Titel:
Dienstliche Fahrerlaubnis als konstitutives Anforderungsmerkmal - Erfolgloses Konkurrentenstreitverfahren
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
BGB § 133
Leitsätze:
1. Die Auswahl eines Bewerbers, der nicht über die erforderliche Mindestqualifikation für die zu besetzende Stelle verfügt, verletzt den unterlegenen Mitbewerber in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Eignungsprognose in einem Auswahlverfahren bezieht sich auf die künftige Amtstätigkeit des betroffenen Bewerbers und beinhaltet eine vorausschauende Einschätzung, inwieweit er die ihm in dem angestrebten Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird, weshalb sie eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Ausgehend von den Anforderungen aus dem Anforderungsprofil darf die Beklagte ihre Eignungsprognose nicht auf den Inhalt der letzten dienstlichen Beurteilung beschränken. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Umsetzungs-/Versetzungsbewerber, Auslegung einer Stellenausschreibung, ruhende dienstliche Fahrerlaubnis, Eignungsprognose, Dokumentationspflicht, Übertragung eines Dienstpostens, Bundespolizei, Auswahlentscheidung, Bewerbungsverfahrensanspruch, konstitutives Anforderungsprofil, Fahrerlaubnis, konstitutives Anforderungsmerkmal
Fundstelle:
BeckRS 2021, 49549
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Er trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beigeladenen durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Übertragung eines Dienstpostens bei der Bundespolizei.
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1. Der am … geborene Kläger ist Polizeihauptmeister (PHM) bei der Bundespolizeiabteilung … in der Besoldungsgruppe A 7-9mZ nach der Bundesbesoldungsordnung (BBesO). Der am … geborene und bei der Bundespolizeiabteilung … tätige Beigeladene ist ebenfalls Polizeihauptmeister in der Besoldungsgruppe A 7-9mZ BBesO. Mit der Stellenausschreibung BPOLD BP Nr. 22/2019 (Bewerbungsfrist: 05.04.2019) hat die Beklagte einen Dienstposten „Bearbeiter/-in zgl. Schießlehrer/-in“, Besoldungsgruppe A 7-9mZ BBesO, im Bereich Einsatzunterstützung, Standortservice der Bundespolizeiabteilung …, für die Laufbahn „mittlerer Polizeivollzugsdienst (gPVD)“ wie folgt ausgeschrieben:
„Aufgabengebiet (…) Durchführung von Waffen- und Munitionstransporten (…)
Anforderungen: konstitutiv (obligatorisch)
c) Dienstliche Fahrerlaubnis der Klassen C/CE (…)“
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Auf die vorgenannte Ausschreibung bewarben sich insgesamt fünf Bewerber, darunter auch der Kläger und der Beigeladene. Der Kläger wurde als PHM mit der Gesamtnote „B3“ in seiner Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis 16.07.2019 (Verwaltungsakte Bl. 51 und 68) beurteilt. Der Beigeladene wurde als PHM in seiner Regelbeurteilung zum Stichtag 01.10.2016 mit der Gesamtnote „B1“ beurteilt (Verwaltungsakte Bl. 50). Im Auswahlentscheidungsvermerk vom 24.05.2019 wurde der Kläger zunächst ausgewählt. Lediglich er habe die Anforderungen des konstitutiven Anforderungsprofils erfüllt. Im Zusammenhang mit der Auswahl bat der Gesamtpersonalrat zu prüfen, ob eine ruhend gestellte Fahrerlaubnis nicht auch zur Erfüllung des Anforderungsmerkmales ausreichend sei. Das Ablaufdatum der dienstlichen Fahrerlaubnis des Beigeladenen war der 09.02.2012. Im Nachtrag vom 11.07.2019 zum Auswahlentscheidungsvermerk wurde festgestellt, dass der Beigeladene über die dienstliche Fahrerlaubnis der Klassen C/CE verfüge und diese zum aktuellen Zeitpunkt lediglich ruhe, wobei eine Reaktivierung der dienstlichen Fahrerlaubnis möglich sei. Somit erfülle er das konstitutive Anforderungsprofil vollumfänglich. Der Eignungs- und Leistungsvergleich ergebe, dass der Beigeladene im Verhältnis zum Kläger der leistungsstärkere Bewerber sei. In einer E-Mail des Dipl.-Ing. EPHK … vom 30.09.2019 teilte dieser mit, dass die dienstliche Fahrerlaubnis C/CE, die über einen längeren Zeitraum nicht in Anspruch genommen wurde, durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen reaktiviert werden könne. Der E-Mail war ein Schreiben der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 11.07.2011 beigefügt mit Bezug auf die „PDV 720 (BP)“.
