Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 12.02.2021 – W 1 K 20.2090
Titel:

Anspruch auf nachträgliche Gewährung von Sonderurlaub und Widerruf des für diesen Zeitraum zuvor gewährten Erholungsurlaubs aus Anlass eines dienstlich bedingten Umzugs

Normenketten:
SUrlV § 3 Nr. 1, 19 Abs. 1 Nr. 1
EUrlV § 8 Abs. 2
Leitsätze:
1. Zwar kann der Beamte wegen Zeitablaufs nicht mehr nachträglich auf der Grundlage einer Urlaubsbewilligung von der Dienstleistungspflicht befreit werden. Er kann jedoch die Rechtswirkungen zu Unrecht versagten Sonderurlaubs und deshalb überflüssig in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs auch noch für eine in der Vergangenheit liegende Zeit beseitigen lassen. Dies gilt schon aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes auch dann, wenn eine gesetzliche Frist für die Bewilligung von Erholungsurlaub für das abgelaufene Kalenderjahr zwischenzeitlich abgelaufen ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beantragt der Beamte Sonderurlaub für einen Zeitraum, für den ihm bereits Erholungsurlaub gewährt wurde und hat er zugleich einen Anspruch auf Widerruf des Erholungsurlaubs nach § 8 Abs. 2 EUrlV, so kann ihm der Anspruch nicht bereits deswegen versagt werden, weil keine Dienstleistungspflicht nach § 3 Nr. 1 SUrlV für den in Rede stehenden Zeitraum bestünde. (Rn. 15 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anspruch auf nachträgliche Gewährung von Sonderurlaub und Widerruf des für diesen Zeitraum zuvor gewährten Erholungsurlaubs aus Anlass eines dienstlich bedingten Umzugs, ein Anlass nach der SUrlV stellt im Regelfall einen wichtigen Grund für einen Widerruf des Erholungsurlaubs dar, in dem Antrag auf Sonderurlaub ist gleichzeitig - konkludent - ein Antrag auf Widerruf des gewährten Erholungsurlaubs zu sehen, unabhängig davon gilt: § 3 Nr. 1 SUrlV ist nach dessen Sinn und Zweck bzw. zumindest im Wege der teleologischen Reduktion auf Fallgestaltungen zu beschränken, in denen eine Kollision mit dem Erholungsurlaub und dessen zentraler Funktion ausgeschlossen ist, nachträgliche, Gewährung, Sonderurlaub, Widerruf, Erholungsurlaub, dienstlich bedingter Umzug, Umzug, wichtiger Grund, konkludent, Sinn und Zweck, teleologische Reduktion, Kollision, Rechtsschutzbedürfnis, Wohnortwechsel, außerhalb Arbeitszeit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 24.02.2022 – 6 ZB 21.873
Fundstelle:
BeckRS 2021, 48111

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2020 verpflichtet, den für den 7. Juli 2020 und 8. Juli 2020 gewährten Erholungsurlaub nachträglich zu widerrufen, für diese beiden Tage nachträglich Sonderurlaub zu gewähren und dem Kläger zwei Tage Erholungsurlaub gutzuschreiben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger ist Beamter der Beklagten und wurde mit Bescheid vom 26. November 2019 mit Wirkung vom 1. März 2020 von E... … nach W... … versetzt; Umzugskostenvergütung wurde zugesagt. Im März 2020 beantragte der Kläger Erholungsurlaub für den Zeitraum vom 6. Juli 2020 bis 10. Juli 2020, welcher ihm bewilligt wurde. Am 26. Juni 2020 beantragte der Kläger bei seiner Beschäftigungsdienststelle die Gewährung von Sonderurlaub für den 7. Juli 2020 und 8. Juli 2020, der am 2. Juli 2020 beim BAPersBW Servicezentrum Süd einging. Er verwies auf den ihm gewährten Erholungsurlaub und führte zur Begründung aus, dass ein Umzug anlässlich seiner Versetzung stattfinde, der Termin sich kurzfristig in den letzten Tagen ergeben habe, während der Erholungsurlaub schon im März 2020 angedacht gewesen sei. Mit Bescheid vom 16. Juli 2020 wurde der Antrag unter Verweis auf § 3 Nr. 1 Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) abgelehnt, da Sonderurlaub nur gewährt werden könne, wenn der Anlass nicht außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden könne, also eine Kollision mit der Dienstleistungspflicht bestehe. Aufgrund des bewilligten Erholungsurlaubs bestehe für die beantragten Tage jedoch keine Dienstleistungspflicht. Mit Schreiben vom 7. August 2020 erhob der Kläger Widerspruch gegen diese Entscheidung, der mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2020 zurückgewiesen wurde.
