Titel:
Fehlgeschlagener Versuch der Anstiftung zu einem Verbrechen
Normenkette:
StGB § 30, § 31
Leitsatz:
Ein fehlgeschlagener Versuch der Anstiftung zu einem Verbrechen liegt vor, wenn die Person, die zur Ausübung des Verbrechens bestimmt werden soll, unmissverständlich die Tatbegehung ablehnt und auch eventuelle weitere Bemühungen wie zB das Angebot der Zahlung eines Tatlohns zur Herbeiführung einer Meinungsänderung für den Täter erkennbar nicht geeignet sind (Ergänzung zu BGH BeckRS 2002, 1418). (Rn. 115 – 116 und 365 – 366) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versuch der Anstiftung, fehlgeschlagener Versuch, Ablehnung
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 09.02.2022 – 1 StR 446/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 48036
Tenor
I. Der Angeklagte C1. G, geb. am … 1970, ist schuldig der falschen Verdächtigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie der versuchten Anstiftung zur Brandstiftung und der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln sowie des versuchten Diebstahls in zwei tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung und des Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung.
II. Der Angeklagte G wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten verurteilt.
III. Die Angeklagte A1. B, geb. am … 1991, ist schuldig der falschen Verdächtigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie der versuchten Anstiftung zur Brandstiftung.
IV. Die Angeklagte B wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
V. Im Übrigen wird die Angeklagte B freigesprochen.
VI. Der Angeklagte T1. M3. BE, geb. am … 1981, ist schuldig des versuchten Diebstahls in zwei tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung und des Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung.
VII. Der Angeklagte Be wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
VIII. Die Unterbringung des Angeklagten Be in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
IX. Gegen die Angeklagten G und Be wird als Gesamtschuldner die Einziehung eines Geldbetrags in Höhe von 9.297,63 EUR als Wertersatz angeordnet.
X. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens, soweit sie verurteilt wurden. Insoweit tragen die Angeklagten G und B auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers. Soweit die Angeklagte B freigesprochen wurde, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten B der Staatskasse zur Last.
Entscheidungsgründe
(In Richtung auf die Angeklagten B und Be abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
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Das zunächst beim Amtsgericht München verhandelte Verfahren wurde, nach erneuter Klageerhebung und Verbindung, dem Landgericht München I zur Übernahme des Verfahrens vorgelegt.
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Hintergrund der zunächst beim Amtsgericht München verhandelten Anklage war ein - bis heute - zwischen der Angeklagten B und dem Nebenkläger schwelender Streit vor dem Amtsgericht München, Abteilung für Familiensachen, um das Sorgerecht für die drei gemeinsamen Kinder des ehemaligen Ehepaars B. Mit ihrem neuen Partner, dem Angeklagten G, der bereits dreizehnfach vorgeahndet ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts München I vom 29.07.2013 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt wurde, versuchte die Angeklagte B, den Nebenkläger zu diffamieren und, insbesondere durch die Einleitung gerichtlicher Verfahren, als ungeeignete Bezugsperson für die drei Kinder erscheinen zu lassen. Neben der Planung und - teilweisen Durchführung - von Straftaten, wobei der Nebenkläger als Täter eines Einbruchs und einer versuchten Vergewaltigung verdächtigt werden sollte, wurden auch eidesstattliche Versicherungen durch Bekannte der Angeklagten G und B erstellt, in denen der Nebenkläger eines schlechten Umgangs mit den Kindern oder eines unredlichen Lebenswandels bezichtigt wurde, und die zur Vorlage beim Familiengericht dienen sollten. Tatsächlich hatten die, die eidesstattlichen Versicherungen unterschreibenden Personen, die dort niedergelegten Sachverhalte zu keiner Zeit wahrgenommen. Sie waren aus der Fantasie der Angeklagten G und B entstanden.
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Inhalt der neu erhobenen Anklage war eine von den Angeklagten G und Be begangene Serie von Einbruchdiebstählen im Jahr 2020. Hierbei drangen die Angeklagten G und Be, der bereits viermal vorbestraft ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts D vom 05.12.2017 wegen räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Freiheitsentzug am 20.05.2015 endete und der Strafrest mit Beschluss des Landgerichts Landshut vom 19.03.2015 bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt wurde, in gewerblich genutzte Objekte ein, um diese nach Wertgegenständen, insbesondere Tresore, zu durchsuchen. Der Angeklagte G öffnete dabei Türen und Fenster mittels eines sog. Nussknackers, womit er das entsprechende Profilzylinderschloss entsprechend seiner Vorkenntnisse schnell und effektiv ziehen konnte. Der Angeklagte Be war, entsprechend der arbeitsteilig vereinbarten Vorgehensweise, aufgrund seiner Ausbildung zum Schweißer für das Öffnen von Tresoren zuständig. Den Angeklagten Be und G gelang es zwar in allen der drei verfahrensgegenständlichen Taten, in die Objekte einzudringen, zur Entwendung von Diebesgut kam es jedoch in nur einem Fall, da am Tatort entweder keine entsprechenden Wertgegenstände aufgefunden, oder entsprechende Sicherheitsmechanismen nicht überwunden werden konnten.
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Die Staatsanwaltschaft M. I erstellte in dem Verfahren 271 Js 190002/18 am 07.03.2019 eine Anklageschrift in Richtung auf die Angeklagten G und B, die am 08.03.2019 beim Amtsgericht München - Schöffengericht - einging. Diese wurde mit Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 01.08.2019 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht München - Schöffengericht - eröffnet. Ab dem 30.01.2020 fand dort die Hauptverhandlung statt, welche mit Beschluss vom 12.10.2020 ausgesetzt wurde.
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In dem Verfahren 271 Js 188636/20 erstellte die Staatsanwaltschaft M. I am 29.12.2020 eine Anklageschrift in Richtung auf die Angeklagten G und Be, die am 04.01.2021 beim Amtsgericht München - Schöffengericht - einging. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 19.01.2021 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren 1122 Ls 271 Js 190002/18 verbunden. Mit Beschluss vom 19.01.2021 legte das Amtsgericht München das Verfahren der großen Strafkammer beim Landgericht München I gemäß § 225a StPO zur Entscheidung über die Übernahme vor. Auf Hinweis des Landgerichts München I ließ das Amtsgericht München schließlich die Anklage vom 29.12.2020 zur Hauptverhandlung zu und eröffnete auch insoweit gegen die Angeklagten G und Be das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht München - Schöffengericht -, unter Klarstellung, dass es bei der Verbindung der Verfahren Az.: 1122 Ls 271 Js 190002/18 und 1122 Ls 271 Js 188636/20 verbleibt. Zugleich legte das Amtsgericht München mit Beschluss vom 18.02.2021 das Verfahren erneut der Strafkammer gemäß § 225a StPO zur Entscheidung über die Übernahme vor. Mit Beschluss vom 03.30.2021 übernahm die 12. große Strafkammer des Landgerichts München I das Verfahren; seitdem wird es unter dem Az.: 12 KLs 271 Js 190002/18 geführt.
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In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht München I wurde das Verfahren in Bezug auf Ziffern 4, 5 und 6 der Anklage vom 29.12.2020 gem. § 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO auf Antrag der Staatsanwaltschaft M. I eingestellt.
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Das Urteil beruht nicht auf einer Verständigung i. S. d. § 257c StPO.
B. Persönliche Verhältnisse
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Der Angeklagte G wurde am ... 1970 als zweites Kind des P G (geboren: 1949; gelernter Beruf: Metzger; derzeit: Rentner) und der Maria G (geboren: 1944; gelernter Beruf: Werksarbeiterin; derzeit: Rentnerin) in L. geboren. Seine Eltern ließen sich scheiden, als der Angeklagte G elf Jahre alt war, nachdem der Vater nahezu täglich als Folge übermäßigen Alkoholkonsums seine Frau und Kinder geschlagen hatte. Er lebte seitdem mit seiner Mutter und dem ein Jahr älteren Bruder (geb. 1969, verstorben 2020) in L..
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Der Besuch des Kindergartens wurde bereits nach zwei Tagen abgebrochen, nachdem der Angeklagte G aggressive Konflikte mit Altersgenossen hatte. Seitdem blieb er, während die Eltern zur Arbeit gingen, allein daheim und wurde von Nachbarn versorgt. Im Alter von sieben Jahren wurde der Angeklagte G in einer kombinierten Grund- und Hauptschule eingeschult. Von Beginn an hatte er Schwierigkeiten, dem vermittelten Schulstoff zu folgen, er wurde von seinen Mitschülern gehänselt und es kam - insbesondere während der ersten sechs Schuljahre - erneut zu tätlichen Auseinandersetzungen mit seinen Mitschülern. Bei einem dieser Vorfälle schlug er einen Mitschüler mit dem Kopf gegen die Wand, so dass dieser im Krankenhaus behandelt werden musste. Aufgrund vielzähliger Umzüge mit seinen Eltern wechselte der Angeklagte G etwa fünf bis sechs Mal die Schule und verließ diese, nachdem er zweimal eine Jahrgangsstufe wiederholen musste, ohne Abschluss.
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Anschließend begann der Angeklagte G eine Lehre beim Autoverkäufer Peugeot X. in L., verlor die Lehrstelle jedoch nach neun Monaten, da er häufig der Arbeit unentschuldigt fernblieb oder zu spät und auch alkoholisiert dort erschien. 1991 begann er eine Schulung zum Berufskraftfahrer, die vom Jobcenter finanziert wurde, beendete diese jedoch erneut wegen häufiger Verspätungen und Fehlzeiten nicht. Ebenfalls 1991 wurde der Angeklagte G zum Wehrdienst eingezogen. Wegen Kokainkonsums wurde er aus der Bundeswehr unehrenhaft vorzeitig entlassen. In den Folgejahren hatte der Angeklagte G zahlreiche unterschiedliche Arbeitsstellen inne, so arbeitete er unter anderem als LKW-Fahrer sowie als Kaufhaus- und Baustellendetektiv. Von 1994 bis 2004 war er mit einer Detektei selbständig, nach deren Aufgabe arbeitete er als Detektiv und Security Mitarbeiter. Seit Juni 2017 ist der Angeklagte G von seinem niedergelassenen Psychiater krankgeschrieben. Wochenends arbeitete er ungeachtet seiner Krankschreibung bis zu seiner Inhaftierung regelmäßig als Barkeeper, wo er etwa 500,00 EUR pro Wochenende verdiente.
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Der Angeklagte G zog im Alter von 16 Jahren aus der elterlichen Wohnung aus, nachdem er seine erste Partnerin, Di., kennenlernte, mit der er für etwa 1 1/2 Jahre in ihrer Wohnung lebte. Nach der Trennung von Di. lebte der Angeklagte G für wenige Monate allein, bevor er zu seiner neuen Partnerin, S., zog. Am ... 1999 heiratete der Angeklagte G S., sie lebten zusammen ein einer Wohnung in Wa. und fuhren regelmäßig in den Urlaub. Dennoch kam es 2010 zur Scheidung der Ehe, nachdem der Angeklagte G seit 2005 seine alten Kontakte aus dem Drogenmilieu wieder aufgenommen hatte, nachts und am Wochenende häufig allein unterwegs war und er seine Detektei - ebenfalls aufgrund seines Drogenkonsums - aufgeben musste. Im November 2011 wanderte der Angeklagte G nach Thailand aus, wo er für 19 Monate lebte, eine neue Partnerin und Wohnung hatte sowie einer Arbeit nachging. Nachdem der Angeklagte G 2015 in Thailand festgenommen und nach Deutschland überführt wurde, lebte er nach seiner Haftentlassung im Jahr 2016 zunächst in einem Hotel. Im Juni 2016 lernte er die Angeklagte B, die zu dieser Zeit von ihrem Exmann Be. B schwanger war, kennen und zog in ihrer Wohnung ein. Die zunächst unbeschwerte Beziehung zur Angeklagten B wurde mehr und mehr von dem zwischen dem Ehepaar B schwelenden familienrechtlichen Sorgerechtsstreit um die drei gemeinsamen Kinder belastet. Im Dezember 2020 kam es zur Trennung von der Angeklagten B.
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Der Angeklagte G hat leibliche Kinder, zu denen er keine näheren Angaben machte.
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In seiner Kindheit und Jugend spielte der Angeklagte G gerne Fußball, später betrieb er Fitness und ging Radfahren.
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Der Angeklagte G bezieht Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 450,00 EUR. Er hat etwa 25.000,00 EUR Privatschulden und 33.000,00 EUR Kontopfändungsschulden bei der Postbank.
2. Gesundheitliche Verhältnisse und Drogenkonsum
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Der Angeklagte G leidet unter keinen schweren körperlichen Erkrankungen, welche die Schuldfähigkeit beeinflussen könnten. Früher litt er an Nieren- und Gallensteinen, anderweitige körperlichen Erkrankungen liegen nicht vor.
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Eine stationäre psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung fand beim Angeklagten G bislang nicht statt. Seit 2017 befindet er sich in ambulanter psychiatrischer Behandlung bei Dr. S4., M., nachdem ihn die permanenten Konflikte mit der Angeklagten B, insbesondere in Bezug auf den Sorgerechtsstreit mit Be. B, zunehmend belastet hatten. Seitdem nahm der Angeklagte G Medikamente zum Schlafen und zur Beruhigung. Seit seiner Inhaftierung nimmt der Angeklagte G täglich 45 mg Mirtazapin und 2 Tabletten Melperon zu je 25 mg. Beide Medikamente wirken sich schlaffördernd und beruhigend aus.
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Im Alter von 14 Jahren begann der Angeklagte G Zigaretten zu rauchen. Bereits mit 13 Jahren hatte er mit seinem Schulfreund Alkohol konsumiert. Im Alter von 16 - 17 Jahren trank er Alkohol lediglich an den Wochenenden im sozialüblichen Rahmen. Mit 18 Jahren begann der Angeklagte G Kokain zu konsumieren. Anschließend kam es etwa ein bis zweimal pro Woche zum Konsum von Kokain, er vernachlässigte seine Hobbies, gab das Fußballspielen auf, brach die Schule ab und verlor seinen Ausbildungsplatz sowie mehrere Arbeitsstellen. Während der Ehe mit S. von 1999 - 2005 war der Angeklagte G - weitestgehend - abstinent.
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Im Jahr 2005 nahm der Angeklagte G Kontakt zu alten Bekannten aus dem Drogenmilieu auf. Er konsumierte etwa vier Mal wöchentlich - überwiegend in Kombination mit Alkohol - Kokain, wobei er insgesamt 2,5 bis 3 Gramm in der Woche benötigte. Nach der Trennung von seiner Ehefrau, die den anhaltenden Drogenkonsum des Angeklagten G nicht hinnehmen wollte, steigerte der Angeklagte G den Konsum von Kokain auf etwa fünf Mal wöchentlich, wobei er pro Tag 1,5 bis 2 Gramm Kokain konsumierte.
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Während seiner Inhaftierung zwischen November 2011 und Mai 2015 lebte der Angeklagte G erneut drogenabstinent. Nach seiner Entlassung kam es zur Wiederaufnahme des Kokainkonsums, diesen reduzierte er ab Juni 2016, nachdem er mit der Angeklagten B zusammengezogen war. Seither konsumierte der Angeklagte G - falls überhaupt - nur gelegentlich Kokain, während der Phasen der Untersuchungshaft lebte er gänzlich abstinent. Betreffend Alkohol bestand im jeweiligen Tatzeitraum lediglich ein schädlicher Gebrauch. Bei Ausführung der Taten ist ein Einfluss von Alkohol nicht feststellbar.
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Der Angeklagte G ist bislang dreizehnmal strafrechtlich in Erscheinung getreten.
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1. Mit Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 31.07.1985, Az.: 2 Js 24485/85 JUG, rechtskräftig seit 09.08.1985, wurde der Angeklagte G wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz verwarnt.
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2. Mit Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 02.07.1986, Az.: Ds 2 Js 12507/87 JUG., rechtskräftig seit 13.08.1988, wurde der Angeklagte G wegen Diebstahls zu zwei Freizeiten Jugendarrest verurteilt.
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3. Mit Urteil des Amtsgericht Landshut vom 26.07.1988, Az.: Ls 2 Js 12507/87 JUG., rechtskräftig seit 13.08.1988, wurde der Angeklagte G wegen Diebstahls und Urkundenfälschung zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr verurteilt.
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4. Mit Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 17.12.1991, Az.: Ls 2 Js 9504/91 JUG., rechtskräftig seit 28.12.1991, wurde der Angeklagte G wegen fortgesetzten Diebstahls unter straferschwerenden Umständen in Tatmehrheit mit Diebstahl in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.
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5. Mit Urteil des Landgerichts Landshut vom 08.02.1995, Az.: 1 KLs 31 Js 17903/94, rechtskräftig seit 08.02.1995, wurde der Angeklagte G wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten verurteilt.
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6. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Landshut vom 22.12.1995, Az.: Cs 11 Js 29722/95, rechtskräftig seit 20.01.1996, wurde gegen den Angeklagten G wegen vorsätzlichen Gebrauchs eines nicht mehr haftpflichtversicherten Fahrzeugs auf öffentlichen Wegen eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50,00 DM verhängt
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7. Mit Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 12.02.1996, Az.: Ds 32 Js 24304/95, rechtskräftig seit 07.06.1996, wurde der Angeklagte G wegen Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.
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8. Mit Urteil des Amtsgerichts Landau an der Isar vom 11.12.1997, Az.: 1 DS 32 Js 18980/97, rechtskräftig seit 19.12.1997, wurde der Angeklagte G wegen Betrugs in 7 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.
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9. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 09.05.2000, Az.: 923 Ds 486 Js 137132/99, rechtskräftig seit 02.06.2000, wurde der Angeklagte G wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
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10. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 15.07.2002, Az.: 853 Ds 465 Js 300730/02, rechtskräftig seit 15.07.2002, wurde der Angeklagte G wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,00 EUR verurteilt.
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11. Mit Urteil des Amtsgerichts Landau a. d. Isar vom 31.10.2005, Az.: 3 Ds 33 Js 35302/04, rechtskräftig seit 09.03.2006, wurde der Angeklagte G wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 25,00 EUR verurteilt.
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Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
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Am 22.8.2004 gegen 16.00 Uhr mietete sich der Angeklagte in Begleitung seiner Freundin G. K. im Hotel der Geschädigten I. B1. in … L., S5. Str. 36, ein. Dabei erweckte der Angeklagte den Anschein eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Gastes und erklärte, mit seiner Begleitung eine Woche bleiben zu wollen.
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Der Angeklagte füllte den Meldeschein mit den Personalien „Schr. Chr., geb. ... 1970, L2. Str. 13a, … M1.“ aus. Hierdurch wollte der Angeklagte die Geschädigte über seine Identität täuschen.
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Im Vertrauen auf die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Angeklagten und auf die Richtigkeit seiner Angaben stellte die Geschädigte dem Angeklagten und seiner Begleitung ein Hotelzimmer zur Verfügung.
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Der Angeklagte hatte bereits bei der Einmietung die Absicht, das Hotel ohne Bezahlung der anfallenden Einmietkosten wieder zu verlassen, wobei er davon ausging, dass er von der Geschädigten aufgrund der unrichtigen Angaben in dem Meldeschein, nicht in Anspruch genommen werden könnte.
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Entsprechend seiner vorgefaßten Absicht verließ der Angeklagte gemeinsam mit seiner Freundin am 23.08.2004 das Hotel, ohne die Übernächtigungskosten i.H.v. 64,00 EUR zu bezahlen.
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Der Geschädigten entstand hierdurch ein entsprechender Schaden.
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Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Erding vom 16.06.2010, Az.: 5 Cs 47 Js 10250/10, rechtskräftig seit 31.08.2010, wurde gegen den Angeklagte G wegen vorsätzlichen Besitzes einer verbotenen Waffe in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen einer verbotenen Waffe mit vorsätzlichem Verbringen einer verbotenen Waffe eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 20,00 EUR verhängt.
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Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
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Am 04.03.2010 gegen 17.10 Uhr reisten Sie aus B./Thailand kommend über den Flughafen München Terminal 1 B in das Bundesgebiet ein. Dabei führten Sie einen Schlagring, den Sie seit einem nicht bekannten Zeitpunkt in Ihrem Besitz hatten, wie Sie wussten, zum Verbleib im Bundesgebiet mit sich. Dabei handelte es sich um eine nach dem Waffenrecht verbotene Waffe.
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Mit Urteil des Landgerichts München I vom 29.07.2013, Az.: 20 KLs 246 Js 153712/13, rechtskräftig seit 06.08.2013, wurde der Angeklagte wegen Diebstahls in 4 Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 6 Monaten verurteilt. Am 20.05.2015 endete der Freiheitsentzug und der Strafrest wurde mit Beschluss des Landgerichts Landshut vom 19.03.2015 bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt.
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Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
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Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 31.10.2010 beschlossen der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang, sich durch die wiederholte gemeinsame Begehung von Diebstahlstaten eine Einnahmequelle von nicht unerheblichem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.
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Mit dieser Absicht verwirklichten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang - in einem Fall gemeinsam mit dem früheren Mitbeschuldigten A., in einem Fall gemeinsam mit dem anderweitig Verfolgten V. - folgende Taten:
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1. Am 31.10.2010 zwischen 0.00 Uhr und 0.30 Uhr hebelte der anderweitig Verfolgte Freigang entsprechend des zuvor mit dem Angeklagten gemeinsam gefassten Tatplans an der Nordseite des Anwesens B2. straße 29 in … M1. die Gebäudeeingangstür auf und zog den Profilzylinder der Personaleingangstür der Gaststätte „Eiscafe P.“ heraus. Nachdem er sich auf diese Weise Zutritt zu den Räumlichkeiten verschafft hatte, hebelte er im Innenraum der Gaststätte eine versperrte Schublade auf und entnahm die darin befindliche Geldtasche mit Bargeld im Wert von mindestens 4.500 EUR, um dieses entsprechend des Tatplans für sich und den Angeklagten zu behalten. Anschließend hebelte der anderweitig Verfolgte Freigang die Geldeinschübe zweier Spielautomaten auf und entwendete das darin befindliche Bargeld in Höhe von 4.384,50 EUR. Darüber hinaus wurde an den Spielautomaten ein erheblicher Sachschaden verursacht. Währenddessen befand sich der Angeklagte entsprechend des gemeinsamen Tatplans vor dem Lokal, um eine Entdeckung zu verhindern und den anderweitig Verfolgten Freigang rechtzeitig über Mobiltelefon, mit welchem er zum anderweitig Verfolgten Freigang in Kontakt stand, zu warnen.
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2. Am 28.12.2010 gegen 1.36 Uhr begaben sich der Angeklagte, der anderweitig Verfolgte Freigang und der frühere Mitbeschuldigte A. zum „Cafe Z.“ in der B3. Straße/Ecke R1. Straße in M., um dort einzubrechen. Hierzu versuchten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang zunächst von außen ein Fenster zu öffnen, wobei einer der beiden dem jeweils anderen den Zugang zu dem Fenster mittels einer „Räuberleiter“ ermöglichte. Der frühere Mitbeschuldigte A., welcher einen Hund bei sich hatte, stand dabei etwas abseits und überwachte die Tatörtlichkeit und deren Umgebung, um eine Entdeckung des Angeklagten und des anderweitig Verfolgten Freigang zu verhindern und diese gegebenenfalls zu warnen. Nachdem der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang das Fenster nach zwei Versuchen nicht öffnen konnten, wechselten sie zur Haupteingangstür und machten sich an dieser zu schaffen, um von dort aus in das Cafe zu gelangen und dort Bargeld oder Wertgegenstände zu entwenden. Es gelang ihnen allerdings auch nicht, die Eingangstür zu öffnen. Eine weitere Tatausführung gaben sie auf, weil sie keine Möglichkeit sahen, innerhalb absehbarer Zeit in das Cafe zu gelangen, und das sich hieraus ergebende Entdeckungsrisiko, das bereits durch die bisherige Dauer der Tat von ca. 1 Stunde erheblich gestiegen war, nicht weiter eingehen wollten.
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3. Am 29.01.2011 zwischen 0.30 Uhr und 10.00 Uhr gelangte zunächst der anderweitig Verfolgte Freigang über die frei zugängliche Rückseite des Anwesens St.-Gr. 13 in M. auf dessen rechte Gebäudeseite, bohrte das Erdgeschossfenster der Pizzeria „It.“ auf und entriegelte den Fenstergriff. Der Angeklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt entsprechend dem gemeinsam gefassten Tatplan vor dem Lokal auf der Straße, um den anderweitig Verfolgten Freigang vor potenzieller Entdeckung zu warnen. Nachdem sich das Fenster öffnen ließ, stieg der anderweitig Verfolgte Freigang durch dieses in die Pizzeria ein, hebelte dort einen Spielautomaten „B. W. gamestation“ auf und entnahm das darin befindliche Bargeld. Im Anschluss bohrten abwechselnd der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang zwei weitere Geldspielautomaten der Marke Novo Line auf und entnahmen aus diesen ebenfalls das darin befindliche Bargeld, insgesamt entnahmen sie aus den Spielautomaten Bargeld in Höhe von EUR 3.650,20. Der jeweils andere stand vor dem Lokal Schmiere. Danach begab sich der Angeklagte hinter den Tresen der Pizzeria und entwendete aus einer Schublade einen Geldsack mit ca. 2000,- EUR Bargeld und drei Bedienungsgeldbeutel mit ca. 50,00 EUR bis 60,00 EUR Kleingeld, um dieses entsprechend des gemeinsamen Tatplans zu behalten. Es entstand darüber hinaus ein nicht unerheblicher Sachschaden. Der anderweitig Verfolgte Freigang befand sich in der Zwischenzeit vor der Pizzeria und stellte sicher, dass der Angeklagte nicht beobachtet oder entdeckt würde.
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4. Am 20.01.2011 zwischen 4 Uhr und 6.30 Uhr hebelten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans in der K-Straße 216 in M. mit einem Schraubenzieher und einem Brecheisen die rückwärtige Terrassentür des Restaurants „S.“ auf und gelangten auf diese Weise in die Innenräume des Restaurants. Im Inneren bog einer der beiden den Tresor auf und entnahm aus diesem Bargeld in Höhe von 680,-EUR, während der andere vor dem Lokal wartete. Weiterhin entwendete er ca. 150 Essensgutscheine, um diese zu behalten. Es entstand ein erheblicher Sachschaden.
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5. Am 17.03.2011 zwischen 13.00 Uhr und 17.15 Uhr gelangten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang in das Einfamilienhaus der Geschädigten H1. und An. L. in der N1. Straße 22 in … U.. Entsprechend der zuvor zwischen dem Angeklagten sowie den anderweitig Verfolgten Freigang und V. getroffenen Abrede öffnete der anderweitig Verfolgte V., welcher als Reinigungskraft bei den Geschädigten A2. und He. L. beschäftigt war, dem Angeklagten und dem anderweitig Verfolgten Freigang die Eingangstür. wobei er ihnen mitteilte, wo sich die Uhren und der Schmuck der Familie L. befanden. Der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang begaben sich sodann zielgerichtet in die beiden oberen Etagen, in denen sich die Wertsachen der Familie L. befanden. Das Haus selbst durchsuchten sie nicht. In den beiden oberen Etagen entwendeten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang Uhren und Schmuck im Wert von mindestens 100.000,- EUR, um die Gegenstände jeweils für sich zu behalten bzw. für sich zu verwerten. Weiterhin verursachten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Freigang Einbruchsspuren an einem Fenster zum Garten sowie am Gartenzaun, um einen Einbruchsdiebstahl vorzutäuschen und einen Verdacht vom anderweitig Verfolgten V. abzulenken.
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Der Angeklagte G befand sich in dieser Sache aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 18.09.2018, Gz.: I Gs 7647/18, seit seiner Festnahme am 20.09.2018 in Untersuchungshaft, welche aufgrund Beschlusses des Landgerichts München I vom 05.03.2019, Az.: 10 Qs 6/19, durch welchen der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt worden war, vom 05.03.2019 bis zum 30.09.2019 unterbrochen war. Der Haftbefehl vom 18.09.2018 wurde ersetzt durch den Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 30.09.2020, Az.: 1122 Ls 271 Js 190002/18, eröffnet am 01.10.2020. Aufgrund dieses Haftbefehls befindet sich der Angeklagte G seit seiner erneuten Festnahme am 30.09.2020 wiederum in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl des Amtsgericht München wurde wiederum ersetzt durch den Haftbefehl des Landgerichts München I vom 23.03.2021, Az.: 12 KLs 271 Js 190002/18, eröffnet am 06.04.2021.
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Aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt aufgrund der Bekämpfung der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen durfte der Angeklagte G über weite Strecken der Inhaftierung weder Besuch empfangen, noch arbeiten.
1. Werdegang und gesundheitliche Verhältnisse
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Die Angeklagte B wurde am ... 1991 als zweites von fünf Kindern des Günter L (geboren: 1961; Beruf: Angestellter im Öffentlichen Dienst) und der Ma. L (geboren: 1964; Beruf: Hausfrau) in M. geboren. Ihre Eltern sind seit 1986 verheiratet, die Angeklagte B hat zu ihren Eltern - ebenso wie zu ihren vier Geschwistern - ein gutes Verhältnis.
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Den Kindergarten besuchte die Angeklagte B ab dem Alter von drei Jahren, bevor sie für vier Jahre die Grundschule besuchte. Anschließend kam die Angeklagte B auf die Hauptschule, die sie, ohne eine Jahrgangsstufe zu wiederholen, mit dem Hauptschulabschluss beendete. Eine Ausbildung als Verkäuferin absolvierte die Angeklagte B binnen zweier Jahre bei dem Supermarkt T., in diesem Beruf arbeitete sie im Bereich Lebensmittel und Drogerie, bis sie 2011 die erste Elternzeit nahm. Nach Beendigung der Elternzeit im Jahr 2014 ging die Angeklagte B erneut der Tätigkeit als Verkäuferin nach, beendete die Arbeit im Frühjahr 2020 und absolviert seitdem eine Umschulung zum Büromanagement, die vom Jobcenter finanziert wird. Zusätzlich arbeitet sie seit Sommer 2020 beim Kinderschutz München.
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Von 2009 bis 2016 lebte die Angeklagte B in einer Beziehung mit Be. B, im Jahr 2013 schlossen sie die Ehe, welche 2017 geschieden wurde. Gemeinsam haben die Angeklagte B und Be. B drei Kinder, A (geboren 2012), J (geboren 2013) und C (geboren 2016). Während die beiden älteren Kinder seit der Trennung des Ehepaars B im Jahr 2016 bei ihrem Vater leben, lebte C bei der Angeklagten B, bevor das Jugendamt im Jahr 2020 auch ihn in die Obhut des Be. B gab. Nach der Trennung von Be. B im Jahr 2016 ging die Angeklagte B mit dem Angeklagten G eine Beziehung ein. Wenige Wochen nach Beginn der Partnerschaft zog der Angeklagte G in die Wohnung der Angeklagten B ein. Im Jahr 2020 trennten sich die Angeklagten B und G.
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Die Angeklagte B bezieht Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 1.300,00 EUR, worin die Kosten der für die Wohnung der Angeklagten B anfallende Warmmiete in Höhe von 1.239,00 EUR beinhaltet sind. Zusätzlich verdient die Angeklagte B durch ihre Arbeit beim Kinderschutz monatlich 450,00 EUR netto. Unterhaltszahlungen für ihre Kinder leistet die Angeklagte B nicht, über nennenswertes Vermögen verfügt sie nicht. Schulden hat die Angeklagte B bei der Landesjustizkasse Bayern in Höhe von 500,00 EUR, die sie in monatlichen Raten begleicht.
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Die Angeklagte B hat einen Führerschein, in ihrer Freizeit fährt sie gerne Fahrrad, kocht und interessiert sich für Kosmetik.
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Die Angeklagte B leidet unter keinen schweren körperlichen Erkrankungen, welche die Schuldfähigkeit beeinflussen könnten. Sie raucht Zigaretten, in ihrer Jugend hat sie gelegentlich Kokain konsumiert, dies aber bereits vor der Schwangerschaft mit ihrem ersten Kind im Jahr 2011 eingestellt.
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Die Angeklagte B ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
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Der Angeklagte Be wurde am ... 1981 als erstes Kind von R2. Co. Be (geboren: 1954; gelernter Beruf: Kraftfahrer; verstorben: etwa 2011) und Tu. Be (geboren: 1955; gelernter Beruf: Lehrerin; derzeit: Kindergartenleitung in N./Kenia) in Gr. bei Dr. geboren. Der Angeklagte Be hat eine vier Jahre jüngere Schwester, die in London lebt. Im Alter von ein oder zwei Jahren wurde der Angeklagte Be von seinen Eltern an eine Irish Tr. Familie aus N., die Do., abgegeben. Seine Tr. - Eltern S. und K. zogen mit der Do.-Familie, die aus etwa 200 bis 250 Personen bestand, zunächst nach Om./Nordirland, nach einem Jahr weiter nach D./Nordirland. Dort beteiligte sich der Y.-Clan, insbesondere die Traveller - Eltern sowie Geschwister des Angeklagten Be, intensiv an dem zwischen 1696 und 1998 andauernden irischenglischen Bürgerkrieg, so dass der Angeklagte Be nur wenig Kontakt zu ihnen hatte und von anderen Mitgliedern der Y.-Familie aufgezogen wurde.
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Den Kindergarten besuchte der Angeklagte Be in D./Nordirland, anschließend kam er auf die Pr. School, die er jedoch nur sporadisch besuchte, da er überwiegend im Homeschooling unterrichtet wurde. Im Jahr 1996 verließ der Angeklagte Be Nordirland und ging mit seiner Partnerin, R., und zwei Freunden aus der Y.-Familie nach London. Dort besuchte er die H. School, die er im Jahr 1997 erfolgreich abschloss. 1998 besuchte der Angeklagte Be das W. C. und absolvierte eine Ausbildung in „metal fabrication“ (Metallverarbeitung), die er 2001 erfolgreich abschloss. In der Folgezeit arbeitete er für drei Monate bei A. M. in einem Werk in Br.. Anschließend wurde er bei seinen beiden Freunden der Y.-Familie, die in London eine Dachdeckerfirma betrieben, angestellt, wo er Blei- und Kupferdächer sowie Verzierungen fertigte. Seit seiner Haftentlassung in Deutschland im Jahr 2012 gelang es dem Angeklagten Be nicht, eine Anstellung zu finden. Nach seiner Haftentlassung im März 2020 bezog er für drei Monate Arbeitslosengeld. Im Dezember 2020 bekam er eine Anstellung bei einem Lieferdienst von R. sowie einer J. Tankstelle in M., wobei er ein monatliches Einkommen von 1.600,00 EUR für seine Tätigkeit bei R. sowie 450,00 EUR N. bei der J. Tankstelle erhielt.
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Mit seiner Jugendfreundin R., die ebenfalls Teil der Y.-Familie war und die er 1995 nach Traveller-Tradition geheiratet hatte, bezog der Angeklagte Be im Jahr 2000 ein eigenes Haus in S.-heast, wo auch die beiden gemeinsamen Kinder J. (geboren: 2002) und Sh. (geboren: 2009) aufwuchsen.
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Bereits 1996 hatte der Angeklagte Be mit zwei Freunden aus der Y.-Familie mit dem sog. Scrapping begonnen. Hierbei deckten sie Dächer von Firmen, Institutionsgebäuden und Kirchen aus Blei und Kupfer ab und verkauften diese an Metallhändler. 1999 beging der Angeklagte Be, ebenfalls mit seinen beiden Freunden aus der Y.-Familie, einen ersten Raubüberfall auf einen Geldtransporter. Es folgten weitere Raubüberfälle auf Juwelieren und Wettbüros in L., die zur ersten Inhaftierung des Angeklagte Be im Jahr 2004 führte. Eine erneute Inhaftierung folgte 2009. Da ihm ein Verfahren vor dem zentralen Strafgerichtshof in London drohte und er die hohe Strafe sowie Anwaltskosten scheute, ließ sich der Angeklagte Be auf einen sog. „plea deal“ ein, in dessen Folge er - ohne Gerichtsverfahren in L. - nach Deutschland abgeschoben wurde. Dort war er von 2012 bis 2020 wegen in Deutschland begangener Raubüberfälle, ebenfalls unter Mitwirkung seiner beiden Jugendfreunde begangen, in der JVA St.g inhaftiert.
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Mit dieser Inhaftierung endete die Beziehung zu R., noch vor seiner Inhaftierung 2012 lernte der Angeklagte Be seine jetzige Partnerin, Ke. K, kennen. Mit dieser und ihrem Sohn L3. zog er nach seiner Haftentlassung 2020 in eine gemeinsame Wohnung, wofür der Angeklagte Be monatlich 930,00 EUR Miete bezahlte.
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In seiner Kindheit bis zum Alter von 21 Jahren betrieb der Angeklagte Be das bei den Irish-Travellern traditionell beliebte „barenuckle boxing“. Im Alter 21 bis 26 Jahren spielte der Angeklagte R3., auch ging er gerne auf die Jagd.
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Der Angeklagte Be hat keine Schulden.
2. Gesundheitliche Verhältnisse und Drogenkonsum
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Der Angeklagte Be leidet unter keinen schweren körperlichen Erkrankungen, welche die Schuldfähigkeit beeinflussen könnten. Eine stationäre oder ambulante psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung fand beim Angeklagten Be bislang nicht statt.
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Der Angeklagte Be leidet unter einer Kokainabhängigkeit - teils mit abstinenten Phasen in beschützender Umgebung - sowie dem schädlichen Missbrauch von Cannabis.
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Dem geht folgende Suchtgeschichte voraus:
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Im Alter von 16 Jahren begann der Angeklagte Be Zigaretten zu rauchen und Alkohol, letzteren im sozial üblichen Rahmen, zu konsumieren. Seit 1996 konsumiert der Angeklagte Be regelmäßig Cannabis, das ihm seit der 2006 bestehenden Kokainabhängigkeit auch als sog. downer dient, um die aufputschende Wirkung des Kokains auszugleichen.
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Während des Besuchs des Colleges begann der Angeklagte Be mit dem Konsum von Kokain, ab 2003 konsumierte er es zwei- bis dreimal täglich, in manchen Wochen auch täglich. Den Konsum verbarg er vor seiner Familie, an den Tagen Donnerstag bis Montag konsumierte er mit seinen Freunden zusammen bis zu 28 Gramm. Obwohl der Konsum zu Konflikten mit seiner Ehefrau R. führte und er seinen sportlichen Hobbies nicht mehr nachgehen konnte, steigerte der Angeklagte Be seinen Konsum weiter, so dass er im Jahr 2006 wöchentlich etwa 10 Gramm Kokain konsumierte. Er feierte - oft tagelang ohne zu schlafen - mit Freunden ausschweifende Drogenpartys in Nobelhotels, bei denen enorme Mengen an Geld und Drogen verbraucht wurden. Insgesamt wandte der Angeklagte Be zu dieser Zeit etwa 40% aller legal und illegal erworbenen finanziellen Ressourcen zur Finanzierung seines Kokainkonsums auf.
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Während seiner Inhaftierungen in England und Deutschland war der Angeklagte Be überwiegend drogenabstinent. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 2012 kam es rasch zum Rückfall, obwohl nach Beendigung der Haftzeit eine Entwöhnungsbehandlung in der Klinik „Alte Flugschule“ stattfand, die aufgrund fehlender Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft bereits nach drei Wochen abgebrochen wurde. Eine psychiatrische und psychotherapeutische Be- und Aufarbeitung des langjährigen Substanzkonsums sowie der dem Konsum zugrundeliegenden psychopathologischen Faktoren, darunter insbesondere die belastenden Kindheitserfahrungen, im Rahmen einer ambulanten oder stationären Behandlung, fand bislang nicht statt. Zwischen März 2020 und März 2021 konsumierte der Angeklagte Be alle zwei Wochen für 3 bis 4 Tage Kokain, wobei er an diesen Tagen insgesamt etwa 10 Gramm Kokain benötigte. Insgesamt wandte er zu diesem Zeitpunkt zur Finanzierung seines Kokainkonsums etwa 70% seiner legal und illegal erworbenen finanziellen Ressourcen auf.
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Der Angeklagte Be ist bislang vier Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten:
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1. Mit Urteil des Landgerichts Köln vom 04.02.2013, Az.: 60 Js 462/12 113 KLs 42/12, rechtskräftig seit 12.02.2013, wurde der Angeklagte Be wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 10 Monaten verurteilt.
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2. Mit Urteil des Landgerichts München I vom 04.07.2013, rechtskräftig seit 12.07.2013, wurde der Angeklagte Be wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Führen einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren 9 Monaten verurteilt.
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3. Mit Urteil des Landgerichts Köln vom 12.05.2017, Az.: 11 Js 547/12 110 KLs 17/13, rechtskräftig seit 20.05.2017, wurde der Angeklagte Be wegen schwerer räubersicher Erpressung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt.
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Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach der Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 2012 lernte der Angeklagte den N. A. kennen, der sich im Drogen- und Zuhältermilieu bewegte, und für den er als Fahrer tätig war. Der Angeklagte begann erneut, in erheblichem Umfang Alkohol zu trinken und Cannabis zu konsumieren, über den Tag verteilt drei bis vier Gramm. Im Juni 2012 nahm er zudem den Konsum von Kokain wieder auf und zog im Tatzeitraum über den Tag verteilt vier bis fünf Linien Kokain. Zur Finanzierung seines damaligen Lebensstils, der neben dem Alkohol- und Drogenkonsum von intensiver Teilnahme am Nachtleben mit häufigen Besuchen von unter anderem Saunaklubs gekennzeichnet war, beging er beginnend am 01.08.2012 bis zu seiner Festnahme am 14.09.2012 im Rh.-land sowie in M. eine Serie von Überfällen.
