Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 27.09.2021 – RO 4 S 21.1250
Titel:

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse 

Normenketten:
WaffG § 2 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 13 Abs. 6, § 45 Abs. 2 S. 1, § 52 Abs. 3 Nr. 2a, Abs. 4
BayVwVfG Art. 39 Abs. 1 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz:
Der (wiederholte) Transport von (geladenen und schussbereiten) Waffen auf dem Rücksitz eines PKW ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis rechtfertigt die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit gem. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG. (Rn. 22 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenschein, Waffenbesitzkarte, Entziehung, Widerruf, Unzuverlässigkeit, Waffe, Transport, Rücksitz, PKW
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 07.02.2022 – 24 C 21.2637
VGH München, Beschluss vom 07.02.2022 – 24 CS 21.2636
Fundstelle:
BeckRS 2021, 47175

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird hinsichtlich der Nr. 5 des Bescheids des Landratsamts Regensburg vom 21.05.2021 wiederhergestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe in Höhe von einem Zehntel der Verfahrenskosten ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. M., Regensburg, gewährt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III. Von den Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller neun Zehntel und der Antragsgegner ein Zehntel zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Gegenstand des Rechtsstreits sind waffenrechtliche Anordnungen.
2
Der Antragsteller war Inhaber mehrerer Waffenbesitzkarten mit den darin eingetragenen Waffen und Mitnutzungserlaubnissen für Waffen. Daneben hatte ihm das Landratsamt Regensburg einen Europäischen Feuerwaffenpass und einen Jagdschein erteilt. Letzterer war bis 31.03.2021 gültig.
3
Aus einer in der Behördenakte befindlichen Ereignismeldung der Polizeiinspektion Neutraubling (Blatt 3 ff.) ergibt sich, dass der Antragsteller am 10.10.2020 gegen 17:15 Uhr fünf Gewehre, zwei Pistolen sowie diverse Munition für die Waffen und Waffenanbauteile auf der Rücksitzbank eines PKW von Schierling zur Polizeidienststelle nach Neutraubling transportierte, um diese dort abzugeben. In beide Pistolen waren jeweils geladene Magazine eingeführt, im Lauf befanden sich jedoch keine Patronen. Die Gewehre waren allesamt ungeladen. Die Waffen und die Munition wurden während der Abrissarbeiten an einem Haus in Schierling aufgefunden. Sie wurden sichergestellt.
4
Mit Verfügung vom 25.11.2020 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller (Az. 702 Js 25741/20) wegen Vergehens nach § 52 Abs. 1 WaffG gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung sei nicht gegeben. Die Schuld sei als gering anzusehen, da der Antragsteller offensichtlich fahrlässig gehandelt habe, die Waffen zur Polizei gebracht habe und nicht vorbestraft sei.
5
Mit Schreiben vom 23.03.2021 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass das Landratsamt Regensburg u.a. beabsichtige, die ihm erteilten waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen. Der Antragsteller äußerte hierzu, er habe die fünf Gewehre entladen, ein Entladen der Pistolen sei wegen deren altersgemäßen Zustands nicht möglich gewesen. Er habe die Schusswaffen zur Polizeiinspektion Neutraubling zur Sicherstellung verbracht, anstatt die Polizei wegen der Abholung der Waffen zu kontaktieren.