2
Am 17. Dezember 2020 ließ der Kläger Klage erheben. Er sei zunächst zum neuen Dienstort gependelt, habe diese Zeit aber möglichst kurz halten wollen, sodass er - nachdem sich Mitte Juni 2020 kurzfristig die Möglichkeit einer Wohnungsanmietung ergeben habe - den Umzug zum frühestmöglichen durch das Umzugsunternehmen angebotenen Termin, am 7./8. Juli 2020, habe durchführen zu lassen. Den genehmigten Erholungsurlaub habe ursprünglich auch zur Erholung nutzen wollen. Nach Beauftragung des Umzugsunternehmens habe er dann jedoch Sonderurlaub beantragt. Zum Bestehen eines Anspruchs auf Sonderurlaub in der vorliegenden Konstellation wurde auf die Entscheidung des VG Greifswald vom 22. November 2018 (6 A 1594/17 HGW) verwiesen: Beantrage der Beamte Sonderurlaub für einen Zeitraum, für den ihm bereits Erholungsurlaub gewährt worden sei und habe er Anspruch auf Widerruf des Erholungsurlaubs, wie vorliegend nach § 8 Abs. 2 Erholungsurlaubsverordnung (EUrlV), so könne ihm der Anspruch nicht deswegen versagt werden, da für diesen Zeitraum keine Dienstleistungspflicht nach § 3 Nr. 1 SUrlV bestehe. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen der Sonderurlaubsverordnung und der Erholungsurlaubsverordnung sei im Regelfall davon auszugehen, dass in jedem sonderurlaubsbegründenden Anlass auch ein wichtiger Grund für einen Widerruf des Erholungsurlaubs zu sehen sei. So liege der Fall auch hier; dem Anspruch stünden auch keine Diensterfordernisse entgegen und es liege durch die Kürzung des Erholungsurlaubs um zwei Tage keine Gefährdung der Arbeitskraft des Beamten vor. Nach erfolgreichem Widerruf des Erholungsurlaubs seien aufgrund der wiederauflebenden Dienstleistungspflicht die Voraussetzungen des § 3 SUrlV vollumfänglich erfüllt.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
Der Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2020 wird aufgehoben.
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Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger vom 7. Juli 2020 bis 8. Juli 2020 Sonderurlaub zu gewähren.
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Die Vertreterin der Beklagten hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
6
Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid, insbesondere die Vorschrift des § 3 Nr. 1 SUrlV verwiesen. Aufgrund gewährten Erholungsurlaubs habe an den streitgegenständlichen Tagen keine Dienstverpflichtung bestanden, sodass der Umzug außerhalb der Arbeitszeit habe wahrgenommen werden können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 8 Abs. 2 EUrlV. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger mit dem Antrag auf Sonderurlaub zugleich einen Antrag auf Widerruf des Erholungsurlaubs habe stellen wollen. Selbst wenn man dies annehme, so sei über diesen Antrag nicht entschieden worden, sodass der Erholungsurlaub nach wie vor wirksam genehmigt und auch in Anspruch genommen worden sei. Es habe am Kläger gelegen, vor Urlaubsantritt nachzufragen, ob seinem Antrag entsprochen werde. Auf die Entscheidung des VG Koblenz vom 24. April 2019 (2 K 663/18.KO) wurde diesbezüglich verwiesen. Das Urteil des VG Greifswald gehe zu weit. Eine Härte oder Unbilligkeit, die eine rückwirkende Bewilligung von Sonderurlaub rechtfertige, liege hier, auch mit Blick auf den Ausnahmecharakter des Sonderurlaubs, der eine restriktive Auslegung gebiete, nicht vor.
