Titel:
Abgrenzung zwischen Tektur- und Änderungsgenehmigung
Normenketten:
BayBO Art. 59, Art. 68 Abs. 1 S. 1
BauGB § 34, § 35
Leitsätze:
1. Mit dem Begriff der Tektur- oder Nachtragsgenehmigung bezeichnet die Baupraxis üblicherweise eine Genehmigung für geringfügige oder kleinere, das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berührende Änderungen eines bereits genehmigten Vorhabens, die sich während des Genehmigungsverfahrens oder nach Erteilung der Genehmigung ergeben haben bzw. ergeben. Von einem Tekturantrag oder einer Tekturgenehmigung kann dabei nur gesprochen werden, wenn die Identität des (genehmigten) Vorhabens gewahrt bleibt, mithin die vom Bauherrn verfolgte Änderung das Vorhaben nicht zu einem „aliud“ macht, was vom Umfang der Abweichungen abhängt (vgl. VGH München BeckRS 2007, 25583). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Um ein von einer Baugenehmigung nicht mehr gedecktes „aliud“ handelt es sich, wenn bei der Bauausführung hinsichtlich der wesentlichen Merkmale wie Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Nutzung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wurde, sodass eine Identität des genehmigten und des errichteten Bauvorhabens nicht mehr besteht. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abgrenzung Tektur, Aliud, Abgrenzung Innenbereich und Außenbereich, Beeinträchtigung öffentlicher Belange, Tekturgenehmigung, Änderungsgenehmigung, Baugenehmigung, aliud, Innenbereich, Außenbereich, öffentliche Belange
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.05.2022 – 1 ZB 21.2603, 1 ZB 21.2605
Fundstelle:
BeckRS 2021, 48641
Tenor
I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die nachträgliche Erteilung zweier Baugenehmigungen für die von den erteilten Baugenehmigungen abweichende Ausführung zweier Wohnbauvorhaben auf den Grundstücken Fl.Nr. 388/2 („Haus 1“) bzw. Fl.Nr. 391/3 („Haus 3“) der Gemarkung … Hinsichtlich eines weiteren, weitgehend identischen Vorhabens des Klägers auf dem Grundstück Fl.Nr. 391/2 („Haus 2“) wird auf das Parallelverfahren M11 K 18.3384 Bezug genommen.
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Die vormals unbebauten Vorhabengrundstücke liegen am Rande einer kleineren Ansiedlung, ein Bebauungsplan besteht für das Gebiet nicht. Das Grundstück Fl.Nr. 388/2 grenzt im Süden an die Straße I. an. Das Grundstück Fl.Nr. 391/3 liegt südlich der Straße I. und des Grundstücks Fl.Nr. 391/2 („Haus 2“) und wird als Hinterliegergrundstück über eine von der Straße I. abzweigende Zufahrt (Fl.Nr. 391/4) erschlossen.
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Das Landratsamt ... (Landratsamt) erteilte der Rechtsvorgängerin des Klägers mit Bescheid vom … März 2010 einen Vorbescheid für die Errichtung von drei Wohngebäuden auf den damals ungeteilten Grundstücken Fl.Nr. 388 und 391.
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Mit zwei inhaltsgleichen Baugenehmigungsbescheiden vom … und … September 2014 genehmigte das Landratsamt jeweils die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Carport auf den streitgegenständlichen Vorhabengrundstücken. In den Gründen der Bescheide wurde jeweils ausgeführt, dass die Vorhaben aufgrund ihrer Außenbereichslage nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen seien und die Entstehung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten ließen. Mit der Erteilung des Vorbescheids vom … März 2010 sei gegenüber dem Kläger aber ein Vertrauensverhältnis geschaffen worden, welches höher zu werten sei als die bestehenden rechtlichen Bedenken gegen den erteilten Vorbescheid. Von einer Rücknahme des Vorbescheids werde abgesehen.
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Nach den damals genehmigten Planunterlagen weisen beide Wohngebäude Wandhöhen von jeweils 5,50 m und eine Firsthöhe von 7,765 m - jeweils bezogen auf das Niveau der Oberkante des fertigen Fußbodens EG (OK FFB) - sowie eine Dachneigung von 22,5°auf.
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Bezogen auf die natürliche Geländeoberfläche ergibt sich aus den genehmigten Eingabeplänen (Schnittzeichnung) des „Hauses 1“ auf der Südseite eine Wandhöhe von 6,16 m (5,50 m + 0,66 m) und auf der Nordseite von 6,44 m (5,50 m + 0,94 m). Weiter weisen die Pläne auf der Ostseite des „Hauses 1“ eine Terrassenfläche (1,3 m x 7,88 m) und an der westlichen Grundstücksgrenze einen Carport (5 mx 5,84 m) aus.
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Bei „Haus 3“ ergibt sich aus den genehmigten Plänen - bezogen auf die natürliche Geländeoberfläche - auf der Südseite eine Wandhöhe von 6,56 m (5,50 m + 1,06 m) und auf der Nordseite von 6,71 m (5,50 m + 1,21 m). Entlang der Südseite des „Hauses 3“ wurde eine Terrassenfläche (12 m x 2,10 m) und an der Nordseite ein Carport (5 mx 5 m) genehmigt; an der westlichen Grundstücksgrenze befindet sich ein Stellplatz.
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Im Juni 2017 stellte das Landratsamt im Rahmen mehrerer Baukontrollen u.a. fest, dass die Wohngebäude hinsichtlich der Wandhöhen planabweichend ausgeführt worden seien. Das Gelände sei aufgeschüttet und anstelle der Carports seien Doppelgaragen errichtet worden.
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Auf entsprechende Aufforderung des Landratsamts beantragte der Kläger jeweils unter dem 3. Juli 2017 zwei Änderungsgenehmigungen zu den früheren Baugenehmigungsbescheiden. Die jeweils eingereichten Baupläne weichen von der 2014 genehmigten Planung in verschiedener Hinsicht ab. Dargestellt werden Geländeaufschüttungen bis zum Niveau OK FFB (jeweils unverändert 572,16 über NN) sowie hierauf bezogene Wandhöhen (jeweils 6,265 m) und Firsthöhen (jeweils 7,815 m) der beiden Wohngebäude. Die Wohngebäude weisen jeweils eine Dachneigung von 19° auf, im Gebäudeinneren ist jeweils oberhalb des Obergeschosses ein weiteres „Spitzgeschoss“ mit einem „Technik“-Raum (12,30 m²) dargestellt. Im Rahmen des Vorhabens „Haus 1“ wird nach den Planunterlagen nunmehr eine Doppelgarage beantragt, die im Westen grenzständig errichtet ist und deren Satteldach bis an die westliche Wand des Wohngebäudes reicht (Gesamtmaße: 10,57 m x 7,30 m - ohne die rückwärtige Überdachung des Hauseingangs). Weiter ist eine Terrassenfläche (25,50 m²) entlang der Südseite des Wohngebäudes vorgesehen. Im Rahmen des Vorhabens „Haus 3“ ist nunmehr eine Doppelgarage (46,90 m2) auf der Westseite des Wohngebäudes sowie eine Terrassenfläche (54 m²) auf der Süd- und Ostseite des Wohngebäudes vorgesehen. Beide Vorhabengrundstücke sollen jeweils mit einem Holzzaun eingefriedet werden.
