Titel:
Nichtanwendung des FRG auf Beitrittsgebiet
Normenketten:
SGB VI § 256a, § 259a
FRG § 15 Abs. 1
WWSUVtr. Art 20 Abs. 7
Leitsatz:
Rentenansprüche aus im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtliche Zeiten sind nicht durch Anwendung des Fremdrentengesetzes höher zu bewerten. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rentenhöhe, Beitragszeiten, DDR, Beitrittsgebiet, Fremdrentengesetz
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Beschluss vom 13.09.2021 – L 13 R 282/21
BSG Kassel, Beschluss vom 15.02.2022 – B 5 R 283/21 B
Fundstelle:
BeckRS 2021, 48165
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren darüber, ob von dem Kläger in der ehemaligen DDR zurückgelegte Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) oder nach § 256a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu berechnen sind.
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Der 1949 geborene Kläger lebte bis März 1984 in der ehemaligen DDR, anschließend in der Bundesrepublik Deutschland. Mit Bescheid vom 10.04.1984 erkannte die Landesversicherungsanstalt Niederbayern Oberpfalz Beschäftigungszeiten vom 01.01.1978 bis 30.09.1980 sowie Zeiten des Gewahrsams vom 04.10.1980 bis 01.06.1983 als Zeiten nach § 15 FRG an.
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Mit Bescheid vom 19.07.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit beginnend ab dem 01.04.2013 unter Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet im Zeitraum vom 01.09.1966 bis 19.08.1980, für die Entgeltpunkte nach § 256a SGB VI ermittelt wurden.
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Gegen den Rentenbescheid erhob der Kläger mit einem am 21.08.2013 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 19.08.2013 Widerspruch, mit dem er sich zum einen gegen den Abzug von Beiträgen zur Krankenversicherung wandte. Zum anderen machte er eine abweichende Berechnung seiner Rente geltend und forderte die Berücksichtigung von Zeiten nach dem FRG.
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Mit zwei Bescheiden vom 29.11.2013 berechnete die Beklagte die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit des Klägers neu und bewilligte dem Kläger einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 19.07.2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2014 zurück. In Bezug auf die Ermittlung der Entgeltpunkte für die im Beitragsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten führte die Beklagte aus, dass diese nach § 256a SGB VI zu erfolgen habe. Eine Bewertung nach den Vorschriften des FRG entfalle, da der Kläger nicht unter den in § 259a SGB VI genannten Personenkreis der Geburtsjahrgänge vor 1937 falle.
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Mit Bescheid vom 19.05.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beginnend ab dem 01.04.2013 unter Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet im Zeitraum vom 01.09.1966 bis 19.08.1980, für die Entgeltpunkte nach § 256a SGB VI ermittelt wurden. Mit Bescheid vom 06.06.2014 stellte die Beklagte die Rente wegen Neubewertung einer Berufsausbildungszeit neu fest.
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Mit einem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 16.11.2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Rentenzeiten, die er in der DDR zurückgelegt habe, entsprechend dem Bescheid vom 10.04.1984 nach dem FRG zu berechnen. Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Antrag auf Überprüfung und Rücknahme des Bescheides vom 19.05.2014 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17.01.2019 ab. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des bisher ergangenen Bescheides ergäben sich nicht.
