Inhalt

Kirchliches Arbeitsgericht Augsburg, Urteil v. 28.06.2021 – 2 MV 13/21
Titel:

Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung wegen angeblicher Missbräuchlichkeit einer Regelung nach § 1a Abs. 2 S. 1 MAVO

Normenkette:
MAVO Augsburg § 1a Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 3, S. 4, § 36 Abs. 1 Nr. 13 S. 2
Leitsätze:
1. Zum Verfahren der Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO wegen angeblicher Missbräuchlichkeit einer Regelung nach § 1a Abs. 2 Satz 1 MAVO, "was als Einrichtung gilt". (Rn. 76 – 81)
2. Zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen der Missbräuchlichkeit einer Regelung, "was als Einrichtung gilt" (hier: in einem Fall der Aufspaltung einer Einrichtung). (Rn. 82 – 88)
1. Die Entscheidung („Definitionsmacht“), ob die von der Mitarbeitervertretung vorgebrachten Gründe für ihre Zustimmungsverweigerung unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs. 1 Nr. 13 S. 2 MAVO Augsburg ausreichend sind oder nicht, liegt nicht bei dem Dienstgeber, sondern bei dem im Wege des Zustimmungsersetzungsverfahrens zuständigen Kirchlichen Arbeitsgericht, welches im Streitfall darüber zu entscheiden hat, ob die Regelung missbräuchlich erfolgt. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sofern man für die Wirksamkeit der Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung einen förmlichen Beschluss des Gremiums unter Beachtung der Regularien des § 14 Abs. 3 bis 6 MAVO Augsburg verlangt, ist für die Erklärung des Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum staatlichen Betriebsverfassungsrecht entsprechend anwendbar, wonach eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden nachträglich durch die Mehrheit des Betriebsrats ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt werden kann. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch im kirchlichen Bereich ist es dem Rechtsträger vorbehalten zu entscheiden, wie er sein „Unternehmen“ organisiert und gegebenenfalls umstrukturiert. Das Kirchliche Arbeitsgericht prüft und beurteilt daher im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 33 Abs. 4 iVm § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg nicht, ob die beabsichtigte Aufspaltung der Gesamteinrichtung in drei Einrichtungen wirtschaftlich oder organisatorisch sinnvoll ist. Die gerichtliche Überprüfung betrifft lediglich die Frage, ob eine mit der beabsichtigten Umstrukturierung etwa verbundene (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, missbräuchlich ist. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Unterschied zu den paritätischen Mitbestimmungsrechten nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 MAVO Augsburg stellt sich das durch § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg eingeräumte Mitbestimmungsrecht als ein auf die Missbrauchskontrolle beschränktes Zustimmungsverweigerungsrecht dar. Eine Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung setzt allerdings voraus, dass das Zustimmungsverfahren nach § 33 Abs. 1 bis 4 MAVO Augsburg ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. (Rn. 75 – 76) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mitarbeitervertretung, Dienstgeber, Zustimmungsverweigerung, Aufspaltung einer Einrichtung, Mitbestimmungsrecht, Missbräuchlichkeit einer Regelung, Missbrauchskontrolle, unternehmerische Entscheidung, Zustimmungsverfahren
Fundstelle:
BeckRS 2021, 50624

Tenor

1. Die Zustimmung der Klägerin zur Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung der Einrichtung in drei Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ wird ersetzt.
2. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die notwendigen Auslagen der Klägerin, auch für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten.
4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Beklagte und Widerklägerin, eine kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts, ist Trägerin von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung an über dreißig Standorten in drei bayerischen Regierungsbezirken. Sie beschäftigt etwa 4.400 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. In den Einrichtungen bzw. Regionen der Beklagten bestehen mehrere Mitarbeitervertretungen. Es ist auch eine Gesamtmitarbeitervertretung gebildet. Die Klägerin und Widerbeklagte ist die für die Einrichtung B gewählte Mitarbeitervertretung (MAV) mit dreizehn Mitgliedern. In dieser Einrichtung findet die Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese A. (im Folgenden: MAVO A.) Anwendung.
2
Die Beklagte beabsichtigt eine Umstrukturierung im Bereich der bisherigen sog. Gesamteinrichtung B, die im Rahmen eines Organisationsentwicklungsprozesses im Jahr 2013 in der jetzigen Form gebildet worden ist.
3
Sie informierte die Klägerin mit Schreiben vom 10.12.2020, dass zum 01.03.2021 drei neue sog. Gesamteinrichtungen gebildet werden sollten, nämlich „B1“, „B2“ und „B3“, und dass im Zuge der Aufspaltung der bisherigen Gesamteinrichtung B auch drei neue Mitarbeitervertretungen entstünden. Gleichzeitig bat die Beklagte die Klägerin um Rückmeldung bis spätestens 11.01.2021, ob sie den geschilderten Veränderungen nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO zustimme. Wegen der Einzelheiten des Inhalts des Schreibens vom 10.12.2020 wird auf die Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien verwiesen.
4
Die Klägerin teilte der Beklagten per E-Mail bzw. mit Schreiben vom 11.01.2021 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) mit, dass sie mit Beschluss vom 14.12.2020 der angedachten Umstrukturierung nicht zustimme.
5
Am 18.01.2021 fand ein Gespräch zwischen den Parteien statt, bei dem keine Einigung erzielt wurde. In einem von der Dienstgeberseite erstellten Protokoll zum „Einigungsgespräch am 18.01.2021“ (vgl. Anlage K 4 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) ist unter anderem festgehalten: „Es wird vereinbart, dass die Rückmeldungsfrist gem. § 33 Abs. 3 MAVO von 3 Tagen auf 1 Woche und 1 Tag verlängert wird - d.h. eine Rückmeldung der MAV bis einschließlich 26.01.2021. Für die Dienstgeberseite ist es auch in Ordnung, wenn nach dieser Verlängerung die Frist erneut verlängert wird.“ In einem von der Mitarbeitervertretung erstellten Protokoll (vgl. Anlage K 5 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) ist festgehalten: „Nach Abschluss des Einigungsgespräches und daran anschließendem Dienstgebergespräch über oben angeführte Punkte, teilte Hr. A. [= der MAV-Vorsitzende] nochmal mit, dass die MAV der Einrichtung B weiterhin die Zustimmung zur Umstrukturierung verweigert.“
6
Als Anhang zu einer E-Mail vom 26.01.2021 übersandte die Klägerin ihre Anmerkung zum Einigungsgespräch an die Dienstgeberseite (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien; diese Anmerkung trägt in der beim Kirchlichen Arbeitsgericht eingereichten Anlage K 7 das offenbar falsche Datum 09.02.2021, bei dem es sich um das Datum des Ausdrucks handeln dürfte). Darin heißt es im Abschnitt „Zum Einigungsvorschlag der MAV Einrichtung B“ u.a.: „Es soll, wie bereits derzeit, nur eine (1) Mitarbeitervertretung für die drei geplanten Fachbereiche (B1 bis B3) in der Gesamteinrichtung B geben. […] Die MAV hat die Zustimmung zur geplanten Umstrukturierung weiterhin verweigert.“
7
Per E-Mail vom 08.02.2021 (vgl. Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 11.03.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) teilte Herr T. von der Dienstgeberseite dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung u.a. mit, die Erklärung vom 26.01.2021 zum Protokoll vom 18.01.2021 sei keine formelle Zustimmungsverweigerung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO. Im Rahmen des Einigungsgesprächs am 18.01.2021 sei ebenfalls formal nicht die Zustimmung zu der geplanten Neuregelung der MAV Einrichtung B verweigert worden. Selbst wenn eine fristgerechte Zustimmungsverweigerung erfolgt wäre, wäre diese offenkundig, d.h. auf den ersten Blick, erkennbar unbeachtlich.