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Mit Bescheid vom 21.05.2021, zugestellt am 25.05.2021, widerrief das Landratsamt Regensburg die dem Antragsteller durch das Landratsamt Kelheim und das Landratsamt Regensburg erteilten Waffenbesitzkarten (Nr. 1) und seine Mitnutzungserlaubnisse für 13 Waffen, die in den Waffenbesitzkarten des Herrn … … S* …, wohnhaft … in B* …, eingetragen sind (Nr. 2). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die in den Waffenbesitzkarten eingetragenen neun Waffen bzw. Waffenteile sowie die noch vorhandene Munition binnen drei Wochen nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten oder dem Landratsamt Regensburg zur Verwertung zu überlassen (Nr. 5). Zugleich wurde dem Antragsteller aufgegeben, dem Landratsamt Regensburg seine Waffenbesitzkarten, seinen kleinen Waffenschein, seinen Jagdschein sowie seinen EU-Feuerwaffenpass unverzüglich, spätestens drei Wochen nach Zustellung des Bescheids, zurückzugeben (Nr. 6). In Nr. 7 des Bescheids wurde angeordnet, dass die Waffenbesitzkarten des … … S* …, wohnhaft … in B* …, in die die Mitnutzungserlaubnisse des Antragstellers eingetragen sind, zum Austrag der Mitnutzungserlaubnisse beim Landratsamt Regensburg unverzüglich, spätestens drei Wochen nach Zustellung des Bescheids, vorzulegen sind. In Nr. 9 des Bescheids erklärte die Behörde dessen Nr. 5 bis 7 für sofort vollziehbar.
7
Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG sei eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine solche Tatsache liege durch das unerlaubte Führen von Schusswaffen (§ 2 Abs. 2, § 13 Abs. 6, § 52 Abs. 3 Nr. 2a bzw. § 53 Abs. 1 Nr. 3 WaffG) vor. Dadurch sei die waffenrechtliche Zuverlässigkeit aufgrund eines gröblichen Verstoßes gegen das Waffenrecht im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG nicht mehr gegeben. Als Jäger und Inhaber von Waffenbesitzkarten habe der Antragsteller die Vorschriften über den Transport von Schusswaffen kennen müssen. Er hätte die Fundwaffen und die Munition zwar verschlossen und entladen transportieren dürfen. Die Waffen seien nach Schilderung der Polizei aber unmittelbar zugriffsbereit gewesen, die Pistolen seien sogar geladen und damit schussbereit gewesen. Er habe daher die Waffen unerlaubt geführt. Außerdem hätte der Antragsteller nach dem Waffenfund unverzüglich die zuständige Behörde über den Fund informieren müssen (§ 37c Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 WaffG), was er auch unterlassen habe. Dies wäre telefonisch ohne weiteres möglich gewesen. Gröbliche Verstöße gegen das Waffengesetz führten in der Regel zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Verstöße, die vorsätzliche Straftaten darstellten, seien in aller Regel als gröblich einzustufen. Allerdings könnten auch fahrlässig begangene Straftaten als gröblich betrachtet werden, wenn ein schwerer Verstoß vorliege, mithin eine schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige), nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende Zuwiderhandlung. Maßgebend für die Beurteilung seien nicht strafrechtliche, sondern ordnungsrechtliche Gesichtspunkte. Das unerlaubte Führen erlaubnispflichtiger Schusswaffen und noch dazu in schussbereitem Zustand sei als solcher schwerwiegender Verstoß zu qualifizieren und erfülle einen Straftatbestand. Es komme nicht darauf an, ob eine Verurteilung wegen der Straftat erfolgt sei. Auch das fahrlässige unerlaubte Führen erlaubnispflichtiger Schusswaffen sei nach § 52 Abs. 4 WaffG strafbewehrt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten auch solche Verstöße nach dem WaffG zur Regelunzuverlässigkeit führen, die nur als Ordnungswidrigkeit oder gar nicht geahndet würden. Die Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens sei nicht aufgrund einer Unschuldsvermutung, sondern wegen geringer Schuld bzw. mangels öffentlichem Interesse erfolgt. Seitens des Landratsamtes Regensburg werde auch die Wertung der Staatsanwaltschaft, dass die Tat allenfalls fahrlässig begangen worden sei, nicht geteilt. Als langjährigem Jäger und Betreiber einer Jagdschule, in der u.a. auch Waffenrecht gelehrt worden sei, habe der Antragsteller wissen müssen, dass er die Waffen unverschlossen außerhalb seines jagdlichen Bedürfnisses im Auto transportiert und dadurch auch unerlaubt geführt habe. Warum