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LG Amberg, Urteil v. 19.08.2021 – 11 Ks 100 Js 6315/20
Titel:

Zu den Mordmerkmalen der Heimtücke und niedriger Beweggründe

Normenketten:
StGB § 51 Abs. 4 S. 2, § 53, § 54, § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 64, § 67 Abs. 1, § 211 Abs. 1, Abs. 2
BGB § 288, § 291, § 844 Abs. 3 S. 1
ZPO § 709 Abs. 1
Leitsätze:
1. Selbst wenn sich der Angeklagte gegenüber den Tatopfern im Vorfeld der Tat so verhalten hat, dass diese latente Angst vor dem Angeklagten hatten und Maßnahmen wie das Bereitlegen von Holzstielen und Abwehrsprays ergriffen, steht dies der Annahme von Heimtücke nicht entgegen, wenn bei den Tatopfern kein akuter Anlass für die Annahme bestand, dass der ständig befürchtete schwerwiegende Angriff auf das Leben oder die körperliche Unversehrtheit nun unmittelbar bevorstehe. (Rn. 289) (redaktioneller Leitsatz)
2. Niedrige Beweggründe liegen vor, wenn das Handeln des Angeklagten ein außerordentliches Maß von Missachtung der körperlichen Integrität des Opfers zeigt. Darin kommt eine Gesinnung zum Ausdruck, die Lust an körperlicher Misshandlung und willkürliches Aufwerfen zum Herren über die körperliche Unversehrtheit anderer zum Inhalt hat und deshalb sittlich auf tiefster Stufe stehend, somit als niedrig gewertet werden muss. (Rn. 300 – 301) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ebenso stellt es niedrige Beweggründe dar, wenn der Angeklagte bei der Tat eine Grundhaltung hatte, die durch eine ungehemmte Eigensucht und exklusive Besitzansprüche gekennzeichnet ist, insbesondere, wenn er trotz Zeitablaufs nicht wahr haben wollte, dass er die Kontrolle über seine Expartnerin endgültig verloren hatte und diese hierfür bestrafen wollte. (Rn. 313) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mord, Unterbringung, Adhäsionsverfahren, Alkohol, Stichverletzung, Blutspurenmusterverteilungsanalyse, Heimtücke, niedrige Beweggründe, Ermöglichung einer anderen Straftat, Mordmerkmale, besondere Schwere der Schuld
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 09.02.2022 – 6 StR 595/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 47020

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig des Mordes in zwei tatmehrheitlichen Fällen.
2. Er wird deshalb zu einerlebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt.
3. Die in der Tschechischen Republik verbüßte Auslieferungshaft wird im Verhältnis 1:1 angerechnet.
4. Die Schuld des Angeklagten wiegt besonders schwer.
5. Es wird die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
6. Der Angeklagte wird verurteilt, an den Adhäsionskläger … Hinterbliebenengeld in Höhe von 12.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 26.06.2021 zu bezahlen und an die Adhäsionsklägerin … Hinterbliebenengeld in Höhe von 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 16.07.2021 zu bezahlen.
7. Es wird festgestellt, dass das den Adhäsionsklägern … und … jeweils zuerkannte Hinterbliebenengeld nebst Zinsen aus den vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen des Angeklagten (Mord zum Nachteil eines Elternteils des/der Adhäsionskläger/in) herrührt.
8. Das Urteil ist in Ziffer 6. für jeden Adhäsionskläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
9. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die den Nebenklägern erwachsenen notwendigen Auslagen sowie die durch die Adhäsionsanträge angefallenen gerichtlichen Kosten und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Adhäsionskläger zu tragen. Seine durch die Adhäsionsanträge entstandenen notwendigen Auslagen hat der Angeklagte selbst zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 211 Abs. 1, Abs. 2 4. Alt., 5. Alt. und 8. Alt., 53, 54 Abs. 1 S. 1, 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 64 StGB.

Entscheidungsgründe

A. Persönliche Verhältnisse
I. Persönlicher Werdegang:
1
Der Angeklagte … wurde am … in … geboren. Er wuchs zusammen mit einer älteren leiblichen Schwester und einer älteren Halbschwester mütterlicherseits zunächst bei seinen Eltern in … auf. Als der Angeklagte etwa 11 oder 12 Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden. Er hatte seither keinen Kontakt mehr zu seinem leiblichen Vater. Dieser ist mittlerweile verstorben. Als der Angeklagte 14 Jahre alt war, heiratete seine Mutter erneut.
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… besuchte keinen Kindergarten. Er wurde zunächst im Alter von 6 Jahren eingeschult. Im Verlauf der ersten Jahrgangsstufe erlitt er jedoch eine Mittelohreiterung, die ihn mehrere Monate zurückwarf. Er wurde deshalb im Alter von 7 Jahren noch einmal eingeschult. Der Angeklagte durchlief die Grund- und Hauptschule ohne Wiederholungen. Er erzielte den Hauptschulabschluss.
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Nach dem Schulabschluss begann der Angeklagte eine Metzgerlehre in …, die er bis zum Jahre 1980 durchlief. Da er jedoch zur theoretischen Prüfung nicht antrat, erhielt er keinen Gesellenbrief. Im Anschluss an vorgenannte Ausbildung absolvierte der Angeklagte seinen 15-monatigen Wehrdienst bei der Bundeswehr. Danach arbeitete er ca. ein Jahr lang in einer Druckerei in …, ehe er sich selbstständig machte. Bereits nach seiner Bundeswehrzeit absolvierte der Angeklagte in Holland seine Ausbildung zum Schweißer, die an den Wochenenden stattfand. Die Ausbildung umfasste einen Zeitraum von etwa 1 1/2 Jahren. In dieser Zeit legte der Angeklagte Einzelprüfungen ab. Die Abschlussprüfung erfolgte dann erst im Jahre 1996 oder 1997. Seit dem Jahre 1997 darf sich der Angeklagte Schweißfachmann nennen. Das selbstständige Gewerbe des Angeklagten war in Amsterdam angemeldet. Er war im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit bis zum Jahre 1990 für verschiedene Firmen tätig. Ab dem Jahre 1990 war … bei der Firma …, als Schweißer angestellt. Er war zunächst europaweit eingesetzt, ab dem Jahre 1993 weltweit. Unter anderem erfolgten Einsätze in England, Italien, Mexiko, USA, Spanien, Argentinien, Kolumbien und China. Ab und zu arbeitete der Angeklagte auch in Deutschland, wobei er sich dann in seiner Wohnung … aufhielt. Im Jahre 2009 war … für 3 Monate in Mexiko eingesetzt, wo er seine spätere Ehefrau kennenlernte. Zwischen den Jahren 2010 bis 2014 war dann der Hauptwohnsitz des Angeklagten in Mexiko, wo er sich mit seiner dortigen Ehefrau ein Haus kaufte. Im Jahre 2014 kehrte der Angeklagte nach Deutschland zurück. Seine Ehefrau blieb in Mexiko, da sie ihre pflegebedürftige Mutter versorgen musste. Zwischen den Jahren 2015 bis 2018 reiste der Angeklagte deshalb jeweils im Urlaub nach Mexiko. Im Jahre 2016 war seine Ehefrau zu Besuch in Deutschland.
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Ab dem Jahre 2014 war der Angeklagte über verschiedene Leiharbeitsfirmen bei der Firma … eingesetzt. Die letzte Beschäftigung endete am 22.07.2019 mit einer Inhaftierung des Angeklagten.
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Seit November 2019 befindet sich … in Privatinsolvenz.
II. Ehen bzw. Partnerschaften und Kinder:
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Der Angeklagte heiratete erstmals im Jahre 1984. Die Ehe wurde im Jahre 1988 geschieden. Aus der Ehe ging eine gemeinsame Tochter hervor, die am ... 1984 geboren wurde. Seit dem Jahre 1988 hat der Angeklagte zur Tochter keinen Kontakt mehr.
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Die zweite Ehe schloss der Angeklagte im Jahre 1989 oder 1990. Bereits nach ein paar Monaten erfolgte die Trennung. Die Ehe wurde im Jahre 1993 geschieden.
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Von 1992 bis 1996 war der Angeklagte mit der Zeugin … liiert. Aus der Beziehung ging die am 17.04.1994 geborene gemeinsame Tochter … hervor. In der Beziehung verhielt sich der Angeklagte grundsätzlich lustig, gesellig, nett und hilfsbereit. Er war beliebt. Unter Alkoholeinfluss verhielt sich … jedoch arrogant, unnahbar und fühlte sich groß. Dritten gegenüber verhielt sich der Angeklagte zunehmend aggressiv und wurde auch handgreiflich. Der Angeklagte log seine Partnerin während der Beziehung auch an, insbesondere verschwieg er, dass er keine Fahrerlaubnis besaß. Zudem gab er ihr gegenüber vor, bereits bei verschiedenen Fußballvereinen in der Bundesliga gespielt zu haben. Die Beziehung wurde im Jahre 1996 durch die Zeugin … beendet. Der Angeklagte versuchte in der Folgezeit, insbesondere durch Briefe, Kontakt zur Tochter zu halten.
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Ab dem Jahre 2002/2003 unterhielt der Angeklagte eine Beziehung zur Zeugin …. Ihr gegenüber verhielt sich der Angeklagte grundsätzlich freundlich, hilfsbereit und lustig. Es kam jedoch zunehmend zu Spannungen mit der im Jahre 1989 geborenen Tochter … der Zeugin … Unter Alkoholeinfluss verhielt sich der Angeklagte zunächst lustig, wenn ihm jemand widersprach, oder es Ärger gab, wurde er jedoch reizbar, jähzornig und brutal. Unter anderem schubste, schüttelte und packte er die Kinder seiner Partnerin, insbesondere deren Tochter …. Die Tochter … erlitt hierdurch blaue Flecken, die Tochter … erlitt ein blaues Auge. Auch gegenüber seiner Partnerin wurde der Angeklagte unter Alkoholeinfluss handgreiflich, insbesondere schlug er ihr unter anderem gegen den Rücken und die Nieren, wovon sie Prellungen am Rücken davon trug. Die Partnerin musste deshalb auch im Krankenhaus behandelt werden. Darüber hinaus drohte der Angeklagte der Zeugin …, dass er sie und ihre Töchter über den Jordan schicke, wenn sie versuche, ihn rauszuwerfen. Die Partnerin, führte die Beziehung daher zunächst aus Angst weiter. Mit dem beruflich bedingten Weggang des Angeklagten nach Mexiko endete die vorgenannte Partnerschaft.
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Im Jahre 2012 heiratete der Angeklagte in Mexiko seine dritte Ehefrau. Diese ist Mexikanerin. Die Ehe ist in Deutschland nicht anerkannt. Die Ehefrau brachte zwei Kinder mit in die Ehe, eine über 30-jährige Tochter sowie einen etwa 25-jährigen Sohn. Der Angeklagte hat seine Ehefrau letztmals im Jahre 2018 persönlich gesehen. Diese bewohnt nach wie vor das gemeinsame Haus in Mexiko.
III. Alkoholkonsum:
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Der Angeklagte hatte im Alter von 14 Jahren seinen ersten Rausch, aufgrund von alkoholischen Getränken. Im Alter zwischen 14 Jahren und 18 Jahren konsumierte er Alkohol, wenn er z.B. samstags in der Disco war. Er trank hierbei etwa 4 bis 6 Bier, gelegentlich zusätzlich Schnaps. Während der Arbeit trank der Angeklagte nichts. Nach der Bundeswehrzeit trank er nach Feierabend etwa 2 bis 3 Bier. Auf härtere Alkoholika verzichtete er meist, da diese ihn sehr aggressiv machen. Freitags und/oder samstags konsumierte der Angeklagte 10 bis 15 Biere, teilweise zusätzlich auch Schnaps z.B. auch Jägermeister. Pro Wochenende nahm der Angeklagte etwa ein bis 1 1/2 Kisten Bier zu sich. Ab dem Beschäftigungsbeginn bei der Firma Benteler, 1990, trank er an zwei oder drei Tagen pro Woche, wenn er frei hatte, Bier, insgesamt 4 bis 5 Maß pro Konsumtag. Während der Auslandsaufenthalte konsumierte er etwas weniger Alkohol. In Deutschland trank er, wenn er nicht arbeitete, bis zu einer Kiste Bier pro Konsumtag. Vom 27.12.2002 bis zum 09.01.2003 befand sich der Angeklagte in einer Alkoholentgiftungsbehandlung im Bezirkskrankenhaus Wöllershof, wo die Diagnose eines Alkoholabhängigkeitssyndroms gestellt wurde. Danach war er für 6 bis 8 Jahre abstinent. Im Anschluss an die Abstinenzphase stellte sich das gleiche Trinkschema wie zuvor wieder ein. Hierbei kam es zu einer Trinkmengensteigerung über die Jahre. Ab dem Jahre 2014 trank der Angeklagte wieder regelmäßig Alkohol. Er nahm hierbei etwa 3 bis 4 Bier pro Tag zu sich. Nach seiner Haftentlassung im Mai 2020 konsumierte er jeden Tag oder jeden zweiten Tag Alkohol, ca. 10 bis 12 Bier pro Konsumtag, gelegentlich auch härtere Sachen, etwa 4 bis 6 Schnäpse. Tageweise konnte der Angeklagte auch auf Alkohol verzichten. Zuletzt trank der Angeklagte zwei- bis dreimal pro Woche Schnaps und Bier, wobei es abermals zu einer Konsummengensteigerung kam. Der Angeklagte nahm bis zu 10 Schnäpse a 0,2 bis 0,4 cl zu sich. Zittrigkeit stellte sich nicht ein, gelegentlich litt der Angeklagte morgens an Übelkeit.
IV. Strafrechtliches Vorleben:
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Die Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 29.06.2021 weist für den Angeklagten die folgenden Eintragungen auf:
1. 05.12.1985 AG … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 24.06.1986
Tatbezeichnung: Vergehen des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, rechtlich zusammentreffend mit eine einem Vergehen der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr und einem Vergehen der gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit einem Vergehen des unerlaubten Entfemens vom Unfallort, rechtl rechtlich zusammentreffend mit einem Vergehen der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr Datum der (letzten) Tat: 03.03.1985
Angewendete Vorschriften: STGB § 315 B ABS. 1, NR. 3, § 323 A, § 142 ABS. 1 NR. 1, § 316 ABS. 2, § 69, § 69 A
10 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 23.12.1986.
Bewährungszeit 3 Jahr(e).
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Vornamen ….
2. 13.06.1986 AG … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 21.06.1986
Tatbezeichnung: Vergehen der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr
Datum der (letzten) Tat: 02.04.1986
Angewendete Vorschriften: STGB § 316 ABS. 1, ABS. 2, § 69, § 6 9 A
35 Tagessätze zu je 30,00 DM Geldstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 20.05.1987.
3 Monat(e) Fahrverbot.
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Vomamen ….
3. 07.08.1986 … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 02.09.1986
11 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 01.12.1987.
Bewährungszeit bis 01.09.1989.
Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 05.12.1985+LS 3 JS 2146/85+D3106+AG ….
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 13.06.1986+CS 3 JS 5441/86+D3106+AG ….
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Vornamen ….
Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am 23.02.1992.
4. 19.01.1990 AG … (D3101) - 4 JS … -
Rechtskräftig seit 12.10.1990
Tatbezeichnung: Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit Vortäuschen einer Straftat
Datum der (letzten) Tat: 12.03.1989
Angewendete Vorschriften: STGB § 316 ABS. 1, ABS. 2, § 145 D ABS. 1 NR. 1, § 69, § 69 A, § 52, § 53, STVG § 21 ABS. 1 NR. 1
4 Monat(e) 2 Woche(n) Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 11.07.1992.
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Vornamen ….
Strafvollstreckung erledigt am 07.04.1992.
5. 28.11.1991 AG … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 06.12.1991
Tatbezeichnung: Fahrlässiger Vollrausch
Datum der (letzten) Tat: 10.08.1991
Angewendete Vorschriften: STGB § 323 A, § 223 ABS. 1, § 232 AB S. 1, § 56 ABS. 1
3 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit bis 05.12.1994.
Bewährungshelfer bestellt.
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Vomamen ….
Strafe erlassen mit Wirkung vom 24.12.1994.
6. 11.03.1993 AMTSGERICHT … (P3308) … (32 VRS) -
Rechtskräftig seit 19.03.1993
Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
Datum der (letzten) Tat: 04.11.1992
Angewendete Vorschriften: STGB § 56, § 69 A, STVG § 21 ABS. 1 NR. 1
6 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 18.03.1995.
Bewährungszeit 4 Jahr(e).
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Vornamen ….
Strafe erlassen mit Wirkung vom 07.04.1997.
7. 23.05.2003 AG … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 23.05.2003
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung in 2 Fällen
Datum der (letzten) Tat: 01.122002
Angewendete Vorschriften: STGB § 223 ABS. 1, § 230 ABS. 1, § 53, § 21, § 56 ABS. 1
8 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 4 Jahr(e).
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Vomamen ….
Bewährungszeit verlängert bis 22.05.2008.
Strafe erlassen mit Wirkung vom 26.06.2008.
8. 23.08.2006 AG … (D3106) … -
Rechtskräftig seit 23.08.2006
Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
Datum der (letzten) Tat: 28.03.2006
Angewendete Vorschriften: StGB § 56, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
3 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit bis 22.08.2010.
Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am 20.05.2014.
9. 26.07.2010 AG … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 18.03.2011
Tatbezeichnung: Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr
Datum der (letzten) Tat: 28.04.2010
Angewendete Vorschriften: StGB § 316 Abs. 1, Abs. 2
2 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Strafvollstreckung erledigt am 20.03.2014.
10. 20.06.2016 AG … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 28.10.2016
Tatbezeichnung: Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: 22.03.2016
Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 4 Jahr(e).
Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am 23.03.2020.
11. 21.02.2019 AG … (D3106) - … -
Rechtskräftig seit 03.07.2019
Tatbezeichnung: Fahren ohne Fahrerlaubnis in 3 Fällen
Datum der (letzten) Tat: 26.09.2018
Angewendete Vorschriften: StGB § 69 a, § 53, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
6 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 02.07.2020.
Strafvollstreckung erledigt am 20.05.2020.
13
Das Amtsgericht … hat in seinem Urteil vom 23.05.2003, Az. …, insoweit folgenden Sachverhalt festgestellt:
„II. 1. Am 01.12.2002 gegen 01.00 Uhr versetzte der Angeklagte ohne rechtfertigenden Grund seiner Lebensgefährtin … in der Küche in deren Wohnung in …, einen derart heftigen Faustschlag in das Gesicht, dass Frau … auf einen Tisch stürzte. Anschließend schlug er fortlaufend mit den Fäusten auf sie ein, bis sie zu Boden ging, wobei er sie am Kopf und am ganzen Körper traf. Wie vom Angeklagten gewollt, erlitt Frau … hierdurch eine Gesichtsschädelprellung links mit Schwellung der gesamten linken Gesichtshälfte und Einblutung ins linke Unterlied, eine Toraxprellung rechts und eine Nierenprellung rechts mit einer etwa handflächengroßen Kontusionsmarke im Lendenbereich sowie Halsschmerzen.
2. Auf die Hilferufe der Frau … eilte deren 16-jährige Tochter … zur Küche. Aufgrund eines neuerlichen Tatentschlusses versetzte der Angeklagte der in der Küchentür stehenden … einen Faustschlag in das Gesicht, wobei diese - wie vom Angeklagten gewollt - eine Gesichtsschädelprellung mit Monokelhämatom links erlitt.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Begehung der genannten Taten die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund vorangegangen Alkoholgenusses erheblich vermindert war.
Die Staatsanwaltschaft bejaht das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung.“
14
In dem Urteil vom 23.08.2006, Az. …, ging das Amtsgericht … von folgendem Sachverhalt aus:
„Der Angeklagte fuhr am 28.03.2006 gegen 10.45 Uhr mit dem Roller, Vers.-Kennz.: … vom Anwesen … in … bis zur … obwohl er, wie er wusste, nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte.“
15
Das Amtsgericht … in seinem Urteil vom 26.07.2010, Az …, insoweit folgenden Sachverhalt festgestellt:
„II. Am 28.04.2010 gegen 16.00 Uhr fuhr der Angeklagte mit seinem Fahrrad von zu Hause zunächst in die Stadt, ehe er gegen 18.00 Uhr mit dem Fahrrad in das Cafe … in …, fuhr. Dort sah er sich mit Bekannten die Fernsehübertragung eines Fußballspiels an. Währenddessen trank der Angeklagte mindestens acht bis zehn Bier. Gegen 02.00 Uhr trat der Angeklagte mit dem Fahrrad den Heimweg zu seinem Haus in …, an. Als er mit dem Fahrrad auf der … in … fuhr, wurde er von einer Polizeistreife angehalten und kontrolliert. Eine bei dem Angeklagten am 28.04.2010 um 02:15 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,98 Promille.
Seine Fahruntüchtigkeit hätte der Angeklagte bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen.
Aufgrund seiner erheblichen Alkoholisierung kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Zeitpunkt der Tat die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert war.“
16
Im Strafbefehl vom 20.06.2016 ging das Amtsgericht … im Verfahren … von folgendem Sachverhalt aus:
„Am 22.03.2016 gegen 0.22 Uhr verletzten sie in der … in … den …, in dem sie diesem mit der Faust in das Gesicht schlugen. Hierdurch trug der Geschädigte, wie von ihnen zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen, eine blutende Nase sowie Schmerzen über einem Zeitraum von einer Woche davon.
Die Staatsanwaltschaft hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.“
17
In seinem Urteil vom 21.02.2019, Az. …, hat das Amtsgericht … schließlich folgenden Sachverhalt festgestellt:
„II. Der Angeklagte fuhr mit dem Kraftrat der Marke Honda Afrikan Twin, Kennzeichen …:
1. in der Nacht zum 26.09.2016 zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt von 01:49 Uhr auf der … im Bereich des Pubs … in …,
2. am 05.08.2018 gegen 23:10 Uhr auf der … auf Höhe der Hausnummer … in …, sowie
3. am 26.09.2018 gegen 11:15 Uhr auf der Staatsstraße … im Ortsteil … in ….
In allen Fällen wusste der Angeklagte, dass er die erforderliche Fahrerlaubnis für das Führen dieses Fahrzeugs nicht hatte. Er konnte lediglich einen seit dem 01.06.2016 ungültigen mexikanischen Führerschein vorweisen.“
18
Der Angeklagte wurde zuletzt am 20.05.2020 aus der Haft entlassen.
V. Untersuchungshaft:
19
Der Angeklagte … wurde am 01.07.2020 um 16.27 Uhr in Tschechien festgenommen aufgrund der Einleitung der Fahndung aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts …, Gz. … vom 30.06.2020 und des europäischen Haftbefehls vom 30.06.2020. In Tschechien befand sich der Angeklagte vom 01.07.2020, 16.25 Uhr bis 24.07.2020, 10.00 Uhr in Auslieferungshaft. Die Eröffnung des Haftbefehls des Amtsgerichts … vom 30.06.2020 erfolgte am 24.07.2020. Der Angeklagte befand sich vom 24.07.2020 bis 16.08.2020 in der JVA …. Ab dem 17.08.2020 befand sich der Angeklagte in der JVA …. Ab dem 30.09.2020 befand sich der Angeklagte in der ….
B. Sachverhalt:
I. Vor der Tat:
20
Nachdem die Geschädigte … den Angeklagten in der Vergangenheit, irgendwann zwischen 2003 und 2008, auf der Terrasse der Zeugin …, der damaligen Lebensgefährtin des Angeklagten und Freundin der Geschädigten …, getroffen hatte, wo sich offenbar beide nicht ausstehen konnten, hatten die Geschädigte … und der Angeklagte ab ca. Herbst 2018 eine Beziehung.
21
Am 01.11.2018 fand ein gemeinsames Kaffeetrinken mit der Geschädigten …, dem Angeklagten und dem Bruder der Geschädigten …, Herrn …, statt.
22
Am 26.01.2019 besuchte die Geschädigte … zusammen mit dem Angeklagten, der zu diesem Zeitpunkt bereits im 1. Stock im Anwesen der Geschädigten … wohnte, die Feier anlässlich des 30. Geburtstages ihres Sohnes …. Auf dieser Feier nahm auch der Exmann der Geschädigten …, mit neuer Partnerin teil. Im Laufe dieser Feier bzw. am Abend äußerte der Angeklagte gegenüber dem Zeugen … im Hinblick auf … sinngemäß, dass er sich den heute noch schnappen wolle. Auf der Feier um ca. 2.30 Uhr, am 27.01.2019, gingen Gläser zu Bruch. Auslöser war eine Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Exmann der Geschädigten, …. Ein Freund des … griff ein und zog den Angeklagten von … weg. Bei dieser Aktion stürzte der Freund und verletzte sich an herumliegenden Scherben am Ellenbogen. … griff auch ein und zog den Angeklagten ebenfalls weg. Hierbei gingen die beiden zu Boden. Im Anschluss forderte … den Angeklagten auf, das Fest zu verlassen. Der Angeklagte ging daraufhin ohne die Geschädigte… davon.
23
Als die Geschädigte … und der Angeklagte im Anwesen der Geschädigten … in dieser Nacht, am 27.01.2019, aufeinandertrafen, kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung. Die Geschädigte … erlitt hierbei Verletzungen im Gesicht, die ihr Sohn … auch gesehen hat. Wegen der hierdurch entstandenen blauen Flecken im Gesicht besuchte sie ihren Bruder am 27.01.2019, an dessen Geburtstag, nicht. Die Geschädigte … beendete aufgrund dessen die Beziehung zum Angeklagten. Sie ließ ihn jedoch, da er sonst wohnungslos gewesen wäre, aus Mitleid noch bei ihr im ersten Obergeschoss wohnen.
24
Beide nahmen die Beziehung offenbar auch wieder auf, da sie gemeinsam im Mai 2019 an der Tauffeier der Tochter des Neffen der Geschädigten … erschienen, obwohl der Angeklagte aufgrund des Vorfalls auf der Geburtstagsfeier von … nicht eingeladen war.
25
Am 08.07.2019 schrieb die Geschädigte … ihrem Sohn … und bat diesen, zu kommen. Sie teilte mit, dass sie die Beziehung zum Angeklagten beendet habe und diesen aufgefordert habe, zu packen, weswegen er ihr gegenüber handgreiflich geworden sei. … konnte bei seinem Eintreffen Kratzspuren am Dekolleté der Geschädigten erkennen. Der Angeklagte hatte zudem den Handlauf der Treppe zum 1. Stock, den er angebracht hatte, herausgerissen. Nach dem Eintreffen von … packte der angetrunkene Angeklagte während der nächsten zwei Stunden seine Sachen, übergab seine Hausschlüssel und verließ das Anwesen.
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Am 15.07.2019 kam der Angeklagte wieder zum Anwesen der Geschädigten … um Werkzeug abzuholen. Diese rief wieder ihren Sohn … zu Hilfe. Nachdem … den Angeklagten aufgefordert hatte, aufzuhören, seine Mutter massiv zu beleidigen - es fielen Worte wie „Schlampe“ und „blöde Sau“ - wurde dieser gegenüber ihm handgreiflich, weswegen die Geschädigte … die Polizei rief. Letztlich verließ der Angeklagte das Anwesen.
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Während der Angeklagte bei der Geschädigten … wohnte, brachte er in deren Anwesen im Treppenhaus einen Handlauf an, bezahlte mit Überweisung vom 13.06.2019 eine Heizölrechnung über 776,42 € und überwies am 28.06.2019 eine Mietzahlung in Höhe von 300,00 € an sie.
28
Der Angeklagte befand sich sodann vom 22.07.2019 bis 20.05.2020 in Strafhaft. Im Juli 2019 äußerte er dabei gegenüber dem Mitgefangenen … mit dem er sich in diesem Zeitraum für etwa zwei bis drei Wochen gemeinsam auf einer Zelle befand, dass er seine Exfreundin, die im Raum Schwandorf wohne, nach seiner Haftentlassung umbringen werde und dass, falls sie einen neuen Partner habe, dieser auch mit dran sei.
29
Am 25.01.2020 schrieb die Geschädigte … dem Angeklagten in die Haft. Dieses Schreiben wurde dem Angeklagten auch zugestellt. Das Schreiben verfasste die Geschädigte … wegen der bevorstehenden Entlassung des Angeklagten. Sie teilte ihm mit, sie halte ihn für verlogen, er sei nicht mehr unter ihrer Adresse gemeldet und seine restlichen persönlichen Sachen seien bei seiner Mama. Wörtlich schrieb sie: „Ich, meine Kinder, Mutter, Geschwister, Freunde, Bekannte, Verwandte, Nachbarn und Arbeitskollegen möchten von dir nichts hören und sehen. Auf deinem Weg alles Gute …“.
30
Ab ca. Mitte April 2020 waren … und …, ein nach seinem äußeren Erscheinungsbild rüstiger und vitaler Mann im Rentenalter, ein Paar. Sie hatten sich über ihre Arbeit für die Bäckerei … kennengelernt. In dieser war die Geschädigte als Verkäuferin und der Geschädigte … als Ausfahrer beschäftigt. Beide schienen nach Ansicht der Familienmitglieder, die die beiden teilweise auch schon zusammen getroffen hatten, sehr glücklich miteinander. … hat die beiden sowohl am Wochenende vom 13.06. auf den 14.06.2020 als auch am Wochenende 20.06. auf 21.06.2020 am Anwesen seiner Mutter zusammen besucht. Er fand … sehr aufrichtig und sympathisch. Ähnlich äußerte sich auch die Tochter des …, die die beiden viermal zusammen erlebt hat, über … und … verbrachten nach Auskunft ihrer Kinder die Wochenenden grundsätzlich bei Frau … und gingen liebevoll miteinander um.