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Die Gleichstellungsbeauftragte bei der Direktion Bundesbereitschaftspolizei wurde beteiligt. Der Gesamtpersonalrat stimmte der Maßnahme nach § 76 Abs. 1 Nr. 3 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) zu.
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Mit Bescheid vom 12.11.2019 wurde dem Kläger eröffnet, dass beabsichtigt sei, dem Beigeladenen den streitgegenständlichen Dienstposten zu übertragen. Die Auswahl sei nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erfolgt.
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Gegen den Bescheid legte der Kläger über seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 19.11.2019 erfolglos Widerspruch ein (Widerspruchsbescheid vom 12.03.2020).
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2. Mit Schriftsatz vom 25.03.2020, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 27.03.2020, ließ der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage erheben.
1. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 12.11.2019 sowie den Widerspruchsbescheid der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 12.03.2020 aufzuheben und dem Kläger den Dienstposten „Bearbeiter zgl. Schießlehrer“, BesGr. A 7-9 mZ BBesO im Bereich Einsatzunterstützung, Standortservice der Bundespolizeiabteilung … aufgrund der Stellenausschreibung BPolD BPNr. 22/2019 zu übertragen.
2. Hilfsweise beantragte er, die Beklagte zu verpflichten, über die Vergabe des Dienstpostens „Bearbeiter zugleich Schießlehrer“ bei der Bundespolizeiabteilung … unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.
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Zur Begründung wurde auf den Vortrag im Widerspruchsverfahren Bezug genommen. Der Beigeladene habe das konstitutive Anforderungsprofil im Zeitpunkt der Entscheidung nicht vollumfänglich erfüllt. Im Auswahlvermerk seien keine konkreten Feststellungen genannt, welche Maßnahmen für die Reaktivierung der dienstlichen Fahrerlaubnis des Beigeladenen notwendig seien. Es fehle die Festlegung des Fortbildungsumfangs. Der Auswahlentscheidung liege deshalb eine unsubstantiierte Prognose zu Lasten des Klägers zugrunde. Der Aufwand für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis nehme wohl circa drei Wochen in Anspruch. Der Beigeladene habe anscheinend über acht Jahre keinerlei Nachweise über die Erfüllung der medizinischen Voraussetzungen der streitgegenständlichen Fahrerlaubnisse erbracht und müsse wohl die gesamte Fahrerlaubnisausbildung absolvieren.
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Die Beklagte beantragte zuletzt
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Zur Begründung verwies sie auf den Vortrag im Widerspruchsverfahren. Einer konkreten Darlegung des erforderlichen Fortbildungsbedarfs des Beigeladenen habe es nicht bedurft. Die genannte „PDV 720 (BP)“ sei eine Verwaltungsanordnung, in der Regel sei eine Fahrstunde zur Reaktivierung der Fahrerlaubnis erforderlich. Der Umstand, dass Fahrerlaubnisse in der Bundespolizei in gewissen Zeitabständen einer Auffrischung bedürfen, diene dazu, die durch die grundlegende Ausbildung erworbenen Kenntnisse stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Weitere Anforderungen seien bewusst nicht gestellt worden, als die „dienstliche Fahrerlaubnis Klasse C/CE“. Eine zunächst ggf. erforderliche Reaktivierung der Fahrerlaubnis im Rahmen einer dienstlichen Fortbildung sei unschädlich und in Kauf genommen worden.