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Der Grundstücks-, Bau- und Umweltausschuss der Beigeladenen verweigerte in seiner Sitzung vom … September 2017 jeweils das gemeindlichen Einvernehmen zu den Vorhaben unter Verweis auf deren Außenbereichslage und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB.
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Mit zwei inhaltsgleichen Bescheiden vom … Mai 2018 lehnte das Landratsamt nach vorheriger Anhörung des Klägers die beantragten Genehmigungen ab. Die Vorhaben könnten bereits wegen des rechtmäßig verweigerten gemeindlichen Einvernehmens nicht genehmigt werden. Im Übrigen teile das Landratsamt die Auffassung der Beigeladenen, dass die Vorhaben nach § 35 BauGB zu beurteilen seien. Die bereits auf den Grundstücken errichteten Wohnhäuser seien nicht geeignet, eine Innenbereichslage zu vermitteln, da diese nicht entsprechend den genehmigten Bauplänen und damit illegal errichtet worden seien. Das Gelände sei aufgeschüttet worden, die Einfamilienhäuser würden eine höhere Wand- und Firsthöhe aufweisen und anstelle eines Carports sei jeweils eine Doppelgarage errichtet worden. Zur weiteren Beurteilung der Vorhaben müsse daher von einem unbebauten Gelände ausgegangen werden. Die Vorhaben seien als sonstige Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig, da sie öffentliche Belange beeinträchtigen würden. Die Errichtung der Gebäude und Doppelgaragen lasse die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten. Ferner würden die natürliche Eigenart der Landschaft und Belange des Naturschutzes beeinträchtigt. Die Bescheide wurden dem Kläger jeweils am 9. Juni 2018 zugestellt.
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Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten hinsichtlich beider Bauvorhaben jeweils am 27. Juni 2018 Klage erhoben („Haus 1“: M 11 K 18.3315 bzw. „Haus 3“: M 11 K 18.3186) und beantragt jeweils,
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I. den Bescheid des Landratsamts vom … Mai 2018 aufzuheben und
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II. den Beklagten zu verpflichten, den Antrag auf Tekturgenehmigung vom 5. Oktober 2017 (Eingang Landratsamt) hinsichtlich der Änderung des genehmigten Einfamilienhauses (Tektur) auf dem Vorhabengrundstück zu erteilen.
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Zur Begründung der Klagen wurde jeweils mit Schriftsatz vom 21. August 2018 zunächst die Vorgeschichte ausführlich geschildert. Insbesondere wurde vorgetragen, dass sich bereits die vormalige Eigentümerin seit dem Jahr 2005 um eine Ausweisung von Bauland auf den damals ungeteilten Grundstücken bemüht habe. Im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans sei für den Bereich ein allgemeines Wohngebiet ausgewiesen worden. Bemühungen zur Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans seien erfolglos geblieben, das Landratsamt habe damals jedoch erklärt, dass die Ausweisung im Flächennutzungsplan als planungsrechtliche Grundlage für eine Baugenehmigung ausreichend sei. Auf Basis dieser Aussage sei im Jahr 2010 der positive Bauvorbescheid ergangen. Hiergegen gerichtete Klagen und eine Petition der Nachbarn seien erfolglos geblieben. Auf Grundlage des Vorbescheids seien im Jahr 2014 die Baugenehmigungen für die drei Vorhaben erteilt worden. Die ursprünglich positive Einstellung der Beigeladenen zur Baulandentwicklung habe sich erst aufgrund der Widerstände aus der Nachbarschaft geändert. Diese ablehnende Haltung sei wohl auch der Anstoß dafür, dass das Landratsamt den ursprünglichen Bauvorbescheid nunmehr als rechtswidrig beurteile. Hierbei werde negiert, dass die Beigeladene bei ordnungsgemäßer Beratung durch das Landratsamt von Anfang an einen Bebauungsplan aufgestellt hätte und sich sämtliche daran anschließende Probleme nicht ergeben hätten. Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Vorhaben wurde ausgeführt, dass die Gebäude in Länge und Breite keine Änderungen erfahren hätten. Bei einem Vergleich der genehmigten und der nunmehr eingereichten Pläne ergebe sich, dass der Dachfirst jeweils lediglich um 5 cm angehoben werde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das ursprüngliche Gelände auf der Fl.Nr. 388/2 von West nach Ost abgefallen sei bzw. eine Geländemulde im Bereich des Bauvorhabens auf der Fl.Nr. 391/3 aufgewiesen habe. Bei dem genehmigten unveränderten Gelände sei zur Erreichung des Erdgeschosses ein Treppenaufgang von 0,6 bis 1 m („Haus 1“) bzw. 1 bis 1,2 m („Haus 3“) erforderlich gewesen; die ursprünglich im südlichen Bereich vorgesehene Terrasse hätte mindestens 1m über dem ursprünglichen Gelände gelegen. Durch die nunmehr beantragte Aufschüttung sei das nach der genehmigten Planung jeweils stark herausragende Kellergeschoss der Wohngebäude „optisch beseitigt“ worden. Laut genehmigter Planung betrage die Wandhöhe der Wohngebäude 5,50 m bezogen auf das Niveau OK FFB; zzgl. der in Erscheinung tretenden Kellergeschosse ergebe sich für „Haus 1“ auf der Südseite eine gesamte Wandhöhe von 6,45 m und auf der Nordseite von 6,16 m. Für „Haus 3“ ergebe sich für die Südseite eine gesamte Wandhöhe von 6,66 m und für die Nordseite von 6,96 m. Die Schnittzeichnung des jeweiligen Tekturantrags lasse für das „Haus 1“ auf der Südseite eine Wandhöhe von 6,48 m und auf der Nordseite von 6,22 m erkennen; für „Haus 3“ ergebe sich im Terrassenbereich eine Wandhöhe von 5,95 m und im straßenzugewandten Bereich von 6,22 m. Damit würden die mit der jeweiligen Tektur beantragten Vorhaben hinsichtlich der tatsächlich in Erscheinung tretenden Wandhöhe sogar gegenüber den genehmigten Bauvorhaben zurückbleiben. Zwar könne nicht bestritten werden, dass bezogen auf das Niveau OK FFB die Wandhöhen jeweils von 5,50 m auf 6,22 m angehoben worden seien, dies sei aber zum Teil kompensiert durch die Reduktion der Dachneigung von ursprünglich 22,5° auf 19°. Insgesamt würden die Gebäude hinsichtlich der Wandhöhe jeweils weniger in Erscheinung treten als bei der jeweils ursprünglich genehmigten Planung. In rechtlicher Hinsicht wurde im Wesentlichen gerügt, dass das Landratsamt ausschließlich auf eine behauptete Außenbereichslage der Bauvorhaben abstelle und wohl die Rechtsauffassung vertrete, dass diese jeweils ein „aliud“ darstellen würden. Beide Bauvorhaben besäßen aber zumindest formellen Bestandsschutz, da