31
Die Adhäsionsklägerin …, die Tochter des …, wusste nichts von der Beziehung ihres Vaters zu der Geschädigten …. Sie unterhielt ab der Trennung ihrer Eltern - als sie etwa im Alter von Mitte 20 war - nur zu besonderen Anlässen, wie Hochzeiten und Geburten, persönlichen Kontakt zu …. In den letzten Jahren fand kein persönliches Treffen mehr statt. Die beiden telefonierten jedoch regelmäßig, etwa einmal im Monat miteinander, oder schrieben sich Nachrichten. Als die zweite Ehefrau des … im Januar 2020 verstarb, telefonierte … etwa wöchentlich mit ihrem Vater oder schrieb Nachrichten. Sie hoffte, dass sich der Kontakt weiter verbessert.
32
Der Adhäsionskläger … unterhielt in den letzten Jahren regen Kontakt zu seiner Mutter, der Geschädigten …. So besuchte er die Geschädigte oft im Elternhaus in …, war manchmal auch sonntags zum Mittagessen eingeladen. Darüber hinaus kam es zum persönlichen Kontakt bei diversen Familienfesten und -feiern. Nach der Feier seines 30. Geburtstages und dem oben beschriebenen Vorfall wurden die regelmäßigen Kontakte etwas seltener. Im Juni 2020 hatte … an zwei Wochenenden Kontakt zu seiner Mutter.
33
Am 20.05.2020 wurde der Angeklagte aus der Strafhaft entlassen. Nach seiner Haftentlassung hauste er zunächst am …, in der Nähe von …, dem Wohnort der Geschädigten …, bevor er nach einigen Tagen, ca. Ende Mai 2020, ein Zimmer im Cafe … in … bezog, für das ab 01.06.2020 ein Mietvertrag mit dem Vermieter, dem Zeugen …, abgeschlossen wurde.
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Der Alltag des Angeklagten bestand seit der Haftentlassung im Wesentlichen darin, Alkohol zu konsumieren, am Imbiss des Zeugen …, auf dem …- Parkplatz …, und/oder im Café …. Ein persönlicher, einvernehmlicher Kontakt zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten … fand nicht mehr statt. Sein schriftlich vorgetragenes Ansinnen vom 28.05.2020, wieder mit ihr in Kontakt treten zu wollen, mit ihr zu reden, wurde von der Geschädigten … nicht beantwortet.
35
Auf seine schriftlichen Nachrichten, insbesondere über WhatsApp am 04.06. und 05.06.2020, reagierte die Geschädigte nicht, anders als 2019 blieb sie konsequent in ihrer Zurückweisung, weswegen der Angeklagten ihr am 04.06.2020/05.06.2020 per WhatsApp schrieb: „Kennst du die Autonummer …. „Ich weiß, wo du arbeitest und wann“ „Nicht reagieren ist der falsche Weg“, „Rede mit mir, ich habe das so nicht verdient“, „Okay, ich habe verstanden, ich erwisch dich und dein Ficker, ich habe euch gesehen 30 auf 31, wo er noch das Bett selber beziehen musste, du so etwas nicht selbst machst“, „eine Wunschtuete ist es nicht ha, ha, ha“, „öffne deine Mails, sonst öffne ich dich“, „ich fick dich wie der das Traumboot ha, ha, ich habe nichts gesehen“, „ich krieg dich und den aufpassen du Drecksau, ich habe euch gesehen“. Auch hat sie aufgrund dieser schriftlichen Nachrichten am 05.06.2020 ein zweiwöchiges Kontaktverbot durch die Polizei erwirkt, welches dem Angeklagten die Polizei persönlich mitteilte.
36
Vom Imbissstand aus, an dem sich der Angeklagte nach seiner Haftentlassung quasi täglich mehrere Stunden am Vormittag aufhielt, konnte er beobachten, wann die Geschädigte … bei der Bäckerei …, die sich in der dortigen …-Filiale befindet, arbeitete. Er schimpfte häufig in ihre Richtung, wenn er sie an diesem Parkplatz vor der … wahrnahm, oder beleidigte diese auch. Trotz des bestehenden polizeilichen Kontaktverbotes hielt er nach ihr Ausschau, schlich herum und guckte, ob z.B. ihr Auto da war.
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Dazu im Widerspruch standen seine Aussagen, dass er mit ihr nichts zu tun haben wolle. Wenn er von ihr oder über sie sprach, bezeichnete er sie als Schlampe. Er fühlte sich ausgenutzt und sagte, dass er so viel für sie getan habe und sie ihn verlassen habe.
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Als der Angeklagte sah, dass die Geschädigte … mit ihrem neuen Partner wegfuhr, schimpfte er auch in dessen Richtung und maulte sinngemäß hinterher, dass sie jetzt einen neuen Ficker habe. Er vermittelte den Eindruck, wütend auf die Geschädigte … zu sein.
39
Am Anwesen der Geschädigten … in der … in …, Ortsteil …, schlich er immer wieder herum, um die Geschädigte und ihr Umfeld im Blick zu behalten. Dies tat er nicht heimlich, sondern er gab sich immer wieder zu erkennen, in dem er in seinen WhatsApp-Nachrichten etwa auf ein Bettbeziehen durch den Geschädigten … Bezug nahm und eine WhatsApp-Nachricht mit der Autonummer des Geschädigten … versandte.
40
Er setzte Zeichen seiner Anwesenheit, indem er vor der Anzeigeerstattung am 05.06.2020 Sitzauflagen von deren ursprünglichen Platz entfernte, die Geschädigte … durch das Fenster, manchmal auch das Schlafzimmerfenster, beobachtete und Gegenstände, wie ein Windrad und Blumenstöcke beschädigte. Schließlich schlich er am Tattag, den 27.06.2020, um die Mittagszeit um ihr Haus herum, warf einen Blumentopf und einen Wasserkocher von der Terrasse aus ins anliegende Brachland ins hohe Gras, wo die Gegenstände von einer Polizeistreife aufgefunden wurden, und beobachtete kurz bevor er das Grundstück um 13.30 Uhr wieder verließ, d.h. etwa 10 Minuten vor Eintreffen der Polizei, von einem Komposthaufen aus, der sich außerhalb des Anwesens befand, für die Geschädigte erkennbar, das Anwesen.
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Im Hinblick auf seine Feststellungen an ihrer Arbeitsstelle schrieb er ihr am 05.06.2020: „Ich weiß, wo du arbeitest und wann“. Dies geschah, um der Geschädigten … gegenüber seine Macht auszudrücken, zu demonstrieren, dass sie nichts ohne sein Wissen unternehmen kann, er sie in seinem Fokus, unter seiner Kontrolle hat. Die Geschädigte … sollte sich an jedem Ort in ihrem Sicherheitsgefühl bedroht fühlen.
42
Aufgrund dessen erstattete die Geschädigte … am 05.06.2020 Anzeige bei der Polizei, stellte am 15.06.2020 zur Niederschrift des Amtsgerichts … einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, installierte um ihr Anwesen herum einen Stolperdraht, brachte zudem im Garten eine Wildkamera an und beauftragte die Zeugin … mit der Installation einer professionellen Überwachungsanlage für ihr Anwesen. Zudem waren am Anwesen diverse bereitliegende Holzstöcke und Abwehrsprays deponiert. Der Angeklagte hatte also erreicht, dass die Geschädigte in ihrer Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt wurde.
II. Der Tattag:
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Der Tag startete für den Angeklagten am 27.06.2020, wie so häufig, am Imbissstand des …, wo der Angeklagte zwischen 08:30 Uhr und 09:00 Uhr eintraf. Der Stand befindet sich in der … in … auf dem Parkplatz der …-Filiale, in der auch die Geschädigte … in einer Filiale der Bäckerei … arbeitete.
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Der Angeklagte trank - wie gewöhnlich - von 09:00 Uhr bis gegen Mittag ca. 12:00 Uhr ca. drei bis fünf Biere.
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An diesem Tag war er nachdenklich und in sich gekehrt. Als er ging, sagte er sinngemäß zum Sohn des …, der in der Vergangenheit ein Motorrad vom Angeklagten gekauft hatte, dieser solle gut auf das Moped aufpassen. Der Imbissstandbetreiber … fand dies komisch, so als würde der Angeklagte nicht mehr wieder kommen wollen. Der Angeklagte fuhr dann mit seinem Rad weg, wobei er völlig unauffällig fuhr.
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Mittags um ca. 12:30 Uhr befand sich der Angeklagte an den Weihern in der Nähe des Anwesens der Geschädigten … mit seinem silbernen Damenrad. Er begegnete dort dem Zeugen …. Er schlich dann ca. 45 Minuten um das Anwesen der Geschädigten …, hielt sich gegen 13:30 Uhr wieder kurz am Weiher auf und entfernte sich mit dem Rad, wobei er wiederum dem Zeugen … begegnete und jetzt, anders als bei seinem Eintreffen, eine Mund-Nasen-Maske trug, vermutlich, um seine Identität dem Zeugen gegenüber zu verbergen.
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Ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen 13:30 Uhr 14:30 Uhr war der Angeklagte mit seinem Bekannten … im Café … zusammen. … ging gegen 17:00 Uhr, der Angeklagte blieb bis ca. 18:00 Uhr. Als der Angeklagte eintraf, hatte er ein verschwitztes T-Shirt an und behauptete, er komme vom Baden vom … welcher sich zwischen dem Anwesen der Geschädigten … und dem Café … im Bereich der … befindet. Sein Bekannter gab dem Angeklagten ein Bier aus und im Laufe des Nachmittags spendierte er dem Angeklagten insgesamt drei oder vier Biere und lieh ihm 20,00 Euro.
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Der Angeklagte war gut aufgelegt, nicht traurig oder missgestimmt, ein wenig alkoholisiert und in leicht aufgeheiteter Stimmung.
49
Gegen ca. 16:30 Uhr, jedenfalls im Laufe des unterhaltsamen, lustigen Zusammentreffens, kam das Gespräch auf …. Die Frage des Bekannten …, ob er dort eine Frau habe, bejahte der Angeklagte. Er teilte auch mit, dass er dort noch ein Motorrad stehen habe und dass er noch Geld bekommen müsse. Auf die Frage: „Was machst du, wenn deine Frau jetzt reinkommen würde?“ sagte der Angeklagte: „Ich würde sie töten“. Diese sachliche Aussage erzeugte beim Gegenüber ein unwohles Gefühl, führte jedoch zu keiner Entgegnung. Der Stimmung der beiden beim weiteren Zusammensein an diesem Nachmittag tat die Äußerung keinen Abbruch.
50
Um ca. 18:00 Uhr verließ der Angeklagte das Cafe … mit seinem großen Rucksack und seinem Damenrad. Er gab an, noch zum Baden fahren zu wollen.
51
Bis zu diesem Zeitpunkt trank der Angeklagte ca. sechs, maximal neun, Bier a 0,5 Liter und aß offenbar nichts dazu. Seine maximale Blutalkoholkonzentration betrug daher 1,68 ‰. Dies führte zwar zu einer alkoholbedingten Enthemmung, jedoch zu keinerlei Einschränkungen der Einsichtsfähigkeit. Die Steuerungsfähigkeit war nicht erheblich eingeschränkt.
52
Der Angeklagte fuhr zu den Fischweihem in der Nähe des Anwesens der Geschädigten …, stellte dort sein Rad ab und lief mit dem Rucksack auf dem Rücken zum Anwesen der Geschädigten …. Die Strecke zwischen dem Anwesen der Geschädigten … und dem Café … beträgt über die … ca. 4,5 km, so dass er mit dem Rad hierfür keine 20 Minuten benötigte.
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Spätestens ab 17:30 Uhr begannen die beiden Geschädigten, … und …, auf der Terrasse des Anwesens der Geschädigten … in der … in …, zu grillen. Auf die ab diesem Zeitpunkt bis spätestens 18:00 Uhr ebenfalls dort anwesende Zeugin … hinterließen die beiden Geschädigten dabei einen entspannten Eindruck.
III. Die Tat:
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Der Angeklagte näherte sich dem Anwesen der Geschädigten …, um diese zu töten. Hauptbeweggrund hierfür war die Tatsache, dass sie sich von ihm getrennt hatte, dass sie sich jedenfalls seit dem Brief vom 25.01.2020 und seinem Ansinnen vom 28.05.2020, wieder in Kontakt zu treten, ihm dauerhaft entzog, keine Beziehung mehr mit ihm führen wollte, im Gegenteil, sich zwischenzeitlich einem anderen Partner zugewandt hatte, d.h. dass sie sich seinem exklusiven Besitzanspruch, seinem uneingeschränkten Herrschaftsanspruch ihr gegenüber nachhaltig und dauerhaft entzogen hatte. Hierfür sollte sie mit dem Tod bestraft werden. Aus seiner Sicht hatte sie durch ihr Verhalten, der Abwendung von ihm, ihr Lebensrecht verwirkt.
55
Der Angeklagte näherte sich über den Trampelpfad von den Weihern her kommend dem Anwesen der Geschädigten …, sah das Fahrzeug des Geschädigten …, den er nicht persönlich, jedoch vom Sehen kannte, und entschloss sich spätestens jetzt, auch diesen zu töten, in erster Linie um zu verhindern, dass dieser ihn von der Tötung der Geschädigten … abhalten bzw. ihn dabei erheblich stören könnte, aber auch, da er auf diesen, als neuen Partner der Geschädigten … eifersüchtig war und sich an ihm rächen wollte.
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Am 27.06.2020 um 18:28 Uhr und 36 Sekunden trat der Angeklagte, bis zu diesem Zeitpunkt verborgen von der Hausecke, auf die Terrasse des Anwesens. Wie er nicht wusste, wurde das Geschehen von der installierten Wildkamera erfasst und aufgezeichnet. Er hielt hierbei ein Messer mit einer Klingenlänge von 13,7 cm in der rechten Hand. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich … und … auf der Terrasse und grillten bzw. aßen ihr Gegrilltes. … saß mit dem Rücken zur Hauswand, … stand rechts neben … in unmittelbarer Nähe zur Terrassentüre.
57
Der Angeklagte trat auf die Terrasse mit dem Vorsatz, sowohl … als auch … die, wie er wusste, von seinem plötzlichen Erscheinen überrascht waren, zu töten. Ihm war daran gelegen, genau diesen Moment der Überraschung auszunutzen, auch da er wusste, dass es ihm die Situation, nämlich dass keiner der beiden sich eines Angriffs versah und sich deshalb nicht wehren konnte, leichter machte, zunächst den körperlich fitten … auszuschalten, um anschließend … töten zu können.
58
…, der entspannt nach hinten gelehnt im Stuhl saß und bei dem keine Bewegung in seiner Person erkennbar war, nahm das Erscheinen des Angeklagten trotz des Messers nicht als Angriff auf sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit ernst. Auch … blieb auf der Terrasse. Sie gingen zu diesem Zeitpunkt nicht von einem Angriff auf ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit aus.
59
Jedoch kurz nach dem Erscheinen des Angeklagten, noch in der gleichen Sekunde, um 18:28 Uhr und 36 Sekunden, erfolgte - für die beiden Geschädigten vollkommen überraschend - bereits seitens des Angeklagten die erste Attacke mit der rechten, messerführenden Hand gegen den Geschädigten … Beide Geschädigten streckten daraufhin ihre Arme bzw. bloßen Hände in Richtung des Angeklagten aus. Daraufhin wechselte der Angeklagte das Messer von der rechten in die linke Hand und stach unmittelbar darauf in Tötungsabsicht, nur 3 Sekunden nach seinem Erscheinen, wuchtig in den oberen linken Bereich des Rumpfes des Geschädigten …. Dieser rechnete nicht mit einem Stich und konnte sich daher auch nicht gegen den Angeklagten zur Wehr setzen. Als gelernter Metzger wusste der Angeklagte, wo er hinstechen musste. In diesem Moment erst floh die Geschädigte …, nachdem sie sich zuvor kurz ihrem Lebensgefährten hatte zuwenden wollen, durch die offene Terrassentür ins Haus, ins dortige Wohnzimmer.
60
Der Geschädigte … rutschte aufgrund des Stiches im Stuhl nach vorne unten, während der Angeklagte zu einem weiteren Stich ausholte und sich dabei mit der rechten Hand an der Stuhllehne abstützte. Der Angeklagte stach dem Geschädigten …, der nach wie vor beide Arme in Richtung des Angeklagten gestreckt hatte, nur 1 Sekunde nach dem vorhergehenden Stich wieder in Tötungsabsicht wuchtig in den oberen linken Bereich des Rumpfes. Daraufhin rutschte der Geschädigte … weiter im Stuhl nach vorne unten, hielt aber immer noch beide Arme nach vorne in Richtung des Angeklagten gestreckt.
61
Der Angeklagte, der das Entkommen der Geschädigten … unbedingt verhindern wollte, ließ unmittelbar danach von … ab und drückte kraftvoll die Stuhllehne des … nach links zur Seite weg, um der Geschädigten … nachzusetzen. Der Angeklagte drängte am Geschädigten … vorbei, der vom Stuhl auf den Boden rutschte und immer noch seinen Arm in Richtung der messerführenden Hand des Angeklagten streckte, um diesen fest- bzw. aufzuhalten. Der Angeklagte ging in diesem Moment aufgrund der von ihm wuchtig in den Rumpf gesetzten beiden Stiche davon aus, dass … - tödlich getroffen - ihm nicht mehr in die Quere kommen würde, bei seinem Plan, (auch) die Geschädigte … zu töten.
62
Der Angeklagte lief der Geschädigten hinterher durch die Terrassentür ins Wohnzimmer.
63
Der Geschädigte … wurde durch die Stiche zwar schwer verletzt, war jedoch noch handlungsfähig, floh nicht etwa, sondern kämpfte sich vom Boden in die Hocke nach oben, griff nach einem Holzstiel in einer roten Kiste, die sich hinter ihm befand, und setzte dem Angeklagten nach. Ab 18:28 Uhr und 49 Sekunden war niemand mehr auf der Terrasse zu sehen.
64
Der Angeklagte holte die flüchtende Geschädigte … nur wenige Sekunden nach dem ersten Stich auf ihren Beschütze … bereits im an das Wohnzimmer angrenzenden Flur des Anwesens ein. Er versetzte ihr mehrmals massive Schläge, insbesondere auf den Kopf, die rechte Schläfenregion und die rechte obere Extremität und stach auf die, ihm weiterhin wehrlos gegenüberstehende, Geschädigte … mehrfach in Tötungsabsicht ein. Ein wuchtiger Stich traf sie ca. 13 Zentimeter tief in die linke Brust. Ein weiterer massiver Stich drang ca. 12 Zentimeter tief in die rechte Brust ein, einen anderen Stich versetzte ihr der Angeklagte ganz bewusst in die linke Seite des Schamhügels.
65
Durch diese Stiche verletzt ging die Geschädigte … rasch zu Boden, wo sie in Bauchlage zum liegen kam. Eine Gegenwehr war der Geschädigten … zu keinem Zeitpunkt aufgrund des für sie überraschenden Angriffs durch den Angeklagten, zunächst auf … und nur wenige Sekunden später auf sie, möglich.
66
Als die Geschädigte … zu Boden ging, erreichte der Geschädigte … für den Angeklagten überraschend mit dem Holzstiel den Flur … schlug dem sich ihm zuwendenden Angeklagten sodann mit dem Holzstiel mit mittlerer Wucht auf den Kopf. Aufgrund seiner Verletzungen war … zu massiveren Schlägen nicht mehr in der Lage. Der Angeklagte erlitt durch den Schlag mit dem Holzstiel mittig auf den Kopf ab der Stirn im behaarten Bereich eine Platzwunde. Trotz dieser Verletzung gelang es dem Angeklagten, dem Geschädigten … weiterhin in Tötungsabsicht im Rahmen eines dynamischen Kampfgeschehens zwei weitere Stiche in den Rumpf zu versetzen, um ein weiteres Dazwischengehen des Geschädigten …, bei seinem Vorhaben, die Geschädigte … zu töten, zu verhindern. Einer dieser Stiche führte zu einem Durchsetzen der großen Körperschlagader, was binnen Sekunden zur Handlungsunfähigkeit des Geschädigten … führte. Hierdurch ging der Geschädigte … in Seitenlage zu Boden.
67
Als beide Geschädigte schließlich handlungsunfähig und auch aus Sicht des Angeklagten tödlich getroffen am Boden lagen, drehte er den Geschädigten … in Rückenlage, zog ihm die kurzen Hosen bis zu den Knien hinunter und zog auch der Geschädigte… das T-Shirt und den BH über den Kopf aus. Anschließend platzierte der Angeklagte die Geschädigte … mit ihrem Mund auf dem entblößten Genital des …. Dies geschah, um die beiden Menschen auch noch nach ihrem Tod zu entwürdigen, sie zu demütigen, sie zu entehren, deren Entwertung zu dokumentieren. Es war dem Angeklagten eine Genugtuung, seine Macht über diese beiden Menschen, insbesondere über die Geschädigte …, die sich ihm zu Lebzeiten entzogen hatte, zu demonstrieren und auszuüben.
68
Die Geschädigte … erlitt durch das Vorgehen des Angeklagten folgende Verletzungen:
69
Einen Stich in ihre linke Brust. Der Eintritt erfolgte in die linke Brusthöhle durch den zweiten Zwischenrippenraum bzw. unter Durchsetzen der zweiten Rippe. Es kam zu einem Durchstich durch den linken Lungenoberlappen, einer Durchsetzung des Herzbeutels, der rechten Herzkammer sowie des Lungenschlagaderhauptstammes, bzw. der rechten Lungenschlagader. Der Stichkanal war ca. 13 Zentimeter lang.
70
Ein weiterer Einstich erfolgte in die rechte Brust, mit Eintritt in die rechte Brusthöhle durch den zweiten Zwischenrippenraum unter Ankerbung der zweiten sowie der dritten Rippe mit im rechten Lungenoberlappen endendem, mindestens 12 Zentimeter langem Stichkanal.
71
Ein weiterer, dritter Einstich erfolgte an der linken Seite des Schamhügels, der Stichkanal war ca. 5,5 Zentimeter lang und endete am angekerbten linken Schambeinast ohne Eintritt in die Bauchhöhle.
72
Sie erlitt zudem infolge der Schläge des Angeklagten mehrere Kopfschwarteneinblutungen am Hinterkopf und an der Stirn, Einblutungen im linken Schläfenmuskel, Unterblutungen am linken Auge, Einblutungen und Schleimhautdefekte an der Unterlippe sowie mehrere Unterblutungen und Hautabschürfungen bzw. kratzerartige Defekte an den Extremitäten unter Betonung des rechten Armes.
73
Die Geschädigte … verstarb infolge von drei Rumpfstichverletzungen mit Herzbeuteltamponade in Verbindung mit einem Atemversagen bei Hämatopneumothorax beidseits auf gewaltsame Weise.
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Der Geschädigte … erlitt einen Stich in die linke Brusthöhle durch den ersten Rippenzwischenraum bzw. unter Durchsetzen der zweiten Rippe. Es kam zum Durchstich durch den linken Lungenoberlappen, einem Durchsetzen des Mittelfellraumes, sowie der großen Körperhauptschlagader. Der Stichkanal war ca. 12,5 Zentimeter lang.
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Ein weiterer Stich ging in die linke Brusthöhle durch den zweiten Zwischenrippenraum unter Ankerbung der dritten Rippe mit in der Lunge endendem, mindestens 12,5 Zentimeter langem Stichkanal.
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Eine dritte Stich-/Schnittverletzung ging in die linke Brust, durchsetzte den inneren Abschnitt der vierten und fünften Rippe sowie das Brustbein. Es erfolgte eine Eröffnung des dahinterliegenden Herzbeutels. Dieser Stichkanal war ca. 11,5 Zentimeter lang und endete im Fettbewuchs der rechten Herzkammer.
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Ein vierter Stich traf den Geschädigten an der linken Rumpfseite, durchsetzte den Hinterbauchraum mit Durchstich durch die linke Niere. Dieser Stichkanal war ca. 13,5 Zentimeter lang und endete an einer Kerbe an der linken Seite des ersten Lendenwirbelkörpers.
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Der Geschädigte … verstarb durch Verbluten nach innen und außen infolge von vier Stich- bzw. Schnittverletzungen am Rumpf auf gewaltsame Weise.
IV. Nach der Tat:
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Der Angeklagte ging mehrfach im Wohnzimmer hin und her und verließ das Anwesen, nachdem er den Rollladen der Terrassentüre bis auf 72 Zentimeter heruntergelassen hatte, durch diese Öffnung mit seinem Rucksack in östlicher Richtung zu den drei Weihern, wo er bereits etwa gegen 18:40 Uhr eintraf.
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Am Weiher entledigte er sich seiner Stiefel, zog Badeschlappen an, wusch einen Teil des Blutes ab und fuhr mit dem Rad in Richtung Café …. Auf diesem Weg warf er in der … in … noch das Tatmesser, das sich jetzt in einer Messerscheide befand, weg, wo es am 09.07.2020 aufgefunden wurde.
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Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt nach 19:00 Uhr und vor 20:35 Uhr traf der Angeklagte mit einem Tuch auf dem Kopf, um die blutende Wunde zu verdecken und die Blutung zu stillen, im Café … ein. Er ging auf sein Zimmer, zog sich um, duschte und erschien gegen 20:35 Uhr im Gastraum.
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Angesprochen auf seine blutende Kopfverletzung, die er nicht ärztlich versorgen lassen wollte, sagte der Angeklagte, dass er beim Heimfahren vom … mit dem Rad gegen einen herunterhängenden Ast gefahren sei. Anders als sonst riss er keine Witze und war nicht lustig, sondern wirkte abwesend.
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Bis zum Zusperren der Gaststätte um 23:00 Uhr, als der Angeklagte auf sein Zimmer ging, trank er noch insgesamt vier weitere Biere.
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In der Nacht verließ der Angeklagte unbemerkt mit dem Rad das Anwesen Café … und fuhr in Richtung Tschechische Republik, wo er am 01.07.2020 festgenommen und von wo er am 24.07.2020 nach Deutschland ausgeliefert wurde.
C. Beweiswürdigung
I. Zu den Feststellungen gemäß A.
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1. Die Feststellungen zum persönlichen Werdegang des Angeklagten, seinen Ehen bzw. Partnerschaften und Kindern sowie zum Alkoholkonsum beruhen zunächst auf dem vom Angeklagten erstellten und bei ihm sichergestellten Lebenslauf vom 11.04.2014, der verlesen wurde. Darüber hinaus beruhen die Feststellungen auf den Bekundungen der Sachverständigen Dr. …, die die Angaben des Angeklagten hierzu ihr gegenüber im Rahmen der Exploration referierte. Diese wurden durch die Verteidigung als zutreffend bestätigt.
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Die Feststellungen zur Partnerschaft mit der Zeugin … beruhen auf deren glaubhaften Angaben. Die Zeugin gab insoweit an, von 1992 bis 1996 mit dem Angeklagten liiert gewesen zu sein. Am 17.04.1994 sei die gemeinsame Tochter … geboren worden. Der Angeklagte sei in der Partnerschaft grundsätzlich lustig, gesellig, beliebt, nett, hilfsbereit und freundlich gewesen. Unter Alkoholeinfluss sei dies allerdings anders gewesen. Er sei dann arrogant und unnahbar gewesen. Er habe sich groß gefühlt. Sie habe deshalb die Beziehung beendet. Insbesondere anderen Leuten gegenüber sei er unter Alkoholeinfluss aggressiv geworden. Er sei auch handgreiflich geworden. Darüber hinaus habe der Angeklagte viel erzählt und viel gelogen. Insbesondere habe er verschwiegen, dass er über keine Fahrerlaubnis verfüge. Zudem habe er ihr gegenüber auch angegeben, bei verschiedenen Bundesligavereinen Fußball gespielt zu haben. Der Angeklagte habe versucht, zur gemeinsamen Tochter Kontakt durch Briefe zu halten. Dies auch aus der Haft heraus.
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Die Feststellungen zur Partnerschaft zur Zeugin … beruhen auf deren glaubhaften Bekundungen. Die Zeugin gab insoweit an, den Angeklagten etwa 2002/2003 kennengelernt zu haben. Er habe sich ihr gegenüber als … vorgestellt. Grundsätzlich sei er freundlich, hilfsbereit und lustig gewesen. Es habe jedoch auch Spannungen gegeben, insbesondere zwischen dem Angeklagten und ihrer im Jahre 1989 geborenen Tochter …. Wenn der Angeklagte Alkohol getrunken habe, dann sei er zunächst lustig gewesen, insbesondere wenn sie allein gewesen seien. Wenn ihm aber jemand widersprochen habe oder es Ärger gegeben habe, dann sei er reizbar, jähzornig und brutal gewesen. Er sei insbesondere ausgerastet, wenn es Widerworte gegeben habe oder ihm etwas nicht gepasst habe. Er habe ihre Kinder, insbesondere …, geschubst, geschüttelt und gepackt. Es sei zu Handgreiflichkeiten gekommen. Ihre Tochter … habe einmal ein blaues Auge vom Angeklagten davongetragen. Auch die Tochter … habe blaue Flecken durch Tätlichkeiten des Angeklagten erlitten. Sie selbst sei vom Angeklagten unter anderem gegen den Rücken und die Nieren geschlagen worden. Sie habe Prellungen am Rücken erlitten und sei deswegen auch einmal im Krankenhaus gewesen. Darüber hinaus habe der Angeklagte auch gedroht, wenn sie versuche, ihn rauszuwerfen oder sich von ihm zu trennen, dann schicke er sie und ihre Kinder über den Jordan. Sie habe die Beziehung zunächst aus Angst weiter geführt. Die Beziehung habe dann geendet, als der Angeklagte beruflich nach Mexiko gegangen sei.
88
2. Die Feststellungen zum strafrechtlichen Vorleben des Angeklagten beruhen auf der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 29.06.2021, die verlesen wurde. Die Sachverhalte der angeführten Vorverurteilungen wurden ebenfalls im Rahmen der Hauptverhandlung jeweils verlesen. Ferner wurden in der Hauptverhandlung die Haftdaten, wie unter A.V. wiedergegeben, festgestellt.