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1. Die 1. Tat der Serie, der Überfall auf den Kiosk und die Postfiliale der Zeugin S6. am 01.08.2012, ist Gegenstand der unter Ziffer I. 2. a) dargestellten Verurteilung durch das Landgericht Köln vom 04.02.2013. Im Anschluss beging er jedenfalls unter dem 16.08. und 20.08.2012 zwei weitere Überfälle auf Spielhallen in D, die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft D vom 09.09.2013 (Az. 100 Js 3025/13) zur Last gelegt werden. Nach seinen Angaben hat er in D noch einen weiteren Überfall verübt, allerdings nicht die in der Anklageschrift aufgeführte dritte Tat vom 23.08.2012.
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Im Einzelnen überfiel er am 16.08.2012 eine Spielhalle in der B4. straße 57 in D und zwang die dortige Angestellte unter Vorhalt der ungeladenen silberfarbenen Schreckschusspistole, die er auch bei den hier abgeurteilten Taten benutzte, ihm das Scheingeld aus der Kasse sowie weiteres Scheingeld aus einem Tresor, insgesamt ca. 2000 €, zu übergeben, mit denen er flüchtete.
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Am 20.08.2012 betrat er die Räumlichkeiten einer Spielhalle in der A3. straße 16 in D und bedrohte den dortigen Angestellten wiederum mit der ungeladenen silberfarbenen Schreckschusspistole und zwang ihn so zur Herausgabe von 500 € Scheingeld, mit denen er die Flucht antrat.
2. Fall 1 der Anklage vom 24.05.2013
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Am 27.08.2012 kam es sodann zu der ersten hier angeklagten Tat. Der Angeklagte hatte im Verlauf des Tages gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Ah. und dem früheren Mitangeschuldigten Al. Is. beschlossen, einen weiteren Überfall auf eine Spielhalle zu begehen, ohne dass das Tatobjekt und der Zeitpunkt feststanden. Am späten Nachmittag fuhr man gemeinsam von K. aus in das in der Nähe gelegene Rö.. Während eines Stopps beschloss der Angeklagte, eine nahegelegene Spielhalle zu überfallen. Er verließ das Auto, entnahm aus dem Kofferraum eine ungeladene silberfarbene Schreckschusspistole Typ Cuno Melcher ME 9 mod. Para und einen Strumpf aus Gewebematerial. Zu diesem Zeitpunkt hatte er über den Tag verteilt ungefähr vier Joints geraucht und einige Linien Kokain gezogen. Er war bei Begehung der Tat uneingeschränkt in der Lage, das Unrecht seines Handelns einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, mithin uneingeschränkt schuldfähig im Sinne der §§ 20, 21 StGB.
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Gegen 20:00 Uhr betrat der mittlerweile mit dem Strumpf maskierte Angeklagte die Spielhalle „Let's Play“, H2.straße 9 in Rö.. Unter Vorhalt der silberfarbenen Pistole forderte er von der dort als Spielhallenaufsicht tätigen Zeugin S7. die Herausgabe von Bargeld und warnte sie, keine falsche Bewegung zu machen. Die Zeugin nahm die Drohung, wie von dem Angeklagten beabsichtigt, ernst und entnahm aus der Kasse ca. 1.300 € in Scheinen und steckte das Geld in den ihr vom Angeklagten zuvor üBebenen schwarzen Stoffbeutel. Nach Übergabe des Geldes lief der Angeklagte nach draußen, demaskierte sich und stieg zu dem wenige Meter entfernt auf dem Parkplatz auf ihn wartenden Al. Is. in das Fahrzeug der Marke Opel Insignia, amtl. Kennz ..., welches dieser als Fluchtfahrzeug für Überfälle angemietet hatte. Der Angeklagte, Al. Is. und Ah. flohen sodann vom Tatort.
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3. Am 30.08.2012 beging der Angeklagte einen weiteren Überfall auf eine Spielhalle, dieses Mal in Bo.. Er betrat gegen 18:00 Uhr gemeinsam mit dem Al. Is. das Casino Bo. in der T2.Straße 27 in Bo., wobei beide maskiert und mit ungeladenen Schreckschusspistolen bewaffnet waren. Während Al. Is. absicherte, begab der Angeklagte sich hinter die Theke, richtete seine Pistole auf die Angestellte und forderte sie auf, den Kasseninhalt, ca. 1.000 €, in eine mitgeführte Plastiktüte zu füllen und ihm zu übergeben. Als die Zeugin ihn bat, er möge sich das Geld selbst nehmen, erwiderte er, er werde schießen, wenn sie seiner Aufforderung nicht nachkomme. Im Anschluss an die dann erfolgte Geldübergabe verließen beide Täter die Spielhalle und flüchteten.
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Das Verfahren gegen den Angeklagten hinsichtlich dieser Tat, die Gegenstand der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bo. vom 12.08.2013 (Az. 664 Js 52/13) war, ist - ebenso wie die unter Ziffer II. 5. noch zu schildernde Tat in Al. - durch Beschluss des Landgerichts Bonn vom 29.04.2014 (Az. 21 KLs 27/13) gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden.
4. Fall 2 der Anklage vom 24.05.2013
85
Am 06.09.2012 verübte er sodann die zweite hier angeklagte Tat, bei deren Begehung er wiederum voll schuldfähig war. Der Angeklagte hatte den Abend im Kölner Nachtleben verbracht und sich, als ihm das Geld ausgegangen war, zur Begehung eines weiteren Überfalls entschlossen. Gegen 23:30 Uhr betrat er maskiert zusammen mit dem gesondert verfolgten Ah. aufgrund eines gemeinsamen Tatplans die Spielhalle „A.Play“ in der F.str. 36 in K.. Der Angeklagte lud die von ihm mitgeführte, bereits bei den früheren Taten verwendete und wiederum ungeladene silberfarbene Schreckschusspistole zum Schein durch, trat zum Kassenbereich und forderte von der dort als Spielhallenaufsicht tätigen Zeugin W. die Herausgabe von Bargeld. Der ebenfalls mit einer ungeladenen silberfarbenen Schreckschusspistole bewaffnete gesondert verfolgte Ah., der sich zwecks Kontrolle der Gäste zunächst direkt an den Eingang gestellt hatte, kam hinzu und warf der Zeugin eine rote Tüte zum Befüllen hin. Während die Zeugin im Hinblick auf die bedrohliche Situation Geldscheine aus der Kasse holte, verlangte der Angeklagte, sie solle schneller machen. Anschließend forderte er sie zur Öffnung des Tresors auf. Als die Zeugin W. diesen schließlich aufgeschlossen hatte und ihm trotz Aufforderung kein weiteres Scheingeld übergeben konnte, flüchteten beide Täter. Sie handelten, um das erbeutete Geld in Höhe von 828 € anschließend gemeinsam für sich zu verwenden.
5. Im Anschluss kam es noch zu zwei weiteren Taten.
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Am 08.09.2012 überfiel er gemeinsam mit dem Al. Is. ein MD's-Schnellrestaurant im S8.weg 1 in A. Beide waren maskiert und mit den auch bei den früheren Taten verwendeten silberfarbenen Schreckschusspistolen ausgerüstet, die auch in diesem Fall ungeladen waren. Während Al. Is. sich in der Nähe der Verkaufstheke postierte, begab der Angeklagte sich zu einem der Angestellten, hielt ihm die Schreckschusspistole vor und forderte ihn auf, die Einnahmen aus allen Kassen, ca. 2.500 €, in eine auf der Theke liegende Tüte zu stecken und ihm zu übergeben. Dieser Aufforderung kam der Angestellte aus Angst nach. Anschließend flüchteten die Mittäter in einem von dem gesondert verfolgten Ah. geführten Pkw Schließlich kam es, als letzte Tat, zu dem Überfall auf das Spielcasino „L. V.“ in M. am 13.09.2012, für den er abgeurteilt worden ist durch das Urteil des Landgerichts München I vom 04.07.2013 (vgl. Ziffer I. 2. b)).
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6. Am 14.09.2012 wurde der Angeklagte in M. festgenommen, wobei Teile der bei den Taten vom 27.08. und 06.09.2012 getragenen Kleidung, Schuhe, T-Shirt, Hose, seine auffällige Uhr sowie die von ihm bei beiden Fällen und die von seinem Mittäter im Fall 2 verwendeten Waffen sichergestellt werden konnten.
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Unter Entzugserscheinungen litt er nach seiner Inhaftierung nicht.
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4. Mit Urteil des Landgerichts D vom 05.12.2017, Az.: 100 Js 3025/13 004 KLs 24/13, rechtskräftig seit 05.12.2017, wurde der Angeklagte Be wegen räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren 6 Monaten verurteilt. Mit Wirkung zum 03.02.2020 wurde der Strafrest bis 09.02.2025 zur Bewährung ausgesetzt.
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Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
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Der Angeklagte war seit seiner Rückkehr nach Deutschland im Mai 2012 bis zu seiner Inhaftierung im September 2012 exzessiv im Kölner sowie auch im Der Nachtleben unterwegs. Er wohnte während dieser Zeit sowohl in K. als auch in D in hochpreisigen Hotels (im M. Hotel in K. sowie im R. Hotel in D), in denen er pro Nacht zwischen 200,- und 250,-EUR zahlte. Mit Bekannten - unter anderem auch mit seinen oben erwähnten Mittätern No. Ar., Al.-Is. und Ah. - ging der Angeklagte regelmäßig auf Partys oder in verschiedene Clubs, in denen in großer Gruppe gefeiert, Alkohol sowie Kokain konsumiert und Tänzerinnen Trinkgeld zugesteckt wurde. Dem Angeklagten, der nie mehr als 800,- bis 1.000,- EUR Bargeld pro Abend mitnahm, ging oftmals im Laufe der Feier das Geld aus, was ihn entweder allein oder zusammen mit einem oder mehreren seiner Mitfeiernden dazu veranlasste, Überfälle zur Finanzierung des weiteren Abends zu begehen.
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Zu diesem Zweck mieteten der Angeklagte und seine wechselnden Mittäter auch regelmäßig Autos an, die sie bar bezahlten und in denen sie ein „Notfall-Set“ an Überfall-Materialien, wie Kapuzenshirts, Strumpf- und Skimasken, Schreckschusspistolen sowie Beuteln aufbewahrten und mit denen sie zu den jeweiligen Partys fuhren.
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1. So begab sich der Angeklagte auch am Abend des 16.08.2012 gegen 21:50 Uhr gemäß eines zuvor gefassten Tatplans, maskiert und mit einer ungeladenenen Schreckschusspistole bewaffnet, in die Räumlichkeiten der Spielhalle „V. St.“ in der B4.straße 57 in D. Dort bedrohte er die Mitarbeiterin Frau C2. unter Vorhalt der zu diesem Zweck mitgeführten Schreckschusspistole Cuno Melcher ME 9 mod. Para und forderte sie auf, ihm das in der Kasse befindliche Geld herauszugeben. Die Zeugin, die die vom Angeklagten mitgeführte Waffe nicht als bloße Schreckschusspistole erkannte, nahm die Drohung, wie vom Angeklagten beabsichtigt, ernst und händigte ihm sämtliches in der Kasse befindliche Bargeld aus. Im Anschluss daran forderte der Angeklagte die Zeugin unter weiter vorgehaltener Waffe auf, ihm auch den in einem weiteren Raum befindlichen Tresor zu öffnen und das darin befindliche Bargeld auszuhändigen, was die Zeugin tat. Im Anschluss flüchtete er mit den erbeuteten 2.436,- EUR, die er beabsichtigte, für sich zu verwenden.
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Die Zeugin C2. war von dem Überfall derart verstört, dass sie über insgesamt 1 Jahr einen Psychotherapeuten aufsuchen und zudem ihren Vollzeit-Job in der Spielhalle aufgeben musste.
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2. Außerdem begab sich der Angeklagte am 20.08.2012 gegen 22:25 Uhr gemäß eines zuvor gefassten Tatplans, wiederum maskiert und mit seiner ungeladenen Schreckschusspistole bewaffnet, in die Räumlichkeiten der Spielhalle „G. W. C.“ in der A3. straße 16 in D. Dort bedrohte er den anwesenden Mitarbeiter Pa. Ki. unter Vorhalt der zu diesem Zweck mitgeführten Schreckschusspistole, die der Zeuge nicht als solche erkannte, und forderte diesen auf, ihm sämtliches vorhandene Bargeld auszuhändigen. Der Zeuge, der die Einnahmen des Tages nach der Kassenabrechnung bereits in seiner Hosentasche hatte, nahm die Drohung ernst und händigte dem Angeklagte das Scheingeld in Höhe von 500,- EUR aus, Im Anschluss daran verlangte der Angeklagte auch das im Tresor befindliche Geld heraus. Da er zunächst davon ausging, der Tresor befinde sich im Nebenraum, führte er den Zeugen mit auf dessen Rücken gerichteter Waffe vor sich her zum Toilettenraum, bis er bemerkte, dass sich dort kein Tresor befindet. Der Zeuge, der nicht wusste, was der Angeklagte vorhatte, hatte in diesem Moment Todesangst. Als er realisierte, dass der Angeklagte nur an das Geld aus dem Tresor gelangen wollte, führte er ihn zum Tresor und gab ihm auch das darin befindliche Geld heraus. Sodann flüchtete der Angeklagte mit den erbeuteten 1.090,- EUR, welche er wiederum beabsichtigte, für sich zu verwenden.
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Die Gedanken des Zeugen kreisten über mehrere Wochen um den Vorfall und er hat noch heute ein ungutes Gefühl, wenn er in der Spätschicht arbeiten muss.
97
C. Der Angeklagte Be befindet sich in anderer Sache in Untersuchungshaft.
Festgestellter Sachverhalt
I. Anklage vom 07.03.2019
98
Die Angeklagte B befindet sich seit der Trennung von ihrem Ehemann Be. B im Jahr 2016 mit diesem in einem Streit vor dem Amtsgericht München, Abteilung für Familienrecht, um das Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht der drei gemeinsamen Kinder.
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Mit ihrem neuen Partner, dem Angeklagten G, suchte sie seit 2016 nach Möglichkeiten, um Be. B zu diffamieren und somit den Streit vor dem Familiengericht zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Hierzu brachten die Angeklagten B und G Bekannte - darunter auch Sa.Ml und Go. B. - dazu, eidesstattliche Erklärung abzugeben, die zur Vorlage beim Amtsgericht München, Abteilung für Familiensachen, zur Beeinflussung des zwischen der Angeklagten B und Be. B schwelenden Sorge- und Umgangsrechtsstreits betreffend die drei gemeinsamen Kinder,bestimmt waren. Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen, die von den Angeklagten G und B vorformuliert oder durch die Bekannten nach ihren Vorgaben formuliert wurden, war ein - angeblich - schlechter Umgang des Be. B mit den Kindern sowie dessen - angeblicher - Drogenkonsum, den die entsprechenden Unterzeichner beobachtet haben wollten. Tatsächlich gab es keinerlei objektive Anhaltspunkte, die auf einen schlechten Umgang des Be. B mit seinen Kindern schließen ließen. Auf den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs hin vorgenommene ärztliche Untersuchungen der beiden Töchter A und J B ergaben keine Bestätigung des Vorwurfs. Mehrere durchgeführte Drogentests lieferten stets negative Ergebnisse. Die von Sa.Ml und Go. B. als wahr versicherten Vorfälle waren zu keiner Zeit vorgefallen und von diesen nicht beobachtet.
100
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte G aufgrund der Angaben der Angeklagten B selbst im Glauben war, der Umgang des Be. B mit den Kindern sei schädlich.
101
In den beiden von Go. B. am 23.11.2016 unterschriebenen eidesstattlichen Versicherungen wurde ausgeführt, dass der Nebenkläger vom Zeugen Bo im Juli 2016 beim Kauf von Kokain gesehen worden sei. Auch wurde darin angegeben, den Nebenkläger, auch in seiner Wohnung in der D. straße 28, einige Male beim Konsum von Kokain gesehen zu haben. In der zweiten eidesstattlichen Versicherung führte der Zeuge Bo aus, dass er am 22.11.2016 den Nebenkläger vor dem Ärztehaus in der B2.strasse M. mit seinen Töchtern getroffen habe. Der Nebenkläger habe ihm erzählt, dass es, aufgrund der Überbelegung seiner jetzigen Wohnung mit zwei Erwachsenen und fünf Kindern Beschwerden wegen Lärmbelästigung gegeben habe und er darum abgemahnt worden sei.
102
In den, von der Zeugin Ml am 03.09.2017 unterzeichneten, eidesstattlichen Versicherungen gab diese an, dass sie Be. B mit seinen beiden Töchtern und einer Flasche Bier in der Hand auf der Straße angetroffen habe. Er habe seine Töchter angeschrien und an den Haaren gezogen. In der zweiten, auf denselben Tag datierten, eidesstattlichen Versicherung gab die Zeugin Ml zudem an, dass sie Be. B mit seinem Firmenwagen beim Getränkekauf gesehen habe. Er habe einen Kasten Bier gekauft und diesen, samt seiner zwei Töchter, in dem Pkw verstaut, obwohl dieser nur über zwei Sitzplätze verfügen würde.
a. Tat vom 27.09.2017, Ziff. 1 der Anklage vom 07.03.2019
103
Am 27.09.2017 gegen 01:30 Uhr meldete Frau S9. Ml telefonisch bei der Polizei einen Einbruch in der unter ihrer Wohnung im Erdgeschoss gelegenen Pizzeria „L“, A Straße 12, … M1.. Sie gab gegenüber den Polizeibeamten an, einen lauten Knall im Treppenhaus gehört zu haben und, als sie daraufhin aus dem Fenster geschaut habe, einen schwarzen Mercedes, dem an einem Hinterreifen die Radkappe gefehlt habe, mit dem Teilkennz ... oder ..., sowie einen Mann mit dunkler Kleidung gesehen zu haben, der in den Pkw gestiegen und damit weggefahren sei. Am Tatort konnte durch die Polizei ein schwarzes Stück Stoff am zerkratzten Langschild der Zugangstür zur Pizzeria aufgefunden werden. Aufgrund der Beschreibung des Pkw konnte Be. B als dessen Halter ausfindig gemacht werden. Daraufhin kam es unter dem Aktenzeichen 271 Js 138761/18 zu einem Ermittlungsverfahren gegen Be. B wegen des versuchten besonders schweren Falls des Diebstahls. Dabei wurde ein DNA-Gutachten bezüglich des aufgefundenen Stück Stoffs in Auftrag gegeben, Be. B als Beschuldigter vernommen sowie eine umfassende Spurensicherung am Tatort veranlasst. Letzten Endes wurde das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
104
Tatsächlich hatte Be. B, wie Frau Ml und die Angeklagten G und B wussten, den Einbruch nicht begangen. Dieser war - wie zuvor gemeinsam von Sa.Ml mit den Angeklagten G und B geplant - durch den Angeklagten G durch Zerkratzen des Türschlosses zur Pizzeria sowie Hinterlassen eines schwarzen Stück Stoffs am Türschloss, das Teil einer Socke des Be. B war, welche die Angeklagte B aus dessen Hausmüll erlangt hatte, fingiert worden. Frau Ml und die Angeklagten G und B wussten auch, dass ihr Vorgehen zu Ermittlungen, bestenfalls zu einer gerichtlichen Verurteilung, gegen Be. B führen würde und wollten dies, um - im Fall der Angeklagten G und B - den laufenden Sorgerechtsstreit um die beiden gemeinsamen Kinder der Angeklagten B mit Be. B zugunsten der Angeklagten B zu beeinflussen und, bezüglich des Angeklagten G damit weniger emotionalem Stress ausgesetzt zu sein, und - im Fall der Sa. Ml - um die Angeklagte B in ihrem Kampf um das Sorgerecht für die Töchter zu unterstützen.
105
Zu diesem gemeinsamen Plan war es im Sommer 2017 gekommen, als Sa.Ml die Angeklagten G und B in deren Wohnung, S-Straße 20, München, besuchte. Die Angeklagte B erzählte der Sa.Ml wahrheitswidrig, dass ihr Exmann, Be. B, die beiden bei ihm lebenden gemeinsamen Töchter, misshandeln würde. Dazu zeigte die Angeklagte B Bilder vom mit angeblich blauen Flecken versehenen Intimbereich der Töchter. Auf die Frage der Sa. Ml, welche der Angeklagten B glaubte, dass deren Exmann einen schädlichen Einfluss auf die Kinder habe, ob sie der Angeklagten B helfen könne, bejahte die Angeklagte B dies. Im Anschluss entstand bei einem gemeinsamen Abendessen in der Wohnung der Angeklagten G und B mit Sa.Ml der Plan, einen Einbruch zu fingieren und dabei die Spuren auf Be. B zu lenken. Die Angeklagte B schlug als Örtlichkeit des Einbruchs die unter der Wohnung der Sa. Ml gelegene Pizzeria „L“ vor, beschrieb Sa.Ml den Pkw des Be. B, einen schwarzen Mercedes, dem hinten eine Radkappe fehlte, und schrieb das amtliche Kennzeichen auf einen Zettel. Zudem wurde Sa.Ml mehrfach ein Foto des Be. B gezeigt, damit sie dessen Statur bei der Polizei beschreiben könnte. Auch schlug die Angeklagte B vor, Sa.Ml sollte bei ihrem Anruf bei der Polizei betreffend das Nummernschild einen Zahlendreher einbauen, damit ihre Angaben realistisch wirken würden. Der Angeklagte G erläuterte der Sa.Ml, dass er das an der Eingangstür zur Pizzeria befindliche Türschloss zerkratzen und ein Stück Stoff, das die DNA des Nebenklägers enthalte, deponieren würde, um den Verdacht auf den Nebenkläger zu lenken. Sa.Ml sollte etwa 20 Minuten nachdem der Angeklagte G den Tatort verlassen hatte, telefonisch bei der Polizei einen Einbruch melden und, um den Verdacht auf Be. B zu lenken, dessen Pkw und Statur beschreiben.
106
Für ihr Tätigwerden wurde Sa. Ml von den Angeklagten G und B mehrfach zum Essen sowie zu einer gemeinsamen dreitägigen Reise nach Serbien eingeladen.
107
Durch das Kratzen am Türschloss zur Pizzeria „L“ entstand, wie von den Angeklagten G und B erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen, ein Sachschaden in Höhe von 100,00 EUR.
108
Die Staatsanwaltschaft hält, soweit erforderlich, aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
b. Tat vom 05.11.2017, Ziff. 2 der Anklage vom 07.03.2019
109
Am 05.11.2017 um 02:49 Uhr meldete Je. M telefonisch bei der Polizei, soeben Opfer einer versuchten Vergewaltigung im Bereich des I. Rings, M., geworden zu sein. Sie gab an, dass sie von einem ihr unbekannten Mann, der eine schwarze Hose, Turnschuhe und eine blaue Jacke getragen habe, mit Gewalt ins Gebüsch geworfen und an Brust und Intimbereich berührt worden sei. Als ein älteres Ehepaar vorbeigekommen sei, habe der unbekannte Mann von ihr abgelassen und sei geflüchtet. Je. M gab weiter bei der Polizei an, dass sie kalten Rauch und Farblack an dem Mann gerochen hätte. Daraufhin wurde unter dem polizeilichen Aktenzeichen ... ein Ermittlungsverfahren wegen versuchter Vergewaltigung gegen Unbekannt eingeleitet. Die zuständige polizeiliche Sachbearbeiterin, KHK in S, gab ein Spurengutachten in Auftrag, worin die am Tatort aufgefundene Sturmhaube sowie die von Je. M getragene Kleidung auf mögliche DNA-Spuren des Täters untersucht wurden. Diese führte mangels ausreichender DNA zu keinen Ergebnissen. Des Weiteren wurde mit Einsatz eines Polizeihundes die mögliche Fluchtrichtung des Täters untersucht, wobei ebenfalls keine weiterführenden Ergebnisse generiert werden konnten, und Je. M durch KHKin S dreimal als Zeugin vernommen. Die zweite Einsatzhundertschaft führte eine Hausbefragung der am Tatort angrenzenden Wohnanwesen durch, eine Funkzellenbestimmung ergab keine Hinweise auf den möglichen Täter. Be. B wurde zu keiner Zeit als Beschuldigter geführt.
110
Am 07.11.2017 sowie am 10.11.2018 gingen bei der Polizei bezüglich des Vorfalls zwei anonyme Anrufe ein, die vom Anschluss des Go. B., einem Freund des Angeklagten G, getätigt wurden. Der männliche Anrufer, der auf Veranlassung bzw. mit Kenntnis der Angeklagten G und B handelte, gab an, dass ein B. B die Tat begangen habe, der in der D. straße, M., wohne. Er wisse dies, da B. B am Tattag bei dem anonymen Anrufer gewesen und um ein Alibi für die Tatzeit gebeten habe. Des Weiteren gab der Anrufer eine Beschreibung der Kleidung des Täters ab, welche mit den Angaben der Je. M übereinstimmte, und äußerte, dass der Täter vor seiner Flucht eine Sturmhaube am Tatort zurückgelassen habe. Aufgrund dieser Angaben nahm die zuständige Polizeibeamtin KHK S einen Datenbankabgleich mit der DNA des Be. B, die sich bereits im polizeilichen System befand vor, wobei kein Treffer erzielt wurde. Hätte sich die DNA des Be. B nicht bereits im System befunden, hätte KHKin S eine solche Probe bei ihm eingeholt.
111
Tatsächlich hatte Be. B, wie Je. M und die Angeklagten G und B wussten, die Tat nicht begangen. Je. M war vielmehr, wie diesen bekannt war, durch Fr. L, den Bruder der Angeklagten B, entsprechend des gemeinsamen Tatplans mit den Angeklagten G und B, in das Gebüsch geschubst worden, nachdem der Angeklagte G eine schwarze Sturmhaube, die mit Haaren der Katze des Be. B versehen war nebst aus dem Hausmüll des Be. B erlangten Zigarettenstummeln, die er, damit sie frisch wirkten, zuvor noch einmal entzündet hatte, um den Tatort der vorgeblichen Vergewaltigung verteilt hatte. Fr. L, der Schuhe der Marke Nike Air trug, wie sie auch Be. B besitzt, trat in das Gebüsch, um Fußabdrücke, die den Verdacht gegen Be. B erhärten sollten, zu hinterlassen. Frau M und die Angeklagten G und B wussten auch, dass ihr Vorgehen zu Ermittlungen, bestenfalls zu einer gerichtlichen Verurteilung, gegen Be. B führen würde und wollten dies, um - im Fall der Angeklagten G und B - den laufenden Sorgerechtsstreit um die beiden gemeinsamen Kinder der Angeklagten B mit Be. B zugunsten der Angeklagten B zu beeinflussen und, bezüglich des Angeklagten G, damit weniger emotionalem Stress ausgesetzt zu sein und - im Fall der Je. M - um den ihr von den Angeklagten G und B als Entlohnung für ihre Dienste versprochenen Geldbetrag in Höhe von 1.000,00 EUR zu erhalten.
112
Zu diesem Versprechen war es Ende Oktober 2017 gekommen, als sich Je. M mit Sa.Ml - die auf Nachfrage der Angeklagten B, ob sie eine Freundin zur Vortäuschung einer Vergewaltigung überzeugen könnte, den Kontakt zu Je. M vermittelt hatte - bei den Angeklagten G und B zum Abendessen in deren Wohnung, S-Straße 20, M., befand. Dort erzählten die Angeklagten G und B, dass Be. B die beiden von diesem mit der Angeklagten B gezeugten Töchter sexuell misshandeln würde, wobei die Angeklagte B wusste, dass dies nicht den Tatsachen entsprach, während der Angeklagte G dies als wahr oder zumindest möglich angesehen haben kann, und unterbreiteten der Je. M den Vorschlag, eine Vergewaltigung durch Be. B vorzutäuschen. Der Angeklagte G bot Je. M im Beisein der Angeklagten B, die das Vorhaben als gut befand und billigte, 1.000,00 EUR für den Fall, dass sie sich als Opfer der fingierten Vergewaltigung zur Verfügung stellen würde. Nachdem Je. M dem Vorgehen zustimmte, wurde als Tag zur Ausführung der 05.11.2017 vereinbart.
113
Am 04.11.2017 wurden Je. M und Sa.Ml gegen 20:30 Uhr von der Angeklagten B in der R-Straße, München, mit einem von Ro. R - einer Freundin der Angeklagten B - geliehenen Pkw abgeholt und, nachdem Je. M und Sa.Ml nach Anweisung der Angeklagten B zur Vermeidung einer Überwachung der Wege ihr Handy in den Flugzeugmodus geschaltet hatten, über einen Umweg zur Wohnung des Be. B, um zu überprüfen, ob sich dieser zu Hause befand, in die Wohnung der Angeklagten B und G in der S-Straße 20, M., verbracht. Dort gab der Angeklagte G Je. M ein weißes Männerhemd, das sie zu ihren schwarzen Leggings anzog. Anschließend zerriss der Angeklagte G in der Küche der Wohnung, in der sich auch die Angeklagte B und ihr Bruder Fr. L sowie zeitweise Sa.Ml befanden, die Leggings und brachte auf dem Hemd farblosen Lack auf, um die Spuren in Richtung des Be. B zu lenken, der als Maler und Lackierer arbeitet. Zudem schlug er der Je. M mehrfach mit der Hand auf das rechte Schulterblatt, um durch das Entstehen von Hämatomen die Vergewaltigung realistisch erscheinen zu lassen. Anschließend nahm er aus einer Tüte Zigarettenstummel und Katzenhaare, welche die Angeklagte B aus dem Hausmüll des Be. B erlangt hatte, um die Spuren durch Verteilen der Gegenstände am Tatort auf diesen zu lenken, sowie aus einer Kommode eine neue, schwarze Sturmhaube.
114
Nach diesen Vorbereitungshandlungen begaben sich am 05.11.2017 gegen 01:10 Uhr Je. M und Fr. L mit dem Angeklagten G mit dem Pkw zum I. Ring, M., wo der Angeklagte G nach einigem Suchen eine geeignete Örtlichkeit, die sich in der Nähe der Wohnung des Be. B befand, zur Durchführung der fingierten Vergewaltigung ausmachte. An diesem Ort wurden die besagten Spuren ausgebracht, die auf den Be. B als Täter hinweisen sollten. Anschließend entfernte sich der Angeklagte G, während Fr. L die Je. M von hinten packte und in das an der Örtlichkeit befindliche Gebüsch warf, bevor er zum Angeklagten G, der im in der Nähe geparkten Pkw auf ihn wartete, lief und sie gemeinsam die Örtlichkeit verließen. Die am fingierten Tatort zurückgelassene Zeugin M meldete den angeblichen Vorfall sodann bei der Polizei.
c. Tat zwischen dem 01.01.2018 und 11.09.2018, Ziff. 3 der Anklage vom 07.03.2019
115
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen dem 01.01.2018 und 11.09.2018 versuchten die Angeklagten G und B nach einer zuvor zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt getroffenen Übereinkunft, Sa. Ml zu überzeugen, den Pkw, Mercedes, des Be. B, dessen Aussehen samt amtlichen Kennzeichen ihr bereits von der Beschreibung der Angeklagten B zur Meldung des fingierten Einbruchs bekannt war, anzuzünden. In einem persönlichen Gespräch schlugen die Angeklagten G und B der Sa.Ml vor, dass sie den Pkw des Be. B in Brand setzen solle. Zuvor zeigte die Angeklagte B der Sa.Ml im Rahmen des Tatplans, wo der Pkw vor der Wohnung des Be. B parkte, und übte Druck zur Durchführung der Tat auf Sa.Ml aus, indem sie erneut den - angeblich - schlechten Umgang des Be. B mit den gemeinsamen Kindern darlegte. Der Angeklagte G erläuterte das geplante Vorgehen: der Pkw müsse mit Benzin übergossen werden, anschließend sollte Sa.Ml eine brennende Zigarette darauf werfen. Dann, so der Angeklagte G, würde der Pkw in Flammen aufgehen. Nach der Vorstellung der Angeklagten G und B verfügte Sa.Ml über alle erforderlichen Kenntnisse, wie Tatobjekt, Tatort sowie Vorgehensweise, um die Tat durchführen zu können.
116
Sa.Ml reagierte zunächst nicht ablehnend auf den Vorschlag der Angeklagten G und B, gab dann jedoch bestimmt und unmissverständlich an, dass sie die Tat auf keinen Fall ausführen werde. Dabei war für die Angeklagten G und B erkennbar, dass die Zeugin auch nicht durch das Anbieten einer finanziellen Gegenleistung hätte umgestimmt werden können. Die Angeklagten G und B erkannten, dass sie ihr Vorhaben, Sa.Ml - bei der zu keiner Zeit ein Tatentschluss hervorgerufen wurde - zum Entflammen des Pkw zu veranlassen, nicht mehr mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln würden verwirklichen können, insbesondere, da der Angeklagte G, wie auch die Angeklagte B wusste, ebenso wenig wie die Angeklagte B selbst auch nicht willens war, hierzu finanzielle Mittel aufzuwenden.
d. Tat vom August 2018, Ziff. 4 der Anklage vom 07.03.2019
117
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im August 2018 traf sich der Angeklagte G, der von der Angeklagten B zum Treffen gefahren wurde, mit Ol. W und übergab ihm eine vom Angeklagten G vorbereitete Spritze samt Injektionsnadel, in der sich, wie der Angeklagte G wusste, 2,7 ml Flüssigkeit, bestehend aus 0,4 bis 0,8 Gramm Kokain-Hydrochlorid sowie Mannit, aufgelöst in Ethanol, befand. Die Angeklagte B, die keine Kenntnis von der Übergabe der Spritze hatte und diese auch nicht bemerkte, stand währenddessen abseits. Den Inhalt der Spritze sollte Ol. W laut Absprache mit den Angeklagten G und B dem Be. B, nachdem er ihn bewusstlos geschlagen hatte, in den Oberschenkel injizieren, damit bei einem vom Jugendamt geforderten Drogentest ein positiver Befund erzielt werde. Für sein Vorgehen sollte Ol. W - der zu keiner Zeit gewillt war, die Tat auszuführen - 500,00 EUR erhalten, wovon ihm 200,00 EUR vom Angeklagten G tatsächlich übergeben wurden.
118
Der Angeklagte G verfügte, wie er wusste, nicht über die zum Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
119
Aufgrund der von den Angeklagten G und B in Richtung auf Be. B vorgenommenen Straftaten ist dieser bis heute in seiner Lebensführung beeinträchtigt. Aus Sorge, DNA-Spuren zu hinterlassen, die erneut als Beweisstücke für angeblich durch ihn begangener Straftaten verwendet werden könnten, hinterlässt er im öffentlichen Raum keine persönlichen Gegenstände mehr. So nimmt er Zigarettenkippen stets nach dem Ausdrücken mit nach Hause, Bierdeckel ebenso. Häufig schaut er sich auf der Straße um, da er Sorge vor Angriffen gegen seine Person oder seine Kinder hat.
II. Anklage vom 29.12.2020
120
Die Angeklagten G und Be lernten sich im Jahr 2012 während ihrer Inhaftierung in der JVA Str. kennen. Etwa einen Monat nach der Entlassung des Angeklagten Be im Februar 2020 trafen sie sich in München wieder. In den folgenden Wochen verbrachten sie viel Zeit zusammen, es erwuchs eine Freundschaft. Aufgrund der bei den Angeklagten G und Be vorhandenen stetigen finanziellen Nöten sprachen sie darüber, wie man auf illegalen Wegen zu Geld gelangen könnte, um sich über einen längeren Zeitraum eine finanzielle Einnahmequelle von einigem Umfang zu erschließen. Dabei tauschten sie ihre Erfahrungen aus, die der Angeklagte Be bislang in Form von Raubüberfällen, der Angeklagte G auch bei Einbruchdiebstählen gesammelt hatten. Ab Juli 2020 kam es durch die beiden Angeklagten G und Be zu mehreren (versuchten) Einbruchdiebstählen im Raum München. Dabei waren die beiden Angeklagten übereingekommen, dass sie entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten die Taten arbeitsteilig begehen sollten. Der Angeklagte G war dafür zuständig, den Zugang zu den Objekten zu ermöglichen, da er aufgrund langjähriger Erfahrung Türschlösser schnell und effektiv öffnen konnte, und während eines ersten Probelaufs durch die Objekte etwaige Alarmanlagen zu deaktivieren. Der Angeklagte Be sollte in dieser Zeit vor den Objekten Wache halten und, sobald der Angeklagte G die Alarmanlagen deaktiviert und etwaige Tresore, auf die es die Angeklagten G und Be überwiegend abgesehen hatten, ausgespäht hatte, öffnen, da er aufgrund seiner Ausbildung als Schlosser und Schweißer über Fähigkeiten in diesem Bereich verfügte. Die Tatbeute sollte jeweils hälftig unter den Angeklagten G und Be aufgeteilt werden.
a. Tat zwischen dem 02.07. und 03.07.2020, Ziff. 1 der Anklage vom 29.12.2020
121
In der Nacht vom 02.07.2020 auf den 03.07.2020 gegen 24:00 Uhr begaben sich die Angeklagten G und Be, entsprechend des zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans zum Gelände des Autohauses der A K GmbH, D-Weg 21, … M1., um in dem Autohaus Wertgegenstände - zur dauerhaften Aufbesserung ihres Einkommens und, im Fall des Angeklagten Be, unter anderem zur Finanzierung seiner Kokainsucht - zu entwenden und diese nach hälftiger Aufteilung zwischen den Angeklagten Be und G unberechtigterweise für sich zu behalten, obwohl sie, wie die Angeklagten Be und G wussten, hierauf keinen Anspruch hatten. Sie begaben sich zur Eingangstür der Direktannahme des Autohauses, wo der Angeklagte G - entsprechend des gemeinsamen Tatplans - unter Einsatz des mitgebrachten Werkzeugs das dortige Langschild mit Hilfe eines Schraubenziehers nach oben bog, den Profilzylinder unter Einsatz eines Kneifrohrs (sog. „Nussknacker“) herausdrehte und die Tür öffnete, um anschließend einen ersten Kontrollgang durch die Räumlichkeiten zu machen, während dessen der Angeklagte G vor dem Eingang Schmiere stand.
122
Nachdem der Angeklagte G die Funktionsfähigkeit der Alarmanlage überprüft und bei einer ersten Sondierung des Tatortes zwei Tresore entdeckt hatte, begab sich auch der Angeklagte Be in das Autohaus. Im Büro der Neuwagen-Disposition im 1. Obergeschoss hebelten die Angeklagten G und Be unter Einsatz einer in der Werkstatt aufgefundenen Brechstange einen verschlossenen Tresor, in dem sie Wertgegenstände erwarteten, auf. Da sich in diesem nur Autoschlüssel befanden, verließen sie den Raum, ohne etwas an sich zu nehmen. Anschließend gingen die Angeklagten G und Be, noch immer auf der Suche nach Wertgegenständen, durch die weiteren Räumlichkeiten des Autohauses und der Angeklagte G öffnete, wieder unter Einsatz des Schraubenziehers sowie des Kneifrohrs, gewaltsam die Tür zum Büro des Verkaufsleiters und die verschlossene Schublade der im Tresenbereich des Verkaufsraums im Erdgeschoss befindlichen Kasse. Anschließend begaben sich die beiden Angeklagten G und Be im Erdgeschoss zu dem vor dem Büro des Serviceleiters befindlichen Tresor, um, entsprechend des gemeinsamen Tatplans, auch diesen zu öffnen und nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Der Angeklagte Be erkannte aufgrund seiner Sachkunde sofort, dass es ihnen nicht gelingen würde, den Tresor zu öffnen, da dies nach seiner Einschätzung nur mit einer Schablone für das Schloss sowie dem Einsatz eines Schneidebrenners, was die Angeklagten G und Be nicht bei sich hatten, möglich wäre. Dies teilte er dem Angeklagten G mit, woraufhin auch dieser erkannte, dass es ihnen nicht möglich wäre, den Tresor mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen zu öffnen.
123
Da die Angeklagten G und Be erkannten, dass sie ihr Vorhaben, Wertgegenstände in dem Autohaus zu entwenden, nicht mehr würden verwirklichen können, verließen sie die Örtlichkeit, ohne etwas mit sich zu nehmen, nachdem der Angeklagte G, um etwaig entstandene Spuren zu verwischen, in der Werkstatt befindliches Motoröl auf die Türklinken und Tresorgriffe verteilt hatte, wobei ein Teil des Öls auch auf den auf dem Boden befindlichen Teppich tropfte.
124
Der A K GmbH entstand durch das Vorgehen der Angeklagten G und Be, wie von ihnen erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen, ein Mindestsachschaden in Höhe von 15.833,00 EUR, der durch die Versicherung der Geschädigten reguliert wurde.
125
Die Staatsanwaltschaft hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
b. Tat vom 11.07.2020, Ziff. 2 der Anklage vom 29.12.2020
126
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 11.07.2020 trat der Angeklagte G an den Angeklagten Be mit dem Ansinnen heran, ob sich dieser an einem Einbruch im Autohaus H, K-Straße 56, M., den der Angeklagte G bereits seit längerer Zeit mit einer anderen Person namens „H.“ geplant hatte, beteiligen wolle. Der Angeklagte Be sagte seine Mitwirkung zu, da er sich hierdurch Mittel zur Finanzierung seines Kokainkonsums erhoffte, wobei eine Aufteilung der Tatbeute zu je 1/3 vereinbart wurde.