eine unverzügliche, telefonische Information der zuständigen Waffenbehörde oder der Polizei unterblieben sei, sei unverständlich und lasse sich allenfalls durch den Wunsch seines Vorgesetzten erklären, die Waffen möglichst schnell von der Baustelle zu entfernen, um so eine mögliche Verzögerung des Arbeitsablaufs auf der Baustelle durch die Sicherstellung der Waffen zu vermeiden. Insofern sei von einer vorsätzlichen Begehung auszugehen. Da bereits ein fahrlässiges Führen strafbewehrt sei, könne dies aber dahinstehen. Eine Rechtfertigung liege in diesen Umständen nicht. Hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs wurde ausgeführt, es liege im überwiegenden Interesse, dass die unter Nr. 5 und 6 getroffenen Anordnungen vor der Ausschöpfung des Verwaltungsrechtsweges und der unter Umständen erst in mehreren Jahren zu erwartenden Unanfechtbarkeit des Bescheids wirksam würden. Bei der Abwägung der privaten Interessen des Antragstellers am weiteren Umgang mit seinen Waffen und an der Ausübung der Jagd gegenüber dem öffentlichen Interesse, dass nur waffenrechtlich zuverlässige Personen mit Schusswaffen Umgang haben dürften, überwiege das öffentliche Interesse. In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgingen, dürfe ein Restrisiko nicht hingenommen werden.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14.06.2021, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller gegen diesen Bescheid Klage erheben. Unter dem 28.06.2021 ließ der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen. Vorgetragen wurde, der Antragsteller sei bei Abrissarbeiten an einem Haus in Schierling eingesetzt gewesen, bei denen die offensichtlich vor Jahren versteckten Waffen entdeckt worden seien. Der Vorgesetzte des Antragstellers habe den Antragsteller nach dem Auffinden der Waffen angewiesen, die Waffen bei der zuständigen Polizeidienststelle abzugeben. Vor dem Transport habe der Antragsteller die fünf Langwaffen entladen und in alte Laken und Betttücher eingewickelt und dann auf die Rücksitzbank des PKW gelegt. Eine Entladung der beiden Kurzwaffen sei trotz entsprechender Versuche des Antragstellers aufgrund deren desolaten Zustandes nicht möglich gewesen. Der Antragsteller gehe davon aus, dass die Kurzwaffen aufgrund ihres Zustandes ohnehin nicht funktionstüchtig seien bzw. gewesen seien. Die Kurzwaffen habe der Antragsteller auch nicht unverschlossen auf der Rückbank des PKW, sondern in einer Kiste im Kofferraum des PKW transportiert, somit ohne jegliche Zugriffsmöglichkeit Dritter. Die Lang- und Kurzwaffen seien vom Antragsteller und Herrn … A* … in der Annahme einer entsprechenden Verpflichtung von Schierling zur Polizeiinspektion Neutraubling verbracht worden, wo sie zu deren völliger Überraschung mit dem Hinweis konfrontiert worden seien, dass eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz im Raum stehe. Der Antragsteller stelle in Abrede, dass ihm bei der kurzen Fahrt zur Polizeiinspektion Neutraubling eine waffenrechtliche Problematik gewusst gewesen sei. Er habe im Glauben an ein rechtlich einwandfreies Verhalten gehandelt. Andernfalls hätte er seinen Arbeitgeber um entsprechende weitere Veranlassung gebeten oder vor einem Transport bei der Polizei angerufen. Daher könne nicht von einem gröblichen Verstoß des Antragstellers gegen das Waffengesetz ausgegangen werden. Dies habe auch die Staatsanwaltschaft Regensburg so gesehen und das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller ohne jede Auflage mit Zustimmung des Amtsgerichts Regensburg gemäß § 153 StPO eingestellt. Zusätzlich sei die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit von der Begründung her nicht nachvollziehbar. Der Antragsteller sei seit dem Jahr 2009 in Besitz eines Jagdscheins und in dieser Zeit weder jagd- oder waffenrechtlich noch sonst in strafrechtlicher Hinsicht aufgefallen. Zusätzlich könne man bei dem Vorfall vom 10.10.2020 allenfalls von einem äußerst geringen Verschuldenspotenzial und daher auch für die Zukunft von keinem Gefährdungspotenzial beim Antragsteller ausgehen. Das Landratsamt Regensburg sei spätestens seit Dezember 2020 über diesen Vorfall in Kenntnis, sodass nicht nachvollziehbar sei, weshalb nun plötzlich von dem Antragsteller erhebliche Gefahren ausgehen sollten, bei denen das öffentliche Interesse überwiege.