das Landratsamt sowohl mit dem Vorbescheid vom März 2010 als auch mit den Baugenehmigungen vom September 2014 jeweils Gebäude mit den beantragten und verwirklichten Außenmaßen genehmigt habe. Die Gebäude hätten aufgrund der Aufschüttung und der Veränderung der Wandhöhe ihre ursprüngliche Identität und damit den zumindest formellen Bestandsschutz nicht verloren. Die Frage, ob und inwieweit eine geänderte Bauausführung noch als ein Gebrauchmachen von einer erteilten Genehmigung angesehen werden könne, beurteile sich nach den für die Identität eines Bauvorhabens wesentlichen Merkmalen und der Erheblichkeit der Abweichungen. Die streitgegenständlichen Bauvorhaben würden sich gegenüber den jeweils genehmigten Vorhaben insofern nicht als „erheblich abweichend“ darstellen. Die Ausmaße der Wohngebäude seien nicht verändert worden. Die Firsthöhe sei jeweils lediglich um 5cm und damit nicht wahrnehmbar verändert worden. Die First- und die Wandhöhen der Bauvorhaben würden dabei hinter den Gebäuden der Umgebung zurückbleiben oder diese zumindest nicht überschreiten. Die Reduzierung der Dachneigung von 22° auf 19,5° sei für Betrachter ebenfalls nicht wahrnehmbar. Bezogen auf das natürliche Gelände würden die Gebäude in Teilbereichen zwar eine um ca. 70 cm höhere Wandhöhe aufweisen, dies sei aber dadurch „kompensiert“, dass das Gelände hier nahezu auf das Niveau OK FFB aufgeschüttet worden sei und sich die in Erscheinung tretenden Außenwandflächen damit reduziert hätten. Das genehmigte Vorhaben auf der Fl.Nr. 388/2 sei zwar in einem Hangbereich bzw. das Vorhaben auf der Fl.Nr. 391/3 in einer Mulde des natürlichen Geländes platziert gewesen, die genehmigten Bauvorhaben hätten aber für sich gesehen jeweils eine massivere Erscheinung zur Folge gehabt; auch bautechnisch hätte der Bau in der Mulde Probleme bereitet. Die massiven Terrassen, welche nach den genehmigten Plänen bis zu 0,8 m („Haus 1“) bzw. bis zu 1 m („Haus 3“) über dem ursprünglichen Gelände gelegen hätten, seien nunmehr jeweils geländegleich und würden nicht mehr als eigener Baukörper in Erscheinung treten. Soweit in Bezug auf die Garagenbaukörper jeweils ein „aliud“ zu erkennen wäre, habe das Landratsamt die Genehmigungen nur insoweit versagen dürfen und jeweils den Rückbau auf den genehmigten Zustand fordern müssen. Beide Bauvorhaben würden damit sowohl in ihrer Erscheinung als auch den relevanten Maßvorgaben nicht erheblich gegenüber den jeweils genehmigten Bauvorhaben abweichen und somit kein „aliud“ darstellen. Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass der formale Bestandsschutz jeweils entfallen sei, stünden den Vorhaben keine öffentlichen Belange entgegen. Der Flächennutzungsplan sehe für die Grundstücke Wohnbauflächen vor. Eine unorganische Siedlungserweiterung sei nicht anzunehmen, da der Flächennutzungsplan die Bebauung lediglich auf die drei relevanten Baugrundstücke des Klägers konkretisiere und mithin weitere Bezugnahmen durch den Flächennutzungsplan ausgeschlossen seien. Eine Beeinträchtigung von Natur und Landschaft sei bereits durch das jeweilige Bestandsgebäude gegeben. Eine Rückführung in den ursprünglichen Zustand sei angesichts der Rechts- und Sachlage ausgeschlossen, zumal sich das Landratsamt die Verwirklichung der Vorhaben aufgrund seiner rechtswidrigen Beratung entgegenhalten lassen müsse. Auch eine Beeinträchtigung des Naturschutzes sei nicht gegeben, da im Rahmen der ursprünglichen Baugenehmigungsverfahren bereits ein ausreichender ökologischer Ausgleich stattgefunden habe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein mit Erdmaterial aufgeschüttetes Gelände einen erhöhten naturschutzrechtlichen Ausgleichsbedarf auslöse. Der Eingriff erfolge durch das jeweilige Bauvorhaben an sich und nicht durch die weitere Aufschüttung. Zudem habe sich die Situation durch den Wegfall der „aufgeschütteten Terrasse“ verbessert. Das Landratsamt versuche offensichtlich, sein ggf. von Anfang an rechtswidriges Vorgehen nunmehr „zu bereinigen“. Dies könne jedoch nicht erreicht werden, da die Beseitigung der bestehenden Wohngebäude offensichtlich unverhältnismäßig und unangemessen sei. Nach alledem würden sich die verwirklichten Vorhaben als vom Bestandsschutz gedeckt und damit genehmigungsfähig darstellen.
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Der Beklagte beantragt jeweils,
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Zur Begründung wurde jeweils mit Schriftsatz vom 12. November 2018 vorgetragen, die Klagen seien bereits unzulässig, soweit man dem Kläger darin folge, dass die verwirklichten Vorhaben kein „aliud“ darstellen würden. Denn in diesem Fall sei die Notwendigkeit einer weiteren Baugenehmigung für „dasselbe“ Bauvorhaben nicht erkennbar. Jedenfalls seien die Klagen unbegründet. Ergänzend zu den Ausführungen der angegriffenen Bescheide wurde insbesondere auf die gerichtlichen Feststellungen zur Außenbereichslage im Verfahren M 11 K 11.1194 verwiesen und ausgeführt, dass die Verwirklichung der Vorhaben nicht zu einer geänderten Sach- und Rechtslage geführt habe. Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines bereits geschaffenen Gebäudebestands müsse dieser für die Frage nach der Zugehörigkeit der betreffenden Flächen zu einem Bebauungszusammenhang ausgeblendet werden. Es liege gerade nicht die Konstellation vor, dass zunächst ein Bauvorhaben errichtet worden sei und nach dem Abschluss dieser Arbeiten Änderungen am Bestandsgebäude vorgenommen würden. Damit könne der Gebäudebestand keinen Bebauungszusammenhang vermitteln und den Standort auch nicht zum bauplanungsrechtlichen Innenbereich machen. Darüber hinaus würden beide Bauvorhaben gegen die im Außenbereich zu beachtende naturschutzrechtliche Eingriffsregelung verstoßen, weil ohne Not viel zu großflächig aufgeschüttet worden sei. Schließlich würden die Vorhaben auch bauordnungsrechtlich scheitern, weil die Doppelgaragen nicht mehr über Art. 6 Abs. 9 BayBO ohne Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken zulässig seien; wegen der Geländeauffüllung überschreite die mittlere Wandhöhe jeweils die insofern zulässigen 3m. Da ein einheitlicher Bauantrag gestellt worden sei, führe dies auch nicht dazu, dass die Genehmigung nur hinsichtlich der Garagen zu versagen wäre. Vielmehr sei das jeweilige einheitliche Vorhaben insgesamt bereits aus diesem Grund nicht genehmigungsfähig.