127
Daraufhin hebelte der Angeklagte G gemeinsam mit dem unbekannten Täter „H.“ in den frühen Morgenstunden des 11.07.2020 ein Fenster zu dem Büro des Niederlassungsleiters des Autohauses Opel H, K-Straße 56, … M1., auf, um das Objekt nach Stehlgut zu durchsuchen. Der Angeklagte Be, der den Angeklagten G zuvor mit seinem Mietauto, einem Renault Talisman, zum Autohaus gefahren hatte, befand sich zu dieser Zeit, entsprechend des gemeinsamen Tatplans, wieder in der Wohnung des Angeklagten G, da er erst später, zum Öffnen etwaiger im Autohaus vorgefundener Tresore, zur Örtlichkeit zurückkehren sollte.
128
Nach Einsteigen in das Büro des Niederlassungsleiters durch das von dem Angeklagten G aufgehebelte Fenster fanden der Angeklagte G und „H.“ dort einen verschlossenen Standtresor mit einem Gewicht von etwa 80 kg und einer Größe von etwa 60 x 60 x 40 cm vor, den sie aus seiner Verankerung rissen. Im Tresor befanden sich Wertgegenstände im Wert von insgesamt 9.297,63 EUR.
- Bargeld in Höhe von 8.448,24 EUR
- 173 Fahrkarten des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds im Wert von insg. 484,40 EUR
- 323 Abgasuntersuchungs-Plaketten im Wert von insg. 364,99 EUR
129
Anschließend transportierten sie den Tresor, den sie hierzu auf ein in der Werkstatt des Autohauses aufgefundenes Rollbrett legten, zur rückwärtigen, versperrten Feuerschutztür, die sie von Innen öffneten.
130
Nachdem es dem Angeklagten G und dem unbekannten Täter namens „H.“ nicht gelang, den Tresor auf einen aus der Nachbarschaft herbeigeholten Anhänger zu verladen, informierte der Angeklagte G telefonisch den Angeklagten Be. Dieser begab sich erneut mit dem Pkw, Renault Talisman, in die Nähe des Autohauses, wo er den Pkw abstellte und, wie zuvor besprochen, dort auf den Angeklagten G sowie den unbekannten Täter „H.“ traf. Gemeinsam begaben sie sich, entsprechend des zuvor gefassten Tatplans, zum Autohaus, luden zu dritt den Tresor auf den Anhänger und schoben diesen zu dem Pkw des Angeklagten Be, wo sie den Tresor über Zuhilfenahme zweier Eisenschienen in den Kofferraum des Pkw Renault Talisman schoben, um die darin befindlichen Wertsachen unberechtigterweise für sich zu behalten, obwohl die Angeklagten Be und G sowie der unbekannte Täter „H.“, wie diese wussten, hierauf keinen Anspruch hatten. Der Angeklagte Be fuhr daraufhin den Pkw, in welchem sich auch der Angeklagte G sowie der unbekannte Täter „H.“ befanden, in die zur Wohnung des Angeklagten G in der SStraße 20, München, gehörenden Tiefgarage, wo sie gegen 06:00 Uhr ankamen. Anschließend trennten sich die drei Personen.
131
Am Nachmittag des 11.07.2020 trafen sich die Angeklagten G und Be mit dem unbekannten Täter „H.“ in der zur Wohnung des Angeklagten Be gehörenden Tiefgarage, UStraße 53, M., wobei der Angeklagte G oder der unbekannte Täter namens „H.“ den Renault Talisman, in dessen Kofferraum sich noch immer der Tresor befand, dort hingefahren hatte. Abwechselnd versuchten die Angeklagten G und Be sowie der unbekannte Täter namens „H.“, den Tresor, der noch immer im Kofferraum lag, durch Einsatz einer FL zu öffnen. Nachdem ihnen dies nicht gelang, fuhren der Angeklagte G und der unbekannte Täter namens „H.“ den Tresor im Renault Talisman zu einem Feldweg im Bereich der BAB 8, Unterbiberg, während der Angeklagte Be den Tiefgaragenstellplatz, der aufgrund des Einsatzes der FL stark verdreckt war, säuberte. Auf dem Feldweg angekommen, gelang es dem Angeklagten G sowie dem unbekannten Täter „H.“, den Tresor zu öffnen, indem sie die Tür vom Tresor trennten. Anschließend nahm der Angeklagte G die im Tresor befindlichen Wertgegenstände an sich.
132
Am 12.07.2020 trafen sich die Angeklagten G und Be erneut und begaben sich mit dem Pkw, Renault Talisman, indem sich noch immer der beschädigte Tresor samt abgetrennter Tür befand, auf einen Feldweg im Bereich der BAB 8, U.-berg. Dort warfen sie die Tresortür in den Hachinger Bach und rollten den Tresor, den sie anschließend mit Zweigen verdeckten, eine Böschung hinab.
133
Der Angeklagte Be erhielt vom Angeklagten G etwa 3.500,00 bis 4.000,00 EUR, was seinem Anteil an der Tatbeute entsprach.
134
Der Firma Autohaus Opel H GmbH entstand durch die Beschädigung des Fensters sowie des Tresors, wie von den Angeklagten G und Be erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen, ein Sachschaden in Höhe von 5.343,35 EUR, wovon 3.635,00 EUR netto für die Reparatur des Fensters sowie 1.719,35 EUR netto für die Anschaffung eines neuen Tresors aufgewendet wurden. Der entstandene Sach- und Diebstahlschaden wurde durch die Versicherung der Geschädigten vollständig reguliert.
135
Die Staatsanwaltschaft hält, soweit erforderlich, wegen des besonderen öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
c. Tat am 16.08.2020, Ziff. 3 der Anklage vom 29.12.2020
136
In einem nicht näher bestimmbaren Zeitraum vor dem 16.08.2020 schmiedeten die Angeklagten G und Be den Plan, in einer Filiale des A Steakhouse in München einzubrechen, um die Räumlichkeiten nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Der Angeklagte Be - der sich durch die Tat auch eine Finanzierung seiner Kokainsucht erhoffte - wusste über seine Lebensgefährtin, Ke. K, die bis 2013 bei A Steakhouse angestellt war, dass dort regelmäßig größere Summen Bargeld aufbewahrt wurden.
137
Entsprechend des Tatplans begaben sich die Angeklagten G und Be am 16.08.2020 gegen 22:00 Uhr in die Nähe des A Steakhouse, L2. straße 290, … M1., wo sie in einiger Entfernung abwarteten, bis die Angestellte nach Ladenschluss das Restaurant gegen 22:50 Uhr verschloss und die Örtlichkeit verließ. Daraufhin begaben sich die Angeklagten Be und G zu ihrem, in einer S10. straße geparkten Pkw, wo der Angeklagte G die zum Aufbrechen der Tür erforderlichen Werkzeuge aus dem im Kofferraum befindlichen Werkzeugkasten nahm und sie dem Angeklagten Be gab, der diese in den Taschen seiner Jacke verstaute. Anschließend gingen die Angeklagten Be und G zum verschlossenen Seiteneingang des Restaurants A Steakhouse, wo der Angeklagte G unter Einsatz eines, vom Angeklagten Be zum Tatort getragenes, Knackrohrs das Profilzylinderschloss zog, während der Angeklagte Be in etwa 3 Metern Entfernung wartete, um anschließend zusammen mit dem Angeklagten G das Restaurant nach Stehlgut zu durchsuchen, das die Angeklagten unberechtigterweise an sich nehmen wollten, obwohl sie, wie sie wussten, hierauf keinen Anspruch hatten. Nachdem das Profilzylinderschloss gezogen war, öffnete der Angeklagte G die Tür und begab sich in das Restaurant, während der Angeklagte Be weiterhin vor der Tür wartete, um erst nach einem ersten Testlauf des Angeklagten G die Örtlichkeit zu betreten. Im Inneren des Restaurants begab sich der Angeklagte G, auf der Suche nach Stehlgut, zunächst in den Tresenbereich, wo er, nachdem er nichts auffinden konnte, um etwaig hinterlassene Spuren zu verwischen, einen in dem Bereich gelagerten Blumendünger auf der Holzoberfläche der im Tresenbereich befindlichen Schränke verteilte, wodurch die Oberfläche stark beschädigt wurde. Anschließend öffnete der Angeklagte G, entsprechend des gemeinsamen Tatplans, mittels unbekannten Hebelwerkzeuges und unter Zuhilfenahme von Fußtritten gewaltsam die Bürotür sowie ein verschlossenes Fach eines im Büro befindlichen, unversperrten Tresors, in dem sich nach der Vorstellung des Angeklagten G stehlenswerte Wertgegenstände, namentlich Bargeld befinden würde, der aufgrund der massiven Beschädigung nicht mehr benutzt werden konnte. Da der Tresor leer war, erkannte der Angeklagte G, dass er das Vorhaben, Wertgegenstände aus dem Restaurant zu entwenden, nicht mehr würde verwirklichen können. Nachdem er den Angeklagten Be über den vorgefundenen leeren Tresor informiert hatte und daraufhin auch der Angeklagte Be annahm, dass sich kein taugliches Stehlgut an der Örtlichkeit befindet, entfernten sich die beiden Angeklagten von der Örtlichkeit, ohne etwas mit sich zu nehmen.
138
Durch das gewaltsame Vorgehen des Angeklagten G entstand der Firma G G. GmbH, wie von den Angeklagten Be und G vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen, ein Sachschaden in Höhe von 18.518,78 EUR, der vollständig von der Versicherung der Geschädigten reguliert wurde.
139
Die Staatsanwaltschaft hält, soweit erforderlich, wegen des besonderen öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
140
Im Oktober 2020 nahm der Angeklagte Be Kontakt zu dem das Ermittlungsverfahren leitenden Polizeibeamten, KOK H, auf. Auf Drängen seiner Lebensgefährtin, Ke. K, welcher der Angeklagte Be nach erfolgter Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung am 13.10.2020, die aufgrund Ermittlungen zu einer nicht hier verfahrensgegenständlichen Tat erfolgte, die verfahrensgegenständlichen Einbrüche gestanden hatte, wollte er die Aufklärung der Taten ermöglichen und „reinen Tisch“ machen. Daraufhin wurden durch KOK H und KOK A am 13.10.2020, 16.10.2020 und 19.10.2020 Beschuldigtenvernehmungen des Angeklagten Be durchgeführt, in denen er die Taten, wie unter C. II. 2. festgestellt, einräumte.
141
Zum Zeitpunkt der Vernehmungen verfügte die Polizei noch über keine Anhaltspunkte, die eine Täterschaft der Angeklagten G und Be bezüglich der verfahrensgegenständlichen Taten hätten belegen können bzw. geeignet gewesen wären, auch nur einen entsprechenden Anfangsverdacht zu begründen. An den jeweiligen Tatorten genommene Spuren hatten, auf etwaige DNA untersucht, keine Treffer und somit auch keine Spur in Richtung der Angeklagten G und Be ergeben; auch sonst ergab sich nichts, was auf deren Täterschaft hingedeutet hätte. Lediglich im Keller des Wohnanwesens des Angeklagten Be hatte man ein Knackrohr gefunden, das den vorliegenden Taten (und auch sonst keiner bestimmten Tat) letztlich jedoch nicht zugeordnet werden konnte.
III. Feststellungen zur Schuldfähigkeit sowie zur Unterbringung
142
Bei Begehung der Taten war die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten G in vollem Umfang erhalten.
143
Der Angeklagte G litt bei Begehung der in der Anklage vom 07.03.2019 aufgeführten Taten unter einer Kokainabhängigkeit ohne körperliche Symptome (ICD-10: F14.240) sowie bei Begehung der in der Anklage vom 29.12.2020 aufgeführten Taten unter einer Kokainabhängigkeit in Abstinenz (ICD-10: F14.20). Die Primärpersönlichkeit des Angeklagten G war bei Begehung der Taten neben der Suchterkrankung intakt. Der Angeklagte G besitzt keine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren.
144
Im Tatzeitraum bestand bei dem Angeklagten G zwar ein schädlicher Gebrauch von Alkohol, jedoch stand er bei Ausführung der Taten nicht unter Alkoholeinfluss.
145
Bei Begehung der Taten war die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten Be in vollem Umfang erhalten.
146
Der Angeklagte Be litt bei Begehung der Taten unter einer Kokainabhängigkeit ohne körperliche Symptome (ICD-10: F14.240) sowie dem schädlichen Gebrauch von Cannabis (ICD-10: F12.1). Die Primärpersönlichkeit des Angeklagten war bei Begehung der Taten neben der Suchterkrankung intakt.
147
Das Leben des Angeklagten Be war bei Begehung der Taten insbesondere aufgrund der langjährigen Abhängigkeit am Drogenkonsum ausgerichtet. Bei Begehung der Taten handelte der Angeklagte Be auch in der Absicht, sich hierdurch seinen eigenen Drogenkonsum zu finanzieren.
148
Die süchtige Bindung des Angeklagten Be bestand zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung fort. Er leidet weiterhin unter einer Kokainabhängigkeit ohne körperliche Symptome (ICD10: F14.240) sowie dem schädlichen Gebrauch von Cannabis (ICD-10: F12.1). Aufgrund dessen besteht die Gefahr, dass der Angeklagte Be infolge seiner Drogenabhängigkeit weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten und insbesondere gleichartige wie die abgeurteilten begehen wird.
149
Der Angeklagte absolvierte bislang weder ambulante noch stationäre Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen. Er ist intelligent und therapiemotiviert.
150
Darum besteht eine hinreichend konkrete Aussicht, den Angeklagten Be durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in die Drogenabhängigkeit zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf die Drogenabhängigkeit zurückgehen. Die Therapiedauer wird voraussichtlich 1 Jahr 6 Monate betragen.
I. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
a. Werdegang und gesundheitliche Verhältnisse
151
Die Feststellungen zu Werdegang und den gesundheitlichen Verhältnissen des Angeklagten G stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der glaubhaften Angaben des psychiatrischen Sachverständigen Dr. P, der den Angeklagten G ausführlich exploriert hatte, welche durch den Angeklagten G in der Hauptverhandlung als zutreffend bestätigt und ergänzt wurden.
b. Gesundheitliche Verhältnisse und Drogenkonsum
152
Die Feststellungen zum Drogenkonsum des Angeklagten G beruhen auf den glaubhaften Angaben der Angeklagten B und Be, den glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugen Ml, M, Bo, PHM L und KOK M sowie der Sachverständigen Dr. P und Prof. Dr. M.
153
Nicht hingegen folgt die Kammer den Angaben des Angeklagten G, die dieser in der Hauptverhandlung sowie gegenüber dem Sachverständigen Dr. P im Rahmen der Exploration zur Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens tätigte.
154
aa) Im Rahmen einer Verteidigererklärung, die vom Angeklagten G als zutreffend bestätigt wurde, wurde ausgeführt, dass der Angeklagte G das vorliegende Strafverfahren zum Anlass genommen habe, um seinen Besitz und Konsum von Kokain so zu organisieren, dass keine Auffindewahrscheinlichkeit mehr im Anwesen S Straße 20 in München bestehen würde. Er habe sich vielfach günstigste Hotelzimmer genommen, um dort ungestört konsumieren zu können.
155
bb) Die Angeklagte B führte in der Hauptverhandlung aus, dass sie den Angeklagten G, mit dem sie zwischen 2016 und 2020 in einer Beziehung gelebt habe, in diesem Zeitraum etwa fünf - achtmal habe Kokain konsumieren sehen. Dies sei jeweils zu besonderen Anlässen, somit beim Feiern oder im Urlaub, gewesen. In der gemeinsamen Wohnung habe sie den Angeklagten G hingegen nie Kokain oder anderweitige Drogen konsumieren sehen. Im Jahr 2020 sei es zu zwei Vorfällen gekommen, bei denen sie vom Angeklagten G körperlich angegangen worden sei. Sie nehme an, dass dies auf eine in den Jahren der Beziehung stattfindende Persönlichkeitsveränderung, die sie auf einen Drogenkonsum zurückführe, beruht habe.
156
cc) Der Angeklagte Be gab in der Hauptverhandlung an, dass er den Angeklagten G ab etwa März 2020 nahezu täglich gesehen habe. Einen regelmäßigen Kokainkonsum habe er beim Angeklagten G nicht bemerkt, wohingegen sie in den beiden zusammen verbrachten Urlauben gemeinsam Kokain konsumiert hätten. Entzugserscheinungen oder eine Wesensveränderung habe er beim Angeklagten G nicht feststellen können. Dieser sei stets ausgeglichen und ruhig gewesen. Auch habe der Angeklagte G ihm gegenüber nie geäußert, mehr Geld zur Finanzierung von Drogen zu benötigen.
157
dd) Die glaubwürdige Zeugin Ml gab glaubhaft an, dass sie zwischen 2017 und 2018 regelmäßig mit dem Angeklagten G Zeit verbracht habe. Einmal hätten sie im Jahr 2017 oder 2018 gemeinsam Kokain konsumiert, wobei jeder von ihnen zwei Nasen genommen habe. Im Übrigen habe sie den Angeklagten G nie Drogen konsumieren sehen, nur Alkohol habe er getrunken. Auch sei er ihr gegenüber nie aggressiv gewesen. Die Zeugin M gab an, den Angeklagten G nie Drogen konsumieren zu haben. Er habe auf sie auch einen normalen Eindruck gemacht, sei lieb zu dem Sohn der Angeklagten B, C, gewesen und auch ihr gegenüber stets freundlich und zugewandt.
158
ee) Der Zeuge Bo gab an, dass er vor vielen Jahren mit dem Angeklagten G beim Feiern Drogen konsumiert habe. In den vergangenen Jahren, genauer bis zu seiner Inhaftierung am 08.09.2018, habe er den Angeklagten G hingegen sehr selten - etwa alle sechs Monate - und dann in sehr geringen Mengen Kokain konsumieren sehen, obwohl er den Angeklagten G häufig getroffen habe, dieser mitunter, wenn er sich mit der Angeklagten B gestritten habe, bei ihm übernachtet habe.
159
ff) Bei einer in der Wohnung der Angeklagten G und B am 20.09.2018 stattgefundenen Durchsuchung, so führten die Zeugen PHM L und KOK M aus, habe man keine Drogen auffinden können.
160
gg) Der Sachverständige Dr. P führte aus, dass der Angeklagte G in der Exploration im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung angegeben habe, in den letzten 18 Jahren unregelmäßige Mengen an Kokain konsumiert zu haben. Von 2017 bis 2020 habe dessen Angaben zufolge ein intensivierter Kokainkonsum stattgefunden. In diesem Zeitraum habe er - ausgenommen die Zeiten seiner Inhaftierung - an 2 - 4 Wochenenden pro Monat ca. 10 Gramm Kokain konsumiert. Zusätzlich habe der Angeklagte G in dieser Zeit 1 Liter Alkohol pro Tag, an den Wochenenden 5 - 6 Liter konsumiert.
161
Bezüglich der Angaben des Angeklagten G sei jedoch zu berücksichtigen, dass die im Rahmen der psychiatrischen Exploration vorgenommene neuropsychologische Testung Hinweise auf Aggravation und die Übertreibung psychiatrischer Symptome ergeben habe. So habe eine Reihe von Testungen, beispielsweise Self-Report Symptom Inventory, Psychopathic Personality Inventory-Revised sowie der Fragebogen zur Erfassung Aggressivitätsfaktoren, gezeigt, dass durch den Angeklagten G eine unauthentische Beschwerdeschilderung in Form einer negativen Antwortverzerrung im Sinne einer Aggravation bzw. Simulation psychiatrisch relevanter Symptome erfolge. Die vom Angeklagten G erteilte Selbstauskunft habe darum nicht vorbehaltslos interpretiert werden können. Nach seiner Einschätzung neige der Angeklagte G betreffend die Tatvorwürfe zum Externalisieren, sei es in Bezug auf Personen oder auf Drogen.
162
Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M (siehe unten) wie auch die Beobachtungen der Zeugen, insbesondere seiner Intimpartnerin, der Angeklagten B, in deren Familienleben der Angeklagte G integriert gewesen sei, sprächen eher für Drogenabstinenz im Tatzeitraum der Diebstahlsdelikte im Jahr 2020. Alkoholkonsum sei ab dem Jahr 2010 an Kokainkonsum gekoppelt gewesen. Im Hinblick auf Alkohol habe der Angeklagte G ein sogenanntes Craving allerdings nicht beschrieben, nach seiner Angabe habe er Alkohol kontrollieren können und keine Entzugserscheinungen gehabt. Letztlich gebe es keinerlei Belege, welche auf eine Suchterkrankung hinweisen würden. Unter Zugrundelegung der Angaben zum Substanzkonsum seitens des Angeklagten G wäre angesichts einer dann gegebenen langen Suchterkrankung zu erwarten gewesen, dass es früher oder zu ambulanten oder stationären Behandlungen komme, was sich aber nicht habe eruieren lassen.
163
Zu berücksichtigen sei zudem, dass die von der Angeklagten B beschriebene Wesensveränderung des Angeklagten G, die sie im Jahr 2020 beobachtet habe, nicht zwingend auf einen Drogenkonsum zurückzuführen sei. Nach den Angaben des Angeklagten G habe dieser vermehrt unter dem familienrechtlichen Sorgerechtsstreit zwischen der Angeklagten B und dem Nebenkläger und den damit einhergehenden Spannungen auch innerhalb seiner Beziehung mit der Angeklagten B gelitten. Es sei darum naheliegend, dass sich die Veränderung des Angeklagten G hierauf, und nicht auf einen etwaigen Drogenkonsum zurückführen lasse.
164
Das Leben des Angeklagten G sei nicht dominiert worden durch den Substanzkonsum, dieser habe sein Denken und Handeln nicht so stark beeinflusst. Vielmehr sei der Angeklagte G zu vielem in der Lage gewesen, wozu er bei schwerer Suchterkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, er verfüge über zahlreiche Ressourcen, so könne er Beziehungen zu langjährigen Partnerinnen führen, habe die Rolle eines Ersatzvaters für den Sohn seiner damaligen Lebenspartnerin, der Angeklagten B, übernommen, sei zu einem sozialen Leben und zur Pflege freundschaftlicher Beziehungen in der Lage, könne sich um seine Mutter kümmern und in Urlaub fahren.
165
Im Hinblick auf Alkoholkonsum sei lediglich von einem schädlichen Gebrauch auszugehen, der bei Begehung der in der Anklage vom 07.03.2019 genannten Taten sicher vorgelegen habe und für den auf die Taten aus der Anklage vom 29.12.2020 entfallenden Zeitraum bei Zugunstenbetrachtung zumindest nicht auszuschließen sei.
166
Der Sachverständige Dr. P hält die eigenen Konsumangaben des Angeklagten G daher für fragwürdig.
167
hh) Der Sachverständige Prof. Dr. M führte aus, dass dem Angeklagten G am 17.03.2021 eine Haarprobe mit einer Gesamtlänge von 10 cm entnommen worden sei. Das Haar sei grau/braun gewesen und habe ab einer Länge von ca. 4,5 cm eine Koloration in Form einer Bleichung aufgewiesen. Das Haar sei in die drei Segmente a, b und c unterteilt worden. Dabei habe Segment a den Abschnitt 0 - 3 cm, das Segment b den Abschnitt 3 - 6 cm und das Segment c 6 cm - Ende, jeweils gemessen von der Haarwurzel, umfasst. Da man bei Haaren von einem mittleren Haarwachstum von 1 cm pro Monat ausgehe, würde Segment a den Zeitraum Dezember 2020 bis zur Entnahme im März 2021, Segment b den Zeitraum von September bis Dezember 2020 und Segment c den Zeitraum von Juni bis September 2020 umfassen.
168
Die einzelnen Proben seien nach einem Waschprozess mit 3 ml Methanol im Ultraschallbad extrahiert worden. Danach seien jeweils 1,5 ml der Lösungen eingedampft, in Pufferlösung aufgenommen und hochdruckflüssigkeitschromatographisch massenspektrometrisch (LC-MS-MS) auf Substanzen der Cocain- und Opiat Gruppe, Amphetamine, Cannabinoide, Benzodiazepine, Antidepressiva, Neuroleptika, Halluzinogene untersucht worden.
169
Hierbei hätten die Untersuchungen folgende Ergebnisse - jeweils angegeben in ng/mg - ergeben:
Abschnitt
|
a
|
b
|
c
|
Antidepressiva und Neuroleptika
|
|
|
|
Melperon
|
3,0
|
1,1
|
0,72
|
Mirazapin
|
1,2
|
0,70
|
0,90
|
170
Melperon, so der Sachverständige Prof. Dr. M, werde zur Behandlung von Schlafstörungen und der Dämpfung von Erregungszuständen eingesetzt, Mirtazapin sei ein Antidepressivum. Für die Beurteilung der Konzentration in Haaren existierten keine kontrollierten Studien, in der Statistik der bisher positiven Fälle liege die aufgefundene Konzentration für Melperon im Segment a im Bereich der oberen 5%, im Segment c im Bereich der oberen 25%. Die Konzentration von Mirtazapin habe im Bereich der oberen 25% gelegen. Beide Ergebnisse würden für eine kontinuierliche Einnahme der beiden Medikamente sprechen.
171
Weitere positive Befunde, insbesondere bezüglich eines vorangegangenen Kokainkonsums, hätten sich aus der Haarprobe nicht ergeben.
172
Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die untersuchte Haarprobe des Angeklagten G ab einer Länge von 4,5 cm - und damit betreffend Segment c sowie Mitte bis Ende des Segments b, folglich den Zeitraum Juni bis etwa Oktober 2020 umfassend - coloriert bzw. gebleicht gewesen sei. Durch eine Haarbehandlung dieser Art könnten im Haar eingelagerte Substanzen zerstört werden, so dass unter Umständen ein Nachweis nicht mehr möglich sei. Hiervon gehe er bei den vorliegenden Haaren des Angeklagten G jedoch nicht aus. Dies ergebe sich zunächst daraus, dass die vom Angeklagten G untersuchten Haare von ihrer Struktur her keinen geschädigten Eindruck gemacht hätten. Die Oberfläche sei vielmehr glatt und geschlossen gewesen, was für eine gut erhaltene Haarstruktur spreche. Entscheidend sei jedoch, dass mit dem in allen Segmenten erfolgten Nachweis der Medikamente Melperon und Mirtazapin ein Marker existiere, der zeige, dass ein Nachweis von Stoffen grundsätzlich möglich sei, die Koloration folglich nicht dazu geführt habe, dass das Haar bzw. die Haarsubstanz gänzlich zerstört worden sei. Zwar sei vom Segment a zu Segment c hin die vorgefundene Menge an Melperon und Mirtazapin abnehmend, was auf eine Reduzierung der Medikamente oder auch eine Auswirkung der Koloration zurückzuführen sein könnte. Folglich sei auch nicht ausschließbar, dass sich die Koloration auch auf den Nachweis eines Kokainkonsums ausgewirkt habe. Der vom Angeklagten G gegenüber dem Sachverständigen Dr. P geschilderte Kokainkonsum von ca. zehn Gramm an zwei bis vier Wochenenden pro Monat würde einem sehr ausgiebigen Konsum entsprechen, der eine Konzentration in den Haaren im oberen 25%-Bereich erwarten ließe. Zumindest wäre - trotz Koloration - ein Nachweis im niedrigen Bereich zu erwarten, da Kokain ein robuster Marker sei, der für äußere Einwirkungen wenig anfällig sei.
173
Dieses Ergebnis werde auch durch eine Haarprobe, die dem Angeklagten G am 18.05.2017 mit einer Gesamtlänge von 5 cm entnommen worden sei, bestätigt. Das Haar sei blond/grau gewesen und habe keine Anzeichen einer Haarbehandlung aufgewiesen. Aufgrund der Länge könne damit der Zeitraum von Januar 2017 bis zur Entnahme untersucht werden. Auch hier sei die Probe nach dem soeben beschriebenen Vorgang behandelt und auf Substanzen der Cocain- und Opiat Gruppe, Amphetamine, Cannabinoide, Benzodiazepine, Antidepressiva, Neuroleptika, Halluzinogene untersucht worden.
174
Hierbei hätten die Untersuchungen folgende Ergebnisse - jeweils angegeben in ng/mg - ergeben:
Abschnitt
|
a
|
b
|
Cocain
|
|
|
Cocain
|
4,5
|
8,8
|
Nor-Cocain
|
0,047
|
0,07
|
Cocaethylen
|
0,24
|
0,24
|
Benzoylecgonin
|
0,65
|
1,0
|
Hydroxy-Metaboliten
|
positiv
|
positiv
|
Opiate
|
|
|
Dihydrocodein
|
0,01
|
0,045
|
175
Die Konzentration von Nor-Cocoain sowie Cocaethylen, welche Stoffwechselprodukte von Cocain seien, wobei Cocaethylen bei zeitnaher Aufnahme von Cocain und Alkohol entstehe, hätten im überdurchschnittlichen Bereich gelegen. Dieser Befund würde, so der Sachverständige Prof. Dr. M, für eine häufigere Aufnahme von Kokain sprechen, das heißt wenige Male pro Monat und hierbei jeweils nur geringe Mengen. Mit den Angaben des Angeklagten G gegenüber dem Sachverständigen Dr. P, wonach der Angeklagte G an zwei bis vier Wochenenden pro Monat ca. zehn Gramm Kokain konsumiert und fünf bis sechs Liter Alkohol getrunken habe, seien die Ergebnisse jedoch nicht vereinbar.
176
Aus der Zusammenschau der beiden Gutachten ergebe sich, dass der Angeklagte G im Zeitraum Januar bis Mai 2017 häufiger Kokain konsumiert habe, im Zeitraum Juni 2020 bis März 2021 hingegen von keinem oder einem sehr seltenen oder niedrigen Konsum auszugehen sei ii) Die Kammer ist davon überzeugt, dass bei dem Angeklagten G ein - wenn überhaupt - nur gelegentlicher Drogenkonsum, namentlich Kokain, stattfand. Diese Überzeugung gründet auf den widerspruchsfreien, von großer Sachkunde getragenen Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. P, die von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgingen. Diesen schließt sich die Kammer aus eigener Überzeugung an. Zudem werden die Feststellungen von den Angaben der Angeklagten B und Be sowie den hierzu vernommenen Zeugen belegt. Den Angaben des Angeklagten G betreffend seinen Drogenkonsum, die dieser in der Hauptverhandlung im Rahmen einer Verteidigererklärung sowie gegenüber dem Sachverständigen Dr. P äußerte, folgt die Kammer hingegen nicht.
177
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte G im Jahr 2017 häufiger, spätestens ab Juni 2020 - falls überhaupt - nur gelegentlich und in geringem Maße Kokain konsumiert hat. Die Haarprobe aus dem Jahr 2017 belegt, dass wenige Male pro Monat Kokain konsumiert wurde, wobei die vom Angeklagten G angegebene Menge von zehn Gramm an zwei bis vier Wochenenden pro Monat keinesfalls erreicht wurde. Die im Jahr 2021 entnommene Haarprobe weist keinerlei Inhaltsstoffe auf, die einen (häufigeren) Kokainkonsum belegen würde. Die Kammer ist überzeugt, dass sich die vorhandene Koloration des Haars nicht derart gravierend auf die Haarsubstanz ausgewirkt hat, dass ein Nachweis nicht mehr möglich gewesen wäre. Diese Überzeugung gründet insbesondere auf der Tatsache, dass mit den Medikamenten Melperon und Mirazapin ein Nachweis von Stoffen grundsätzlich möglich war. Da es sich bei Kokain um einen robusten Marker handelt, ist die Kammer davon überzeugt, dass bei den vom Angeklagten G angegebenen Mengen, aber auch bei einem darunterliegenden häufigeren Konsum ein Nachweis hätte erfolgen müssen. Das Ergebnis des Haargutachtens deckt sich auch mit den Angaben der Angeklagten B und Be, die den Angeklagten G nur wenige Male Kokain konsumieren sahen, obwohl sie regelmäßig und viel Zeit mit ihm verbrachten. Die von der Angeklagten B beschriebene Wesensveränderung, die sie auf einen Drogenkonsum zurückführte, ist nach Ansicht der Kammer, den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P folgend, nicht mit der erforderlichen Sicherheit hierauf zurückzuführen. Betrachtet man die sich im Sorgerechtsstreit zuspitzende emotionale Belastung auch des Angeklagten G, ist ein ruppiger Umgang gegenüber der Angeklagten B in zwei Situationen durchaus auch ohne die Annahme einer Wesensveränderung sehr gut nachzuvollziehen.
178
Die glaubwürdigen Zeugen Ml - von deren Aussagetüchtigkeit die Kammer, wie unter D. II. 3. a. bb. dargelegt, überzeugt ist -, M und Bo, an deren Glaubhaftigkeit ihrer Angaben die Kammer keine Zweifel hat, da sie diese widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer vortrugen, gaben ebenso an, dass sie den Angeklagten G - falls überhaupt - nur wenige Male Kokain hätten konsumieren sehen.
179
Schließlich hat die Kammer selbst den Eindruck gewonnen, dass der Angeklagte G zu Übertreibung und Verzerrung neigt. Dies dokumentiert nicht zuletzt das - unter D. III. 1. a. näher dargelegte - Aussageverhalten des Angeklagten G hinsichtlich der Diebstahlstaten. Insoweit hatte er sich selbst zunächst eine untergeordnete, lediglich unterstützende Rolle und ein fehlendes Eigeninteresse zugeschrieben, um schließlich einzugestehen, dass er mittäterschaftlich mit dem Angeklagten Be handelte und insoweit Beuteteilung vereinbart war. Aufgrund der den Angaben des Angeklagten G widersprechenden Angaben der Sachverständigen sowie Zeugen und Mitangeklagten ist die Kammer somit überzeugt, dass der vom Angeklagten G geschilderte Kokainkonsum jedenfalls ab dem Jahr 2017 nicht der Wahrheit entsprach, vielmehr von dessen Seite deutlich aggraviert dargestellt wurde.
180
Die Feststellungen zu den Vorstrafen beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 28.04.2021 sowie den in Auszügen verlesenen Vorverurteilungen des Angeklagten G.
181
Die Feststellungen zu Werdegang und gesundheitlichen Verhältnissen der Angeklagten B beruhen auf deren eignen Angaben.
182
Die Feststellungen zu den Vorstrafen beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 03.05.2021.
a. Werdegang und Vorstrafen
183
Die Feststellungen zu Werdegang des Angeklagten Be stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der glaubhaften Angaben des psychiatrischen Sachverständigen Dr. P im Rahmen des psychiatrischen Gutachtens, welche durch den Angeklagten Be bestätigt wurden.
184
Die Feststellungen zu den Vorstrafen beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 16.04.2021 sowie den in Auszügen verlesenen Vorverurteilungen des Angeklagten Be.
b. Gesundheitliche Verhältnisse und Drogenkonsum
185
Die Feststellungen zu den gesundheitlichen Verhältnissen und dem Drogenkonsum des Angeklagten Be beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten Be, der Zeugin K sowie den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. M, der sein Gutachten in der Hauptverhandlung erstattete.
186
aa) Der Angeklagte Be gab in der Hauptverhandlung an, dass er vor seiner Inhaftierung im März 2021 nahezu täglich Cannabis konsumiert habe. Kokain habe er etwa alle zwei Wochen, jeweils über mehrere Tage hinweg, konsumiert, wobei er innerhalb dieser Tage etwa zehn Gramm verbraucht habe.
187
bb) Auch die Zeugin K, die mit dem Angeklagten seit seiner Haftentlassung im März 2020 in einer Partnerschaft und - bis zu dessen Inhaftierung in anderer Sache im März 2021 - auch gemeinsamen Wohnung lebte, machte glaubhafte Angaben zum Drogenkonsum des Angeklagten Be. Dieser habe, so die Zeugin K, täglich Cannabis und regelmäßig Alkohol konsumiert, wobei er all abendlich zwei bis drei Joints geraucht habe. Sie nehme an, dass er auch Kokain konsumiert habe, direkt gesehen habe sie dies jedoch nicht. Als Anhaltspunkte für seinen Drogenkonsum habe sie seine roten und glasigen Augen erkannt, die ihr mehrmals die Woche aufgefallen seien. Zudem habe er häufig Probleme mit der Nase gehabt, habe geschnieft und diese putzen müssen.
188
cc) Im Rahmen seiner psychiatrischen Begutachtung, so führte der Sachverständige Dr. P aus, habe der Angeklagte angegeben, dass er seit mehreren Jahren Kokain konsumieren würde. Mit Ausnahme der langen Haftstrafe hätten keine abstinenten Phasen bestanden. Nach seiner Haftentlassung im März 2020 habe er regelmäßig Kokain und Cannabis konsumiert. Während er Cannabis täglich konsumiert habe, wobei er für eine bis zwei Wochen 20 Gramm benötigt habe, habe der Konsum von Kokain an etwa drei bis vier Tagen jede Woche oder jede zweite Woche stattgefunden, wobei er in diesem Zeitraum etwa zehn Gramm Kokain verbraucht habe.
189
dd) Der Sachverständige Prof. Dr. M führte aus, dass dem Angeklagten Be am 15.03.2021 im Institut für Rechtsmedizin eine Haarprobe mit einer Gesamtlänge von 4 cm entnommen worden sei, wobei das Haar keine Anzeichen einer Haarbehandlung aufgewiesen habe. Das entnommene Haar sei in die zwei Segmente a und b unterteilt worden. Dabei habe Segment a den Abschnitt 0 - 2 cm, das Segment b den Abschnitt 2 cm - Ende, jeweils gemessen von der Haarwurzel an, umfasst. Da man bei Haaren von einem mittleren Haarwachstum von 1 cm/Monat ausgehe, würde Segment a den Zeitraum Februar und März 2021, Segment b Dezember 2020 bis Januar 2021 umfassen.
190
Die einzelnen Proben seien nach einem Waschprozess mit 3 ml Methanol im Ultraschallbad extrahiert worden. Danach seien jeweils 1,5 ml der Lösungen eingedampft, in Pufferlösung aufgenommen und hochdruckflüssigkeitschromatographisch massenspektrometrisch (LC-MS-MS) auf Substanzen der Cocain- und Opiat Gruppe, Amphetamine, Cannabinoide, Benzodiazepine, Antidepressiva, Neuroleptika, Halluzinogene untersucht worden.
191
Hierbei hätten die Untersuchungen folgende Ergebnisse geliefert, wobei die Ergebnisse stets in ng/mg angegeben seien:
Abschnitt
|
a
|
b
|
Cocain
|
|
|
Cocain
|
3,5
|
4,9
|
Nor-Cocain
|
0,091
|
0,078
|
Cocaethylen
|
0,019
|
0,027
|
Benzoylecgonin
|
0,73
|
0,64
|
Hydroxy-Metaboliten
|
positiv
|
positiv
|
Cannabinoide
|
|
|
Tetrahydocannabinol (THC)
|
0,028
|
0,064
|
192
Die Ergebnisse, so der Sachverständige Prof. Dr. M, könnten Aufschluss über den vom Angeklagten Be im erfassbaren Zeitraum vorgenommenen Kokainkonsum, nicht aber dessen Cannabiskonsum geben. Angaben zum Cannabiskonsum könne er darum nicht tätigen, da ein positiver THC Befund auf Haaren schon dann gegeben sei, wenn sich der Proband in einem Raum aufgehalten habe, in dem Cannabis konsumiert wurde, ohne dass er dies selbst getan habe. Erst wenn eine Testung auf THC Carbonsäure erfolgt sei - wie es beim Angeklagten Be nicht der Fall sei - könne er Angaben zum tatsächlich konsumierten Cannabis treffen.
193
Anders würde es sich beim Kokainkonsum verhalten. Bei den von dem Angeklagten Be gegenüber dem Sachverständigen Dr. P getätigten Konsummengen würde man, insbesondere in Hinblick auf die seit 2019 im Raum München vorhandene hohe Qualität des Kokains, von höheren Werten ausgehen. Der vom Angeklagten Be in der Hauptverhandlung geschilderte Inselkonsum, der etwa alle zwei Wochen erfolgen würde, könne die im Haar aufgefundenen Werte hingegen erklären. Die zwischen den Segmenten a und b aufgefundenen differenzierenden Werte seien hingegen nicht derart signifikant, dass man daraus auf einen geringeren Konsum im von Segment b erfassten Zeitraum ausgehen könne. Vielmehr sei von einem durchgehend gleichbleibenden und mehrmaligen Konsum durch den Angeklagten Be auszugehen.
194
II. ee) Die Kammer schließt sich nach eigener Prüfung den widerspruchsfreien, von großer Sachkunde getragenen Ausführungen des Sachverständigen, der von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausging, an. Sie stehen in Einklang mit den Angaben des Angeklagten Be in der Hauptverhandlung getätigten Angaben sowie den glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugin K.
Feststellungen zum Sachverhalt, Anklage vom 07.03.2019
195
Der Angeklagte G räumte den ihm in der Anklage vom 07.03.2019 zur Last gelegten Sachverhalt vollumfänglich in objektiver und subjektiver Hinsicht im Rahmen einer Verteidigererklärung, die Rechtsanwalt F am 6. Tag der Hauptverhandlung abgab, und die von dem Angeklagten G bestätigt wurde, ein.