8
In dem auf Antrag der Klägerin vom 26.02.2021 bei dem hiesigen Kirchlichen Arbeitsgericht eingeleiteten Verfahren 2 MV 12/21 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht. Die Beklagte habe, obwohl die Klägerin ihre nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO erforderliche Zustimmung verweigert habe, das nach § 33 Abs. 4 MAVO vorgeschriebene Zustimmungsersetzungsverfahren nicht eingeleitet, sondern bereits mit der organisatorischen Umsetzung der Neuregelung begonnen. Mit Beschluss vom 22.03.2021 - 2 MV 12/21 - ist der Beklagten im Wege einstweiliger Verfügung aufgegeben worden, die Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung in die drei Einrichtungen „B1“, „B2“ und „B3“ zu unterlassen, solange nicht die Klägerin ihre Zustimmung zu dieser Neuregelung erteilt oder diese Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht ersetzt wird.
9
Im März 2021 hat in der bisherigen Gesamteinrichtung B eine Wahl der Mitarbeitervertretung stattgefunden.
10
Im vorliegenden Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 vertritt die Klägerin weiterhin den Standpunkt, dass ihre Zustimmung zu der beabsichtigten Neuregelung, „was als Einrichtung gilt“, nicht als erteilt gelte und vom Kirchlichen Arbeitsgericht auch nicht zu ersetzen sei.
11
Die von der Beklagten beabsichtigte (Neu-)Regelung bedürfe nach § 1a Abs. 2 MAVO der Zustimmung der Klägerin. Das Zustimmungsverfahren richte sich nach §§ 33 Abs. 1 bis 4, 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO. Dabei gehöre zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung der Mitarbeitervertretung durch den Dienstgeber nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO nicht nur die Darlegung der organisatorischen Änderung, sondern insbesondere auch der Tatsachen, aus denen sich ergebe, dass sich die (Neu-)Regelung nicht als missbräuchlich darstelle. Im Hinblick auf § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO müsse die Mitarbeitervertretung anhand der Unterrichtung in der Lage sein, dies zu überprüfen. Die Unterrichtung mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) werde diesen Anforderungen nicht gerecht. Es fehlten u.a. konkrete Angaben dazu, wo die neuen Mitarbeitervertretungen sowie ihr Gegenüber, die Einrichtungsleitung, ihre Räumlichkeiten haben würden. Es sei auch völlig offen, wer künftig mitbestimmungsrechtlicher Ansprechpartner welcher Mitarbeitervertretung sein werde.
12
Die Klägerin ist weiter der Ansicht, dass ihre Zustimmung zu der beabsichtigten Neuregelung nicht nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO als erteilt gilt. Sie habe die Zustimmung rechtzeitig und ordnungsgemäß verweigert.
13
An dem Gespräch mit den Dienstgebervertretern am 18.01.2021 hätten alle Mitglieder der Klägerin teilgenommen. Die vom MAV-Vorsitzenden erklärte Ablehnung habe der Willensbildung in diesem Gespräch entsprochen und sei insoweit eben dann von der Klägerin beschlossen worden. Eine explizit schriftliche Beschlussfassung sei hier nach der MAVO nicht erforderlich. Das Ergebnis der Beschlussfassung sei vielmehr im Protokoll festzuhalten, was gemäß dem als Anlage K 5 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 vorgelegten Protokoll geschehen sei. Aus dem Abschnitt „Zum Einigungsvorschlag der MAV der Einrichtung B“ im Anhang zur E-Mail vom 26.01.2021 an die Dienstgeberseite (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) ergebe sich, dass es, wie bereits derzeit, nur eine (1) Mitarbeitervertretung für die drei geplanten Fachbereiche (B1 bis B3) in der Gesamteinrichtung B geben solle und dass die MAV die Zustimmung zur geplanten Umstrukturierung weiterhin verweigert habe.
14
Soweit die Beklagte anführe, dass es sich bei der Frist in § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist handele, sei darauf hingewiesen, dass es rechtsmissbräuchlich und gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit sei, eine verlängerte Frist zuzusagen und sich sodann aber auf die kürzere Frist zu berufen. Wenn ein kirchlicher Arbeitgeber schon von sich aus und mit Rücksicht auf Dienstpläne und Arbeit, insbesondere unter den jetzigen Corona-Bedingungen, eine Frist zur Rückmeldung setze, sollte er sich daran auch festhalten lassen.
15
Die Klägerin und Widerbeklagte meint, die von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigte Spaltung der bisherigen Gesamteinrichtung B in drei Einrichtungen sei missbräuchlich im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO. Ihr liege keine unternehmerische Notwendigkeit zugrunde. Die Spaltung würde zu einer erheblichen Beschneidung der mitbestimmungsrechtlichen Beteiligung führen.
16
Zwar gebe es bei der Beklagten lange Entscheidungswege und -zeiten. Dies liege aber nicht an der Größe und Komplexität der Gesamteinrichtung. Selbst nur kleine Änderungen könnten nicht von der sog. Gesamtleitung entschieden werden, sondern unterlägen immer der Überprüfung und Entscheidung durch den Vorstand und das Personalwesen. Werde die bisherige Gesamteinrichtung in drei Bereiche gespalten, werde alles noch langwieriger, da alle mitarbeitervertretungsrechtlich relevanten Themen in drei Einrichtungen besprochen und zum Abschluss gebracht werden müssten.
17
Die beabsichtigte Neuordnung hätte eine erhebliche Beeinträchtigung der MAV-Arbeit zur Folge. Die Klägerin, also die derzeitige MAV der Gesamteinrichtung, bestehe aus insgesamt dreizehn Gremiumsmitgliedern. Sie könne ihre Tätigkeit für die etwa 850 Mitarbeiter derzeit vollumfassend mit drei halben Freistellungskontingenten bewerkstelligen. Die derzeitige Struktur gewährleiste tägliche Erreichbarkeit für Mitarbeiter und Dienstgeber sowie einen reibungslosen und zügigen Arbeitsablauf bei allen relevanten Themen. Die Spaltung der Gesamteinrichtung würde indes dazu führen, dass in zwei neu gegründeten Fachbereichen mit unter 300 Mitarbeitern keine Freistellungskontingente für die Mitarbeitervertretungen mehr gegeben wären. Im dritten Fachbereich solle anfänglich ein Freistellungskontingent vorhanden sein, welches allerdings durch eine weitere angedachte Spaltung wieder entfallen würde. Es sei eine nochmalige Umstrukturierung in zwei Phasen angedacht, so dass die Beklagte nach und nach eine „Zerschlagung“ der Klägerin und eine damit verbundene klare Schwächung der Mitarbeitervertretungen in den neuen Fachbereichen durchführe. Die Freistellungskontingente und damit eine zielführende MAV-Arbeit würden somit rechtsmissbräuchlich ausgehebelt.
18
Bei der derzeitigen Struktur führe ein Wechsel des Arbeitsplatzes von Mandatsträgern zu keinem Mandatsverlust. Nach der beabsichtigten Spaltung und in der neuen Struktur würde dies zum Verlust des Mandates und zu einer Schwächung der jeweiligen Mitarbeitervertretung vor Ort führen. Die Abhängigkeit der MAV-Mitglieder von den Dienstgebervertretern wäre in den neuen Fachbereichen ohne Freistellungskontingent viel höher, da die MAV-Mitglieder in straffen und von Personalmangel betroffenen Pflege- und Dienstplänen in Wechselschicht eingeplant wären und somit nur erschwert ihrer MAV-Arbeit nachkommen könnten. Aus diesen Schichtplänen könnten sich die MAV-Mitglieder kaum und nur unter sehr schwierigen Bedingungen herausnehmen, um ihre Mandatstätigkeit zu erbringen.
19
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, auch im vorliegenden Hauptsacheverfahren sei die Beauftragung eines Bevollmächtigten zur Wahrung ihrer Rechte gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO notwendig.