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Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2021 ergänzte und vertiefte die Klägerseite das bisherige Vorbringen. Insbesondere wurde vorgetragen, dass eine bauliche Anlage auch über die Feststellungswirkung der Baugenehmigung hinaus Bestandsschutz besitze, wenn sie rechtmäßig errichtet worden sei. Insofern sei maßgeblich, ob das verwirklichte Bauvorhaben aufgrund eines erteilten Bauvorbescheids genehmigungsfähig sei, wobei von den Vorgaben des Bauvorbescheids geringfügig abgewichen werden könne, wenn hierdurch - wie vorliegend - die Identität des Bauvorhabens nicht infrage gestellt werde. In Bezug auf die Garagengebäude wurde ergänzend ausgeführt, dass der Carport einer Garage entspreche, ohne mit Außenwänden vollständig umschlossen zu sein. Davon abgesehen liege ein „aliud“ lediglich hinsichtlich dieses Bauteils und nicht hinsichtlich des jeweiligen Wohnbauvorhabens vor. Die vom Landratsamt vorgetragene zusätzliche Versiegelung von Flächen sei nicht nachvollziehbar. Der Bauvorbescheid aus dem Jahr 2010 habe keine Einschränkungen hinsichtlich der Größe von Garagen und Nebengebäuden enthalten und sei von einem „geplanten“ und damit einem aufgeschütteten Gelände ausgegangen. Durch die Geländefestsetzung (Höhenlage Gelände geplant) sei eine Geländeanpassung durch den Vorbescheid ausdrücklich gestattet worden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb hinsichtlich der nun jeweils beantragten Aufschüttung eine neue planungsrechtliche Beurteilung vorgenommen werde. Der Bauvorbescheid stelle einen „Planersatz“ dar, der von dem Kläger sowohl in Bezug auf die genehmigte als auch hinsichtlich der nunmehr beantragten Bauvorhaben beachtet worden sei. Bei der Abgrenzung des Bebauungszusammenhangs seien auch nicht genehmigte Vorhaben zu berücksichtigen, sofern sie in einer Weise geduldet würden, die keinen Zweifel daran lasse, dass die zuständige Baubehörde sich mit deren Vorhandensein abgefunden habe. Dies sei vorliegend der Fall, da eine Baubeseitigung durch das Landratsamt nicht verfolgt werde, sondern der Kläger im November 2018 lediglich zu einem Rückbau auf das genehmigte Maß angehört worden sei. Hinsichtlich der beanstandeten Aufschüttung sei weiter zu beachten, dass die sowohl im Vorbescheid wie auch in den Baugenehmigungsbescheiden vorgegebene Höhe der OK FFB von 572,16 über NN eingehalten worden sei. Zudem seien nach dem Vorbescheid Aufschüttungen bis zur Höhe von 1 m zulässig. Die Vorhaben würden daher hinsichtlich der Höhenentwicklung des Außenanlagenniveaus das im Vorbescheid genehmigte Maß beachten. Bei dem Vorhaben auf der Fl.Nr. 388/2 komme noch hinzu, dass eine Aufschüttung in diesem Bereich geboten gewesen sei, um eine Anpassung an die unmittelbar anschließende Grenzgarage herzustellen. Weiter bestehe eine Ungleichbehandlung im Vergleich zum Nachbarn auf dem Grundstück Fl.Nr. 226/1, welcher auf dem gesamten Grundstück und insbesondere im östlichen Grenzbereich Aufschüttungen habe vornehmen und eine 40 m lange Stützmauer errichten dürfen. Zur fehlenden Beeinträchtigung öffentlicher Belange wurde ergänzend vorgetragen, dass eine unorganische Siedlungsentwicklung aufgrund der Ausführung einer Doppelgarage nicht erkennbar sei, zumal es hierdurch nur zu einer geringfügigen Erhöhung der Flächenversiegelung komme. Auch eine Beeinträchtigung von Natur und Landschaft sei nicht gegeben, wenn ein Hausgrundstück eine geringfügige Mehrversiegelung aufweise. Da in Innenbereichslagen auch Nebengebäude zulässig seien, könne das Landratsamt bei „gemäß Baugenehmigung verwirklichten Bauvorhaben“ nicht einwenden, dass Nebengebäude oder ein weiterer Stellplatz unzulässig seien; auch der Vorbescheid enthalte diesbezüglich keine Einschränkungen. Eine Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes durch zusätzliche Versiegelung könne ferner nicht in der Aufschüttung zur Reduzierung der optischen Wandhöhe bzw. zum Ausgleich des natürlichen Geländes gesehen werden. Insoweit handle es sich lediglich um eine Veränderung der nicht bebauten, nicht versiegelten Außenfläche. Die Baugrundstücke seien in der Vergangenheit intensiv landwirtschaftlich sowie zum Kiesabbau genutzt worden und daher ohnehin bereits „naturschutzrechtlich beeinträchtigt“; dies gelte auch für die angrenzenden Flächen. Das Anwesen auf dem Grundstück Fl.Nr. 226/1 weise eine wesentlich massivere Bebauung mit einer hochversiegelten Fläche auf. Im Übrigen habe das Landratsamt im Jahr 2021 auf der Fl.Nr. 388/1 eine massive Bebauung mit zwei Doppelhäusern nebst Garagen und Stellplätzen genehmigt.
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Die Kammer hat am 10. Juni 2021 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen sowie des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten der vorliegenden beiden Verfahren sowie des Verfahrens M 11 K 18.3384 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die Klagen sind zulässig, aber unbegründet.
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Die streitgegenständlichen Bescheide sind jeweils rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da er keinen Anspruch auf die begehrten Baugenehmigungen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Beiden Bauvorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO, Art. 59 BayBO).
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1. Die begehrten Genehmigungen stellen sich zunächst nicht als bloße Tektur zu den Baugenehmigungen vom … bzw. … September 2014 dar. In der Sache wird vielmehr die Erteilung einer neuen Baugenehmigung für das jeweils zur Genehmigung gestellte (Gesamt-)Vorhaben begehrt.