196
Darin wurde ausgeführt, dass der Angeklagte G im Jahr 2017 Be. B als Bedrohung empfunden habe, zumal er in Bezug auf seine Mutter erhebliche Drohungen ausgesprochen habe. Sinngemäß sei die Äußerung gefallen „Wenn der Ri. sich nicht von meinen Kindern fernhält, dann geht seine Mutter baden!“. Ri., so der Angeklagte G, sei sein Spitzname, womit er die Äußerung klar auf sich habe beziehen können. Zudem habe er diese Drohung seinerzeit als real eingeschätzt, weil sich seine Mutter - eine Rollstuhlfahrerin - seitdem nicht mehr getraut habe, zum Rie. See zum Entenfüttern zu fahren. Be. B sei folglich - er nehme an, aus den Angaben seiner Kinder - bekannt gewesen, wo seine Mutter gewohnt habe und dass sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung auf den Rollstuhl angewiesen sei, sowie dass sie zum Entenfüttern zum Rie. See fahre. Ein Stoß in den See wäre für seine Mutter tödlich gewesen. Insofern habe er die im Rahmen der Streitigkeiten zwischen den ehemaligen Eheleuten B ausgestoßene Drohung in Richtung seiner Mutter nicht nur als ernst gemeint, sondern auch einen direkten Angriff auf sich verstanden. Dies könne wesentlicher Beweggrund dafür gewesen sein, dass er sich zu den angeklagten Taten zum Nachteil des Be. B habe hinreißen lassen.
197
Darüber hinaus habe er Be. B insofern als Bedrohung gegen seine eigene Person angesehen, als dieser den Kokainkonsum des Angeklagten G erheblich gestört habe. Er habe sich in diversen Verfahren vor dem Familiengericht verantworten und Gespräche und Hausbesuche des Jugendamts über sich ergehen lassen, teils seien Drogentests verlangt worden. Aufgrund der Behauptungen des Be. B habe er jederzeit mit der Entdeckung seines Drogenkonsums - etwa im Rahmen von polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen - rechnen müssen. Es habe sich ihm aufgedrängt, dass die Durchsuchung seines Wohnanwesens im Jahr 2017 am selben Tag stattfand, als Be. B dem Jugendamt gemeldet habe, dass in der gemeinsam mit der Angeklagten B bewohnten Wohnung wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln durchsucht werden solle. Warum Be. B bekannt gewesen sei, dass das LKA Ermittlungen gegen ihn führte, könne er sich nicht erklären. Er sei in der Folge davon ausgegangen, dass es Be. B war, der ihn angezeigt hätte, um ihn - seiner Forderung entsprechend - „aus dem Weg zu räumen“.
198
Dieses Strafverfahren habe er zum Anlass genommen, seinen Besitz und Konsum von Kokain so zu organisieren, dass keine Auffindewahrscheinlichkeit mehr im Anwesen S Straße 20 in M. bestehen würde. Er habe sich vielfach günstigste Hotelzimmer genommen, um dort ungestört konsumieren zu können. Abgesehen von den immensen Kosten, die ihm dadurch entstanden seien, habe er sich latent bedroht und in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt gefühlt.
199
Hinzu sei gekommen, dass er die gegen Be. B erhobenen Vorwürfe zum damaligen Zeitpunkt, also im Jahr 2017, geglaubt habe. So habe ihn das Video, in dem die Kinder unter Tränen davon gesprochen hätten, dass es „der Papa“ - also Be. B - gewesen sei, davon überzeugt, dass dieser seine Kinder schlecht behandeln würde. Ihm sei dieses Video, das sich auf dem Mobiltelefon der Angeklagten B befunden habe, wieder und wieder vorgespielt worden. Bei der Erstellung des Videos sei er selbst nicht dabei gewesen, er habe jedoch zusätzlich Atteste vom Kinderarzt und Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin einsehen können, die ihn von der Gefährdungslage für die Kinder beim Be. B überzeugt hätten. Hinzu sei gekommen, dass ihm Be. B auch wegen der an der Tochter der Zeugin R4. festgestellten Verletzungen verantwortlich erschienen sei.
200
Dies seien - nach langem Überlegen - die Beweggründe, die ihn dazu veranlasst hätten, die Straftaten gegen Be. B zu inszenieren, um dem Kokainkonsum wieder ungestört nachgehen zu können. Er räume die genannten Sachverhalte ein, um mit sich wieder ins Reine kommen zu können. Er wolle mit dem Namen B abschließen und sichere zu, in Zukunft Abstand zu Be. B zu halten und sich weder in sein Leben noch sonst in seine Angelegenheiten einzumischen. Für die Fehler, die er begangen habe, wolle er nun in vollem Umfang einstehen, ohne jedoch Dritte zu be- oder entlasten.
201
Hinzufügen wolle er noch, dass ihn die im Jahr 2017 entstandene Situation derart belastet habe, dass er aufgrund der entstandenen Vorurteile gegenüber Be. B nicht mehr zwischen Realität und Illusion habe unterscheiden könne. Er habe sich in psychiatrische Behandlung begeben, sei ungeachtet der ärztlichen Hilfe, die er in Anspruch genommen habe, noch mehr in Tabletten, Kokain und Alkohol geflüchtet, um die Probleme zu verdrängen. Um sich aus der festgefahrenen Situation zu befreien, habe er - zunächst erfolglos - begonnen, sich eine eigene Wohnung zu suchen; Frau Ml habe ihm sogar angeboten, bei ihr zu schlafen. Man müsse sich die Situation im Jahr 2017 so vorstellen, dass es nur noch ein einziges Thema im Leben der Angeklagten B und daher auch in seinem Leben gegeben hätte: ständig neue Anträge ans Familiengericht, Gespräche bei Rechtsanwälten, dem Verfahrensbeistand der Kinder, dem Jugendamt, Drogentests, nicht zuletzt ständige Gespräche in der Beziehung über Wege, die Kinder dem Be. B zu entziehen und zur Angeklagten B zurückzuholen. Er habe versucht, nur noch zu funktionieren und sei so oft wie möglich in den Kokain- und Alkoholkonsum geflüchtet, um sich wenigstens auf diesem Weg diesem monatelangen Martyrium zu entziehen.
202
Der Grund, warum er sein Schweigen erst spät breche, liege darin, dass er habe vermeiden wollen, dass die Angeklagte B durch seine geständige Einlassung noch weniger Chancen gehabt hätte, ihre Kinder wiederzusehen oder gar wiederzubekommen. Dies habe er nicht verantworten wollen, sehe sich aber aufgrund des Geständnisses der Angeklagten B nun nicht mehr gehemmt, seinerseits ein Geständnis abzulegen.
203
Die Angeklagte B räumte den ihr in der Anklage vom 07.03.2019 zur Last gelegten Sachverhalt vollumfänglich in objektiver und subjektiver Hinsicht im Rahmen einer Verteidigererklärung, die Rechtsanwalt P am 5. Tag der Hauptverhandlung abgab, und die von der Angeklagten B bestätigt wurde, ein.
204
Zudem führte die Angeklagte B auf Nachfrage aus, dass sie sich erhofft habe, den vor dem Familiengericht schwelenden Sorgerechtsstreit um das Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht der drei gemeinsamen Kinder zu ihren Gunsten beeinflussen zu können, wenn gegen den Nebenkläger strafrechtliche Ermittlungen geführt würden.
205
Die Feststellungen zum Vortatgeschehen stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Geständnisses der Angeklagten B sowie der glaubwürdigen Angaben der glaubhaften Zeugen Ml, Bo und KOK M sowie aufgrund der in der Hauptverhandlung verlesenen eidesstattlichen Versicherungen vom 23.11.2016 und 03.09.2017 und des verlesenen ärztlichen Attests.
206
a) Die Angeklagte B räumte ein, dass sie und der Angeklagte G Bekannte um die Abgabe eidesstattlicher Versicherungen zur Vorlage bei dem Familiengericht gebeten hätten.
207
b) Die glaubwürdige Zeugin Ml gab glaubhaft an, dass sie mehrere eidesstattliche Versicherungen unterschrieben habe, nachdem die Angeklagte B mit der Bitte an sie herangetreten sei. Die Angeklagte B habe auch den Text vorgeschrieben, sie selbst habe ihn dann abgeschrieben. Das dort Beschriebene habe sie zu keiner Zeit gesehen.
208
c) Auch der glaubwürdige Zeuge Bo räumte glaubhaft ein, dass er zwei entsprechende eidesstattliche Versicherungen unterschrieben habe. Der Text sei von den Angeklagten G und B bereits geschrieben worden. Er habe sie nur noch unterschrieben. Den dort dargelegten Sachverhalt habe er nie beobachtet.
209
d) Die glaubwürdige Zeugin T, welche die Familie B seit 2016 beim Jugendamt betreut, führte glaubhaft aus, dass seitens der Angeklagten B im Jahr eine Meldung wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs der beiden Töchter durch den Nebenkläger erfolgt sei. Das Jugendamt sei dem nachgegangen, eine beim Institut für Rechtsmedizin vorgenommene Untersuchung der beiden Töchter habe keinerlei Hinweis auf einen sexuellen Missbrauch ergeben. Diese hätten zwar blaue Flecken im Bereich der Oberschenkelinnenseite aufgewiesen. Diese seien nach Einschätzung der Ärzte jedoch wahrscheinlicher beim Spielen entstanden. Auch beim Kindergarten habe man sich erkundigt, ob die Töchter oder der Nebenkläger Auffälligkeiten zeigen würden. Dies sei nach entsprechender Beobachtungszeit durch die Kindergärtnerinnen als nicht vorhanden gemeldet worden. Bis heute hätten sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Nebenkläger gegenüber den beiden Töchtern sexuelles Fahlverhalten gezeigt oder die Kinder geschlagen hätte.
210
e) Die bei den Feststellungen inhaltlich wiedergegebenen eidesstattlichen Versicherungen wurden verlesen.
211
f) Im ärztlichen Attest zur Untersuchung der Tochter des Nebenklägers und der Angeklagten B, J B, vom 18.04.2016 wurde ausgeführt, dass bei J B keine akuten Verletzungen oder Hinweise für körperliche Gewaltanwendung vorhanden gewesen seien. Es hätten sich bei dem Kind keine Zeichen für Vernachlässigung oder emotionale Gewaltanwendung gefunden.
a. Tat vom 27.09.2017, Ziff. 1 der Anklage vom 07.03.2019
212
Die unter C. I. 2. a. getroffenen Feststellungen stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Geständnisses der Angeklagten B und G, der Angaben der Zeugen Ml, di L und KOK M, der in Augenschein genommenen Lichtbilder sowie des in der Hauptverhandlung erstatteten Spurengutachtens.
aa. Geständnis der Angeklagten G und B
213
Die Angeklagten G und B räumten den ihnen in Ziffer 1 der Anklage vom 07.03.2019 zur Last gelegten Sachverhalt, wie unter D. II. 1. dargestellt, vollumfänglich in objektiver und subjektiver Hinsicht ein.
214
Die Angeklagte B führte zudem aus, dass sie mit der DNA des Nebenklägers versehene Gegenstände in einer Plastiktüte in ihrer Wohnung aufbewahrt habe. Diese Gegenstände habe sie erlangt, indem sie sich durch Einsatz des in ihrem Gewahrsam befindlichen Schlüssels für das Wohnanwesen des Nebenklägers Zugang zu den dortigen Mülltonnen verschafft habe. Aus den Mülltonnen habe sie einen Müllbeutel des Nebenklägers entnommen, in dem sich entsprechende Kleidungsstücke und Zigarettenstummel befunden hätten. Des Weiteren habe sie vom Nebenkläger, als sie für das dritte gemeinsame Kind das beim Nebenkläger gelagerte Babyzubehör erbeten habe, von diesem auch persönliche Gegenstände erhalten. Auch diese habe sie in besagter Plastiktüte aufbewahrt. Sie habe diese Gegenstände aufbewahrt, um bei Gelegenheit einen entsprechenden Tatverdacht auf den Nebenkläger zu lenken. Durch etwaige Ermittlungen gegen den Nebenkläger habe sie sich erhofft, die Entscheidung des Familiengerichts betreffend den Sorge- und Umgangsrechtsstreit bezüglich der drei gemeinsamen Kinder zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
215
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an den Geständnissen der Angeklagten G und B zu zweifeln, wobei klarzustellen ist, dass die Kammer den Behauptungen des Angeklagten G zu seinem kombinierten Alkohol- und Kokainkonsum, was Häufigkeit und Menge anbelangt, nicht folgt. Die vorliegenden Geständnisse hinsichtlich der abgeurteilten Tatvorwürfe werden insbesondere durch die folgenden Beweismittel in ihrer Richtigkeit bestätigt:
216
(1) Die glaubwürdige Zeugin Ml machte glaubhafte Angaben zur Planung und Durchführung des unter C. I. 2. a. beschriebenen Sachverhalts.
217
(a) Sie gab an, die Angeklagten G und B über die Zeugin R im Jahr 2017 kennengelernt zu haben. Die Angeklagte B habe ihr erzählt, dass ihr Exmann, Be. B, die beiden gemeinsamen Töchter, welche bei ihm leben würden, misshandeln würde. Dazu hätte die Angeklagte B Bilder vom mit blauen Flecken versehenen Intimbereich der Töchter gezeigt und gefragt, ob sie ihr helfen würde, ihre Kinder zurück zu bekommen. Dies habe sie, so die Zeugin Ml, bejaht, da sie selbst Erfahrungen mit dem Jugendamt gemacht habe und ihr die Angeklagte B darum leid getan habe.
218
Im Sommer 2017 habe ein gemeinsames Abendessen mit den Angeklagten G und B in deren Wohnung, S-Straße 20, M., stattgefunden. Nachdem die Angeklagten B und G wiederholt den - angeblich - schlechten Umgang des Nebenklägers mit seinen Töchtern beschrieben hatten und die Zeugin Ml diesen Angaben Glauben geschenkt habe, sei der Plan entstanden, einen Einbruch zu fingieren. Es sei ihr ein persönliches Anliegen gewesen zu helfen, weil sie selbst Kinder und mit dem Jugendamt bereits negative Erfahrungen gesammelt habe. Die Angeklagte B habe als Örtlichkeit die unter der Wohnung der Zeugin Ml gelegene Pizzeria vorgeschlagen, die sie von Besuchen in der Wohnung der Zeugin gekannt habe. Zudem habe ihr die Angeklagte B den schwarzen Mercedes des Nebenklägers beschrieben, bei dem eine Radkappe gefehlt habe und ihr auch das amtliche Kennzeichen auf einen Zettel geschrieben. Zudem habe die Angeklagte B vorgeschlagen, sie solle bei ihrem Anruf bei der Polizei nicht das komplette Kennzeichen angeben, sondern einen Zahlendreher einbauen. Dies würde laut Angabe der Angeklagten B realistischer wirken. Zur besseren Beschreibung der Statur des Nebenklägers habe die Angeklagte ihr zudem mehrfach ein Foto des Nebenklägers gezeigt. Der Angeklagte G habe angegeben, dass er am vereinbarten Tag das Türschloss zur Pizzeria zerkratzen und dort ein Stück Stoff hinterlassen würde, das die DNA des Nebenklägers enthalten würde. Er würde der Zeugin Ml durch lautes Türknallen signalisieren, dass er die Vorbereitungen abgeschlossen hätte. Etwa 20 Minuten später solle sie dann den Anruf bei der Polizei tätigen und die Beschreibung des Pkw sowie der Statur des Nebenklägers abgeben.
219
Das mit der DNA des Nebenklägers versehene Stück Stoff, so die Zeugin Ml, stamme aus einer Plastiktüte, welche die Angeklagten B und G in ihrer Wohnung aufbewahren würden. Darin hätten sich Haare, Tierhaare, Kleidungsstücke, Zigarettenstummel und Bierdeckel des Nebenklägers befunden.
220
Wie vereinbart sei der Angeklagte G am Abend des 27.09.2017 in ihre Wohnung gekommen. Die Angeklagte B sei zu diesem Zeitpunkt bei ihrem Sohn daheim gewesen, habe über das Vorgehen jedoch Bescheid gewusst. Dort habe man einige Zeit gewartet, bis sich der Angeklagte G in das Erdgeschoss zum Eingang der Pizzeria begeben habe. Nach einiger Zeit habe sie, wie vereinbart, einen lauten Knall vernommen und nach etwa 20 Minuten Wartezeit die Polizei verständigt. Dort habe sie dann, wie mit den Angeklagten G und B vereinbart, angegeben, dass sie soeben einen lauten Knall im Treppenhaus gehört und beim Blick aus dem Fenster einen schwarzen Mercedes mit fehlender Radkappe hinten und dem Teilkenn ... oder ... sowie einen Mann in dunkler Kleidung beim Wegfahren damit gesehen habe.
221
Sie selbst, so die Zeugin Ml, habe für ihr Tätigwerden kein Geld erhalten. Die Angeklagten G und B hätten sich jedoch erkenntlich gezeigt, indem sie sie mehrfach zum Essen sowie zu einer Reise nach Serbien eingeladen hätten.
222
(b) Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit der Zeugin Ml und an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu zweifeln. Diese tätigte detailreiche Angaben und konnte auf Nachfragen ergänzende Antworten geben. Ebenfalls werden die Angaben der Zeugin Ml betreffend die in der Wohnung der Angeklagten G und B gelagerten Gegenstände des Nebenklägers durch das von der Sachverständigen Dr. K in der Hauptverhandlung erstattete Spurengutachten, das diese mit großer Sachkunde vortrug, belegt. Der glaubwürdige Zeuge KOK M führte zudem glaubhaft aus, dass die bei der Durchsuchung in der Wohnung der Angeklagten G und B in einer Plastiktüte aufgefundenen Gegenstände, die laut der Zeugin Ml aus dem Hausmüll des Nebenklägers gestammt hätten, einer Spurenuntersuchung unterzogen worden seien. Die Sachverständige Dr. K bestätigte, dass eine Vielzahl der an den Gegenständen entnommenen DNA-Spuren dem Nebenkläger hätten eindeutig zugeordnet werden können. Auch die glaubwürdige Zeugin Bm gab glaubhaft an, dass die Zeugin Ml den Sachverhalt wie dargelegt geschildert habe, nachdem sie sie darauf angesprochen habe.
223
Die Kammer ist zudem - der Stellungnahme des Sachverständigen Dr. P aus eigener Überzeugung folgend - von der Aussagetüchtigkeit der Zeugin Ml überzeugt.
224
(aa) Die Zeugin Ml führte in der Hauptverhandlung aus, an einer im Jahr 2009 diagnostizierten Borderline Störung erkrankt zu sein. Andere Erkrankungen, wie beispielsweise eine Psychose oder Schizophrenie lägen bei ihr jedoch nicht vor, dies ließe sie regelmäßig durch psychiatrische Tests überprüfen. Ihre Erkrankung, die sich bei ihr durch Essstörungen, Selbstverletzung, Bindungsproblemen, Schlafstörungen und Panikattacken äußere, sei auf einen sexuellen Missbrauch durch den Vater im Alter von elf Jahren zurückzuführen. Nach der Diagnose im Jahr 2009 habe sie für die Dauer von zwei Jahren eine Verhaltenstherapie sowie eine Dialektisch-Behaviorale-Therapie absolviert. In den Jahren 2004 und 2016 sei es nach Suizidversuchen jeweils zu längeren stationär psychiatrischen Aufenthalten gekommen, immer wieder habe sie sich für kurze Kriseninterventionen - zuletzt am 16.02.2021 für 24 Stunden - in einer psychiatrischen Einrichtung befunden. Ein längerer Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung habe zuletzt 2016 stattgefunden, als die mit der Borderline Erkrankung einhergehende Essstörung behandelt werden musste, da sie im schwangeren Zustand den Fötus zu schädigen drohte. Als Medikamente habe sie damals Quetiapin und Mirtazapin eingenommen.
225
(bb) Der psychiatrische Sachverständige Dr. P gab auf Anregung des Gerichts in der Hauptverhandlung eine Stellungnahme zur Beurteilung der Aussagetüchtigkeit der Zeugin Ml ab, die auf den - auch auf Nachfrage des Sachverständigen getätigten - Angaben der Zeugin in der Hauptverhandlung beruhte.
226
Dr. P führte überzeugend aus, dass bei der Zeugin Ml weder von einer dauerhaften noch einer vorübergehenden Aufhebung der Aussagetüchtigkeit auszugehen sei. Grundsätzlich läge bei einer Borderline Erkrankung eine Störung in der Beziehungsführung vor, erhebliche Mängel in der Erlebniswahrnehmung gingen damit nicht einher. Auch eine Posttraumatische Belastungsstörung würde sich nicht auf die Erlebniswahrnehmung auswirken, sei vielmehr durch Flashbacks, Albträume und die Meidung von Trigger-Situationen gekennzeichnet. Die Wahrnehmung und Einordnung von Erlebtem sei bei der Zeugin Ml hingegen völlig intakt.
227
Den Angaben der Zeugin Ml folgend sei davon auszugehen, dass diese an einer Borderline-Störung sowie einer Posttraumatischen Belastungsstörung infolge des sexuellen Übergriffs durch den Vater in der Kindheit leide. Betreffend die Borderline Erkrankung sei von einer Hochphase in den Jahren 2004 bis 2016 auszugehen, da in dieser Zeit zwei stationär psychiatrische Aufenthalte stattfanden und eine längere Verhaltenstherapie absolviert worden sei. Die der Zeugin Ml verordnete Dialektisch-Behaviorale-Therapie sei leitliniengerecht und als derzeit effektivste Therapiemöglichkeit bei Borderline Erkrankungen einzuordnen. Seit 2016 habe eine Abmilderung des Störungsbildes stattgefunden, es hätten keine längeren stationär psychiatrischen Aufenthalte mehr stattgefunden, tatsächliche Suizidversuche habe die Zeugin nicht unternommen. Dies würde zeigen, dass die verordnete Verhaltenstherapie sowie die Medikation effektiv gewesen seien. Hinweise auf psychotische Erkrankungen, eine Schizophrenie oder hirnorganische Störungen, die mit Defiziten und Einschränkungen in der Realitätsprüfung einhergehen könnten, seien bei der Zeugin Ml nicht erkennbar gewesen.
228
Die Zeugenaussage der Zeugin Ml habe gezeigt, dass diese in der Lage sei, Situationen wahrzunehmen, zu erinnern und zu reproduzieren. Dabei sei auch von einer adäquaten Wahrnehmung der jeweiligen Situation auszugehen. Hinweise darauf, dass die Erlebnisse hochgradig psychotisch verzerrt gewesen seien, hätten sich nicht ergeben. Vielmehr sei die Zeugin in der Lage gewesen, Personen zu benennen, das Gesagte den jeweiligen Personen zuzuordnen und unterschiedliche Informationsquellen zu benennen. Auch habe die Zeugin ihre Wahrnehmungen über einen längeren Zeitraum speichern können und gezeigt, dass das sog. Quellen-Monitoring funktioniere. So habe die Zeugin Ml unterschiedliche Sinneseindrücke und Wahrnehmungen in der Hauptverhandlung beschreiben können sowie Informationen den entsprechenden Personen, von denen diese gestammt hätten, zuordnen können.
229
Insgesamt sei darum ein Zweifel an der Aussagetüchtigkeit der Zeugin Ml aus psychiatrischer Sicht nicht vorhanden.
230
(2) Der Zeuge di L führte aus, dass er am 27.09.2018 gegen 02:00 Uhr von der Polizei telefonisch über den Einbruch in seiner Pizzeria „L“, A-Straße 12, M., informiert worden sei. Am Tatort angekommen habe er die mit Hebelspuren beschädigte Zugangstür zur Pizzeria vorgefunden, für deren Reparatur er etwa 100,00 EUR habe aufwenden müssen. Auch sei an der Tür ein Stofffetzen gefunden worden. Mit der Zeugin Ml, welche im Anwesen eine Wohnung im 1. Obergeschoss bewohnt habe, habe er über den Vorfall gesprochen. Diese habe ihm gegenüber geäußert, dass sie zur Tatzeit einen schwarzen Mercedes, dem die Radkappen gefehlt hätten, vor dem Gebäude gesehen habe, aus dem ein Mann mit stattlicher Statur ausgestiegen sei.
231
Die Kammer ist von der Glaubwürdigkeit des Zeugen di L und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben überzeugt. Dieser schilderte ohne Widerspruch oder Belastungseifer die von ihm getätigten Angaben und konnte auf Nachfrage ergänzend antworten.
232
(3) Der glaubwürdige Nebenkläger B sagte in seiner Zeugenvernehmung glaubhaft aus, dass die Angeklagte B noch immer über einen Haustürschlüssel zu seinem Wohnanwesen besitze, da sie sich weigere, diesen an ihn herauszugeben. Mit diesem Schlüssel habe sie auch Zugang zu den Mülltonnen, so dass es ihr ohne Weitere möglich sei, seinen Hausmüll von dort an sich zu nehmen. Zudem bestätigte er, dass er einen schwarzen Mercedes fahre.
233
(4) Die Zeugin KKin J, die den - angeblichen - Tatort aufgesucht hatte, bestätigte glaubhaft, dass bei ihrer Ankunft das Langschild der Eingangstür zur Pizzeria zerkratzt gewesen sei. Sie habe im Laufe der Ermittlungen die Zeugin Ml sowie den Nebenkläger als Beschuldigten vernommen. Das Verfahren sei letztendlich eingestellt geworden.
234
(5) Der Zeuge KOK M, der als polizeilicher Hauptsachbearbeiter die Ermittlungen geleitet hatte, machte glaubhafte Angaben zu den vorgenommenen Ermittlungen. Er führte aus, dass am 27.09.2017 gegen 01:30 Uhr durch Sa.Ml ein Einbruch in der Pizzeria „L“, A Straße 12, M., gemeldet worden sei. Sie habe angegeben, akustisch ein Geräusch wahrgenommen und beim Blick aus dem Fenster ein Auto habe wegfahren sehen. Zudem habe sie ein Teilkennzeichen genannt. Aufgrund der Angaben der Sa.Ml habe man den Nebenkläger ausfindig machen können und als Beschuldigten in dem Verfahren 271 Js 138761/18 geführt. Trotz der Beschuldigteneigenschaft des Nebenklägers hätten sich im Ermittlungsverfahren erhebliche Zweifel an dessen Täterschaft ergeben. Das am Langschild der Eingangstür zur Pizzeria vorgefundene Stück Stoff sei ungewöhnlich angebracht gewesen. Selbst wenn sich ein Täter schnell vom Tatort entfernen würde, sei ein Hängenbleiben an dieser Stelle verdächtig gewesen. Des Weiteren habe der Nebenkläger in seiner Vernehmung den Sachverhalt unter Tränen vehement abgestritten. Die von ihm an den Tag gelegte Vehemenz sei ebenfalls auffällig gewesen. Daraufhin sei er an die Zeugin Ml herangetreten, die in ihrer Zeugenvernehmung sehr nervös gewesen sei, die bereits getätigten Angaben zum Einbruch in der Pizzeria zunächst jedoch bestätigt habe. Auf Personen mit Verfahrensbezug angesprochen, habe die Zeugin Ml zu weinen begonnen und angegeben, dass der Einbruch lediglich fingiert gewesen sei. Sie habe angegeben, dass der Plan mit den Angeklagten G und B entstanden sei, wobei der Angeklagte G den Tatort präparieren sollte und die Angeklagte B ihr das Kennzeichen des Nebenklägers auf einen Zettel geschrieben sowie die Idee geäußert habe, sie solle einen Zahlendreher in das Kennzeichen einbauen.
235
Bei einer Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung der Angeklagten G und B in der SStraße 20, M. am 20.09.2018 habe man eine Plastiktüte mit Gegenständen gefunden, an denen sich DNA-Spuren des Nebenklägers befunden hätten. Bei einer der in der Tüte befindlichen Socke sei ein Loch etwa in der Größe des am Langschilds vorgefundenen Stück Stoffs vorhanden gewesen. Auch habe der Stoff der Socke in Farbe und Textur dem entsprochen. Ein Abgleich der beiden Stoffe sei jedoch nicht möglich gewesen, da das am Langschild vorgefundene Stück Stoff abhandengekommen sei.
236
Auch von der Glaubhaftigkeit der Angaben des KOK M und der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der die Angaben widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer tätigte, ist die Kammer überzeugt.
237
Die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder zeigen das an dem aufgebogenen Langschild der Eingangstür zur Pizzeria eingeklemmte Stück Stoff sowie die durch Einsatz eines Hebelwerkzeugs eingetretene Beschädigung des Langschilds und die dadurch entstandenen Kratzspuren.
b. Tat vom 05.11.2017, Ziff. 2 der Anklage vom 07.03.2019
238
Die Feststellungen unter C. I. 2. b. stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Geständnisses der Angeklagten B und G, der Angaben der Zeugen M, Ml, Bo, KHKin S, KOKin E und KOK M sowie der in Augenschein genommenen Lichtbilder.
aa. Geständnis der Angeklagten G und B
239
Die Angeklagten G und B räumten den ihnen in Ziffer 2 der Anklage vom 07.03.2019 zur Last gelegten Sachverhalt, wie unter D. II. 1. dargestellt, vollumfänglich in objektiver und subjektiver Hinsicht ein.
240
Die Angeklagte B gab zudem auf Nachfrage an, dass die Zeugin M für ihren Einsatz 1.000,00 EUR hätte erhalten sollen. Die Sturmhaube und das verwendete Hemd seien frisch gewesen, der Angeklagte G habe die Gegenstände besorgt. Den Pkw, mit dem sie die Zeuginnen M und Ml abgeholt habe, habe sie von einer Freundin, Ro. R, geliehen. Am 04.11.2017 habe tagsüber die Geburtstagsfeier ihrer Tochter J stattgefunden, wo auch die Zeuginnen T und Si. Mt anwesend gewesen seien. Entgegen der Erinnerung der Zeuginnen habe an diesem Tag aber keine Übernachtung in ihrer Wohnung stattgefunden. Die Feier sei, als sie die Zeuginnen M und Ml abgeholt habe, bereits beendet und die Gäste seien nicht mehr in der Wohnung der S-Straße 20 gewesen.
241
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an den Geständnissen der Angeklagten G und B zu zweifeln. Diese werden insbesondere durch die folgenden Beweismittel in ihrer Richtigkeit bestätigt:
242
(1) Die Zeugin M führte glaubhaft aus, dass es die von ihr bei der Polizei gemeldete versuchte Vergewaltigung nie gegeben habe. Die Angeklagte B, die sie über die Zeugin Ml kenne, habe ihr von dem schlechten Umgang ihres Exmanns mit den beiden gemeinsamen Töchtern erzählt. Hier habe ihr die Angeklagte B auch ein Foto vom Intimbereich der Töchter gezeigt, auf dem sich blaue Flecken befunden hätten. Darum habe sie der Angeklagte B geglaubt und bei einem Treffen Ende Oktober 2017 dem Vorschlag der Angeklagten G und B zugestimmt, eine Vergewaltigung durch Be. B, gegen die Zahlung von 1.000,00 EUR, vorzutäuschen. Am 04.11.2017 sei sie abends gemeinsam mit der Zeugin Ml von der Angeklagten B abgeholt worden, wobei diese einen von der Zeugin R, einer Freundin der Angeklagten B, geliehenen Pkw, gefahren habe. Nachdem sie und die Zeugin Ml ihre Handys in den Flugzeugmodus hatten schalten müssen, damit die Polizei ihre Fahrtwege nicht würde nachvollziehen können, seien sie über die Wohnung des Be. B, um zu überprüfen, ob sich dieser zu Hause befinde, zur Wohnung der Angeklagten G und B gefahren, wo der Angeklagte G mit dem Bruder der Angeklagten B, Fr. L, auf sie gewartet habe. Der Angeklagte G habe ihr ein weißes, neues Männerhemd gegeben, das er mit farblosen Lackauftragungen versehen habe, damit der Verdacht auf Be. B gelenkt werde, der als Maler- und Lackierer arbeite. Anschließend habe der Angeklagte G das Hemd sowie die von ihr getragene schwarze Leggings zerrissen und ihr mehrere Schläge auf den Rücken versetzte, damit Hämatome entstehen würde und die Vergewaltigung somit realistischer erscheinen würde.
243
Aus einer Plastiktüte habe der Angeklagte G zudem Zigarettenstummel des Nebenklägers sowie Haare von dessen Katze entnommen. Diese Gegenstände, so die Zeugin M, habe die Angeklagte B laut eigenen Angaben aus dem Hausmüll des Nebenklägers erlangt und zur Spurenlegung in Richtung des Nebenklägers aufbewahrt. Fr. L habe Schuhe getragen, wie sie auch der Nebenkläger besitzt, um Fußabdrücke hinterlassen zu können, die den Verdacht auf den Nebenkläger lenken sollten, sowie eine schwarze Hose und eine blaue Jacke, wie sie auch der Nebenkläger nach Angaben der Angeklagten G und B trage. Anschließend habe die Angeklagte B die Zeugin Ml nach Hause gefahren, sie selbst sei mit dem Angeklagten G und Fr. L mit dem Pkw zum I. Ring, M., gefahren. Der Angeklagte G habe einen passenden „Tatort“ ausgewählt, dort die, zuvor noch einmal angezündeten, Zigarettenstummel sowie die mit Katzenhaaren versehene Sturmhaube ausgelegt. Fr. L habe sie, nachdem sich der Angeklagte G bereits zurück zum Auto begeben hätte, von hinten in das Gebüsch geschubst und sei dann ebenfalls weggegangen. Wenige Minuten später habe sie einen Notruf an die Polizei abgesetzt und gemeldet, soeben Opfer einer versuchten Vergewaltigung geworden zu sein. Als die Polizeibeamten eingetroffen seien, habe sie sich in das Polizeipräsidium begeben, wo Fotos von ihr gefertigt worden seien. Zudem sei sie von Polizeibeamten insgesamt dreimal vernommen worden.
244
Die Kammer hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Sie tätigte diese widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer. Zudem werden diese durch den von der Zeugin M vorgelegten, hinsichtlich der Abbildungen in Augenschein genommenen und hinsichtlich des Textes auf der linken Hälfte verlesenen Ausdruck des über Google erstellten Bewegungsprofils ihres Handys vom 04.11. und 05.11.2017 bestätigt. Darauf ist erkennbar, dass am 04.11.2017 gegen 20:27 - somit die Uhrzeit, als die Zeuginnen M und Ml von der Angeklagten B mit dem Pkw an ihrer Wohnadresse abgeholt wurden - der Flugzeugmodus des Handys aktiviert wurde, wobei der Standort die Wohnadresse der Zeugin M anzeigt. Gegen 01:00 Uhr am 05.11.2017 wird der neue Standort der Zeugin M, nach Deaktivierung des Flugzeugmodus, im Bereich der S-Straße 20, und somit dem Wohnort der Angeklagten G und B aufgezeichnet. Von dort führt die Fahrtroute in Richtung I. Ring, der Tatort ist auf G. M. als Berg am L. gekennzeichnet, was dem M. Stadtteil entspricht, in welchem auch der I. Ring verläuft, wo sich die Zeugin M laut Verlauf bis etwa 03:18 Uhr aufhielt, bevor sie, über einen Umweg ihrer Wohnadresse, in die E. straße M. und somit dem Polizeipräsidium verbracht wurde. Der glaubwürdige Zeuge KOK M führte zu der Erstellung von Bewegungsprofilen über G. M. glaubhaft aus, dass in unregelmäßigen Abständen über das Programm ein Standort gespeichert werde. Diese könne man im Nachhinein zu einem Bewegungsprofil verbinden. Die Zeugin M gab auf Nachfrage an, dass nur sie ihr Handy benutze und dieses am 04.11 und 05.11.2017 an keine andere Person verliehen habe. Aufgrund dieser Umstände ist die Kammer überzeugt, dass die von der Zeugin M vorgelegten Bewegungsprofile der Wahrheit entsprechen und somit einen objektiven Beleg für den zeitlichen Ablauf der Tat darstellen.
245
(2) Des Weiteren werden die Angaben der Zeugin M durch die glaubhaften Ausführungen der glaubwürdigen Zeugin Ml bestätigt. Letztere führte auch aus, dass sie, von der Angeklagten B auf eine mögliche Bekannte, die weitere Straftaten des Nebenklägers vortäuschen könnte, angesprochen, den Kontakt zur Zeugin M vermittelt habe. Auch habe die Angeklagte B angegeben, dass sie ein Auto von Ro. R leihen könne, um sie von ihrer Wohnung abzuholen und damit etwaige Spuren in Richtung der Angeklagten B und G zu vermeiden.
246
Auch diese Angaben tätigte die Zeugin Ml detailreich und widerspruchsfrei, so dass an ihrer Glaubwürdigkeit und an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben bei - wie bereits ausgeführter - zur Überzeugung der Kammer gegebenen Aussagetüchtigkeit keine Zweifel bestehen.
247
(3) Der Zeuge Bo gab an, dass er den Angeklagten G seit dem Jahr 2004 kenne. Zwischen 2016 und September 2018 habe er häufig Kontakt zum Angeklagten G gehabt. Dieser habe immer wieder bei ihm übernachtet, wenn er Streit mit der Angeklagten B gehabt habe. Er selbst habe von der angeblichen Vergewaltigung erst im Februar 2019 erfahren. Einen Anruf bei der Polizei habe er von seinem Anschluss aus nicht getätigt. Dem Angeklagten G sei es jedoch möglich gewesen, wenn er sich bei ihm aufgehalten habe, auch sein Telefon zu benutzen.
248
Die Kammer ist von der Glaubwürdigkeit des Zeugen Bo und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben überzeugt. Dieser schilderte ohne Widerspruch oder Belastungseifer die von ihm getätigten Angaben und konnte auf Nachfrage ergänzend antworten. Aufgrund der Angaben des Zeugen Bo ist die Kammer zudem davon überzeugt, dass es sich bei dem anonymen Anrufer um eine aus dem Bekanntenkreis der Angeklagten G und B stammende Person handelte, der den Anruf tätigte bzw. dieser selbst durch den Angeklagten G - der sich in der Hauptverhandlung diesbezüglich nicht äußern wollte - vorgenommen wurde. Dies ergibt sich daraus, dass der Anrufer über Wissen verfügte, wie es ihm nur über die Angeklagten G und B zugetragen werden konnte, wie das Zurücklassen der Sturmhaube am Tatort sowie der Kleidung des angeblichen Täters.
249
(4) Die glaubwürdige Zeugin R bestätigte, dass sie der Angeklagten B einmal für eine Nacht einen Pkw geliehen habe.
250
(5) Die glaubwürdige Zeugin KHKin S, welche die Ermittlungen in dem Verfahren, pol. Az.: ... leitete, führte glaubhaft aus, dass am 05.11.2017 um 02:49 Uhr der Notruf der Zeugin M eingegangen sei. Darin habe diese angegeben, soeben Opfer einer versuchten Vergewaltigung geworden zu sein. Den Täter habe sie als einen ihr unbekannten Mann mit schwarzer Hose, Turnschuhen und blauer Jacke beschrieben. Besagter Mann habe sie von hinten in das Gebüsch geworfen und an der Brust und im Intimbereich berührt. Diese Angaben habe die Zeugin M in den insgesamt drei vorgenommenen polizeilichen Zeugenvernehmungen jeweils bestätigt.
251
Die am angeblichen Tatort aufgefundene Sturmhaube sei auf DNA-Spuren untersucht worden. Hierbei sei erstaunlich gewesen, dass keinerlei DNA habe festgestellt werden können. Normalerweise würde sich an einem, am Kopf einer Person getragenen Kleidungsstück, immer ein Nachweis an Hautschuppen oder Haaren finden. Auch die von der Zeugin M getragene Kleidung sei - ergebnislos - auf etwaige DNA-Spuren eines Täters untersucht worden. Mit einem Polizeihund sei am Tatort zudem versucht worden, die etwaige Fluchtrichtung des Täters zu ermitteln, wobei sich auch hieraus keine Ergebnisse ergeben hätten. Um etwaige Zeugen der Tat ausfindig zu machen, sei durch die zweite Einsatzhundertschaft eine Hausbefragung der am Tatort angrenzenden Wohnanwesen durchgeführt worden. Hierbei hätten sich in Bezug auf einen etwaigen Täter ebenfalls keine Spuren ergeben. Auch eine Funkzellenbestimmung habe keine weiterführenden Ergebnisse geliefert.
252
Am 07.11. und 10.11.2017 seien zwei anonyme Anrufe bei der Polizei bezüglich des Vorfalls eingegangen. Ein jeweils männlicher Anrufer habe angegeben, dass er den Täter kennen würde. Es würde sich hierbei um einen B. B handeln, der in der D. straße, München, wohne und den Anrufer am Tattag um ein Alibi gebeten habe. Des Weiteren habe der Anrufer die vom B. B angeblich am Tattag getragene Kleidung beschrieben, welche mit den diesbezüglich durch die Zeugin M getätigten Angaben übereingestimmt habe und angegeben, dass der Täter eine schwarze Sturmhaube am Tatort zurückgelassen habe. Eine Nachverfolgung der Rufnummer habe, so die Zeugin KHK S, ergeben, dass die beiden Anrufe vom Anschluss eines Go. B. getätigt worden seien. Aufgrund der Anrufe habe sie einen Datenbankabgleich mit der DNA des Nebenklägers, die bereits im polizeilichen System hinterlegt gewesen sei, durchgeführt. Hätte sich die DNA des Nebenklägers nicht bereits im System befunden, hätte sie ihn zwecks Einholung einer DNA Probe aufgesucht. Als Beschuldigten habe sie den Nebenkläger jedoch zu keiner Zeit geführt, da sie Zweifel an dem Tathergang gehabt habe. Es seien mit der fehlenden DNA an der Sturmhaube, den beiden anonymen Anrufen sowie den teils wagen Angaben der Zeugin M Momente vorhanden gewesen, die sie stark irritiert hätten.
