Titel:
Versorgungsausgleich: Anpassung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich wegen Gefährdung anerkannter Unterhaltsansprüche
Normenkette:
VersAusglG § 33 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3
Leitsatz:
Erhält ein ausgleichsberechtigter Ehegatte mangels Erreichens der Regelaltersgrenze keine laufende Versorgung aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht und erhält der ausgleichspflichtige Ehegatte insoweit nur eine gekürzte laufende Versorgung, so ist die Kürzung nach § 33 VersAusglG auszusetzen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte ohne sie gegen den ausgleichspflichtigen Ehegatten eine Unterhaltsanspruch hätte, dessen Höhe der Unterhaltsschuldner ohne Berücksichtigung der Auswirkungen durch den Versorgungsausgleich bis zum Renteneintritt des Unterhaltsgläubigers anerkannt hat, sofern nichts dafür ersichtlich ist, dass dieses Anerkenntnis aufgrund unzutreffender Umstände oder sonst fehlerhaft erfolgt ist. (Rn. 7 – 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, Regelaltersgrenze, fehlender Rentenbezug des Unterhaltsgläubigers, gekürzter Rentenbezug des Unterhaltsschuldners, Aussetzung der Kürzung, Unterhaltsbeeinträchtigung, gesetzlicher Unterhaltsanspruch, Anerkenntnis, Wirksamkeitshindernisse
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Beschluss vom 17.02.2022 – 2 UF 8/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 46907
Tenor
1. Die durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gemünden am Main, Az. vom … erfolgte Kürzung des Anrechts des Ehemannes F. R. bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Versicherungsnummer … wird mit Wirkung vom … in Höhe von … € ausgesetzt.
2. Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1/2 und der Beteiligte zu 1/2. Die außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird auf … € festgesetzt.
Gründe
1
Die am …vor dem Standesbeamten des Standesamtes …(Heiratsregister Nr…) geschlossene Ehe der Beteiligten wurde durch Scheidungsbeschluss des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom … geschieden.
2
Dabei übertrug das Amtsgericht Gemünden a. Main im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von … Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den … .
3
Mit am … eingegangenem Antrag beantragte die Antragstellerin die Aussetzung der Kürzung der Versorgung wegen eines Unterhaltsanspruchs der berechtigten Person gemäß § 33 VersAusglG.
4
Der Scheidungsbeschluss ist seit … rechtskräftig. Der Ehemann bezieht seit … Rente.
5
Die Voraussetzungen der Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung gemäß § 33 VersAusglG liegen vor.
6
Die Antragstellerin kann mangels Erreichen der Regelaltersgrenze keine laufende Versorgung aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten.
7
Ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich hätte die Antragstellerin gegenüber dem Ehemann einen Unterhaltsanspruch in Höhe von … EUR. Diesen Unterhalt hat der Ehemann ohne Berücksichtigung der Auswirkungen durch den Versorgungsausgleich bis zum Renteneintritt der Antragstellerin anerkannt. Dass dieses Anerkenntnis aufgrund unzutreffender Umständen oder sonst fehlerhaft erfolgte, ist nicht ersichtlich.
8
Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 und Abs. 3 VersAusglG sind gegeben.
9
Der Antrag ist bereits am … bei Gericht eingegangen. Wird der Antrag bereits vor Wirksamkeit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich gestellt, wirkt der Antrag ab Beginn der Kürzung.
10
Der Beteiligte F. R. hat den Versorgungsträger, bei dem die Kürzung ausgesetzt ist, unverzüglich über den Wegfall oder Änderungen seiner Unterhaltszahlungen, über den Bezug einer laufenden Versorgung aus einem Anrecht nach § 32 VersAusglG sowie über den Rentenbezug, die Wiederheirat oder den Tod der Antragstellerin Marion Rettner zu unterrichten (§ 34 Abs. 5 VersAusglG).
11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Bei Verfahren der Anpassung der Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 33 VersAusglG ist es in der Regel unbillig, die beteiligten Versorgungsträger mit den gerichtlichen Kosten zu belasten. Das Verfahren dient ausschließlich dem Interesse der Ehegatten, da sich durch die Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezug des Ausgleichsverpflichteten erhöht und sich seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit verbessert, so dass die hälftige Kostentragung durch die Ehegatten der Billigkeit entspricht.
12
Die antragsgemäße Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 50 Abs. 1 S. 1 1. Alt. FamGKG.