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Mit dem in der BayBO nicht enthaltenen Begriff der Tektur- oder Nachtragsgenehmigung bezeichnet die Baupraxis üblicherweise eine Genehmigung für geringfügige oder kleinere, das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berührende Änderungen eines bereits genehmigten Vorhabens, die sich während des Genehmigungsverfahrens oder nach Erteilung der Genehmigung ergeben haben bzw. ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984 - 2 B 82 A.301 - BayVBl. 1984, 596/597; B.v. 14.1.1998 - 14 B 96.357 - juris Rn. 22; B.v. 23.10.2019 - 15 ZB 18.2575 - juris Rn. 12; Busse/Kraus/Decker, BayBO, 142. EL Mai 2021, Art. 68, Rn. 71). Kennzeichnend für eine bloße Tekturgenehmigung ist, dass sich die diesbezügliche Prüfung und Entscheidung auf die Feststellung beschränkt, dass die zur Änderung vorgesehenen Teile des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar sind; für die übrigen Teile ergibt sich diese Feststellung aus der neben der Tekturgenehmigung bestehenbleibenden ursprünglichen Baugenehmigung (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984, a.a.O.). Von einem Tekturantrag oder einer Tekturgenehmigung kann dabei nur gesprochen werden, wenn die Identität des (genehmigten) Vorhabens gewahrt bleibt, mithin die vom Bauherrn verfolgte Änderung das Vorhaben nicht zu einem „aliud“ macht, was vom Umfang der Abweichungen abhängt (vgl. etwa BayVGH, B.v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - juris Rn. 33; B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 10; B.v. 10.4.2017 - 15 ZB 16.673 - juris Rn. 16 jew. m.w.N.; Busse/Kraus/Decker, a.a.O., Art. 68, Rn. 72).
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Daran gemessen handelt es sich bei der jeweils beantragten Änderungsgenehmigung nicht um eine nur unselbständige Ergänzung der ursprünglich erteilten Baugenehmigung, sondern um einen Antrag auf Erteilung einer neuen Baugenehmigung. Bereits aus den eingereichten, vollständig überarbeiteten Bauplänen mit einer aktualisierten Fassung der Grundrisse, Schnitte, Ansichten, Darstellungen der Geländehöhen und der Freiflächengestaltung wird deutlich, dass die vorgenommenen Änderungen durch entsprechende Kennzeichnung in den ursprünglichen Plänen aufgrund des Änderungsumfangs bzw. wegen Art und Vielzahl der Änderungen schlicht nicht mehr darstellbar gewesen wären. Die Pläne enthalten dementsprechend auch keinerlei Hinweise darauf, welche Teile des jeweiligen Vorhabens bereits als Bestand genehmigt worden sind, bzw. auf welche Änderungen sich die nunmehr jeweils beantragte (Tektur-)Genehmigung beziehen soll. Nach den Planunterlagen wurde vielmehr jeweils ein einheitliches Vorhaben insgesamt neu zur Genehmigung gestellt. Darüber hinaus sind die beiden nunmehr beantragten Gesamtvorhaben auch nicht mehr mit den im Jahr 2014 genehmigten Ausgangsvorhaben identisch (s. dazu im Einzelnen nachfolgend unter Ziff. 2.1.1).
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2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der streitgegenständlichen Bauvorhaben richtet sich vorliegend nach § 35 BauGB. Beide Vorhaben liegen weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit im Außenbereich. Sie sind als sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich nicht zulässig, da sie öffentliche Belange beeinträchtigen.
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2.1 Ein „im Zusammenhang bebauter Ortsteil“ im Sinne von § 34 BauGB ist jede Bebauung im Gebiet einer Gemeinde, die trotz vorhandener Baulücken geschlossen und zusammengehörend wirkt, nach der Zahl der vorhandenen Gebäude ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - 4 C 2.66 - juris). Darüber, wo die Grenze eines solchen Bebauungszusammenhangs und damit des Innenbereichs im Sinne des §34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verläuft, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, U.v. 6.12.1967 - IV C 94.66 - juris Rn. 26; U.v. 12.10.1990 - 4 C 40/87 - juris Rn. 22; U.v. 19. 4.2012 − 4 C 10/11 - juris Rn. 11; U.v. 30.6.2015 - 4 C 5/14 - juris Rn. 16). Grundsätzlich endet der Bebauungszusammenhang unabhängig von der Grundstücksgrenze an der Gebäudewand der letzten Bebauung; die sich anschließenden Flächen gehören regelmäßig zum Außenbereich (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - IV C 47.68 - juris Rn. 19; U.v. 12.10.1973 - IV C 3.72 -juris Rn. 11; B.v. 12.3.1999 - 4 B 112/98 - juris Rn. 21). Als „vorhanden“ zu berücksichtigen ist auch eine illegale Bebauung oder Nutzung, die in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständige Behörde mit ihrem Vorhandensein auf Dauer abgefunden hat (BVerwG, U.v. 6. 11. 1968 - IV C 31/66 - BayVBl. 1969, 134; U.v. 30. 6. 2015 - 4 C 5.14 - juris Rn. 14).
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Nach diesen Maßstäben liegen die Vorhabengrundstücke nicht mehr im Bereich eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Dieser endet nach den Feststellungen des gerichtlichen Augenscheins hinsichtlich der Bebauung südlich der Straße I. jedenfalls an Ostgrenze der Fl.Nr. 226/1 mit der dort grenzständig errichteten Stützmauer. Hinsichtlich der Bebauung nördlich der Straße I. kann letztlich dahinstehen, ob das Anwesen Nr. 23 (Fl.Nrn. 388/4, 388/3 und 388/1) noch an einem Bebauungszusammenhang teilnimmt, da dieser selbst unter Berücksichtigung des Nebengebäudes bzw. des sich zwischenzeitlich dort befindlichen Bauplatzes jedenfalls an der östlichen Grundstücksgrenze der Fl.Nr. 388/1 endet. Die jeweils weiter östlich des bestehenden Bebauungszusammenhangs gelegenen Vorhabenstandorte befinden sich demgegenüber offensichtlich im Außenbereich. Hieran vermag auch die bereits errichtete Wohnbebauung auf den Vorhabengrundstücken dieses Verfahrens und dem benachbarten Grundstück Fl.Nr. 391/2 („Haus 2“) nichts zu ändern, da die Gebäude ohne die notwendige Baugenehmigung ausgeführt wurden (Ziff. 2.1.1) und derzeit (noch) nicht angenommen werden kann, dass sich der Beklagte mit deren Vorhandensein abgefunden hätte (Ziff. 2.1.2).
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2.1.1 Das auf dem jeweiligen Vorhabengrundstück errichtete Wohnhaus ist nicht durch die Baugenehmigung vom … bzw. … September 2014 gedeckt. Vielmehr hat der Kläger jeweils ein anderes als das genehmigte Bauvorhaben ausgeführt (sog. „aliud“). Da der Kläger damit von den Baugenehmigungsbescheiden aus dem Jahr 2014 keinen Gebrauch gemacht hat, sind diese jeweils mittlerweile erloschen (Art. 69 Abs. 1 BayBO).