II. Zu den Feststellungen gemäß B.:
89
Die Feststellungen zum Sachverhalt gemäß B beruhen auf den Erkenntnissen, die aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen wurden.
90
1. Der Angeklagte hat sich zur Sache nicht eingelassen.
2. Feststellungen zu B. I. (Vor der Tat):
91
Die Feststellungen zum Sachverhalt gemäß B. I. (Vor der Tat) beruhen auf folgenden Beweismitteln:
92
a) Die Erkenntnisse zum Kennenlernen der Geschädigten … und des Angeklagten und zum Beginn ihrer Beziehung beruhen auf den Angaben der Zeugin … und des Zeugen ….
93
Die Zeugin … bekundete glaubhaft, als gebürtige … habe sie die Geschädigte … gut gekannt. Sie hätten sich früher oft gegenseitig besucht. Die Geschädigte sei auch einmal bei ihr gewesen, als sie mit dem Angeklagten liiert gewesen sei und dieser von der Arbeit nach Hause gekommen sei. Er habe sich der Geschädigten damals als … vorgestellt. Die Geschädigte habe danach ihr gegenüber geäußert, der Angeklagte passe nicht zu ihr. Auch der Angeklagte habe ihr gegenüber abfällig geäußert, was das für eine Frau gewesen wäre. Sie habe den Eindruck gehabt, dass sich die beiden unsympathisch gewesen seien. Möglicherweise habe die Geschädigte den Angeklagten später nicht mehr wieder erkannt.
94
Der Zeuge …, der Bruder der Geschädigten …, gab an, am 01.11.2018, am Allerheiligentag, habe er sich nach dem Gräbergang mit der Geschädigten bei seiner Mutter getroffen. Man habe Kaffee getrunken. Der Angeklagte habe die Geschädigte dabei begleitet. Dabei habe er ihn zum ersten Mal gesehen.
95
b) Die Feststellungen zu den Ereignissen anlässlich der Geburtstagsfeier des Sohnes der Geschädigten ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Zeugen …. Dieser bekundete, er habe am 26.01.2019 seinen 30. Geburtstag gefeiert. Dabei sei die ganze Verwandtschaft eingeladen gewesen. Auch seine Mutter, die Geschädigte, sei mit ihrem damaligen Freund erschienen. Zudem sei sein Vater mit seiner neuen Partnerin anwesend gewesen. Zunächst sei es ein gelungener Geburtstag gewesen. Später jedoch, am 27.01.2019 gegen 02:30 Uhr, seien Gläser zu Bruch gegangen. Er habe gesehen, wie ein Freund von ihm den Angeklagten von hinten von seinem Vater weggezogen habe. Der Freund sei dabei gestürzt und habe sich den Ellenbogen aufgeschnitten, da er in Glasscherben gefallen sei. Er habe behandelt werden müssen. Auch er habe den Angeklagten von hinten gepackt und ebenfalls weggezogen. Dabei seien sie beide, der Zeuge und der Angeklagte, zu Boden gegangen. Ihm sei gesagt worden, dass der Angeklagte auf seinen Vater los gegangen sei. Dies habe er jedoch selbst nicht mitbekommen. Auf seine Aufforderung hin habe der Angeklagte schließlich die Feier verlassen.
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Der Zeuge …, der ebenfalls auf der Geburtstagsfeier anwesend war, gab insoweit glaubhaft an, er habe sich an dem Abend, noch vor der Auseinandersetzung des Angeklagten mit …, mit dem Angeklagten an der Theke unterhalten. Dabei habe der Angeklagte geäußert, dass er sich den Exmann der … heute noch schnappen werde. Die eigentliche Auseinandersetzung habe er dann selbst nicht mitbekommen, da er nicht mehr anwesend gewesen sei.
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c) Die Erkenntnisse zum Geschehen am 27.01.2019 zwischen der Geschädigten und dem Angeklagten beruhen auf den Angaben der Zeugen … und ….
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Der Zeuge … gab an, er habe am 27.01.2019 Geburtstag gefeiert. Ihm sei telefonisch von seiner Schwester gratuliert worden. Diese habe angegeben, dass sie nicht zu seiner Feier kommen könne, da sie nicht unter Leute gehen könne. Sie habe blaue Flecken im Gesicht. Diese könne man nicht weg schminken.
99
Der Zeuge … bekundete insoweit glaubhaft, er habe nach dem Vorfall an seinem 30. Geburtstag Verletzungen im Gesicht seiner Mutter an der Wange links und rechts gesehen. Diese habe dazu jedoch nichts gesagt. Seine Mutter habe den Angeklagten damals gleich rausgeschmissen. Sie habe ihn aber aus Mitleid, da er sonst wohnungslos gewesen wäre, noch bei sich im ersten Obergeschoss wohnen lassen.
100
Der Zeuge … bekundete in diesem Zusammenhang, die Geschädigte … sei bei der Tauffeier seiner Tochter im Mai 2019 wieder in Begleitung des Angeklagten erschienen, obwohl dieser aufgrund des Vorfalls bei der Geburtstagsfeier gar nicht eingeladen gewesen sei.
101
d) Die Feststellungen zum Beziehungsende und zum Geschehen am 08.07.2019 beruhen auf den Angaben des Zeugen …. Dieser führte glaubhaft aus, er habe am 08.07.2019 eine Nachricht von seiner Mutter erhalten, die ihn gebeten habe zu kommen. Als er am Anwesen in … angekommen sei, sei ihm seitens seiner Mutter mitgeteilt worden, dass sie die Beziehung beendet habe. Der Angeklagte sei handgreiflich geworden. Er, der Zeuge, habe Kratzer im Dekolletébereich bei seiner Mutter erkennen können. Darüber hinaus sei der Handlauf zum ersten Stock, den der Angeklagte angebracht gehabt hatte, herausgerissen gewesen. Der Angeklagte sei angetrunken gewesen. Er sei aufgefordert worden, seine Sachen zu packen, den Schlüssel abzugeben und zu verschwinden. Da der Angeklagte ziemlich alkoholisiert gewesen sei, habe es zwei Stunden gedauert, bis er fertig gepackt gehabt habe. Er habe dann den Schlüssel abgegeben und das Haus verlassen.
102
Auch der Vorfall vom 15.07.2019 ergibt sich aus den Bekundungen des …. Dieser teilte im Rahmen der Zeugeneinvernahme glaubhaft mit, seine Mutter, die Geschädigte, habe ihn am 15.07.2019 angerufen und mitgeteilt, der Angeklagte sei wieder zu ihrem Anwesen gekommen, um Werkzeug abzuholen. Sie habe ihn, den Zeugen, gebeten, zu kommen. Nachdem er dort angekommen sei, habe er bemerkt, dass der Angeklagte alkoholisiert und aggressiv gewesen sei. Er habe die Mutter beschimpft, unter anderem als Schlampe und blöde Sau. Ihm selbst gegenüber sei der Angeklagte handgreiflich geworden. Er sei zunächst aggressiv auf ihn zugegangen. Als er ihn weggedrückt habe, sei der Angeklagte ausgerutscht und ins Gras gefallen. Er sei dann aufgestanden und habe dem Zeugen die Brille herunter geschlagen. Daraufhin habe er den Angeklagten gepackt. Sie seien beide zu Boden gegangen. Seine Mutter habe daraufhin die Polizei verständigt. Der Angeklagte habe das Anwesen dann verlassen.
103
e) Die Überweisungsdurchschriften bezüglich der Heizölrechnung über 776,42 Euro und bezüglich einer Mietzahlung in Höhe von 300,00 Euro an die Geschädigte …, die den Ausführungen des Zeugen KOK … zufolge, jeweils beim Angeklagten sichergestellt werden konnten, wurden im Rahmen der Hauptverhandlung verlesen.
104
f) Die Feststellungen zu den Äußerungen des Angeklagten während seiner Strafhaft vom 22.07.2019 bis zum 20.05.2020 beruhen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen …. Dieser bekundete, er sei im Juli 2019 zwei bis drei Wochen lang mit dem Angeklagten auf einer Zelle gewesen. Dieser sei nicht gut auf seine Expartnerin zu sprechen gewesen. Man habe sich offenbar im Streit getrennt. Die Expartnerin wohne im Bereich … Dabei habe der Angeklagte geäußert, dass er die Expartnerin nach seiner Entlassung umbringen werde und, falls sie einen neuen Partner habe, der dann auch mit dran sei. Der Angeklagte habe zwei- bis dreimal geäußert, dass er seine Ex umbringen wolle. Er, der Zeuge, habe dies aber nicht für voll genommen.
105
g) Eine Kopie des Briefes der Geschädigten … an den Angeklagten vom 25.01.2020 sowie der Rückschein betreffend den an den Angeklagten zugestellten Brief vom 25.01.2020 wurden im Rahmen der Hauptverhandlung jeweils verlesen. Die beiden Unterlagen hatte die Geschädigte bei ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz beim Amtsgericht …, Az. … als Anlage jeweils beigefügt.
106
h) Die Feststellungen zur Beziehung der … und des … beruhen auf den Angaben der Zeugen … und …
107
Der Zeuge … bekundete insoweit, er habe den neuen Partner seiner Mutter bei verschiedenen persönlichen Treffen kennengelernt. Erstmals habe er diesen ca. Mitte April 2020 gesehen. Auch am Wochenende 13.06./14.06.2020 und am Wochenende 20.06./21.06.2020 sei er mit dem Geschädigten … zusammengetroffen. Er habe den Geschädigten … als sehr aufrichtig und sympathisch empfunden.
108
Die Zeugin … gab an, sie sei die Adoptivtochter des Geschädigten …. Die Geschädigte … habe sie viermal gesehen. Sie sei ihr sympathisch gewesen.
109
Der Zeuge … bekundete, er habe etwa Mitte April 2020 von der Beziehung seines Adoptivvaters … zur Geschädigten … erfahren. Die Beziehung habe seinem Adoptivvater gut getan. Die beiden hätten sich gut verstanden. Sie seien liebevoll miteinander umgegangen. Die Geschädigte … sei sehr nett gewesen. Im Regelfall hätten die beiden die Wochenenden bei der Geschädigten … zuhause verbracht.
110
… bestätigte zudem, dass der Geschädigte … für die Bäckerei …, in der die Geschädigte … als Verkäuferin gearbeitet habe, Waren ausgefahren habe.
111
i) Die Erkenntnisse zum Umfang des Kontaktes des Zeugen und Adhäsionsklägers … zu seiner Mutter beruhen auf dessen glaubhaften Angaben: Er bekundete, dass er oft in … im Elternhaus gewesen sei. Manchmal sei er auch sonntags zum Mittagessen eingeladen gewesen. Zwar seien die Kontakte nach dem Vorfall an seinem 30. Geburtstag eher seltener gewesen, man habe sich jedoch an allen Familienfesten und -feiern, wie zum Beispiel Geburtstagen oder Weihnachten gesehen. Auch im Juni 2020 sei er an den beiden Wochenenden vor der Tat, am 13./14.06.2020 und am 20./21.06.2020 bei seiner Mutter in … gewesen. Es habe sich dabei um spontane Treffen gehandelt.
112
Die Erkenntnisse zur Kontakthaltung der Zeugin und Adhäsionsklägerin … zu ihrem Vater … beruhen auf den dahingehenden Angaben der Zeugin im Rahmen der Hauptverhandlung. Diese führte aus, dass sie bis zu einem Alter von etwa Mitte 20 regelmäßig Kontakt zum Geschädigten gehabt habe. Als ihr Vater sich schließlich von ihrer Mutter getrennt habe und erneut geheiratet habe, habe sie weniger Kontakt zu ihm gehabt. Sie hätten sich in den letzten Jahren nicht persönlich getroffen. Zunächst hätten sie etwa einmal pro Monat telefoniert oder Nachrichten geschrieben. Als im Januar 2020 die zweite Ehefrau des … verstorben sei, sei es dann wieder vermehrt zu Kontakten gekommen. Sie hätten wöchentlich telefoniert oder Nachrichten geschrieben. Sie, die Zeugin, habe die Hoffnung gehegt, dass wieder ein enger Kontakt wie früher zustande kommen könnte. Von seiner Beziehung zu … habe sie nichts gewusst.
113
j) Die Feststellungen zur Unterkunft des Angeklagten nach seiner Haftentlassung am 20.05.2020 und zu seinem üblichen Tagesablauf beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben der Zeugen … und ….
114
Der Zeuge … bekundete, er kenne den Angeklagten bereits seit Juni 2018. Damals habe er das Café … übernommen. Der Angeklagte sei dort Stammgast gewesen. Der Angeklagte sei dann längere Zeit weg gewesen, angeblich in Mexiko. Im Mai 2020 sei er wieder in Schwandorf aufgetaucht. Er habe Kontakt zum Zeugen aufgenommen und mitgeteilt, dass er inhaftiert gewesen sei. Dabei habe er gefragt, ob er das Café … als Meldeadresse angeben könne. Der Angeklagte habe dem Zeugen gegenüber geäußert, dass er derzeit am …, d.h. am …, nächtige. Der Zeuge habe ihm daraufhin ein Zimmer im Café … angeboten. Er sei auch unter der Adresse gemeldet gewesen. Der Mietvertrag sei für die Zeit ab 01.06.2020 geschlossen worden. Miete sei letztlich bisher nicht gezahlt worden. In der Zeit, in der der Angeklagte in dem Zimmer gewohnt habe, sei er aus Sicht des Zeugen sehr unauffällig gewesen. Er habe sich meistens im Zimmer befunden. Gelegentlich sei er auch im Café … gewesen. Dort habe er mehrere Bier getrunken.
115
Der Zeuge … gab an, er betreibe einen Imbiss seines Sohnes auf dem …-Parkplatz in …. Der Angeklagte sei nahezu täglich an diesem Stand gewesen und habe etwas getrunken und gegessen. Dies sei bereits vor seiner ersten Inhaftierung und auch danach der Fall gewesen. Der Angeklagte habe für gewöhnlich über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden zwei bis fünf Bier konsumiert. Er sei quasi zum Frühstücken zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr gekommen. Dann habe er meistens ein bis zwei Würste gegessen und dazu getrunken. Ihm, dem Zeugen, sei bekannt gewesen, dass der Angeklagte vor seiner Inhaftierung eine Freundin aus … gehabt habe. Nach der Haftentlassung sei er nicht mehr mit dieser zusammen gewesen. Der Angeklagte habe stets geschimpft, dass er so viel für sie gemacht habe und geholfen habe und dass sie ihn jetzt hängen lasse und verlassen habe. Der Angeklagte habe sich irgendwie betrogen gefühlt. Die Exfreundin, die Geschädigte …, habe in der Bäckerei … in der … gearbeitet. Der Angeklagte habe angegeben, dass er dort nicht hingehen dürfe, da er sonst Probleme mit der Polizei bekomme. Der Angeklagte habe sie beobachtet, wenn sie zur oder von der Bäckerei hin- bzw. weggefahren sei. Bei einer Gelegenheit sei die Geschädigte mit ihrem neuen Lebensgefährten am Imbissstand vorbeigefahren, als der Angeklagte da gewesen sei. Dabei habe er ihr nachgeschaut und geschimpft, dass das ihr neuer Ficker sei. Er habe die Geschädigte auch als Schlampe beschimpft. Immer wenn die Geschädigte zu ihrer Arbeitsstelle in der Bäckerei … in der … gekommen sei, habe der Angeklagte geschaut, wo die Geschädigte ihr Auto stehen habe und wie sie sich in die Bäckerei begab. Er habe über sie geschimpft und sie unter anderem als Schlampe bezeichnet. Er, der Zeuge, habe den Angeklagten immer wieder aufgefordert, doch die Frau in Ruhe zu lassen. Er habe ihm gesagt, er solle sich Arbeit suchen und ein neues Leben anfangen.
116
k) Die Feststellungen zu den versuchten Kontaktaufnahmen des Angeklagten im Hinblick auf die Geschädigte … und zu den von ihm an diese versandten Nachrichten sowie zum polizeilichen Kontaktverbot beruhen auf den Angaben der Zeugen PKin …, PHM … und PM ….
117
Die Zeugin … bekundete glaubhaft, die Geschädigte … habe am 05.06.2020 Anzeige gegen den Angeklagten erstattet, da sie sich von diesem bedroht gefühlt habe, insbesondere durch WhatsApp-Nachrichten. Sie, die Zeugin, habe daraufhin den Chat geöffnet und den Chatverlauf gesichert. Die zugehörigen Lichtbilder zum Chatverlauf wurden im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Der Chatverlauf vom 04.06./05.06.2020 wurde verlesen. Die Zeugin … bekundete ferner, die Geschädigte als Zeugin einvernommen zu haben. Dabei habe diese angegeben, dass sie mit dem Angeklagten in einer Partnerschaft gewesen sei. Die Partnerschaft sei beendet worden, bevor dieser in Haft gegangen sei. Etwa am 20.05.2020 sei er aus der Haft entlassen worden. Danach sei es losgegangen. Aus ihrem Garten seien mehrere Sachen gestohlen worden. Der erste Kontakt mit ihrem Expartner, dem Angeklagten, sei am 28.05.2020 gewesen. Da habe er ihr mehrere Nachrichten geschrieben, dass er mit ihr reden wolle. Am 04./05.06.2020 habe er dann mehrere Nachrichten geschickt. Sie habe sich nicht alle Nachrichten öffnen trauen. Das Autokennzeichen … gehöre zum Fahrzeug ihres neuen Partners …. Dieser sei von Samstag, 30.05.2020 bis Montag, 01.06.2020 bei ihr gewesen. Das Auto sei in der Einfahrt gestanden.
118
Die Zeugin … bekundete darüber hinaus, dass sie eine Gefährderansprache des Angeklagten durch PM … veranlasst habe. Dem Angeklagten gegenüber sei ein Kontakt- und Aufenthaltsverbot bis 03.07.2020 ausgesprochen worden.
119
PM … bekundete insoweit, dass er am 05.06.2020 eine Gefährderansprache beim Angeklagten durchführen sollte. Er sei mit einem Kollegen zum Café … gefahren. Dort habe er den Angeklagten angetroffen. Dieser habe zunächst angegeben, die Geschädigte … nicht zu kennen und habe nur gelacht. Er habe sich sehr unkooperativ gezeigt. Im Laufe des Gespräches habe sich ergeben, dass er die Frau doch kenne und er habe sein Unverständnis über das Kontaktverbot geäußert.
120
Der Zeuge PHM … bekundete, Sachbearbeiter der Anzeige der Geschädigten … vom 05.06.2020 gewesen zu sein. Er habe den Angeklagten am 23.06.2020 als Beschuldigten vernommen. Dabei habe dieser angegeben, dass er die Nachrichten geschrieben habe, als er emotional aufgewühlt gewesen sei. Er sei wütend gewesen und habe die Nachrichten versendet. Der Zeuge … bekundete zudem, dass die Geschädigte … bereits am 02.06.2020 Anzeige gegen unbekannt erstattet habe, da Sitzpolster aus ihrem Garten entwendet worden seien. Hierbei habe sie ebenfalls den Angeklagten im Verdacht gehabt. Ein Tatnachweis habe insoweit nicht geführt werden können.
121
Die am 04./05.06.2020 vom Angeklagten an die Geschädigte … versandten Nachrichten, die im Rahmen der Hauptverhandlung verlesen wurden, zeigen, dass sich dieser bereits zuvor am Anwesen der Geschädigten … aufgehalten hatte. Insbesondere nahm er insoweit Bezug darauf, dass er vom 30. auf den 31. den neuen Partner gesehen habe, als er das Bett selber habe beziehen müssen. Tatsächlich nächtigte der Geschädigte …, wie von der Geschädigten …gegenüber PKin … angegeben, in diesem Zeitraum bei ihr. Auch die Kenntnis der Autonummer des Geschädigten … spricht dafür, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt von einer Position in unmittelbarer Nähe des Grundstücks der Geschädigten … diese und ihren neuen Partner beobachtete. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer auch keine Zweifel daran, dass der Angeklagte bereits vor dem 05.06.2020 Sitzauflagen der Geschädigten … auf deren Grundstück von deren ursprünglichen Platz entfernte, diese beobachtete und Gegenstände beschädigte.
122
Dies gilt umso mehr, als die Geschädigte … bei ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz vor dem …, Az. …, in ihrem handschriftlichen Schreiben vom 15.06.2020, das im Rahmen der Hauptverhandlung verlesen wurde, vorbrachte, der Angeklagte … stelle ihr seit seiner Entlassung aus der Haft verbal, körperlich und mit unsittlichen SMS nach. Sie habe Angst, dass er ihr körperliche Schäden hinzufüge. Desweiteren habe er ihr Grundstück unerlaubt betreten, ihre Sitzauflagen entwendet und sie durch das Fenster beobachtet. Auch habe er ihr Windrad und einige Blumenstöcke mutwillig beschädigt.
123
l) Die Zeugen KOK … und KHK …, der den Tatortbefundbericht erstellte und diesen im Rahmen der Hauptverhandlung erläuterte, bestätigten, dass um das Grundstück der Geschädigten … ein Stolperdraht zwischen den Zaunsäulen gespannt gewesen sei. Darüberhinaus seien im Anwesen mehrere bereitliegende Holzstöcke und diverse Abwehrsprays herumgelegen bzw. festgestellt worden.
124
Der Zeuge … führte zudem aus, dass im Gartenbereich des Anwesens eine Wildkamera installiert gewesen sei, die sichergestellt worden sei. Insoweit bestätigte der Zeuge KOK …, die Kamera ausgewertet zu haben. Wie die Kammer anhand der Inaugenscheinnahme der Kameraaufzeichnungen im Rahmen der Hauptverhandlung feststellen konnte, diente die Kamera zur Überwachung der Terrasse des Anwesens.
125
m) Die Tatsache, dass die Geschädigte … eine professionelle Videoüberwachungsanlage installieren lassen wollte, ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der Zeugin …. Diese bekundete, die Geschädigte … sei am 27.06.2020 vormittags zu ihr ins Geschäft gekommen und habe um ein Angebot für die Installation einer Videoüberwachungsanlage gebeten. Es sei vereinbart worden, dass die Zeugin am Nachmittag zur Geschädigten komme und sich die Verhältnisse vor Ort anschaue, um ein Angebot unterbreiten zu können. Zwischen 17.00 Uhr und 17.30 Uhr sei sie zum Anwesen der Geschädigten gefahren. Zu diesem Zeitpunkt sei auch ein Herr anwesend gewesen. Sie habe sich die Örtlichkeiten angesehen. Es sei auch über den Preis einer entsprechenden Anlage gesprochen worden. Schließlich sei man übereingekommen, dass die Zeugin … ein Angebot ausarbeite und sich sodann am Folgetag telefonisch bei der Geschädigten … melde. Die Zeugin sei gegen 17.45 Uhr oder 18.00 Uhr wieder vom Anwesen weggefahren.
3. Feststellungen zu B II. (Der Tattag):
126
a) Die Feststellungen zum Aufenthalt und Alkoholgenuss des Angeklagten am Vormittag des 27.06.2020 beruhen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen …. Dieser bekundete, der Angeklagte sei am 27.06.2020, wie regelmäßig, zwischen 08.30 Uhr und 09.00 Uhr zu seinem Imbissstand auf dem …-Parkplatz in …, gekommen. In der Filiale der Bäckerei …, die sich in den Räumen der … befinde, habe die Geschädigte … gearbeitet. Der Angeklagte sei mit seinem Fahrrad erschienen, es handele sich dabei um ein älteres Damenrad, bei dem am hinteren Reifen ein Netz aus Schnüren angebracht gewesen sei. Der Angeklagte sei bis etwa Mittag am Imbissstand geblieben und habe in dieser Zeit drei bis fünf Bier getrunken. Er sei an diesem Tag seltsam nachdenklich und in sich gekehrt gewesen. Als er ging, habe er zum Sohn des Zeugen …, der im Jahre 2019 vom Angeklagten ein Motorrad erworben habe, geäußert, dieser solle gut auf sein Moped aufpassen. Er, der Zeuge, habe diese Aussage als komisch empfunden, als habe sich der Angeklagte verabschieden wollen. Der Angeklagte sei dann mit seinem Fahrrad völlig unauffällig weggefahren.
127
b) Die Erkenntnisse dazu, dass sich der Angeklagte bereits am Mittag des 27.06.2020 in unmittelbarer Nähe des Anwesens der Geschädigten … befand, um das Haus herumschlich, einen Blumentopf und Wasserkocher von der Terrasse ins anliegende Gras warf und das Anwesen von einem Komposthaufen aus beobachtete, beruhen auf den Angaben der Zeugen … und ….
128
Der Zeuge … schilderte glaubhaft, dass er in der Mittagszeit des 27.06.2020 beim Angeln bei den Fischweihern in unmittelbarer Nähe des Anwesens der Geschädigten … gewesen sei. Dort sei ihm ein Fahrradfahrer aufgefallen. Dieser sei an den Weihern vorbei in Richtung des Anwesens der Geschädigten gefahren. Da er sich gewundert habe und dem Fahrradfahrer hinterhergegangen sei, habe er noch in Nähe der Weiher das Fahrrad abgestellt stehen sehen. Die Person sei nicht mehr zu sehen gewesen. Aus seiner Sicht müsse die Person in Richtung … d.h., in Richtung des Anwesens der Geschädigten, gegangen sein. Bei dem Fahrrad habe es sich um ein älteres silbernes Damenrad gehandelt. Bei diesem sei am hinteren Rad ein Speichennetz angebracht gewesen. Kurze Zeit später sei ihm aufgefallen, dass das Fahrrad nicht mehr abgestellt gewesen sei. Er habe dann die gleiche Person wieder wegfahren sehen. Anders als bei seiner Ankunft habe die Person danach eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen. Zwischen der Ankunft und der Abfahrt des Radfahrers sei ca. eine Zeitspanne von 45 Minuten vergangen.
129
Der Zeuge POM … bekundete glaubhaft, er sei am 27.06.2020 gegen 13.30 Uhr als Streife am Anwesen der Geschädigten … in Schwandorf eingesetzt gewesen. Grund für den Einsatz sei gewesen, dass die Geschädigte mitgeteilt habe, der Angeklagte schleiche um das Haus. Er habe nach der Ankunft im Garten nach dem Angeklagten gesucht, diesen aber nicht angetroffen. Bei einer Absuche des Geländes hinter dem Anwesen habe ein Blumentopf und ein Wasserkocher aufgefunden werden können. Diese Gegenstände seien später durch die Geschädigte als ihre identifiziert worden. Die Geschädigte habe angegeben, der Angeklagte habe die Gegenstände von der Terrasse aus ins hohe Gras geworfen. Darüberhinaus habe die Geschädigte angegeben, während ihrer heutigen Mitteilung sei der Angeklagte auf einem Komposthaufen gestanden, der sich außerhalb des Anwesens im Brachland befinde. Von dort aus habe er das Anwesen beobachtet. Etwa 10 Minuten vor Eintreffen der Streife sei er verschwunden. Eine Absuche des erweiterten Nahbereichs des Hauses sei ergebnislos verlaufen. Vom Anwesen der Geschädigten … aus verlaufe ein Trampelpfad bis zu den angrenzenden Weihern.
130
c) Die Feststellungen zu dem Aufenthalt des Angeklagten im Café … am Nachmittag des 27.06.2020, zu seinem dortigen Alkoholgenuss und zu seiner Äußerung gegenüber dem Zeugen … ergeben sich aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen …. Dieser gab an, er kenne den Angeklagten bereits seit ca. zweieinhalb Jahren aus dem Café …. Er sei, wie auch der Angeklagte, dort Stammgast gewesen. Am 27.06.2020 habe er zwischen 13.30 Uhr und 14.30 Uhr den Angeklagten im Café … angetroffen. Dieser sei dort mit seinem Rucksack durchgeschwitzt angekommen. Er habe angegeben, dass er vom … komme. Er selbst sei bis 17.00 Uhr oder 17.15 Uhr geblieben. Man habe Fußball geschaut und sich unterhalten. Da der Angeklagte kein Geld gehabt habe, habe er diesem ein Bier ausgegeben. Im Laufe des Nachmittags habe er drei oder vier Bier für den Angeklagten bestellt und bezahlt. Zudem habe er diesem noch 20 EUR Bargeld geliehen. Die Stimmung des Angeklagten sei normal gewesen, nicht traurig. Wenn der Angeklagte kein Bier trinke, sei er eher ruhig. Wenn er Bier trinke, sei er eher stimmungsvoll, aufgeheitert und redselig, so wie am 27.06.2020. Etwa gegen 16.30 Uhr, jedenfalls während des insgesamt lustigen und unterhaltsamen Treffens sei das Thema auch auf „…“ gekommen. Er habe den Angeklagten gefragt, ob er dort eine Frau habe. Dies habe der Angeklagte bejaht. Er habe auch gesagt, dass er dort noch ein Motorrad stehen habe und das er auch noch Geld bekommen müsse. Der Zeuge habe den Angeklagten dann gefragt: „Was machst du, wenn deine Frau jetzt reinkommen würde?“. Der Angeklagte habe darauf wörtlich geantwortet: „Ich würde sie töten“. Der Angeklagte habe dies ganz normal, sachlich, gesagt. Ihm sei daraufhin unwohl geworden. Er habe den Satz jedoch nicht ernst genommen, habe nicht nachgefragt. Sie seien weiterhin zusammengesessen. Es sei weiterhin eine lustige Stimmung gewesen. Schließlich habe er gegen 17.00 Uhr oder 17.15 Uhr das Café … verlassen. Der Angeklagte sei noch geblieben.
131
d) Die Zeugin … die im Café … als Bedienung arbeitet, bestätigte in ihrer Zeugeneinvernahme glaubhaft, dass der Angeklagte gegen 18.00 Uhr mit seinem großen Rucksack und seinem Damenrad das Café … verlassen habe und angeblich zum Baden an den Kiesweiher habe fahren wollen. Der Zeitpunkt ergebe sich auch aus der wegen der Pandemiesituation erforderlichen und vorgenommenen Besuchserfassung.