253
Die Zeugin KHKin S tätigte ihre Angaben widerspruchsfrei und detailliert, so dass sich für die Kammer keine Anhaltspunkte dafür ergeben, an der Glaubwürdigkeit der Zeugin und an der Glaubhaftigkeit ihrer tatbezogenen Angaben zu zweifeln.
254
(6) Die Zeugin KOKin E, welche die von der Zeugin M bei der fingierten Vergewaltigung getragenen Kleidungsstücke fotografisch dokumentiert hatte, führte glaubhaft aus, dass am Hemd ein Knopf gefehlt habe sowie die Hose zerrissen gewesen sei. Ein besonderer Geruch, etwa nach Farbe, sei ihr hingegen nicht erinnerlich.
255
(7) Der glaubwürdige Zeuge KOK M führte glaubhaft aus, dass er die Zeugin M am 13.09.2018 als Beschuldigte vernommen habe. Sie habe eingeräumt, dass die Vergewaltigung zu keiner Zeit stattgefunden habe, sondern sie die Tat aufgrund des mit den Angeklagten G und B geschmiedeten Plans durchgeführt habe. Der ermittelte Anschlussinhaber der anonymen Anrufe, Go. B., sei ein Bekannter der Angeklagten G und B.
256
(8) Die Zeuginnen T und S. Mt gaben jeweils an, am 04.11.2017 ab 14:00 Uhr in der Wohnung der Angeklagten G und B den Geburtstag der Tochter der Angeklagten B gefeiert zu haben. Dabei führte die Zeugin T aus, dass sie in der Nacht vom 04.11. auf den 05.11.2017 bei der Angeklagten B übernachtet habe. Weitere Personen hätten sich, neben ihr und ihrer Tochter sowie der Angeklagten B mit ihren Kindern, nicht in der Wohnung befunden.
257
Die Kammer folgt den Angaben der Zeuginnen T und R nicht, da diese, wie die Angeklagte B schließlich selbst einräumte, die von ihnen geschilderten Vorgänge irrtümlicherweise am 04.11.2017 erinnerlich hatten, wobei besagte Feier erst sechs Monate später stattgefunden habe.
258
Die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder zeigten die von der Zeugin M bei der fingierten Vergewaltigung getragenen Kleidung. Darauf war erkennbar, dass sie ein weißes Herrenhemd, dem ein Knopf fehlte, sowie eine schwarze, mit Rissen versehene Leggins getragen hatte.
c. Tat zwischen dem 01.01.2018 und 11.09.2018, Ziff. 3 der Anklage vom 07.03.2019
259
Die unter C. I. 2. c. getroffenen Feststellungen stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Geständnisses der Angeklagten B und G sowie der glaubhaften Angaben der Zeugen Ml und KOK M.
aa. Geständnis der Angeklagten B und G
260
Die Angeklagten G und B räumten die Tat - wie unter D. II. 1. dargestellt - vollumfänglich in objektiver und subjektiver Hinsicht ein.
261
Die Angeklagte B gab auf Nachfrage ergänzend an, dass sie und der Angeklagte G gemeinsam der Zeugin Ml vorgeschlagen hätten, den Pkw des Nebenklägers in Flammen zu setzen. Sie habe ihr, neben der bereits erfolgten Beschreibung des Pkw des Nebenklägers, auch dessen Wohnung samt Parkplatz des Pkws gezeigt. Die Zeugin Ml, so die Angeklagte B, habe den Vorschlag nicht sofort abgelehnt, sondern angegeben, sie wolle sich die Ausführung der Tat noch überlegen. Auch hier habe sie sich erhofft, durch etwaige Ermittlungen gegen den Nebenkläger die Entscheidung des Familiengerichts betreffend den Sorge- und Umgangsrechtsstreit bezüglich der drei gemeinsamen Kinder zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Sie glaube nicht, dass der Angeklagte G weitere finanzielle Mittel habe aufbringen wollen, um die Zeugin Ml zur Tatbegehung zu veranlassen, sie selbst habe nicht vorgesehen, der Zeugin eine finanzielle Gegenleistung anzubieten.
262
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an den Geständnissen der Angeklagten G und B zu zweifeln. Diese werden insbesondere durch die folgenden Beweismittel in ihrer Richtigkeit bestätigt:
263
(1) Die Zeugin Ml führte glaubhaft aus, dass die Angeklagten G und B in einem persönlichen Gespräch an sie mit dem Vorschlag herangetreten seien, den Pkw des Be. B in Brand zu setzen. Die Angeklagte B habe dabei Druck auf sie ausgeübt, wozu sie wiederholt von ihrem Exmann und dessen schlechtem Umgang mit den drei gemeinsamen Kindern erzählt habe. Zum Ablauf der Tat habe ihr der Angeklagte G erläutert, dass der Pkw des Nebenklägers mit Benzin übergossen werden sollte. Im Anschluss müsse sie, so die Zeugin Ml, ihre brennende Zigarette auf den Pkw werfen, der daraufhin in Flammen hätte aufgehen sollen.
264
Sie habe den Vorschlag nach kurzem Überlegen abgelehnt, obwohl ihr die Angeklagten G und B versichert hätten, dass für sie kein Risiko bestünde, und deutlich gemacht, dass eine derartige Tat für sie unter keinen Umständen in Betracht käme. Zu keinem Zeitpunkt sei sie bereit gewesen, die Tat zu begehen. Dies habe sie den Angeklagten G und B auch klar und deutlich gesagt, woraufhin diese keine weiteren Versuche mehr unternommen hätten, sie zur Begehung der Tat zu überreden.
265
Die Kammer hat - wie bereits ausgeführt - keine Zweifel an der Aussagetüchtigkeit sowie der Glaubwürdigkeit der Zeugin Ml und Glaubhaftigkeit ihrer verfahrensbezogenen Angaben, da diese widerspruchsfrei und konsistent im Aussageverhalten, wie die Angaben des Zeugen KOK M bestätigen, den Sachverhalt schilderte.
266
(2) Die Angaben der Zeugin Ml werden durch die glaubhafte Aussage des Zeugen KOK M bestätig. Im Ermittlungsverfahren, so der Zeuge KOK M, habe die Zeugin Ml im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung gegenüber geäußert, dass sie den Pkw des Nebenklägers auf Anweisung der Angeklagten G und B hätte anzünden sollen. Hierzu hätte der Pkw mit Benzin übergossen durch eine brennende Zigarette zum Entflammen gebracht werden sollen.
267
Auch von der Glaubhaftigkeit der Angaben des KOK M und der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der die Angaben widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer tätigte, ist die Kammer überzeugt.
d. Tat vom August 2018, Ziff. 4 der Anklage vom 07.03.2019
268
Die unter C. I. 2. d. getroffenen Feststellungen stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der Einlassung der Angeklagten B und des Geständnisses des Angeklagten G, der glaubhaften Angaben der Zeugen W, Ml und KOK M sowie des in der Hauptverhandlung erstatteten toxikologischen Gutachtens.
aa. Einlassung/Geständnis der Angeklagten G und B
269
Die Angeklagten G und B bestätigten den festgestellten Sachverhalt, wie unter C. II. 4. dargestellt. Der Angeklagte G räumte diesen Vorwurf vollumfänglich in objektiver und subjektiver Hinsicht ein.
270
Die Angeklagte B gab auf Nachfrage an, dass der Angeklagte G die mit dem Kokaingemische gefüllte Spritze besorgt habe. Sie wisse nicht, wann und wo die Spritze übergeben worden sei. Zwar habe sie den Angeklagten G zu etwa drei Treffen mit Ol. W gefahren, sie habe aber stets im Auto auf die Rückkehr des Angeklagten G gewartet und hätte nicht gehört was gesprochen oder gesehen, was übergeben worden sei. Ol. W hätte den Nebenkläger bewusstlos schlagen und die Spritze intramuskulär in den Oberschenkel injizieren sollen. Sie habe sich erhofft, den Streit vor dem Familiengericht zu ihren Gunsten beeinflussen zu können, wenn der Nebenkläger bei einem der vom Jugendamt geforderten Drogenkontrollen einen positiven Befund erhalten hätte. Weiterreichende Folgen, wie den Tod des Nebenklägers, habe sie zu keinem Zeitpunkt herbeiführen wollen.
271
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an dem Geständnis des Angeklagten G bzw. der bestätigenden Einlassung der Angeklagten B zu zweifeln. Diese werden insbesondere durch die folgenden Beweismittel in ihrer Richtigkeit bestätigt:
272
(1) Der glaubwürdige Zeuge W führte aus, dass es im August 2018 zu einigen Treffen mit den Angeklagten G und B gekommen sei. Er sei von den beiden Angeklagten gefragt worden, ob er den Exmann der Angeklagten B bewusstlos schlagen und ihm anschließend eine Spritze in den Oberschenkel injizieren könne. Der Angeklagte G habe ihm bei einem Treffen die Spritze übergeben, an die Anwesenheit der Angeklagten B erinnere er sich nicht. Ebenfalls vom Angeklagten G habe er 200,00 EUR als Anzahlung der vom Angeklagten G insgesamt zugesicherten Zahlung in Höhe von 500,00 EUR erhalten.
273
Die Kammer hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und somit der Glaubhaftigkeit seiner Angaben, da er diese widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer tätigte.
274
(2) Die Zeugen Ml und KOK M bestätigen den vom Zeugen W geschilderten Sachverhalt. So gab die glaubwürdige Zeugin Ml widerspruchsfrei an, dass sie bei einem Gespräch des Zeugen W mit den Angeklagten B und G anwesend gewesen sei. Die Angeklagten G und B hätten dem Zeugen W Geld geboten, wenn er den Nebenkläger zusammenschlagen und ihm dann eine Spritze mit Drogen injizieren würde. Der glaubwürdige Zeuge KOK M führte glaubhaft aus, dass die Zeugin Ml in ihrer Vernehmung den Sachverhalt wie dargelegt geäußert habe. Zudem habe man, wie auch die glaubwürdige Zeugin KKin J bestätigte, bei der Wohnungsdurchsuchung des Zeugen W von diesem eine Spritze, gefüllt mit Flüssigkeit erhalten. Der Zeuge W habe angegeben, die Spritze vom Angeklagten G erhalten zu haben, damit er sie dem Nebenkläger in den Oberschenkel injizieren könne. Die Spritze sei zur weiteren Untersuchung an das Bayerische Landeskriminalamt übersandt worden.
cc. Toxikologisches Gutachten
275
Der Sachverständige Dr. G erstattet sein von großer Sachkunde getragenes Gutachten aus dem Bereich der Toxikologie. Er führte aus, dass er zur Untersuchung eine Plastikspritze mit aufgezogener Kanüle mit 2,7 ml einer gelblichen Flüssigkeit mit weißem Bodensatz erhalten habe. Die Untersuchung mittels Dünnschichtchromatographie, FourierTransform-Infrarotspektroskopie sowie Gaschromatograpie-Massenspektrometrie hätten ergeben, dass die Spritze eine Zubereitung aus Cocain-Hydrochlorid und Mannit, in einem Gemisch aus Ethanol und Isopropanol enthalten habe. Insgesamt seien in der Spritze 1,35 Gramm der Zubereitung aus Cocain-Hydochlorid und Mannit enthalten gewesen, die einer Abschätzung der infrarotspetrometrschen Ergebnisse zufolge zu 30 - 60% aus Cocain-Hydrochlorid bestanden habe. Somit seien in der Spritz 0,4 bis 0,8 Gramm Cocain-Hydrochlorid enthalten gewesen.
276
Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des erfahrenen Sachverständigen aus eigener Überzeugung an.
277
a) Der glaubwürdige Nebenkläger führte glaubhaft aus, dass ihn die gegen ihn fingierten Straftaten nachhaltig in seiner Lebensführung beeinträchtigt hätten. So würde er sich auf der Straße häufig umsehen, da er Sorge um seine körperliche Unversehrtheit sowie seine Kinder habe.
278
b) Die glaubwürdige Zeugin Ml gab glaubhaft an, dass sie den Nebenkläger nach Aufklärung der Taten durch die Polizei getroffen und sich bei ihm entschuldigt habe. Es sei traurig zu sehen, dass der Nebenkläger noch immer Angst vor weiteren Taten der Angeklagten G und B habe. Er würde Zigarettenstummel nicht im öffentlichen Raum liegen lassen, diese - sowie etwaige Kronkorken - stets mit sich nehmen, um keine DNA-Spuren zu hinterlassen, die von den Angeklagten G und B erneut gegen ihn verwendet werden könnten.
III. Feststellungen zum Sachverhalt, Anklage vom 29.12.2020
279
Der Angeklagte Be räumte die ihm in der Anklage vom 29.12.2020 zur Last gelegten Taten am 1. Tag der Hauptverhandlung vollumfänglich in objektiver und subjektiver Hinsicht ein.
280
Er führte aus, dass er ab etwa April 2020 vermehrt Kontakt zum Angeklagten G gehabt habe. Dabei hätten sie auch über ihre prekären finanziellen Verhältnisse gesprochen und in einem gemeinsamen Austausch an Ideen überlegt, wie man diese über illegale Wege dauerhaft aufbessern könne. Aufgrund ihrer jeweiligen Erfahrungen - der Angeklagte G würde sich mit dem Öffnen von Türen und Fenstern sowie der Deaktivierung von Alarmanlagen, er selbst, so der Angeklagte Be, mit dem Öffnen von Tresoren auskennen - seien sie übereingekommen, dass die Begehung von Einbruchdiebstählen lohnenswert sein könne. Dabei hätten sie vereinbart, dass der Angeklagte G zuständig sein solle, den Zugang zum Objekt zu verschaffen, während er selbst etwaig aufgefundene Tresore - auf die sie es insbesondere abgesehen hätten - öffnen würde. Dabei hätten sie zwar nicht ausdrücklich darüber gesprochen, dass die Teilung der Beute zu je ½ erfolgen würde, dies sei aber für jeden von ihnen aufgrund des arbeitsteiligen Vorgehens ohne Zweifel gewesen. Er selbst habe das Geld unter anderem auch zur Finanzierung seiner Kokainsucht benötigt.
281
Bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hatte der Angeklagte Be in den polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen vom 13.10.2020, 16.10.2020 und 19.10.2020 sowie in der ermittlungsrichterlichen Beschuldigtenvernehmung vom 23.12.2020 die ihm zur Last gelegten Taten vollumfänglich eingeräumt.
282
Am 1. Tag der Hauptverhandlung räumte der Angeklagte G im Rahmen einer Verteidigererklärung, die er als zutreffend bestätigte, die Beteiligung an den unter Mitwirkung des Be begangenen Einbruchdiebstähle insoweit ein, als er kein eigenes Interesse daran gehabt habe, sondern die Taten des Mitangeklagten Be habe unterstützen wollen. Es sei nicht abgesprochen gewesen, dass er einen Teil der Beute erhalten solle, davon sei er auch nicht ausgegangen.
283
Diese Erklärung ergänzte der Angeklagte G am 6. Tag der Hauptverhandlung, ebenfalls im Rahmen einer Verteidigererklärung, die er als zutreffend bestätigte, indem er die ihm in den Ziffern 1 bis 3 der Anklageschrift vom 29.12.2020 gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe in vollem Umfang - auch im Hinblick auf die mittäterschaftliche Begehungswiese und die Beuteteilung - einräumte.
a. Tat zwischen dem 02.07. und 03.07.2020, Ziff. 1 der Anklage vom 29.12.2020
284
Der unter C. II. 2. a. festgestellte Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Geständnisses der Angeklagten G und Be sowie der glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugen Bl, KHK R, KHK A und KHK H sowie der in Augenschein genommenen Lichtbilder..
285
Die Angeklagten G und Be räumten die Begehung der Tat zwischen dem 02.07. und 03.07.2020 wie unter D. III. 1. dargelegt vollumfänglich in subjektiver und objektiver Hinsicht ein.
286
Der Angeklagte Be gab weiter an, dass der Angeklagte G das Autohaus als taugliches Objekt vorgeschlagen habe. Sie hätten keine lange Planung vorgenommen, sondern seien eines Nachts zur Tatausführung dorthin gefahren. Zudem räumte der Angeklagte Be ein, dass der Angeklagte G sowohl die Zugangstür als auch die im Objekt geöffnete Türe unter Einsatz eines sog. Nußknackers geöffnet habe. Gemeinsam hätten sie unter Einsatz eines im Autohaus aufgefundenen Brecheisens den im 1. Obergeschoss befindlichen Tresor aufgehebelt. Da sich darin nur Schlüssel befunden hätten, hätten sie den Raum wieder verlassen, ohne etwas an sich zu nehmen. Anschließend hätten sie die übrigen Räume nach Wertgegenständen durchsucht, wozu der Angeklagte G weitere Türen und Schubladen geöffnet habe. Schließlich vor dem Tresor im Erdgeschoss angekommen habe er, so der Angeklagte Be, sofort erkannt, dass es ihnen nicht gelingen würde, diesen ohne Einsatz einer Schablone oder eines Schneidbrenners zu öffnen, da der Verschluss zu massiv gewesen sei. Dies habe er dem Angeklagten G mitgeteilt, woraufhin sie die Örtlichkeit verlassen hätten, ohne etwas mit sich zu nehmen.
287
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an den Angaben der Angeklagten G und Be zu zweifeln. Diese werden insbesondere durch die folgenden Beweismittel in ihrer Richtigkeit bestätigt:
288
(1) Der glaubwürdige Zeuge Bl führte glaubhaft aus, dass er am Morgen des 03.07.2020 telefonisch über einen Einbruch im A K, D-Weg 21, München, wo er als Geschäftsführer arbeite, verständigt worden sei. Bei seiner Ankunft im Autohaus kurze Zeit später habe er festgestellt, dass die Eingangstür zur Direktannahmen sowie die Bürotür zum Verkaufsleiter, welche beide am Abend zuvor verschlossen gewesen seien, aufgebrochen worden seien. Des Weiteren sei ein, ebenfalls verschlossener, Schlüsseltresor im 1. Obergeschoss, sowie eine verschlossene Schublade der Kasse im Erdgeschoss aufgebrochen worden. Entwendet worden sei nichts. Von der Versicherung habe das A 15.833,00 EUR erhalten. Der entstandene Schaden setze sich zusammen aus 6.657,00 EUR zur Reparatur des Tresors, 9.190,00 EUR zur Reparatur der beschädigten Türen, 2.500,00 EUR zur Erneuerung des durch die verschütteten Flüssigkeiten beschädigten Teppichs, 1.287,00 EUR betreffend den Aufwand der Mitarbeiter, da die im Schlüsselschrank vorhandenen Schlüssel hätten überprüft und den jeweiligen Fahrzeugen zugeordnet werden müssen.
289
(2) Der Zeuge KHK R gab an, dass er am 03.07.2020 gegen 08:18 Uhr am Tatort eingetroffen sei. Dort habe man den Geschäftsführer, Herrn Bl, angetroffen. Die Eingangstür zur Direktannahme sei - wie auch die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder belegten - aufgebrochen gewesen, wobei das Langschild zunächst nach oben gebogen worden und anschließend der Profilzylinder herausgebrochen worden sei. Im Inneren habe man die Beschädigung einer weiteren Tür sowie einer Kassenschublade festgestellt. Ein Schlüsseltresor sei aufgehebelt gewesen. In der Werkstatt habe laut Angaben des Zeugen Bl eine Flasche Öl gefehlt, das die Täter in den Räumen zur Spurenverwischung ausgebracht hätten.
290
(3) Der glaubwürdige Zeuge KHK H, der als polizeilicher Hauptsachbearbeiter die Ermittlungen geleitet hatte, führte glaubhaft aus, dass der Angeklagte Be in seinen Beschuldigtenvernehmungen angegeben habe, den Angeklagten G in Haft kennengelernt und nach seiner Entlassung im Jahr 2020 wieder Kontakt zu ihm aufgenommen zu haben. Gemeinsam hätten sie entschieden, Straftaten zu begehen, wobei eine arbeitsteilige Vorgehensweise sowie eine hälftige Aufteilung der erzielten Beute angestrebt worden sei. Er habe, so der Zeuge KHK H, keine Anhaltspunkte gehabt, an den Angaben des Angeklagten Be zu zweifeln. Dieser habe ausführliche Angaben gemacht und Tatabläufe detailliert geschildert.
291
(4) Die Kammer hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen Bl, KHK R und KHK H und damit der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Diese schilderten das Erlebte detailreich, konnten auf Nachfragen ergänzende Angaben machen und zeigten keinerlei Belastungseifer.
b. Tat vom 11.07.2020, Ziff. 2 der Anklage vom 29.12.2020
292
Der unter C. II. 2. b. festgestellte Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Geständnisses der Angeklagten G und Be sowie der glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugen L, KHK R, KHK U, PHM N, POM K und KHK A sowie der in Augenschein genommenen Lichtbilder.
293
Die Angeklagten G und Be räumten die Begehung der Tat vom 11.07.2020 wie unter D. III. 1. dargelegt vollumfänglich in subjektiver und objektiver Hinsicht ein.
294
(1) Der Angeklagte Be führte auf Nachfrage aus, dass der Angeklagte G die Tat bereits mit einer Person namens „H.“, den er nicht mit vollen Namen kenne, geplant habe. Er selbst habe seine Teilnahme zugesagt, da er erneut Geld (auch) zur Finanzierung seines Kokainkonsums benötigt habe. Entsprechend der Absprache sollten der Angeklagte G und „H.“ in das Autohaus gelangen und ihn später zum Öffnen etwaig vorgefundener Tresore hinzurufen. Er habe den Angeklagten G zum Tatort gefahren, bevor er in der Wohnung des Angeklagten G auf dessen Anruf gewartet habe. Als er schließlich vom Angeklagten G verständigt worden sei, habe dieser angegeben, dass es Probleme mit dem Abtransport des Tresors gäbe. Daraufhin habe er sich, so der Angeklagte Be, mit dem Pkw, Renault Talisman, den er zu dieser Zeit angemietet hätte, zur Nähe des Tatorts begeben und dort den Angeklagten G und „H.“ getroffen. Gemeinsam habe man besprochen, den - für zwei Personen zu schweren - Tresor, der nach seiner Einschätzung mindestens 80 kg gewogen habe, über einen Anhänger, der in der Nachbarschaft geparkt gewesen sei, zum Auto und in dessen Kofferraum zu verladen. Als sie zum Autohaus gekommen seine, hätte sich der Tresor auf Rollwägen verladen an einer rückseitigen Tür befunden. Zu dritt hätten sie ihn unter Einsatz zweier Metallschienen auf den Anhänger und diesen zum in der Nähe geparkten Pkw geschoben. Anschließend hätten sie den Tresor, wieder unter Einsatz der Metallschienen, in den Kofferraum des Pkw verladen. Den Pkw hätten sie über Nacht in der zur Wohnung des Angeklagten G gehörenden Garage geparkt. Am nächsten Tag seien der Angeklagte G und „H.“ mit dem Pkw samt Tresor zur Tiefgarage seiner eigenen Wohnung gekommen. Sie hätten abwechselnd versucht, den Tresor unter Einsatz einer FL zu öffnen. Dies sei ihnen nicht gelungen. Daraufhin seien der Angeklagte G und „H.“ mit dem Pkw und dem Tresor auf einen Feldweg in der Nähe BAB 8 gefahren, wo es ihnen gelungen sei, die Tresortür von dem Tresor zu trennen. Er habe vom Angeklagten G 3.500,00 bis 4.000,00 EUR als seinen Anteil erhalten.
295
(2) Der Angeklagte G gab am 6. Tag der Hauptverhandlung auf Nachfrage an, dass es bei der Tat keinen dritten Täter gegeben habe. Er habe die Tat allein mit dem Angeklagten Be ausgeführt.
296
(1) Der glaubwürdige Zeuge L, Niederlassungsleiter des Autohauses H in der K-Straße 53, machte glaubhafte Angaben zum Umfang des entwendeten Diebesguts sowie des entstandenen Sachschadens. Er gab an, dass sich im Tresor Bargeld in Höhe von 8.448,24 EUR befunden habe, was sich aus der am 13.07.2020 erstellten Kassendifferenz ergeben habe. Des Weiteren hätten sich im Tresor 173 Fahrkarten des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds im Wert von jeweils 2,80 EUR, somit insg. 484,40 EUR befunden. Zudem 323 Abgasuntersuchungs-Plaketten zu je 1,13 EUR, somit insg. 364,99 EUR. Ein zum Büro des Niederlassungsleiters im Erdgeschoss gelegenes Fenster sei zudem aufgehebelt worden und habe für 3.635,00 EUR netto repariert werden müssen, ebenso sei ein neuer Tresor für 1.719,35 EUR netto angeschafft worden. Der gesamte Diebstahls- und Sachschaden sei bis auf etwa 100,00 EUR von der Versicherung übernommen worden.
297
Der entwendete Tresor habe sich in dem Büro des Niederlassungsleiters befunden. Es habe sich dabei um einen Standtresor gehandelt, der am Boden arretiert gewesen sei. Bei dem angegangenen Fenster würde es sich um ein Fenster zum Büro des Niederlassungsleiters handeln.
298
Für die Kammer ergeben sich keine Anhaltspunkte an der Glaubwürdigkeit des Zeugen L und damit der Glaubhaftigkeit seiner Angaben zu zweifeln. Dieser tätigte die Angaben ruhig und ohne Belastungseifer.
299
(2) Der Zeuge KHK R gab an, dass er am 11.07.2020 aufgrund seiner Tätigkeit beim Kriminaldauerdienst zum Tatort gerufen worden sei. Dort habe er festgestellt, dass ein Fenster im Erdgeschoss von außen mit einem unbekannten Hebelwerkzeug aufgehebelt worden sei. Im Inneren sei ein an der Wand arretierter Standtresor aus seiner Verankerung gerissen worden und wohl unter Einsatz eines Reifenwagens, den man im Hof gefunden habe, aus der von innen geöffneten Feuerschutztür transportiert worden.
300
(3) Der Zeuge KHK U, der ebenfalls im Rahmen seiner Tätigkeit beim Kriminaldauerdienst, den Tatort am 11.07.2020 aufsuchte, bestätigte die vom Zeugen KHK R getätigten Angaben. Des Weiteren gab er an, dass der Tresor die Größe und etwa 60 x 60 x 40 cm gehabt habe, was man an der Arretierung am Boden sowie der Abzeichnungen an der hinter dem Tresor befindlichen Wand habe erkennen können. Das von den Tätern im Büro des Niederlassungsleiters angegangene Fenster sei komplett zerstört gewesen.
301
(4) Die glaubwürdigen Zeugen PHM N und POM K machten glaubhafte Angaben zum aufgefundenen Tresor sowie dessen Tür. So gab PHM N an, dass er sich am 29.07.2020, 12:31 Uhr, zu einem Feld nahe der BAB 8, Ausfahrt Neubiberg gerufen worden sei, da dort ein Passant im Feld einen Tresor aufgefunden habe. Bei Ankunft an der Örtlichkeit habe er im Tresor, dem die Tür gefehlt habe, einen an ein Autohaus H adressierten Brief gefunden. POM K gab an, dass sie von der Einsatzzentrale zum sog. Hachinger Bach beordert worden sei, da dort eine Tresortür im Bach schwimmen würde. Bei Ankunft hätten sie die entsprechende Türe aufgefunden.
302
(5) Der Zeuge KHK A berichtete wiederum über die mit dem Angeklagten Be durchgeführten Beschuldigtenvernehmungen. Darin habe dieser angegeben, dass er den Angeklagten G zum Autohaus gefahren habe, bevor er sich zur Wohnung des Angeklagten G begeben und auf dessen Anruf gewartet habe. Er sei später wieder zum Tatort um bei dem Abtransport des Tresors zu helfen, der für die beiden Personen vor Ort zu schwer gewesen sei. Er habe angegeben, dass es ihnen zu dritt gelungen sei, den Tresor auf einen Anhänger zu verladen, wozu Metallschienen verwendet worden seien, und dann zum Pkw zu transportieren. Für ihn, so der Zeuge KHK A, sei die Detailliertheit der vom Angeklagten Be getätigten Angaben bemerkenswert gewesen. Dieser habe eine authentische Erinnerung gezeigt und viele Dinge bildlich erklären können. Auch hier habe er keine Anhaltspunkte gehabt, das vom Angeklagten Be Geäußerte in Frage zu stellen. Dennoch habe er sich, so der Zeuge KHK A, die Frage gestellt, ob es die dritte Person namens „H.“ überhaupt gegeben habe. Er habe den Eindruck erlangt, dass der Angeklagte Be seiner Tatbeteiligung weniger Gewicht habe zukommen lassen wollen, was für ihn nicht mit der andererseits angegebenen hälftigen Aufteilung etwaigen Diebesguts vereinbar gewesen sei.
303
(6) Die Kammer hat auch keine Anhaltspunkte, an der Glaubhaftigkeit der Angaben der polizeilichen Zeugen KHK R, KHK U, PHM N, POM K und KHK A zu zweifeln, da sie ihre Angaben detailreich, in einen Kontext eingebunden und ohne Belastungseifer schilderte. Für die Kammer ergeben sich keine Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu zweifeln.
304
Die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder zeigen, dass das Fenster zum Büro des Niederlassungsleiters stark verbogen ist. Die am Boden befindlichen Arretierungen des zuvor im Büro befindlichen Tresors konnten klar ausgemacht und das zum Transport des Tresors verwendete Rollbrett sowie der aus der Nachbarschaft herbeigeholte Anhänger gezeigt werden. Ebenfalls zeigten die Lichtbilder den im Autohaus entwendeten Tresor ohne Tür auf einem Feld liegend, wobei sich im Tresor auch ein an das Autohaus adressierter Brief befand. Die im Hachinger Bach treibende Tresortür konnte ebenfalls auf Lichtbildern festgehalten und in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen werden.
305
Die Kammer ist überzeugt, dass sich der Sachverhalt wie unter C. II. 2. b. geschildert zugetragen hat. Den Angaben des Angeklagten G, er habe die Tat nur gemeinsam mit dem Angeklagten Be durchgeführt, folgt die Kammer hingegen nicht.
306
Dies ergibt sich zum einen aus dem konstanten Aussageverhalten des Angeklagten Be. Dieser hatte bereits vor der Hauptverhandlung in mehreren polizeilichen Vernehmungen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens den von ihm in der Hauptverhandlung geschilderten Sachverhalt wie festgestellt beschrieben. Widersprüche oder wesentliche Abweichungen waren in der Aussage nicht erkennbar. Auch gab der Zeuge KHK A an, dass er keine Anhaltspunkte gehabt habe, an den Angaben der Angeklagten Be zu zweifeln. Zwar hat der Zeuge KHK A auch angegeben, dass der Angeklagte Be seine Tatbeteiligung möglicherweise geringer habe erscheinen lassen und darum unter Umständen eine dritte Person mit ins Spiel gebracht habe. Demgegenüber führte der Zeuge PHM S, der die Handyauswertung des Angeklagten Be vorgenommen hatte, glaubhaft aus, dass sich aus den gespeicherten Nachrichten eine ebenbürtige Verteilung der Tatbeiträge zwischen den Angeklagten Be und G ergeben habe. Zudem gab der Angeklagte Be bereits am ersten Tag der Hauptverhandlung ausdrücklich an, dass es sich um ein gemeinsames Vorgehen des Angeklagten G und seinerseits gehandelt habe, wobei ihre Tatanteile zwar entsprechend ihrer jeweiligen Kompetenzen verteilt, aber im Gewicht nicht unterschiedlich zu bewerten seien. Sie seien beide gleichermaßen für die Planung und Ausführung der Taten verantwortlich gewesen, woraus sich auch die hälftige Aufteilung etwaigen Diebesguts ergeben habe. Aufgrund dieser Angaben hat die Kammer keinerlei Anhaltspunkte, an den Angaben des Angeklagten Be zu zweifeln. Dieser stellte bereits zu Beginn der Hauptverhandlung seine Tatbeteiligung der des Angeklagten G gleich und belastete sich selbst damit eher stärker, während den Einlassungen des Angeklagten G im Wege von jeweils von diesem bestätigten Verteidigererklärungen erkennen lassen, dass er das Gewicht seiner eigenen Tatbeteiligung zunächst marginalisierte und als bloße Unterstützung ohne jedes Eigeninteresse darstellte, bis er - nach fortgeschrittener Beweisaufnahme - schließlich eine gleichgewichtige mittäterschaftliche Begehungsweise und die vereinbarte Beuteteilung einräumte. Demgegenüber wies das Aussageverhalten des Angeklagten Be eine beständige Konstanz und Konsistenz auf, von den polizeilichen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren bis zu seinen Erklärungen in der Hauptverhandlung.
307
Aufgrund dessen glaubt die Kammer den Angaben des Angeklagten Be und geht insbesondere auch davon aus, dass ein weiterer Täter namens „H.“ an der Tatausführung mit beteiligt war.
c. Tat vom 16.08.2020, Ziff. 3 der Anklage vom 29.12.2020
308
Der unter C. II. 2. c. festgestellte Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Geständnisses der Angeklagten G und Be sowie der glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugen G, KOK K, KOK A und KOK H sowie der in Augenschein genommenen Lichtbilder.
309
aa. Geständnis Die Angeklagten G und Be räumten die Begehung der Tat am 16.08.2020, wie unter D. III. 1. dargelegt, vollumfänglich in subjektiver und objektiver Hinsicht ein.
310
Auf Nachfrage gab der Angeklagte Be ergänzend an, dass er das A Steakhouse als geeignete Örtlichkeit vorgeschlagen habe. Über seine Lebensgefährtin, Ke. K, die früher dort beschäftigt gewesen sei, habe er gewusst, dass dort regelmäßig größere Summen Bargeld aufbewahrt würden, auf das sie es abgesehen hätten und welches sie untereinander hälftig hätten aufteilen wollen. Eines Abends hätten sie sich gemeinsam zum Eingang des A Steakhouse in der L2. straße in M. begeben. Sie hätten in der Nähe des Objekts gewartet, bis die Angestellte das Restaurant verschlossen habe. Anschließend seien sie zum in einer N2. straße geparkten Pkw gegangen, wo der Angeklagte G die erforderlichen Werkzeuge aus dem im Kofferraum befindlichen Werkzeugkasten genommen habe. Er selbst, so der Angeklagte Be, habe die Werkzeuge, einen sog. Nussknacker und ein bis zwei Schraubenzieher, in den Taschen seiner Jacke zurück zum Steakhouse transportiert. Dort habe der Angeklagte G, nach kurzer Wartezeit, die seitliche Eingangstür unter Einsatz der zuvor mitgenommenen Werkzeuge geöffnet. Er selbst habe derweil, und auch während des sich durch den Angeklagten G vorgenommenen „Probelaufs“ durch die Räume des Steakhouse, in etwa 3 Metern Entfernung zur Tür zwischen Pflanzenkübeln gehockt und Wache gehalten. Kurze Zeit später sei der Angeklagte G aus dem Steakhouse gekommen und habe ihm mitgeteilt, dass er nur einen offenstehenden, leeren Tresor habe auffinden können. Daraufhin hätten sie die Örtlichkeit verlassen, ohne etwas mit sich zu nehmen.
311
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an den Angaben der Angeklagten G und Be zu zweifeln. Diese werden insbesondere durch die folgenden Beweismittel in ihrer Richtigkeit bestätigt:
312
(1) Die Zeugin G, Geschäftsführerin der G G. GmbH, führte glaubhaft aus, dass das A Steakhouse am 16.08.2020 nach Betriebsende gegen 22:50 Uhr von der letzten Mitarbeiterin verschlossen worden sei. Am 17.08.2020 sei sie morgens zum Steakhouse gekommen und habe festgestellt, dass die Tür zum Seiteneingang sowie im Inneren die Bürotür aufgebrochen gewesen seien. Des Weiteren hätten die Täter auf dem Tresen einen Blumendünger, der dort gelagert worden sei, ausgebracht, wodurch dessen Oberfläche stark beschädigt worden sei. Im Büro sei ein verschlossenes Fach im an sich unverschlossenen Tresor, in dem sich keine Wertgegenstände befunden hätten, aufgehebelt worden. Entwendet worden sei letztlich nichts.
313
Der Firma G G. GmbH sei aufgrund des Vorgehens der Täter ein Sachschaden von insgesamt 18.518,78 EUR entstanden, der sich aus 11.915,00 EUR für die beschädigte Seitentür sowie 648,51 EUR für deren provisorische Reparatur, 2.030,00 EUR zur Beseitigung der Oberflächenbeschädigung im Tresenbereich, 925,27 EUR für die aufgebrochene Bürotür sowie 3.000,00 EUR zur Anschaffung eines neuen Safes zusammensetze. Die Versicherung habe die gesamte Summe reguliert.
314
Für die Kammer ergeben sich keine Anhaltspunkte an der Glaubwürdigkeit der Zeugin G und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu zweifeln. Diese tätigte ihre Angaben detailreich, konnte auf Nachfrage ergänzende Angaben tätigen und zeigte keinen Belastungseifer.
315
(2) Der Zeuge KOK K führte widerspruchsfrei aus, dass er am 17.08.2020 um 12:35 Uhr am Tatort, dem A Steakhouse, L2. straße 290, München eingetroffen sei. Vor Ort habe sich auch Frau G, die Geschäftsführerin, befunden. Bei der seitlichen Zugangstür zum Objekt sei das Profilzylinderschloss komplett herausgebrochen worden, auch hätten sich frische Hebelspuren an der Tür gezeigt. Die im Inneren befindliche Bürotür sei mit Einsatz eines unbekannten Hebelwerkzeugs sowie Fußtritten geöffnet worden, bei dem im Büro befindlichen Tresor, der laut Angaben der Zeugin G unverschlossen gewesen sei, sei ein zuvor verschlossenes Fach aufgehebelt worden. Zudem sei im Tresenbereich des Lokals eine Flüssigkeit ausgebracht worden, was, wie die Erfahrung zeige, ein häufiges Vorgehen zur Spurenverwischung sei.
316
(3) Die Zeuge KHK A und KHK H berichteten wiederum über die mit dem Angeklagten Be durchgeführten Beschuldigtenvernehmungen. KHK A führte glaubhaft aus, dass der Angeklagte Be auch seine Beteiligung beim Einbruch im A Steakhouse eingeräumt habe.
317
Gemeinsam mit dem Angeklagten G habe er die Tat geplant und anschließend durchgeführt, wobei der Angeklagte G die seitliche Eingangstür geöffnet und einen „Probelauf“ durch die Räume gemacht habe, während er draußen auf ihn gewartet habe. Der glaubwürdige Zeuge KHK H gab zudem glaubhaft an, dass er aufgrund der vorgenommenen Handyauswertung des Angeklagten Be ebenfalls den Eindruck einer gleichen Tatbeteiligung der Angeklagten Be und G erlangt habe. Dies habe sich daraus ergeben, dass auch der Angeklagte Be verklausulierte Nachrichten an den Angeklagten G versandt habe, worin die Ausführung des Einbruchs im A Steakhouse gesehen werden könne.
318
(4) Auch an der Glaubwürdigkeit der polizeilichen Zeugen KOK K, KOK A und KOK H und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu zweifeln bestehen für die Kammer keine Anhaltspunkte, da diese detailliert und ohne Belastungseifer tätigten.
319
In der Hauptverhandlung wurden Lichtbilder des Tatorts in Augenschein genommen. Hier ist zu sehen, dass das Profilzylinderschloss zur seitlichen Eingangstür gezogen wurde. Auf der zum Büro führenden Tür befindet sich ein Fußabdruck, die zuvor versperrte Tür wurde im Bereich des ausgefahrenen Schließriegels stark beschädigt. Im Thekenbereich wurde eine Flüssigkeit ausgebracht, die sich in Form weißer Spritzer über die Holzfronten verteilt hatte.
320
Die Feststellungen zum Nachtatgeschehen stehen zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugen KOK A und KOK H.
321
a) KOK A führte widerspruchsfrei aus, dass es zum Zeitpunkt der Beschuldigtenvernehmungen des Angeklagten Be noch keinerlei Hinweise auf eine Täterschaft der Angeklagten G oder Be gegeben habe. An den Tatorten genommene Spuren seien auf DNA-Treffer untersucht worden, hätten jedoch keinen Treffer geliefert.
322
b) Der Zeuge KOK H bestätigte die vom Zeugen KOK A getätigten Angaben. Zudem führte er glaubhaft aus, dass man bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten Be am 13.10.2020, die aufgrund Ermittlungen in einer nicht verfahrensgegenständlichen Tat erfolgt sei, lediglich im Keller des Wohnanwesens des Angeklagten Be ein Knackrohr aufgefunden habe. Diese sei zwar zur Zerstörung von Profilzylinderschlössern geeignet, den Taten habe das Werkzeug jedoch nicht sicher zugeordnet werden können.
323
Ohne die (frühzeitige) geständige Einlassung des Angeklagten Be hätte eine Täterschaft aufgrund der vorliegenden Beweismittel weder bezüglich des Angeklagten Be noch bezüglich des Angeklagten G nachgewiesen werden können.