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Um ein von einer Baugenehmigung nicht mehr gedecktes „aliud“ handelt es sich, wenn bei der Bauausführung hinsichtlich der wesentlichen Merkmale wie Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Nutzung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wurde, sodass eine Identität des genehmigten und des errichteten Bauvorhabens nicht mehr besteht. Maßgeblich ist, ob die Abweichung(en) die Grenze der Erheblichkeit überschreiten. Wegen der Situationsbezogenheit der für die Zulassung von Bauvorhaben entscheidenden Umstände lässt sich die Erheblichkeitsschwelle dabei nicht abstrakt mit allgemeinen Kriterien bestimmen. Vielmehr kommt es darauf an, ob durch die Veränderung Belange, die bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich berührt werden, oder andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage insgesamt neu stellt (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 26.7.1991 - 20 CS 89.1224 - juris Rn. 15; B.v. 26.3.2008 - 15 ZB 07.3194 - juris Rn. 9; B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684 - juris Rn. 6; B.v. 23.10.2019 - 15 ZB 18.2575 - juris Rn. 12; Busse/Kraus/Decker, a.a.O, Art. 68, Rn. 72 m.w.N.). Daran gemessen stellen sich die beiden nunmehr zur Genehmigung gestellten (Gesamt-)Vorhaben als „aliud“ zu den 2014 genehmigten Vorhaben dar.
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Zwar mag die Errichtung eines „Spitzgeschosses“ zur Schaffung eines „Technik“-Raums für sich genommen unschädlich sein, da es sich insoweit ausgehend von den Planunterlagen nicht um ein weiteres Vollgeschoss handelt (in letzterem Fall wäre nach der Rechtsprechung des BayVGH wohl generell von einem aliud auszugehen: vgl. BayVGH, U.v. 23.10.19 - 15 ZB 18.1275 - juris). Vorliegend wurden allerdings auch Außenwände, Firsthöhe und Dachneigung der Wohngebäude sowie weitere Aspekte des jeweiligen Gesamtvorhabens in nicht unerheblichem Umfang verändert:
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Entgegen der Auffassung der Klägerseite weisen die streitgegenständlichen Vorhaben gegenüber der Ursprungsgenehmigung zunächst nicht nur „geringfügig“ höhere Wandhöhen auf. Ausweislich der eingereichten Planunterlagen sind die Außenwände des „Hauses 1“ gemessen von der maßgeblichen natürlichen Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt mir der Dachhaut auf der Südseite bei einer nunmehr beantragten (Gesamt-)Wandhöhe von 6,925 m (6,265 m + 0,66 m) um 76,5 cm und auf der Nordseite bei einer beantragten (Gesamt-)Wandhöhe von 7,125 m (6,265 m + 0,86 m) um 68,5 cm höher als genehmigt. Für das „Haus 3“ ergibt sich auf der Südseite bei einer nunmehr beantragten (Gesamt-)Wandhöhe von 7,725 m (6,265 m + 1,46 m) eine Erhöhung um 1,165 m und auf der Nordseite bei einer beantragten (Gesamt-)Wandhöhe von 7,425 m (6,265 m + 1,16 m) um 71,5 cm. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass die Wandhöhe der errichteten Wohngebäude hinter der Wandhöhe der ursprünglichen Genehmigung zurückbleibe, wird diese Argumentation auf unterschiedliche Bezugspunkte gestützt, nämlich hinsichtlich der streitgegenständlichen Vorhaben auf die Wandhöhe gemessen ab OK FFB, während hinsichtlich der ursprünglichen Genehmigungen die natürliche Geländeoberfläche herangezogen wird. Maßgeblich ist jedoch in beiden Fällen die natürliche Geländeoberfläche (vgl. Busse/Kraus/Kraus, a.a.O., Art. 6, Rn. 191), wobei die vorgenommene (ungenehmigte) Geländeauffüllung außer Betracht zu bleiben hat. Der Vortrag der Klägerseite, wonach eine Neufestsetzung des Geländes bereits im Rahmen des Vorbescheids erfolgt sein soll, überzeugt nicht. Bei der Neufestlegung des Geländes handelt es sich um eine eigene, auf Art.54 Abs. 2 Satz 2 BayBO zu stützende bauaufsichtliche Maßnahme, die insbesondere nicht schon in der bloßen Darstellung einer neuen Geländeoberfläche in den genehmigten Bauvorlagen zu sehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2007 - 1 CS 06.3335 - juris Rn. 24; B.v. 18.3.1994 - 26 B 92.2782 - juris). Im Übrigen zeigt auch ein Vergleich der Wandhöhen jeweils gemessen ab der OK FFB, dass die Wände der Wohngebäude unzweifelhaft höher ausgeführt wurden als ursprünglich genehmigt. Ebenso liegt die Firsthöhe der Anwesen unstrittig über der ursprünglich genehmigten Firsthöhe. Zwar mag die Firsthöhe lediglich um wenige cm überschritten worden sei, dies beruht jedoch wiederum auf der Tatsache, dass auch die Dachneigung verändert wurde (19,5° Dachneigung anstelle der genehmigten 22°). Außenwände und Dachkonstruktion stellen wesentliche Elemente der statischen Gesamtkonzeption eines Gebäudes dar und lassen sich ohne erhebliche Eingriffe in die Gebäudesubstanz nachträglich nicht mehr ohne weiteres verändern. Sowohl bei der Wandhöhe als auch bei der Dachneigung handelt es sich zudem um maßgebliche Parameter für die baurechtliche Prüfung, insbesondere auch im Hinblick auf einzuhaltende Abstandsflächen. Die vorgenommenen Veränderungen lösen damit die Notwendigkeit einer erneuten Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit der Wohngebäude u.a. auch im Hinblick auf Nachbarrechte neu aus.
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Darüber hinaus haben die zur Genehmigung gestellten Gesamtvorhaben weitere nicht unwesentliche Veränderungen erfahren. Insbesondere wird anstelle des jeweils genehmigten Carports nunmehr die Errichtung einer Doppelgarage mit räumlich anderer Positionierung, deutlich größeren Grundflächen und - beim Vorhaben auf der Fl.Nr. 388/2 („Haus 1“) - mit einer Satteldachkonstruktion anstelle eines Flachdachs beantragt. Beim Vorhaben „Haus 1“ beträgt die Gesamtfläche des Garagengebäudes einschließlich des überdachten Bereichs selbst ohne Berücksichtigung der rückwärtigen Hauseingangsüberdachung etwa 77,16 m2. Der Flächenunterschied allein des Garagengebäudes ist mit 47,96 m2 durchaus beachtlich, wobei in den Planunterlagen im Bereich der nordwestlichen Gebäudeecke noch weitere großzügig versiegelte Flächen mit unmittelbarem Bezug zur Hauptnutzung ausgewiesen sind. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist bereits die Ausführung eines Garagengebäudes mit Satteldach anstelle des genehmigten Flachdachs als „aliud“ zu werten (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.1998 - 14 B 96.357 - juris). Ferner hat die Beklagtenseite zu Recht darauf verwiesen, dass Fragen des Abstandsflächenrechts neu aufgeworfen werden, nachdem die mittlere Wandhöhe des grenzständigen Garagengebäudes gemessen ab dem natürlichen Geländeniveau 3 m übersteigt und die Garage daher nicht mehr dem Privilegierungstatbestand des Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.d.F. vom 25. Mai 2021 unterfällt. Entsprechendes gilt für die grenzständige Doppelgarage des „Hauses 3“, deren Grundfläche um immerhin 21,9 m2 vergrößert wurde (wobei nach den eingereichten Planunterlagen auch der Bereich des vormals genehmigten Carports weiterhin versiegelt bleiben soll) und die unter Berücksichtigung der Geländeaufschüttung eine mittlere Wandhöhe von 3 m ebenfalls überschreitet.