20
Die Klägerin und Widerbeklagte hat ursprünglich angekündigt, sie werde beantragen,
I. die Beklagte zu verurteilen, das Zustimmungsverfahren nach §§ 33 Abs. 1 bis 4, 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO für die Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung in die drei Einrichtungen „B1“, „B2“ und „B3“ ordnungsgemäß durchzuführen und abzuschließen, bis die Zustimmung der Klägerin erteilt ist oder vom Kirchlichen Arbeitsgericht ersetzt worden ist oder die Beklagte von der beabsichtigten Maßnahme Abstand nimmt;
II. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr im Schreiben vom 10.12.2020 beschriebene Umstrukturierung der Gesamteinrichtung B so lange zu unterlassen, bis das Zustimmungsverfahren zur (Neu-)Regelung der Einrichtung nach §§ 33 Abs. 1 bis 4, 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO abschließend durchgeführt und die Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht ersetzt worden ist;
III. die Beklagte zu verurteilen, die notwendigen Auslagen der Klägerin einschließlich der Kosten der Beauftragung ihrer Bevollmächtigten zu tragen.
21
Wie aus dem Sitzungsprotokoll vom 28.06.2021 ersichtlich, hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht erklärt, die Beklagte werde im Falle eines Obsiegens in diesem Verfahren mit der Umsetzung einer ihr günstigen Entscheidung abwarten, bis diese rechtskräftig sei. Daraufhin hat der Klägerinvertreter die Klageanträge I. und II. für erledigt erklärt. Der Beklagtenvertreter hat der Erledigungserklärung zugestimmt. Der Klägerinvertreter hat erklärt, sein Kostenantrag werde aufrechterhalten.
22
Die Beklagte und Widerklägerin beantragt zuletzt,
festzustellen, dass die Zustimmung der Klägerin nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO für die Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung der Einrichtung in drei Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B33“ als erteilt gilt;
 h i l f s w e i s e:
die Zustimmung der Klägerin nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO für die Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung der Einrichtung in drei Einrichtungen „B1“, B2“ sowie „B3“ zu ersetzen.
23
Die Klägerin und Widerbeklagte beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
24
Die Beklagte und Widerklägerin meint, das Beteiligungsverfahren (Zustimmungsverfahren nach § 1a in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO) sei im Hinblick auf die Neuregelung der Einrichtung B in Gestalt einer Aufspaltung dieser Einrichtung in drei Einrichtungen ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Klägerin und Widerbeklagte habe jedoch ihre Zustimmung nicht ordnungsgemäß verweigert. Dadurch sei die Zustimmungsfiktion des § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO eingetreten. Sollte die Zustimmung nicht als erteilt gelten, sei sie auf den Hilfsantrag der Beklagten vom Kirchlichen Arbeitsgericht zu ersetzen.
25
Die Beklagte macht geltend, die Klägerin habe weder im Einigungsgespräch am 18.01.2021 noch im Anschluss daran gegenüber der Beklagten die Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme ordnungsgemäß verweigert. Nach den Protokollen beider Seiten sei die angebliche Zustimmungsverweigerung im Rahmen des Einigungsgesprächs und in Anwesenheit der Dienstgebervertreter erfolgt. Die Protokolle enthielten keine Angaben zu einer etwaigen Beschlussfassung der Mitarbeitervertretung über die Zustimmungsverweigerung. Eine solche habe es auch nicht gegeben.
26
Die Beklagte habe der Klägerin in der E-Mail vom 08.02.2021 (vgl. Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 11.03.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) erläutert, dass aus Sicht des Dienstgebers die Mitarbeitervertretung nicht - wie von der MAVO vorgesehen - nach Abschluss des Einigungsgesprächs ihre Zustimmung zu der Umstrukturierung nach § 1a in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO ordnungsgemäß binnen der Frist verweigert habe und damit die Zustimmungsfiktion eingetreten sei. Zwischen dem Einigungsgespräch am 18.01.2021 und dem 26.01.2021 habe keine Sitzung der Klägerin stattgefunden. Die nächste MAV-Sitzung habe erst am 01.02.2021 stattgefunden.
27
Das als Anlage K 5 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 vorgelegte Protokoll der Mitarbeiterseite zum Einigungsgespräch sei der Beklagten nicht bis zum 26.01.2021, sondern frühestens am 23.02.2021 zugegangen. Die Übersendung eines solchen Protokolls wäre auch nicht als Kundgabe der Zustimmungsverweigerung auszulegen. Ein Protokoll stelle weder eine Wissens- noch eine Willenserklärung dar. Auch die als Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 vorgelegte E-Mail der Klägerin vom 26.01.2021 könne nicht als Erklärung der Zustimmungsverweigerung ausgelegt werden. Diese als E-Mail-Anhang übersandte Anmerkung zu dem von der Dienstgeberseite erstellten Protokoll des Einigungsgesprächs, die tatsächlich am 26.01.2021 bei der Beklagten eingegangen sei, beziehe sich auf angebliche Fehler des Protokolls und enthalte darüber hinaus keine eigenständige Erklärung. Die Beklagte habe die Übersendung dieses Schreibens nicht als Zustimmungsverweigerung nach § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO verstehen können.
28
Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung gelte somit als erteilt. Die Maßnahme könne umgesetzt werden. Die Klägerin besitze seit 01.03.2021 ein Übergangsmandat.
29
Die Beklagte hätte grundsätzlich eine Rückäußerung während der Rückmeldefrist bis einschließlich 26.01.2021 akzeptiert. Sollte das Gericht in der Übersendung der „Anmerkung zum Protokoll Einigungsgespräch“ eine wirksame Zustimmungsverweigerung erkennen, sei vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten darauf hinzuweisen, dass die Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO von drei Tagen nach Abschluss der Verhandlungen im Hinblick auf § 55 MAVO nicht von Dienstgeber und Mitarbeitervertretung verlängert werden könne.
30
Nach Ansicht der Beklagten und Widerklägerin ist die Zustimmung der Klägerin und Widerbeklagten jedenfalls auf den Hilfsantrag aus der Widerklage vom Kirchlichen Arbeitsgericht zu ersetzen.
31
Die Gesamteinrichtung B sei in der bisherigen Form im Jahr 2013 gebildet worden. In der Einrichtung würden (ohne weitere fachliche Spezialisierung) Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und Betreuungsbedarf betreut. Der Vorstand der Beklagten habe festgestellt, dass die Einrichtung in der bisherigen Form nicht den Herausforderungen der Zukunft im Hinblick auf den Trend zu mehr ambulanten Wohnangeboten und einer Vertiefung der Spezialisierung genüge. Aus der Größe und der Komplexität der Einrichtung in der bisherigen Form resultierten lange Entscheidungswege und -zeiten. Notwendige Entscheidungen, Verwaltungs- und Veränderungsprozesse seien daher nur langsam und sehr zeitverzögert möglich gewesen. Zudem sei es durch die große Bandbreite von Assistenz- und Betreuungsbedarf in der großen Einrichtung nur schwer möglich gewesen, verschiedene fachliche Betreuungskonzepte und Settings im Sinne einer fachlichen Spezialisierung und Profilbildung umzusetzen. Die Beklagte habe deshalb auf die Herausforderungen der Zukunft unternehmerisch reagieren müssen und habe in einem ausdrücklich als vorbehaltlich bezeichneten Vorstandsbeschluss am 08.12. 2020 entschieden, die bisherige große Einrichtung in drei fachlich spezialisierte und unter einer eigenen Leitung stehende Einrichtungen aufzuspalten. Da die geplante, unternehmerisch zwingend erforderliche Umstrukturierung nach Auffassung der Beklagten eine Aufspaltung im Sinne von § 1a MAVO in drei selbstständige Einrichtungen darstelle, habe sie mit Schreiben vom 10.12.2020 den Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 1a Abs. 2 MAVO auf Zustimmung der Klägerin zu der geplanten Aufspaltung gestellt (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien). Neben einer ausführlichen Erläuterung des Hintergrunds, der Analyse und der Darstellung der geplanten neuen Einrichtungen sowie deren Rechtsfolgen seien der entsprechende Vorstandsbeschluss, die Zuordnung der bisherigen Wohneinrichtungen zu den neuen Einrichtungen, das Organigramm der bisherigen Gesamteinrichtung sowie die Rahmenstellenbeschreibung für Gesamtleitungen bei der Beklagten, die auch für die neugebildeten Gesamtleitungen gelten sollte, übermittelt worden.