9
Der Antragsteller beantragt wörtlich,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 14.06.2021 gegen den Bescheid vom 21.05.2021, Nrn. 1, 2, 5 bis 7, wiederherzustellen.
10
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
11
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Sachverhalt entwickle sich offensichtlich weiter. In der Ereignismeldung der Polizei vom 19.12.2020 sei bei der Schilderung der Auffindesituation der Waffen bei der Polizeiinspektion Neutraubling festgehalten worden, dass „die Waffen auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs lagerten“ und eine Zugriffsmöglichkeit für den Antragsteller bestanden habe. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass die Waffen in alte Laken und Decken gewickelt gewesen seien, wie vom Antragsteller behauptet. Nachträglich sei antragstellerseits dann sogar behauptet worden, dass die nicht entladenen Kurzwaffen in einer separaten Kiste im Kofferraum des Fahrzeugs ohne Zugriffsmöglichkeit für Dritte transportiert worden seien. Es werde ganz offensichtlich versucht, den Sachverhalt so darzustellen, als seien die Waffen nicht unerlaubt geführt, sondern ordnungsgemäß transportiert worden. Es werde darauf hingewiesen, dass von Schusswaffen, deren genauer Ladezustand unbekannt sei, auch eine erhöhte Gefahr ausgehe, insbesondere, wenn diese sich in einem schlechten Zustand befänden. Insofern sei auch der Transport, ohne die Waffen vorher zu entladen, besonders gefährlich, da die Möglichkeit einer ungewollten Schussauslösung bestehe. Auch dies hätte der Antragsteller als Sachkundiger berücksichtigen müssen. Insofern könne zusätzlich ein unvorsichtiger Umgang mit den geladenen Waffen unterstellt werden. Die Auffassung des Antragstellers, dass die Kurzwaffen ohnehin aufgrund des Zustands nicht funktionsfähig gewesen seien, könne nicht geteilt werden, da an einer Waffe, die nicht entladen werden könne, auch keine Sicherheitsüberprüfung bzw. Funktionsprüfung durchgeführt werden könne. Zumindest zum Zeitpunkt des Auffindens und des Transports der Kurzwaffen habe von einem Sachkundigen nicht davon ausgegangen werden können, dass diese nicht funktionstüchtig seien. Zudem hätten die Kurzwaffen durch die Polizei auf der Dienststelle entladen werden können.
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Mit Schriftsatz vom 03.09.2021 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
13
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte mit den eingereichten Schriftsätzen und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen. Die Akte des Verfahrens RO 4 K 21.1156 wurde beigezogen.
II.
14
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 21.05.2021 hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 anzuordnen und hinsichtlich der Nrn. 5 bis 7 wiederherzustellen, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO. Ausweislich der Antragsschrift wurde der Antrag ausdrücklich auf die Nrn. 1, 2 und 5 bis 7 des Bescheids vom 21.05.2021 beschränkt.
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1. Der so verstandene, zulässige Antrag ist nur teilweise begründet.
16
Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschieben-de Wirkung. Diese entfällt allerdings nach § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO dann, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist (hier u.a. für die Nrn. 1 und 2 des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 Waffengesetz (WaffG) oder die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet (hier für die Nrn. 5 bis 7 des Bescheids). In diesen Fällen kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch anordnen (wenn diese aufgrund Gesetzes ausgeschlossen ist) oder wiederherstellen (wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die gebotene summarische Prüfung, dass Rechtsbehelfe gegen den angefochtenen Bescheid keinen Erfolg versprechen, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung regelmäßig hinter das Vollziehungsinteresse zurück und der Antrag ist unbegründet. Erweist sich die erhobene Klage hingegen bei summarischer Prüfung als zulässig und begründet, dann besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist stattzugeben. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht ausreichend absehbar, muss das Gericht die widerstreitenden Interessen im Einzelnen abwägen. Die Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann sich daneben auch daraus ergeben, dass die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig ist, weil sie den formellen Anforderungen nicht genügt.
