Inhalt

AG Erlangen, Beschluss v. 15.10.2021 – 6 F 939/21
Titel:

Versorgungsausgleich: keine Einbeziehung des Pflichtehrensolds in den Versorgungsausgleich bei der Scheidung

Normenketten:
VersAusglG § 2 Abs. 2
BayKWBG Art. 59
Leitsatz:
Der Pflichtehrensold nach Art. 59 BayKWBG hat keinen Versorgungscharakter und ist daher nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (aA: OLG Nürnberg BeckRS 2022, 5380; BGH BeckRS 2024, 14429). (Rn. 8 – 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, Pflichtehrensold, Bürgermeister, ausgleichspflichtiges Anrecht, Zweckbestimmung, Altersversorgung, Treueprämie, Entschädigungsleistung, Unpfändbarkeit, Abtretungsverbot
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.02.2022 – 11 UF 1106/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 15.05.2024 – XII ZB 122/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 48769

Tenor

1. Der Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vom 06.08.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert wird auf 1.584,00 € festgesetzt.

Gründe

1
Die am ... 1979 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde durch rechtskräftigen Scheidungsbeschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 14.06.2017 (Aktenzeichen 6 F 1057/12) geschieden. Die Antragstellerin ist erwerbsunfähig und erhält eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Antragsgegner ist zum 30.04.20220 aus seinem Amt als Erster Bürgermeister der Gemeinde … ausgeschieden. Seit 01.05.2021 erhält er Pflichtehrensold gemäß § 59 KWBG.
2
Hinsichtlich eines Anspruches des damaligen und jetzigen Antragsgegners auf Zahlung eines Ehrensoldes durch die Gemeinde … wurde im Scheidungsbeschluss die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vorbehalten. Im Scheidungstermin vereinbarten die beteiligten Ehegatten: „Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass der Ehrensold des Antragsgegners aus seiner Bürgermeistertätigkeit im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ausgeglichen wird.“
3
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass ihr ein Anspruch auf Zahlung eine Ausgleichsrente zusteht.
4
Sie beantragt:
1.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Ausgleichswert der Versorgung Ehrensold abzüglich der auf diesen entfallenden Sozialversicherungsbeiträgen und vergleichbaren Aufwendungen monatlich im voraus als Rente ab 01.05.2021 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus aus den rückständigen Zahlungen für die Zeit vom 02.05.2021 bis zum Erlass der Entscheidung zu bezahlen.
2.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für die Zeit ab dem 1. des auf die Rechtskraft der Entscheidung folgenden Monats den Anspruch gegen die Mitgliedsgemeinde … der Verwaltungsgemeinschaft … (Versorgungsträger) auf Zahlung einer Rente in Höhe des um die Aufwendungen für die Sozialversicherung und vergleichbare Aufwendungen bereinigten Ausgleichswerts dieser Rente gemäß Ziff. 1 an die Antragstellerin abzutreten.
5
Der Antragsgegner beantragt
Antragsabweisung
6
Der Ehrensold habe keinen Versorgungscharakter und sei deshalb nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
7
Ein Anspruch auf Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente aus dem Ehrensold besteht nicht.
8
Voraussetzung hierfür wäre, dass der Ehrensold gemäß § 59 KWBG ein ausgleichspflichtiges Anrecht im Sinne des § 2 VersAusglG ist. Es muss der Absicherung im Alter und der Invalidität dienen, durch eigene Arbeit oder Vermögen geschaffen sein und Versorgungscharakter haben. Für die Annahme einer Versorgung wegen Alters ist erforderlich, dass das betreffende Anrecht wegen Erreichens eines bestimmten Lebensalters zur Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens gewährt wird und nicht etwa als reine Kompensationszahlung (BGH, Beschl. vom 18.05.2011, XII ZB 139/09).
9
Wie das Ehrensoldgesetz Rheinland-Pfalz, zu dem die Entscheidung des BGH erging, enthält auch das Bayerische KWBG keine Zweckbestimmung dahingehend, dass der Ehrensold der Altersversorgung dienen soll. Er ist keine Versorgungsleistung zur Sicherung der Lebensführung des Ehrenbeamten, sondern eine Art Treueprämie, um Bürgermeistern mit besonders langer Amtszeit Dank und Anerkennung seitens der Gemeinde zuteil werden zu lassen. Soweit gewisse wirtschaftliche Einbußen oder Nachteile ausgeglichen werden sollen, liegt dies einer Entschädigungsleistung näher als einer Altersversorgung. Es handelt sich auch um keine Leistung, die durch Arbeit der Ehegatten ausgelöst wurde. Vielmehr ist es ja gerade der ehrenamtlichen Tätigkeit immanent, dass sie unentgeltlich erfolgt.
10
Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für den sog. Pflichtehrensold, den der Antragsgegner erhält. Dass das Ermessen der Gemeinde durch das KWBG für mehr als zwölf Jahre tätige erste Bürgermeister hinsichtlich der Gewährung auf Null reduziert wurde, ändert nichts am Charakter einer Treueprämie.
11
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Ehrensold nach einer zutreffenden Entscheidung des AG Würzburg (Beschluss vom 12.11.2009, 2 M 5858/08) unpfändbar ist und auch nicht abgetreten werden kann, § 400 BGB.
12
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Vereinbarung vom 14.06.2016. Hierdurch wurde keine selbstständige Schuldverpflichtung geschaffen, sondern nur klargestellt, dass die streitige Frage der Einbeziehung in den Versorgungsausgleich in ein späteres Verfahren zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verschoben werden sollte.
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
14
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 50 FamGKG.