32
Die Beklagte meint, bei der Entscheidung, ob die Zustimmung der Klägerin zu ersetzen sei, sei das Kirchliche Arbeitsgericht zunächst an den Grundsatz gebunden, dass ein Rechtsträger seine arbeitstechnische Organisation grundsätzlich frei gestalten könne. Eine Grenze bestehe nach den Vorgaben von § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO nur insoweit, als diese Regelung nicht missbräuchlich erfolgen dürfe, also der Dienstgeber keine rechtsfehlerhafte Entscheidung treffen dürfe. Die Missbräuchlichkeit im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO beziehe sich nur auf die Prüfung der Regelung, „was als Einrichtung gilt“. Die von der Beklagten infolge ihrer unternehmerischen Verantwortung getroffene Entscheidung der fachlichen Aufteilung der Bereiche und der organisatorischen Verselbstständigung in drei Einrichtungen, könne nicht auf Missbräuchlichkeit geprüft werden.
33
Nach der Rechtsprechung des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs habe sich die Mitbestimmung am mitarbeitervertretungsrechtlichen Begriff der Einrichtung zu orientieren. Es müsse gesichert sein, dass in einer Einrichtung eine funktionsfähige Mitarbeitervertretung unter der Zielsetzung einer mitarbeitervertretungsnahen Mitbestimmung gebildet werden könne. Eine Missbräuchlichkeit sei daher etwa anzunehmen, wenn die Zusammenfassung unter einer einheitlichen Einrichtung aufgrund der Entfernung eine persönliche Berührung zwischen den Mitarbeitern unmöglich mache und es ihnen deshalb erschwert sei, mit der Mitarbeitervertretung Kontakt aufzunehmen.
34
Durch die beabsichtigte Umstrukturierung würden drei Mitarbeitervertretungen neu gebildet, die näher an den Mitarbeitern Beteiligungsrechte wahrnehmen könnten. Die unternehmerische Zielsetzung harmoniere daher in besonderer Weise mit den Forderungen, die der Kirchliche Arbeitsgerichtshof an eine effektive mitarbeitervertretungsrechtliche Beteiligung in den Einrichtungen stelle. Der einzige „Nachteil“ könnte darin gesehen werden, dass das bisherige Freistellungskontingent für die Klägerin von drei Mitgliedern nicht mehr aufrechterhalten werde. Vielmehr würden in der künftigen Einrichtung „B3“ mit voraussichtlich ca. 391 Wahlberechtigten nur zwei Mitglieder der MAV nach § 15 Abs. 3 MAVO freigestellt werden können. Allerdings würde die Zahl der Mitarbeitervertreter und Mitarbeitervertreterinnen durch die Aufspaltung insgesamt erhöht. Die Maßnahme der Beklagten diene gerade nicht einer Einsparung von Kosten zu Lasten der Mitarbeitervertretungen. Tatsächlich werde das Gegenteil der Fall sein. Diese zusätzlichen Kosten seien aber durch neue Möglichkeiten zur fachlichen Spezialisierung und zur Verkürzung der Entscheidungswege aus unternehmerischer Sicht der Beklagten kompensiert. Für eine Missbräuchlichkeit der geplanten Aufspaltung in drei Einrichtungen und der Bildung dreier neuer Mitarbeitervertretungen bestehe daher kein Indiz. Vielmehr werde die Mitbestimmung vor Ort als (von der Beklagten durchaus gewünschtem) Nebeneffekt verstärkt.
35
Wegen der Einzelheiten des hier nur knapp dargestellten Sach- und Streitstandes und der Rechtsausführungen der Parteien wird entsprechend § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 27 KAGO Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klägerin und Widerbeklagten vom 26.02.2021 und vom 21.05.2021, auf die Schriftsätze der Beklagten und Widerklägerin vom 09.03.2021, vom 26.03.2021 und vom 18.06.2021, auf sämtliche - auch im Verfahren 2 MV 12/21 - eingereichten Unterlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 28.06.2021.
36
Bei der Anhörung der Beteiligten vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht in der mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 hat der MAV-Vorsitzende A. erklärt, nach dem Gespräch mit den Dienstgebervertretern am 18.01.2021 sei die MAV-Sitzung fortgesetzt worden. Das Thema Zustimmungsverweigerung sei einstimmig auf die Tagesordnung gesetzt worden. Über dieses Thema sei auch nochmals diskutiert worden. Es sei dann nochmals darüber abgestimmt worden mit dem Ergebnis, dass die MAV der beabsichtigten Umstrukturierung nicht zustimme. Dieser Beschluss sei einstimmig gefasst worden.
37
Mit Beschluss des stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchlichen Arbeitsgerichts, verkündet am 28.06.2021, ist das hiesige Verfahren 2 MV 13/21 bezüglich der Klageanträge I. und II. nach § 41 Abs. 2 Satz 1 KAGO eingestellt worden, weil die Beteiligten es insoweit für erledigt erklärt haben (vgl. Seite 4 des Sitzungsprotokolls vom 28.06.2021).

Entscheidungsgründe

38
Mit dem vorliegenden Urteil im Hauptsacheverfahren entscheidet das Kirchliche Arbeitsgericht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Hauptsacheverfahrens gewonnenen Überzeugung über die Widerklage sowie gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO über den Kostenantrag der Klägerin und Widerbeklagten.
39
A. Die Widerklage hat nicht mit dem Hauptantrag, jedoch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
40
I. Die Widerklage ist zulässig.
41
1. Die sachliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 2 KAGO.
42
Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Rechtsstreit aus einer Mitarbeitervertretungsordnung zugrunde. Im Zusammenhang mit einer vom Rechtsträger [hier: der Beklagten und Widerklägerin] beabsichtigten (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, soll am Maßstab der Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese A. (im Folgenden: MAVO A.) geklärt werden, ob die Zustimmung der Mitarbeitervertretung [hier: der Klägerin und Widerbeklagten] hierzu als erteilt gilt (Widerklage-Hauptantrag) bzw. ob die verweigerte Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht zu ersetzen ist (WiderklageHilfsantrag).
43
2. Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-)Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO örtlich zuständig, weil die Beklagte und Widerklägerin ihren Sitz in dessen Dienstbezirk hat (vgl. auch § 33 der Zivilprozessordnung [ZPO] in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes [ArbGG] und § 27 KAGO).
44
3. Die zuletzt gestellten Widerklageanträge sind hinreichend bestimmt (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 27 KAGO) bzw. einer sachdienlichen Auslegung zugänglich.
45
4. Für die Widerklageanträge besteht im Hinblick auf § 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 und 4 MAVO Augsburg auch ein Rechtsschutzbedürfnis.
46
Ob die Zustimmung der Klägerin und Widerbeklagten zu der beabsichtigten Neuregelung von Einrichtungen als erteilt gilt bzw. - hilfsweise - vom Kirchlichen Arbeitsgericht zu ersetzen ist, ist dann nicht bei der Zulässigkeit, sondern bei der Begründetheit der Widerklage zu prüfen.
47
II. Die Widerklage wird mit dem Hauptantrag als unbegründet abgewiesen, weil die Zustimmung der Klägerin und Widerbeklagten zu der von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigten (Neu-)Regelung von Einrichtungen nicht als erteilt gilt.
48
1. In den Angelegenheiten der §§ 34 bis 36 sowie des § 18 Abs. 2 und 4 MAVO Augsburg kann der Dienstgeber gemäß § 33 Abs. 1 MAVO Augsburg die von ihm beabsichtigte Maßnahme oder Entscheidung nur mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung treffen. Dabei hat er das in § 33 Abs. 2 bis 5 MAVO Augsburg im Einzelnen geregelte Verfahren einzuhalten.