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Vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe stellt sich der Antrag als teilweise begründet dar. Die Begründung des angeordneten Sofortvollzugs genügt noch den formellen Anforderungen (dazu a)). Die summarische Prüfung ergibt, dass die erhobene Klage in dem hier interessierenden Umfang in der Hauptsache voraussichtlich nur im Hinblick auf Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheids erfolgreich sein wird, sodass diesbezüglich kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids besteht, im Übrigen aber das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung hinter das Vollziehungsinteresse zurücktritt (dazu b)).
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a) Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Genüge getan. Diese Begründungspflicht verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen (BayVGH, B.v. 14.2.2002 - 19 ZS 01.2356 - NVwZ-RR 2002, 646). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat unter anderem eine Warnfunktion für die handelnde Behörde. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Anordnung bewusst wird und die konkret betroffenen Interessen sorgsam prüft und abwägt (BayVGH, B.v. 3.5.2018 - 20 CS 17.1797 - juris Rn. 2). Nichtssagende, formelhafte Wendungen reichen deshalb nicht aus. Allerdings genügt dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, dass die Behörde diese Interessenlage aufzeigt und deutlich macht, dass sie auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Dies kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem auch der streitgegenständliche Bescheid gehört, in Betracht (BayVGH, B.v. 10.3.2008 - 11 CS 07.3453 - juris Rn. 16).
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Gemessen an diesen Maßstäben ist die zu prüfende Begründung des Sofortvollzugs noch ausreichend. Der Antragsgegner hat sich in noch genügender Weise auf die hier widerstreitenden Interessen des betroffenen Antragstellers und das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit bezogen und erläutert, warum er dem öffentlichen Interesse den Vorrang einräumt. In diesem Zusammenhang wurde darauf abgestellt, dass es im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, dass die unter Nr. 5 und 6 getroffenen Anordnungen vor der Ausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs wirksam werden. Zwar finden sich bezüglich Nr. 7 keine Ausführungen zum Sofortvollzug in der Begründung des Bescheids. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass die für die Nrn. 5 und 6 genannten Erwägungen auch für die Nr. 7 Geltung beanspruchen, zumal es sich dabei ebenfalls um eine waffenrechtliche Nebenanordnung handelt. Vor allem wird mit Nr. 7 die Vorlage der Waffenbesitzkarten, in die die Mitnutzungserlaubnisse des Antragstellers eingetragen sind, angeordnet, um diese auszutragen, was - wie die Rückgabe der Waffenbesitzkarten des Antragstellers selbst - in entsprechender Anwendung auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG gestützt wird. Darüber hinaus hat die Behörde dargelegt, dass in Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden kann.
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b) Bei summarischer Prüfung stellt sich die erhobene Klage in dem hier interessierenden Umfang als zulässig, aber größtenteils unbegründet dar. Der Bescheid vom 21.05.2021 ist, soweit er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angegriffen wurde, überwiegend rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Behörde hat die waffenrechtlichen Erlaubnisse und Mitbenutzungserlaubnisse des Antragstellers zurecht widerrufen (dazu aa)). Auch die waffenrechtlichen Nebenanordnungen in den Nrn. 6 und 7 des Bescheids begegnen bei summarischer Überprüfung keinen rechtlichen Bedenken (dazu bb)). Nr. 5 des Bescheids vom 21.05.2021 ist jedoch nach vorläufiger Prüfung rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten (dazu cc).
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aa) Der in den Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochene Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse und der Mitbenutzungserlaubnisse des Antragstellers stützt sich in nicht zu beanstandender Weise auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach sind waffenrechtliche Erlaubnisse zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine waffenrechtliche Erlaubnis unter anderem voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit gem. § 5 WaffG besitzt.