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Die Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragte zuletzt
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Die Bevollmächtigte des Beigeladenen führte aus, dass der Beigeladene seine private LKW-Fahrerlaubnis erst im Jahr 2019 habe verlängern lassen. Alle Voraussetzungen seien erbracht worden. Eine Sichtungsfahrt sei bereits durchgeführt worden. Er habe zwischenzeitlich auch die erforderliche Anpassungsfortbildung absolviert und die Aktualität seiner dienstlichen Lkw-Fahrerlaubnis sei nunmehr wiederhergestellt. Im Übrigen schloss sich die Bevollmächtigte des Beigeladenen den Ausführungen der Beklagten an.
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Mit Beschluss vom 08.04.2020 wurde der erfolgreiche Bewerber auf die streitgegenständliche Stelle zum Verfahren beigeladen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2021 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Auswahlentscheidung war rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Übertragung des Dienstpostens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), noch hat er einen Anspruch auf Neuentscheidung über die Vergabe des streitgegenständlichen Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Die gerichtliche Überprüfung der hier streitgegenständlichen Auswahlentscheidung ist grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über die Bewerbung entschieden hat. Dagegen kann der unterlegene Bewerber - von dem unwahrscheinlichen Fall einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes bzw. des Ermessens auf Null abgesehen - unter Berufung auf Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) nicht gerichtlich feststellen lassen, dass er an Stelle des ihm vorgezogenen Konkurrenten hätte ausgewählt werden müssen. Streitgegenstand ist mithin nicht ein möglicher Anspruch auf den fraglichen Dienstposten, sondern allein das dahinter zurückbleibende Recht auf fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung. Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, das heißt wenn seine Auswahl möglich erscheint. Der maßgebliche Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, regelmäßig in Gestalt des sog. Auswahlvermerks (vgl. auch BVerwG B.v.12.12.2017 - 2 VR 2/16 - juris Rn. 52).
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Diese Grundsätze sind auch in der vorliegenden Fallkonstellation, in der sich zwei nach A 7-9 mZ besoldete Bewerber in demselben Statusamt auf einen nach A 7-9 mZ gebündelt bewerteten Dienstposten beworben haben, maßgeblich. Zwar ist die Übertragung eines gebündelten Dienstpostens auf einen Beamten, der eines der Statusämter, denen der Dienstposten zugeordnet worden ist, innehat, grundsätzlich keine Beförderungs-, sondern eine bloße Um- bzw. Versetzungskonkurrenz (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.2005 - 2 B 106.04 - juris). Bei der Besetzung von offenen Stellen kommt dem Dienstherrn Organisationsfreiheit zu. Entscheidet er sich für die Besetzung einer Stelle durch vorhandene Bewerber und bedeutet die Besetzung für diese eine ämtergleiche, das Statusamt und das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens, ist er grundsätzlich nicht gehalten, die Grundsätze der Bestenauslese bei seiner Auswahl zu beachten. Die Umsetzung auf einen statusgleichen Dienstposten kann auf jeden sachlichen, organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund gestützt werden (BVerwG, U.v. 28.2.2008 - 2 A 1.07 - juris; VG Bayreuth, B.v. 20.7.2017 - B 5 E 17.481 - juris). Dies hat zur Folge, dass der unterlegene Bewerber sich nicht auf eine etwaige Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches berufen kann (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 - 2 A 6.13 - juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 30.11.2017 - 6 A 2314/15 - juris Rn. 54, m.w.N.). Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich der Dienstherr freiwillig den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe des Dienstpostens unterworfen hat (OVG NW, B.v. 11.2.2016 - 1 B 1206/15 - juris). Ob dies der Fall ist, muss durch eine am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung der Dienstpostenausschreibung ermittelt werden (BVerwG, U.v. 19.11.2015 - 2 A 6.13 - juris Rn. 22). Demgemäß muss sich die Beklagte schon deshalb an den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG messen lassen, weil die Ausschreibung sich nicht nur an Inhaber der Statusämter A 7-9 mZ richtete, sondern auch an Inhaber anderer Statusämter, für die der Dienstposten ein höherwertiger wäre. Auch das Auswahlverfahren im Übrigen entspricht demjenigen einer nach Leistung, Befähigung und fachlicher Eignung vorgenommenen Bestenauslese. Daher ist der Prüfungsmaßstab nicht auf das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG begrenzt, sondern der Dienstherr hatte den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers entsprechend dem oben Ausgeführten zu wahren.