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Gegen die Ablehnung des Überprüfungsantrages erhob der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 30.01.2019 Widerspruch. Der Bescheid vom 10.04.1984 habe nach wie vor Bestandskraft, da er später nicht ausdrücklich aufgehoben worden sei. Daher seien die Rentenzeiten, die der Kläger in der DDR erworben habe, nach dem FRG zu berechnen. Darüber hinaus richtete sich das Rentenüberleitungsgesetzes nicht an den Kläger. Das Rentenüberleitungsgesetz betreffe nur jenen Personenkreis, der zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung noch Rentenansprüche gegenüber der vormaligen DDR gehabt habe. Dies sei im Fall des Klägers nicht der Fall, da seine Rentenansprüche gegenüber dem Rentenversicherungsträger der DDR beim Verlassen der DDR erloschen seien. Die Bundesrepublik habe seinerzeit diesen Verlust ausgeglichen und den betroffenen Personen Rentenansprüche nach dem FRG zugesprochen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2019 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 17.01.2019 zurück. Die Ermittlung der Entgeltpunkte für die von dem Kläger vom 01.09.1966 bis 19.08.1980 in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten richte sich nach § 256a SGB VI. Mit der Einfügung des § 256a SGB VI mit dem Rentenüberleitungsgesetz vom 25.07.1991 sei geregelt worden, dass für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten Entgeltpunkte nach den Bestimmungen des SGB VI ermittelt würden und nicht wie bislang nach dem FRG. Eine Bewertung der von dem Kläger in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten nach den Vorschriften des FRG sei nicht möglich, da er nicht unter den im § 259a SGB VI genannten Personenkreis der Geburtsjahrgänge vor 1937 falle. Selbst wenn ein Altersrentenbescheid allein wegen einer unterbliebenen Aufhebung eines bindenden Vormerkungsbescheides objektiv rechtswidrig ergangen sei, könne eine Rücknahme dieses Altersrentenbescheides nicht verlangt werden.
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Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13.08.2019, eingegangen am 16.08.2019, Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Er wiederholt und vertieft im wesentlichen seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Der Gesetzgeber habe niemals die Rechtsansprüche, die er den Übersiedlern und Flüchtlingen nach dem FRG zugebilligt habe, durch das Rentenüberleitungsgesetz ersetzen wollen. Der Kläger gehöre nicht zu dem Adressatenkreis des § 259a SGB VI, weil er zum Zeitpunkt des darin genannten Stichtages nicht mehr in der Sozialversicherung der DDR gewesen sei. Daher sei der Anspruch des Klägers nicht dem § 256a SGB VI zuzuordnen. Dies folge auch aus dem Staatsvertrag vom 18.05.1990, in dessen Lichte § 259a SGB VI auszulegen sei.
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.01.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2019 zu verpflichten, die Bescheide vom 19.05.2014 und 06.06.2014 aufzuheben und dem Kläger unter Berücksichtigung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach den Vorschriften des Fremdrentengesetzes in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung eine höhere Rente zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte nimmt unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren insbesondere Bezug auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 14.12.2011 (Aktenzeichen B 5 R 36/11 R), des Bundesverfassungsgerichts vom 13.12.2016 (Aktenzeichen 1 BvR 713/13) sowie auf weitere Entscheidungen verschiedener Landessozialgerichte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid vom 17.01.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2019 ist rechtmäßig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Bescheide vom 19.05.2014 und 06.06.2014 zurückzunehmen und dem Kläger unter Berücksichtigung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach den Vorschriften des Fremdrentengesetzes in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung eine höhere Rente zu zahlen. Die Beklagte hat die Rente des Klägers zutreffend unter Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Rentenzeiten nach § 256a SGB VI berechnet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berechnung seiner Altersrente unter Anwendung des FRG, weil dieses Gesetz auf seine Rente nicht anwendbar ist.
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Nach dem Wortlaut des FRG in seinen ab Beginn des Rentenbezugs geltenden Fassungen sind die Rentenansprüche des Klägers von den Regelungen des FRG nicht erfasst. Der Kläger erfüllt keinen der in den §§ 1, 5 Abs. 4 und 17 FRG genannten, den Anwendungsbereich des FRG eröffnenden Tatbestände. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet.
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Eine Anwendung der Regelungen des FRG ergibt sich vorliegend nicht aus § 17 Abs. 1 des FRG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung. Die Vorschrift findet auf die Rente des Klägers keine Anwendung.
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Die Vorschrift in § 17 Abs. 1 des FRG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung wurde mit Art. 14 Nr. 16 b) des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I 1606) mit Wirkung zum 01.01.1992 gestrichen. Gleichzeitig wurde mit Art. 14 Nr. 14 a) die bisher in § 15 Abs. 1 FRG geregelte Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten gestrichen. Eine Übergangsvorschrift, aus welcher sich die Fortgeltung der bis zum 31.12.1991 geltenden Regelungen für die Rente des Klägers ergeben würde, existiert nicht.