132
e) Der Zeuge KOK … bestätigte, dass die Entfernung vom Café … bis zum Anwesen der Geschädigten … über die … in … 4,5 km betrage, was einer Fahrtzeit mit einem Fahrrad von weniger als 20 Minuten entspreche.
133
f) Die Zeugin …, die am Anwesen der Geschädigten … eine professionelle Videoüberwachungsanlage installieren sollte, gab zudem glaubhaft an, als sie am Nachmittag des 27.06.2020 gegen 17.00 Uhr oder 17.30 Uhr am Anwesen der Geschädigten … eingetroffen sei, sei auch noch ein Herr anwesend gewesen. Sie habe damals die örtlichen Gegebenheiten begutachten wollen, um ein Angebot für eine Überwachungsanlage abgeben zu können. Während die Geschädigte … am Vormittag desselben Tages noch einen ganz aufgeregten Eindruck auf die Zeugin … hinterlassen habe, sei die Geschädigte am Nachmittag ruhiger gewesen. Man habe vereinbart, dass die Überwachungsanlage am Montag installiert werden sollte, weil am Wochenende die Geschädigte … Besuch habe. Ihr Lebensgefährte sei da. Deshalb sei sie beruhigt. Auch der anwesende Herr sei entspannt gewesen. Die Geschädigte … habe sie noch gefragt, ob sie mit den beiden grillen wolle. Dies habe sie jedoch abgelehnt. Die beiden Geschädigten hätten bereits Vorbereitungen zum Grillen getroffen gehabt. Gegen 17.45 Uhr oder 18.00 Uhr sei sie wieder vom Anwesen … weggefahren.
4. Feststellungen zu B. III. (Die Tat):
134
Die Kammer ist aufgrund der folgenden Umstände und Beweismittel überzeugt, dass sich die Tat so, wie unter B, III. geschildert, ereignet hat.
135
a) Das Geschehen auf der Terrasse des Anwesens der Geschädigten … ergibt sich aus den Bildern bzw. dem Video der installierten Wildkamera, die das Geschehen erfasst und aufgezeichnet hat.
136
aa) Der Zeuge KHK … gab insoweit an, dass hinter dem Haus im Gartenbereich eine Wildkamera installiert gewesen sei, die das Geschehen auf der Terrasse erfasste. Diese sei sichergestellt und zur Auswertung übergeben worden.
137
bb) Der Zeuge KOK … bekundete glaubhaft, ihm sei die Wildkamera zur Auswertung übergeben worden. Er habe die Daten gesichert. Die Kamera funktioniere dergestalt, dass sie bei einer Bewegung die Aufnahme starte. Es würden zunächst zwei Einzelbilder gefertigt, danach eine 30 sekündige Videosequenz. Nach Abschluss der Videosequenz könne 5 Sekunden lang keine weitere Aufnahme erfolgen. Es sei eine Kamera aus dem unteren bzw. mittleren Preissegment. Je nach Witterung, Winkel der Bewegung und Lichtverhältnissen könne es daher sein, dass die Kamera trotz einer Bewegung nicht auslöse und bestimmte Vorgänge nicht aufgenommen würden. Die Kamera versehe die Aufzeichnungen bzw. Bilder an der Unterseite jeweils mit einem Zeitstempel.
138
cc) Der auf den Bildern bzw. Videos zu erkennende Zeitstempel entsprach zum Tatzeitpunkt der Echtzeit. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:
139
Der Zeuge POM … gab an, am 27.06.2020 gegen 13.30 Uhr als Streifenbesatzung zum Anwesen der Geschädigten … gerufen worden zu sein. Hintergrund sei die Mitteilung der Geschädigten gewesen, der Angeklagte schleiche um ihr Haus herum.
140
Der Zeuge KOK … bestätigte insoweit anhand der Daten im Einsatzleitsystem der Polizei, dass die Streifenbesatzung um 13.40 Uhr der Einsatzzentrale per Funk mitgeteilt habe, dass sie am Anwesen angekommen sei. Auf dem Lichtbild der Wildkamera mit dem Zeitstempel 27.06.2020, 13:40:27, das in Augenschein genommen wurde, ist für die Kammer ersichtlich der Polizeibeamte … im Bereich der Terrasse bzw. des Gartens des Anwesens zu erkennen. Der Zeuge … bestätigte ferner, dass auch am 29.06.2020 der Zeitpunkt des Eintreffens der Beamten am Tatort, der ebenfalls durch die Wildkamera dokumentiert sei, mit den Daten des Einsatzleitsystems der Polizei übereinstimme.
141
Der Zeitstempel der Kamera stimmt somit mit den Daten des Einsatzleitsystems der Polizei überein.
142
Des Weiteren korrespondiert der Zeitstempel der Wildkamera auch mit den Angaben des Zeugen … Dieser beobachtete zur Mittagszeit eine Person mit einem Fahrrad, die sich von den Weihern aus in Richtung …, dem Wohnort der Geschädigten, begab, und nach etwa 45 Minuten wieder zurückkehrte und sich entfernte. Hierbei ist zu beachten, dass nach den Angaben des Zeugen POM … die Geschädigte ihm gegenüber bei Eintreffen der Streife bekundete, der Angeklagte habe sich ca. 10 Minuten vor Eintreffen der Beamten wieder entfernt.
143
Der Zeitstempel korrespondiert auch mit den Angaben der Zeugin …, die bekundete, gegen 17:45 Uhr bis 18:00 Uhr wieder vom Anwesen der Geschädigten weggefahren zu sein. Diese und ihr Lebensgefährte wären zu diesem Zeitpunkt gerade im Begriff gewesen, zu grillen.
144
Letztlich korrespondiert die Zeitangabe auch mit den Angaben der Zeugin …. Diese bekundete glaubhaft, am 27.06.2020 gegen 18:40 Uhr an den Weihern in Büchelkühn spazieren gegangen zu sein. Dabei sei ihr ein Mann begegnet, der überall voll Blut gewesen sei. Er habe ein Messer in der Hand gehabt, das auch voll Blut gewesen sei. Er habe sie nur angeschaut und sei dann weiter gegangen. Sie sei zu diesem Zeitpunkt völlig überfordert gewesen. Bei der Zeitangabe „18:40 Uhr“ sei sie sich sicher. Sie habe, was sie nachgeprüft habe, um 18:32 Uhr ein Foto von einem Steinpilz gefertigt. Von der Stelle aus, wo sie das Foto gefertigt habe, brauche sie 8 Minuten, um zu der Stelle zu gelangen, wo sie dem Mann begegnet sei. Das wisse sie sehr genau, da sie seit 18 Jahren dreimal täglich dort mit ihrem Hund spazieren gehe.
145
Angesichts der oben genannten Umstände bestehen aus Sicht der Kammer keinerlei Zweifel daran, dass der Zeitstempel der Wildkamera auch zum Tatzeitpunkt der Echtzeit entsprach.
146
dd) Die Aufzeichnungen der Wildkamera wurden im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen.
147
Auf dem Lichtbild vom 27.06.2020 mit dem Zeitstempel 18:28:36 ist die Terrasse des Anwesens der Geschädigten zu erkennen. Der Geschädigte … sitzt entspannt nach hinten gelehnt im Stuhl mit dem Rücken Richtung Hauswand. Die Geschädigte … ist rechts neben … zu erkennen. Sie steht in unmittelbarer Nähe zur Terrassentüre. Weiterhin ist der Angeklagte zu erkennen. Er steht direkt an der Hausecke. Er trägt einen Rucksack auf seinem Rücken und hält ein Messer in seiner rechten Hand. Gleichwohl ist auf diesem Bild noch keinerlei Reaktion der beiden Geschädigten im Hinblick auf das Erscheinen des Angeklagten zu erkennen.
148
Wie auf den mit KHK … in Augenschein genommenen Luftbildern vom Anwesen und der Umgebung zu erkennen war, befindet sich der Trampelpfad von den Weihern zum Haus der Geschädigten an der nordöstlichen Seite des Hauses und ist von der Terrasse nicht einsehbar. Der Angeklagte, der an der Hausecke erscheint, war somit zur Überzeugung der Kammer für die auf der Terrasse Sitzenden bis zu seinem Erscheinen nicht zu sehen.
149
Auf dem weiteren Lichtbild, das ebenfalls den Zeitstempel 18:28:36 trägt, also noch in der gleichen Sekunde, ist der Geschädigte … weiterhin im Stuhl nach hinten gelehnt sitzend zu erkennen. Die Geschädigte steht weiterhin rechts neben dem Geschädigten … in unmittelbarer Nähe der Terrassentüre. Weiterhin ist zu erkennen, dass der Angeklagte mit der messerführenden rechten Hand den Geschädigten … im Bereich des Oberkörpers attackiert.
150
Auf dem danach folgenden Video der Wildkamera ist unter dem Zeitstempel 18:28:37 zu sehen, wie die Geschädigten … und … ihre bloßen Hände in Richtung des Angeklagten strecken. … sitzt weiterhin im Stuhl nach hinten gelehnt. … steht rechts neben …, beide mit Blickrichtung in Richtung des Angeklagten.
151
Unter dem Zeitstempel 18:28:38 ist zu erkennen, wie der Angeklagte das Messer von seiner rechten in die linke Hand wechselt. Der Geschädigte … sitzt immer noch im Stuhl, die Arme bzw. bloßen Hände in Richtung des Angeklagten gestreckt.
152
Bei der Aufnahme mit dem Zeitstempel 18:28:39 ist zu erkennen, dass der Angeklagte mit seiner linken Hand das Messer wuchtig in den linken oberen Brustbereich des Rumpfes des immer noch sitzenden Geschädigten … sticht. Darüber hinaus ist erkennbar, dass zu diesem Zeitpunkt die Geschädigte … durch die offene Terrassentür ins Haus, in das Wohnzimmer, flüchtet. Der Geschädigte … rutscht aufgrund des beigebrachten Stiches im Stuhl nach vorne unten.
153
Mit Zeitstempel 18:28:40 ist erkennbar, dass sich der Angeklagte mit seiner rechten Hand im Bereich der Stuhllehne abstützt. Er holt mit seiner linken Hand aus. Der Geschädigte … streckt zu diesem Zeitpunkt weiterhin seine bloßen Hände in Richtung des Angeklagten. Sodann, noch mit Zeitstempel 18:28:40, sticht der Angeklagte wiederum wuchtig mit seiner linken Hand in den oberen linken Bereich des Rumpfes des Geschädigten …
154
Unter dem Zeitstempel 18:28:41 sieht man, dass der Geschädigte … im Stuhl weiter nach vorne unten rutscht, immer noch mit ausgestreckten bloßen Händen in Richtung des Angeklagten.
155
Beim Zeitstempel der Aufnahme 18:28:42 ist zu erkennen, wie der Angeklagte mit seiner rechten Hand die Stuhllehne des … kraftvoll nach links zur Seite weg drückt, um den Geschädigten … aus dem Weg zu räumen. Der Stuhl fällt um. Der Geschädigte … rutscht auf den Boden, wobei er immer noch seine bloßen Hände in Richtung des Angeklagten streckt. Der Angeklagte drängt am Geschädigten vorbei und läuft schnell in Richtung Terrassentüre, der Geschädigten … hinterher.
156
Beim Zeitstempel 18:28:43 ist zu erkennen, wie der Angeklagte durch die Terrassentüre ins Haus verschwindet. Der Geschädigte … ist zu diesem Zeitpunkt im Begriff, aufzustehen. Es ist zu erkennen, wie er sich vom Boden in die Hocke nach oben kämpft, in eine rote Kiste greift, die hinter seinem Stuhl an der Hauswand stand, und aus dieser einen Holzstiel entnimmt. Sodann ist erkennbar, wie sich der Geschädigte … rasch zur Terrassentüre begibt und dem Angeklagten in das Haus nachfolgt. Mit Zeitstempel 18:28:48 betritt der Geschädigte … mit dem Holzstiel in seiner rechten Hand das Haus durch die Terrassentüre. Ab dem Zeitstempel 18:28:49 ist niemand mehr auf der Terrasse zu sehen.
157
Die vorgenannten beiden Lichtbilder und das nachfolgende Video der Wildkamera, die sämtlich im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden, weisen eine auffallend gute Aufnahmequalität auf. Es handelt sich jeweils um Farbaufnahmen. Die beiden Geschädigten und auch der Angeklagte sind auf den Aufnahmen deutlich zu erkennen. Insbesondere konnte sich die Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung ein Bild vom Angeklagten machen. Wenngleich er pandemiebedingt stets eine Mund-Nasen-Bedeckung und zusätzlich eine dunkle Brille trug, so hat die Kammer aufgrund der äußeren Erscheinung und auch im Hinblick auf die in Augenschein genommenen Lichtbilder, die den Angeklagten nach seiner Festnahme in Tschechien zeigen, keine Zweifel daran, dass es sich bei der auf den Aufzeichnungen zu erkennenden dritten Person, die die beiden Geschädigten angriff, um den Angeklagten handelt. Zudem passt das äußere Erscheinungsbild hinsichtlich Kleidung und Rucksack zu den Gegenständen, die anlässlich der Festnahme des Angeklagten in der Tschechischen Republik sichergestellt werden konnten. Die hierüber gefertigten Lichtbilder wurden im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen.
158
Insgesamt belegen die vorgenannten Aufnahmen eindrucksvoll, dass sich das Tatgeschehen auf der Terrasse des Anwesens so, wie unter B. III. geschildert, ereignet hat.
159
b) Das Tatgeschehen im Inneren des Hauses ergibt sich anhand der ausgewerteten Spuren, vor allem der Blutspuren, nach deren Art, Position und Verursacher. So führen die Ausführungen der Sachverständigen eindrucksvoll vor Augen, wie sich anhand der objektiv feststellbaren Spuren im Haus, vor allem im Flur, das Geschehen im Inneren abgespielt hat.
160
aa) Die im Haus und auch auf der Terrasse vorgefundene Spurenlage wurde durch den Zeugen KHK … ausführlich dargestellt. Mit diesem wurde der von ihm erstellte Tatortbefundbericht im Einzelnen erörtert. Die enthaltenen Lichtbilder wurden in Augenschein genommen. Die jeweils zur Untersuchung gelangten Spuren wurden mit dem Zeugen H. im Einzelnen erörtert. Er schilderte, welche Spuren er am Tatort aufgefunden hat, welche durch ihn gesichert wurden und welche Spuren sodann an das Institut für Rechtsmedizin zur Untersuchung weitergeleitet wurden.
161
Zusammen mit der Sachverständigen … wurde im Rahmen der Hauptverhandlung die Darstellung der 3-D-Vermessung des Tatortes in Augenschein genommen.
162
Anhand dessen und in Anbetracht der in Augenschein genommenen Lichtbilder konnte sich die Kammer ein eindrucksvolles Bild von der Spurenlage am Tatort machen.
163
bb) Die bei den beiden Geschädigten festgestellten Verletzungen und Todesursachen ergeben sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. …, das dieser im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstattete. Er kam insoweit zu folgenden Ergebnissen:
Hinsichtlich der Geschädigten …:
164
Anlässlich der rechtsmedizinischen Leichenöffnung seien folgende wesentliche Befunde festgestellt worden:
- Einstich an der linken Brust in einem Fersensohlenabstand von ca. 136,5 cm und mit dem Zentrum ca. 11 cm links der Mittellinie, Eintritt in die linke Brusthöhle durch den II. Zwischenrippenraum bzw. unter Durchsetzen der II. Rippe, Durchstich durch den linken Lungenoberlappen, Durchsetzen des Herzbeutels, der rechten Herzkammer sowie des Lungenschlagaderhauptstammes bzw. der rechten Lungenschlagader mit im rechten hinteren Mittelfellraum endendem, ca. 13 cm langem Stichkanal,
- Einstich an der rechten Brust mit dem Zentrum in einem Fersensohlenabstand von ca. 131,5 cm und etwa 1,5 cm rechts der Mittellinie, Eintritt in dem Mittelfellraum bzw. in die rechte Brusthöhle durch den II. Zwischenrippenraum unter Ankerbung der II. sowie ill. Rippe mit im rechten Lungenoberlappen endendem, mindestens 12 cm langem Stichkanal,
- Einstich an der linken Seite des Schamhügels mit dem Zentrum in einem Fersensohlenabstand von etwa 81 cm und Verlauf des ca. 5,5 cm langen, am angekerbten linken Schambeinast endenden Stichkanals nach hinten ohne Eintritt in die Bauchhöhle,
- mehrere Kopfschwarteneinblutungen am Hinterkopf und an der Stirn sowie Einblutung im linken Schläfenmuskel,
- Unterblutungen am linke Auge sowie Einblutungen und Schleimhautdefekt an der Unterlippe,
- mehrere Unterblutungen und Hautabschürfungen bzw. kratzerartige Defekte an den Extremitäten unter Betonung des rechten Armes.
165
Nach den Ergebnissen der rechtsmedizinischen Leichenöffnung sei Frau … infolge von drei Rumpfstichverletzungen mit Herzbeuteltamponade in Verbindung mit einem Atemversagen bei Hämatopneumothorax beidseits auf gewaltsame Weise verstorben. Die bei der Sektion festgestellten Folgen scharfer Gewalt ließen sich durch die mehrfache Einwirkung eines einseitig geschliffenen Tatwerkzeugs - wie eines Messers - erklären. Zudem hätten sich Zeichen mehrfacher stumpfer Gewalteinwirkung, insbesondere gegen den Schädel und die rechte obere Extremität, gefunden. Die Verletzungen am Schädel und an der rechten oberen Extremität infolge stumpfer Gewalteinwirkung seien aufgrund ihrer Lokalisation am ehesten durch Schläge zu erklären. Insbesondere die Tatsache, dass Befunde an der Kopfschwarte, am Auge und an der Unterlippe festgestellt werden konnten, spreche gegen die Verursachung dieser Verletzungen durch einen Sturz. Die Verletzungen an der Kopfschwarte seien von ihrer Heftigkeit und Intensität her nicht sturztypisch. Es spreche insoweit viel für eine Einwirkung durch Schläge. Bei einem Sturz hätten noch weitere Kopfregionen, z.B. die Ohrmuschel, betroffen sein müssen.
166
Aufgrund der noch ausgeprägten Blutungsreaktion sei es aus Sachverständigensicht plausibel, dass zunächst die stumpfe Gewalteinwirkung erfolgte und erst danach die Stiche gesetzt worden seien.
167
Im Hinblick auf den Einstich an der linken Seite des Schamhügels führte der Sachverständige aus, dass selbst bei einem dynamischen Geschehen mit heftiger Gegenwehr eine zufällige Verletzung in dieser Körpergegend sehr selten zu beobachten sei. Insbesondere, da aktive Abwehrverletzungen bei der Geschädigten … nicht festzustellen gewesen seien, spreche viel dafür, dass diese Körperregion bewusst gewählt worden sei.
168
Bei sämtlichen Stichen sei von einer hohen Wucht der Stiche auszugehen. Dies ergebe sich zum einen aufgrund der Tiefe der Stiche, zum anderen aufgrund der jeweils vorliegenden knöchernen Verletzungen.
169
Aufgrund der Leichentemperatur sei bei Berücksichtigung der Umgebungstemperatur und des Körpergewichts der Geschädigten … aus rechtsmedizinsicher Sicht davon auszugehen, dass der Todeseintritt zwischen dem 27.06.2020 - 12.15 Uhr und dem 28.06.2020 - 0.22 Uhr erfolgt sei.
Hinsichtlich des Geschädigten …
170
Beim Geschädigten … seien folgende wesentliche Befunde festgestellt worden:
- Stich-/Schnittverletzung unter dem inneren Drittel des linken Schlüsselbeines mit Einstich etwa 7,5 cm links der Mittellinie in einem Fersensohlenabstand von ca. 152 cm, Eintritt in die linke Brusthöhle durch den I. Zwischenrippenraum bzw. unter Durchsetzen der II. Rippe, Durchstich durch den linken Lungenoberlappen, Durchsetzen des Mittelfellraumes sowie der großen Körperhauptschlagader im Bogenabschnitt mit unter dem Brustfell an der Innenseite der rechten Brusthöhle endendem, ca. 12,5 cm langem Stichkanal,
- Einstich unter dem äußeren Drittel des linken Schlüsselbeines mit dem Zentrum in einem Fersensohlenabstand von ca. 149,5 cm und etwa 17 cm links der Mittellinie, Eintritt in die linke Brusthöhle durch den II. Zwischenrippenraum unter Einkerbung der III. Rippe mit in der linken Lunge endendem, mindestens 12,5 cm langem Stichkanal,
- Stich-/Schnittverletzung an der linken Brust mit Einstich etwa 6 cm links der Mittellinie in einem Fersensohlenabstand von ca. 140 cm, Durchsetzen des inneren Abschnittes der IV. und V. Rippe sowie des Brustbeines, Eröffnung des dahinter liegenden Herzbeutels und Ende des ca. 11,5 cm langen Stichkanals im Fettbewuchs der rechten Herzkammer,
- Einstich an der linken Rumpfseite mit dem Zentrum in der mittleren Achsellinie in einem Fersensohlenabstand von ca. 124 cm, Durchsetzen des Hinterbauchraumes mit Durchstich durch die linke Niere und Ende des ca. 13,5 cm langen Stichkanals an einer Kerbe an der linken Seite des I. Lendenwirbelkörpers.
171
Nach den Ergebnissen der rechtsmedizinischen Leichenöffnung sei der Geschädigte … durch Verbluten nach innen und außen infolge von vier Stich-/bzw. Schnittverletzungen am Rumpf auf gewaltsame Weise verstorben. Die festgestellten Folgen scharfer Gewalt ließen sich durch die mehrfache Einwirkung eines einseitig geschliffenen Tatwerkzeugs - wie eines Messers - erklären. Weitere festgestellte strichförmige bzw. glattrandige Befunde an den Unterarmen und Händen könnten als Abwehrverletzungen interpretiert werden.
172
Der Sachverständige führte zudem aus, die Stich-/Schnittverletzung im Bereich des linken Schlüsselbeines, die zum Durchsetzen der großen Körperhauptschlagader im Bogenabschnitt geführt habe, habe zu einer Durchbrechung des Körperkreislaufs geführt, so dass keine Durchblutung, insbesondere des Gehirns, mehr zu erwarten gewesen sei. Handlungsunfähigkeit sei insoweit in Sekunden eingetreten. Er könne deshalb aus Sachverständigensicht ausschließen, dass die vorgenannte Verletzung auf der Terrasse gesetzt worden sei, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Geschädigte sich auf der Terrasse nach den Attacken nach oben kämpfte, einen Holzstiel ergriff und dem Angeklagten in das Hausinnere folgte. Ein solches Verhalten wäre nach dem letztgenannten Stich nicht mehr möglich gewesen.
173
Aufgrund der jeweils vorliegenden knöchernen Verletzungen und aufgrund der Tiefe der Stiche sei auch beim Geschädigten … von einer hohen Wucht der Stiche auszugehen.
174
Unter Berücksichtigung der Leichentemperatur, der Umgebungstemperatur und des Körpergewichts des Geschädigten … sei aus rechtsmedizinischer Sicht davon auszugehen, dass der Todeseintritt zwischen dem 27.06.2020 - 8.15 Uhr und dem 28.06.2020 - 04.15 Uhr erfolgt sei.
175
Hinsichtlich der Verletzungen beider Geschädigter führte der Sachverständige darüberhinaus aus, dass in Bezug auf die Stichverletzungen das durch die Polizei sichergestellte und im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Tatmesser mit einer Klingenlänge von 13,7 cm als Tatwerkzeug in Betracht komme.
176
Die Kammer schließt sich den vorgenannten Ergebnissen des Sachverständigen Prof. Dr. …, der der Kammer seit vielen Jahren als besonders zuverlässig und fachkundig bekannt ist, nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an. Das Gutachten war nachvollziehbar und schlüssig. Die Kammer konnte anhand der bei der Sektion jeweils gefertigten Lichtbilder, die in Augenschein genommen und durch den Sachverständigen erläutert wurden, die Feststellungen des Sachverständigen und seine Rückschlüsse im Einzelnen verfolgen und nachvollziehen.
177
cc) Die molekulargenetische Zuordnung der gesicherten Spuren ergibt sich aus dem weiteren Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. …, das dieser im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstattete. Er kam insoweit zu folgenden Ergebnissen:
178
Am übergebenen Spurenmaterial seien molekulargenetische Untersuchungen vorgenommen worden. Die Erbsubstanz sei jeweils extrahiert worden und mit dem DNA-Identifizierungsmuster der Beteiligten verglichen worden. Dabei seien alle sechzehn Systeme untersucht worden. Jede Spur sei in zwei unabhängigen Untersuchungsgängen im Sinne eines doppelten Verfahrens analysiert worden.
179
Die Untersuchung habe folgende Ergebnisse ergeben:
180
An der Spur Nr. 10.9.4 (Klingenende/Handschutz, Ecke rechts des sichergestellten Messers) zeige sich das typische Bild einer Erbsubstanzmischung, wobei DNA von mindestens drei Personen vorhanden gewesen sei. Insoweit komme die Geschädigte … als Mitverursacherin infrage. Auch der Geschädigte … komme als Mitverursacher infrage. Aufgrund der fehlenden Reproduzierbarkeit einzelner Allele seien jedoch die Voraussetzungen für eine biostatistische Befundinterpretation nicht gegeben.
181
An der Spur Nr. 10.9.5 (Abrieb Klingenende/Handschutz - Ecke links des sichergestellten Messers) zeige sich das typische Bild einer Erbsubstanzmischung, wobei DNA von mindestens zwei Personen vorhanden gewesen sei. Es seien sämtliche Merkmale darstellbar, die die Geschädigte … aufweise. Insofern spreche nichts gegen die Annahme, dass es sich bei ihr um eine Spurenmitverursacherin handle. Die Voraussetzungen für eine biostatistische Berechnung seien nicht gegeben. Darüberhinaus seien auch nahezu sämtliche Allele darstellbar gewesen, die der Geschädigte … aufweise, so dass er als Mitverursacher in Betracht zu ziehen sei. Eine sichere individuelle Zuordnung sei jedoch nicht möglich.
182
An der Spur Nr. 10.9.8 (Abwischung Griff, linke Seite, geriffelter Bereich, vordere Hälfte des sichergestellten Messers) liege eine Mischspur von mindestens zwei Personen vor. Der Angeklagte komme als Mitverursacher infrage. Eine sichere individuelle Zuordnung sei nicht möglich.
183
An den Spuren Nr. 10.9.9 (Abwischung Griff - linke Seite, geriffelter Bereich, hintere Hälfte des sichergestellten Messers) und Nr. 3.16 (Abwischung großes Bluttropfenbild bei Rollo-Schalter/Terrassentür, geschlossener Flügel) zeige sich das jeweils typische Bild einer Mischspur von mindestens zwei Personen. Sämtliche Hauptsignale stimmten dabei mit dem DNA-Muster des Angeklagten überein. Biostatistisch betrachtet weise weniger als eine unter 30 Milliarden Personen diese Merkmalskombination auf. Der Angeklagte sei daher ohne vernünftigen Zweifel als Spurenhauptverursacher festzustellen. Darüberhinaus komme an der Spur 3.16 auch der Geschädigte … als Mitverursacher infrage, eine sichere individuelle Zuordnung sei jedoch nicht möglich.
184
An der Spur 2.6 (Abwischung Terrassentür - geschlossener Flügel - senkrechter Rahmen außen) zeige sich das typische Bild einer Mischspur von mindestens zwei Personen. In Form der Hauptsignale seien neben sämtlichen Allelen der Geschädigten … auch alle Merkmale darstellbar gewesen, die der Angeklagte besitze. Sie könnten daher von ihm stammen. Biostatistisch berechnet sei es eine Trillion mal wahrscheinlicher, dass an der Spur Nr. 2.6 neben DNA der Geschädigten … Erbsubstanz des Angeklagten vorhanden sei, als dass DNA einer unbekannten Person vorgelegen habe. Es könne damit praktisch als erwiesen gelten, dass an dem gesicherten Spurenmaterial u.a. die DNA des Angeklagten vorhanden sei.
185
An den Spuren Nr. 2.7 (Abwischung Terrassentür - Rollo innen), 2.11 (Abwischung Terrassentür Rollo innen), 3.5 (Abwischung Bluttropfen groß bei Terrassentür), 3.7 (Abwischung Bluttropfen groß ca. 1 m von Terrassentür entfernt), 3.13 (Abwischung Bluttropfen groß ca. 4 m von Terrassentür entfernt), 3.14 (Abwischung Bluttropfen klein ca. 4 m von Terrassentür entfernt), 3.15 (Abwischung Blut am Rolloschalter Terrassentür), 3.23 (Abrieb Wohn-/Esszimmer, Scheibe Terrassentüre innen), 4.10 (Abwischung Boden vor Tür Flur zur Garage, großer Bluttropfen), 4.23 (Abwischung Wand links zu Garagenzugang unten, kleiner Tropfen), 4.25 (Abwischung Garagenzugang Türblatt innen, Höhe 130 cm), 4.30 (Abwischung blutiger Handabdruck links der Badtür), 4.35 (Abwischung großes Blutspritzerbild Glasfüllung Wohnungstür innen mittig), 6.12.1 (Abwischung gelbes T-Shirt von Badtürschwelle), 14.2.3.1 (Abwischung Badetuch Labelseite oben links), 14.2.3.2 (Abwischung Badetuch Labelseite linke Seite, oben mittig) und 14.2.3.3 (Abwischung Badetuch Rückseite unten, rechter Rand) sei jeweils das vollständige DNA-Muster des Angeklagten nachweisbar gewesen. Biostatistisch betrachtet weise weniger als eine unter 30 Milliarden Personen dieses Merkmalsmuster auf. Es bestünden daher keine vernünftigen Zweifel daran, dass diese Spuren bzw. das daran befindliche Blut vom Angeklagten stammten.