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Mit Schreiben vom 21. Januar 2021 sowie 4. Februar 2021 wurden die Beteiligten zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter angehört. Mit Schreiben der Beklagtenvertreterin vom 2. Februar 2021 sowie des Klägerbevollmächtigten vom 10. Februar 2021 wurde das Einverständnis der Beteiligten zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
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Durch Beschluss der Kammer vom 10. Februar 2021 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage kann nach erfolgtem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO. Der Rechtsstreit kann durch den Einzelrichter entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 6 Abs. 1 VwGO.
11
Der Klageantrag ist nach dem aus dem Klagevorbringen ersichtlichen Kern des Begehrens gemäß § 88 VwGO sachgerecht dahingehend auszulegen, dass der Kläger unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die Verpflichtung der Beklagten begehrt, den für den 7. Juli 2020 und 8. Juli 2020 gewährten Erholungsurlaub nachträglich zu widerrufen, für die beiden genannten Tage sodann nachträglich Sonderurlaub zu gewähren und dem Kläger infolgedessen zwei Tage Erholungsurlaub gutzuschreiben.
12
Die so verstandene Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2020 einen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, ihm nach Widerruf des gewährten Erholungsurlaubs (§ 8 Abs. 2 EUrlV) für den 7. Juli 2020 und 8. Juli 2020 wegen eines Wohnortwechsels aus dienstlichem Anlass nachträglich Sonderurlaub zu gewähren (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 SUrlV). Da die Beklagte damit die beiden genannten Tage letztlich zu Unrecht als Erholungsurlaub bewertet hat, besteht infolgedessen im Wege der Folgenbeseitigung Anspruch darauf, das Urlaubskonto des Klägers entsprechend um zwei Tage aufzustocken (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO; vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2005 - 2 C 4/05 - juris).
13
Die Klage ist zulässig, insbesondere mangelt es ihr nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis aufgrund der Tatsache, dass der Zeitraum, auf den sich die begehrte Gewährung von Sonderurlaub bezieht, in der Vergangenheit liegt; der Anspruch auf Sonderurlaub ist damit nämlich noch nicht erledigt. Vielmehr kann der Beamte, der dem Dienst ferngeblieben ist und anstelle des begehrten Sonderurlaubs Erholungsurlaub in Anspruch genommen hat, weiterhin klären lassen, ob der primär beantragte Sonderurlaub zu Recht versagt worden ist. Zwar kann der Beamte wegen Zeitablaufs nicht mehr nachträglich auf der Grundlage einer Urlaubsbewilligung von der Dienstleistungspflicht befreit werden. Er kann jedoch die Rechtswirkungen zu Unrecht versagten Sonderurlaubs und deshalb überflüssig in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs auch noch für eine in der Vergangenheit liegende Zeit beseitigen lassen (vgl. hierzu grundlegend: Günther, Sonderurlaub, DÖD 1980, S. 43 f.). Dies gilt schon aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes auch dann, wenn eine gesetzliche Frist für die Bewilligung von Erholungsurlaub für das abgelaufene Kalenderjahr zwischenzeitlich abgelaufen ist (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2005 - 2 C 4/05 - juris m.w.N.; U.v. 25.6.1992 - 2 C 14/90 - juris; U.v. 29.1.1987 - 2 C 12/85 - juris; VG Greifswald, U.v. 22.11.2018 - 6 A 1594/17 HGW - juris), was hier jedoch hinsichtlich des Anspruchs auf Erholungsurlaub des Klägers für das Urlaubsjahr 2020 ohnehin erst am 31. Dezember 2021 der Fall wäre, § 7 Abs. 2 EUrlV.