IV. Feststellungen zur Schuldfähigkeit
324
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten G beruhen auf den Angaben der Zeugen und den Ausführungen des toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr. M, wonach - wie bereits oben unter D. I. 1. b. ausgeführt - die beim Angeklagten Be am 17.03.2021 entnommene Haarprobe keinen Hinweis bzw. aufgrund der vorliegenden Koloration wenn dann auf einen sehr geringen, Drogenkonsum, sowie die am 18.05.2017 entnommene Haarprobe einen Hinweis auf seinerzeit häufigeren Konsum von Kokain enthalten habe.
325
Zum anderen führte der psychiatrische Sachverständige Dr. P aus, dass bei Begehung der Taten die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zu allen Tatzeitpunkten in vollem Umfang erhalten gewesen sei.
326
Bei Begehung in der Anklage vom 07.03.2019 aufgeführten Taten habe der Angeklagte G unter einer Kokainabhängigkeit ohne körperliche Symptome (ICD-10: F14.240) sowie bei Begehung der in der Anklage vom 29.12.2020 aufgeführten Taten unter einer Kokainabhängigkeit in Abstinenz (ICD-10: F14.20) gelitten. Die Primärpersönlichkeit des Angeklagten sei bei Begehung der Taten neben der Suchterkrankung intakt gewesen.
327
Die bei der Tatausführung beteiligten Zeugen sowie die Angeklagten Be und B hätten beim Angeklagten G zu keiner Zeit Ausfallerscheinungen bemerkt. Er habe die Taten zielgerichtet geplant und ausgeführt und die Situation jeweils zutreffend erfasst. Auch sei der Angeklagte G von den, ihn umgebenden, Personen als nett und umgänglich beschrieben worden. Ein regelmäßiger Konsum von Kokain konnte durch die Zeugen und Angeklagten nicht bestätigt werden, auch hätten die Zeugen, die nach eigenen Angaben über Erfahrungen mit Drogenkonsum verfügten, keine Anzeichen eines beim Angeklagten G erfolgten Drogenkonsums festgestellt.
328
Die beim Angeklagten G festgestellte Abhängigkeit habe zu keiner Zeit zu einer Persönlichkeitsstörung geführt. Die Persönlichkeit des Angeklagten G zeige zwar Hinweise auf dissoziale und Selbstsicherheit vermeidende Verhaltensmuster. Von einer dissozialen Persönlichkeit des Angeklagten G sei jedoch nicht auszugehen. Dieser habe gezeigt, dass er über etliche Ressourcen verfüge, auf die er regelmäßig zurückgreifen könne. So habe er sich bis zuletzt regelmäßig um seine Mutter, die nach einem Schlaganfall im Jahr 2013 auf seine Hilfe angewiesen war, gekümmert und eine enge Beziehung zu dem jüngsten Sohn der Angeklagten B, C, aufgebaut. Er habe über mehrere Jahre in einer, wenngleich mitunter turbulenten, Beziehung zur Angeklagten B gelebt und sie mit ihr, und auch ihren drei Kindern, gemeinsam in den Urlaub gefahren. Zudem habe der Angeklagte G bis zuletzt über eine gute soziale Einbettung verfügt, habe sich regelmäßig mit Freunden und Bekannten getroffen. Im weiter gefassten biographischen Längsschnitt ließen sich zudem eine langjährige Abstinenz während der Ehe mit S. eruieren wie auch eine regelmäßige Berufstätigkeit im Detektiv- und Securitiy-Bereich sowie der Gastronomie (letzteres auch noch nach Krankschreibung im Jahr 2017). Folglich besitze der Angeklagte G einen intakten Verhaltens- und Gestaltungsspielraum sowie ein psychosoziales Funktionsniveau, das ihm bis zuletzt auch ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht habe. Auch in der Begutachtung habe er sich affektiv gut ansprechbar, klar und authentisch gezeigt und hierbei ein intaktes Persönlichkeits- und Wertgefüge präsentiert. Da somit keine Persönlichkeitsdepravation des Angeklagten G vorliege, sei die Kokainabhängigkeit nicht dem Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Störung gem. § 20 StGB zuzuordnen.
329
Darüber hinaus hätten sich auch keine zentralnervösen oder hirnorganischen Schädigungen feststellen lassen. Ebenso sei im biographischen Längsschnitt keine tiefgreifende Persönlichkeits- bzw. Wesensveränderung feststellbar, die auf eine organische Persönlichkeitsstörung hindeuten könne. Weiterhin würden körperliche Entzugserscheinungen oder entzugsbedingte Komplikationen wie Delirien oder Krampfanfälle fehlen. Daher sei die Kokainabhängigkeit auch nicht dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung gem. § 20 StGB zuzuordnen.
330
Der schädliche Gebrauch von Alkohol, der vor allem in der Aufrechterhaltung der Kokainabhängigkeit seine schädigende Wirkung entfalten würde, habe ebenfalls keine dezidierten hirnorganischen oder tiefgreifende Persönlichkeits- bzw. Wesensveränderungen herbeigeführt, sodass diesbezüglich kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt sei.
331
Weitere psychiatrische Erkrankungen seien beim Angeklagten G nicht festgestellt worden.
332
Da Abhängigkeitserkrankungen nur dann Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit hätten, wenn etwa langjähriger Betäubungsmittelgenuss zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder wenn der Täter unter starken Entzugserscheinungen gelitten und durch sie dazu getrieben worden sei, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen, ferner unter Umständen dann, wenn das Delikt im Zustand eines akuten Drogenrausches verübt worden sei, die beim Angeklagten G allesamt nicht vorlägen, sei kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt, womit aus nervenärztlicher Sicht die medizinischen Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB nicht vorlägen.
333
Die Kammer folgte den von großer Sachkunde getragenen und detaillierten Ausführungen der Sachverständigen, die von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgingen, und bildete sich dabei die Überzeugung, dass der Angeklagte G bei der in der Angklage vom 07.03.2019 aufgeführten Taten unter einer Kokainabhängigkeit ohne körperlichen Symptomen (ICD-10: F14.240) sowie bei Begehung der in der Anklage vom 29.12.2020 aufgeführten Taten unter einer Kokainabhängigkeit in Abstinenz (ICD-10: F14.20) gelitten) gelitten habe, aber voll schuldfähig war.
334
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit beruhen zum einen auf den Angaben des Angeklagten Be zum eigenen Konsumverhalten, den Angaben der Zeugen und den Ausführungen des toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr. M, wonach - wie bereits oben unter D. I. 3. b. ausgeführt - die beim Angeklagten am 15.03.2021 entnommene Haarprobe auf einen durchgehend gleichbleibenden und mehrmaligen Konsum von Kokain hingewiesen hätten.
335
Zum anderen führte der psychiatrische Sachverständige Dr. P aus, dass bei Begehung der Taten die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten Be aufgrund dessen eigenen Angaben zu seinem Zustand zu den beiden Tatzeitpunkten in vollem Umfang erhalten gewesen sei.
336
Bei Begehung der Taten habe der Angeklagte Be unter einer Kokainabhängigkeit ohne körperliche Symptome (ICD-10: F14.240) sowie dem schädlichen Gebrauch von Cannabis (ICD-10: F12.1) gelitten. Die Primärpersönlichkeit des Angeklagten Be sei bei Begehung der Taten neben der Suchterkrankung intakt gewesen.
337
Der Angeklagte Be sei trotz der Erkrankungen in der Lage gewesen, zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen, sozialen Verpflichtungen zumindest grundsätzlich nachzukommen und sein eigenes Leben kreativ und flexibel zu gestalten. Nach seiner Haftentlassung im März 2020 habe er eine stabile und harmonische Beziehung mit Ke. K geführt, ab Juni 2020 mit ihr zusammengewohnt und sei mit ihr und ihrem Sohn L3. zusammen in den Urlaub gefahren. Er habe dabei auch Anzeichen einer Persönlichkeitsreifung gezeigt, da er in der Lage war, nicht mehr in alte Muster zurückzufallen und erneut Raubüberfälle zu begehen, obwohl er dies mehrfach überlegt habe. Im September 2020 habe der Angeklagte Be zudem eine Arbeit beim Lieferdienst Rewe sowie eine Aushilfstätigkeit bei einer Tankstelle aufgenommen. Auch der weiterhin gute Kontakt zu seiner Familie in London sowie die ersten Wiederannäherungsversuche an seine leibliche Familie in Usedom zeugen von einer weiteren Reifung, Reflexion und Befähigung zur Beziehungsarbeit. Anamnestisch würden sowohl seine stabile, intakte psychosoziale Verankerung in London wie auch sein ausgestalteter beruflicher und privater Handlungsspielraum keinen Anlass für etwaige Störungen in der Lebensführung sprechen. Da auch seine Exfrau R. sowie die Zeugin K keinen Bezug zu Drogen hätten, würde der Angeklagte Be seinen Konsum zumindest dahingehend kontrollieren, dass er zuhause bzw. im Beisein von Kindern kein Kokain konsumieren würde. Folglich besitze der Angeklagte Be einen intakten Verhaltens- und Gestaltungsspielraum sowie ein psychosoziales Funktionsniveau, das ihm bis zuletzt eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht habe. Auch in der Begutachtung habe er sich affektiv gut ansprechbar, klar und authentisch mit intaktem Persönlichkeits- und Wertgefüge gezeigt. Über seine Kokainabhängigkeit sei er sich im Klaren gewesen. Da somit keine Persönlichkeitsdepravation vorliege, erfülle die aktive Kokainabhängigkeit nicht das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Störung gem. § 20 StGB.
338
Darüber hinaus hätten sich hinsichtlich der aktiven Kokainabhängigkeit keine zentralnervösen oder hirnorganischen Schädigungen feststellen lassen. Ebenso sei im biographischen Längsschnitt keine tiefgreifende Persönlichkeits- bzw. Wesensveränderung festzustellen, die auf eine organische Persönlichkeitsstörung hindeuten könnte. Weiterhin würden körperliche Entzugserscheinungen oder entzugsbedingte Komplikationen wie Delirien oder Krampfanfälle fehlen. Daher sei die aktive Kokainabhängigkeit auch nicht dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung gem. § 20 StGB zuzuordnen.
339
Der schädliche Gebrauch von Cannabis, der vor allem in der Aufrechterhaltung der Kokainabhängigkeit seine schädigende Wirkung entfalten würde, habe ebenfalls keine hirnorganischen oder tiefgreifenden Persönlichkeitsbzw. Wesensveränderungen herbeigeführt, sodass diesbezüglich kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt sei.
340
Weitere psychiatrische Erkrankungen seien beim Angeklagten Be nicht feststellbar gewesen, so dass kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt sei und aus nervenärztlicher Sicht die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB nicht vorlägen.
341
Bei Begehung der Taten habe der Angeklagte jeweils unter einer Kokain- und Cannabinoidabhängigkeit (ICD-10 F14.2 und ICD-10 F12.2) gelitten. Die Primärpersönlichkeit des Angeklagten sei bei Begehung der Taten neben der Suchterkrankung intakt gewesen. Die Erkrankungen des Angeklagten dauerten zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung - jeweils in Abstinenz - fort. Im Hinblick auf den Cannabis-Konsum habe der Angeklagte seine Dosis von 1 Joint auf bis zu 10 Joints täglich erhöht und Freunde und Familie zugunsten des Cannabiskonsums vernachlässigt. Infolge des Cannabiskonsums sei es zu sozialen Folgen - der Schulabschluss sei nicht geschafft worden, die Freundin habe ihn verlassen -, psychischen Folgen (amotivationales Syndrom) und zu Entzugserscheinungen (Schwitzen, Schlaflosigkeit, Unruhe, Appetitlosigkeit) sowie zwanghaften Gedanken an den Konsum und zu einem Kontrollverlust gekommen. Bzgl. des Kokain-Konsums habe der Angeklagte die Dosis von 0,5 Gramm auf teilweise 2,0-2,5 Gramm täglich erhöht und Freunde und Familie zu Gunsten des Kokainkonsums vernachlässigt. Er habe die Kontrolle über Beginn und Ende des Konsums verloren und es seien Zwangsgedanken hinsichtlich des Konsums, psychische Folgen (Herzrasen, Zerstörung der Nasenschleimhaut) und Entzugserscheinungen (Stimmungsschwankungen, schlechte Laune, Gier auf die Substanz) aufgetreten. Damit seien die Voraussetzungen für die Diagnose einer Abhängigkeitserkrankung in Bezug auf beiden Substanzen gegeben.
342
Da Abhängigkeitserkrankungen nur dann Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit hätten, wenn etwa langjähriger Betäubungsmittelgenuss zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder wenn der Täter unter starken Entzugserscheinungen gelitten und durch sie dazu getrieben worden sei, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen, ferner unter Umständen dann, wenn das Delikt im Zustand eines akuten Drogenrausches verübt worden sei, die beim Angeklagten Be allesamt nicht vorlägen, sei kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt, womit aus nervenärztlicher Sicht die medizinischen Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB nicht vorlägen.
343
E. Die Kammer folgte den von großer Sachkunde getragenen und detaillierten Ausführungen der Sachverständigen, die von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgingen, und bildete sich dabei die Überzeugung, dass der Angeklagte unter einer Kokain- und Cannabinoidabhängigkeit (ICD-10 F14.2 und ICD-10 F12.2) bei der Tatbegehung gelitten habe, aber voll schuldfähig war. Rechtliche Würdigung
344
Der Angeklagte G hat sich der falschen Verdächtigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie der versuchten Anstiftung zur Brandstiftung und der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln sowie des versuchten Diebstahls in zwei tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung und des Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 164 Abs. 1, 177 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 6, 242 Abs. 1, Abs. 2, 243 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nrn. 1, 2, 3, 303 Abs. 1, 303c, 306 Abs. 1 Nr. 4, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2, 30 Abs. 1, 52, 53, 73 Abs. 1, 73c StGB; §§ 1 Abs. 1 i. V. m. Anlagen I, III zum BtMG, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG schuldig gemacht.
1. Anklage vom 07.03.2019 a. Tat vom 27.09.2017, Ziff. 1 der Anklage vom 07.03.2019
345
Der Angeklagte G hat sich bezüglich des unter C. I. 2. a. dargestellten Sachverhalts der falschen Verdächtigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 164 Abs. 1, 242 Abs. 1, Abs, 2, 303 Abs. 1, 303c, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht.
346
a) Der Angeklagte G verwirklichte den Tatbestand des § 164 Abs. 1 StGB als Täter, wobei die tatbestandliche Verwirklichung - entsprechend des von den Angeklagten G und B mit der Zeugin Ml gefassten Tatplans - unter mittäterschaftlicher Arbeitsteilung mit der Angeklagten B und der Zeugin Ml begangen wurde.
347
Für die Abgrenzung der mittäterschaftlichen von sonstiger Beteiligung sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH in einer wertenden Gesamtbetrachtung alle festgestellten Umstände zu prüfen, wobei entscheidende Kriterien der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung als objektive Tatherrschaft und der Wille zur Tatherrschaft sind (BGH Beschluss vom 29.09.2015 - 3 StR 336/15; NStZ-RR 2016, 6 mwN).
348
Der Angeklagte G erhoffte sich, über den vorgetäuschten Einbruchsdiebstahl ein Ermittlungsverfahren gegen den Nebenkläger herbeizuführen und somit den Sorgerechtsstreit um die gemeinsamen Kinder der Angeklagten B zu deren Gunsten beeinflussen zu können. Mit einem Ende des Sorgerechtsstreits hätte auch der Angeklagte G weniger Beeinträchtigungen im Alltag, namentlich wiederholt stattfindende Besuche des Jugendamts sowie Auseinandersetzungen mit seiner Partnerin B, folglich weniger emotionalen Stress, hinnehmen müssen, so dass von einem hohen Grad an Eigeninteresse des Angeklagten G auszugehen ist. Weiteres Motiv war, dass er seine Mutter bedroht sah. Auch liegt eine objektive Tatherrschaft des Angeklagten G vor, auch wenn die Polizei durch die Zeugin Ml die für die Ermittlung der Person des Nebenklägers erforderlichen Informationen erhielt. Indes hatte der Angeklagte G die Tür zerkratzt und das mit der DNA des Nebenklägers versehene Stück Stoff am Langschild zur Eingangstür angebracht, folglich am Tatort auf den Nebenkläger hinweisende Spuren hinterlassen. Damit hat der Angeklagte G durch Innehabung der objektiven Tatherrschaft durch Präparieren des angeblichen Tatorts durch die Manipulation von Indizien eine Beweislage geschaffen, die einen Dritten in Verdacht bringt, was zur Annahme einer Verdächtigung durch Tatsachenmanipulation ausreicht (vgl. MüKo-StGB/Zopfs, 4. Auflage 2021, § 164 Rn. 21 mwN). Das Schaffen eines fingierten Tatorts, verbunden mit der Spurenlegung hin zu der Person, die verdächtigt werden soll, war letztlich Grundvoraussetzung dafür, dass der Nebenkläger wie geplant belastet werden konnte. Dieser grundlegende Beitrag war Grundvoraussetzung für den Anruf der Zeugin Ml bei der Polizei, um den Nebenkläger zu Unrecht zu belasten.
349
Die Verdächtigung richtete sich auch gegen eine andere Person, also gegen einen identifizierbaren Dritten. Der Nebenkläger war als angeblicher Täter derart genau individualisiert, dass seine Ermittlung möglich war, nämlich zum einen durch die Legung entsprechender Spuren (Stoff mit DNA des Nebenklägers) sowie durch den Inhalt der absprachegemäßen Meldung seitens der Zeugin Ml bei der Polizei. Aufgrund der Beschreibung des Pkw bzw. des Kennzeichens konnte, ungeachtet des bewussten Zahlendrehers, tatsächlich der Nebenkläger als angeblicher Täter ermittelt werden.
350
§ 145d Abs. 1 StGB trat aufgrund der Verwirklichung des § 164 Abs. 1 StGB im Rahmen der Subsidiarität zurück.
351
b) Die Kammer geht aufgrund des engen sachlichen sowie zeitlichräumlichen Zusammenhangs zwischen der falschen Verdächtigung sowie der Sachbeschädigung von einer tateinheitlichen Verwirklichung aus, § 52 StGB.
b. Tat vom 05.11.2017, Ziff. 2 der Anklage vom 07.03.2019
352
Der Angeklagte G hat sich bezüglich des unter C. I. 2. b. festgestellten Sachverhalts wegen falscher Verdächtigung gem. §§ 164 Abs. 1, 177 Abs. 1, Abs. 3, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
353
a) Der Angeklagte G verwirklichte den Tatbestand des § 164 Abs. 1 StGB als Täter, wobei die tatbestandliche Verwirklichung - entsprechend des von den Angeklagten G und B mit der Zeugin M gefassten Tatplans - unter mittäterschaftlicher Arbeitsteilung mit der Angeklagten B und der Zeugin M begangen wurde.
354
Für die Abgrenzung der mittäterschaftlichen von sonstiger Beteiligung sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine wertende Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen, wobei entscheidende Kriterien der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung als objektive Tatherrschaft und der Wille zur Tatherrschaft sind (BGH Beschluss vom 29.09.2015 - 3 StR 336/15; NStZ-RR 2016, 6 mwN).
355
Der Angeklagte G erhoffte sich, über die vorgetäuschte Vergewaltigung ein Ermittlungsverfahren gegen den Nebenkläger herbeizuführen und somit den Sorgerechtsstreit um die gemeinsamen Kinder der Angeklagten B zu deren Gunsten beeinflussen zu können. Mit einem Ende des Sorgerechtsstreits hätte auch der Angeklagte G weniger Beeinträchtigungen im Alltag, namentlich wiederholt stattfindende Besuche des Jugendamts sowie Auseinandersetzungen mit seiner Partnerin B, hinnehmen müssen, so dass von einem hohen Grad an Eigeninteresse des Angeklagten G auszugehen ist. Weiteres Motiv war, dass er seine Mutter bedroht glaubte. Zudem trug der Angeklagte G mit seinen Tatbeiträgen entscheidend zur Durchführung der Tat bei: zunächst stammte der Vorschlag, eine Vergewaltigung vorzutäuschen auch vom Angeklagten G, er bot der Zeugin M 1.000,00 EUR für die Tatausführung an, stattete sie am Tag der Ausführung mit entsprechender Kleidung aus, die er zudem mit Lack und Rissen versah und suchte und präparierte den angeblichen Tatort derart, dass die Spuren in Richtung des Nebenklägers weisen sollten. Er verhielt sich letztlich wie ein Regisseur für die Stellung der fingierten Tat.
356
b) Auch richtete sich die Verdächtigung gegen eine andere Person, somit einen identifizierbaren Dritten (vgl. Fischer StGB, 67. Auflage 2021, § 164 Rn. 7), so dass vorliegend § 164 Abs. 1 und nicht § 145d StGB verwirklicht wurde.
357
Aufgrund der zwei anonymen Anrufe, die den Nebenkläger als Täter der versuchten Vergewaltigung bezeichneten, und welche, da zwingend aus der Sphäre der Angeklagten G und B stammend, diesen zuzurechnen sind, konnte der Nebenkläger ermittelt und ein DNA-Abgleich in der Datenbank durchgeführt werden.
358
c) § 145d Abs. 1 StGB trat aufgrund der Verwirklichung des § 164 Abs. 1 StGB im Rahmen der Subsidiarität zurück.
c. Tat zwischen dem 01.01.2018 und 11.09.2018, Ziff. 3 der Anklage vom 07.03.2019
359
Der Angeklagte G hat sich bezüglich des unter C. I. 2. c. festgestellten Sachverhalts wegen versuchter Anstiftung zur Brandstiftung gem. §§ 30 Abs. 1 S. 1 i. V. m. 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht.
360
Er handelte dabei als Mittäter gemeinschaftlich mit der Angeklagten B, § 25 Abs. 2 StGB.
361
a) Der Angeklagte G handelte mit Vorsatz bezüglich der Begehung eines Verbrechens und setzte unmittelbar dazu an, die Zeugin Ml zur Tatbegehung zu bestimmen.
362
Die Schwelle zum Versuchsbeginn ist überschritten, wenn sich die Bestimmungshandlung auf eine ausreichend bestimmte Tat konkretisiert und der Angestiftete die Tat begehen könnte, wenn dieser es wollte. Dabei ist bei Prüfung der Frage, ob der Anzustiftende den Einflussbereich des Anstifters verlassen hat und jederzeit die Tat eigenmächtig zu der von ihm selbst bestimmten Zeit begehen kann, die „Vorstellung“ des Anstifters maßgeblich (BGH Beschluss vom 08.05.2019 - 1 StR 76/19, NStZ 2019, 595).
363
Nach der Vorstellung des Angeklagten G (wie auch der Mittäterin B) sollte die Zeugin Ml den Pkw des Nebenklägers in Brand setzen und damit den Tatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB, folglich eines Verbrechens, verwirklichen. Dabei ging der Angeklagte G davon aus, durch sein verbales Einwirken auf die Zeugin in Verbindung mit der Beschreibung des Pkw und des Zeigens des Wohnorts des Nebenklägers durch die Angeklagte B die Tat ausreichend konkretisiert zu haben, dass die Tat durch die Zeugin Ml tatsächlich begangen werden kann.
364
b) Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt nicht vor.
365
Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB bleibt straffrei, wer freiwillig den Versuch aufgibt, den anderen zur Verbrechensbegehung zu bestimmen. Abzugrenzen von den Fällen des unbeendeten Versuchs, in denen ein strafbefreiender Rücktritt möglich ist, sind indessen die Fälle des fehlgeschlagenen Versuchs. In diesen ist entweder der Erfolgseintritt - für den Täter erkanntermaßen - objektiv nicht mehr möglich, oder der Täter hält ihn nicht mehr für möglich. Beim fehlgeschlagenen Versuch ist der Rücktritt ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2004 - 2 StR 281/04; NStZ-RR 2004, 361)). Ein solcher Fall des fehlgeschlagenen Versuchs liegt allerdings dann nicht vor, wenn der Täter nach anfänglichem Misslingen des vorgestellten Tatablaufs - hier der Anstiftung - sogleich zu der Annahme gelangt, er könne ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitstehenden Mitteln die Tat (Anstiftung) doch noch vollenden (BGH, Urt. v. 12.12.2001 - 1 StR 441/01; NStZ 2002, 311). Weiß jedoch der Anzustiftende das Ansinnen des Täters zurück, liegt ein Fehlschlag vor (BeckOK-StGB/Cornelius, § 31 Rn. 2).
366
Demnach lag aus Sicht des Angeklagten G ein fehlgeschlagener Versuch vor. Nach der dezidiert und unmissverständlich geäußerten Ablehnung der Tatbegehung durch die Zeugin Ml erkannte der Angeklagte G, dass er diese nicht mehr mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zur Tatbegehung würde bestimmen können. Unabhängig davon, dass die Zeugin in keiner Weise zu erkennen gegeben hat, es sich anders zu überlegen, sollte ihr Geld geboten werden, vielmehr klar gestellt hatte, die Tat unter keinen Umständen begehen zu wollen, gedachte der Angeklagte G nicht, finanzielle Mittel aufzuwenden, um die Zeugin gegebenenfalls doch noch umzustimmen. Nach der Vorstellung des Angeklagten G war der Erfolgseintritt nicht mehr möglich. Das weitere Passivbleiben in der Folgezeit ist daher nicht als Rücktritt zu werten.
d. Tat vom August 2018, Ziff. 4 der Anklage vom 07.03.2019
367
Der Angeklagte G hat sich bezüglich des unter C. I. 2. d. dargestellten Sachverhalts der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln gem. §§ 1 Abs. 1 i. V. m. Anlagen I, III zum BtMG, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht, da er die mit einem KokainHydrochloridgemisch versehene Spritze an den Zeugen W übergab und somit die tatsächliche Verfügungsgewalt auf diesen übertrug.
368
b) Nicht hingegen wurde eine versuchte Anstiftung zur schweren Körperverletzung gem. §§ 30 Abs. 1, 226 StGB verwirklicht. Durch das vom Angeklagten G angestrebte Ziel, beim Nebenkläger einen positiven Drogenbefund zu erreichen, liegt keine der in § 226 Abs. 1 StGB genannten Voraussetzungen vor, so dass es bereits am aus Sicht des Angeklagten G angestrebten Verbrechenstatbestand fehlt. Dass er tatbestandsmäßige Folgen gewollt oder auch nur billigend in Kauf genommen hätte, war nicht feststellbar.
2. Anklage vom 29.12.2020
a. Tat zwischen dem 02.07. und 03.07.2021, Ziff. 1 der Anklage vom 29.12.2020
369
Der Angeklagte G hat sich bezüglich des unter C. II. 2. a. festgestellten Sachverhalts des versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 242 Abs. 1, Abs. 2, 303 Abs. 1, 303c, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht.
370
Dabei handelten die Angeklagten G und Be als Mittäter, § 25 Abs. 2 StGB.
371
a) Der Angeklagte G hat nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Wegnahme angesetzt. Ausreichend ist hierzu, dass der Täter mit dem bestimmten Willen, etwas zu stehlen, in ein fremdes Besitztum eindringt, wobei noch nicht erforderlich ist, dass sich der Vorsatz auf eine bestimmte Sache konkretisiert hat (Fischer StGB, aaO, § 242 Rn. 56), spätestens jedoch, wenn der Täter einen Angriff auf einen den Gewahrsam sichernden Schutzmechanismus vornimmt, wenn sich der Täter, für den Fall des Überwindens nach seinem Tatplan einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung vorstellt (vgl. BGH Beschluss vom 26.05.2020 - 5 StR 55/2; NStZ-RR 2020, 246). Aufgrund der reinen Erhöhung des Unrechtsgehalts beim Vorliegen eines Regelbeispiels, darf für die Bestimmung des Versuchsbeginns grundsätzlich nicht auf die Verwirklichung des Regelbeispiels, sondern allein des Grundtatbestandes abgestellt werden (BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - 2 StR 43/16; NStZ 2017, 86).
372
Im Falle eines Autohauses ist bereits mit der Öffnung der Eingangstür mittels Einwirkung auf den Schließmechanismus von einem unmittelbaren Ansetzen auszugehen, ein solches ist in jedem Fall spätestens dann anzunehmen, als der Angeklagte G gemeinsam mit dem Angeklagten Be begann, den im 1. Obergeschoss vorgefundenen Tresor aufzuhebeln, da in diesem Augenblick nach der Vorstellung des Angeklagten G ein Zugriff auf etwaiges Stehlgut ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung nach Überwinden der aufgefundenen Barriere möglich wäre und somit ein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme gegeben ist.
373
b) Ein Rücktritt vom Versuch ist hingegen nicht gegeben, § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StGB, da der Versuch fehlgeschlagen ist. Von einem Fehlschlag ist auszugehen, wenn der Taterfolg aus Sicht des Täters mit den bereits eingesetzten oder zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird (Fischer StGB, aaO, § 24 Rn. 7 mwN). Dabei kommt es, wenn Einzelakte untereinander und mit der letzten Tathandlung Teile eines durch die subjektive Zielrichtung des Täters verbundenen einheitlichen Geschehens bilden, für die Beurteilung des Fehlschlags allein auf die subjektive Sicht des Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (BGH Urt. v. 08.02.2007 - 3 StR 470/06; NStZ 2007, 399).
374
Vorliegend bilden die von den Angeklagten G und Be mittäterschaftlich vorgenommenen Einzelakte - Aufhebeln des Tresors und der Kassenschublade sowie Untersuchung des zweiten Tresors - ein einheitliches Geschehen, da sie von den Angeklagten mit der Zielrichtung vorgenommen wurden, Wertgegenstände im Autohaus zu entwenden. Als letzte Ausführungshandlung kann zunächst das Öffnen der leeren Kassenschublade gesehen und somit der Fehlschlag in diesem Augenblick bejaht werden (vgl. Fischer StGB, aaO, § 24 Rn. 7a). Sicher ist hiervon aber auszugehen, als die Angeklagten G und Be den verschlossenen Tresor im Erdgeschoss aufsuchten und nach Untersuchung des Schlosses erkannten, dass es ihnen mangels Vorliegens geeigneten Werkzeugs nicht gelingen würde ihn zu öffnen und etwaige Wertgegenstände daraus zu entwenden.
375
c) Die im Autohaus vorgenommenen unterschiedlichen Handlungen sind als natürliche Handlungseinheit zu betrachten, da mit dem Umstand, dass der Angeklagte G durch das gewaltsame Eindringen in das Autohaus zugleich mit dem Beginn des Versuchs des Diebstahls auch das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklichte, eine Teilidentität der Ausführungshandlungen gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.2010 - 2 StR 519/10; NStZ-RR 2011, 111).
376
§ 303 Abs. 1 StGB wird konkurrenzrechtlich nicht von §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert, sondern steht aus Klarstellungsgründen in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 27.11.2018 - 2 StR 481/17; NJW 2019, 1086).
b. Tat vom 11.07.2020, Ziff. 2 der Anklage vom 29.12.2020
377
Der Angeklagte G hat sich bezüglich des unter C. II. 2. b. festgestellten Sachverhalts wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 242 Abs. 1, 303 Abs. 1, 303c, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht, wobei er als Mittäter mit dem Angeklagten Be handelte.
378
§ 303 Abs. 1 StGB wird dabei konkurrenzrechtlich nicht von §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert, sondern steht aus Klarstellungsgründen in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 27.11.2018, Az.: 2 StR 481/17).
c. Tat vom 16.08.2020, Ziff. 3 der Anklage vom 29.12.2020
379
Der Angeklagte G hat sich bezüglich des unter C. II. 2. c. festgestellten Sachverhalts wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 242 Abs. 1, Abs. 2, 303 Abs. 1, 303c, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht, wobei er als Mittäter mit dem Angeklagten Be handelte.
380
(a) Der Angeklagte G hat nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Wegnahme angesetzt. Ausreichend ist hierzu, dass der Täter mit dem bestimmten Willen, etwas zu stehlen, in ein fremdes Besitztum eindringt, wobei noch nicht erforderlich ist, dass sich der Vorsatz auf eine bestimmte Sache konkretisiert hat (Fischer StGB, aaO, § 242 Rn. 56), spätestens jedoch, wenn der Täter einen Angriff auf einen den Gewahrsam sichernden Schutzmechanismus vornimmt, wenn sich der Täter, für den Fall des Überwindens nach seinem Tatplan einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung vorstellt (vgl. BGH Beschluss vom 26.05.2020 - 5 StR 55/2; NStZ-RR 2020, 246). Aufgrund der reinen Erhöhung des Unrechtsgehalts beim Vorliegen eines Regelbeispiels, darf für die Bestimmung des Versuchsbeginns grundsätzlich nicht auf die Verwirklichung des Regelbeispiels, sondern allein des Grundtatbestandes abgestellt werden (BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - 2 StR 43/16; NStZ 2017, 86).
381
Im Falle eines Restaurants liegt ein unmittelbares Ansetzen bereits mit dem Öffnen der Eingangstür mittels Einwirkung auf den Schließmechanismus vor, spätestens aber mit dem Aufhebeln des Tresors im Büro des A Steakhouse vor, da der Angeklagte G, entsprechend der vom Angeklagten Be erlangten Informationen, davon ausging, dass sich in dem Fach stehlenswerte Wertgegenstände, namentlich Bargeld, befinden würde.
382
b) Ein Rücktritt vom Versuch ist hingegen nicht gegeben, § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StGB, da der Versuch fehlgeschlagen ist. Von einem Fehlschlag ist auszugehen, wenn der Taterfolg aus Sicht des Täters mit den bereits eingesetzten oder zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird (Fischer StGB, aaO, § 24 Rn. 7 mwN). Dabei kommt es, wenn Einzelakte untereinander und mit der letzten Tathandlung Teile eines durch die subjektive Zielrichtung des Täters verbundenen einheitlichen Geschehens bilden für die Beurteilung des Fehlschlags allein auf die subjektive Sicht des Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (BGH Urt. v. 08.02.2007 - 3 StR 470/06; NStZ 2007, 399).
383
Der Angeklagte G erkannte, nachdem er das im Tresor befindliche verschlossene Fach aufgehebelt und als leer vorgefunden hatte, dass er, nach bereits zuvor erfolgter Durchsuchung des Tresenbereichs nach Wertgegenständen, den von ihm angestrebten tatbestandlichen Erfolg, Wertgegenstände aus dem Steakhouse zu entwenden, nicht mehr würde herbeiführen können. Somit liegt ein subjektiver Fehlschlag vor.
384
c) Die im A Steakhose vorgenommenen Handlungen sind als natürliche Handlungseinheit zu betrachten, da mit dem Umstand, dass der Angeklagte G durch das gewaltsame Eindringen in das Steakhouse zugleich mit dem Beginn des Versuchs des Diebstahls auch das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklichte, eine Teilidentität der Ausführungshandlungen gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.2010 - 2 StR 519/10; NStZ-RR 2011, 111).
385
§ 303 Abs. 1 StGB wird konkurrenzrechtlich nicht von §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert, sondern steht aus Klarstellungsgründen in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 27.11.2018 - 2 StR 481/17; NJW 2019, 1086).
1. Tat vom 27.09.2017, Ziff. 1 der Anklage vom 07.03.2019
386
Die Angeklagte B hat sich bezüglich des unter C. I. 2. a. festgestellten Sachverhalts der falschen Verdächtigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 164 Abs. 1, 242 Abs. 1, Abs. 2, 303 Abs. 1, 303c, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
387
Die Angeklagte B verwirklichte den Tatbestand des § 164 Abs. 1 StGB als Täterin, wobei die tatbestandliche Verwirklichung - entsprechend des von den Angeklagten G und B mit der Zeugin Ml gefassten Tatplans - unter mittäterschaftlicher Arbeitsteilung mit dem Angeklagten G und der Zeugin Ml begangen wurde.
388
Für die Abgrenzung der mittäterschaftlichen von sonstiger Beteiligung sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine wertende Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen, wobei entscheidende Kriterien der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung als objektive Tatherrschaft und der Wille zur Tatherrschaft sind (BGH Beschluss vom 29.09.2015 - 3 StR 336/15; NStZ-RR 2016, 6 mwN).
389
Obwohl die Angeklagte B nicht bei der Tatausführung mitwirkte, sind ihr die durch den Angeklagten G sowie der Zeugin Ml verwirklichten Tatbestandselemente gem. § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Aufgrund des gemeinsam gefassten Tatplans kam es zur Ausführung der Tat, wobei die Angeklagte B durch Vorschlagen der Örtlichkeit, Beschreibung des Pkws des Nebenklägers und dessen Statur entscheidend an der Tatvorbereitung mitwirkte. Weiterhin machte die Angeklagte B die Zeugin Ml durch Manipulation tatgeneigt, indem sie diese von der Schädlichkeit des Nebenklägers für die Kinder überzeugte. Schon ihr objektiver Tatbeitrag hat somit erhebliches Gewicht. Hinsichtlich der Feststellung zur Täterschaft ist insbesondere das eigene Interesse der Angeklagten B am Erfolg der Tat zu berücksichtigen. Überwiegend sollte ihr die vorgesehene Diffamierung des Nebenklägers zu Gute kommen, indem das Familiengericht den Nebenkläger nicht (mehr) als geeignete Bezugsperson für die drei gemeinsamen Kinder ansehen würde und somit das Sorge- und Umgangsrecht ihr zugesprochen werde. Daraus ergibt sich auch, dass der Wille zur Tat seitens der Angeklagten B ein überaus großer war. Sie hatte das Hauptinteresse am Taterfolg und wäre im Erfolgsfall die unmittelbare Nutznießerin gewesen.
2. Tat vom 05.11.2017, Ziff. 2 der Anklage vom 07.03.2019
390
Die Angeklagte B hat sich bezüglich des unter C. I. 2. b. festgestellten Sachverhalts der falschen Verdächtigung gem. §§ 164 Abs. 1, 177 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 6, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
391
Die Angeklagte B verwirklichte den Tatbestand des § 164 Abs. 1 StGB als Täterin, wobei die tatbestandliche Verwirklichung - entsprechend des von den Angeklagten G und B mit der Zeugin M gefassten Tatplans - unter mittäterschaftlicher Arbeitsteilung mit dem Angeklagten G und der Zeugin M begangen wurde.
392
Für die Abgrenzung der mittäterschaftlichen von sonstiger Beteiligung sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine wertende Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen, wobei entscheidende Kriterien der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung als objektive Tatherrschaft und der Wille zur Tatherrschaft sind (BGH Beschluss vom 29.09.2015 - 3 StR 336/15; NStZ-RR 2016, 6 mwN).
393
Die Angeklagte B erhoffte sich, über die vorgetäuschte Vergewaltigung ein Ermittlungsverfahren gegen den Nebenkläger herbeizuführen und somit den Sorgerechtsstreit um die gemeinsamen Kinder zu ihren Gunsten beeinflussen zu können, woraus ein hoher Grad an eigenem Interesse zur Begehung der Tat gegeben ist. Sie hatte das Hauptinteresse am Taterfolg und wäre im Erfolgsfall die unmittelbare Nutznießerin gewesen. Des Weiteren rekrutierte die Angeklagte B über die Zeugin Ml die Zeugin M als taugliches „Opfer“ und stellte über ihre wahrheitswidrigen Angaben, der Nebenkläger würde seine Töchter sexuell misshandeln, die Unterstützung durch die Zeugin M sicher bzw. manipulierte sie dementsprechend. Darüber hinaus lieh sie den Pkw von Ro. R, um damit die Zeuginnen M und Ml am Abend des 04.11.2017 zur Vorbereitung der Tatausführung in ihre Wohnung zu verbringen, wo sie während der Vorbereitungshandlungen ebenfalls anwesend war. Schließlich hatte sie auch die vom Angeklagten G am Tatort ausgebrachten Zigarettenstummel sowie Katzenhaare aus dem Hausmüll des Nebenklägers entwendet. Folglich ist auch eine objektive Tatherrschaft der Angeklagten B gegeben.
394
b) Auch richtete sich die Verdächtigung gegen eine andere Person, somit einen identifizierbaren Dritten (vgl. Fischer StGB, aaO, § 164 Rn. 7), so dass vorliegend § 164 Abs. 1 und nicht § 145d StGB verwirklicht wurde.
395
Aufgrund der zwei anonymen Anrufe, die den Nebenkläger als Täter der versuchten Vergewaltigung bezeichneten, und welche, da zwingend aus der Sphäre der Angeklagten G und B stammend, diesen zuzurechnen sind, konnte der Nebenkläger ermittelt und ein DNA-Abgleich in der Datenbank durchgeführt werden.
396
c) § 145d Abs. 1 StGB trat aufgrund der Verwirklichung des § 164 Abs. 1 StGB im Rahmen der Subsidiarität zurück.
3. Tat zwischen dem 01.01.2018 und 11.09.2018, Ziff. 3 der Anklage vom 07.03.2019
397
Die Angeklagte B hat sich bezüglich des unter C. I. 2. c. festgestellten Sachverhalts wegen versuchter Anstiftung zur Brandstiftung gem. §§ 30 Abs. 1 S. 1 i. V. m. 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht.
398
Sie handelte als Mittäterin gemeinschaftlich mit dem Angeklagten G, § 25 Abs. 2 StGB.
399
a) Die Angeklagte B handelte mit Vorsatz bezüglich der Begehung eines Verbrechens und setzte unmittelbar dazu an, die Zeugin Ml zur Tatbegehung zu bestimmen.