186
An den Spuren 3.22 (Abrieb Wohn-/Esszimmerboden bei Laterne), 4.1 (Abwischung Flur - Boden, große Blutlache mittig vor Badtür), 4.13 (Abwischung Boden vor Tür Flur zur Garage/Schlafzimmertür), 4.18 (Abwischung Wand über Küchentür - kleiner Spritzer), 4.19 (Abwischung Kunststoffbox neben Küchentür - Deckel), 4.20 (Abwischung Wand über Saugroboter), 4.21 (Abwischung Sekretär Schub oben neben linkem Griff), 4.24 (Abwischung Wand links zu Garagenzugang oben), 4.26 (Abwischung Garagenzugang Türblatt innen), 4.28 (Abwischung Decke über Garagenzugang), 4.31 (Abwischung Wand links der Badtür unten), 4.32 (Abwischung Wand links der Badtür oben), 4.33 (Abwischung Lichtschalter rechts der Badtür), 4.34 (Abwischung Wand rechts zur Badtür unten bis über Sockelleiste), 4.36.2 (Abwischung Holzstock - breite lackierte Seite), 4.37 (Watteabrieb Dielenboden), 7.4 (Abwischung Badboden - Bereich Türschwelle), 8.14 (Terrassenboden (Fliesen) - Bereich rechts neben Rückenlehne liegender Stuhl), 8.20 (Terrassenkommode - Kunststoffkiste rot - Innenseite), 8.21 (Terrasse Hauswand rechts außen oberhalb Pflanzschale) und 8.22 (Terrasse Hauswand rechts außen - Sockel) sei jeweils das vollständige DNA-Identifizierungsmuster des Geschädigten … nachweisbar gewesen. Ohne vernünftigen Zweifel sei er daher als Spurenverursacher festzustellen.
187
An den Spuren Nr. 4.3 (Abwischung Flur - Blutlache Boden unter rechtem Ohr Bezold) und 4.8 (Abwischung Boden - Türstock Wohnzimmer zu Flur) zeige sich jeweils das typische Bild einer Mischspur, wobei neben sämtlichen Merkmalen des Geschädigten … auch alle Allele des Angeklagten festgestellt worden seien. Sie könnten daher von ihm stammen. Biostatistisch sei es 210 Billiarden Mal wahrscheinlicher, dass an den Polizeispuren 4.3 und 4.8 neben DNA des Geschädigten … Erbsubstanz des Angeklagten vorhanden sei, als das darüberhinaus DNA einer unbekannten Person vorläge. Es könne damit als praktisch erwiesen gelten, dass an den gesicherten Spurenmaterialien die DNA des Angeklagten vorhanden gewesen sei.
188
An den Spuren 4.4 (Abwischung Flur - Blutlache Boden unter linker Brust Beer), 4.5 (Abwischung Flur - Boden vor Mauerstück rechts der Badtür), 4.27 (Abwischung Wand über Garagenzugang), 6.12.4 (gelbes T-Shirt - Rand Textildefekt Brustbein), 6.12.5 (gelbes T-Shirt - Rand Textildefekt über linker Brust), 6.12.6 (gelbes T-Shirt - stark bebluteter Bereich über linker Brust) und RM5 (rechte Fingernagelenden …) sei jeweils das vollständige DNA-Identifizierungsmuster der Geschädigten … nachweisbar gewesen. Ohne vernünftigen Zweifel sei sie daher als Spurenverursacherin festzustellen.
189
An den Spuren Nr. 4.12 (Abwischung Boden vor Tür Flur zur Garage), 14.3.1.4 (Abwischung Rucksack Träger rechts vorne) und 14.1.3.2 a (kurze Hose grün/grau aus Nike-Tasche) zeige sich das jeweils typische Bild einer Mischspur von mindestens zwei bzw. drei Personen. Dabei seien sämtliche Merkmale darstellbar gewesen, die der Angeklagte aufweise. Insofern spreche nichts gegen die Annahme, dass es sich bei ihm um einen Mitspurenverursacher handle. Die Voraussetzungen für eine biostatistische Befundinterpretation seien nicht gegeben.
190
An den Spuren Nr. 4.22 (Abwischung Sekretär - geschlossene Tür unten rechts), 4.36.1 (Abwischung Holzstock - schmale Seite), 4.36.3 (Abwischung Holzstock - breite lackierte Seite), 4.39 (Abrieb Dielenboden unterhalb Fliegengitter), 5.1 (Klebestempel Gesicht des Geschädigten B.), 5.3 (Abklebung Oberarm rechts - Geschädigter …), RM3 (rechte Fingemagelenden …) und RM4 (linke Fingernagelenden …) habe sich jeweils das typische Bild einer Mischspur gezeigt. Sämtliche Hauptsignale stimmten dabei mit dem DNA-Muster des Geschädigten … überein. Ohne vernünftigen Zweifel sei er daher als Spurenhauptverursacher festzustellen. Darüberhinaus seien an der Spur 5.3 (Oberarm rechts …) auch Merkmale darstellbar gewesen, die der Angeklagte aufweise, so dass er grundsätzlich als Mitverursacher infrage komme. Die Voraussetzungen für eine biostatistische Befundinterpretation lägen jedoch nicht vor.
191
An den Spuren Nr. 4.29 (Abwischung Garderobe rechts von Garagenzugang, Ärmel rote Jacke) und 6.12.2 (Abwischung gelbes T-Shirt von Badtürschwelle - Ärmel vorne rechts) zeige sich jeweils das typische Bild einer Mischspur von 2 Personen. Allele, die der Angeklagte aufweise, seien dabei ausnahmslos in Form deutlich ausgeprägter Hauptsignale detektierbar gewesen. Dieses Merkmalsmuster könne biostatistisch als individualspezifisch angesehen werden. Weniger als 1 unter 30 Milliarden Personen weise dieses auf. Der Angeklagte sei daher ohne vernünftigen Zweifel als Spurenhauptverursacher festzustellen.
192
An der Spur 5.4 (Klebefolie Hüftbereich Geschädigter …) zeige sich das typische Bild einer Mischspur, wobei DNA von mindestens drei Personen vorhanden gewesen sei. U.a. seien dabei sämtliche Merkmale darstellbar gewesen, die auch der Geschädigte … bzw. der Angeklagte aufweisen. Insofern spreche nichts gegen die Annahme, dass es sich bei ihnen beiden um Spurenmitverursacher handle. Die Voraussetzungen für eine biostatistische Befundinterpretation seien jedoch nicht gegeben. Darüberhinaus seien unter Einbeziehung nicht reproduzierbarer Zusatzmerkmale auch sämtliche Merkmale darstellbar gewesen, die die Geschädigte … aufweise. Sie komme daher als Mitverursacherin in Frage.
193
An der Spur 6.12.3 (gelbes T-Shirt von Badtürschwelle Bauch vorne mittig) zeige sich das typische Bild einer Erbsubstanzmischung, wobei DNA von mindestens zwei Personen vorhanden gewesen sei. U.a. seien sämtliche Merkmale darstellbar gewesen, die der Geschädigte … aufweise. Insofern spreche nichts gegen die Annahme, dass es sich bei ihm um einen Spurenmitverursacher handle. Darüberhinaus seien unter Einbeziehung nicht reproduzierbarer Zusatzmerkmale auch nahezu sämtliche Allele darstellbar gewesen, die der Angeklagte aufweise, so dass er als Mitverursacher in Betracht zu ziehen sei. Eine biostatistische Befundinterpretation hinsichtlich des Angeklagten sei jedoch nicht möglich.
194
An den Spuren 6.12.7 (Abwischung gelbes T-Shirt von Badtürschwelle Bauch unten) und RM 6 (linke Fingernagelenden …) zeige sich das typische Bild einer Mischspur von mindestens zwei Personen. Sämtliche Hauptsignale stimmten dabei mit dem DNA-Muster der Geschädigten … überein. Ohne vernünftigen Zweifel sei sie daher als Spurenhauptverursacherin festzustellen.
195
An der Spur 10.2.4 (Klebestempel rechter Schuh innen unter und auf Innensohle der sichergestellten Stiefel) zeige sich das typische Bild einer Mischspur, wobei offensichtlich Erbsubstanz von mindestens zwei Personen vorgelegen habe. Sämtliche Hauptsignale stimmten dabei mit dem DNA-Muster des Angeklagten überein. Auch alle weiteren Merkmale, die er besitze, seien an der Spur nachweisbar gewesen. Die Merkmalskombination der Hauptkomponente könne als individualspezifisch angesehen werden. Weniger als 1 unter 30 Milliarden Personen weise diese Merkmalskombination auf. Der Angeklagte sei daher ohne vernünftigen Zweifel als Spurenhauptverursacher festzustellen.
196
Die Kammer schließt sich den vorgenannten Ergebnissen des Sachverständigen Prof. Dr. … nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an. Der Sachverständige ist der Kammer seit vielen Jahren aus einer Vielzahl von Verfahren als besonders zuverlässiger und fachkundiger Rechtsmediziner bekannt. Er erstattete sein Gutachten ausführlich, nachvollziehbar und verständlich. An der Richtigkeit der erhobenen Befunde bestehen seitens der Kammer keinerlei Zweifel.
197
Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. … steht fest, dass sich am Tatort eine Vielzahl von DNA-Spuren fanden, die eindeutig dem Angeklagten zuzuordnen sind. Darüberhinaus fanden sich am Tatmesser, auf das im Folgenden unter Punkt C. II. 5. noch näher eingegangen wird, Spuren, die ohne vernünftigen Zweifel dem Angeklagten als Hauptspurenverursacher zuzuordnen sind. Auch fanden sich Spuren, hinsichtlich derer die beiden Geschädigten als Mitverursacher in Betracht kommen. Ferner fanden sich an den sichergestellten Stiefeln, auf die ebenfalls unter Punkt C. II. 5. eingegangen werden wird und die Gegenstand einer weiteren Untersuchung durch den Sachverständigen … waren, Spuren, die ohne vernünftigen Zweifel dem Angeklagten als Spurenhauptverursacher zuzuordnen sind.
198
dd) Der Sachverständige … kam in seinem im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstatteten daktyloskopischen Gutachten zu folgenden Ergebnissen:
199
Der unter Spumummer 4.40.3 im Anwesen der Geschädigten … gesicherte Handabdruck, der im Bereich links der Badtür in einer Höhe von 1,45 bis 1,60 Meter lokalisiert war, könne anhand der Kapilarleisten der Handfläche eindeutig dem Angeklagten zugeordnet werden. Es liege insoweit Spurenidentität mit dem Handabdruck des Angeklagten vor. Insbesondere habe der Kleinfingerballen eindeutig identifiziert werden können. Bei dem Handabdruck handle es sich um einen Blutabdruck, d.h. die Hand sei beblutet gewesen, als sie den Abdruck hinterlassen habe. Es seien 16 übereinstimmende Merkmale und keine Abweichung festgestellt worden, so dass der Angeklagte als Verursacher zweifelsfrei identifiziert werden könne.
200
Die Kammer schließt sich dem Gutachten des Sachverständigen … nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an. Der Sachverständige erläuterte nachvollziehbar, von welchen Tatsachen er ausging und kam unter Angabe und Beschreibung der Methodik auch zu für die Kammer nachvollziehbaren Ergebnissen. Es steht daher zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte diesen blutigen Handabdruck im Anwesen der Geschädigten … hinterlassen hat.
201
ee) Der Sachverständige … kam in seinem im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Gutachten zu folgenden Ergebnissen:
202
Bei einer Überprüfung der blutigen Schuhabdrücke im Anwesen der Geschädigten … und einem Vergleich dieser Abdrücke mit dem Profilmuster der sichergestellten Stiefel sei festzustellen, dass aus formspurenkundlicher Sicht die ausgewerteten Spuren mit dem Schuhpaar gesetzt worden sein könnten. Es sei aber auch jedes andere Schuhpaar mit gleichartigem Muster und gleichartigen Größenverhältnissen gleichermaßen als möglicher Spurenverursacher in Betracht zu ziehen. Das Schuhpaar könne weder eindeutig zugeordnet noch ausgeschlossen werden.
203
Die Kammer schließt sich den vorgenannten Ergebnissen des Sachverständigen … nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an.
204
ff) Zur Überzeugung der Kammer belegen die vorgenannten Gutachten eindrücklich, dass es sich bei dem Angeklagten … um den Täter handelt. Ihm können eine Vielzahl von DNA-Spuren bzw. Blutspuren im Inneren des Gebäudes zugeordnet werden. Darüber hinaus ist er als Spurenmitverursacher der DNA-Spur am Griff des sichergestellten Messers festzustellen. An der Klinge des sichergestellten Messers fand sich zudem eine Spur, bei der die Geschädigte … als Mitverursacherin anzusehen ist. Schließlich kommt das in Augenschein genommene Messer nach den Bekundungen des Sachverständigen Prof. Dr. … von seiner Form und seiner Klingenlänge her auch als Tatwerkzeug für die den Opfern zugefügten Stiche in Betracht.
205
Darüber hinaus fand sich im Inneren des Gebäudes ein blutiger Handabdruck, der eindeutig dem Angeklagten zuzuordnen ist. Ferner kommen die sichergestellten Schuhe, an denen sich eine DNA-Mischspur zeigte, bei der der Angeklagte Hauptverursacher ist, als diejenigen Schuhe in Betracht, die die Schuhabdrücke im Inneren des Gebäudes hinterlassen haben.
206
Angesichts der vorgenannten Umstände und angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte auf der Aufzeichnung der Wildkamera aus Sicht der Kammer eindeutig zu erkennen war, bestehen keinerlei Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten.
207
gg) Die Feststellungen zum Tathergang im Inneren des Hauses beruhen auf den Ausführungen des Sachverständigen Dr. …. Dieser kam in seinem im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Gutachten zu folgenden Ergebnissen:
208
Er habe im Auftrag der KPI … ein Gutachten aus dem Bereich der Blutspurenmusterverteilungsanalyse erstellt. Hierzu habe er den Tatort am 07.07.2020 im Beisein von Beamten der KPI … persönlich in Augenschein genommen. Des Weiteren hätten ihm zur Gutachtenserstattung Lichtbilder der Obduktion, des Angeklagten bei Festnahme, der Tatortsituation beim Erstzugriff und ferner eine Videoaufnahme des ersten Tatabschnittes auf der Terrasse des Wohnanwesens zur Verfügung gestanden. Ferner hätten die Ergebnisse der molekulargenetischen Analysen vorgelegen.
209
Da bei mehrfacher Gewalteinwirkung, sei es stumpfe oder scharfe Gewalt, spezifische Blutspurenmuster entstünden, ließen sich anhand der Blutspuren in der Regel die Lokalisationen eingrenzen in denen es zu derartigen Vorgängen gekommen sei. Von ausschlaggebender Bedeutung bei der Rekonstruktion eines dynamischen Tatgeschehens seien Spritzspuren, d.h. Spuren, die als Ergebnis des Auftreffens eines Blutquants auf einer Oberfläche entstünden. Blutquanten entstünden durch Krafteinwirkung auf eine Quelle flüssigen Blutes. Spritzspuren bzw. Spritzspurenmuster könnten bei tätlichen Auseinandersetzungen durch Stoßmechanismen oder als projezierte Spuren entstehen. Letzteres als Schleuderspuren, als Ausatmungsspuren oder als arterielle Spritzspuren. Von diesen zu unterscheiden seien sogenannte sekundäre Spritzspuren, die durch Auftreffen von Blutquanten auf eine bereits beblutete oder inhomogene Oberfläche entstünden.
210
Auf der Terrasse, auf der ausweislich der Videoaufnahme das Tatgeschehen seinen Anfang genommen habe, zeigten sich auf dem Boden multiple als Tropfspuren anzusehende Antragungen mit begleitenden feinen sekundären Spritzspuren. Zumindest ein Teil dieser Spuren stamme ausweislich der Ergebnisse der molekulargenetischen Untersuchungen vom bereits in früher Tatphase verletzten Geschädigten …. Das feine spritzerartige Spurenbild an der Wand rechts der Terrassentür lasse sich sehr gut mit der Annahme zumindest einer hier entstandenen offenen Verletzung des Geschädigten … vereinbaren, wobei hier eine Projektion aus einer Wunde sowie ein Stoßmechanismus oder eine Kombination beider Entstehungsweisen in Frage käme. Diese Blutspuren stimmten auch ihrer Lage und Verteilung nach mit dem im Video erkennbaren Angriff auf den Geschädigten … in sitzender bzw. weit zurückgelehnter Position, mit seiner linken oberen Rumpfpartie nahe dem entsprechenden Wandabschnitt überein.
211
Das Blutspurenbild im Wohnzimmer enthalte zwar auch spritzerartige Muster, Korrelate hochgradig dynamischer Tatabschnitte ließen sich hier aber nicht erkennen. Außer als Tropf-, langsame Schleuder- und sekundäre Spritzspuren zu klassifizierenden Blutspurenmustem fänden sich lediglich lockere Ansammlungen feiner Spritzspuren am halb heruntergelassenen Rollladen, an der Terrassentür und am Vorhang. Diese Blutspuren stammten genauso wie die großen Tropfspuren auf dem Boden in diesem Bereich vom Angeklagten. Die Spuren auf dem Boden sprächen für einen temporären Aufenthalt des blutenden Angeklagten in diesem Bereich und unter Berücksichtigung der als Kontaktspuren zu wertenden Antragungen am Bedienknopf der Rollläden sei davon auszugehen, dass der bereits stark blutende Angeklagte an dieser Stelle gestanden sei und die Rollläden mittels Bedienknopf heruntergelassen habe. Zwar sei eine sichere Klassifizierung des Spritzspurenmusters an der Innenseite der Terrassentür und am Rollladen nicht möglich, in der Gesamtschau mit der beim Angeklagten dokumentierten Kopfverletzung, eine große Quetsch-Riss-Wunde im Scheitelbereich, und dem ausschließlich statischen, ungestört erscheinenden und hinsichtlich Kontaktspuren ausschließlich einer Person zuordenbaren Spurenbild am Boden dürfte jedoch von einer Entstehung ohne eine große Dynamik auszugehen sein. Der bereits blutende Angeklagte habe sich dem Spurenbild nach mehrfach durch das Wohnzimmer zwischen der Terrassentür und dem Flur hin- und herbewegt. Auch hier erlaube das sich vielfach wiederholende, für Schuhsohlen charakteristische Spurenbild und der statische Charakter dieser sowie der Tropfspuren den Rückschluss, dass keine höhergradige Dynamik im Spiel gewesen sei. Im vom Hauptbereich der Spuren seitlich zu einer Laterne abzweigenden Spurenmuster sei der Geschädigte … als Verursacher identifiziert worden. Hierbei handle es sich morphologisch um ein Schleuderspurenmuster, das jedoch bereits durch eine Begleitbewegung einer stark blutkontaminierten Hand im Rahmen einer Geh- oder Laufbewegung entstanden sein könne. Alternativ könne der Geschädigte … bereits im Gehen/Laufen durch das Wohnzimmer mit seiner stark blutkontaminierten Hand zu einem Schlag mit dem Holzstiel ausgeholt und bei dieser Armbewegung das Muster verursacht haben.
212
Das Blutspurenbild weise den Flur eindeutig als den Ort aus, an dem ein wesentlicher Teil der Einwirkungen zum Nachteil beider Geschädigten und wohl auch des Angeklagten realisiert worden seien. Zu allen Seiten fänden sich in diversen Höhen als stoßbedingte und Schleuderspurenmuster zu wertende Gruppierungen von spritzerartigen Blutantragungen. Lediglich in einem Fall sei das Blut der Geschädigten … zuzuordnen. Es scheine daher naheliegend, dass der Angriff auf die Geschädigte verhältnismäßig schnell und mit wenigen Blutspuren in der Umgebung erfolgt sei.
213
Demgegenüber spreche das Blutspurenbild einschließlich multipler, für dynamische Vorgänge charakteristischer, Spurenmuster für ein längeres und auch räumlich ausgedehnteres Kampfgeschehen zwischen dem Geschädigten … und dem Angeklagten, bei dem auch Letzterer verletzt wurde bzw. verletzt gewesen sei. Die entsprechenden Spurenmuster und Ursprungsbereiche der Blutquellen erstreckten sich in höheren Lagen korrespondierend mit einer Auseinandersetzung in stehender Position der Kontrahenten. Korrelate von Einwirkungen auf eine bereits am Boden liegende Person ließen sich nicht erkennen, so dass nach dem zu Boden Gehen des Geschädigten … das dynamische Tatgeschehen schnell beendet gewesen sei.
214
Das sehr dichte als Stoßspritzmuster zu wertende Blutspurenbild an der Türe des Garagenzugangs, das molekulargenetisch dem Angeklagten zugeordnet worden sei, spreche dafür, dass er, bereits verletzt und blutend, unmittelbar nahe der Türe in einer annähernd stehenden Position einem weiteren Stoß/Schlag ausgesetzt gewesen sei und zwar zu einem Zeitpunkt, als seine Körperoberfläche bereits verhältnismäßig stark blutkontaminiert gewesen sei.
215
Die multiplen Spritzspuren an der kurzen Hose der Geschädigten … sprächen dafür, dass sie einem Teil des dynamischen Geschehens, der Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten …, abgewandt gewesen sei, beispielsweise bereits auf dem Boden bäuchlings gelegen sei. Eine molekulargenetische Zuordnung der an der kurzen Hose gesicherten Blutspuren sei nicht gelungen.
216
Mit der Annahme, dass die Geschädigte zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten … bereits am Boden gelegen sei, sei auch das Spurenbild an den Fuß- bzw. Schuhsohlen vereinbar. Während die Fußsohlen des Geschädigten … flächenhafte und an den Außenkonturen betonte Blutantragungen aufwiesen, seien die Schuh- und Fußsohle der Geschädigten weitgehend frei von derartigen Antragungen, was dafür spreche, dass sie zu Boden gegangen sei, bevor massive Blutantragungen auf dem Boden vorhanden gewesen seien.
217
Im Nachgang der Auseinandersetzung habe der Angeklagte bzw. der Träger der Schuhe, dessen Muster sich vielfach im Haus wiederhole, dem Blutspurenbild nach das Bad aufgesucht.
218
Außerdem seien die Leichen der beiden Geschädigten in die dokumentierte Auffindeposition gebracht worden, dem Spurenbild nach ohne eine großräumige Verlagerung, da keine Schleifspuren oder ähnliches vorhanden seien. Dabei sei unter anderem die Oberkörperbekleidung der Geschädigten … ausgezogen worden. Der Rückenbereich der Geschädigten … sei im Gegensatz zu dem Spurenbild an der kurzen Hose nahezu frei von Blutantragungen. Die kurze Hose des Geschädigten … sei bis zu den Knien herabgezogen worden. Auch der untere Bauch- bzw. Genitalbereich des Geschädigten sei im Gegensatz zum T-Shirt und zu der kurzen Hose nicht nennenswert blutkontaminiert gewesen. Der Geschädigte … sei von einer rechten Seitenlage in eine Rückenlage verbracht worden, worauf auch die blutverschmierte rechte Gesichtshälfte hindeute. Es ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Geschädigten selbst in eine derartige Position gebracht haben könnten. Aus dem Blutspurenbild seien keine Anhaltspunkte für eine für die Positionsveränderung erforderliche Arm-Bein-Bewegung des … zu erkennen. Auch der Oberkörper der Geschädigten … sei nahezu frei von Blutspuren, was in einem solchen Falle nicht möglich gewesen wäre. Spuren einer Eigenbewegung der beiden Geschädigten am Boden seien nicht zu erkennen. Vielmehr spreche das Spurenbild dafür, dass die Körper in entsprechender Position vom Täter abgelegt worden seien.
219
Anhaltspunkte für die Anwesenheit oder Tatbeteiligung noch weiterer Personen im Haus seien dem Blutspurenbild nicht zu entnehmen.
220
Zusammenfassend sei festzustellen, dass der Angriff auf den Geschädigten … auf der Terrasse begonnen habe. Die Geschädigte sei ins Haus geflohen und im Flur vom Angeklagten eingeholt und schnell mittels mehrerer Schläge/Stiche zu Boden gebracht bzw. letztlich tödlich verletzt worden. Anschließend habe ein räumlich und wohl auch zeitlich ausgedehnteres Kampfgeschehen zwischen dem Angeklagten und dem zwischenzeitlich im Flur eintreffenden und mit einem Stock bewaffneten Geschädigten … stattgefunden. Bei diesem Kampf habe der Angeklagte zumindest eine blutende Verletzung, eine Quetsch-Riss-Wunde im Scheitelbereich, wahrscheinlich durch einen Schlag mit dem Holzstock von der Terrasse, erlitten. Die Auseinandersetzung habe sich im wesentlichen in stehender Postion abgespielt und sei nach dem zu Boden gehen des Geschädigten … schnell beendet gewesen. Schließlich habe der Angeklagte die bereits leblosen Körper der Geschädigten … und … in die später dokumentierte Auffindelage drapiert. Im Nachgang der direkten Tathandlungen habe der Angeklagte das Bad aufgesucht, sich mehrfach im Wohnzimmer zwischen Flur und Terrasse bewegt, sei zum Couchtisch gegangen, habe den Rollladen der Terrassentüre etwas heruntergelassen und schließlich das Haus durch die Terrassentüre verlassen. Beim Verlassen des Hauses durch die Terrassentüre müsse der Angeklagte auf der Terrasse keine Spuren gesetzt haben. Zwar habe er eine Kopfverletzung erlitten. Es habe sich jedoch um die einzige Verletzung gehandelt. Entsprechende Spuren seien daher auf der Terrasse nicht zwingend zu erwarten, insbesondere wenn die Verletzung möglicherweise abgedeckt worden sei.
221
Die Kammer schließt sich den vorgenannten Ergebnissen des Sachverständigen Dr. … nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an. Der Sachverständige ist bereits seit mehr als 10 Jahren als ausgebildeter Biomechaniker im Bereich der Blutspurenanalyse tätig. Er hat bereits eine Vielzahl entsprechender Sachverständigengutachten erstellt. An seiner Fachkunde bestehen keinerlei Zweifel. Dr. … kam bei seiner Gutachtenserstattung ausgehend von erläuterten zutreffenden Tatsachenfeststellungen zu für die Kammer nachvollziehbaren Ergebnissen. Auch aus Sicht der Kammer ist anhand der vielfältigen und verschiedenartigen Spuren im Flur nachvollziehbar, dass die Tötung der beiden Geschädigten im Flur des Anwesens stattgefunden hat, dass die Geschädigte … aufgrund der Angriffe des Angeklagten schnell zu Boden gegangen ist und dass sich demgegenüber der Geschädigte … dem Angeklagten im Rahmen eines dynamischen Kampfgeschehens widersetzt hat, ihm dabei noch einen Schlag mit dem Holzstock verpasst hat, letztlich jedoch aufgrund der Messerstiche tödlich verletzt zu Boden ging. Dies folgt aus Sicht der Kammer zwanglos, insbesondere in Anbetracht der nahezu blutantragungsfreien Schuh- bzw. Fußsohlen der Geschädigten …, während die Fußsohlen des Geschädigten … flächenhafte und betonte Blutantragungen aufweisen. Des Weiteren sprechen die vielfältigen und an entsprechend höher platzierten Stellen gelegenen Blutantragungen des Geschädigten … für ein entsprechendes im Stehen stattfindendes dynamisches Kampfgeschehen des Geschädigten … mit dem Angeklagten. Insbesondere aufgrund der auf der Rückseite der kurzen Hose der Geschädigten … befindlichen Spritzspuren steht fest, dass diese bereits am Bauch am Boden gelegen hatte, als der Geschädigte …, der ihr zur Hilfe kommen wollte, um sein Leben kämpfte.
222
Zudem beweist die Spurenlage eindeutig, dass sich die beiden Geschädigten nicht selbst in diese Position gelegt haben konnten, in der sie aufgefunden wurden. Spuren von abstützenden Händen, Armen oder Ellenbogen, die vorhanden sein müssten, fehlen. Dies gilt um so mehr, als nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. … davon auszugehen ist, dass die beiden Geschädigten nach ihrem Zubodengehen jeweils rasch handlungsunfähig wurden.
223
hh) Die Feststellungen zur Kopfverletzung des Angeklagten beruhen auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. …. Der Sachverständige kam in seinem im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Gutachten insoweit zu folgenden Ergebnissen:
224
Er habe den Angeklagten nach dessen Festnahme in der Tschechischen Republik am 02.07.2020 begutachtet und behandelt. Dies sei auf der Polizeistation in … erfolgt. Die Untersuchung sei durch ihn persönlich durchgeführt worden. Beim Angeklagten sei eine nicht tiefe offene Wunde, 45 mm lang, hoch auf der Stirn beim Übergang zum Scheitel im behaarten Bereich etwa in der Mitte des Kopfes festgestellt worden. Es habe sich um eine ältere Verletzung gehandelt. Es seien Blutverkrustungen zu sehen gewesen. Die Ränder der Wunde deuteten auf eine Gewalteinwirkung hin. Die Wunde sei nicht frisch gewesen, es hätten sich Verkrustungen gezeigt. Die Wunde sei aus seiner Sicht ein paar Tage alt gewesen, jedenfalls weniger als eine Woche zurückliegend. Die Lokalisation der Wunde spreche für eine Verursachung durch Gewalteinwirkung mit einem stumpfen Gegenstand. Der asservierte und in Augenschein genommene Holzstiel käme insoweit als verursachender Gegenstand für die Wunde in Betracht. Es sei von einer eher mittleren Intensität eines Schlages auszugehen.