49
Nach § 1a Abs. 2 Satz 1 MAVO A. (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) kann der Rechtsträger [hier: die Beklagte und Widerklägerin] mit Zustimmung betroffener Mitarbeitervertretungen regeln, „was als Einrichtung gilt“. Will der Rechtsträger - wie im vorliegenden Fall - eine Einrichtung aufspalten, bedarf es hierfür der Zustimmung der bisherigen Mitarbeitervertretung [hier: der Klägerin und Widerbeklagten] (vgl. Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 177). Das Recht des Dienstgebers, vorläufige Regelungen zu treffen, ist in den Fällen des § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg nach § 33 Abs. 5 Satz 3 MAVO Augsburg ausgeschlossen. Auch aus § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 1 MAVO Augsburg ergibt sich, dass die Regelung einer Einrichtung nach § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg der Zustimmung der Mitarbeitervertretung bedarf. Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung nur verweigern, wenn die Regelung missbräuchlich erfolgt (§ 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg).
50
2. Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung gilt nicht nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg als erteilt. Das Zustimmungsverfahren ist also noch nicht beendet.
51
a) Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO Augsburg unterrichtet der Dienstgeber die Mitarbeitervertretung von der beabsichtigten Maßnahme oder Entscheidung und beantragt ihre Zustimmung.
52
Die von der Beklagten und Widerklägerin mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) über die beabsichtigte Umstrukturierung unterrichtete und um Zustimmung gebetene Klägerin und Widerbeklagte hat innerhalb des von der Beklagten vorgesehenen Zeitrahmens bis 11.01.2021, nämlich mit Stellungnahme vom 11.01.2011 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21), der Beklagten mitgeteilt, dass sie mit Beschluss vom 14.12.2020 der angedachten Umstrukturierung nicht zustimme, und dies auf etwa drei Seiten in Textform erläutert.
53
Die Entscheidung („Definitionsmacht“), ob die von der Mitarbeitervertretung vorgebrachten Gründe für ihre Zustimmungsverweigerung unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg ausreichend sind oder nicht, liegt nicht bei dem Dienstgeber, sondern bei dem im Wege des Zustimmungsersetzungsverfahrens zuständigen Kirchlichen Arbeitsgericht (vgl. auch das Urteil des hiesigen Kirchlichen Arbeitsgerichts vom 22. Februar 2021 - 2 MV 13/20 - zu § 34 Abs. 2 MAVO). Dieses hat im Streitfall darüber zu entscheiden, ob die Regelung missbräuchlich erfolgt.
54
b) Erhebt die Mitarbeitervertretung Einwendungen, so haben Dienstgeber und Mitarbeitervertretung nach § 33 Abs. 3 Satz 1 MAVO Augsburg mit dem Ziel der Einigung zu verhandeln, falls nicht der Dienstgeber von der beabsichtigten Maßnahme oder Entscheidung Abstand nimmt. Der Dienstgeber setzt den Termin für die Verhandlung fest und lädt dazu ein (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 2 MAVO Augsburg).
55
Anscheinend hatte die Beklagte angenommen, dass die Klägerin rechtzeitig Einwendungen im Sinne des § 33 Abs. 2 MAVO Augsburg erhoben hat. Jedenfalls hat am 18.01.2021, einem Montag, eine Verhandlung zwischen Dienstgebervertretern und der Mitarbeitervertretung über die beabsichtigte neue Organisationsstruktur stattgefunden. Dabei handelte es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts um die in § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg vorgesehene Verhandlung, welche gemeinhin als Einigungsgespräch bezeichnet wird. Auch in den E-Mails und den sog. „Protokollen“ der Parteien (vgl. etwa Anlagen K 4 bis K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) sowie in den Schriftsätzen der beiderseits rechtskundig beratenen und vertretenen Parteien ist diesbezüglich mehrmals von einem Einigungsgespräch die Rede. Wenn Dienstgeber und Mitarbeitervertretung am 18.01.2021 noch über weitere Themen gesprochen haben, steht dies nicht der Annahme entgegen, dass am 18.01.2021 (auch) das Einigungsgespräch zum Thema Neuorganisation von Einrichtungen durchgeführt worden ist.
56
Bei diesem Einigungsgespräch ist keine Einigung zwischen Dienstgeber und Mitarbeitervertretung erzielt worden, wie aus den von beiden Seiten erstellten sog. „Protokollen“ ersichtlich (vgl. Anlagen K 4 und K 5 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21).
57
c) § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg sieht vor, dass die Mitarbeitervertretung innerhalb von drei Tagen nach Abschluss der Verhandlung - also des Einigungsgesprächs - erklärt, ob sie die Zustimmung erteilt oder verweigert. Äußert sie sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg).
58
Die Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO A. endete hier mit Ablauf des 21.01. 2021 (vgl. §§ 186, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Anders als in § 33 Abs. 2 Satz 3 ist in § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg keine Verlängerung der Frist für die Äußerung der Mitarbeitervertretung vorgesehen. Gemäß § 55 MAVO Augsburg kann durch anderweitige Regelungen oder Vereinbarung das Mitarbeitervertretungsrecht nicht abweichend von dieser Ordnung geregelt werden. Selbst wenn man daraus den Schluss zieht, dass es Dienstgeber und Mitarbeitervertretung verwehrt ist, eine Verlängerung der Drei-TagesFrist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg zu vereinbaren, kann sich die Beklagte mit Rücksicht auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) hierauf nicht berufen. Schon bei der Unterrichtung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO A. mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) ist die Beklagte von der Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO Augsburg abgewichen und hat die Frist nicht etwa auf Antrag der Mitarbeitervertretung (vgl. dazu § 33 Abs. 2 Satz 3 MAVO Augsburg) verlängert, sondern einseitig von vornherein um Rückmeldung bis spätestens 11.01.2021 gebeten. Diese Rückmeldung ist auch erfolgt, nämlich mit Stellungnahme vom 11.01.2011 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21). Damals hat die Beklagte nicht etwa argumentiert, dass die Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO Augsburg längst abgelaufen sei, sondern mit der Klägerin am 18.01.2021 über die beabsichtigte neue Organisationsstruktur verhandelt. Die Klägerin durfte daher im Lichte des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) davon ausgehen, dass die Beklagte (auch) die in dem von der Dienstgeberseite erstellten Protokoll festgehaltene Verlängerung der „Rückmeldungsfrist gem. § 33 Abs. 3 MAVO von 3 Tagen auf 1 Woche und 1 Tag […] bis einschließlich 26.01.2021“ (vgl. Anlage K 4 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) als verbindlich ansehen und sich gegenüber der Klägerin nicht - in treuwidriger Weise - auf eine Versäumung der Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg berufen würde.
59
Im vorliegenden Fall könnte die Zustimmung daher allenfalls dann als erteilt angesehen werden, wenn die Klägerin nicht innerhalb der von der Beklagten sog. „Rückmeldungsfrist“ bis 26.01. 2021 erklärt hat, ob sie die Zustimmung erteilt oder verweigert (so die Formulierung in § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg). Die Beklagte muss sich mit Rücksicht auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) an dieser sog. „Rückmeldungsfrist“ festhalten lassen.
60
d) Ob der in der Kommentarliteratur zur Rahmen-MAVO vertretenen Auffassung zu folgen ist, wonach eine objektiv rechtsmissbräuchliche Regelung dessen, was als Einrichtung gilt, bei fehlender oder nicht fristwahrender Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung ohnehin einer gesetzlichen Zustimmungsfiktion nicht zugänglich ist (vgl. dazu Thiel/Fuhrmann/ Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 182 - im Hinblick auf die Urteile des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs vom 27. April 2012 - M 01/12 - und vom 20. Februar 2015 - M 11/2014 -), mag offen bleiben. Wie bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes 2 MV 12/21 nimmt das Kirchliche Arbeitsgericht nämlich auch im vorliegenden Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 an, dass die Klägerin „fristgerecht“ - also innerhalb der sog. „Rückmeldungsfrist“ bis 26.01.2021 - gegenüber der Beklagten erklärt hat, dass sie die Zustimmung verweigert.
