritten im Innenverhältnis freigestellt werden, bedarf es dazu einer ausdrücklichen vertraglichen Abrede zwischen dem Übertragenden und dem Erwerber. Ein Befreiungsanspruch des Veräußerers gegen den Erwerber kann im Falle der Übertragung eines GbR-Anteils nicht etwa aus § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB (direkt oder analog) hergeleitet werden (vgl. hierzu insgesamt FG Münster, Urteil vom 19.01.2011 12 K 4470/08 F, juris).
69
Im Streitfall wurde die GbR durch das Ausscheiden der Mitgesellschafter des Klägers vollbeendet. Das Gesellschaftsvermögen ging mitsamt den Schulden der Gesellschaft auf den Kläger als Rechtsnachfolger der GbR über.
70
Gemäß IV.a des Vertrags vom 12.03.2004 verpflichtete sich der Kläger („Erwerber“), mit Wirkung ab dem Tag der Besitzübergabe die „Veräußerer“ von dem anteiligen Darlehen bei der Kläger GmbH & Co. KG von derzeit insgesamt 3.893.615 € und von dem anteiligen Darlehen bei der Bank 3 i.H.v. 936.636,94 € freizustellen, und übernahm die zu ihrer Sicherung im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte. Weiter heißt es: „Dem Erwerber sind alle Vereinbarungen mit den Gläubigern bekannt. Er hat dafür zu sorgen, dass der Veräußerer aus allen Verbindlichkeiten entlassen wird.“ Diese Freistellung der beiden (früheren) Mitgesellschaftern des Klägers von den Verbindlichkeiten der GbR führt aber nicht zu Anschaffungskosten des Klägers. Soweit die Darlehen für Anschaffungs- und Herstellungskosten des Objekts D aufgenommen worden waren, sind sie bereits in dem von der Betriebsprüfung angesetzten AfA-Betrag enthalten, den der Kläger als Alleineigentümer nun zu 100% ansetzen kann. Sofern sie zu anderen Zwecken aufgenommen wurden, kann dies nicht zu einer erhöhten Bemessungsgrundlage für die Gebäudeabschreibung führen.
71
Den Beweisanträgen des Klägers musste das Gericht nicht nachkommen.
72
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Finanzgericht einem Beweisantrag nur dann nachkommen muss, wenn dieser substantiiert ist. Das setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben wurden (BFH-Beschluss vom 14.09.2015 VIII B 40/15 (juris, Rz. 10) m.z.N.). Beweisbedürftig können nur entscheidungserhebliche Tatsachen sein. Das sind Tatsachen, auf die es im konkreten Streitfall ankommt (Gräber/Herbert, FGO 9. Auflage § 81 Rn 3).
73
Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (BFH-Beschluss vom 05.062020 IX B 117/19, BFH/NV 2020, 1089 m.z.N.).
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Im Streitfall kann dahinstehen, inwieweit der vom Kläger beauftragte Makler M überhaupt aus eigener Kenntnis zum Beweis der Tatsache, dass Frau H das Objekt D für ihren Ehemann treuhänderisch erworben hat, und zum Beweis der Tatsache, dass dieser die KG aus Haftungsgründen für sich bei dem notariellen Vertrag dazwischengeschaltet hat, Auskunft geben kann. Selbst wenn beides der Fall wäre, wäre dies für die Entscheidung des Streitfalls nach der oben dargestellten Auffassung des Senats unerheblich. Deshalb brauchte auch Herr H nicht als Zeuge vernommen werden.
75
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.