14
Nach § 3 SUrlV wird Sonderurlaub nur gewährt, wenn der Anlass, für den Sonderurlaub beantragt wurde, nicht außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen oder erledigt werden kann (Nr. 1), dienstliche Gründe nicht entgegenstehen (Nr. 2) und die jeweiligen Voraussetzungen der §§ 5-22 erfüllt sind. Nach dem vorliegend sachlich einschlägigen § 19 Abs. 1 Nr. 1 SUrlV ist Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung im Umfang von zwei Arbeitstagen zu gewähren für einen Wohnortwechsel aus dienstlichem Anlass. Da der Kläger zum 1. März 2020 (unter Zusage einer Umzugskostenvergütung) von E... … nach W... … versetzt wurde, handelt es sich bei dem am 7. Juli 2020 und 8. Juli 2020 durchgeführten nachgewiesenen Umzug nach G... … um einen Wohnortwechsel aus dienstlichem Anlass. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Umstritten ist allein die Frage, ob durch den bereits zeitlich zuvor gewährten Erholungsurlaub und die damit einhergehende Dienstleistungsfreiheit für die beiden genannten Tage der Wohnortwechsel außerhalb der Arbeitszeit hätte wahrgenommen werden können, § 3 Nr. 1 SUrlV.
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Dies ist im Ergebnis zu verneinen. Beantragt der Beamte Sonderurlaub für einen Zeitraum, für den ihm bereits Erholungsurlaub gewährt wurde und hat er zugleich einen Anspruch auf Widerruf des Erholungsurlaubs nach § 8 Abs. 2 EUrlV, so kann ihm der Anspruch nicht bereits deswegen versagt werden, weil keine Dienstleistungspflicht nach § 3 Nr. 1 SUrlV für den in Rede stehenden Zeitraum bestünde (vgl. zum Ganzen: VG Greifswald, U.v. 22.11.2018 - 6 A 1594/17 HGW - juris).
16
Zwar war dem Kläger für den Zeitraum vom 6. Juli 2020 bis 10. Juli 2020 bereits Erholungsurlaub genehmigt worden, sodass er von seiner Dienstleistungspflicht für die streitgegenständlichen Tage 7. Juli 2020 und 8. Juli 2020 befreit war. Für die Gewährung von Sonderurlaub ist zwar grundsätzlich kein Raum, wenn der Beamte zu der Zeit, zu der er seine anderweitigen in der Sonderurlaubsverordnung genannten Aufgaben - hier der Wohnortwechsel aus dienstlichem Anlass - wahrzunehmen hat, bereits gar keinen beamtenrechtlichen Dienst zu leisten hat. Unerheblich ist dabei zunächst grundsätzlich auch, worauf die Freiheit von der Verpflichtung zur Dienstleistung als Beamter beruht, also beispielsweise, ob er die Tätigkeit nach Beendigung der für ihn maßgebenden täglichen Dienstzeit oder an einem allgemeinen oder nur für ihn dienstfreien Tag zu leisten hat (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 22.5.1985 - 2 A 1/85 -, NVwZ 1986, 775). Etwas anderes muss im Lichte der Erholungsurlaubsverordnung aber für die Konstellation gelten, in der die Dienstleistungsfreiheit auf dem Umstand beruht, dass bereits Erholungsurlaub gewährt wurde und der Kläger gemäß § 8 Abs. 2 EUrlV einen Anspruch auf Widerruf des Urlaubs hat, wofür im Übrigen auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn streitet. So liegt der Fall hier.