400
Die Schwelle zum Versuchsbeginn ist überschritten, wenn sich die Bestimmungshandlung auf eine ausreichend bestimmte Tat konkretisiert und der Angestiftete die Tat begehen könnte, wenn dieser es wollte. Dabei ist bei Prüfung der Frage, ob der Anzustiftende den Einflussbereich des Anstifters verlassen hat und jederzeit die Tat eigenmächtig zu der von ihm selbst bestimmten Zeit begehen kann, die „Vorstellung“ des Anstifters maßgeblich (BGH Beschluss vom 08.05.2019 - 1 StR 76/19, NStZ 2019, 595).
401
Nach der Vorstellung der Angeklagten B (wie auch des Mittäters G) sollte die Zeugin Ml den Pkw des Nebenklägers in Brand setzen und damit den Tatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB, folglich eines Verbrechens, verwirklichen. Dabei ging die Angeklagte B davon aus, die Tat aufgrund der Beschreibung des Pkw des Nebenklägers sowie des Zeigens von dessen Wohnung, den von ihr ausgeübten psychischen Druck und der Beschreibung des geplanten Tatablaufs durch den Angeklagten G ausreichend konkretisiert zu haben, dass sie durch die Zeugin Ml begangen werden kann.
402
b) Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt nicht vor.
403
Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB bleibt straffrei, wer freiwillig den Versuch aufgibt, den anderen zur Verbrechensbegehung zu bestimmen. Abzugrenzen von den Fällen des unbeendeten Versuchs, in denen strafbefreiender Rücktritt möglich ist, sind indessen die Fälle des fehlgeschlagenen Versuchs. In diesen ist entweder der Erfolgseintritt - für den Täter erkanntermaßen - objektiv nicht mehr möglich, oder der Täter hält ihn nicht mehr für möglich. Beim fehlgeschlagenen Versuch ist der Rücktritt nach der Rechtsprechung des BGH ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2004 - 2 StR 281/04; NStZ-RR 2004, 361)). Ein solcher Fall des fehlgeschlagenen Versuchs liegt allerdings dann nicht vor, wenn der Täter nach anfänglichem Misslingen des vorgestellten Tatablaufs - hier der Anstiftung - sogleich zu der Annahme gelangt, er könne ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitstehenden Mitteln die Tat (Anstiftung) doch noch vollenden (BGH, Urt. v. 12.12.2001 - 1 StR 441/01; NStZ 2002, 311). Weiß jedoch der Anzustiftende das Ansinnen des Täters zurück, liegt ein Fehlschlag vor (BeckOKStGB/Cornelius, § 31 Rn. 2).
404
Demnach lag aus Sicht der Angeklagten B ein fehlgeschlagener Versuch vor. Nach der dezidiert und unmißverständlich geäußerten Ablehnung der Tatbegehung durch die Zeugin Ml erkannte sie (wie auch der Mittäter G), dass diese nicht mehr mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zur Tatbegehung bestimmt werden konnte. Unabhängig davon, dass die Zeugin in keiner Weise zu erkennen gegeben hat, es sich anders überlegen zu wollen, sollte ihr Geld geboten werden, vielmehr klargestellt hatte, die Tat unter keinen Umständen begehen zu wollen, wusste die Angeklagte B, dass der Angeklagte G (ebenso wenig wie sie selbst) noch finanzielle Mittel aufzuwenden gedachte, um die Zeugin gegebenenfalls doch noch umzustimmen. Nach ihrer Vorstellung war der Erfolgseintritt nicht mehr möglich. Das weitere Passivbleiben in der Folgezeit ist daher nicht als Rücktritt zu werten.
4. Tat vom August 2018, Ziff. 4 der Anklage vom 07.03.2019
405
Die Angeklagte B hat sich bezüglich des unter C. I. 2. d. festgestellten Sachverhalts nicht strafbar gemacht und war insoweit freizusprechen.
406
Die Hauptverhandlung hat nicht ergeben, dass die Angeklagte B Kenntnis von der Übergabe der mit einer Lösung aus Cocain-Hydrochlorid gefüllten Spritze hatte oder bewusst an dieser beteiligt war, so dass es am entsprechenden Vorsatz fehlt, auch wenn sie den Angeklagten G zur Übergabe mit dem Pkw gefahren haben könnte.
407
Auch der Tatbestand der versuchten Anstiftung zur schweren Körperverletzung gem. §§ 30 Abs. 1, 226 StGB wurde durch die Angeklagte B nicht verwirklicht. Durch das von den Angeklagten G und B angestrebte Ziel, beim Nebenkläger einen positiven Drogenbefund zu erreichen, liegt keine der in § 226 Abs. 1 StGB genannten Voraussetzungen vor, so dass es bereits am aus Sicht der Angeklagten B angestrebten Verbrechenstatbestand fehlt. Dass sie solche tatbestandlichen Folgen gewollt oder auch nur billigend in Kauf genommen hätte, war nicht feststellbar.
408
Die Angeklagte B war darum aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
409
Der Angeklagte Be hat sich des versuchten Diebstahls in zwei tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung und des Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 242 Abs. 1, Abs. 2, 243 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nrn. 1, 2, 3, 303 Abs. 1, 303c, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52, 53, 64, 73 Abs. 1, 73c StGB schuldig gemacht.
1. Tat zwischen dem 02.07. und 03.07.2021, Ziff. 1 der Anklage vom 29.12.2020
410
Der Angeklagte Be hat sich bezüglich des unter C. II. 2. a. festgestellten Sachverhalts des versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 242 Abs. 2, 303 Abs. 1, 303c, 22, 23 Abs. 2, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht, wobei er als Mittäter mit dem Angeklagten G handelte.
411
a) Der Angeklagte Be hat nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Wegnahme angesetzt. Ausreichend ist hierzu, dass der Täter mit dem bestimmten Willen, etwas zu stehlen, in ein fremdes Besitztum eindringt, wobei noch nicht erforderlich ist, dass sich der Vorsatz auf eine bestimmte Sache konkretisiert hat (Fischer StGB, aaO, § 242 Rn. 56), spätestens jedoch, wenn der Täter einen Angriff auf einen den Gewahrsam sichernden Schutzmechanismus vornimmt, wenn sich der Täter, für den Fall des Überwindens nach seinem Tatplan einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung vorstellt (vgl. BGH Beschluss vom 26.05.2020 - 5 StR 55/2; NStZ-RR 2020, 246). Denn aufgrund der reinen Erhöhung des Unrechtsgehalts beim Vorliegen eines Regelbeispiels, darf für die Bestimmung des Versuchsbeginns grundsätzlich nicht auf die Verwirklichung des Regelbeispiels, sondern allein des Grundtatbestandes abgestellt werden (BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - 2 StR 43/16; NStZ 2017, 86).
412
Im Falle eines Autohauses ist bereits mit der Öffnung der Eingangstür mittels Einwirkung auf den Schließmechanismus von einem unmittelbaren Ansetzen auszugehen, ein solches ist in jedem Fall spätestens dann anzunehmen, als der Angeklagte G gemeinsam mit dem Angeklagten Be begann, den im 1. Obergeschoss vorgefundenen Tresor aufzuhebeln, da in diesem Augenblick nach der Vorstellung beider (Mit-)Täter ein Zugriff auf etwaiges Stehlgut ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung nach Überwinden der aufgefundenen Barriere möglich wäre und somit ein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme gegeben ist.
413
b) Ein Rücktritt vom Versuch ist hingegen nicht gegeben, § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StGB, da der Versuch fehlgeschlagen ist. Von einem Fehlschlag ist auszugehen, wenn der Taterfolg aus Sicht des Täters mit den bereits eingesetzten oder zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird (Fischer StGB, aaO, § 24 Rn. 7 mwN). Dabei kommt es, wenn Einzelakte untereinander und mit der letzten Tathandlung Teile eines durch die subjektive Zielrichtung des Täters verbundenen einheitlichen Geschehens bilden für die Beurteilung des Fehlschlags allein auf die subjektive Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (BGH Urt. v. 08.02.2007 - 3 StR 470/06; NStZ 2007, 399).
414
Vorliegend bilden die von den Angeklagten G und Be mittäterschaftlich vorgenommenen Einzelakte - Aufhebeln des Tresors und der Kassenschublade sowie Untersuchung des zweiten Tresors - ein einheitliches Geschehen, da sie von den Angeklagten mit der Zielrichtung vorgenommen wurden, Wertgegenstände im Autohaus zu entwenden. Als letzte Ausführungshandlung kann zunächst das Öffnen der leeren Kassenschublade gesehen und somit der Fehlschlag in diesem Augenblick bejaht werden (vgl. Fischer StGB, aaO, § 24 Rn. 7a). Sicher ist hiervon aber auszugehen, als die Angeklagten G und Be den verschlossenen Tresor im Erdgeschoss aufsuchten und nach Untersuchung des Schlosses erkannten, dass es ihnen mangels Vorliegens geeigneten Werkzeugs nicht gelingen würde, ihn zu öffnen und etwaige Wertgegenstände daraus zu entwenden.
415
c) Die durch den Angeklagten G vorgenommenen Sachbeschädigungen sind dem Angeklagten Be aufgrund des gemeinsamen Tatplans sowie der gemeinsamen Tatausführung gem. § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen.
416
d) Die im Autohaus vorgenommenen unterschiedlichen Handlungen sind als natürliche Handlungseinheit zu betrachten, da mit dem Umstand, dass der Angeklagte G durch das gewaltsame Eindringen in das Autohaus zugleich mit dem Beginn des Versuchs des Diebstahls auch das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklichte, eine Teilidentität der Ausführungshandlungen gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.2010 - 2 StR 519/10; NStZ-RR 2011, 111).
417
§ 303 Abs. 1 StGB wird konkurrenzrechtlich nicht von §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert, sondern steht aus Klarstellungsgründen in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 27.11.2018 - 2 StR 481/17; NJW 2019, 1086).
2. Tat vom 11.07.2020, Ziff. 2 der Anklage vom 29.12.2020
418
Der Angeklagte Be hat sich bezüglich des unter C. II. 2. b. dargestellten Sachverhalts wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 242 Abs. 2, 303 Abs. 1, 303c, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht.
419
Eine Zurechnung der bereits durch den Angeklagten G und den unbekannten Täter „H.“ bereits verwirklichten Tatbestandselemente hatte gem. § 25 Abs. 2 StGB aufgrund des gemeinsamen Tatplans sowie der gemeinsamen Tatausführung zu erfolgen.
420
§ 303 Abs. 1 StGB wird dabei konkurrenzrechtlich nicht von §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert, sondern steht aus Klarstellungsgründen in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 27.11.2018, Az.: 2 StR 481/17).
3. Tat vom 16.08.2020, Ziff. 3 der Anklage vom 29.12.2020
421
Der Angeklagte Be hat sich hinsichtlich des unter C. II. 2. c. festgestellten Sachverhalts wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gem. §§ 242 Abs. 1, Abs. 2, 303 Abs. 1, 303c, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht, wobei er mittäterschaftlich mit dem Angeklagten G handelte.
422
a) Der Angeklagte Be hat nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Wegnahme angesetzt, wobei er die Tat als Mittäter beging.
423
Der Tatrichter hat auf Grund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen, ob eine Beteiligung als Teilnehmer oder Täter erfolgte. Maßgebliche Kriterien sind hierbei der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 - 3 StR 336/15; NStZ-RR 2016, 6).
424
Insoweit hat der Angeklagte Be die Tät in täterschaftlicher Beteiligung ausgeführt. Dieser hatte aufgrund der mit dem Angeklagten G vereinbarten hälftigen Teilung etwaiger Taterträge ein hohes eigenes Interesse an der Tatbegehung. Auch liegt ein nicht zu vernachlässigender Umfang der Tatbeteiligung insbesondere im Vorbereitungsstadium vor, da der Angeklagte Be das Objekt aufgrund seiner Kenntnisse über dort (angeblich) vorhandene Bargeldreserven vorschlug und die vom Angeklagten G zum Öffnen der Tür benötigten Werkzeuge zum Tatort trug. Zudem ist der Wille des Angeklagten Be zur Tatausführung gegeben, auch wenn er diese tatsächlich nicht ausführte, sondern in wartender Position vor dem Objekt verblieb. Aufgrund der mit dem Angeklagten G vereinbarten Aufgabenteilung, dass dieser zunächst das Objekt auf Überwachungseinrichtungen überprüfen sollte, hing es im vorliegenden Fall allein vom Zufall ab, dass der Angeklagte Be sich in die Räumlichkeiten begab. Hätte der Angeklagte G etwaig durch den Angeklagten Be zu öffnende Tresore ausfindig gemacht, hätte sich dieser - der vereinbarten Aufgabenteilung entsprechend - nach dem Tatplan zu diesem Zweck in das Objekt begeben. Der Wille zur Tatherrschaft war folglich auch beim Angeklagten Be gegeben. Die Gesamtbetrachtung dieser Umstände lässt auf eine mittäterschaftliche Begehung des Angeklagten Be und somit Zurechnung der durch den Angeklagten G verwirklichten Tatbeiträge gem. § 25 Abs. 2 StGB schließen.
425
Mit dem Eindringen des Angeklagten G in die Räumlichkeiten des A Steakhouse und dem Öffnen des verschlossenen Tresorfachs hat auch der Angeklagte Be nach seiner Vorstellung zur Verwirklichung des Tatbestands des § 242 Abs. 1 StGB angesetzt. Denn er wusste, dass der Angeklagte G, entsprechend ihrer Abmachung, eine erste Durchsuchung des Objekts nach Wertgegenständen allein vornehmen wird.
426
b) Ein Rücktritt vom Versuch ist hingegen nicht gegeben, § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StGB, da der Versuch fehlgeschlagen ist. Von einem Fehlschlag ist auszugehen, wenn der Taterfolg aus Sicht des Täters mit den bereits eingesetzten oder zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird (Fischer StGB, aaO, § 24 Rn. 7 mwN). Dabei kommt es, wenn Einzelakte untereinander und mit der letzten Tathandlung Teile eines durch die subjektive Zielrichtung des Täters verbundenen einheitlichen Geschehens bilden für die Beurteilung des Fehlschlags allein auf die subjektive Sicht des Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (BGH Urt. v. 08.02.2007 - 3 StR 470/06; NStZ 2007, 399).
427
Der Angeklagte Be erkannte, nachdem ihm der Angeklagte G mitgeteilt hatte, dass sich keine Wertgegenstände im Steakhouse befunden hätten, dass sie den von ihm angestrebten tatbestandlichen Erfolg, Wertgegenstände aus dem Steakhouse zu entwenden, nicht mehr würde herbeiführen können. Somit liegt ein subjektiver Fehlschlag vor.
428
c) Die im A Steakhose vorgenommenen Handlungen sind als natürliche Handlungseinheit zu betrachten, da mit dem Umstand, dass der Angeklagte G durch das gewaltsame Eindringen in das Steakhouse zugleich mit dem Beginn des Versuchs des Diebstahls auch das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklichte, eine Teilidentität der Ausführungshandlungen gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.2010 - 2 StR 519/10; NStZ-RR 2011, 111).
429
F. § 303 Abs. 1 StGB wird konkurrenzrechtlich nicht von §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert, sondern steht aus Klarstellungsgründen in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 27.11.2018 - 2 StR 481/17; NJW 2019, 1086).
1. Anklage vom 07.03.2019
a. Tat vom 27.09.2017, Ziff. 1 der Anklage vom 07.03.2019
aa. Anwendbarer Strafrahmen
430
Die Kammer ging bei der Strafzumessung vom Strafrahmen des § 164 Abs. 1 StGB aus, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
431
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn waren alle für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände abzuwägen, § 46 Abs. 2 StGB.
432
Zugunsten des Angeklagten G waren zunächst sein Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand und aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände vorliegend ausnahmsweise als besonders haftempfindlich einzustufen ist, weil er aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen weder arbeiten noch Besuch erhalten durfte. Auch ist zugunsten des Angeklagten G zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung fast 4 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass das Verfahren gegen den Nebenkläger letzten Endes eingestellt wurde, diesem somit keine strafrechtlichen Konsequenzen erwuchsen, und der Angeklagte G die Tat aus einem Gefühl der Bedrohung gegen sich und seine Mutter durch den Nebenkläger sowie zur Unterstützung seiner damaligen Partnerin im Streit mit dem Nebenkläger um die gemeinsamen Kinder begangen hat. Auch wurde zugunsten des Angeklagten G berücksichtigt, dass er, manipuliert durch die Angeklagte B, der Meinung war, vom Nebenkläger gehe tatsächlich eine Gefahr für die Kinder aus.
433
Zulasten des Angeklagten G spricht hingegen, dass dieser bereits mehrfach - wenn auch nicht einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts München I vom 29.07.2013 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte G die Tat folglich in offener (nicht einschlägiger) Reststrafenbewährung beging. Gegen ihn spricht zudem, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies.
434
Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände hält die Kammer eine Einzelfreiheitsstrafe von 9 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem Geständnis des Angeklagten G und den Vorstrafen, in Sonderheit der offenen Reststrafenbewährung leiten ließ.
b. Tat vom 05.11.2017, Ziff. 2 der Anklage vom 07.03.2019
aa. Anwendbarer Strafrahmen
435
Die Kammer ging bei der Strafzumessung vom Strafrahmen des § 164 Abs. 1 StGB aus, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
436
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn waren alle für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände abzuwägen, § 46 Abs. 2 StGB.
437
Zugunsten des Angeklagten G war zunächst sein Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand und aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände vorliegend ausnahmsweise als besonders haftempfindlich einzustufen ist, weil er aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen über lange Zeit weder arbeiten noch Besuch erhalten durfte. Auch ist zugunsten des Angeklagten G zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung fast 4 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass es letztlich zu keinem Ermittlungsverfahren gegen den Nebenkläger kam, diesem somit keine strafrechtlichen Konsequenzen erwuchsen, und der Angeklagte G die Tat aus einem Gefühl der Bedrohung gegen sich und seine Mutter durch den Nebenkläger sowie zur Unterstützung seiner damaligen Partnerin im Streit mit dem Nebenkläger um die gemeinsamen Kinder begangen hat. Auch wurde zugunsten des Angeklagten G berücksichtigt, dass er, manipuliert durch die Angeklagte B, der Meinung war, vom Nebenkläger gehe tatsächlich eine Gefahr für die Kinder aus.
438
Zulasten des Angeklagten G spricht hingegen, dass dieser bereits mehrfach - wenn auch nicht einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts München I vom 29.07.2013 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte G die Tat folglich in offener Reststrafenbewährung beging. Gegen ihn spricht zudem, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies.
439
Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände hält die Kammer eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem Geständnis des Angeklagten G und der offenen Reststrafenbewährung leiten ließ.
c. Tat zwischen dem 01.01.2018 und 11.09.2018, Ziff. 3 der Anklage vom 07.03.2019
aa. Anwendbarer Strafrahmen
440
aa) Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 306 Abs. 1 StGB aus, der Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vorsieht.
441
bb) Dabei war jedoch unter Berücksichtigung der relevanten Umstände vom Vorliegen eines minder schweren Falls gem. § 306 Abs. 2 StGB auszugehen (dazu (1)) sowie der so ermittelte Strafrahmen aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des §§ 30 Abs. 1 S. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB erneut zu mildern (dazu (2)).
442
(1) Ein minder schwerer Fall liegt nur vor, wenn die Gesamtwürdigung von Tat und Täter unter Berücksichtigung der Vorgeschichte der Tat, des Verhalten des Opfers und der Persönlichkeit des Täters ergibt, dass die mildernde Umstände deutlich überwiegen, so dass das in der Tat zum Ausdruck kommende Unrecht deutlich unter dem sonst bei der Verwirklichung des Tatbestands auftretenden liegt (BGH Beschluss vom 10.01. 2006 - 4 StR 545/05; NStZ-RR 2006, 140). Dabei waren sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die für und gegen den Angeklagten G sprechen.
443
Im Rahmen der Gesamtwürdigung waren zugunsten des Angeklagten G zunächst sein Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand und aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände vorliegend ausnahmsweise als besonders haftempfindlich einzustufen ist, weil er aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen weder arbeiten noch Besuch erhalten durfte. Auch ist zugunsten des Angeklagten G zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung etwa 3 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G die Tat aus einem Gefühl der Bedrohung gegen sich und seine Mutter durch den Nebenkläger sowie zur Unterstützung seiner damaligen Partnerin im Streit mit dem Nebenkläger um die gemeinsamen Kinder begangen hat. Auch wurde zugunsten des Angeklagten G berücksichtigt, dass er, manipuliert durch die Angeklagte B, der Meinung war, vom Nebenkläger gehe tatsächlich eine Gefahr für die Kinder aus. Daneben war zu seinen Gunsten zu bewerten, dass die Tat zwar ausreichend konkretisiert war, eine sorgfältige Planung, wie Zeit und Ort der Tat, jedoch noch nicht erfolgte. Schließlich hat das Gericht zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass die Zeugin Ml letztlich zu keinem Zeitpunkt bereit war, die Tat auszuführen und die Tatausführung bereits im frühen Stadium - nach Überwinden der Schwelle zum unmittelbaren Ansetzen - wieder abgebrochen wurde Zulasten des Angeklagten G war hingegen zu berücksichtigen, dass dieser bereits vielfach - wenn auch nicht einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts München I vom 29.07.2013 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte G die Tat folglich in offener Reststrafenbewährung beging. Gegen ihn spricht zudem, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies.
444
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände ist daher nach Überzeugung der Kammer, insbesondere unter Berücksichtigung des frühen Abbruchs der Tat, die Anwendung des Ausnahmestrafrahmes des § 306 Abs. 2 StGB aufgrund des Überwiegens der strafmildernden Umstände geboten.
445
Die Kammer ging daher vom Vorliegen des Strafrahmens des § 306 Abs. 2 StGB aus, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren vorsieht.
446
(2) Darüber hinaus war der so ermittelte Strafrahmen erneut gem. §§ 30 Abs. 1 S. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB zu mildern.
447
Die Kammer ging somit von einem Strafrahmen von 1 Monat bis zu 3 Jahren 9 Monaten Freiheitsstrafe aus.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
448
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn waren - erneut - alle für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände abzuwägen, § 46 Abs. 2 StGB.
449
Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist zugunsten des Angeklagten G zunächst sein Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand. Auch ist zugunsten des Angeklagten G zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung etwa 3 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G die Tat aus einem Gefühl der Bedrohung gegen sich und seine Mutter durch den Nebenkläger sowie zur Unterstützung seiner damaligen Partnerin im Streit mit dem Nebenkläger um die gemeinsamen Kinder begangen hat. Auch ist zu seinen guten zu bewerten, dass die Tat zwar ausreichend konkretisiert war, eine sorgfältige Planung, wie Tat und Ort der Ausführung, jedoch noch nicht erfolgte.
450
Zulasten des Angeklagten G war hingegen zu berücksichtigen, dass dieser bereits vielfach - wenn auch nicht einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts München I vom 29.07.2013 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte G die Tat folglich in offener Reststrafenbewährung beging. Gegen ihn spricht zudem, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies.
451
Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände hält die Kammer eine Einzelfreiheitsstrafe von 7 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem Geständnis des Angeklagten G und der offenen Reststrafenbewährung leiten ließ.
d. Tat vom August 2018, Ziff. 4 der Anklage vom 07.03.2019
aa. Anwendbarer Strafrahmen
452
Die Kammer ging bei der Strafzumessung vom Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG aus, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
453
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn waren alle für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände abzuwägen, § 46 Abs. 2 StGB.
454
Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist zugunsten des Angeklagten G zunächst sein Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand und aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände vorliegend ausnahmsweise als besonders haftempfindlich einzustufen ist, weil er aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen weder arbeiten noch Besuch erhalten durfte. Auch ist zugunsten des Angeklagten G zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung etwa drei Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G die Tat aus einem Gefühl der Bedrohung gegen sich und seine Mutter durch den Nebenkläger sowie zur Unterstützung seiner damaligen Partnerin im Streit mit dem Nebenkläger um die gemeinsamen Kinder begangen hat. Ebenfalls zu Gunsten des Angeklagten G ist zu berücksichtigen, dass das Betäubungsmittel sichergestellt und es nicht zur vorgesehenen Tatausführung kam.
455
Zulasten des Angeklagten G war hingegen zu berücksichtigen, dass dieser bereits vielfach - wenn auch nicht einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts München I vom 29.07.2013 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest bis zum 31.03.2019 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte G die Tat folglich in offener Reststrafenbewährung beging. Auch war vorliegend die Tatmotivation, welche eine hohe kriminelle Energie reflektiert, strafschärfend zu berücksichtigen.
456
Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen den Angeklagten G sprechenden Umstände hält die Kammer eine Einzelgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 15,00 EUR für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem Geständnis des Angeklagten G und der offenen Reststrafenbewährung wie auch der Tatmotivation leiten ließ.
2. Anklage vom 29.12.2020
a. Tat zwischen dem 02.07. und 03.07.2020, Ziff. 1 der Anklage vom 29.12.2020
aa. Anwendbarer Strafrahmen
457
Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB aus. Vorliegend war ein besonders schwerer Fall nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anzunehmen, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Verwirklicht wurden die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 2 und 3 StGB. So wurde zur Ausführung der Tat in einen Dienst- oder Geschäftsraum eingebrochen und unmittelbar dazu angesetzt, eine Sache zu stehlen, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war. Zudem wollte der Angeklagte G dabei - insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs der angestrebten Tatbeute - aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen, handelte mithin gewerbsmäßig. Nach Abwägung sämtlicher relevanter Umstände in Richtung auf den Angeklagten G (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2009 - 3 StR 3/09; BeckRS 2009, 278828) war die Indizwirkung der Regelbeispiele nach Überzeugung der Kammer weder unter Berücksichtigung der allgemeinen Umstände (dazu (1)) noch des Vorliegens eines vertypten Strafmilderungsgrundes (dazu (2)) widerlegt. Der Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB war auch nicht gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB zu mildern (dazu (3)).
458
(1) Zugunsten des Angeklagten G war dessen Geständnis, ebenso wie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand und aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände vorliegend ausnahmsweise als besonders haftempfindlich einzustufen ist, weil er aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen über lange Zeit weder arbeiten noch Besuch erhalten durfte. Für den Angeklagten G sprach zudem, dass mit der Tat kein Vandalismus in den Geschäftsräumen einherging und die Geschädigte den erlittenen Sachschaden durch ihre Versicherung erstattet bekam.
459
Zulasten des Angeklagten G spricht vorliegend, dass ein erheblicher Mindestsachschaden i. H. v. 15.833,00 EUR bei der Tatbegehung verursacht wurde. Ebenso ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G bereits vielfach - teils einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Gegen ihn spricht zudem, dass bei der Tatbegehung mehrere Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.
460
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war vorliegend die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht widerlegt und vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB auszugehen.
461
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB.
462
Unter Berücksichtigung aller bereits genannter sowie der wesentlichen versuchsbezogenen Umstände, namentlich, dass die Tatvollendung nach dem Eindringen der Angeklagten G und Be in die Räumlichkeiten bereits äußerst nah war, ist die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels auch nicht unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des §§ 23 Abs. 2 i. V. m 49 Abs. 1 StGB als widerlegt anzusehen.
463
(3) Es war nach Überzeugung der Kammer - auch unter erneuter Berücksichtigung der bereits genannten allgemeinen Umstände, insbesondere dem Geständnis des Angeklagten G - keine Milderung des Strafrahmens gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB anzunehmen, da die Tatvollendung nach dem Eindringen der Angeklagten G und Be und dem Aufhebeln des vorgefundenen Tresors nur vom Zufall abhing, da sich darin wider Erwarten keine für die Angeklagten verwendbaren Wertgegenstände befanden, die Tat somit in höchstem Maße vollendungsnah war.
464
Auch die Ausnahmeregelung des § 243 Abs. 2 StGB war nicht verwirklicht.
465
Es verblieb somit bei dem sich aus § 243 Abs. 1 S. 1 StGB ergebenden Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
466
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne waren gem. § 46 StGB die oben genannten für und gegen den Angeklagten G sprechenden Gesichtspunkte nochmals gegeneinander abzuwägen. Zudem hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass die Tat im Versuchsstadium steckengeblieben ist, weil keine Wegnahme erfolgte. Die Kammer hielt nach § 46 StGB eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem Geständnis des Angeklagten G, der konkreten Höhe des eingetreten Mindestsachschadens und seinen Vorstrafen leiten ließ.
b. Tat vom 11.07.2020, Ziff. 2 der Anklage vom 29.12.2020
aa. Anwendbarer Strafrahmen
467
Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB aus. Vorliegend war ein besonders schwerer Fall nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anzunehmen, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Verwirklicht wurden die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 2 und 3 StGB. So wurde zur Ausführung der Tat in einen Dienst- oder Geschäftsraum eingebrochen und eine Sache gestohlen, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war. Zudem wollte sich der Angeklagte G dabei - insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs der Tatbeute - aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen, handelte mithin gewerbsmäßig. Nach Abwägung sämtlicher relevanter Umstände in Richtung auf den Angeklagten G (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2009 - 3 StR 3/09; BeckRS 2009, 278828) war die Indizwirkung der Regelbeispiele nach Überzeugung der Kammer nicht widerlegt.
468
Zugunsten des Angeklagten G war dessen Geständnis zu berücksichtigen. Ebenso war die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand und aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände vorliegend ausnahmsweise als besonders haftempfindlich einzustufen ist, weil er aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen weder arbeiten noch Besuch erhalten durfte. Für den Angeklagten G sprach zudem, dass mit der Tat kein Vandalismus in den Geschäftsräumen einherging und die Geschädigte den erlittenen Sachschaden durch ihre Versicherung erstattet bekam. Berücksichtigung fand auch, dass bei der wiederholten Begehung einer Diebstahlstat die Hemmschwelle herabgesetzt war.
469
Zulasten des Angeklagten G spricht vorliegend, dass ein erheblicher Mindestsachschaden i. H. v. 5.343,35 EUR bei der Tatbegehung verursacht sowie Gegenstände im Wert von 9.297,63 EUR entwendet wurde. Ebenso ist zu Lasten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G bereits vielfach - teils einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Gegen ihn spricht zudem, dass bei der Tatbegehung mehrere Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.
470
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war vorliegend die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht widerlegt und vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB auszugehen.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
471
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne waren gem. § 46 StGB die oben genannten für und gegen den Angeklagten G sprechenden Gesichtspunkte nochmals gegeneinander abzuwägen. Die Kammer hielt nach § 46 StGB eine Einzelfreiheitsstrafe von 2 Jahren 4 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem Geständnis des Angeklagten G, der konkreten Höhe des eingetretenen Schadens und seinen Vorstrafen leiten ließ.
c. Tat vom 16.08.2020, Ziff. 3 der Anklage vom 29.12.2020
aa. Anwendbarer Strafrahmen
472
Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB aus. Vorliegend war ein besonders schwerer Fall nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anzunehmen, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Verwirklicht wurden die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 2 und 3 StGB. So wurde zur Ausführung der Tat in einen Dienst- oder Geschäftsraum eingebrochen und unmittelbar dazu angesetzt, eine Sache zu stehlen, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war. Zudem wollte der Angeklagte G dabei - insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs der angestrebten Tatbeute - aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen, handelte mithin gewerbsmäßig. Nach Abwägung sämtlicher relevanter Umstände in Richtung auf den Angeklagten G (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2009 - 3 StR 3/09; BeckRS 2009, 278828) war die Indizwirkung der Regelbeispiele nach Überzeugung der Kammer weder unter Berücksichtigung der allgemeinen Umstände (dazu (1)) noch des Vorliegens eines vertypten Strafmilderungsgrundes (dazu (2)) widerlegt. Der Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB war auch nicht gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB zu mildern (dazu (3)).
473
(1) Zugunsten des Angeklagten G war dessen Geständnis, ebenso wie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang war vor allem in Rechnung zu stellen, dass sich der Angeklagte G im Zeitpunkt der Hauptverhandlung - mit Unterbrechungen - bereits mehr als 14 Monate in Untersuchungshaft befand und aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände vorliegend ausnahmsweise als besonders haftempfindlich einzustufen ist, weil er aufgrund der in der Justizvollzugsanstalt zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen über lange Zeit weder arbeiten noch Besuch erhalten durfte. Für den Angeklagten G sprach zudem, dass mit der Tat kein Vandalismus in den Geschäftsräumen einherging und die Geschädigte den erlittenen Sachschaden durch ihre Versicherung erstattet bekam. Berücksichtigung fand auch, dass bei der wiederholten Begehung einer Diebstahlstat die Hemmschwelle herabgesetzt war.
474
Zulasten des Angeklagten G spricht vorliegend, dass ein erheblicher Sachschaden i. H. v. 18.518,78 EUR bei der Tatbegehung verursacht wurde. Ebenso ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G bereits vielfach - teils einschlägig - strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Gegen ihn spricht zudem, dass bei der Tatbegehung mehrere Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.
475
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war vorliegend die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht widerlegt und vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB auszugehen.
476
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB.
477
Unter Berücksichtigung aller bereits genannter sowie der wesentlichen versuchsbezogenen Umstände, namentlich, dass die Tatvollendung nach dem Eindringen der Angeklagten G in die Räumlichkeiten bereits äußerst nah war, und deren Verhinderung allein auf dem Zufall beruhte, dass sich im Steakhouse keine für den Angeklagten G zur Entwendung geeigneten Gegenstände befanden, ist die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels auch nicht unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des §§ 23 Abs. 2 i. V. m 49 Abs. 1 StGB als widerlegt anzusehen.
478
(3) Es war nach Überzeugung der Kammer - auch unter erneuter Berücksichtigung der bereits genannten allgemeinen Umstände, insbesondere des Geständnisses des Angeklagten G - keine Milderung des Strafrahmens gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB anzunehmen, da die Tatvollendung nach dem Eindringen des Angeklagten G in das Steakhouse und dem Aufhebeln des vorgefundenen Tresorfachs nur vom Zufall abhing, da sich darin keine für die Angeklagten verwendbaren Wertgegenstände befanden, die Tat somit in höchstem Maße vollendungsnah war.
479
Auch die Ausnahmeregelung des § 243 Abs. 2 StGB war nicht verwirklicht.
480
Es verblieb somit bei dem sich aus § 243 Abs. 1 S. 1 StGB ergebenden Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
481
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne waren gem. § 46 StGB die oben genannten für und gegen den Angeklagten G sprechenden Gesichtspunkte nochmals gegeneinander abzuwägen. Zudem hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass die Tat im Versuchsstadium steckengeblieben ist, weil keine Wegnahme erfolgte. Die Kammer hielt nach § 46 StGB eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr 2 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem Geständnis des Angeklagten G, der konkreten Höhe des eingetreten Sachschadens und seinen Vorstrafen leiten ließ.
3. Bildung der Gesamtstrafe
482
Aus den soeben dargelegten Einzelstrafen hatte die Kammer gem. §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten G sprechender Gesichtspunkte, insbesondere unter Berücksichtigung seines Geständnisses sowie des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Taten der Anklage vom 29.12.2020, mithin des Seriencharakters (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2013, Az.: 4 StR 467/12), und den erheblichen, teils einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten G, sowie der Tatsache, dass der Nebenkläger aufgrund der Vorfälle bis heute in seiner Lebensführung beeinträchtigt ist, hielt die Kammer eine angemessene Erhöhung der höchsten Einsatzstrafe von 2 Jahren 4 Monaten und somit die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 10 Monaten für tat- und schuldangemessen.
1. Tat vom 27.09.2017, Ziff. 1 der Anklage vom 07.03.2019
a. Anwendbarer Strafrahmen
483
Die Kammer ging bei der Strafzumessung vom Strafrahmen des § 164 Abs. 1 StGB aus, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht.
b. Strafzumessung im engeren Sinn
484
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn waren alle für und gegen die Angeklagte B sprechenden Umstände abzuwägen, § 46 Abs. 2 StGB.
485
Zugunsten der Angeklagten B war zunächst ihr Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Auch ist zugunsten der Angeklagten B zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung fast 4 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass das Verfahren gegen den Nebenkläger letzten Endes eingestellt wurde, diesem somit keine strafrechtlichen Konsequenzen erwuchsen. Positiv wirkt sich zudem aus, dass die Angeklagte B bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist.
486
Zulasten der Angeklagten B ist hingegen zu berücksichtigen, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies und mehrere Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.
487
Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen die Angeklagte B sprechenden Umstände hält die Kammer eine Einzelgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 15,00 EUR für tat- und schuldangemessen.
2. Tat vom 05.11.2017, Ziff. 2 der Anklage vom 07.03.2019
a. Anwendbarer Strafrahmen
488
Die Kammer ging bei der Strafzumessung vom Strafrahmen des § 164 Abs. 1 StGB aus, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht.
b. Strafzumessung im engeren Sinn
489
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn waren alle für und gegen die Angeklagte B sprechenden Umstände abzuwägen, § 46 Abs. 2 StGB.
490
Zugunsten der Angeklagten B war zunächst ihr Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Auch ist zugunsten der Angeklagten B zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung fast 4 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass es letztlich zu keinem Ermittlungsverfahren gegen den Nebenkläger kam, diesem somit keine strafrechtlichen Konsequenzen erwuchsen. Positiv wirkt sich zudem aus, dass die Angeklagte B bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist.
491
Zulasten der Angeklagten B ist hingegen zu berücksichtigen, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies.
492
Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen die Angeklagte B sprechenden Umstände hält die Kammer eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr 2 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich insbesondere von dem Geständnis sowie der aufgewandten, erheblichen kriminellen Energie leiten ließ.
3. Tat zwischen dem 01.01.2018 und 11.09.2018, Ziff. 3 der Anklage vom 07.03.2019
a. Anwendbarer Strafrahmen
493
aa) Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 306 Abs. 1 StGB aus, der Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vorsieht.
494
bb) Dabei war jedoch unter Berücksichtigung der relevanten Umstände vom Vorliegen eines minder schweren Falls gem. § 306 Abs. 2 StGB auszugehen (dazu (1)) sowie der so ermittelte Strafrahmen aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des §§ 30 Abs. 1 S. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB erneut zu mildern (dazu (2)).
495
(1) Ein minder schwerer Fall liegt nur vor, wenn die Gesamtwürdigung von Tat und Täter unter Berücksichtigung der Vorgeschichte der Tat, des Verhaltens des Opfers und der Persönlichkeit des Täters ergibt, dass die mildernde Umstände deutlich überwiegen, so dass das in der Tat zum Ausdruck kommende Unrecht deutlich unter dem sonst bei der Verwirklichung des Tatbestands auftretenden liegt (BGH Beschluss vom 10.01. 2006 - 4 StR 545/05; NStZ-RR 2006, 140). Dabei waren sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die für und gegen die Angeklagte B sprechen.
496
Zugunsten der Angeklagten B war zunächst ihr Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Auch ist zugunsten der Angeklagten B zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung etwa 3 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte B bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Auch ist zu ihren Gunsten zu bewerten, dass die Tat zwar ausreichend konkretisiert war, eine sorgfältige Planung bezüglich Ort und Zeit der Tatausführung jedoch noch nicht erfolgte. Schließlich hat das Gericht zu ihren Gunsten berücksichtigt, dass die Zeugin Ml letztlich zu keinem Zeitpunkt bereit war, die Tat auszuführen und die Tatausführung bereits im frühen Stadium - nach Überwinden der Schwelle zum unmittelbaren Ansetzen - wieder abgebrochen wurde.
497
Zulasten der Angeklagten B ist hingegen zu berücksichtigen, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies.
498
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände ist daher nach Überzeugung der Kammer, insbesondere unter Berücksichtigung des frühen Abbruchs der Tat, die Anwendung des Ausnahmestrafrahmes des § 306 Abs. 2 StGB aufgrund des Überwiegens der strafmildernden Umstände geboten.
499
Die Kammer ging daher vom Vorliegen des Strafrahmens des § 306 Abs. 2 StGB aus, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren vorsieht.
500
(2) Darüber hinaus war der so ermittelte Strafrahmen erneut gem. §§ 30 Abs. 1 S. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB zu mildern.
501
Die Kammer ging somit von einem Strafrahmen von 1 Monat bis zu 3 Jahren 9 Monaten Freiheitsstrafe aus.
b. Strafzumessung im engeren Sinn
502
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn waren - erneut - alle für und gegen die Angeklagte B sprechenden Umstände abzuwägen, § 46 Abs. 2 StGB.
503
Zugunsten der Angeklagten B war zunächst ihr Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Auch ist zugunsten der Angeklagten B zu berücksichtigen, dass seit der Tatbegehung etwa 3 Jahre vergangen sind. Ebenfalls ist zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Angeklagte B bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Auch ist zu ihren Gunsten zu bewerten, dass die Tat zwar ausreichend konkretisiert war, eine sorgfältige Planung bezüglich Ort und Zeit der Tatausführung jedoch noch nicht erfolgte. Schließlich hat das Gericht zu ihren Gunsten berücksichtigt, dass die Zeugin Ml letztlich zu keinem Zeitpunkt bereit war, die Tat auszuführen.
504
Zulasten der Angeklagten B ist hingegen zu berücksichtigen, dass die Tat eine erhebliche kriminelle Energie aufwies.
505
Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen die Angeklagte B sprechenden Umstände hält die Kammer gem. §§ 46 Abs. 2, 47 Abs. 2 StGB eine Einzelgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15,00 EUR für tat- und schuldangemessen.