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Eine Anwendung des FRG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung findet vorliegend insbesondere nicht aufgrund des § 259a SGB VI statt. Die Vorschrift sieht die Ermittlung von Entgeltpunkten aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19.05.1990 nur für Versicherte vor, die vor dem 01.01.1937 geboren sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 oder, falls sie verstorben sind, zuletzt vor dem 19.05.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten oder im Ausland hatten und unmittelbar vor Beginn des Auslandsaufenthalts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen nicht, weil er nicht vor dem 01.01.1937 geboren ist.
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Soweit der Kläger geltend macht, er sei nicht Adressat dieser Regelung, weil nach dem Willen des Gesetzgebers mit den in § 259a SGB VI bezeichneten „Versicherten“ nur diejenigen Versicherten gemeint seien, die zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung noch Versicherte des Versorgungssystems der früheren DDR gewesen seien, greift dies nicht durch. Dies bereits deshalb, weil sich die Bezeichnung „Versicherter“ auf alle im Geltungsbereich des SGB VI Versicherten bezieht, ohne danach zu differenzieren, ob daneben auch Versicherungsverhältnisse anderer Art bestehen oder bestanden haben, etwa bei einem früheren deutschen Versicherungsträger im Beitrittsgebiet (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. November 2020 - L 13 R 110/20 -, Rn. 33, juris). Darüber hinaus würde, selbst wenn man der Auslegung des Klägers folgen wollte, aus der Nichtanwendbarkeit des § 259a SGB VI auf den Kläger eine Anwendung des FRG nicht resultieren, da auch unter Zugrundelegung dieser Auslegung eine Rechtsnorm, welche die Anwendung des FRG in seiner aktuellen oder in einer früheren Fassung auf die Rente des Klägers vorsieht, nicht existiert.
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Eine Anwendung des FRG folgt auch nicht aus Art. 20 Abs. 7 des Vertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (WWSUVtr) 18.05.1990. Diese Bestimmung sieht vor, dass Personen, die nach dem 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der einen Vertragspartei in das Gebiet der anderen Vertragspartei verlegt haben, von dem bisher zuständigen Rentenversicherungsträger ihre nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnete Rente für die dort zurückgelegten Zeiten erhalten. Damit sollte eine weitere Einwanderung in das Rentensystem der alten Bundesrepublik Deutschland verhindert werden (VG Potsdam, Urteil vom 18. November 2014 - 11 K 4205/13 -, Rn. 22, juris). Hingegen schreibt die Bestimmung nicht den Status Quo vom 18.05.1990 dauerhaft und unveränderlich fest. Die Regelung steht einer Änderung der Bewertung von Zeiten im Beitrittsgebiet nicht entgegen.
22
Letztlich macht der Kläger ein gesetzgeberisches „Versehen“ bzw. einen vom eindeutigen Wortlaut des § 259a SGB VI abweichenden gesetzgeberischen Willen geltend. Der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, die Nichtanwendung des FRG auch auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte Zeiten von vor dem Mauerfall übergesiedelten Versicherten zu erstrecken. Abgesehen davon, dass selbst, wenn man diese Prämisse als wahr unterstellen wollte, hieraus eine Rechtsgrundlage für die Anwendung des FRG im vorliegenden Fall nicht erwachsen würde, findet diese Behauptung keinerlei Grundlage im Gesetzeswortlaut sowie in den Gesetzgebungsmaterialien. In der Begründung zum Gesetzentwurf für das Gesetz zur Ergänzung der Rentenüberleitung vom 24.06.1993 führen die den Gesetzentwurf tragenden Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P. aus, mithilfe der zu ändernden Vorschrift solle aus Vertrauensschutzgründen von der in §§ 256a und b vorgeschriebenen Ermittlung von Entgeltpunkten für jene Versicherte abgewichen werden, die am 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern hatten und deren Rente vor dem 01.01.1996 beginne. Für diesen Personenkreis solle es grundsätzlich bei der Ermittlung der Entgeltpunkte nach dem bis zum 30.06.1990 geltenden Recht verbleiben. Die bestehende Vertrauensschutzregelung werde beibehalten. Die vorgeschlagene Neuregelung diene der Verwaltungsvereinfachung (BT-Drucksache 12/4810, S. 24 f.). Aus dieser Begründung lässt sich unzweideutig entnehmen, dass der Gesetzgeber genau die Regelung treffen wollte, die nach dem Wortlaut des § 259a SGB VI geschaffen worden ist. Zudem wäre zu erwarten, dass der Gesetzgeber, sollte die inzwischen langjährig angewendete Regelung nicht seinem wirklichen Willen entsprechen, zwischenzeitlich eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt hätte. Dies ist nicht der Fall (vgl. hierzu Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. November 2020 - L 13 R 110/20 -, Rn. 41, juris).