225
Die Kammer schließt sich den nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen Dr. …, der seit vielen Jahren als Forensiker und Chefarzt am Institut der forensischen Medizin des Universitätsklinikums … tätig ist, nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an. Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen bestehen nicht. Im übrigen lassen sich seine Ausführungen mit den in Augenschein genommenen Lichtbildern vom Angeklagten nach seiner Festnahme in der Tschechischen Republik in Übereinstimmung bringen. Der bei den Leichen sichergestellte asservierte Holzstiel, den der Geschädigte … von der Terrasse mit in das Innere des Hauses genommen hatte, wurde mit dem Sachverständigen in Augenschein genommen. Darüber hinaus schloss sich der Sachverständige Prof. Dr. … nach der Gutachtenserstattung durch den Sachverständigen Dr. … dessen Ausführungen im Ergebnis an:
226
Der Sachverständige Prof. Dr. … bekundete insoweit, bei der für ihn auf den Lichtbildern erkennbaren Verletzung des Angeklagten handle es sich um eine Riss-Quetsch-Wunde. Dies folge aus den unregelmäßigen Wundrändem der Verletzung. Die zahlreichen Blutspuren vom Angeklagten am Tatort seien nur durch diese Verletzung zu verursachen gewesen. Sonstige nach außen blutende Verletzungen beim Angeklagten seien nicht festzustellen gewesen. Der asservierte und in Augenschein genommene Holzstiel könne zwanglos als Ursache für die Verletzung angesehen werden. Bei einem Anstoß etwa an einen Ast - ein Geschehen, das der Angeklagte als Ursache im Café … angab - wäre eine andere Lokalisation der Verletzung zu erwarten gewesen. In einem solchen Falle wäre die Verletzung eher an der Stirn und nicht an der Schädelhöhe erwartbar. Bei der beim Angeklagten dokumentierten Verletzung handle es sich um eine Schlagverletzung par excellence.
227
Die Kammer schließt sich auch den vorgenannten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. … nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an. Insbesondere angesichts der Lokalisation und Größe der Wunde und im Hinblick auf die sonstigen Spuren am Tatort steht aus Sicht der Kammer fest, dass die Wunde am Kopf des Angeklagten durch einen Schlag mit dem Holzstiel durch den Geschädigten … erfolgte. Eine Verursachung durch ein Anstoßen mit dem Kopf gegen einen Ast ist auszuschließen.
228
ii) Angesichts der vorgenannten Umstände steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich das Tatgeschehen auf der Terrasse und nachfolgend im Inneren des Hauses so abgespielt hat, wie unter B. III dargestellt. Das Tatgeschehen auf der Terrasse ist durch die Wildkamera und deren Aufzeichnungen eindrucksvoll belegt. Das Tatgeschehen im Inneren des Hauses steht aufgrund der überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. … und Prof. Dr. …, aufgrund der vielfältigen Spuren und aufgrund auch der Endlage der beiden Geschädigten, die sich nicht selbst in diese Position bewegt haben konnten, fest.
229
Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Angeklagte die handlungsunfähigen Geschädigten in die eindeutig sexuelle Pose verbracht hat. Zuvor hat er auch bewusst der Geschädigten … einen Stich in die linke Seite des Schamhügels versetzt. Die Kammer schließt sich insoweit dem Sachverständigen Prof. Dr. … an, wonach ein Stich in diesen Bereich unter Umständen in sehr seltenen Fällen zufällig bei einer heftigen Gegenwehr des Opfers und einer sehr dynamischen Situation erfolgen könne und selbst dann üblicherweise nicht vorkomme. Da die Geschädigte … jedoch keinerlei Gegenwehr leistete - aktive Abwehrverletzungen fehlen völlig und nach den Ausführungen des Sachverständigen … ging die Geschädigte … angesichts der Spurenlage rasch zu Boden - ist eine solche zufällige Beibringung aus Sicht der Kammer ausgeschlossen. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Motivation des Angeklagten, der die Leichen der beiden Geschädigten anschließend in eindeutig sexueller Pose drapierte.
5. Feststellungen zu B. IV. (Nach der Tat):
230
a) Die Tatsache, dass der Angeklagte nach der Tat das Anwesen der Geschädigten über die Terrassentüre und die Terrasse verlassen hat, ergibt sich aus den Ausführungen der Sachverständigen Dr. … und Prof. Dr. … sowie aus den Bekundungen des Zeugen KHK …. Der Zeuge … erläuterte, dass die Terrassentüre offen gestanden sei und der Rolladen bis auf 72 cm heruntergelassen gewesen sei. Dies wurde auch durch den Zeugen KHK … so bestätigt. Hierunter konnte der Anklagte zur Überzeugung der Kammer nach draußen hindurch schlüpfen. Anhaltspunkte, dass er das Anwesen auf andere Weise verlassen hat, gibt es nicht. Dass auf der Terrasse keine Blutspuren des Angeklagten trotz dessen Kopfverletzung zu finden waren, ändert an diesem Ergebnis nichts:
231
Sowohl der Sachverständige Dr. … als auch der Sachverständige Prof. Dr. … äußerten, dass der Angeklagte trotz der vorliegenden Verletzung nicht zwingend Spuren auf der Terrasse hinterlassen habe müssen, insbesondere wenn die Wunde ggf. abgedeckt worden sei. Es handelte sich um eine einzige blutende Verletzung am Kopf. Da der Angeklagte nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. … vor Verlassen des Hauses auch das Badezimmer betreten hatte, ist aus Sicht der Kammer plausibel, dass er die Wunde möglicherweise abdeckte. Darüber hinaus merkte der Sachverständige Prof. Dr. … an, dass möglicherweise vom Angeklagten auf der Terrasse gesetzte Spuren nicht mehr festgestellt und nicht mehr ausgewertet werden konnten, da sie aufgrund ihrer Lokalisation über einen längeren Zeitraum der Witterung und Sonneneinstrahlung ausgesetzt gewesen seien. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer an.
232
Die Tatsache, dass die Wildkamera keine entsprechenden Aufzeichnungen getätigt hat, kann ebenfalls nicht dazu führen, ein Verlassen des Anwesens über die Terrasse auszuschließen: Wie der Zeuge KOK … glaubhaft darlegte, handelte es sich bei der Kamera um ein Produkt des untereren bis mittleren Preissegments. Diese erfasse nicht zwingend alle Bewegungen in ihrer Umgebung. Insbesondere könne es sein, dass aufgrund der Lichtverhältnisse, der Witterung oder des Winkels, in dem sich das bewegende Objekt zur Kamera befinde, keine Aufzeichnung erfolge.
233
b) Dass sich der Angeklagte danach zu den Weihern in unmittelbarer Nähe des Tatortes begab, sich dort seiner Stiefel entledigte, einen Teil des Blutes abwusch und mit dem Rad zurück zum Café … fuhrt, ergibt sich aufgrund der folgenden Umstände:
234
Die Zeugin … gab an, am 27.06.2020 um 18.40 Uhr an den Weihern bei … spazieren gegangen zu sein. Dabei sei aus Richtung … ein Mann auf sie zugekommen. Er sei etwa 4 m vor ihr stehen geblieben und dann weiter gegangen. Der Mann sei überall voll Blut gewesen, insbesondere an den Haaren, im Gesicht, am Arm und an den Händen. Auch habe er ein Messer in der Hand getragen, das auch voll Blut gewesen sei. Sie sei mit der Situation überfordert gewesen. Sie habe überlegt, die Polizei anzurufen. Ihr Mann habe ihr hiervon zunächst jedoch abgeraten, da er der Meinung gewesen sei, es habe sich möglicherweise um einen Paintballspieler gehandelt, der voll Farbe gewesen sei. Bei der Uhrzeit 18.40 Uhr sei sie sich sehr sicher. Sie habe mit ihrem Mobiltelefon um 18.32 Uhr ein Foto von einem Steinpilz gefertigt. Von der Stelle aus, an der sie den Steinpilz fotografierte, brauche sie 8 Minuten, um die Stelle zu erreichen, an der sie dem Mann begegnet sei. Dies wisse sie so genau; da sie seit 18 Jahren dreimal täglich mit ihrem. Hund dort spazieren gehe.
235
Wie der Zeuge KOK … bestätigte, wurden an den Weihern im Uferbereich durch den Hundeführer der Polizei Treckingstiefel sichergestellt. Diese wurden im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Die Stiefel wurden nach Auskunft des Zeugen KHK … spurentechnisch untersucht. Die Auswertung der Spuren ergab - wie dargestellt -, dass eine DNA-Spur am rechten Schuh innen dem Angeklagten zuzuordnen ist. Er ist insoweit Hauptverursacher einer Mischspur von zwei Personen. Wie der Sachverständige … erläuterte, können die im Haus aufgefundenen Schuhspuren mit diesen Stiefeln gesetzt worden sein.
236
Die Zeugin …, die im Café … als Bedienung arbeitet, bekundete glaubhaft, sie habe am 27.06.2020 ab ca. 17.00 Uhr mit ihrer Schicht im Café … begonnen. Aufgrund des Besuchernachweises wegen der Pandemiesituation ergebe sich, dass der Angeklagte zunächst nachmittags bis 18.00 Uhr im Café gewesen sei. Danach sei er weg gewesen. Irgendwann zwischen 19.00 Uhr und 20.35 Uhr sei der Angeklagte wieder am Café … erschienen. Sie habe zu dieser Zeit aufgrund eines aufziehenden Sturmes gerade draußen die Sonnenschirme geschlossen. Der Angeklagte habe ein dunkles T-Shirt getragen und ein Handtuch über dem Kopf getragen. Sie sei dabei der Meinung gewesen, das Handtuch habe gegebenenfalls als Regenschutz gedient. Er sei in sein Zimmer gegangen. Aufgrund der Besucheraufzeichnungen könne sie angeben, dass der Angeklagte dann um 20.35 Uhr wieder im Café … erschienen sei. Dabei habe er den Eindruck hinterlassen, als ob er frisch geduscht wäre. Er habe nach einem Zewa gefragt, um eine blutende Wunde am Kopf zu versorgen. Sie habe sich die Wunde angesehen. Diese sei vom Haaransatz nach hinten gegangen und ziemlich lang gewesen. Ihrer Meinung nach hätte sie ärztlich versorgt werden müssen. Dies habe der Angeklagte aber abgelehnt. Der Angeklagte habe auch angegeben, dass er vom … gekommen sei und aufgrund des Sturmes gegen einen Ast gefahren sei. Der Angeklagte habe dann vier Bier getrunken und sei bis 23.00 Uhr im Café … gewesen, als dieses geschlossen worden sei. Dabei sei er ruhiger gewesen als sonst. Er habe irgendwie abwesend gewirkt. Sonst sei er immer eher lustig gewesen, in diesem Fall habe er aber keine Witze gemacht.
237
Aufgrund der vorgenannten Umstände steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich der Angeklagte im Bereich der Weiher seiner Stiefel entledigte. Diese wurden dort aufgefunden. Weiterhin geht die Kammer davon aus, dass sich der Angeklagte einen Teil des Blutes abgewaschen hat, bevor er mit seinem Fahrrad zurückfuhr. Dies folgt aus dem Vergleich der Beschreibung des Angeklagten durch die Zeugin … und die Zeugin … Bei seiner Ankunft am Café … erschien der Angeklagte deutlich weniger beblutet. Weil er seinen großen Rucksack mit sich führte, mit dem er wohl in der Vergangenheit auch im Bereich des … unterwegs war, ist nachvollziehbar, dass er sich abwaschen konnte, ein Handtuch auf seinem Kopf platzieren konnte und Badeschlappen als Ersatzschuhe zur Verfügung hatte, die er schließlich auch bei seiner Festnahme trug, wie die in Tschechien gefertigten und in Augenschein genommenen Lichtbilder zeigen.
238
Dass der Angeklagte mit dem Fahrrad unterwegs war, ergibt sich aus der Gesamtschau seines vorherigen Verhaltens. Sämtliche Zeugen, die regelmäßig nach seiner Haftentlassung mit dem Angeklagten Kontakt hatten, bestätigten, dass der Angeklagte grundsätzlich mit dem Fahrrad unterwegs war. Auch der Zeuge … sah den Angeklagten bereits in den Mittagsstunden des 27.06.2020 mit dem Fahrrad zu den Weihern fahren. Aus Sicht der Kammer besteht keinerlei Grund dafür, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht mit seinem Fahrrad unterwegs gewesen sein soll, zumal die Wegstrecke zwischen dem Café … und dem Tatanwesen 4,5 km betrug. Da die Zeugin … den Angeklagten bereits zwischen 19.00 Uhr und jedenfalls vor 20.35 Uhr am Café … wahrnahm und dieser erst duschte, bevor er um 20.35 Uhr ins Café zurückkehrte, kann er die vorgenannte Strecke nicht zu Fuß zurückgelegt haben.
239
Sämtliche oben genannten Zeugen beschrieben das vom Angeklagten verwendete Fahrrad ähnlich, insbesondere ist ihnen das Netz am hinteren Rad in Erinnerung. Mit diesem Fahrrad fuhr der Angeklagte auch in die Tschechische Republik, wie auf den dort gefertigten Lichtbildern, die in Augenschein genommen wurden, zu erkennen ist.
240
c) Die Feststellungen zum Tatmesser beruhen auf folgenden Umständen:
241
Die Zeugin … bekundete glaubhaft, sie habe am 09.07.2020 in der … in … auf dem Gelände ihres Bruders bei der Pflege von Rosensträuchern neben dem Radweg ein Messer in einer Scheide aufgefunden, ähnlich eines Tauchermessers. Dies sei nach ihrer Mitteilung durch die Polizei sichergestellt worden. Die Zeugin beschrieb in diesem Zusammenhang im Rahmen der Hauptverhandlung die Stelle, an der sie das Messer aufgefunden habe. Dabei konnte festgestellt werden, dass der Auffindeort im Bereich der Fahrstrecke zwischen dem Tatanwesen und dem … an der … lag.
242
Die molekulargenetische Untersuchung des Messers ergab - wie dargestellt -, dass am Klingenende Ecke links eine Mischspur von zwei Personen aufgefunden werden konnte, bei der die Geschädigte … Mitverursacherin ist. Der Geschädigte … kommt insoweit als Mitverursacher in Frage. Darüber hinaus konnte am Griff, linke Seite, ebenfalls eine Mischspur von zwei Personen festgestellt werden, bei der Hauptverursacher der Angeklagte ist. Dieser ist als Spurenhauptverursacher ohne vernünftigen Zweifel festzustellen. Letztlich bestätigte auch der Sachverständige …, dass das aufgefundene Messer im Hinblick auf die zugefügten Verletzungen durchaus als Tatmesser in Betracht kommt.
243
Aufgrund der vorgenannten Umstände steht fest, dass es sich bei dem durch die Zeugin … aufgefundenen Messer um das Tatmesser handelt.
244
d) Der Zeuge … schilderte nachvollziehbar den Fluchtweg des Angeklagten mit seinem Fahrrad nach Tschechien und inwieweit er hierbei durch verschiedene Überwachungskameras erfasst bzw. von verschiedenen Personen gesehen wurde.
6. Feststellungen zur erhaltenen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit:
245
Die Feststellungen zur erhaltenen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt beruhen auf dem Sachverständigengutachten der Sachverständigen …, das diese im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstattete. Sie kam insoweit zu folgenden Ergebnissen:
246
Sie habe den Angeklagten am 01.10.2020 und am 16.10.2020 jeweils persönlich untersucht, wobei er sich jeweils auch geäußert habe.
247
Aus diagnostischer Sicht gebe es keine Anhaltspunkte für eine affektive Erkrankung, für eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis oder für eine himorganische Beeinträchtigung des Angeklagten. Aufgrund einer von ihr veranlassten klinisch-psychologischen Zusatzbegutachtung beim Angeklagten sei von einer zumindest durchschnittlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit auszugehen. Zur Primärpersönlichkeit des Angeklagten gehörten impulsive Anteile, feindselige Verhaltensweisen, mangelnde Impulskontrolle, antisoziale Züge, eine niedrige Schwelle für Aggression, fehlendes Selbstwertgefühl mit narzisstischen Tendenzen, eine ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber Kritik, die Tendenz einer nihilistischen Weltansicht, welche die Gültigkeit einer Gesellschafts- und Werteordnung verneine und extemalisierende Tendenzen. Dies folge aus der Beschreibung der Persönlichkeit des Angeklagten durch Zeugen, insbesondere durch frühere Partnerinnen. Das Drapieren der Leichen nach den Tötungshandlungen erscheine aus Sachverständigensicht nicht als Ausdruck eines sexuellen Sadismusses, sondern als positive Dokumentation der Entwertung der Personen, als Ausdruck des Hasses und als Ausdruck auch eines Besitzwillens gegenüber der Geschädigten …. Eine manifeste Persönlichkeitsstörung mit zeitstabilen erheblichen Verhaltensauffälligkeiten in nahezu allen Lebensbereichen könne jedoch ICD 10-orientiert noch nicht erkannt werden. Auch die klinisch-psychologische Zusatzbegutachtung habe keine Hinweise auf eine antisoziale oder auf eine impulsive Persönlichkeitsstörung ergeben.
248
Von den früheren Partnerinnen sei berichtet worden, dass der regelmäßige Alkoholkonsum die Aggressivität des Angeklagten extrem gesteigert habe. Dieser sei sehr jähzornig gewesen. Zum Teil seien Situationen unter zusätzlichem Alkoholeinfluss entgleist, er sei auch gegenüber den Partnerinnen handgreiflich geworden.
249
Ein Abhängigkeitssyndrom könne festgestellt werden. Diese Feststellung setze das gemeinsame Vorliegen von zumindest drei der anerkannten ICD 10 Kriterien über mindestens einen Monat lang voraus. Falls diese nur für kürzere Zeit gemeinsam aufträten, sollten sie innerhalb von 12 Monaten wiederholt bestanden haben. Der Angeklagte erfülle vorliegend die Kriterien Nr. 1 (starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren), Nr. 2 (verminderte Kontrollfähigkeit bzgl. des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums), Nr. 4 (Nachweis einer Toleranz) und Nr. 6 (anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutig schädlicher Folgen). Es könne damit bereits von einer manifesten Alkoholabhängigkeitserkrankung gem. ICD 10 F 10.2 ausgegangen werden.
250
Die Tatsache, dass es dem Angeklagten offenbar an einzelnen Tagen gelungen sei, seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren und die Tatsache, dass er in der Vergangenheit auch zu jahrelanger zwischenzeitlicher Abstinenz in der Lage gewesen sei, spreche aus Sachverständigensicht nicht gegen die aktuell vorliegende Abhängigkeitserkrankung beim Angeklagten.
251
Bezogen auf die Voraussetzungen gem. der §§ 20, 21 StGB seien folgende Ausführungen veranlasst:
252
Klinische Anhaltspunkte für eine affektive Erkrankung oder eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis gebe es nicht.
253
Auch liege keine schwerwiegende hirnorganische Beeinträchtigung des Probanden vor.
254
Eine überdauernde psychische Störung, die dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung zuzuordnen wäre, könne damit nicht festgestellt werden.
255
Es gebe auch keine Hinweise für eine schwerwiegende Alkoholintoxikation bei dem alkoholgewohnten Angeklagten. Eine Alkoholintoxikation wäre grundsätzlich als vorübergehende, krankhafte seelische Störung unter dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung zu subsumieren. Vorliegend sei bei Zugrundelegung einer Trinkmenge von 9 halben Bier vor der Tat, mithin 180 g Alkohol, eines Trinkbeginns um 09.00 Uhr morgens, einer Tatzeit um 18:30 Uhr, eines Körpergewichts von 88 kg, eines Reduktionsfaktors von 0,7 und eines Resorptionsdefizits von 10 % nach der Widmark-Formel von einer max. Tatzeitblutalkoholkonzentration von 1,68 Promille auszugehen. Andererseits sei der Angeklagte jedoch seit vielen Jahren an Alkoholgenuss gewöhnt. Keiner der Zeugen, die mit dem Angeklagten am Tattag, vor oder nach der Tat, in Kontakt traten, habe über Ausfallerscheinungen berichtet. Zudem sei der Angeklagte mehraktig, zielgerichtet und planmäßig vorgegangen. Von einer schwerwiegenden Alkoholintoxikation sei daher nicht auszugehen.
256
Anknüpfungstatsachen, die für einen affektiven Ausnahmezustand tatzeitbezogen im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung mit Desorganisation im Handeln und Einschränkungen im Bereich der Realitätskontrolle sprechen würden, seien nicht erkennbar. Zwar gehöre zu jedem Tötungsdelikt eine gewisse Affektkomponente und es würden sich auch planmäßiges Vorgehen und Affekt nicht grundsätzlich ausschließen. Vorliegend seien jedoch keine Anhaltspunkte für eine affektive Aufladung im Sinne einer Bewusstseinsstörung erkennbar. Insbesondere im Hinblick auf das Vortatverhalten am Tattag, den Tathergang und das Nachtatverhalten könne von einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung mit einer Desorganisation im Handeln und einer Einschränkung im Bereich der Realitätskontrolle nicht gesprochen werden.
257
Eine forensisch relevante Intelligenzminderung scheide nach dem Ergebnis der klinisch-psychologischen Zusatzbegutachtung aus.
258
Eine Persönlichkeitsproblematik, die den Angeklagten vergleichbar einer krankhaften seelischen Störung beeinträchtigen würde (Analogiemodell), könne nicht festgestellt werden, sodass im Ergebnis auch keine schwere andere seelische Störung anzunehmen sei. Beim Angeklagten sei keine Persönlichkeitsproblematik erkennbar, die ihn in vergleichbarer Weise beeinträchtige. Auch anlässlich der klinisch-psychologischen Zusatzbegutachtung seien keine Hinweise auf eine antisoziale und auf eine impulsive Persönlichkeitsstörung gefunden worden. Zwar gehörten zur Persönlichkeit des Angeklagten impulsive Anteile, feindliche Verhaltensweisen, mangelnde Impulskontrolle, antisoziale Züge, eine niedrige Schwelle für Aggression, fehlendes Selbstwertgefühl mit narzisstischen Tendenzen, eine ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber Kritik und eine Tendenz einer nihilistischen Weltansicht sowie externalisierende Tendenzen. Diese Persönlichkeitsmerkmale beeinträchtigten den Angeklagten jedoch nicht in einer Art und Weise, die einer krankhaften seelischen Störung vergleichbar wäre.
259
Im Hinblick auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt bedeute dies, dass die grundsätzliche Einsichtsfähigkeit erhalten gewesen sei.
260
Der anzunehmende tatzeitbezogen vorliegend enthemmende Alkoholeinfluss habe mit großer Wahrscheinlichkeit zwar das Hemmvermögen des Angeklagten und damit seine Steuerungsfähigkeit herabgesetzt. Die aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols sei dem Angeklagten, seinen Angaben gegenüber der Sachverständigen zufolge, auch bekannt gewesen. Anknüpfungstatsachen, die für eine bereits im gravierenden Umfang eingeschränkte Steuerungsfähigkeit aufgrund massiver Intoxikation sprechen würden, seien jedoch nicht erkennbar. Beim Angeklagten habe keine schwere oder massive Intoxikation vorgelegen. Er sei Alkohol gewöhnt. Über Ausfallerscheinungen sei nicht berichtet worden.
261
Auch ein Vollrauschzustand habe nicht vorgelegen.
262
Die Kammer schließt sich den vorgenannten Ergebnissen der Sachverständigen …, die der Kammer seit vielen Jahren als zuverlässig und besonders fachkundig bekannt ist, nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung im vollen Umfang an. Angesichts des seit vielen Jahren bestehenden Alkoholmissbrauchs geht auch die Kammer von einer bestehenden Abhängigkeitserkrankung aus. Die von der Sachverständigen berechnete Blutalkoholkonzentration konnte seitens der Kammer anhand der Widmark-Formel nachvollzogen werden. Die tatzeitbezogene Alkoholisierung führte beim Angeklagten jedoch nicht zu einer relevanten Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit. Dies folgt insbesondere auch unter Berücksichtigung der Beschreibung des Verhaltens vor und nach der Tat und bei Berücksichtigung seines zielgerichteten und mehraktiken Vorgehens bei der Tatbegehung. Aus dem gleichen Grunde kann die Kammer auch keinen affektiven Ausnahmezustand tatzeitbezogen im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung erkennen. Im Hinblick auf etwaige Persönlichkeitsakzentuierungen beim Angeklagten ist aus Sicht der Kammer keine Persönlichkeitsproblematik erkennbar, die den Angeklagten vergleichbar einer krankhaften seelischen Störung beeinträchtigen würde. Zusammenfassend kann von einer relevanten Einschränkung des kognitiven und voluntativen Funktionsgefüges zum Tatzeitpunkt keine Rede sein.
7. Feststellungen zum Tötungsvorsatz:
263
Die Feststellungen zum Tötungsvorsatz beruhen auf folgenden Umständen:
264
Der Angeklagte hat jeweils mehrere wuchtige und gezielte Messerstiche in den Brustbereich der beiden Geschädigten gesetzt. Hierbei handelt es sich um eine äußerst vulnerable Körperregion. Dies ist auch dem Angeklagten, nicht zuletzt aufgrund seiner Ausbildung als Metzger, bekannt. Der Angeklagte hat daher jeweils äußerst gefährliche Gewalthandlungen begangen. Bei solchen ist grundsätzlich vom Vorliegen eines direkten Tötungsvorsatzes auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2011, Az. 1 StR 120/11). Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall gegen direkten Tötungsvorsatz sprechen, liegen nicht vor:
265
Zwar war der Angeklagte zum Tatzeitpunkt alkoholbedingt enthemmt. Wie dargestellt, war seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit jedoch nicht in gravierendem Maße beeinträchtigt. Er ist zielgerichtet vorgegangen. Er hat mehrere, jeweils wuchtige und gezielte Messerstiche gesetzt. Anschließend hat er die Leichen in eindeutig sexueller Pose drapiert. Zuletzt ist zu sehen, dass der Angeklagte die Tat auch angekündigt hat. So hat er gegenüber dem Zeugen … kurz vor der Tat - wie dargestellt - angegeben, wenn seine Exfreundin hereinkäme, würde er sie töten. Auch bereits während seiner Strafhaft gab er gegenüber dem Mitgefangenen … - wie dargestellt - an, dass er nach der Entlassung seine Exfreundin umbringen werde und, falls sie einen Neuen habe, dieser auch mit dran sei. Zuletzt hat der Angeklagte auch mit den an die Geschädigte … versandten WhatsApp-Nachrichten dieser angedroht, dass er sie öffne, wenn sie die Mails nicht öffne, dass er sie ficke und dass er sie und den kriege und sie aufpassen sollten.
266
Bei Gesamtbetrachtung der vorgenannten Umstände hat die Kammer keinerlei Zweifel daran, dass der Angeklagte die beiden Geschädigten töten wollte und somit mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt hat.
8. Feststellungen im Hinblick auf das Vorliegen von Mordmerkmalen:
267
a) Die Feststellungen, dass der Angeklagte die Absicht hatte, den Geschädigten … zu töten, damit dieser ihn nicht von der Tötung der Geschädigten … abhalten kann und er so die Tötung der Geschädigten … ermöglicht, ergeben sich zur Überzeugung der Kammer aus folgenden Umständen:
268
Beim Geschädigten … handelte es sich um einen rüstigen, vitalen Mann, der trotz seines Rentenalters noch Waren für eine Bäckerei ausfuhr. Mit Gegenwehr von seiner Seite war zu rechnen. Der Angeklagte kannte … auch jedenfalls vom Sehen im Bereich der Bäckerei und des späteren Tatortes. Da ihm auch das Fahrzeug und die Autonummer des Geschädigten … bekannt waren und das Fahrzeug vor dem Tatanwesen stand, wobei es bei Annäherung des Angeklagten von den Weihern aus für ihn ersichtlich war, wusste der Angeklagte auch, dass der Geschädigte … sich zum Tatzeitpunkt am Tatort befand. … saß bei Annäherung des Angeklagten an die Terrasse, als er um die Ecke schritt, genau zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten …. Der Angeklagte stach sofort, maximal 3 Sekunden nach seinem Erscheinen auf Hans … ein. Nur eine Sekunde danach erfolgte ein weiterer Stich. Danach drückte der Angeklagte den Geschädigten mit seinem Stuhl zur Seite auf den Boden, räumte ihn gleichsam aus dem Weg, um sofort der Geschädigten … nachsetzen zu können. Gleichwohl verwirklichte sich die ursprüngliche Befürchtung des Angeklagten, indem der Geschädigte … ihm schließlich - schwer getroffen - mit einem Holzstiel nachfolgte und ihn zumindest damit auf den Kopf schlug.
269
Angesichts der vorgenannten Umstände steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte zum einen Grund hatte, den Geschädigten … aus dem Weg zu räumen, und es ihm zum anderen ersichtlich auch darum ging, die Tötung der … durch die Tötung des Geschädigten … bewerkstelligen zu können.
270
b) Die Feststellungen, dass der Angeklagte die Geschädigte … tötete, vornehmlich, um seine Besitzansprüche und daraus resultierende Wut in einer Bestrafung der Geschädigten … abzureagieren ergibt sich aus folgenden Umständen:
271
Der Angeklagte ging davon aus, dass die Geschädigte … ihm gehöre. Dies wurde bereits am 30. Geburtstag des … deutlich, als es der Angeklagte nicht ertragen konnte, dass der Exmann der Geschädigten, obgleich dieser mit seiner neuen Partnerin gekommen war, anwesend war. Die Einstellung des Angeklagten wird auch deutlich während seiner Inhaftierung, als er dem Mitinsassen … mitteilte, er werde die Geschädigte, die die Beziehung beendet habe, nach seiner Entlassung töten und wenn sie einen Neuen habe, sei dieser auch mit dran. Der Angeklagte akzeptierte nicht, dass die Geschädigte … sich ihm nunmehr endgültig entzog. Anders als während der Beziehung im Jahre 2019, wo sie trotz des Verhaltens des Angeklagten die Beziehung weiter fortführte bzw. wieder aufnahm, ignorierte sie nach der Haftentlassung die Kontaktaufnahme und die Kontaktversuche des Angeklagten und erwirkte sogar ein polizeiliches Kontaktverbot. Dies ignorierte der Angeklagte ebenso wie die unmissverständliche Mitteilung der Geschädigten … in dem Brief vom 25.01.2020, dass die Beziehung beendet sei. Der Angeklagte akzeptierte dies nicht, insbesondere nicht, dass die Geschädigte … konsequent blieb und aktiv Maßnahmen ergriff, quasi ihre Opferrolle ablegte. Dies konnte er nicht ungestraft hinnehmen. Das Drapieren der Leichen in eindeutig sexueller Pose zeigt eindrücklich, dass es dem Angeklagten auch um eine Bestrafung der Geschädigten … ging.