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Daneben wurde das Gelände bei beiden Vorhaben unstrittig aufgeschüttet und die dargestellten Terrassenflächen jeweils mehr als verdoppelt. Im Falle des „Hauses 3“ wurden entgegen der ursprünglichen Planung dabei nunmehr auch Terrassenflächen östlich des Wohngebäudes errichtet. Hinsichtlich beider Vorhaben soll jeweils das gesamte Grundstück mit einer zur Genehmigung gestellten Einfriedung (vgl. Bl. 109 f. d.BA 2012/1217 bzw. Bl. 97 d. BA 2012/1215) versehen werden. Die Vorhaben nehmen damit insbesondere auch weitere Flächen in Anspruch, welche wohl selbst bei Zugrundelegen der Ursprungsgenehmigung dem Außenbereich zuzuordnen gewesen wären. Auch insoweit wird damit die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der zur Genehmigung gestellten (Gesamt-)Vorhaben neu aufgeworfen.
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Insgesamt erscheinen die vorgenommenen Veränderungen der jeweils einheitlich zur Genehmigung gestellten Gesamtvorhaben damit sowohl ihrer Art nach als auch in der Summe nicht mehr als bloß unerhebliche Abweichungen gegenüber dem jeweiligen ursprünglich genehmigten Vorhaben.
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Nichts anderes ergibt sich, soweit der Klägerbevollmächtigte zuletzt auf einen aus dem Vorbescheid vom …März 2010 abzuleitenden Bestandsschutz außerhalb der Feststellungswirkung der jeweils erteilten Baugenehmigung Rückgriff zu nehmen sucht. Abgesehen davon, dass der Vorbescheid gerade noch keinen Baubeginn zulässt, ist die Gültigkeit eines Vorbescheids nach Art. 71 Satz 2 BayBO auf drei Jahre begrenzt, sodass der Vorbescheid zum Zeitpunkt des jeweiligen Baubeginns bereits erloschen war und schon deshalb keinerlei Grundlage für eine „rechtmäßige Errichtung“ der Gebäude sein konnte. Selbst wenn die streitgegenständlichen (Gesamt-)Vorhaben auf Grundlage des Vorbescheids genehmigungsfähig gewesen wären, wurde eine Genehmigung dieser Vorhaben im Übrigen nicht innerhalb der Geltungsfrist des Vorbescheids beantragt. Die im Jahr 2014 erteilten Baugenehmigungen betreffen - wie dargestellt - gerade andere als die nunmehr begehrten Bauvorhaben. Da sowohl der Bauvorbescheid als auch die ursprünglich erteilten Baugenehmigungen mittlerweile erloschen sind, kann letztlich auch offen bleiben, ob dem Vorbescheid der klägerseits vorgetragene Regelungsinhalt entnommen werden könnte.
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2.1.2 Es kann ferner (noch) nicht angenommen werden, dass sich der Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits auf Dauer mit dem Fortbestand der streitgegenständlichen Gebäude wie auch des weiteren bereits verwirklichten Vorhabens des Klägers („Haus 2“) abgefunden hätte oder eine Beseitigungsverfügung aus sonstigen Gründen von vornherein ausgeschlossen wäre.
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Zwar hat der Klägerbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass im November 2018 nur eine Anhörung des Klägers hinsichtlich einer Verpflichtung zum Rückbau auf das genehmigte Maß erfolgt sei. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Beklagtenseite hierzu jedoch ausdrücklich, dass es sich insoweit um einen Fehler der Behörde gehandelt habe und eine vollständige Beseitigung der ohne Baugenehmigung errichteten Gebäude angestrebt werde. Allein aus dem genannten Anhörungsschreiben lässt sich weder eine Zusicherung der dauerhaften Duldung noch ein sonstiger Vertrauenstatbestand zugunsten des Klägers herleiten, zumal der damaligen Anhörung - wohl auch vor dem Hintergrund der anhängigen Klageverfahren - bislang noch keine entsprechende Rückbauverfügung gefolgt ist. Das Landratsamt hat sich damit die Entscheidung in Bezug auf eine Gesamt- und/ oder Teilbeseitigung gerade offengehalten und müsste den Kläger auch angesichts des zwischenzeitlichen Zeitablaufs vor dem Erlass einer Rückbau-/ Beseitigungsanordnung wohl ohnehin erneut anhören. Der Umstand, dass das Landratsamt den Ausgang dieses Verfahrens und des Parallelverfahrens abwartet, vermag eine dauerhafte Duldung des vorhandenen Baubestands nicht zu begründen.
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Soweit die Klägerseite eine Baubeseitigung wegen eines seitens des Landratsamts geschaffenen Vertrauenstatbestands für ausgeschlossen erachtet, dürfte ein solcher durch die ursprünglich erteilten Bescheide jedenfalls verbraucht sein. Zwar hat das Landratsamt ausweislich der Begründung der Baugenehmigungsbescheide vom September 2014 seine bereits zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorhaben in Hinblick auf einen durch den Vorbescheid geschaffenen Vertrauenstatbestand jeweils zurückgestellt. Wie ausgeführt, sind jedoch sowohl der Vorbescheid (als Grundlage der 2014 erteilten Baugenehmigungen) wie auch die ursprünglichen Baugenehmigungen selbst zwischenzeitlich erloschen. Ein Vertrauensschutz aufgrund der Erteilung eines zwischenzeitlich erloschenen Vorbescheids kann indes nicht weiter reichen als eben dieser Vorbescheid und erst recht nicht weiter als eine auf Grundlage dieses Vorbescheids erteilte Baugenehmigung. Nichts anderes gilt in Hinblick auf die klägerseits angeführte, zeitlich noch weiter vorgelagerte „falsche Rechtsauskunft“ zur fehlenden Erforderlichkeit eines Bebauungsplans. Letztlich hat es sich der Kläger insoweit selbst zuzuschreiben, wenn die von ihm vorgenommenen wesentlichen Veränderungen des Vorhabens eine neue baurechtliche Prüfung erforderlich machen.
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Soweit der Kläger schließlich Bezugsfälle in der näheren Umgebung geltend macht, erscheint bereits die Grundstückssituation der genannten Anwesen nicht vergleichbar. Dies gilt sowohl für die Fl.Nr. 226/1 als auch für das derzeitige Bauvorhaben auf den Fl.Nrn. 388/1 und 388/4. Insbesondere lässt sich bereits der Eingabeplanung des Baugenehmigungsverfahrens aus dem Jahre 2014 entnehmen, dass sich auch auf dem damals ungeteilten Grundstück Fl.Nr. 388/1 mehrere Bestandsgebäude (Wohnhaus und Nebengebäude) befunden haben. Eine Vergleichbarkeit mit den nunmehr zur genehmigten Vorhaben ist damit weder erkennbar noch substantiiert vorgetragen.