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Nach § 8 EUrlV ist dem Wunsch des Beamten, den Urlaub aus wichtigen Gründen hinauszuschieben oder abzubrechen, zu entsprechen, wenn dies mit den Erfordernissen des Dienstes vereinbar ist und die Arbeitskraft des Beamten dadurch nicht gefährdet wird. Eine lebensnahe Auslegung des am 26. Juni 2020 durch den Kläger gestellten Antrags auf Sonderurlaub für einen Zeitraum, für den ihm bereits Erholungsurlaub bewilligt worden war, lässt nur den Schluss zu, dass der Sonderurlaubsantrag zugleich konkludent den Antrag auf Widerruf des Erholungsurlaubs (hier konkret für den 7./8. Juli 2020) beinhaltet. Dies bereits deshalb, weil offensichtlich ist, dass nicht beide Urlaubsformen nebeneinander bestehen können. Überdies hat der Kläger in dem Antrag ausdrücklich auf den bereits genehmigten Erholungsurlaub verwiesen und unter der Rubrik „Begründung“ erläutert, dass der Erholungsurlaub bereits zeitlich erheblich früher angedacht war und sich der Umzugstermin hingegen erst kurzfristig in den letzten Tagen ergeben habe, sodass hieraus für die Verwaltung hinreichend deutlich wurde, dass der Kläger die Rückgängigmachung des gewährten Erholungsurlaubs an den beiden fraglichen Tagen und stattdessen die Gewährung von Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SUrlV begehrte.
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Der damit - zumindest konkludent gestellte - Antrag des Klägers auf Widerruf seines Erholungsurlaubs für den 7. Juli 2020 und 8. Juli 2020 muss Erfolg haben, da ein entsprechender Anspruch des Klägers besteht. In dem Wohnortwechsel von E... … nach G... … aus dienstlichem Anlass ist ein wichtiger Grund im Sinne des § 8 Abs. 2 EUrlV zu sehen. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen der Sonderurlaubsverordnung und der Erholungsurlaubverordnung ist im Regelfall - und so auch hier - davon auszugehen, dass in jedem sonderurlaubsbegründenden Anlass auch ein wichtiger Grund für einen Widerruf des Erholungsurlaubs zu sehen ist, andernfalls auch der Zweck des Erholungsurlaubs, die Arbeitskraft des Beamten aufzufrischen und zu erhalten (vgl. Plog/Wiedow, § 89 BBG Rn. 6), gefährdet würde. Der Anspruch auf Widerruf ist überdies hier auch mit den Erfordernissen des Dienstes vereinbar. Entgegenstehende dienstliche Gründe wurden weder vorgetragen noch sind sie anderweitig ersichtlich. Weiterhin kann auch von einer Gefährdung der Arbeitskraft des Beamten im Sinne des § 8 Abs. 2 EUrlV durch die Verkürzung des Erholungsurlaubs um zwei Tage nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ausgegangen werden. Auch diesbezüglich hat die Beklagte keine entgegenstehenden Erwägungen geltend gemacht.
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Nach alledem hat der Kläger einen Anspruch auf den nachträglichen Widerruf des gewährten Erholungsurlaubs für den 7. Juli 2020 sowie 8. Juli 2020. Daher sind aufgrund der sodann wiederauflebenden Dienstleistungspflicht alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 SUrlV erfüllt, sodass auch der Anspruch des Klägers auf nachträgliche Gewährung von Sonderurlaub für die beiden genannten Tage aus Anlass des dienstlich veranlassten Wohnortwechsels begründet ist und dem Kläger nunmehr in der Folge die beiden ursprünglich gewährten Tage Erholungsurlaub im Wege der Folgenbeseitigung seinem Urlaubskonto wieder gutzuschreiben sind.