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Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzt die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, wer wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften u.a. des Waffengesetzes verstoßen hat. Aufgrund der Tatsache, dass der Antragsteller fünf Langwaffen und zwei geladene und schussbereite Kurzwaffen auf dem Rücksitz seines PKW ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis von Schierling nach Neutraubling transportierte, hat er Waffen unerlaubt geführt und gegen § 2 Abs. 2 und § 13 Abs. 6 WaffG verstoßen. Er hat dadurch den Straftatbestand des § 52 Abs. 3 Nr. 2a, Abs. 4 WaffG erfüllt. Der Antragsteller hat selbst eingeräumt, dass die beiden Pistolen geladen waren. Sein Vorbringen, dass er diese in einem verschlossenen Behältnis im Kofferraum transportierte, wertet das Gericht nach der gebotenen summarischen Überprüfung als Schutzbehauptung. Zum einen wurde dieser Aspekt im behördlichen Verfahren nicht vorgetragen, sondern nun erstmals im gerichtlichen Verfahren ausgeführt. Zum anderen wurde die konkrete Auffindesituation seitens der Polizeiinspektion Neutraubling dokumentiert. In diesem Zusammenhang wurde festgehalten, dass die Waffen auf der Rückbank transportiert wurden. Zwar ist auf den gefertigten Lichtbildern erkennbar, dass die Waffen in Textilien eingewickelt waren. Diesen Lichtbildern und der in der Behördenakte befindlichen Ereignismeldung lässt sich aber gerade nicht entnehmen, dass die Kurzwaffen in einer Kiste im Kofferraum verschlossen gewesen wären. Im Übrigen ist für die waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung unerheblich, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller nach § 153 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurde, weil das Verfahren gerade nicht nach § 170 Abs. 2 StPO aufgrund des fehlenden Tatverdachts eingestellt wurde, sondern mangels öffentlichen Interesses, sodass der Verstoß nicht widerlegt wurde.
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Dahingestellt bleiben kann, ob es sich insoweit um einen gröblichen Verstoß handelt. Gröblich ist eine vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung, die nach ihrem objektiven Gewicht und ihrer Vorwerfbarkeit als schwerwiegend zu beurteilen ist. Maßgebend für die Beurteilung sind nicht strafrechtliche, sondern ordnungsrechtliche Gesichtspunkte (Steindorf/N. Heinrich, 10. Aufl. 2015, WaffG § 5 Rn. 25). Jedenfalls ist vorliegend ein wiederholter Verstoß gegeben. Denn der Antragsteller hat darüber hinaus auch gegen seine Anzeigepflicht aus § 37c Abs. 1 Nr. 1 WaffG verstoßen. Hiernach hat derjenige, der Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, als Finder in Besitz nimmt, dies der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Vorliegend hat es der Antragsteller unterlassen, die zuständige Behörde über den Fund der erlaubnispflichtigen Waffen und Munition zu unterrichten, obwohl ihm dies - beispielsweise durch einen Telefonanruf - ohne weiteres möglich gewesen wäre.