61
Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung vertritt nach § 14 Abs. 1 Satz 5 MAVO Augsburg die Mitarbeitervertretung im Rahmen der von ihr gefassten Beschlüsse (vgl. im Betriebsverfassungsrecht die entsprechende Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Über die Frage, ob die Zustimmung nach § 1a Abs. 2 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO A. erteilt oder verweigert wird, entscheidet der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung nicht allein, sondern die Mitarbeitervertretung als Gremium, in der Regel durch Beschluss in einer Sitzung (vgl. § 14 Abs. 4, 5 MAVO Augsburg), unter bestimmten Voraussetzungen durch Beschluss im Umlaufverfahren (vgl. § 14 Abs. 9 MAVO Augsburg). Die Erklärung nach § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg hat der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung als deren Sprecher gegenüber dem Dienstgeber abzugeben.
62
Die Klägerin hat im Verfahren 2 MV 12/21 zur Glaubhaftmachung (vgl. § 52 Abs. 2 KAGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 936, 294 ZPO) eine eidesstattliche Versicherung ihres Vorsitzenden vom 01.03.2021 vorgelegt (vgl. Anlage K 8 zum dortigen Schriftsatz vom 09.03.2021), wonach er nach Abschluss des Dienstgebergesprächs am 18.01.2021 Herrn T. [von der Dienstgeberseite] nochmals mitgeteilt habe, dass die MAV weiterhin die Zustimmung zur Umstrukturierung verweigere. Der E-Mail vom 26.01.2021, die der Vorsitzende der Klägerin - am letzten Tag der sog. „Rückmeldungsfrist“ - an Herrn T. und an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten übersandt hat (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21), war ein Anhang „Anmerkung MAV Einigungsgespräch.doc“ beigefügt (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 mit offenbar falschem Datum 09.02.2021), in der es im Abschnitt „Zum Einigungsvorschlag der MAV Einrichtung B“ u.a. heißt: „Es soll, wie bereits derzeit, nur eine (1) Mitarbeitervertretung für die drei geplanten Fachbereiche (B1 bis B3) in der Gesamteinrichtung B geben. […] Die MAV hat die Zustimmung zur geplanten Umstrukturierung weiterhin verweigert.“
63
Jedenfalls diesem Anhang zur E-Mail vom 26.01.2021 ist die Erklärung zu entnehmen, dass die Klägerin die Zustimmung zur beabsichtigten Neuregelung der Einrichtungen auch nach Durchführung des Einigungsgesprächs nicht erteilt, sondern weiterhin verweigert. Eine bestimmte Form für diese Erklärung schreibt § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg nicht vor. Die E-Mail ist am letzten Tag der sog. „Rückmeldungsfrist“ übermittelt worden, was dafür spricht, dass damit eine Erklärung abgegeben werden sollte, ob die Zustimmung erteilt oder verweigert wird. Vor dem Hintergrund der vorangegangenen erfolglosen Verhandlung am 18.01.2021 kann die Erklärung nicht anders als eine Zustimmungsverweigerung verstanden werden. Hätte der Vorsitzende der Klägerin der Beklagten - wohl zu deren größter Überraschung - mitteilen wollen, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur beabsichtigten Neuregelung nun doch erteile, so hätte er sich anders äußern müssen und anders geäußert als in der E-Mail vom 26.01.2021 geschehen.
64
Die Zustimmungsverweigerung ist auch nicht offenkundig unbeachtlich. § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg schreibt nicht vor, dass die Erklärung, ob die Zustimmung verweigert wird oder nicht, mit Gründen zu versehen ist. Im Übrigen sind die Argumente der Klägerin für die Beklagte aus dem Schreiben der Klägerin vom 11.01.2021, aus dem Gespräch beider Seiten vom 18.01.2021 und aus der im Anhang zur E-Mail vom 26.01.2021 übersandten Anmerkung ersichtlich. Ob die Zustimmung zu Recht verweigert worden ist, weil die beabsichtigte Regelung missbräuchlich ist, oder eben nicht, hat im Streitfall nicht der Dienstgeber, sondern das Kirchliche Arbeitsgericht im Verfahren nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg zu entscheiden.
65
e) Die Erklärung des Vorsitzenden der Klägerin, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Umstrukturierung weiterhin verweigere, ist auch durch einen Beschluss der Mitarbeitervertretung gedeckt.
66
Sofern man für die Wirksamkeit der Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung einen förmlichen Beschluss des Gremiums unter Beachtung der Regularien des § 14 Abs. 3 bis 6 MAVO Augsburg verlangt, dürfte die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum staatlichen Betriebsverfassungsrecht verwertbar sein, wonach eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden nachträglich durch die Mehrheit des Betriebsrats ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt werden kann (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 15. Dezember 1961 - 1 AZR 207/59 -; Bundesarbeitsgericht 10. Oktober 2007 - 7 ABR 51/06 -). In dem Entschluss der Klägerin, das Verfahren 2 MV12/21 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und das Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 einzuleiten, kommt mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass die Mitarbeitervertretung als Gremium die Erklärung ihres Vorsitzenden billigt, wonach die Zustimmung zur Umstrukturierung und Aufspaltung der Einrichtung B verweigert wird.
67
(48) Ob eine solche nachträgliche Billigung nach Ablauf der Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg bzw. im vorliegenden Fall nach Ablauf der der Klägerin bis 26.01.2021 eingeräumten sog. „Rückmeldefrist“ beachtlich ist, kann letztlich offen bleiben. Bei der Anhörung der Beteiligten vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht in der mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 hat nämlich der MAV-Vorsitzende A. erklärt, nach dem Gespräch mit den Dienstgebervertretern [am 18.01.2021] sei die MAV-Sitzung fortgesetzt worden. Das Thema Zustimmungsverweigerung sei einstimmig auf die Tagesordnung gesetzt worden. Über dieses Thema sei auch nochmals diskutiert worden. Es sei dann nochmals darüber abgestimmt worden mit dem Ergebnis, dass die MAV der beabsichtigten Umstrukturierung nicht zustimme. Dieser Beschluss sei einstimmig gefasst worden. Die Erklärung des MAV-Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 ist als Mitwirkung der Klägerin an der Aufklärung des Sachverhalts im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KAGO anzusehen. Die Beklagte ist dieser Erklärung, die in den vorangegangenen Schriftsätzen der Klägerin nicht derart deutlich zum Ausdruck gekommen war, in der mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 nicht entgegengetreten. Angesichts dessen ist eine weitere Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen durch das Gericht nach § 7 Abs. 3 Satz 1 KAGO diesbezüglich nicht veranlasst. Vielmehr kann angenommen werden, dass die Klägerin nach dem Gespräch beider Seiten am 18.01.2021 innerhalb der sog. „Rückmeldungsfrist“ einen ordnungsgemäßen Beschluss gefasst hat, die Zustimmung zu der von der Beklagten beabsichtigten Umstrukturierung und Aufspaltung der Einrichtung B - und damit zur Neuregelung von Einrichtungen - weiterhin zu verweigern.
68
f) Nach alledem ist das Zustimmungsverfahren im Zusammenhang mit der beabsichtigten (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“ (vgl. § 1a Abs. 2 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg), noch nicht abgeschlossen, insbesondere nicht durch Zustimmungsfiktion nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg. Also kann der Hauptantrag aus der Widerklage keinen Erfolg haben.
69
III. Der Hilfsantrag aus der Widerklage ist begründet. Die Zustimmung der Klägerin und Widerbeklagten zur Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung der Einrichtung in drei Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ wird antragsgemäß ersetzt.