4. Bildung der Gesamtstrafe
506
Aus den soeben dargelegten Einzelstrafen hatte die Kammer gem. §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen die Angeklagte B sprechender Gesichtspunkte, insbesondere deren Geständnis, der erheblichen aufgewandten kriminellen Energie sowie der Tatsache, dass der Nebenkläger aufgrund der Vorfälle bis heute in seiner Lebensführung beeinträchtigt ist, hielt die Kammer eine angemessene Erhöhung der höchsten Einsatzstrafe von 1 Jahr 2 Monaten und somit die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 3 Monaten für tat- und schuldangemessen.
5. Strafaussetzung zur Bewährung
507
Die Freiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden, da im Rahmen der nach § 56 Abs. 1 S. 2 StGB vorzunehmenden Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit der Angeklagten B eine günstige Sozialprognose gegeben ist und vorliegend besondere Umstände nach § 56 Abs. 2 StGB vorliegen, die eine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung rechtfertigen.
508
Zugunsten der Angeklagten war zu berücksichtigen, dass diese strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten ist und die Taten schon fast vier Jahre zurückliegen. Die Angeklagte lebt in geordneten Verhältnissen in ihrer eigenen Wohnung, besucht eine vom Jobcenter finanzierte Umschuldung und arbeitet zusätzlich beim Kinderschutz M..
509
Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht der Kammer zu erwarten, dass sich die Angeklagte B schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Eine Vollstreckung der Freiheitsstrafe war schließlich nicht zur Verteidigung der Rechtsordnung nach § 56 Abs. 3 StGB geboten.
1. Tat zwischen dem 02.07. und 03.07.2020, Ziff. 1 der Anklage vom 29.12.2020
a. Anwendbarer Strafrahmen
510
Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB aus. Vorliegend war ein besonders schwerer Fall nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anzunehmen, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Verwirklicht wurden die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 2 und 3 StGB. So wurde zur Ausführung der Tat in einen Dienst- oder Geschäftsraum eingebrochen und unmittelbar dazu angesetzt, eine Sache zu stehlen, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war. Zudem wollte sich der Angeklagte Be dabei - insbesondere unter Berücksichtigung des angestrebten Umfangs der Tatbeute - aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen, handelte mithin gewerbsmäßig. Nach Abwägung sämtlicher relevanter Umstände in Richtung auf den Angeklagten Be (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2009 - 3 StR 3/09; BeckRS 2009, 278828) war die Indizwirkung der Regelbeispiele nach Überzeugung der Kammer weder unter Berücksichtigung der allgemeinen Umstände (dazu (1)) noch des Vorliegens eines vertypten Strafmilderungsgrundes (dazu (2)) widerlegt. Der Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB war auch nicht gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB zu mildern (dazu (3)).
511
(1) Zugunsten des Angeklagten Be war dessen Geständnis zu berücksichtigen. Überaus gewichtig war hierbei der Umstand zu berücksichtigen, dass der Angeklagte Be mit seinem Geständnis die Aufklärung der Tat ermöglichte, da es zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei objektive Anhaltspunkte für seine Täterschaft oder die des Angeklagten G gab. Für den Angeklagten Be sprach zudem, dass mit der Tat kein Vandalismus in den Geschäftsräumen einherging und die Geschädigte den erlittenen Sachschaden durch ihre Versicherung erstattet bekam.
512
Zulasten des Angeklagten Be spricht vorliegend, dass ein erheblicher Mindestsachschaden i. H. v. 15.833,00 EUR bei der Tatbegehung verursacht wurde. Ebenso ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte Be bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts D vom 05.12.2017 zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest mit Wirkung zum 03.02.2020 bis zum 09.02.2025 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte Be die Tat folglich in offener Reststrafenbewährung beging. Gegen ihn spricht zudem, dass bei der Tatbegehung mehrere Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.
513
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war vorliegend die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht widerlegt und vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB auszugehen.
514
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB.
515
Unter Berücksichtigung aller bereits genannter sowie der wesentlichen versuchsbezogenen Umstände, namentlich, dass die Tatvollendung nach dem Eindringen der Angeklagten G und Be in die Räumlichkeiten bereits äußerst nah war, ist die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels auch nicht unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des §§ 23 Abs. 2 i. V. m 49 Abs. 1 StGB als widerlegt anzusehen.
516
(3) Es war nach Überzeugung der Kammer - auch unter erneuter Berücksichtigung der bereits genannten allgemeinen Umstände, insbesondere des Geständnisses des Angeklagten Be - keine Milderung des Strafrahmens gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB anzunehmen, da die Tatvollendung nach dem Eindringen der Angeklagten G und Be und dem Aufhebeln des vorgefundenen Tresors nur vom Zufall abhing, da sich darin keine für die Angeklagten verwendbaren Wertgegenstände befanden, die Tat mithin in höchstem Maße vollendungsnah war.
517
Auch die Ausnahmeregelung des § 243 Abs. 2 StGB war nicht verwirklicht.
518
Es verblieb somit bei dem sich aus § 243 Abs. 1 S. 1 StGB ergebenden Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren.
b. Strafzumessung im engeren Sinn
519
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne waren gem. § 46 StGB die oben genannten für und gegen den Angeklagten Be sprechenden Gesichtspunkte nochmals gegeneinander abzuwägen. Zudem hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass die Tat im Versuchsstadium steckengeblieben ist, weil keine Wegnahme erfolgte. Die Kammer hielt nach § 46 StGB eine Einzelfreiheitsstrafe von 10 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem besonders wertvollen, die Aufklärung der Straftaten ermöglichenden Geständnis des Angeklagten Be, der konkreten Höhe des eingetreten Mindestsachschadensleiten wie auch dem Bewährungsversagen leiten ließ.
2. Tat vom 11,07.2020, Ziff. 2 der Anklage vom 29.12.2020
aa. Anwendbarer Strafrahmen
520
Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB aus. Vorliegend war ein besonders schwerer Fall nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anzunehmen, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Verwirklicht wurden die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 2 und 3 StGB. So wurde zur Ausführung der Tat in einen Dienst- oder Geschäftsraum eingebrochen und eine Sache gestohlen, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war. Zudem wollte sich der Angeklagte Be dabei - insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs der Tatbeute - aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen, handelte mithin gewerbsmäßig. Nach Abwägung sämtlicher relevanter Umstände in Richtung auf den Angeklagten Be (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2009 - 3 StR 3/09; BeckRS 2009, 278828) war die Indizwirkung der Regelbeispiele nach Überzeugung der Kammer nicht widerlegt.
521
Zugunsten des Angeklagten Be war dessen Geständnis zu berücksichtigen. Überaus gewichtig war hierbei der Umstand zu berücksichtigen, dass der Angeklagte Be mit seinem Geständnis die Aufklärung der Tat ermöglichte, da es zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei objektive Anhaltspunkte für seine Täterschaft oder die des Angeklagten G gab. Für den Angeklagten Be sprach zudem, dass mit der Tat kein Vandalismus in den Geschäftsräumen einherging und die Geschädigte den erlittenen Sachschaden durch ihre Versicherung erstattet bekam. Berücksichtigung fand auch, dass bei der wiederholten Begehung einer Diebstahlstat die Hemmschwelle herabgesetzt war.
522
Zulasten des Angeklagten Be spricht vorliegend, dass ein erheblicher Mindestsachschaden i. H. v. 5.343,35 EUR bei der Tatbegehung verursacht sowie Gegenstände im Wert von 9.297,63 EUR entwendet wurde. Ebenso ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte Be bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts D vom 05.12.2017 zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest mit Wirkung zum 03.02.2020 bis zum 09.02.2025 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte Be die Tat folglich in offener Reststrafenbewährung beging. Gegen ihn spricht zudem, dass bei der Tatbegehung mehrere Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.
523
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war vorliegend die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht widerlegt und vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB auszugehen.
bb. Strafzumessung im engeren Sinn
524
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne waren gem. § 46 StGB die oben genannten für und gegen den Angeklagten Be sprechenden Gesichtspunkte nochmals gegeneinander abzuwägen. Die Kammer hielt nach § 46 StGB eine Einzelfreiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem besonders wertvollen, die Aufklärung der Straftaten ermöglichenden Geständnis des Angeklagten Be der konkreten Höhe des eingetreten Schadens wie auch dem Bewährungsversagen leiten ließ.
3. Tat vom 16.08.2020, Ziff. 3 der Anklage vom 29.12.2020
a. Anwendbarer Strafrahmen
525
Die Kammer ging bei der Strafzumessung zunächst vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB aus. Vorliegend war ein besonders schwerer Fall nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anzunehmen, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Verwirklicht wurden die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 2 und 3 StGB. So wurde zur Ausführung der Tat in einen Dienst- oder Geschäftsraum eingebrochen und unmittelbar dazu angesetzt, eine Sache zu stehlen, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war. Zudem wollte sich der Angeklagte Be dabei - insbesondere unter Berücksichtigung des angestrebten Umfangs der Tatbeute - aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen, handelte mithin gewerbsmäßig. Nach Abwägung sämtlicher relevanter Umstände in Richtung auf den Angeklagten Be (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2009 - 3 StR 3/09; BeckRS 2009, 278828) war die Indizwirkung der Regelbeispiele nach Überzeugung der Kammer weder unter Berücksichtigung der allgemeinen Umstände (dazu (1)) noch des Vorliegens eines vertypten Strafmilderungsgrundes (dazu (2)) widerlegt. Der Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB war auch nicht gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB zu mildern (dazu (3)).
526
(1) Zugunsten des Angeklagten Be war dessen Geständnis zu berücksichtigen. Überaus gewichtig war hierbei der Umstand zu berücksichtigen, dass der Angeklagte Be mit seinem Geständnis die Aufklärung der Tat ermöglichte, da es zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei objektive Anhaltspunkte für seine Täterschaft oder die des Angeklagten G gab. Für den Angeklagten Be sprach zudem, dass mit der Tat kein Vandalismus in den Geschäftsräumen einherging und die Geschädigte den erlittenen Sachschaden durch ihre Versicherung erstattet bekam. Berücksichtigung fand auch, dass bei der wiederholten Begehung einer Diebstahlstat die Hemmschwelle herabgesetzt war.
527
Zulasten des Angeklagten Be spricht vorliegend, dass ein erheblicher Sachschaden i. H. v. 118.518.78 EUR bei der Tatbegehung verursacht wurde. Ebenso ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte Be bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt mit Urteil des Landgerichts D vom 05.12.2017 zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren 6 Monaten verurteilt wurde, wobei der Strafrest mit Wirkung zum 03.02.2020 bis zum 09.02.2025 zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Angeklagte Be die Tat folglich in offener Reststrafenbewährung beging. Gegen ihn spricht zudem, dass bei der Tatbegehung mehrere Tatbestände tateinheitlich verwirklicht wurden.
528
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war vorliegend die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht widerlegt und vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB auszugehen.
529
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB.
530
Unter Berücksichtigung aller bereits genannter sowie der wesentlichen versuchsbezogenen Umstände, namentlich, dass die Tatvollendung nach dem Eindringen des Angeklagten G in die Räumlichkeiten des Steakhouse bereits äußerst nah war, ist die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels auch nicht unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des §§ 23 Abs. 2 i. V. m 49 Abs. 1 StGB als widerlegt anzusehen.
531
(3) Es war nach Überzeugung der Kammer - auch unter erneuter Berücksichtigung der bereits genannten allgemeinen Umstände, insbesondere des Geständnisses des Angeklagten Be - keine Milderung des Strafrahmens gem. §§ 23 Abs. 2 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB anzunehmen, da die Tatvollendung nach dem Eindringen des Mittäters G und dem Aufhebeln des vorgefundenen Tresorfachs nur vom Zufall abhing, da sich darin keine für die Angeklagten verwendbaren Wertgegenstände befanden, die Tat mithin in höchstem Maße vollendungsnah war.
532
Auch die Ausnahmeregelung des § 243 Abs. 2 StGB war nicht verwirklicht.
b. Strafzumessung im engeren Sinn
533
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne waren gem. § 46 StGB die oben genannten für und gegen den Angeklagten Be sprechenden Gesichtspunkte nochmals gegeneinander abzuwägen. Zudem hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass die Tat im Versuchsstadium steckengeblieben ist, weil keine Wegnahme erfolgte. Die Kammer hielt nach § 46 StGB eine Einzelfreiheitsstrafe von 6 Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei sie sich bei der Bemessung insbesondere von dem besonders wertvollen, die Aufklärung der Straftaten ermöglichenden Geständnis des Angeklagten Be, der konkreten Höhe des eingetreten Sachschadens wie auch dem Bewährungsversagen leiten ließ.
4. Bildung der Gesamtstrafe
534
Aus den soeben dargelegten Einzelfreiheitsstrafen hatte die Kammer gem. §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1, Abs. 2 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten Be sprechender Gesichtspunkte, insbesondere unter Berücksichtigung seines besonders wertvollen, die Aufklärung der Taten ermöglichenden Geständnisses, des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Taten, mithin des Seriencharakters (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2013, Az.: 4 StR 467/12), und der im Zeitpunkt der Tatbegehung vorhandenen offenen Reststrafenbewährung, hielt die Kammer eine angemessene Erhöhung der höchsten Einsatzstrafe von 1 Jahr 6 Monaten und somit die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren für tat- und schuldangemessen.
5. Strafaussetzung zur Bewährung
535
Die Freiheitsstrafe konnte nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, da die Unterbringung des Angeklagten Be in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde (vgl. hierzu G. II.)
536
G. Aufgrund der zwischen der Unterbringungsanordnung und der Strafaussetzung vorhandenen Wechselwirkung, die sich daraus ergibt, dass die Täterprognose auf denselben Gesichtspunkten beruht wie die Sozialprognose des § 56 Abs. 1 StGB, konnte die Frage der Strafaussetzung nur im Zusammenhang mit der Maßregelanordnung getroffen werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 10.09.2008 - 5 St RR 170/08; NStZ-RR 2009, 10). Im Übrigen befindet sich der Angeklagte Be derzeit in anderer Sache in Untersuchungshaft.
537
Betreffend den Angeklagten G war keine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen, da diesbezüglich die Voraussetzungen nicht vorlagen.
538
Die Kammer ist - gestützt auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. P, welcher den Angeklagten G ausführlich explorierte - der Überzeugung, dass beim Angeklagten G weder ein Hang noch ein symptomatischer Zusammenhang zwischen den Anlasstaten und dem Hang gegeben ist.
539
Vorab ist klarzustellen, dass von vornherein keinerlei Zusammenhang zwischen einem Substanzkonsum und der Begehung der Taten aus der Anklage vom 07.03.2019 besteht. Ein Zusammenhang zwischen Substanzkonsum und Tatbegehung käme lediglich bezüglich der Taten aus der Anklage vom 29.12.2020 in Betracht. Diesbezüglich hatte der Angeklagte G geltend gemacht, die Diebstahlstaten hätten auch zur Finanzierung seines (hohen) Kokainkonsums gedient.
540
Zur Annahme eines Hangs muss der Angeklagte eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung besitzen, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (Beschluss vom 27.11.2018 - 3 StR 299/18; NStZ 2019, 265 m. w. N.). Dabei liegt die Annahme eines Hangs insbesondere bei Beschaffungskriminalität nahe (BGH Beschluss vom 21.03.2019 - 3 StR 81/19; NStZ-RR 2019, 174). Eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit sowie der Arbeits- und Leistungsfähigkeit haben (BGH Beschluss vom 27.11.2018 - 3 StR 299/18; NStZ 2019, 265), ebenso wie das Vorhandensein von Entzugserscheinungen, da ihr Auftreten nach Absetzen des Rauschgifts Kennzeichen einer physischen Abhängigkeit ist (BGH Beschluss vom 10.01.2017 - 1 StR 613/16; BeckRS 2017, 101995), indiziellen Charakter.
541
1. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Neben den bereits ausgeführten Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. M führte der psychiatrische Sachverständige Dr. P aus, dass er nach durchgeführter Hauptverhandlung - anders als bei Erstellung des schriftlichen Gutachtens, in welchem er sich überwiegend auf die Angaben des Angeklagten G gestützt habe - nicht weiter vom Vorliegen eines Hangs beim Angeklagten G ausgehe.
542
Die Hauptverhandlung habe ergeben, dass lediglich die eigenen Angaben des Angeklagten G im Rahmen der Exploration für einen Hang sprächen. Betreffend der Angaben des Angeklagten G sei jedoch zu berücksichtigen, dass die im Rahmen der psychiatrischen Exploration vorgenommene neuropsychologische Testung, die erst nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens erfolgt sei, Hinweise auf Aggravation und die Übertreibung psychiatrischer Symptome ergeben habe. So habe eine Reihe von Testungen, beispielsweise Self-Report Symptom Inventory, Psychopathic Personality Inventory-Revised sowie der Fragebogen zur Erfassung Aggressivitätsfaktoren, Hinweise darauf gegeben, dass durch den Angeklagten G eine unauthentische Beschwerdeschilderung in Form einer negativen Antwortverzerrung im Sinne einer Aggravation bzw. Simulation psychiatrisch relevanter Symptome erfolge. Die vom Angeklagten G erteilte Selbstauskunft habe darum nicht vorbehaltslos interpretiert werden können. Der Sachverständige habe selbst erhebliche Zweifel an der Aufrichtigkeit der Beschwerdeschilderung des Angeklagten G.
543
Gegen die Annahme eines Hanges sprächen zunächst die Angaben der Zeugen sowie der Angeklagten B und Be in der Hauptverhandlung. Aus keiner der Zeugenaussagen hätten sich Hinweise auf einen regelmäßigen Kokainkonsum des Angeklagten G, der über den reinen Gelegenheitskonsum beim Feiern hinausgehe, ergeben. Auch eine eindeutig auf den Substanzkonsum zurückzuführende Wesensveränderung habe keiner der Zeugen bzw. die Angeklagte B beschrieben. Die von der Angeklagten B geschilderten Vorfälle aus dem Jahr 2020 seien nicht nachvollziehbar auf eine Wesensveränderung infolge Drogenkonsums zurückzuführen. Vielmehr sei anzunehmen, dass die allgemein angespannte Situation, in der sich auch der Angeklagte G aufgrund der Streitigkeiten zwischen dem Ehepaar B befunden und welche er nach eigenen Angaben als äußerst belastend empfunden habe, zu einer allgemeinen Gereiztheit und Anspannung des Angeklagten G geführt habe.
544
Auch habe es im Leben des Angeklagten G immer wieder längere abstinente Phasen gegeben. So sei es ihm gelungen, während der Ehe mit S. sowie (zwangsweise) während seiner Haftzeiten ohne Entzugssymptome abstinent zu leben. Zudem gebe es keine Vorbefunde. Dies sei ungewöhnlich, da es für gewöhnlich bei einer ausgeprägten Suchtproblematik regelmäßig zu stationären oder ambulanten Behandlungen komme. Obwohl der Angeklagte G mittlerweile 50 Jahre alt sei, lägen diesbezügliche Vorbefunde nicht vor und seien vom Angeklagten G auch nicht geschildert worden. Auch sei der Angeklagte G nicht aufgrund seiner Neigung sozial gefährdet, eine Beeinträchtigung seiner Gesundheit sowie der Arbeits- und Leistungsfähigkeit sei nicht erfolgt. Der Angeklagte G verfüge über zahlreiche Ressourcen, könne Beziehungen zu seinen langjährigen Partnerinnen führen und habe auch in den Jahren 2016 bis 2020 eine, wie von den Zeugen und insbesondere seiner damaligen Intimpartnerin, der Angeklagten B, beschrieben, liebevolle Beziehung zu dem Sohn der Angeklagten B aufgebaut. Zudem sei es ihm bis zuletzt gelungen, einer Arbeit (ab der Krankschreibung 2017 in der Gastronomie) nachzugehen, eine Beeinträchtigung seiner Gesundheit sei nicht vorhanden. Auch eine Beeinträchtigung seines sozialen Lebens sei nicht gegeben.
545
Auch die in den Jahren 2017 und 2021 entnommenen Haarproben, würden keinen Hang des Angeklagten G belegen, ließen im Jahr 2017 vielmehr auf einen häufigeren Konsum von Kokain schließen, im von der Haarprobe umfassten Zeitraum in den Jahren 2020 und 2021 auf einen - wenn dann - nur äußerst seltenen Konsum schließen.
546
Bei Begehung der in der Anklage vom 07.03.2019 aufgeführten Taten sei neben einem (lediglich) schädlichen Gebrauch von Alkohol im Tatzeitraum davon auszugehen, dass der Angeklagte G unter einer Kokainabhängigkeit ohne körperliche Symptome (ICD-10: F14.240) litt, in jedem Fall fehle jeglicher symptomatischer Zusammenhang mit den Taten aus der Anklage vom 07.03.2019.
547
Zum Zeitpunkt der Begehung der in der Anklage vom 29.12.2020 aufgeführten Taten (Diebstahlsdelikte) sei der (lediglich) schädliche Gebrauch von Alkohol bei Zugunstenbetrachtung nicht auszuschließen, hinsichtlich des Kokainkonsums sei Abstinenz wahrscheinlich, allenfalls sei von einem seltenen und geringfügigen Kokainkonsum auszugehen.
548
In der Gesamtschau der Umstände sei darum davon auszugehen, dass die vom Angeklagten G getätigten Angaben übertreibender Art gewesen seien, da alle anderweitig erhobenen Feststellungen einen nur gelegentlichen Konsum belegt hätten, so dass - den Angaben des Angeklagten G nicht folgend - bei diesem kein Hang i. S. d. § 64 StGB gegeben sei.
549
2. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen aus eigener Überzeugung an. Weder kann beim Angeklagten G aufgrund der vorhandenen Ressourcen eine aufgrund seiner Neigung gegebene soziale Gefährdung noch eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit sowie der Arbeits- und Leistungsfähigkeit angenommen werden. Er ging bis zu seiner Inhaftierung einer Arbeit nach, gesundheitliche Beeinträchtigungen äußerte er keine. Auch die Tatsache, dass beim Angeklagten G zu keiner Zeit eine Entzugssymptomatik bestand, spricht indiziell gegen das Vorliegen eines Hangs.
550
Ergänzend wird auf die Ausführungen unter D. I. 1. b. verwiesen.
551
In der Gesamtschau dieser Umstände ist die Kammer davon überzeugt, dass beim Angeklagten G keine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung vorliegt, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, es somit am Vorliegen eines Hangs i. S. d. § 64 StGB fehlt. In keinem Fall kann ein Hang sicher festgestellt werden; die bloße Ausschließbarkeit wäre insoweit nicht ausreichend (vgl. BGH, NStZ-RR 2003, 106 f.).
552
Als Maßregel der Besserung und Sicherung war neben der Strafe die Unterbringung des Angeklagten Be in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen.
553
Die Kammer ist - gestützt auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. P, welcher den Angeklagten Be ausführlich explorierte - der Überzeugung, dass der Angeklagte Be unter einem Hang i. S. v. § 64 StGB leidet, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, welcher für die verfahrensgegenständlichen Taten aus der Anklage vom 29.12.2020 ursächlich geworden ist und darüber hinaus im Falle unveränderten Suchtverhaltens auch für die Zukunft weitere erhebliche Straftaten des Angeklagten Be besorgen lässt. Ferner besteht zur Überzeugung der Kammer die konkrete Aussicht, den Angeklagten Be durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und ihn so von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen. Schließlich entspricht die Maßregel auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
554
Der Angeklagte Be besitzt eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (BGH Beschluss vom 27.11.2018 - 3 StR 299/18; NStZ 2019, 265 m. w. N.). Dabei liegt die Annahme eines Hangs insbesondere bei Beschaffungskriminalität nahe (BGH Beschluss vom 21.03.2019 - 3 StR 81/19; NStZ-RR 2019, 174). Eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit sowie der Arbeits- und Leistungsfähigkeit haben (BGH Beschluss vom 27.11.2018 - 3 StR 299/18; NStZ 2019, 265) indiziellen Charakter.
555
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:
556
1. Wie bereits ausgeführt legte der Sachverständige Prof. Dr. M überzeugend dar, dass der Angeklagte Be nachweislich der ihm entnommenen Haarprobe im Zeitraum von Dezember 2020 bis März 2021 mehrmalig Kokain konsumiert habe.
557
2. Der psychiatrische Sachverständige Dr. P stellte überzeugend dar, dass beim Angeklagten Be seit 2006 eine Kokainabhängigkeit ohne körperliche Symptome, teils während der Haft mit abstinenten Phasen, sowie seit 1996 ein schädlicher Gebrauch von Cannabis vorliege.
558
Unter Würdigung aller Umständen sei aus nervenärztlicher Sicht vom Vorliegen eines Hangs sowohl zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Taten als auch dem Zeitpunkt der Hauptverhandlung auszugehen. Dies würde sich aus folgenden Überlegungen ergeben:
559
Der Angeklagte Be habe den Kokainkonsum trotz bereits eingetretener Schädigung - beim Angeklagten Be in familiärer, finanzieller und gesundheitlicher Hinsicht - fortgesetzt, was ein wesentliches Kriterium für die Annahme eines Hangs sei. Des Weiteren habe der Angeklagte Be in den letzten Jahren eine rasche Desintegration erlebt. Während es ihm in London noch möglich gewesen sei, innerhalb weniger Jahre eine bürgerliche Existenz aufzubauen, habe er hieran bei seiner Ankunft in Deutschland nicht anknüpfen können. So habe sich der Angeklagte bislang kein psychosoziales Funktionsniveau aufbauen können, was mitunter - aber nicht allein - auch der langen Haftzeit geschuldet, sondern vielmehr auch auf den fortgesetzten Drogenkonsum zurückzuführen sei.
560
Des Weiteren habe die beim Angeklagten Be entnommene Haarprobe seine - in der Hauptverhandlung - getätigten Angaben betreffend seinen Kokainkonsum unterstrichen, wenn sie auch nicht den Zeitraum der verfahrensgegenständlichen Taten umfasse. Den Angaben des Angeklagten Be könne auch gefolgt werden, da die im Rahmen der Exploration durchgeführten testpsychologischen Untersuchung keine Hinweise auf Dissimulationsversuche im Sinne einer Beschwerdeminimierung und Übertreibung positiver Eigenschaften ergeben hätte. Die Selbstauskunft des Angeklagten Be habe folglich vorbehaltlos interpretiert werden können. Obwohl die Haarprobe lediglich den Zeitraum zwischen Dezember 2020 und März 2021, und somit nicht den der verfahrensgegenständlichen Taten, abdecke, könne damit der Konsum von Kokain zwischen Dezember 2020 und März 2021 belegt werden.
561
Ebenfalls würde die Annahme eines Hangs aus nervenärztlicher Sicht durch den raschen Rückfall in den Kokainkonsum nach der jeweiligen Haftentlassung gestützt werden. Dem Angeklagten Be seien abstinente Phasen nur unter den geschützten Haftbedingungen gelungen, wieder in Freiheit entlassen, habe er alsbald erneut mit dem Konsum begonnen.
562
3. Die Kammer schließt sich den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. M und Dr. P, die ihr Gutachten mit großer Sachkunde erstatteten, aus eigener Überzeugung an und ist beim Angeklagten Be vom Vorliegen eines Hangs i. S. d. § 64 StGB überzeugt.
2. Anlasstat und symptomatischer Zusammenhang
563
Zwischen den begangenen rechtswidrigen Anlasstaten gem. Ziffer 1 bis 3 der Anklage vom 29.12.2020 und dem Hang muss ein symptomatischer Zusammenhang bestehen, wobei ausreichend ist, wenn der Hang neben anderen Ursachen zur Tatbegehung beigetragen hat (BGH Beschluss vom 21.10.2008 - 3 StR 275/08; NStZ-RR 09, 48). Dabei muss die konkrete Anlasstat in dem Hang ihre Wurzel finden, sprich Symptomwert für diesen haben, indem sich in ihr die hangbedingte Gefährlichkeit des Täters äußert (BGH Urt. v. 27.06.2019 - 3 StR 443/18; NStZ-RR 2019, 308). Dabei liegt die Annahme einer Hangtat regelmäßig nahe, wenn sie zur Finanzierung des Drogenkonsums begangen werden (BGH Beschluss vom 22.01.2019 - 2 StR 521/18; BeckRS 2019, 1107).
564
Demnach sind die vom Angeklagten Be begangenen Straftaten, wie unter C. II. 5. - 7. dargestellt, auf den Hang des Angeklagten Be zurückzuführen, da diese (auch) der Finanzierung des Kokainkonsums dienen sollten.
3. Gefährlichkeitsprognose
565
Es muss im Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung die Gefahr bestehen, dass der Angeklagte zumindest auch infolge seines Hangs erhebliche - sprich die Grenze zu reinen Bagatellfällen überschreitende - rechtswidrige Taten begehen wird, wobei hierfür eine Prognose für den Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters, seinem bisherigen Rauschmittelkonsum, seinem Vorleben, den Vorstrafen sowie der Anlasstat und des Nachtatverhaltens zu treffen ist (BGH Beschluss vom 27.06.2018 - 1 StR 188/18; BeckRS 2018, 17674; BGH Urt. v. 27.06.2019 - 3 StR 443/18; NStZ-RR 2019, 308). Dabei bedarf es des Vorliegens einer begründeten Wahrscheinlichkeit, sprich es muss die Begehung entsprechender Taten konkret zu besorgen sein, die bloße Wiederholungsmöglichkeit genügt nicht (BGH, Urt. v. 22.11.2018 - 4 StR 356/18; BeckRS 2018, 32647).
566
Demnach ergibt eine Gesamtwürdigung der Umstände, dass die Begehung erneuter Straftaten durch den Angeklagten Be konkret zu befürchten ist.
567
a) Der psychiatrische Sachverständige Dr. P führte hierzu überzeugend aus, dass die seit 2006 bestehende Kokainabhängigkeit bislang weder ambulant noch stationär behandelt worden sei. Eine nach seiner Inhaftierung im März 2020 begonnene stationäre Entwöhnungsbehandlung in der „Alten Flugschule“ sei nach 3 Wochen mangels Krankheitseinsicht und Therapiemotivation abgebrochen worden. Außerhalb der Haftzeiten seien seitens des Angeklagten Be keine ernsthaften Abstinenzbemühungen feststellbar gewesen. Eine psychiatrische und psychotherapeutische Be- und Aufarbeitung seines langjährigen Substanzkonsums sowie der dem Konsum zugrundeliegenden psychopathologischen Faktoren, darunter insbesondere die belastenden Kindheitserfahrungen, habe bisher nicht stattgefunden. Es sei somit davon auszugehen, dass der Angeklagte Be auch weiterhin nicht über die notwendigen Strategien und Konzepte verfüge, um seine Kokainabhängigkeit zu kontrollieren, frühzeitige Auslösefaktoren zu erkennen und seinen Substanzkonsum in Zukunft selbstständig zu regulieren. Somit sei davon auszugehen, dass die Kokainabhängigkeit auf in Zukunft weiter bestehen werde. Durch die seit März 2021 erneute Inhaftierung sei es zu einer weiteren psychosozialen Funktionsminderung, einschließlich erneuter Arbeitslosigkeit, zunehmender Entkopplung vom Arbeitsmarkt und möglicherweise weiterer privater oder sozialer Schäden gekommen. Folglich sei davon auszugehen, dass der Angeklagte Be auch in Zukunft nicht in der Lage sein werde, die weiterhin bestehende Kokainabhängigkeit ausschließlich mit legalen Erwerbsquellen zu finanzieren. Es sei darum davon auszugehen, dass der Angeklagte Be auch in Zukunft Diebstahlsdelikte begehen werde, um seinen fortbestehenden Kokainkonsum sicherzustellen.
568
b) Die Kammer geht aus eigener Überzeugung nach Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten Be, seinem bisherigen Rauschmittelkonsum, seinem Vorleben, den Vorstrafen sowie den Anlasstaten davon aus, dass die Gefahr besteht, der Angeklagte Be werde infolge seines Hangs erneut erhebliche rechtswidrige Taten begehen.
569
Hierfür spricht, dass der Angeklagte Be bereits seit 2006 unter einer Kokainabhängigkeit leidet und bislang keine (ernsthaften) Bemühungen zur Aufarbeitung des langjährigen Drogenkonsums erfolgten. Abstinente Phasen waren bei dem Angeklagten Be bislang lediglich im Rahmen seiner Inhaftierungen gegeben. Nach den jeweiligen Haftentlassungen gelang es dem Angeklagten Be - trotz teils mehrjähriger Inhaftierung und somit Abstinenz - nicht, ein drogenfreies Leben zu führen. Es kam jeweils innerhalb kurzer Zeit zum Rückfall. Hinzu kommt, dass der Angeklagte Be aufgrund der seit März 2021 bestehenden Inhaftierung seine Anstellung beim Lieferdienst von Rewe sowie der JET Tankstelle und somit jegliches legales Einkommen verloren hat. Ein erneuter Kokainkonsum nach Haftentlassung, von welchem nach Überzeugung der Kammer auszugehen ist, müsste - mitunter durch illegale Einkommensquellen - finanziert werden, so dass mit der Begehung erneuter Eigentums- oder Vermögensdelikten zu rechnen ist. Dass der Angeklagte Be hiervor nicht zurückschreckt zeigen auch seine erheblichen Vorstrafen, welche nach Angaben des Angeklagten Be ebenfalls der (Teil-)Finanzierung des Drogenkonsums galten sowie die Tatsache, dass er nur wenige Monate nach Haftentlassung die verfahrensgegenständlichen Taten begangen hat. Insgesamt lassen diese Umstände darauf schließen, dass eine begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Angeklagte Be erneut erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
570
Gemäß § 64 S. 2 StGB darf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nur angeordnet werden, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Verurteilten innerhalb der Frist des § 67d Absatz 1 S. 1 oder 3 StGB zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf den Hang zurückgehen. Dabei muss im Zeitpunkt der Hauptverhandlung positiv feststehen, dass bei erfolgreichem Verlauf die Gefährlichkeit des Täters aufgehoben oder deutlich herabgesetzt wird, was sich aus konkreten Anhaltspunkten in der Persönlichkeit des Täters und dessen Lebensumstände ergibt (BGH Beschluss vom 03.11.2017 - 3 StR 392/17; NStZ-RR 2018, 62; BGH Urt. v. 28.05.2018 - 1 StR 51/18; NStZ-RR 2018, 275). Die bloße Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung vermag die Prognose eines hinreichend konkreten Therapieerfolgs nicht zu stützen (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2018, 1 StR 51/18). Notwendig, aber auch ausreichend, ist eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolgs; einer sicheren oder unbedingten Gewähr bedarf es nicht (vgl. BT-Dr. 16/1110, S. 13). Dabei bedarf es bei dem Vorliegen mehrerer ungünstiger Umstände, die gegen einen mehr als nur kurzfristigen Behandlungserfolg sprechen, der eingehenden Darlegung unter Mitteilung der diesbezüglichen Ausführungen des von dem Gericht hinzugezogenen psychiatrischen Sachverständigen, warum vorliegend eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht gegeben ist (BGH Beschluss vom 09.04.2019 - 2 StR 518/18; BeckRS 2019, 10180)
571
Die Kammer ist der Überzeugung, dass beim Angeklagten Be eine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.
572
a) Der Sachverständige Dr. P führte aus, dass bei dem Angeklagten Be sowohl prognostisch günstige als auch ungünstige Faktoren bestünden, wobei insgesamt von einer positiven Behandlungsprognose auszugehen sei.
573
Ungünstig wirke sich im Rahmen der Prognose zwar aus, dass der Kokainkonsum bereits frühzeitig mit Delinquenz aus dem Bereich der Eigentumskriminalität verbunden gewesen sei. Ebenso besitze der Angeklagte Be in Deutschland im Vergleich zu England zu deutlich schlechter ausgeprägten sozialen Banden, Kontakt zu bürgerlichen Strukturen oder in das Arbeitsleben. In Deutschland sei der Angeklagte Be die meiste Zeit inhaftiert gewesen und habe außerhalb der Haft Kontakte vor allem in das kriminelle bzw. Drogenmilieu gehabt. Folglich sei die berufliche und soziale Reintegration in Deutschland, die auch hinsichtlich der Sicherstellung einer Abstinenz wertvoll sei, mit deutlichen Hürden versehen. Des Weiteren gelte es hervorzuheben, dass der Angeklagte Be vor der derzeitigen Inhaftierung keine Therapieversuche hinsichtlich seiner Abhängigkeitserkrankung unternommen habe und noch im März 2020 in der Klinik „Alte Flugschule“ keine Krankheitseinsicht oder Therapiemotivation gezeigt habe.
574
Prognostisch günstig sei hingegen zu bewerten, dass beim Angeklagte Be zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine psychiatrischen oder körperlichen Folgeschäden festzustellen seien, sich dieser bei der Begutachtung vielmehr als körperlich vitaler und athletischer Mann, sowohl kognitiv als auch emotional gut ansprechbar und intakt gezeigt habe. Weiterhin bestünden gut ausgeprägte Fähigkeiten hinsichtlich der zwischenmenschlichen Beziehungsgestaltung, was sich beispielsweise auch in der Beziehung zu Frau K niederschlage und auch an den anamnestischen Informationen aus seinem früheren Leben in London ersichtlich werde. Des Weiteren sei der Angeklagte Be nun krankheitseinsichtig, da er sich selbst als kokainabhängig identifiziert sowie therapiemotiviert. Insbesondere aufgrund der teils langjährigen Abstinenzphasen während der Inhaftierungen sei insgesamt nur von etwa 5 aktiven Abhängigkeitsjahren (2006-2009, 2012, 2020-2021) auszugehen, womit noch keine Chronifizierung der Erkrankung vorliege. Folglich böte eine suchttherapeutische Behandlung zumindest grundsätzlich das Potential für relevante Verhaltensänderungen. Somit sei unter Berücksichtigung all dieser Umstände von einer positiven Behandlungsprognose auszugehen. Als zeitlicher Rahmen sei eine Dauer von 18 Monaten als klinisch sinnvoll zu erachten.
575
2. Die Kammer ist - gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. P - der Überzeugung, dass bei dem intelligenten Angeklagten Be eine hinreichend konkrete Aussicht auf Behandlungserfolg besteht. Obwohl er den Aufenthalt in der „Alten Flugschule“ im Jahr 2020 nach nur 3 Wochen mangels Therapiemotivation und Krankheitseinsicht abbrach, zeigte er sich in der Hauptverhandlung als therapiemotiviert und krankheitseinsichtig. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Angeklagte Be bisher keine Entgiftungskuren unternommen oder bereits eine Unterbringung gem. § 64 StGB gerichtlich angeordnet wurde. Der Angeklagte Be verfügt auch über ausreichend kognitive Fähigkeiten - wie er in der Hauptverhandlung bewies, da er dieser uneingeschränkt folgen und klar auf Nachfragen antworten konnte - um eine Therapie erfolgsversprechend zu absolvieren.
576
Es ist somit zu erwarten, dass die Gefährlichkeit des Angeklagten Be infolge der Anordnung des Maßregelvollzugs aufgehoben oder zumindest deutlich herabgesetzt wird.
577
Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Maßregeln sind die in § 62 StGB genannten drei Elemente, nämlich die Bedeutung der von dem Angeklagten begangenen Taten, die Bedeutung der von ihm zu erwartenden Taten und der Grad der von ihm ausgehenden Gefahr insgesamt zu würdigen und zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen (BGHSt 24, 134). Da die Unterbringung nach § 64 StGB ihrem Zweck nach auf die Verhinderung zukünftiger Straftaten abzielt, kommt bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung regelmäßig der Bedeutung der in Zukunft zu erwartenden Rechtsverletzungen besonderes Gewicht zu.
578
Im Hinblick auf die Erheblichkeit der Anlasstaten und der zu erwartenden weiteren Taten sowie den erhöhten Grad der Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte Be derartige Taten auch in Zukunft begehen wird, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des § 62 StGB gewahrt.
579
Für die Anordnung des Vorwegvollzugs nach § 67 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 StGB besteht kein Raum. Demnach bestimmt das Gericht, wenn für den Angeklagten neben einer Freiheitsstrafe die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB angeordnet wird, dass die Strafe oder ein Teil der Strafe vor dem Maßregelvollzug zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird.
580
Der Sachverständige Dr. P führte hierzu aus, dass der Angeklagte Be nach seinen eigenen Angaben während der Haftzeiten abstinent gewesen sei. Darum bestünde nicht die Gefahr, dass er für den Fall einer Inhaftierung nach Durchlaufen der Therapie im Rahmen der Maßregel gem. § 64 StGB erneut rückfällig werde. Entscheidend sei alleine, dass sich der Angeklagte Be einer Therapie unterziehe, um die die Sucht begründenden Umstände zu erkennen und daran zu arbeiten.
581
Die Kammer geht, den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P folgend, aus eigener Überzeugung davon aus, dass eine Anordnung des Vorwegvollzugs nicht zu erfolgen hatte, da der Zweck der Maßregel, dadurch nicht leichter erreicht werden könnte.
582
Gegen die Angeklagten G und Be war als Gesamtschuldner die Einziehung von Taterträgen als Wertersatz gem. §§ 73 Abs. 1, 73c StGB in Höhe von 9.297,63 EUR anzuordnen. Mit dem Abtransport des Tresors aus dem Autohaus Hs, in dem sich Wertgegenstände im Wert von insgesamt 9.297,63 EUR befanden, hatten die Angeklagten G und Be faktische Verfügungsgewalt an den gesamten Wertgegenständen und somit etwas Erlangt i. I. S. d. § 73 Abs. 1 StGB (vgl. Fischer StGB, aaO, § 73 Rn. 26). Kosten Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1, 467 Abs. 1, 472 StPO.