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Der begangene Verstoß vermag auch den Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu rechtfertigen. Eine Abweichung von der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG käme nur in Betracht, wenn die Umstände des betreffenden Verhaltens die Verfehlung des Antragstellers ausnahmsweise in einem derart milden Licht erscheinen ließen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers durch das Verhalten begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit im Hinblick auf den Umgang mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt wären (BVerwG, B.v. 21.7.2008 - 3 B 12/08 - NVwZ 2009, 398; BayVGH, B.v. 21.11.2016 - 21 ZB 15.931 - juris Rn. 19). Erforderlich ist nach dieser Rechtsprechung eine tatbezogene Prüfung in Gestalt einer Würdigung der Schwere der Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt. Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, durch seine Ausführungen die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG zu widerlegen. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass der Antragsteller die Waffen zur Polizei gebracht hat, nach Einschätzung der Polizeiinspektion Neutraubling von den grundsätzlich ehrbaren Absichten des Antragstellers auszugehen ist und die Staatsanwaltschaft Regensburg das Handeln des Antragstellers in ihrer Einstellungsverfügung als fahrlässig beurteilte. Als Jäger und Inhaber von Waffenbesitzkarten muss der Antragsteller die Vorschriften über den Transport von Schusswaffen kennen. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Antragsteller über eine besondere Sachkunde verfügt. Besonders schwer ins Gewicht fällt vorliegend der Aspekt, dass die Kurzwaffen geladen transportiert wurden. Der Antragsteller hätte nicht pauschal davon ausgehen dürfen, dass diese ohnehin nicht funktionstüchtig sind. Vielmehr hätte ein gewissenhafter Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse das Risiko, dass sich dennoch ein Schuss lösen könnte, nicht hingenommen. Da der Fund der Waffen den zuständigen Behörden nicht bekannt war, war es ihnen nicht möglich, zu überprüfen, ob ein sicherer Transport derselben gewährleistet war. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Strecke von Schierling nach Neutraubling gerade nicht um eine kurze Distanz handelt, sondern eine Fahrt mit dem PKW knapp eine halbe Stunde in Anspruch nimmt, sodass umso mehr von einem Sicherheitsrisiko ausgegangen werden muss. Eine etwaige Weisung seines Vorgesetzten kann den Antragsteller nicht entlasten, da er als Inhaber waffen- und jagdrechtlicher Erlaubnisse hätte wissen müssen, dass er dieser Weisung nicht nachkommen durfte. Auch der Einwand des Antragstellers, er habe bisher noch nie gegen eine waffenrechtliche Vorschrift verstoßen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn das Waffengesetz setzt als Selbstverständlichkeit voraus, dass ein Waffenbesitzer die geltenden Regeln vollständig und genau befolgt. Es ist dementsprechend unerheblich, ob sich der Antragsteller in der Vergangenheit waffenrechtliche Verstöße zuschulden kommen hat lassen oder nicht.
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bb) Die waffenrechtlichen Nebenanordnungen in den Nrn. 6 und 7 des streitgegenständlichen Bescheids begegnen nach vorläufiger Prüfung keinen rechtlichen Bedenken.
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Insbesondere sind diese formell rechtmäßig. Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Zwar finden sich in der Begründung des Bescheids keinerlei Erwägungen im Hinblick auf die waffenrechtlichen Nebenanordnungen. Dieser Begründungsmangel führt jedoch nach summarischer Prüfung nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Nrn. 6 und 7 des Bescheids. Zum einen kann der Begründungsmangel nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 BayVwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Zum anderen ist vorliegend davon auszugehen, dass die fehlende Begründung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, Art. 46 BayVwVfG, da es logische Konsequenz und nach dem Wortlaut von § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG auch gesetzliche Folge des Widerrufs der waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse ist, dass diese zurückgegeben werden.
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Die in Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochene Anordnung, die Waffenbesitzkarten, den kleinen Waffenschein und den Jagdschein sowie der Europäische Feuerwaffenpass unverzüglich, spätestens drei Wochen nach Zustellung des Bescheids, an die Behörde zurückzugeben, erweist sich bei vorläufiger Überprüfung auch als materiell rechtmäßig. Sie stützt sich hinsichtlich der waffenrechtlichen Erlaubnisse wie der Waffenbesitzkarten, des kleinen Waffenscheins und des Europäischen Feuerwaffenpasses auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG, wonach der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben hat, wenn die waffenrechtlichen Erlaubnisse zurückgenommen oder widerrufen werden. Die Verpflichtung zur Rückgabe des Jagdscheins ergibt sich aus § 18 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) i.V.m. Art. 52 BayVwVfG. Nach summarischer Prüfung geht das Gericht auch davon aus, dass der Antragsteller noch in Besitz des kleinen Waffenscheins ist, da in der in der Behördenakte befindlichen „Karteikarte Kleiner Waffenschein“ unter „Ende“ kein Datum eingetragen wurde. Dem hat der Antragsteller nichts Substantiiertes entgegengehalten.
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Die Anordnung in Nr. 7 des Bescheids, die Waffenbesitzkarten des Herrn … … S* …, in die die Mitnutzungserlaubnisse des Antragstellers eingetragen sind, zum Austrag derselben bei der Behörde vorzulegen, ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG (vgl. VG München, U. v. 07.10.2015 - M 7 K 15.912, BeckRS 2016, 53039).