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Das Gericht verkennt schließlich nicht, dass eine Beseitigung der bereits errichteten und zwischenzeitlich vermieteten Wohngebäude mit einem erheblichen Vollzugsaufwand verbunden sein dürfte. Faktisch oder rechtlich völlig unmöglich erscheint eine Beseitigung jedoch nicht, zumal Verhältnismäßigkeitsaspekten z.B. durch die Gewährung von Übergangsfristen für den Auszug der Mieter Rechnung getragen werden kann. Der wirtschaftliche Schaden des Bauherrn muss von vornherein unberücksichtigt bleiben, da es der Bauherr andernfalls in der Hand hätte, durch besonders massive oder sonst nur mit erheblichen wirtschaftlichen Aufwand zu beseitigende Bauten die Unverhältnismäßigkeit einer Beseitigungsanordnung herbeizuführen. Den Kläger treffen letztlich die Vermögensnachteile, mit denen er rechnen musste, als er die Vorhaben ohne vorherige baurechtliche Genehmigung bzw. trotz vorangegangener Baueinstellung ausführte. Angesichts der klaren Positionierung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung kann zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt daher nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die zuständige Bauaufsichtsbehörde bereits auf Dauer mit dem vorhandenen Baubestand abgefunden hätte. Sollte die Bauaufsichtsbehörde indes auch nach dem bestandskräftigen Abschluss der Verfahren über einen längeren Zeitraum hinweg untätig bleiben, mag die Sachlage anders zu bewerten sein.
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2.3 Die zur Genehmigung gestellten Gesamtvorhaben sind im Außenbereich planungsrechtlich unzulässig, da es sich hierbei nicht um privilegierte Vorhaben i.S.d.
§ 35 Abs. 1 BauGB handelt und sie als sonstige Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange beeinträchtigen.
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2.3.1 Die Vorhaben beeinträchtigen die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung (vgl. BayVGH, U.v. 15. 7. 2016 - 22 BV 15.2169 - juris Rn. 37). Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt bei einer der jeweiligen Landschaft wesensfremden Bebauung vor (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.1978 - IV C 80.76 - juris Rn. 18). Dies ist der Fall, wenn ein Vorhaben der naturgegebenen (land- und forstwirtschaftlichen) Bodennutzung des Außenbereichs oder seiner Funktion als Erholungsraum für die Allgemeinheit widerspricht und deshalb einen Fremdkörper in der Landschaft bildet (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2020 - 1 ZB 18.935 - juris Rn. 6). Eine Wohnnutzung ist dem Außenbereich grundsätzlich wesensfremd. Auch Zäune stellen einen Fremdkörper dar, die den öffentlichen Belang beeinträchtigen, da hierdurch Teile aus der freien Landschaft herausgenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2006 - 1 ZB 05.1014 - juris Rn. 15).
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Die zur Genehmigung gestellten Vorhaben mit Wohnhaus, Nebenanlagen und großzügiger Einfriedung beeinträchtigen danach die Eigenart der Landschaft. Soweit der Kläger vorträgt, dass Natur und Landschaft bereits durch die Bestandsgebäude beeinträchtigt wären und damit eine Vorbelastung bestünde, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die bestehenden Anwesen wurden - wie dargestellt - gerade ohne die erforderliche Genehmigung errichtet und müssen daher unberücksichtigt bleiben. Der Kläger muss sich insoweit jeweils so behandeln lassen, als wenn an der vorgesehenen Stelle erstmalig ein Gebäude errichtet werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 13.9.2019 - 1 ZB 17.1763 - juris Rn. 5; B.v. 11.11.2019 - 1 ZB 19.1449 - juris Rn. 10). Soweit der Kläger weiter darauf abstellt, dass eine Rückführung in den ursprünglichen Zustand nicht infrage komme, verkennt er, dass der Beklagte eine Beseitigung der errichteten Wohnhäuser beabsichtigt und eine solche auch nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint (s.o.). Entsprechendes gilt, soweit der Kläger anführt, dass sich die versiegelte Fläche im Vergleich zur erteilten Baugenehmigung jeweils nur geringfügig erhöhe. Auch insoweit ist aufgrund der ungenehmigten Errichtung der Gebäude gerade nicht nur auf eine vermeintlich „geringe“ zusätzliche Flächenversiegelung abzustellen, sondern auf das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben insgesamt. Ungeachtet dessen werden Natur und Landschaft auch durch die nunmehr beantragten Zaunanlagen zur vollumfänglichen Einfriedung des jeweiligen Grundstücks beeinträchtigt.
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2.3.2 Ferner werden Belange des Naturschutzes und des Bodenschutzes beeinträchtigt, da die Vorhaben zu einer massiven Bodenversiegelung führen. Auch insoweit muss sich der Kläger so behandeln lassen, als ob an der jeweiligen Stelle erstmalig ein Vorhaben realisiert werden soll (s.o.). Auf einen Vergleich der errichteten und der ursprünglich genehmigten (Gesamt-)Vorhaben kommt es damit nicht an. Im Übrigen ergäbe sich selbst bei einem Vergleich eine Vergrößerung der versiegelten Fläche in Zusammenhang mit den errichteten Garagengebäuden und Terrassenflächen (s.o.).
47
2.3.3 Weiter lassen die Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Eine solche Entwicklung ist insbesondere zu befürchten, wenn mit einem Vorhaben ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet wird. Dies ist bei der Errichtung von Wohnbauten regelmäßig der Fall (OVG Münster, B.v. 17. 3. 2016 - 2 A 1170.15 - juris Rn. 35). Die Entstehung einer Splittersiedlung ist auch durch die Ausuferung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils anzunehmen, da insoweit eine städtebaulich unerwünschte Zersiedlung des Außenbereichs eingeleitet werden kann (EZBK/Söfker, 141. EL Februar 2021, BauGB § 35 Rn. 107). Vorliegend würde auf den Vorhabengrundstücken erstmalig eine außerhalb des Bebauungszusammenhangs liegende Bebauung realisiert; die dort bereits bestehenden Wohngebäude können - wie dargestellt - keine Berücksichtigung finden. Damit wird aufgrund der Ortsrandlage der Grundstücke auch für die umliegenden unbebauten (bzw. als unbebaut zu behandelnden) Grundstücke ein Bezugsfall geschaffen und ein Vorgang der unerwünschten Zersiedlung eingeleitet.
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2.4 In der Folge kommt es nicht mehr streitentscheidend darauf an, ob den geplanten Vorhaben weitere im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Dies betrifft insbesondere die Einhaltung der Abstandsflächen durch die jeweils grenzständig errichteten Garagengebäude.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie keine Anträge gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 und § 154 Abs. 3 VwGO).
50
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.