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Dem steht auch nicht die Erwägung aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. April 2019 (2 K 663/18.KO) entgegen, wonach der gestellte Antrag auf Widerruf des Erholungsurlaubs letztlich nicht beschieden worden sei mit der Folge, dass der Erholungsurlaub wirksam genehmigt bleibe und auch tatsächlich in Anspruch genommen worden sei sowie dass eine Abänderung dieser Umstände im Nachhinein aus Rechtsgründen nicht möglich sei. Diese Argumentation überzeugt angesichts der eingangs zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht, da es hier nicht darum geht, tatsächlich geschehene Umstände rückgängig zu machen, sondern (lediglich) darum, die Rechtswirkungen des letztlich zu Unrecht versagten Sonderurlaubs sowie des deshalb überflüssig in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs zu beseitigen, was gerade auch für die Vergangenheit noch möglich ist (vgl. etwa BVerwG, U.v. 15.12.2005 - 2 C 4/05 - juris), (jedenfalls) wenn ein Anspruch auf Widerruf des Erholungsurlaubs besteht. Überdies erscheint es willkürlich, den Anspruch auf Widerruf des Erholungsurlaubs und damit die nachträgliche Gewährung von Sonderurlaub davon abhängig zu machen, ob die Beklagte zum Zeitpunkt des sonderurlaubbegründenden Ereignisses bereits über den Widerruf entschieden hat. Damit hätte es der Dienstherr weitgehend selbst in der Hand, ob ein Anspruch wie der vorliegend geltend gemachte letztlich besteht oder nicht. Dies erscheint sachwidrig und vor dem Hintergrund der das Beamtenverhältnis prägenden Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht überzeugend.
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Unabhängig von vorstehenden Ausführungen und selbständig tragend ergibt überdies auch bereits die Auslegung des § 3 Nr. 1 SUrlV nach dem der Vorschrift zukommenden Sinn und Zweck, jedenfalls aber deren hier angezeigte teleologische Reduktion (vgl. hierzu allgemein: BVerwG, U.v. 28.2.2019 - 5 C 1/18 - juris; U.v. 15.1.2019 - 1 C 15/18 - juris), dass diese Norm dem Kläger in der vorliegend gegebenen Konstellation nicht entgegengehalten werden kann. § 3 Nr. 1 SUrlV liegt zwar erkennbar der Wille des Verordnungsgebers zugrunde, dem Sonderurlaub Ausnahmecharakter zukommen zu lassen und Sonderurlaub daher nur dann zu gewähren, wenn der sonderurlaubbegründende Anlass nicht auch außerhalb der Arbeitszeit erledigt werden kann. Angesichts der selbständig und mit gleichem Gewicht daneben bestehenden Erholungsurlaubsverordnung und des den Beamten darin gewährten Anspruchs auf Erholungsurlaub, dessen Zweck gerade darin besteht, die Arbeitskraft der Beamten aufzufrischen und zu erhalten (vgl. Plog/Wiedow, § 89 BBG Rn. 6) und damit auch zur Erhaltung der Dienst- und Leistungsfähigkeit der Beamtenschaft von herausragender Bedeutung ist, war von Seiten des Verordnungsgebers offensichtlich nicht gewollt, dass Beamte bei der Wahrnehmung von sonderurlaubsbegründenden Anlässen, etwa dem hier vorliegenden Wohnortwechsel aus dienstlichem (!) Anlass, abschließend auf die Inanspruchnahme von - zuvor mit anderer Motivation beantragtem und gewährtem - Erholungsurlaub verwiesen werden. Dies läuft dem vom Verordnungsgeber gewollten Zweck des Erholungsurlaubs gerade zuwider, zumal sich der Verordnungsgeber im Falle des § 19 Abs. 1 Nr. 1 SUrlV aus Gründen des damit verbundenen erheblichen zeitlichen und gerade dienstlich veranlassten Aufwands explizit dazu entschieden hat, zwei Tage Sonderurlaub zu gewähren. Hieran ändert es aus vorgenannten Erwägungen auch nichts, dass dem Kläger - letztlich zufällig - zeitlich zuvor Erholungsurlaub gewährt worden ist. § 3 Nr. 1 SUrlV ist daher auf Fallgestaltungen zu beschränken, in denen eine Kollision mit dem Erholungsurlaub und dessen zentraler Funktion ausgeschlossen ist. Einem Beamten wie dem Kläger kann daher nicht mit Verweis auf § 3 Nr. 1 SUrlV Sonderurlaub versagt werden, wenn er diesen für einen dienstlich bedingten Umzug für einen Zeitraum beantragt, für welchen ihm bereits zuvor Erholungsurlaub gewährt worden ist.
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Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.