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2. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers wurde im streitgegenständlichen Fall nicht verletzt, sodass er keinen Anspruch auf Neuentscheidung über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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Unter Zugrundelegung der o.g. Maßstäbe ist die Auswahlentscheidung der Beklagten ermessensfehlerfrei zustande gekommen. Sie hat dabei keine sachfremden Erwägungen angestellt.
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a) Um die Voraussetzungen des von der Beklagten aufgestellten konstitutiven Anforderungsprofils zu erfüllen, ist eine ruhende, aber reaktivierbare dienstliche Fahrerlaubnis der Klassen C/CE ausreichend.
22
Die Formulierung „dienstliche Fahrerlaubnis der Klassen C/CE“ stellt ein konstitutives Anforderungsmerkmal dar, das von den Bewerbern zwingend erfüllt werden muss und den Dienstherrn bei seiner Auswahlentscheidung bindet. Die Auswahl eines Bewerbers, der nicht über die erforderliche Mindestqualifikation für die zu besetzende Stelle verfügt, verletzt den unterlegenen Mitbewerber in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2010 - 7 CE 10.1160 - juris Rn. 26 m.w.N.).
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Der Beigeladene erfüllt dieses konstitutive Anforderungsprofil.
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Eine Stellenausschreibung ist entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach dem objektiven Erklärungsinhalt und dem Willen des Erklärenden auszulegen (OVG Bremen, B.v. 16.2.2009 - 2 B 598/08 - juris Rn. 12 f. m.w.N.).
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Bereits der Wortlaut der Ausschreibung verlangt lediglich eine dienstliche Fahrerlaubnis der Klasse C/CE. Ihre Verwendbarkeit wird nicht vorausgesetzt. Auch gibt die Beklagte selbst an, dass das bloße Vorhandensein der dienstlichen Fahrerlaubnis ausgereicht hat. Eine zunächst ggf. erforderliche Reaktivierung der Fahrerlaubnis im Rahmen einer dienstlichen Fortbildung sei unschädlich und in Kauf genommen worden. Da der Beigeladene Inhaber einer ruhenden, aber reaktivierbaren dienstlichen Fahrerlaubnis der Klassen C/CE war, erfüllt er nach dem Wortlaut der Ausschreibung und des darin zum Ausdruck kommenden Willens der Beklagten die Voraussetzung des Anforderungsprofils.