70
1. Hat die Mitarbeitervertretung die Zustimmung im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg verweigert, so kann der Dienstgeber nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg das Kirchliche Arbeitsgericht anrufen. Dieses sog. Zustimmungsersetzungsverfahren ist hier durch den Hilfsantrag aus der Widerklage eingeleitet worden.
71
2. Die von der Klägerin und Widerbeklagten als der bisherigen Mitarbeitervertretung verweigerte Zustimmung zu der von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigten (Neu-)Regelung nach § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg, „was als Einrichtung gilt“, wird ersetzt, weil das Kirchliche Arbeitsgericht nicht die Überzeugung gewonnen hat, dass die Neuregelung missbräuchlich erfolgt.
72
a) Zunächst ist festzuhalten, dass Entscheidungen eines Rechtsträgers zur Veränderung der Organisationsstruktur in vorhandenen Einrichtungen nicht generell der Zustimmung der betroffenen Mitarbeitervertretung(en) bedürfen. Zustimmungspflichtig ist in diesem Zusammenhang nur eine etwa mit der Umstrukturierung verbundene (Neu-)Regelung von Einrichtungen.
73
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum staatlichen Arbeitsrecht ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei [im Recht des allgemeinen Kündigungsschutzes] die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20; Bundesarbeitsgericht 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31).
74
Dementsprechend ist es im kirchlichen Bereich dem Rechtsträger vorbehalten zu entscheiden, wie er sein „Unternehmen“ organisiert und gegebenenfalls umstrukturiert. Das Kirchliche Arbeitsgericht prüft und beurteilt daher im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 33 Abs. 4 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg nicht, ob die beabsichtigte Aufspaltung der Gesamteinrichtung B in drei Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ wirtschaftlich oder organisatorisch sinnvoll ist. Die gerichtliche Überprüfung betrifft lediglich die Frage, ob eine mit der beabsichtigten Umstrukturierung etwa verbundene (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, missbräuchlich ist (Der hin und wieder verwendete Begriff „rechtsmissbräuchlich“ findet sich im Gesetzestext nicht.).
75
Im Unterschied zu den paritätischen Mitbestimmungsrechten nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 MAVO Augsburg stellt sich damit das durch § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg eingeräumte Mitbestimmungsrecht als ein auf die Missbrauchskontrolle beschränktes Zustimmungsverweigerungsrecht dar (vgl. Thiel/Fuhrmann/ Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 181). Kommt das Kirchliche Arbeitsgericht im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg zu der Auffassung, dass die Regelung nicht missbräuchlich erfolgt, ersetzt es dementsprechend die von der Mitarbeitervertretung verweigerte Zustimmung (vgl. Sroka im Freiburger Kommentar, MAVO, Erg.-Lfg. 2/2018, § 33, Rn. 48).
76
b) Eine Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung setzt allerdings voraus, dass das Zustimmungsverfahren nach § 33 Abs. 1 bis 4 MAVO Augsburg ordnungsgemäß durchgeführt worden ist (vgl. Schmitz im Eichstätter Kommentar, MAVO, 2. Aufl. 2018, § 33, Rn. 61; Thiel/ Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 193; Bundesarbeitsgericht 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zu § 99 BetrVG ; Bundesarbeitsgericht 1. Juni 2011 - 7 ABR 117/09 - zu § 99 BetrVG ; Bundesarbeitsgericht 29. Juni 2011 - 7 ABR 24/10 - zu § 99 BetrVG ), insbesondere dass der Dienstgeber die Mitarbeitervertretung ausreichend nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO Augsburg unterrichtet hat.
77
Auch in den Fällen des § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO kann die Mitarbeitervertretung nur bei einer vollständigen und umfassenden Unterrichtung durch den Dienstgeber das Recht zur Erhebung von Einwendungen sachgerecht wahrnehmen. Daraus folgt, dass die Unterrichtung sich auf alle tatsächlichen Umstände erstrecken muss, die die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes (hier: Missbräuchlichkeit der Regelung) ermöglichen. Ausreichend sind die Angaben des Dienstgebers nur dann, wenn die Mitarbeitervertretung in die Lage versetzt wird, die Berechtigung der Maßnahme und das Eingreifen von Zustimmungsverweigerungsgründen zu prüfen. Die Informationspflicht des Dienstgebers bezieht sich grundsätzlich auf seinen eigenen Informationsstand. Er darf keine für die Erhebung von Einwendungen rechtlich relevanten Informationen zurückhalten (vgl. Schmitz im Eichstätter Kommentar, MAVO, 2. Aufl. 2018, § 33, Rn. 3; Thiel/ Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 33, Rn. 21 ff.).
78
In dem vom hiesigen Kirchlichen Arbeitsgericht mit Urteil vom 23. Oktober 2020 - 2 MV 7/20 - entschiedenen Fall hatte der Dienstgeber der Mitarbeitervertretung in einem lediglich aus fünf kurzen Absätzen bestehenden Schreiben die Motive des Rechtsträgers für die Neuregelung summarisch und wertend mitgeteilt. Eine konkrete - substantiierte - Darstellung und Erläuterung der tatsächlichen Grundlagen und der Auswirkungen der beabsichtigten Neuregelung, insbesondere im Hinblick auf die gesetzlichen Aufgaben der Mitarbeitervertretung, war darin nicht enthalten. Eine Information der Mitarbeitervertretung „auf Augenhöhe“ mit dem Dienstgeber war damit nicht erfolgt (vgl. zu der dem Dienstgeber obliegenden Unterrichtung im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO den neun Punkte umfassenden Katalog bei Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 193), so dass der dortige Antrag des Dienstgebers, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Auflösung eines Einrichtungsverbunds und zur Bildung von sieben einzelnen Einrichtungen als unbegründet abgewiesen worden ist.
79
Hingegen erachtet das Kirchliche Arbeitsgericht im vorliegenden Fall die Unterrichtung der Klägerin und Widerbeklagten durch die Beklagte und Widerklägerin für hinreichend konkret und umfassend.
80
Das fünfseitige Informationsschreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) enthält Ausführungen zur Ausgangslage, zur Analyse, zu den Zielsetzungen der Umstrukturierung, zum Lösungsansatz und zu dessen Auswirkungen. Gerade der letzte Abschnitt D. enthält eingehende Erläuterungen zur beabsichtigten Aufspaltung der Gesamteinrichtung B und zur Neubildung dreier Einrichtungen, zur relativen Leitungsmacht der sog. Gesamtleiter, zum Übergangsmandat der derzeitigen Mitarbeitervertretung, zur Bildung dreier neuer Mitarbeitervertretungen, zu deren voraussichtlicher Mitgliederzahl und zu den Auswirkungen auf die Freistellungskontingente bzw. zu deren Wegfall. Diese Unterrichtung zu den wesentlichen Punkten ist dann offenbar in dem Gespräch beider Seiten am 18.01.2021 von den Dienstgebervertretern noch ergänzt worden.
81
Damit war die Mitarbeitervertretung in die Lage versetzt, sich eine eigene Meinung zu der beabsichtigten Umstrukturierung und zur Frage einer etwaigen Missbräuchlichkeit der Neuregelungen von Einrichtungen zu bilden. Eine Information über beabsichtigte, künftige Maßnahmen „bis ins allerletzte Detail“ ist weder leistbar noch von § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO gefordert. Übrigens hat die Klägerin und Widerbeklagte in ihrer Zustimmungsverweigerung im Anhang zu der E-Mail vom 26.01.2021, die der MAVVorsitzende der Klägerin an Herrn T. und an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten übersandt hat (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02. 2021 im Verfahren 2 MV 12/21), nicht gerügt, dass die Mitarbeitervertretung nicht ausreichend unterrichtet worden sei.
82
c) Bezüglich der materiellrechtlichen Frage, ob die von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigte Neuregelung missbräuchlich im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg ist, kann auf die Rechtsprechung der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen, insbesondere des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs, zu dem vor dem Jahr 2018 geltenden § 1a Abs. 2 Satz 3 MAVO zurückgegriffen werden (vgl. etwa Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 28. November 2014 - M 08/2014 -; Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 20. Februar 2015 - M 11/2014 -; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 10. Juli 2014 - 2 MV 8/13 - mit weiteren Nachweisen). Damals bedurfte die Regelung der Zustimmung durch den Ordinarius und durfte nicht missbräuchlich erfolgen.