272
Für den Angeklagten stand auch nicht im Vordergrund, dass er sich womöglich von der Geschädigten ausgenutzt fühlte. Er wohnte über mehrere Monate lang bei der Geschädigten …. Soweit er in dieser Zeit einen Handlauf montierte, eine Ölrechnung über knapp 800,00 € beglich und Miete in Höhe von 300,00 € zahlte, liegt offensichtlich keine unangemessene Gegenleistung vor.
273
Der Angeklagte war auch in der Lage, diese Umstände in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufzunehmen und diese gedanklich zu beherrschen und willensmäßig zu steuern. Wie dargestellt, war die Einsicht- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht gravierend eingeschränkt. Insbesondere lag kein affektiver Ausnahmezustand vor. Die Tat zum Nachteil der Geschädigten … entwickelte sich aus einem länger andauernden Prozess, in dem der Angeklagte verschiedene Handlungsalternativen erwägen konnte. Dass er sich in dieser Situation zur Tötung entschloss, rechtfertigt die Annahme, dass er die Umstände, die der Tat das Gepräge der niederen Beweggründe geben, in sein Bewusstsein aufgenommen hatte und er diese gedanklich steuern konnte.
274
c) Die Feststellungen, dass die beiden Geschädigten nicht mit einem Angriff rechneten, deshalb wehrlos waren und der Angeklagte diese Umstände erfasst und bewusst ausgenutzt hat, ergeben sich aus folgenden Umständen:
275
… und … rechneten in der konkreten Tatsituation ersichtlich nicht mit einem Angriff seitens des Angeklagten. Sie waren gerade im Begriff, auf der Terrasse zu. grillen und zu essen. Wie dargestellt, wurde dies durch die Zeugin … bestätigt, die sogar eine Einladung von den Geschädigten erhielt, mitzugrillen, was sie jedoch ablehnte. Auch der Zeuge … bestätigte, dass auf der Terrasse offenbar gegrillt wurde und auf dem Terrassentisch Gegrilltes festgestellt werden konnte. Die Terrasse befindet sich unmittelbar im Bereich eines Waldrandes. Auf dem ersten Bild der Überwachungskamera ist zu ersehen, dass der Geschädigte … entspannt nach hinten gelehnt im Stuhl saß, die Geschädigte … stand entspannt neben ihm. Beide reagierten zunächst nicht, als der Angeklagte um die Ecke erschien. Die Zeugin … bestätigte - wie dargestellt - auch, dass die Geschädigte … am Nachmittag beruhigter war als noch am Vormittag, da ihr Lebensgefährte übers Wochenende anwesend gewesen sei, und schilderte eine insgesamt entspannte Situation. Die beiden Geschädigten waren somit zur Überzeugung der Kammer in der konkreten Situation trotz des Vorverhaltens des Angeklagten und dem Bestreben, Sicherungsmaßnahmen grundsätzlich zu treffen, arglos und rechneten ersichtlich nicht mit einem unmittelbar bevorstehenden Angriff. Ein entspanntes Grillen am Waldrand wäre sonst nicht nachvollziehbar.
276
Die beiden Geschädigten waren deshalb zur Überzeugung der Kammer auch wehrlos:
277
Nur 3 Sekunden nach dem Erscheinen des Angeklagten um die Hausecke war bereits deutlich ein Stich in den Brustbereich des Geschädigten … zu erkennen. Dies in einer Situation, als dieser noch nach hinten gelehnt im Stuhl saß. Nur eine Sekunde später erfolgte ein weiterer Stich. Der Angeklagte nahm sofort die Verfolgung der Geschädigten … auf. Er erreichte diese noch im Flur. Die Geschädigte … wies keinerlei Abwehrverletzungen auf. Ein Kampfgeschehen, das von Gegenwehr geprägt gewesen wäre, hat hinsichtlich der Geschädigten … nicht stattgefunden. Auch im Hinblick auf den Geschädigten … war bei Setzen der Stiche auf der Terrasse keine Gegenwehr vorhanden. Dem Geschädigten … blieb keine Chance, die Angriffe mit den bereitliegenden Gegenständen, wie dem im Anschluss ergriffenen Holzstiel, effektiv abzuwehren. Selbst nachdem er mit dem Holzstiel dem Angeklagten in das Hausinnere folgte, gelang ihm dies - auch im Hinblick auf seine bereits erlittenen Verletzungen - nicht.
278
Diese Umstände hatte der Angeklagte zur Überzeugung der Kammer auch erfasst und bewusst ausgenutzt:
279
Er kannte die Örtlichkeit. Er näherte sich den Geschädigten um die Hausecke. Er überraschte sie auf der Terrasse. Der Angeklagte hatte zu diesem Zeitpunkt das Messer bereits in der Hand. In der gleichen Sekunde, in der er erschien, erfolgte auch eine erste Attacke auf den Geschädigten … nach nur 3 Sekunden ein erster ersichtlicher Stich und eine Sekunde später ein weiterer Stich. Er setzte sofort der Geschädigten … nach und erreichte diese noch im Flur. Es ging dem Angeklagten also ersichtlich darum, schnellstmöglich zu handeln und das Überraschungsmoment ausnützen zu können.
280
Auch dem Sachverständigengutachten der Sachverständigen … folgend ist in der konkreten Tatsituation beim Angeklagten von einem Ausnutzungsbewusstsein auszugehen. Die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit war nicht im gravierenden Maße vermindert. Der Angeklagte handelte zielgerichtet und mehraktig. Er reagierte schnell auf Umstände, insbesondere auf die Reaktion der Opfer und nahm deshalb das tatsächliche Geschehen auch realistisch war.
D) Rechtliche Würdigung:
281
Der Angeklagte hat sich deshalb des Mordes in zwei tatmehrheitlichen Fällen schuldig gemacht, §§ 211 Abs. 1, Abs. 2 4. Alt., 5. Alt. und 8. Alt., 53 StGB.
I.
282
Der Angeklagte hat zwei Menschen vorsätzlich getötet.
II.
283
1. Der Angeklagte hat hinsichtlich beider Geschädigten das Mordmerkmal der Heimtücke verwirklicht, § 211. Abs. 2 5. Alt. StGB.
284
Heimtückisch tötet, wer in feindlicher Willenrichtung die objektiv gegebene Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt (BGH, Urteil vom 10.02.2010, Az. 2 StR 503/09, Beck RS 2010, 07715, Rn. 7; BGH, Urteil vom 01.04.2009, Az. 2 StR 571/08, NStZ 2009, 501; BGH, Urteil vom 17.09.2008, Az. 5 StR 189/09, NStZ 2009, 30). Wesentlich ist hierbei, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer deswegen hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (BGH, Urteil vom 01.04.2009, Az. 2 StR 571/08, NStZ 2009, 501; BGH, Urteil vom 10.03.2006, Az. 2 StR 561/05, NStZ 2006, 338; BGH, Urteil vom 16.08.2005, Az. 4 StR 168/05, NStZ 2006, 167).
285
Für das bewusste Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit ist es erforderlich, dass der Täter, die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Arglosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH, Urteil vom 10.02.2010, Az. 2 StR 503/09, Beck RS 2010, 7715 Rn. 7, Beck online).
286
Maßgebend für die Beurteilung ist grundsätzlich der Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (BGH, Urteil vom 11.10.2005, Az. 1 StR 250/05, NStZ 2006, 96).
287
Der Angeklagte überraschte die beiden Geschädigten beim Grillen. Diese befanden sich in einer entspannten Situation auf der Terrasse am Waldrand und grillten bzw. aßen ihr Gegrilltes. Sie rechneten daher ersichtlich nicht mit einem unmittelbar bevorstehenden Angriff des Angeklagten. Selbst als dieser um die Ecke erschien, reagierten die beiden Geschädigten zunächst nicht. Der Geschädigte … blieb weiterhin zurückgelehnt im Terrassenstuhl sitzen.
288
Der Angeklagte hat die Geschädigten in dieser Situation überrascht. Er trat um die Hausecke. Zu dieser Zeit hatte er bereits das Messer in der Hand. In der gleichen Sekunde erfolgte die erste Attacke gegen den Geschädigten …. Nur 3 Sekunden nach seinem Erscheinen stach er diesem wuchtig in den Brustbereich. Nur eine weitere Sekunde später erfolgt ein weiterer Stich. Er nahm sofort die Verfolgung der Geschädigten … auf, die er noch im Flur erreichte. Seitens des Geschädigten … war auf der Terrasse keine Gegenwehr vorhanden. Er hatte keine Chance, mit bereitliegenden Gegenständen, wie z.B. dem später ergriffenen Holzstiel, den Angriff effektiv abzuwehren. Auch bei der Geschädigten …, bei der keine Abwehrverletzungen festzustellen waren, hat im Hausinneren kein Kampfgeschehen, das von Gegenwehr geprägt gewesen wäre, stattgefunden. Der Angeklagte kannte auch die örtlichen Verhältnisse sehr gut, nachdem er mehrere Monate lang bei der Geschädigten … gewohnt hatte.
289
Die nach der Haftentlassung erfolgten Aktionen des Angeklagten gegenüber der Geschädigten …, wodurch diese latent Angst vor dem Angeklagten hatte, und die von ihr oder dem Geschädigten … daher veranlassten Maßnahmen, wie z.B. das Bereitlegen von Holzstielen und Abwehrsprays, steht der Annahme von Heimtücke nicht entgegen. Für beide Geschädigten bestand kein akuter Anlass für die Annahme, dass der ständig befürchtete schwerwiegende Angriff auf ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit nun unmittelbar bevorstand (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2012, Az. 4 StR 84/12, Juris; BGH, Entscheidung vom 21.01.2021, Az. 4 StR 337/20, Juris; BGH, Entscheidung vom 11.11.2015, Az. 5 StR 259/15 Juris).
290
Dass sich die beiden Geschädigten an dem Abend des 27.06.2020 sicher fühlten, zeigt schon die Tatsache, dass beide auf der Terrasse des Anwesens am Waldrand nahezu uneinsehbar für Dritte über längere Zeit grillten und dort gemütlich saßen. Die Zeugin … bekundete, dass die beiden bereits vor 18.00 Uhr mit dem Grillen begonnen hatten, sie sogar zum Grillen einladen wollten, was sie ablehnte. Auf dem Terrassentisch konnte Gegrilltes festgestellt werden. Nach Auskunft der Zeugin … war die Geschädigte … beruhigt, die Stimmung war insgesamt entspannt.
291
Der Annahme der Heimtücke steht auch nicht entgegen, dass die Geschädigte … nach den Attacken bzw. nach den Stichen auf den Geschädigten … mit einem Angriff auf sich rechnete. Sie war weiterhin arglos und wehrlos, da der Angeklagte zwar in diesem Moment offen feindselig agierte, jedoch die Geschädigte … die ihr drohende Gefahr erst im letzten Augenblick, zu spät, erkannte, so dass ihr keine Möglichkeit blieb, dem Angriff tatsächlich zu entgehen. Als die Geschädigte die Feindseligkeit des Angeklagten erkannte, nämlich beim Angriff auf den Geschädigten …, ihren Beschützer, der letztlich auch ihr golt, blieb ihr aufgrund der Kürze der Zeitspanne keinerlei wirkungsvolle Möglichkeit mehr, dem unmittelbaren Angriff auf sich selbst zu begegnen, wie der gescheiterte Fluchtversuch zeigt. Das Geschehen auf der Terrasse ereignete sich innerhalb weniger Sekunden. Trotz des Fluchtversuchs gelangte die Geschädigte nur bis zum Flur, ehe sie vom Angeklagten eingeholt wurde. Abwehrverletzungen waren bei der Geschädigten … nicht festzustellen. Ein von Gegenwehr geprägtes Kampfgeschehen hat insoweit nicht stattgefunden.
292
Auch der Geschädigte … hatte, das Geschehen auf der Terrasse betreffend, aufgrund des vom Angeklagten ausgenutzten Überraschungsmomentes und des unverzüglichen Angriffes des Angeklagten keine Möglichkeit mehr, sich zu wehren. Obwohl der Holzstiel, den er später ergriff, direkt hinter ihm lag, konnte er diesen innerhalb der Kürze der Zeitspanne nicht mehr zur Abwehr ergreifen. Er saß, als die erste Attacke des Angeklagten erfolgte, entspannt zurückgelehnt im Terrassenstuhl. In der gleichen Sekunde, in der der Angeklagte um die Hausecke trat, erfolgte seine erste Attacke, nur 3 Sekunden danach der erste Stich und nur eine weitere Sekunde danach der weitere Stich. Eine Abwehrmöglichkeit bestand angesichts der Dynamik der Situation für den Geschädigten … nicht.
293
Beide Getöteten hatten damit keine Chance des Entrinnens, nachdem der Angeklagte, zur Tötung entschlossen, für sie überraschend auf die Terrasse trat und sie damit in die Gewalt des Angeklagten geraten waren (BGH, Urteil vom 30.09.2002, Az. 5 StR 139/02, Juris; BGH, Urteil vom 06.01.2021, Az. 5 StR, 288/20).
294
Die vorliegenden Umstände hatte der Angeklagte auch erfasst und er wollte sie für seine Tat ausnutzen. Ihm war bewusst, dass er die durch ihre Ahnungslosigkeit gegenüber seinem Angriff schutzlosen Menschen überraschen wird: Er kannte die Örtlichkeit, hatte bei seinem Erscheinen das Messer schon in der Hand und handelte innerhalb von Sekunden. Anhaltspunkte, dass die Fähigkeit des Angeklagten, die die Heimtücke begründenden Umstände zu erfassen, im Tatzeitpunkt eingeschränkt gewesen sein könnte, ergaben sich nicht. Insbesondere war - wie dargestellt - die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht gravierend beeinträchtigt. Er agierte zielgerichtet und mehraktig und reagierte auch auf äußere Umstände sowie auf die Reaktion der Opfer. Er nahm das tatsächliche Geschehen daher realistisch wahr.
295
2. Der Angeklagte hat bei der Tötung des Geschädigten … auch das Mordmerkmal der Ermöglichung einer anderen Straftat verwirklicht, § 211 Abs. 2 8. Alt. StGB.
296
Das den Angeklagten bei der Tötung des … leitende Motiv, die Triebfeder seines Handelns, war die Absicht, durch dessen Tötung die Tötung der Geschädigten … - und somit eine weitere, andere Straftat - zu ermöglichen.
297
Es ist ausreichend, wenn bei mehreren Motiven dieses das leitende Motiv ist (BGH, Entscheidung vom 14.01.2015, Az. 4 StR 532/14, Juris). Die Tötung muss nicht notwendiges Mittel zur Begehung der anderen Straftat sein. Vielmehr genügt es, dass sich der Täter deshalb für die zum Tode führende Handlung entscheidet, weil er glaubt, auf diese Weise die andere Straftat schneller oder leichter begehen zu können. Es genügt, dass nicht der Tod des Opfers, sondern die zur Tötung geeignete Handlung vom Täter als Mittel zur Begehung der weiteren Straftat angesehen wird. Zwischen dem Handeln des Täters und dem von ihm verfolgten Ziel muss somit eine finale Verknüpfung bestehen. Es genügt, dass die Begehung der anderen Straftat durch die Tötungshandlung erleichtert werden soll, dass sich der Täter also deshalb für die zum Tode führende Handlung entscheidet, weil er glaubt, auf diese Weise die andere Straftat schneller oder leichter begehen zu können. Das Leben eines anderen wird in einer die Strafwürdigkeit erhöhenden Weise eingesetzt, wenn seine Vernichtung als Mittel zur Durchführung einer anderen Straftat verwendet wird und der Täter dessen Tod um seines eigentlichen Zieles Willen herbeiführt. In der Bereitschaft, zur Durchsetzung krimineller Ziele „notfalls über Leichen zu gehen“, zeigt sich eine Geringschätzung fremden Lebens, die besonders verwerflich ist. Darin kommt auch eine besonders hohe Gefährlichkeit des Täters zum Ausdruck (BGH, Urteil vom 09.03.1993, Az. 1 StR 870/92, Juris).
298
Der Angeklagte kannte den Geschädigten … nur vom Sehen. Ein persönlicher Kontakt hatte vorher nicht stattgefunden. Er war eifersüchtig auf ihn, den neuen Partner der Geschädigten …. Er war wütend, da dieser ihm - aus seiner Sicht - im Wege stand, wie auch die WhatsApp-Nachrichten an die Geschädigte … zeigen. Der Angeklagte geht, als er den Wagen des Geschädigten … am Anwesen der … sieht, zu Recht davon aus, dass dieser ihm bei seinem Vorhaben, die Geschädigte für ihr Verhalten, ihre Weigerung mit ihm zusammen zu sein, zu bestrafen, zu töten, im Wege stehen würde. Er weiß, dass er den Geschädigten … ausschalten muss, aus dem Weg räumen muss, um sein Vorhaben, die Tötung der Geschädigten …, in die Tat umzusetzen. … war ein rüstiger vitaler Mann, der trotz seines Rentenalters noch Waren für eine Bäckerei ausfuhr. Er saß beim Erscheinen des Angeklagten zwischen ihm und der Geschädigten …. Nach den Attacken und Stichen des Angeklagten gegen …, die innerhalb von Sekunden erfolgten, drückte er diesen gleichsam aus dem Weg. Er drückte den Stuhl um, wodurch der Geschädigte zu Boden fiel. Dies erfolgte, um sofort der Geschädigten … nachsetzen zu können. Die Befürchtung des Angeklagten, der Geschädigte … könnte ihn daran hindern, … zu töten, realisierte sich auch insoweit, als …, obwohl aus Sicht des Angeklagten bereits tödlich verletzt, mit dem Holzstiel dem Angeklagten nachsetzte und diesen verletzte.
299
Vorherrschend bei den Angriffen auf den Geschädigten … war daher das Motiv, ihn aus dem Weg zu räumen. Es ging dem Angeklagten nicht in erster Linie um die Person des Geschädigten …, sondern um ihn in seiner Funktion als Beschützer der Geschädigten …. Dieses Motiv war bestimmend. Andere Motive, wie Eifersucht oder Wut traten demgegenüber in den Hintergrund.
300
Der Angeklagte hat damit den Geschädigten … zum Objekt seiner Wut und Gereiztheit gemacht, an deren Entstehung der andere nicht im geringsten Anteil hatte, mit Ausnahme der Tatsache, dass es sich bei ihm um den neuen Partner der Geschädigten … handelte, die sich ihm zugewandt hatte, nachdem die Beziehung zum Angeklagten bereits im Juli 2019 bzw. im Januar 2020 beendet gewesen war. Dies beweist ein außerordentliches Maß von Missachtung der körperlichen Integrität des Opfers. Darin kommt eine Gesinnung zum Ausdruck, die Lust an körperlicher Misshandlung und willkürliches Aufwerfen zum Herren über die körperliche Unversehrtheit anderer zum Inhalt hat und deshalb sittlich auf tiefster Stufe stehend, somit als niedrig gewertet werden muss. In diesem Fall missachtet der Täter vollständig den personalen Eigenwert des Opfers, spielt sich aus reiner Willkür zum Herren über Leben und Tod auf, was als sittlich besonders verwerflich und somit als niedriger Beweggrund zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2001, Az. 2 StR 259/01, Juris).
301
Da dieser niedrige Beweggrund den Tatbestand des Ermöglichens einer anderen Straftat erfüllt, wird das Mordmerkmal des niedrigen Beweggrundes von dem Mordmerkmal des Ermöglichens einer anderen Straftat verdrängt (BGH, Beschluss vom 07.11.2017, Az. 4 StR, 327/17, Juris).
302
Der Angeklagte, der in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit - wie dargestellt - nicht beeinträchtigt war, war auch in der Lage, die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen bzw. die sein Handeln zur Ermöglichung einer anderen Straftat begründen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufzunehmen und diese gedanklich zu beherrschen und willensmäßig zu steuern.
303
3. Der Angeklagte handelte bei der Tötung zum Nachteil der Geschädigten … aus niedrigen Beweggründen im Sinne des § 211 Abs. 2 4. Alt. StGB.
304
Niedrige Beweggründe liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Motive einer Tötung nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und daher besonders, das heißt in deutlich weitreichenderem Maße als bei einem Totschlag verachtenswert sind (BGH, Urteil vom 21.01.2018, Az.: 1 StR 351/17). Bei der Bewertung kommt es auf eine rechtliche Beurteilung an. Es reicht daher nicht aus, dass einer vorsätzlichen Tötung eine moralische Berechtigung fehlt. Der rechtswidrigen Tat nach § 212 StGB wohnt an sich schon ein unerträgliches Missverhältnis inne. Daher wäre es, auch im Hinblick auf Artikel 103 Abs. 2 GG und die absolute Rechtsfolge des § 211 StGB verfehlt, jede vorsätzliche Tötung, für welche sich kein nachvollziehbarer oder naheliegender Grund finden lässt, als Mord aus niedrigen Beweggründen anzusehen (BGH, Beschluss vom 24.10.2018, Az.: 1 StR 422/18, NStZ 2019, 204, beck-online).
305
Die Beurteilung erfordert eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren, für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren. Gefühlsregungen wie Zorn, Wut, Enttäuschung oder Verärgerung können niedrige Beweggründe sein, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, also nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind. Entbehrt entgegen das Motiv ungeachtet der Verwerflichkeit, die jeder vorsätzlichen und rechtswidrigen Tötung innewohnt, nicht jeglichen nachvollziehbaren Grundes, so ist es nicht als „niedrig“ zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 21.02.2018, Az.: 1 StR 351/17, NStZ - RR 2018, 177; Beschluss vom 24.10.2018, Az.: 1 StR 422/18, NStZ 2019, 204, beck-online).
306
Dementsprechend wird das Vorliegen eines niedrigen Beweggrundes in der Rechtsprechung etwa dort verneint, wo auch das Opfer Verantwortung an einer Konflikteskalation trifft. Auch bei spontanen Tatentschlüssen bedarf die Annahme eines niedrigen Beweggrundes besonderer Prüfung, zumal in allen Fällen eine Verurteilung wegen Mordes unter dem Gesichtspunkt niedriger Beweggründe voraussetzt, dass der Täter subjektiv die der Bewertung als niedrig zugrundeliegenden Umstände kannte und seine gefühlsmäßigen oder triebhaften Regungen gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern konnte. Dem kann ein spontaner Tatentschluss aber etwa auch eine bei dem Täter vorliegende Persönlichkeitsstörung entgegenstehen.
307
Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren Faktoren, die für die Motivbildung von Bedeutung waren. Die Grundhaltung des Angeklagten, die etwa seiner Wut über das Verlassenwerden zugrunde liegt, ist entscheidend (BGH, Entscheidung vom 30.08.2012, Az.: 4 StR 84/12, Juris).
308
Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es sich beim Angeklagten, wie die Sachverständige … ausführte, unter anderem um eine Person mit impulsiven, feindseligen Verhaltensweisen, mangelnder Impulskontrolle, antisozialen Zügen, niedriger Schwelle für Aggression, fehlendem Selbstwertgefühl mit narzisstischen Tendenzen, einer ausgeprägten Empfindlichkeit gegenüber Kritik und um eine Person mit Tendenzen einer nihilistischen Weltansicht, welche die Gültigkeit einer Gesellschafts- und Werteordnung verneint, und die extemalisierende Tendenzen aufweist, um sich nicht selbst zu belasten, handelt. Diese Eigenschaften des Angeklagten kamen auch schon in den früheren Beziehungen des Angeklagten, wie dessen Partnerinnen bekundeten, zum Ausdruck. So schilderte die Zeugin … das Verhalten des Angeklagten unter Alkoholeinwirkung als arrogant und unnahbar. Er habe sich groß gefühlt. Anderen Leuten gegenüber sei er schwierig gewesen, aggressiv. Wenn es zu viel geworden sei, sei er auch handgreiflich geworden. An der Arbeitsstelle habe es stets Ärger gegeben. Er habe deshalb den Arbeitsplatz häufig gewechselt und kein geregeltes Einkommen erzielt. Der Angeklagte habe auch viel gelogen. Insbesondere habe er verschwiegen, dass er keine Fahrerlaubnis habe. Zudem habe er ihr gegenüber angegeben, bereits bei verschiedenen Fußballvereinen in der Bundesliga gespielt zu haben.
309
Die Zeugin … schilderte, dass der Angeklagte von Anfang an ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Tochter … gehabt habe. Es habe Spannungen gegeben. Wenn er getrunken habe, habe er sich reizbar, jähzornig und brutal verhalten. Wenn es Widerspruch gegeben habe, sei er ausgerastet. Das Gleiche sei passiert, wenn ihm etwas nicht gepasst habe. Es habe oft Streit gegeben, wobei der Angeklagte handgreiflich geworden sei. Er habe ihre Töchter, insbesondere …, geschubst, geschüttelt und gepackt. Insbesondere wenn ihm jemand widersprochen habe, habe es Ärger gegeben. Ihre Tochter … habe ein blaues Auge vom Angeklagten erlitten, … blaue Flecken. Sie selbst habe Schläge gegen den Rücken und die Nieren erhalten. Hiervon habe sie Prellungen davon getragen. Sie habe sich auch einmal deswegen ins Krankenhaus begeben müssen. Der Angeklagte habe ihr gedroht, wenn sie versuche, ihn rauszuwerfen, dann schicke er sie und die Töchter über den Jordan. Sie habe zunächst die Beziehung aus Angst weiter geführt. Diese habe dann geendet, als der Angeklagte beruflich nach Mexiko gegangen sei. Verhalten oder gar eine etwaige Trennung gegen seinen Willen habe er nie akzeptieren können, sei aggressiv geworden.
310
Hierzu passt, dass der Angeklagte sich nach der Tat gegenüber der Sachverständigen …, wie diese glaubhaft bekundete, bei der Untersuchung dahingehend geäußert hat, dass er mit der Geschädigten … gar keine Beziehung geführt habe, sondern nur zweimal mit ihr geschlafen habe.
311
Diese Wesensmerkmale des Angeklagten führen zu Eifersucht, Kränkung bei Verlust, einem Minderwertigkeitsgefühl, zu Wut, Ärger und Rachegefühlen. Bei der Tatbegehung zum Nachteil der Geschädigten … waren alle diese Beweggründe wirksam, spielen jedoch nach Ansicht der Kammer nicht die entscheidende Rolle bzw. beruhen auf einer Grundhaltung, die selbst als niedrig zu bewerten ist.
312
Vorherrschend und somit leitendes Handlungsmotiv war, dass der Angeklagte davon ausging, dass die Geschädigte … (zu) ihm gehöre und zu tun habe, was er wünsche. Ihre Trennung, welche bereits im Juli 2019 erfolgte, beschäftigte ihn in all der Zeit bis zu der Tat. Er ignorierte diese ebenso wie das Schreiben der Geschädigten … vom 25.01.2020 und ein von ihr erwirktes polizeiliches Kontaktverbot. Der direkte Tötungsvorsatz, die konkrete Tatausführung, der bewusste Stich in den linken Schambereich und das Drapieren der Opfer in eindeutig sexueller Pose zeigen, dass es dem Angeklagten vornehmlich darum ging, seine Besitzansprüche und daraus resultierende Wut in einer Bestrafung der Geschädigten … abzureagieren, sich an ihr zu rächen.
313
In einem solchen Fall beruht die tatauslösende, vorherrschende Gefühlsregung des Angeklagten auf einer Grundhaltung, die durch eine ungehemmte Eigensucht und exklusive Besitzansprüche gekennzeichnet ist. Der Angeklagte wollte trotz des Zeitablaufs nicht wahr haben, dass er die Kontrolle über seine Expartnerin endgültig verloren hatte. Diese spurte nicht mehr so, wie er es auf dem Jahre 2019 gewohnt war. Sie blieb vielmehr konsequent in ihrer Ablehnung ihm gegenüber und ergriff nun aktiv Maßnahmen, legte ihre Opferrolle ab. Dies konnte er nicht ungestraft hinnehmen. Gerade das Drapieren der Leichen in eindeutig sexueller Pose zeigt eindrücklich, dass es dem Angeklagten auch um eine Bestrafung der Geschädigten … ging. Eine solche Grundhaltung steht nach allgemeiner sittlicher Bewertung auf tiefster Stufe.
314
Diese Gefühle und Regungen wurden - aufgrund des Ergebnisses einer Gesamtbetrachtung - auch nicht von Gefühlen der Verzweiflung und inneren Ausweglosigkeit, dem Gefühl der Demütigung oder Kränkung überlagert. Hierfür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr spricht gerade wieder das Drapieren der Leichen in eindeutig sexueller Pose gegen eine Überlagerung durch derartige Gefühle.
315
Auch liegen unter Zugrundelegung von Leistung (Wohnen im Anwesen …) und Gegenleistungen (finanzieller und tatsächlicher Art) keine objektiven Umstände vor, die die vom Angeklagten geäußerte Behauptung, er sei von der Geschädigten ausgenutzt worden, tragen. Der Angeklagte wohnte über Monate bei der Geschädigten …. Soweit er im Anwesen einen Handlauf anbrachte, eine Ölrechnung über knapp 800,00 Euro beglich und 300,00 Euro Miete an die Geschädigte bezahlte, liegt hier kein Missverhältnis zulasten des Angeklagten vor. Es handelt sich insofern um eine Erklärung, die es ihm erlaubt, an seinem Selbstbild festzuhalten, sich nicht selbst zu belasten, und die mit den von der Sachverständigen … festgestellten Charakterzügen in Einklang zu bringen ist.