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Dieser Erklärungsinhalt wird durch weitere systematische Erwägungen getragen. Hinweise auf das vollständige Erlöschen der dienstlichen Fahrerlaubnis wegen des langen Ruhenszeitraums sind nicht ersichtlich. Zu ihrer Reaktivierung ist darüber hinaus keine Prüfung notwendig, es reicht nach Ziff. 3 des Schreibens vom 11.07.2011 zur „PDV 720 (BP)“ eine angemessene Fortbildung zur Wiederherstellung der Verwendungsfähigkeit als Führer eines Dienst-Kfz aus. Diese wird auf Veranlassung des Dienststellenleiters oder Einheitsführers vermittelt. Der amtlich anerkannte Ausbilder oder Prüfer legt den Umfang der Fortbildung fest. Er kann darüberhinausgehende Einzelfallregelungen im Rahmen seines Ermessensspielraumes unter Beachtung der gültigen Polizeidienstvorschriften (BP) treffen. Hinsichtlich des Fortbildungsumfangs werden die Verwendungen des Betroffenen, sowie, im Fall des Beigeladenen, der Besitz eines privaten LKW-Führerscheins berücksichtigt. Dass der entsprechende Fortbildungsumfang nicht in der Ausschreibung genannt wird, ist dabei unschädlich. Denn dieser muss nach dem eben Ausgeführten individuell bestimmt werden. Zudem würde eine derartige Dokumentation den Rahmen einer Stellenausschreibung überschreiten, da diese u.a. über offene Stellen, deren Aufgaben und die Einstellungsvoraussetzungen informieren, nicht aber jedes Detail regeln soll. Zudem ist es nicht ausschließlich vom Willen des jeweiligen Beamten abhängig, entsprechende Fortbildungen zur Wiederherstellung der dienstlichen Fahrerlaubnis wahrnehmen zu können. Die Zulassung zu einer Fortbildung ist nach dem Vortrag der Beklagten auch dienstpostenabhängig und obliegt der Entscheidung des jeweiligen Vorgesetzten. Wäre nun eine nutzbare dienstliche Fahrerlaubnis gefordert, würde der Bewerber mit einer ruhenden und reaktivierbaren dienstlichen Fahrerlaubnis schlechter gestellt als derjenige, der zufällig Inhaber einer nutzbaren dienstlichen Fahrerlaubnis und eines Dienstpostens ist, der deren fortwährende Aktualisierung ermöglicht. Daher genügt eine lediglich ruhende, aber reaktivierbare dienstliche Fahrerlaubnis der Klassen C/CE um das Anforderungsprofil zu erfüllen. Der Beigeladene als Inhaber einer ruhenden Fahrerlaubnis der Klasse C/CE erfüllte dieses somit im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt.
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b) Der Einwand des Klägers, dass die Eignungsprognose wegen des nicht festgelegten Fortbildungsumfangs unzureichend sei, verfängt nicht.
28
Die Eignungsprognose in einem Auswahlverfahren bezieht sich auf die künftige Amtstätigkeit des betroffenen Bewerbers und beinhaltet eine vorausschauende Einschätzung, inwieweit er die ihm in dem angestrebten Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird, weshalb sie eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt (vgl. ThürOVG B.v. 8.7.2020 - 2 EO 632/19 - juris Rn. 58). Ausgehend von den Anforderungen aus dem Anforderungsprofil darf die Beklagte ihre Eignungsprognose nicht auf den Inhalt der letzten dienstlichen Beurteilung beschränken (vgl. VG Wiesbaden, B.v. 31.3.2020 - 3 L 326/18.WI - juris Rn. 77).
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Gemessen daran war die von Beklagtenseite für den Beigeladenen aufgestellte Eignungsprognose nicht zu beanstanden. Denn eine ruhende dienstliche Fahrerlaubnis der Klassen C/CE reichte nach dem Anforderungsprofil aus (s.o.). Ihre Reaktivierung war möglich. Zudem musste in der Stellenausschreibung und im Auswahlvermerk schon deshalb kein Fortbildungsumfang festgelegt werden, weil nach dem Schreiben vom 11.07.2011 zur „PDV 720 (BP)“ dem amtlich anerkannten Sachverständigen und Prüfer insoweit ein weiter Ermessensspielraum zugesprochen wird.
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c) In dem Zusammenhang mit der Eignungsprognose erkennt das Gericht auch keine Fehler hinsichtlich der Dokumentationspflicht des Dienstherrn. Deren Sinn ist es, dem unterlegenen Konkurrenten einen effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu ermöglichen. Da der Fortbildungsumfang nicht festgelegt werden musste, musste dieser im Rahmen der Auswahl nicht dokumentiert werden.
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3. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Kläger trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, weil die Bevollmächtigte des Beigeladenen einen Antrag auf Klageabweisung gestellt, § 162 Abs. 3 VwGO, und sich so einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
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4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar, § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO). Hinsichtlich der Beklagten bedurfte es der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.