83
Für die Organisationseinheit, in der die Mitarbeitervertretung zu bilden ist, verwendet die Mitarbeitervertretungsordnung den Begriff der Einrichtung, der von den ebenfalls in § 1 Abs. 1 MAVO genannten Rechtsträgern zu unterscheiden ist. Der Begriff korrespondiert mit dem Begriff des Betriebs im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bzw. der Dienststelle im Sinne der staatlichen Personalvertretungsgesetze. Für die Verselbständigung der Organisation als Einrichtung innerhalb der Organisation des Rechtsträgers ist der relativ gegebene einheitliche Leitungsapparat, der Arbeitgeberfunktionen gegenüber den Arbeitnehmern ausübt, Kriterium (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 27. April 2012 - M 01/12 -). Die Einheit des Leitungsapparats kann im Verhältnis zur Unternehmensleitung, hier also zur Leitung der Stiftung, nur relativ gegeben sein. Wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten bestimmt daher § la Abs. 2 Satz 1 MAVO A. (n.F.), dass der Rechtsträger mit Zustimmung betroffener Mitarbeitervertretungen regeln kann, was als Einrichtung gilt.
84
Der Rechtsträger ist an seine Organisationsentscheidung über die Bildung einer Einrichtung nicht gebunden. Er kann seine arbeitstechnische Organisation abweichend gestalten. Das gilt auch, soweit in einem Rechtstreit rechtskräftig festgestellt wurde, dass eine Einrichtung vorlag. Es gibt insoweit mitarbeitervertretungsrechtlich keinen Bestandsschutz. Eine Grenze besteht nur insoweit, als die Regelung nicht missbräuchlich erfolgen darf (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 20. Februar 2015 - M 11/2014 -).
85
d) Nach Einschätzung des Kirchlichen Arbeitsgerichts erfolgt die von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigte (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg nicht missbräuchlich. Es ist nicht ersichtlich, dass eine funktionsfähige Mitarbeitervertretung unter der Zielsetzung einer mitarbeitervertretungsnahen Mitbestimmung nicht gewährleistet wäre.
86
Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Diözese Aachen hat in mehreren Urteilen vom 8. August 2006 - 13/06, 15/06, 16/06, 17/06, 18/06 - die dort streitgegenständliche Neuregelung von Einrichtungen für missbräuchlich erachtet, weil der Dienstgeber bei seiner Entscheidung, „was als Einrichtung gilt“, nicht den Zweck der Festlegung beachtet habe, wonach eine Mitarbeitervertretung so zu bilden sei, dass sie ihre Aufgabe einer Interessenvertretung der beschäftigten Mitarbeiter tatsächlich wahrnehmen könne; zweckwidrige Regelungen sollten unterlassen und die Akzeptanz der Entscheidung bei den betroffenen Mitarbeitern hergestellt werden. Das Kirchliche Arbeitsgericht der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat in einem Urteil vom 11. April 2014 - AS 09/14 - die von einer kirchlichen Stiftung getroffene Entscheidung, dass alle Einrichtungen der Stiftung als eine Einrichtung im Sinne von § 1a Abs. 2 MAVO Rottenburg-Stuttgart gelten sollen, für unwirksam erklärt, weil bei einem Vergleich des bisherigen Zustandes mit dem neu geschaffenen die neu gebildete Einrichtung für die Mitarbeiter so nachteilig sei, dass deren Bildung als missbräuchlich im Sinne von § 1a Abs. 2 Satz 3 MAVO Rottenburg-Stuttgart anzusehen sei.
87
Die den genannten Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte sind mit dem hier vorliegenden jedoch nicht vergleichbar. Nach der beabsichtigten Neuregelung können in allen drei neuen Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ Mitarbeitervertretungen gewählt werden mit voraussichtlich neun bzw. elf Mitgliedern. Die derzeitige Zahl von dreizehn Mandatsträgern würde sich voraussichtlich auf insgesamt neunundzwanzig (= 9 + 9 + 11) erhöhen.
88
Es bestehen bei dem hier vorliegenden Sachverhalt auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die neu gebildeten Mitarbeitervertretungen ihre Aufgaben nach der MAVO A. im Vergleich zum vorherigen Zustand nur unter erschwerten Bedingungen und nicht mitarbeitervertretungsnah ausüben können. Eine räumliche Entfernung von den zu vertretenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hat die beabsichtigte Neuregelung ersichtlich nicht zur Folge. Die absehbare Reduzierung bzw. der absehbare Wegfall der Freistellungskontingente nach § 15 Abs. 3 MAVO Augsburg kann dadurch kompensiert werden, dass gegebenenfalls die Mitglieder der neuen Mitarbeitervertretungen vermehrt nach § 15 Abs. 2 MAVO Augsburg zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben im notwendigen Umfang von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen sind.
89
e) Nach alledem ist nicht zweifelsfrei erkennbar, dass berechtigte Interessen der Mitarbeiterschaft durch die von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigte Neuregelung der Einrichtungen beeinträchtigt werden sollen und eine funktionsfähige Mitarbeitervertretungstätigkeit durch die „Zerschlagung“ der derzeitigen Mitarbeitervertretung erschwert werden soll.
90
Folglich wird die von der Klägerin und Widerbeklagten verweigerte Zustimmung zu der von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigten (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, durch das Kirchliche Arbeitsgericht ersetzt, wie aus Ziff. 1 der Entscheidungsformel dieses Urteils ersichtlich.
91
B. Gerichtsgebühren werden nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAGO nicht erhoben.
92
Der Kostenausspruch, wonach die Beklagte und Widerklägerin die notwendigen Auslagen der Klägerin und Widerbeklagten einschließlich der Kosten der Beauftragung ihres Bevollmächtigten zu tragen hat, beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Augsburg. Danach trägt der Dienstgeber die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg). Zu den erforderlichen Kosten gehören auch die Kosten der Beauftragung eines Bevollmächtigten in Verfahren vor den kirchlichen Gerichten für Arbeitssachen, soweit die Bevollmächtigung zur Wahrung der Rechte des Bevollmächtigenden notwendig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Augsburg).
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Diese Notwendigkeit ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Zwar fehlt es der Klägerin und Widerbeklagten durchaus nicht an jeglicher Prozesserfahrung vor dem hiesigen Kirchlichen Arbeitsgericht. Im vorliegenden Verfahren 2 MV 13/21 (und auch im Verfahren 2 MV 12/21) treten allerdings neue Rechtsfragen auf, die nach der gesetzlichen Neuregelung von § 1a Abs. 2 und § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO A. (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) noch nicht kirchenarbeitsgerichtlich geklärt sind. Daher erscheint es notwendig (und auch zweckmäßig), wenn die Klägerin und Widerbeklagte hier einen Rechtsanwalt beauftragt und bevollmächtigt, zumal sich die Beklagte und Widerklägerin nicht von ihrer Rechtsabteilung, sondern von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einer auswärtigen, überörtlich tätigen Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt.
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C. Die Revision wird nach § 47 Abs. 2 KAGO zugelassen.
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Die Rechtssache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 2 Buchst. a) KAGO, als Entscheidungen des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs zur Neufassung des § 1a Abs. 2 MAVO offenbar noch nicht vorliegen. Der Kirchliche Arbeitsgerichtshof hatte vor einigen Jahren unter umgekehrten Vorzeichen - nämlich bei der Zusammenführung von Einrichtungen - über die Neuregelung von Einrichtungen im Bereich der Beklagten und Widerklägerin zu befinden (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 20. Februar 2015 - M 11/2014 -), so dass es sinnvoll erscheint, den Beteiligten auch im vorliegenden Fall die Möglichkeit einer Revision zu eröffnen.