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Da es sich bei der Entscheidung im Rahmen des § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG sowohl in seiner direkten, als auch in entsprechender Anwendung um eine gebundene Entscheidung handelt, ist es nach der gebotenen summarischen Prüfung unschädlich, dass der Begründung des Bescheids keinerlei Ermessenserwägungen hierzu entnommen werden können. Entsprechendes gilt für die Verpflichtung zur Rückgabe des Jagdscheins.
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cc) Indes erweist sich die in Nr. 5 des Bescheids vom 21.05.2021 gegenüber dem Antragsteller getroffene Anordnung, die in den Waffenbesitzkarten eingetragenen neun Waffen bzw. Waffenteile sowie die noch vorhandene Munition binnen drei Wochen nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten oder dem Landratsamt Regensburg zur Verwertung zu überlassen, bei gebotener summarischer Überprüfung als rechtswidrig und für den Antragsteller rechtsverletzend, sodass dahingehend die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen war.
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Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WaffG kann die zuständige Behörde, wenn jemand aufgrund einer Erlaubnis, die widerrufen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen hat und noch besitzt, anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt. Danach stellt die Behörde die beiden Alternativen dem Betroffenen zur Auswahl (vgl. Steindorf/Gerlemann, 10. Aufl. 2015, WaffG § 46 Rn. 4). Gründe, die es vorliegend ausnahmsweise rechtfertigen würden, dem Antragsteller diese Auswahl zu nehmen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wurde seitens der Behörde nicht dargelegt, dass die dauerhafte Unbrauchbarmachung vorliegend nicht möglich oder geeignet wäre. Eine Rechtsverletzung des Antragstellers ergibt sich insoweit daraus, als ihm als Adressat der Maßnahme die von § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG eingeräumte Auswahl genommen wird. Darin liegt jedenfalls ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
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Darüber hinaus kann auch keine Überlassung an das Landratsamt Regensburg zur Verwertung angeordnet werden. Die Verwertung der Waffen und Munition kann nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG vielmehr erst dann erfolgen, wenn die zuständige Behörde die Waffen und Munition nach fruchtlosem Ablauf der Frist gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG sichergestellt hat und darüber hinaus der Antragsteller nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benannt und die Behörde die Waffen und Munition deshalb eingezogen hat.
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2. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO.
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3. Rechtsgrundlage der Streitwertfestsetzung sind § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Gerichtskostengesetz. Die Kammer hat Nr. 50.2 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei ihrer Entscheidung berücksichtigt.
III.
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Dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben. Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung in Höhe von einem Zehntel der Verfahrenskosten zu bewilligen und Rechtsanwalt G. M. beizuordnen, weil die Voraussetzungen gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegen.
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Nach den genannten Vorschriften erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Anforderungen dürfen insoweit nicht überspannt werden (BVerfG, B.v. 30.10.1991 - 1 BvR 1386/91 - NJW 1992, 889). Entsprechende Erfolgsaussichten bestehen jedenfalls dann, wenn nach der gebotenen summarischen Prüfung der vom Antragsteller vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit der Beweisführung besteht (BGH, B.v. 14.12.1993 - VI ZR 235/92 - NJW 1994, 1160/1161; BayVGH, B.v. 4.9.2008 - 5 C 08.1502 - juris Rn. 7). Es genügt, wenn ein Erfolg der Rechtsverfolgung bei vorläufiger Betrachtung offen erscheint (BayVGH, B.v. 7.2.2005 - 10 C 05.83 - NJW 2005, 1677). Hinreichende Aussicht auf Erfolg hat ein Rechtsschutzbegehren in der Regel auch dann, wenn die Entscheidung von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (BVerfG, B.v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88 - NJW 1991, 413/414).
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Gemessen an diesen Maßstäben ist dem Antragsteller, Prozesskostenhilfe zu gewähren, da der Antrag im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags in diesem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Antragsverfahrens nicht aufbringen kann (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO). Insoweit wird auf die unter II. dargestellten Gründe verwiesen.