23
Der Antrag des Klägers im Zugunstenverfahren ist auch nicht in Bezug auf die von dem Feststellungsbescheid vom 10.04.1984 erfassten und als Zeiten nach § 15 FRG festgestellten Beschäftigungszeiten vom 01.01.1978 bis 30.09.1980 sowie Zeiten des Gewahrsams vom 04.10.1980 bis 01.06.1983 begründet. Selbst wenn ein Rentenbescheid allein wegen der unterbliebenen Aufhebung des bindenden Vormerkungsbescheids objektiv rechtswidrig ergangen ist, kann die Rücknahme des Altersrentenbescheids weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft verlangt werden, wenn dieser bei seinem Erlass der materiellen Rechtslage entsprach (BSG, Urteil vom 24. April 2014 - B 13 R 3/13 R -, SozR 4-1300 § 44 Nr. 30, Rn. 15). Die Rentenbescheide vom 19.05.2014 und vom 06.06.2014 entsprachen bei ihrem Erlass - wie vorstehend dargestellt - der materiellen Rechtslage, wie sie der Gesetzgeber mit den durch das RÜG geregelten Gesetzesänderungen geschaffen hat.
24
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Bereits mit der Änderung der Rechtslage durch das RÜG konnte der Kläger nicht mehr darauf vertrauen, dass die Feststellungen im Bescheid vom 10.04.1984 Bestand haben würden. Spätestens bei Erlass des Bescheides vom 19.07.2013 musste er davon ausgehen, dass die hierin getroffenen Feststellungen zu seinen Rentenzeiten rechtsverbindlich werden, wenn er hiergegen nicht mit Widerspruch und Anfechtungsklage vorgeht. Nach Erhebung des Widerspruchs und Erlass der Bescheide vom 29.11.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2014 hat der Kläger den Eintritt der Bestandskraft nicht durch Klageerhebung verhindert. Auch die Bescheide vom 19.05.2014 und vom 06.06.2014 sind mangels Erhebung eines Widerspruchs durch den Kläger bestandskräftig geworden. Ein schützenswertes Vertrauen in eine Rentenberechnung unter Zugrundelegung der Feststellungen aus dem Bescheid vom 10.04.1984 ist damit nicht gegeben (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2014 - B 13 R 3/13 R -, SozR 4-1300 § 44 Nr. 30, Rn. 28).
25
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der mit dem RÜG geschaffenen Rechtslage bestehen nicht. Insbesondere sind weder das Rechtsstaatsprinzip, noch der Gleichheitssatz, noch der Eigentumsschutz des Art. 14 Grundgesetz verletzt, wenn in der ehemaligen DDR erworbene Rentenanwartschaften - auch soweit sie in der Vergangenheit nach dem FRG festgestellt waren - nunmehr nach § 256a SGB VI bewertet werden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Dezember 2016 - 1 BvR 713/13 -, juris; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011 - B 5 R 36/11 R -, SozR 4-2600 § 248 Nr. 1; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. November 2020 - L 13 R 110/20 -, Rn. 43, juris).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.