316
Der Angeklagte wollte sein vermeintliches exklusives Besitzrecht an der Geschädigten … durchsetzen. Er sprach ihr das Lebensrecht ab, da sie sich gegen seinen Willen von ihm getrennt hatte, die Trennung dieses Mal auch als endgültige Entscheidung betrachtete und sich entsprechend verhielt. Die Tötung wurde vom Angeklagten gezielt als Mittel zur Verwirklichung eigener Ziele eingesetzt.
317
Der Angeklagte war auch in der Lage, die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufzunehmen und diese gedanklich zu beherrschen und willensmäßig zu steuern (BGH, Beschluss vom 17.04.2007, Az.: 5 StR 548/06, NStZ 2007, 525, beck-online; BGH Urteil vom 07.07.1993, Az.: 2 StR 17/93, Juris).
318
Eine Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit lag ausweislich der Ausführungen der Sachverständigen … nicht vor. Insbesondere lag auch kein rechtlich relevanter affektiver Ausnahmezustand vor: Der Angeklagte hat die Tat gedanklich vorweggenommen und diese dem Zeugen … sowie auch bereits während seiner Inhaftierung dem Zeugen … angekündigt. Auch der Tatablauf selbst spricht dagegen. Der Angeklagte hat gezielte und wuchtige Stiche in besonders vulnerable Bereiche und Körperregionen gesetzt. Auch das Drapieren der Leichen in eindeutig sexueller Pose und das ansonsten geordnete Nachtatverhalten, wie auch die Flucht in die Tschechische Republik zeigen, dass ein derartiger rechtlich relevanter affektiver Ausnahmezustand gerade nicht vorlag. Zudem ist eine gewisse affektive Erregung, und nur eine solche lag vor, bei einem tödlichen Angriff normal und spricht nicht gegen einen Tötungsvorsatz.
319
Aufgrund der vorliegenden Tötung und der vom Vorsatz umfassten und dem Angeklagten vorwerfbaren Modalitäten und Folgen ist die Schwelle für die Annahme, der Täter habe auch seine Antriebe hierzu gedanklich beherrscht und gewollt gesteuert, niedriger. Die Tat zum Nachteil der Geschädigten … entwickelte sich aus einem länger andauernden Prozess, in dem der Angeklagte verschiedene Handlungsaltemativen erwägen konnte. Dass er sich in dieser Situation zur Tötung entschloss, rechtfertigt die Annahme, dass er die Umstände, die der Tat das Gepräge der niedrigen Beweggründe geben, in sein Bewusstsein aufgenommen und diese gedanklich steuern konnte. Die Tat war Ergebnis eines nüchternen Kalküls.
III.
320
Die beiden Tötungshandlungen zum Nachteil der beiden Geschädigten stehen zueinander in Tatmehrheit, § 53 StGB.
321
Für die Frage, ob Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt, ist zu berücksichtigen, dass höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen, insbesondere das Leben von Menschen, einer additiven Betrachtungsweise, wie sie der natürlichen Handlungseinheit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich sind. Greift daher ein Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu vernichten, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammen zu fassen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene (BGH Urteil vom 24.02.1994, Az.: 4 StR 683/93; BGH, Entscheidung vom 03.09.2003, Az.: 5 StR 139/02; BGH, Entscheidung vom 25.03.1952, Az.: 1 StR 786/51, Juris).
322
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor:
323
Der Angeklagte attackierte vorliegend zunächst ausschließlich den Geschädigten … und wendete sich danach der Geschädigten … zu. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Angeklagte danach aufgrund des für ihn überraschenden Erscheinens des Geschädigten … im Hausinneren noch einmal diesem zuwenden musste und erneut diesem Stiche versetzte, auch um sein ursprüngliches Vorhaben sicher zu Ende zu bringen, wirkte der Angeklagte doch jeweils abwechselnd auf die beiden Geschädigten ein. Es erscheint daher aus Sicht der Kammer nicht gekünstelt, die beiden Tötungshandlungen zum Nachteil der beiden Geschädigten in zwei Akte zu trennen.
E. Strafzumessung
324
§ 211 Abs. 1 StGB sieht als Ahndung der Tat ausschließlich lebenslange Freiheitsstrafe vor.
325
Zu dieser war der Angeklagte jeweils als Einzelstrafe zu verurteilen. Etwaige Strafrahmenmilderungen gemäß § 49 StGB kamen nicht in Betracht. Insbesondere war, wie dargestellt, die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt nicht erheblich vermindert.
326
Außergewöhnliche Umstände, bei denen nach der Rechtsprechung § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Anwendung kommen kann, liegen ebenfalls nicht vor.
327
Der Angeklagte war daher zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe zu verurteilen, §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 1 StGB.
F. Besondere Schwere der Schuld
328
Zur Überzeugung der Kammer wiegt die Schuld des Angeklagten besonders schwer, § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB.
329
Verurteilt ein Gericht einen Angeklagten zu lebenslanger Freiheitsstrafe, so hat es gleichzeitig zu entscheiden, ob die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB besonders schwer wiegt (BGH, Beschluss vom 11.02.1999, Az.: 1 StR 686/98, NJW 1999 1269, beck-online).
330
Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ist systematisch kein Teil der Entscheidung zum Schuld- und Strafausspruch. Sie ist vielmehr eine Entscheidung für das Vollstreckungsverfahren, die das Bundesverfassungsgericht aus diesem herausgelöst und dem Tatgericht übertragen hat. Sie dient nicht der Bemessung der Sanktion, sondern der Vorbereitung einer Entscheidung über die Aussetzung ihrer weiteren Vollstreckung. Nur um sie vorzubereiten, hat das Tatgericht schon im Urteil die Umstände aufzuführen, die eine Beurteilung der Schuldschwere ermöglichen (BGH, Urteil vom 04.07.2018, Az.: 5 StR 46/18, NStZ 2018, 652, beck-online).
331
Bei der insoweit gebotenen Prüfung der besonderen Schuldschwere hat das Tatgericht ohne Bindung an begriffliche Vorgaben die schuldrelevanten Umstände zu ermitteln und zu gewichten. Alsdann hat es im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat- und Täterpersönlichkeit die Schuld daraufhin zu bewerten, ob sie nach seiner Auffassung besonders schwer ist. Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld kann dabei nur dann in Betracht kommen, wenn Umstände vorliegen, die Gewicht haben. Nur dies wird der nach § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu treffenden Entscheidung gerecht, die die Möglichkeit eines 15 Jahre überschreitenden Freiheitsentzuges eröffnet (BGH, Beschluss vom 22.11.1994, GSSt 2/94, NStZ 1995, 122; BGH, Urteil vom 04.07.2018, Az.: 5 StR 46/18, NStZ 2018, 652, beck-online). Solche Umstände können beispielsweise eine besondere Verwerflichkeit der Tatausführung oder der Motive, mehrere Opfer bei einer Tat, die Begehung mehrerer Mordtaten oder - im oder ohne Zusammenhang mit dem Mord begangene - weitere schwere Straftaten sein (a.a.O.). Eine besondere Schwere der Schuld kann auch dann anzunehmen sein, wenn der Täter mehrere Mordmerkmale verwirklicht (BGH, Urteil vom 21.01.1993, Az.: 4 StR 560/92, NStZ 1993, 235, beck-online; Urteil vom 27.06.2012, Az.: 2 StR 103/12, NStZ - RR 2012, 339, beck-online), ohne dass es hier auf ein bloßes Zusammenzählen von Mordmerkmalen ankommt (BGH, Urteil vom 02.03.1995, Az.: 1 StR 595/94, NStZ 1995, 493).
332
Zwar schließt der bei der Bemessung der besonderen Schwere der Schuld in entsprechender Anwendung heranzuziehende Rechtsgedanke aus § 46 Abs. 3 StGB (dazu BGH, Beschluss vom 20.08.1996, Az.: 4 StR 361/96, NJW 1996, 3425) es nicht aus, auch die Mordmerkmale selbst der Bewertung daraufhin zu unterziehen, ob sich aus den sie begründenden Tatsachen eine besondere Schuldschwere ergibt. Doch muss es sich jeweils um Umstände handeln, die die Grenze zu den Merkmalen überschreiten; denn nur dann sind sie Umstände von Gewicht, welche den Vollzug eines 15 Jahre überschreitenden Freiheitsentzuges gebieten können (BGH, a.a.O.; Beschluss vom 28.03.2019, Az.: 4 StR 483/18, NStZ - RR 2019, 174, beck-online). In den Fällen, in denen Mord wegen Tötung aus niedrigen Beweggründen angenommen wird, genügt es deshalb nicht, für die Feststellung der besonderen Schuldschwere auf die besondere Verwerflichkeit der Tatmotive zu verweisen. Vielmehr muss in einem solchen Fall der Tatrichter, wenn er auch die Tatmotive heranzieht, darlegen, worin er deren gegenüber der Tatbestandserfüllung gesteigerte Verwerflichkeit erblickt (BGH, Beschluss vom 20.08.1996, Az.: 4 StR 361/96, NJW 1996, 3425).
333
Auch das Nachtatverhalten kann bei der Frage zu berücksichtigen sein, ob Umstände von Gewicht die Annahme besonderer Schuldschwere indizieren, wenn ein innerer Zusammenhang mit dem Schuldvorwurf besteht und sichere Schlüsse auf die Einstellung des Täters zur Tat möglich sind (BGH, Urteil vom 18.06.2014, Az.: 5 StR 60/14, NStZ 2014, 511, beck-online).
334
Für alle schulderhöhenden Umstände gilt, dass sie nicht ohne weiteres, sondern nur im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung zur Bejahung der besonderen Schwere der Schuld führen können (BGH, Beschluss vom 22.04.1994, GSSt 2/94, NStZ 1995, 122; BGH, Urteil vom 04.07.2018, Az.: 5 StR 46/18, NStZ 2018 652, beck-online).
335
Im Rahmen der danach vorzunehmenden Gesamtwürdigung hat die Kammer zugunsten des Angeklagten dessen alkoholbedingte Enthemmung berücksichtigt und die Tatsache, dass dessen Persönlichkeitszüge, auch wenn eine Erkrankung insoweit nicht festgestellt werden kann, die Taten begünstigt haben.
336
Als schulderhöhenden Umstand hat die Kammer hingegen erachtet, dass der Angeklagte vorbestraft ist, zwei Menschen ermordet hat und hierbei jeweils zwei Mordmerkmale - nämlich zum einen das der Heimtücke und das der sonstigen niedrigen Beweggründe und zum anderen das der Heimtücke und das des Ermöglichens einer anderen Straftat - verwirklicht hat, wobei sich die Merkmale der Heimtücke und der sonstigen niedrigen Beweggründe bzw. des Ermöglichens einer anderen Straftat in ihrem Unrechtsgehalt nicht überschneiden. Vielmehr kommt dem Merkmal der Heimtücke auf der einen Seite und dem Merkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe bzw. der Ermöglichung einer anderen Straftat auf der anderen Seite jeweils für sich und unabhängig voneinander eine gegenüber einer vorsätzlichen Tötung schulderhöhende Bedeutung zu.
337
Das Nachtatverhalten, das Drapieren der Leichen in eindeutig sexueller Pose, hat die Kammer, auch, da es Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Angeklagten bei der Tatbegehung zulässt und deren Unrechtsgehalt erhöht (so auch BGH, Urteil vom 16.04.2014, Az.: 2 StR 608/13), ebenso, wenn auch mit geringerem Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2000, Az.: 4 StR 375/00), schulderhöhend berücksichtigt (vg. auch BGH, Urteil vom 06.12.1996, Az.: 2 StR 468/96).
338
Aus der Menschenwürde der Verstorbenen folgt deren postmortaler Achtungsanspruch. Dieser wird durch das Entkleiden der getöteten Opfer und die sexualbezogene Handlung missachtet. Aus dieser Handlung spricht die kaltblütige Verhöhnung der Opfer in menschenverachtender Gesinnung.
339
Bei einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit kommt den schulderhöhenden Umständen vorliegend ein deutlich höheres Gewicht zu als den schuldmindernden Gesichtspunkten.
340
Zwar spiegeln sich in dem als grundsätzlich schulderhöhend gewerteten Nachtatverhalten auch die schuldmindernden Charakterzüge des Angeklagten wieder, wodurch sich das ohnehin geringere Gewicht dieses Umstandes noch einmal relativiert. Bei der Bewertung seiner Schuld überwiegen im konkreten Fall aber die tatbezogenen, schulderhöhenden Aspekte, insbesondere die Tötung von zwei Menschen und die Verwirklichung von jeweils zwei Mordmerkmalen, wobei sich diese (Heimtücke auf der einen Seite und niedrige Beweggründe bzw. das Ermöglichen einer Straftat auf der anderen Seite) jeweils, in ihrem Unrechtsgehalt deutlich unterscheiden.
341
Im Ergebnis erachtet die Kammer die Schuld des Angeklagten daher als besonders schwer.
G. Maßregel
342
Die Kammer hat unter Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB angeordnet. Die Voraussetzungen sind gegeben.
I.
343
Beim Angeklagten besteht ein Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu konsumieren.
344
Ein solcher Hang liegt vor, bei einer eingewurzelten, auf psychische Disposition zurückgehenden oder durch Übung erworbenen Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss (BGH, Beschluss vom 21.03.2019, Az.: 3 StR 81/19, Juris).
345
Die Sachverständige … kam insoweit in ihrem im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Gutachten zu folgenden Ergebnissen:
346
Der Angeklagte blicke auf eine langjährige Suchtmittelproblematik in Richtung Alkohol zurück. Diesbezüglich müsse bereits von einer manifesten Abhängigkeit ausgegangen werden. Die Suchtmittelproblematik habe auch im Tatzeitraum vorgelegen. Die Tatsache, dass es dem Angeklagten gelungen sei, an einzelnen Tagen seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren und dass ihm in der Vergangenheit auch über einen Zeitraum von Jahren eine zwischenzeitliche Abstinenz gelungen sei, spreche nicht gegen eine aktuelle Abhängigkeitserkrankung. Auch wenn noch keine psychischen oder physischen Folgeerkrankungen bekannt seien, spreche aus Sicht der Sachverständigen mehr für als gegen die Annahme einer tief verwurzelten Disposition beim Probanden, Alkohol im Übermaß zu konsumieren und damit für einen Hang im Sinne des § 64 StGB.
347
Die Kammer schließt sich den Ausführungen der Sachverständigen nach eigener Prüfung und aus eigener Überzeugung in vollem Umfange an. Der Angeklagte blickt auf eine langjährige Alkoholproblematik zurück. Seine dahingehenden Angaben werden durch die Angaben der Zeugen … und … bestätigt. Es ist von einer manifesten Alkoholabhängigkeitserkrankung und somit von einem Hang im Sinne des § 64 StGB auszugehen.
II.
348
Der Angeklagte beging die Taten unter Alkoholeinfluss. Zwischen dem Hang und den Taten besteht ein symptomatischer Zusammenhang.
349
Ein solcher Zusammenhang liegt immer dann vor, wenn der Hang jedenfalls neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist. Es ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist (BGH, Beschluss vom 19.05.2009, Az.: 3 StR 191/09; BGH, Beschluss vom 21.03.2019, Az.: 3 StR 81/19, Juris).
350
Die Sachverständige … führte insoweit aus, dass der Angeklagte um die enthemmende und aggressionsfördernde Wirkung beim Alkoholkonsum gewusst habe. Jedenfalls sei die Alkoholisierung während der Tatausführung wirksam gewesen, am ehesten als additiver Faktor. Eine enthemmende Wirkung des Alkohols sei selbst dann anzunehmen, wenn ein Proband täglich erhebliche Mengen trinke. Der Alkoholkonsum habe die Aggression des Angeklagten und mithin die Tatbegehung begünstigt. Seine Abhängigkeit sei ein mitursächlicher Faktor für die Tatbegehung gewesen.
351
Die Kammer schließt sich auch den vorgenannten Ergebnissen der Sachverständigen vollumfänglich an. Bereits die Zeuginnen … und … schilderten, dass der Angeklagte unter Alkoholeinfluss aggressiv und jähzornig wurde. Es kam insoweit sogar zu körperlichen Übergriffen, insbesondere bei Widerspruch.
352
Dass der Angeklagte täglich, daher auch am Tattag und dies bereits seit Jahren Alkohol konsumierte, d.h. die Alkoholisierung am Tattag quasi Normalzustand war, steht dem nicht entgegen, da - wie die Sachverständige ausführte - gleichwohl eine enthemmende Wirkung anzunehmen war und somit die Alkoholisierung die Tatbegehung begünstigt hat. Die Kammer ist im Ergebnis daher davon überzeugt, dass der Hang zur Tat beigetragen hat.
III.
353
Es besteht auch die Gefahr, dass der Angeklagte infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
354
Die Sachverständige … führte insoweit aus, dass die Alkoholproblematik therapeutisch noch nicht bearbeitet und noch nicht überwunden sei. Sollte der Angeklagte nicht in der Lage sein, seine Suchtproblematik zu überwinden, so sehe die Sachverständige auch künftig ein erhöhtes, jedoch aus methodischen Gründen nicht näher quantifizierbares Wiederholungsrisiko für Aggressionsdelikte, insbesondere in Kränkungssituationen im sozialen Nahbereich. Schwere Aggressionsdelikte seien insbesondere dann zu erwarten, wenn sich der Angeklagte in einer schweren Kränkungssituation und zusätzlichen psychosozialen Belastungssituation befinde und wieder zu Alkohol greife.
355
Die Kammer schließt sich auch diesen Ergebnissen der Sachverständigen vollumfänglich an. Insbesondere die Bekundungen der Zeugin … und letztlich auch die vorliegende Tat belegen, dass der Angeklagte insbesondere unter Alkoholeinfluss zu schweren Aggressionsdelikten neigt. Unbehandelt ist dies auch für die Zukunft zu befürchten. Auch die Kammer sieht daher beim Angeklagten im unbehandelten Zustand ein hohes Risiko für neuerliche Gewaltdelikte.
IV.
356
Es besteht auch die hinreichend konkrete Aussicht, den Angeklagten durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen.
357
Insofern bekundete die Sachverständige …, dass sich der Angeklagte in der Untersuchungssituation therapiebereit gezeigt habe. Von einer Motivation für eine Maßnahme nach § 64 StGB ist daher auszugehen, auch wenn der Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht hat.
358
Die Kammer geht von einer voraussichtlichen Therapiedauer von 18 Monaten aus.
V.
359
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist angesichts der begangenen Taten, der im unbehandelten Zustand für die Zukunft drohenden Taten und im Hinblick auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringung gewahrt.
VI.
360
Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist auch zulässig (BGH, Urteil vom 23.08.1990, Az.: 4 StR 306/90). In diesem Fall scheidet ein Vorwegvollzug der Strafe vor der Maßregel grundsätzlich aus. Im Hinblick auf die voraussichtliche Dauer des Strafvollzugs muss es darum gehen, den Angeklagten schon frühzeitig von seinem Hang zu befreien, damit er in der Strafanstalt an der Verwirklichung des Vollzugsziels der Strafe arbeiten kann. Auch gemäß § 67 Abs. 1 StGB ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, die neben einer Freiheitsstrafe angeordnet wird, grundsätzlich vor der Strafe zu vollziehen. Das Gebot des Teilvorwegvollzugs der Strafe nach § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB ist angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts auf zeitige Freiheitsstrafen beschränkt. Eine Regelungslücke liegt nicht vor. Bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben lebenslanger Freiheitsstrafe bleibt es daher bei der Grundregel des § 67 Abs. 1 StGB (BGH a.a.O.).
361
In Ausnahmefällen kann aber auch bei lebenslanger Freiheitsstrafe ein Vorwegvollzug der Strafe nach § 67 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmt werden. Ein Vorwegvollzug bei lebenslanger Freiheitsstrafe kommt danach aber nur in Betracht, wenn auf den Einzelfall bezogene konkrete Feststellungen dahingehend getroffen werden, dass das Therapieziel der Unterbringung, den Betroffenen zu heilen oder zumindest über eine erhebliche Zeit vor einem Rückfall in den Hang zu bewahren, durch einen Vorwegvollzug eines Teils der Strafe besser erreicht werden kann. Ein teilweiser Vorwegvollzug einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist angezeigt, wenn er aus therapeutischer Sicht eine gebotene Vorstufe einer Behandlung in einer Entziehungsanstalt ist, also eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zum Verurteilungszeitpunkt wegen persönlicher Defizite des Betroffenen noch keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB hat, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie aber im Strafvollzug geschaffen werden können. Denkbar ist dies namentlich bei langjährig Betäubungsmittelabhängigen, bei denen eine erhebliche Dissozialität vorliegt, die gegenwärtig einer therapeutischen Erreichbarkeit entgegen steht, aber im Rahmen des normalen Strafvollzugs in absehbarer Zeit überwunden werden kann (vgl. zum Ganzen NStZ 2010, 239 ff.).
362
Nach den Ausführungen der Sachverständigen … liegen derartige persönliche Defizite, die einer erfolgreichen Therapie derzeit entgegenstehen würden, beim Angeklagten nicht vor. Es gebe insbesondere keine Anhaltspunkte für eine affektive Erkrankung, eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, eine schwerwiegende himorganische Beeinträchtigung oder eine Persönlichkeitsproblematik, die als schwere andere seelische Störung zu qualifizieren wäre. Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer aus eigener Überzeugung an. Der Angeklagte ist in der Lage, sofort mit der Therapie im Rahmen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu beginnen.
H. Anrechnung der Auslieferungshaft
363
Der Angeklagte befand sich vom 01.07.2020 bis zu seiner Überstellung am 24.07.2020 in der Tschechischen Republik in Auslieferungshaft. Gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB war zu bestimmen, dass die in der Tschechischen Republik verbüßte Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird. Der Angeklagte war in einem Mitgliedsstaat der EU inhaftiert.
I. Adhäsion
I.
364
1. Mit Schriftsatz vom 23.06.2021, eingegangen beim Landgericht Amberg am 25.06.2021 beantragte der Nebenklägervertreter Rechtsanwalt … für den Nebenkläger … im Wege des Adhäsionsverfahrens, den Angeklagten zu verurteilen, an den Antragsteller ein angemessenes Hinterbliebenengeld, mindestens jedoch 10.000,00 Euro, nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Tag nach Antragseingang bei Gericht zu bezahlen. Es wurde beantragt, die Entscheidung für den Antragsteller gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig für vollstreckbar zu erklären. Weiterhin wurde beantragt, festzustellen, dass das dem Antragsteller zuerkannte Hinterbliebenengeld nebst Zinsen aus der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Antragsgegners vom 27. Juni 2020 (vorsätzliche Tötung der Mutter des Antragstellers, …) herrühre. Es wurde zudem beantragt, die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und notwendigen Auslagen des Antragstellers dem Antragsgegner aufzuerlegen.
365
2. Mit Schriftsatz vom 14.07.2021, eingegangen beim Landgericht Amberg am 15.07.2021 beantragte die Nebenklägervertreterin Rechtsanwältin … für die Nebenklägerin …, den Angeklagten zu verurteilen, an die Nebenklägerin ein angemessenes Schmerzensgeld als Hinterbliebenengeld für die in der Anklage vom 01.05.2021 bezeichnete Straftat am 27.06.2020 zu bezahlen. Die Höhe des Schmerzensgeldes, Hinterbliebenengeldes wurde in das Ermessen des Gerichts gestellt. Es wurde beantragt, den Anspruch mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Ferner wurde beantragt, festzustellen, dass der Anspruch auf einer Verurteilung wegen unerlaubter Handlung fußt. Zudem wurde beantragt, dem Angeklagten die Kosten des Adhäsionsverfahrens aufzuerlegen.
366
Mit Schriftsatz vom 28.07.2021 stellte die Nebenklägervertreterin Rechtsanwältin … klar, dass hinsichtlich des Adhäsionsverfahrens mit Antragstellung vom 14.07.2021 ausschließlich Hinterbliebenengeldansprüche nach § 844 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden.
II.
367
1. Auf seinen Adhäsionsantrag hin ist dem Nebenkläger … ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 12.500,00 Euro zuzuerkennen. Ihm steht ein Hinterbliebenengeld gemäß den §§ 844 Abs. 3 BGB i.V.m. § 211 StGB in entsprechender Höhe zu.
368
Das Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB stellt einen Ausgleich dar für die seelischen Nachteile, die durch den Verlust einer geliebten Person eintreten. Der Geldersatz soll diese seelischen Beeinträchtigungen entschädigen. Dabei setzt § 844 Abs. 3 BGB kein gesteigertes seelisches Leid voraus, das über das normale Maß an Trauer und Schmerz hinausgeht. Dies bedeutet, dass bei einem besonderen persönlichen Näheverhältnis zwischen dem Anspruchsteller und der getöteten Person ohne weiteres auch ein Anspruch auf Hinterbliebenengeld begründet ist. Bei der Bestimmung der Höhe des Hinterbliebenengeldes kommt es ausschließlich auf die Intensität des erlittenen Leids an, nicht aber auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Hinterbliebenen und auch nicht auf den Grad der Schuld des Haftpflichtigen. Die Geldentschädigung ist zu schätzen. Es kommt insoweit maßgeblich auf die Qualität der gelebten Beziehung an. Insbesondere die Häufigkeit, mit der zwei Menschen miteinander Kontakt pflegten, kann eine Rolle spielen. Nach der Gesetzesbegründung soll die Höhe der Entschädigung im Durchschnitt 10.000,00 Euro pro Geschädigten betragen. Jedenfalls bei Verlust eines Kindes, Lebenspartners, Ehegatten oder einer ähnlich eng verbundenen Person dürfte ein Betrag von 10.000,00 Euro nicht den Durchschnitt sondern die Untergrenze darstellen (vgl. Münchner Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 844 Rdnr. 105 bis 107, beck-online).
369
Vorliegend wurde die Mutter des Antragstellers, …, vom Angeklagten ermordet, § 844 Abs. 3 S. 2 BGB. Der Adhäsionskläger … hatte regelmäßigen persönlichen Kontakt zu seiner Mutter. Er war oft bei ihr zu Besuch, insbesondere sonntags zum Mittagessen. Darüber hinaus ergaben sich persönliche Kontakte an diversen Familienfesten. Zuletzt trafen der Adhäsionskläger und die Getötete … an den beiden Wochenenden vor der Tat zusammen. Der Adhäsionskläger und die Getötete wohnten nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt. Der Adhäsionskläger ist bereits erwachsen.
370
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände und bei Beachtung des Alters der Ermordeten … und ihres Sohnes … war das Hinterbliebenengeld aus Sicht der Kammer auf 12.500,00 Euro festzusetzen.
371
Der Zinsanspruch besteht ab Rechtshängigkeit, also ab 26.06.2021, §§ 291, 288 BGB.
372
Weiterhin war festzustellen, dass das dem Adhäsionskläger … zuerkannte Hinterbliebenengeld nebst Zinsen aus der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Angeklagten, Mord zum Nachteil eines Elternteils des Adhäsionsklägers, herrührt.
373
Der Anspruch des Adhäsionsklägers besteht aufgrund einer deliktischen unerlaubten Handlung des Angeklagten. Der Adhäsionskläger hat insoweit ein Feststellungsinteresse. Die Frage, ob Ansprüche auf deliktischer unerlaubter Handlung beruhen, hat umfangreiche Auswirkungen im Bereich der Vollstreckung einer Forderung und im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Angeklagten, welcher derzeit ein Insolvenzverfahren durchläuft.
374
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 ZPO.
375
2. Der Adhäsionsklägerin … ist auf ihren Antrag hin ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 10.000,00 Euro zuzuerkennen. Ihr steht aufgrund des unter B. festgestellten Sachverhalts gemäß § 844 Abs. 3 BGB ein entsprechendes Hinterbliebenengeld zu:
376
Bei der Antragstellerin … handelt es sich um die Tochter des vom Angeklagten getöteten …, § 844 Abs. 3 S. 1 BGB. Sie lebte mit dem Getöteten nicht mehr in einem gemeinsamen Hausstand. Die Adhäsionsklägerin ist bereits erwachsen. Sie hatte regelmäßig Kontakt zum Getöteten. Zwar fanden in den letzten Jahren keine persönlichen Treffen statt, allerdings telefonierten bis Januar 2020 die Adhäsionsklägerin und ihr Vater, der Getötete, ca. einmal pro Monat miteinander bzw. versandten sich Nachrichten. Ab Januar 2020 fand wöchentlich ein telefonischer Kontakt bzw. ein Kontakt durch Nachrichten statt. Der Antragstellerin war die neue Beziehung ihres Vaters nicht bekannt.
377
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände war das Hinterbliebenengeld aus Sicht der Kammer auf 10.000,00 Euro festzusetzen.
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Der Zinsanspruch besteht ab Rechtshängigkeit, also ab 16.07.2021, §§ 291, 288 BGB.
379
Es war weiterhin festzustellen, dass das der Adhäsionsklägerin … zuerkannte Hinterbliebenengeld nebst Zinsen aus der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Angeklagten, Mord zum Nachteil eines Elternteils der Adhäsionsklägerin, herrührt. Die Geschädigte hat insoweit ein Feststellungsinteresse. Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB beruht auf einer deliktischen unerlaubten Handlung des Angeklagten. Dieser hat den Vater der Adhäsionsklägerin ermordet. Die Frage, ob Ansprüche auf deliktischer unerlaubter Handlung beruhen, hat umfangreiche Auswirkungen im Bereich der Vollstreckung einer Forderung und im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Angeklagten, welcher derzeit ein Insolvenzverfahren durchläuft.
380
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 ZPO.
J. Kosten
381
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 465 Abs. 1, 472 Abs. 1, 472 a StPO.