Titel:
Desinfektionskosten beim Schadensersatz - Erklärung am Unfallort
Normenketten:
StVG § 7, § 17
BGB § 780, § 781
VVG § 115
Leitsätze:
1. Einer Erklärung eines Unfallbeteiligten, wonach er "aus Versehen den Unfall verursacht" habe, kommt allenfalls Indizwirkung zu, um ein (deklaratorisches) Anerkenntnis handelt es sich regelmäßig nicht. (Rn. 25 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Desinfektionskosten sind als Mehraufwand einer Werkstatt in Corona-Zeiten schadensrechtlich ersatzfähig. (Rn. 39 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anerkenntnis, Erklärungen am Unfallort, Desinfektionskosten, Corona
Fundstelle:
BeckRS 2021, 46416
Tenor
I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an die Klägerin 3.586,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 26.05.2020 zu bezahlen.
II. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 413,64 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 28.06.2020 zu bezahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
1
Die Klägerin fordert von den Beklagten Schadenersatz aufgrund eines Unfallgeschehens vom 19.04.2020 im Bereich der Fr.-J.-St.-Brücke in P..
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Beide Parteien befuhren mit ihren Pkw’s auf der Staatsstraße 2125 die nördliche Zufahrt zur F.-J.-St.-Brücke. Dabei kamen beide aus Richtung B 85 bzw. aus Richtung Hacklberg und hatten die Absicht, auf der Brücke die Donau zu überqueren. Die Parteien benutzten dabei die zweispurige Linksabbiegespur der Zufahrt, wobei die Klägerin mit ihrem Pkw …, die rechte Spur befuhr und die Beklagte sich mit ihrem Pkw, … auf der linken Spur befand.
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Unmittelbar vor Erreichen der Brücke mussten die beiden Parteien an der dortigen Lichtzeichenanlage bei Rotlicht anhalten und warten, wobei jedes Fahrzeug jeweils das erste Fahrzeug der jeweiligen Fahrspur bildete. Nach dem Umschalten der Ampel auf grün fuhren beide Fahrzeuge los; dabei kam es im Bereich des Auslaufs der folgenden Linkskurve zum Kontakt zwischen beiden Fahrzeugen. Nach dem Unfall unterzeichnete die Beklagte zu 1) eine handschriftliche Erklärung, wonach sie den Unfall verursacht habe; diese Erklärung wurde von Seiten der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 20.04.2020 gegenüber der Klägerin widerrufen.
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Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagte zu 1) mit ihrem Pkw während des Abbiegens nach links in Folge einer Unachtsamkeit zu weit nach rechts herüber kam, so dass sie mit ihrem Pkw mit dem der Klägerin im Bereich der B-Säule auf der Fahrerseite zusammenstieß.
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Hieraus - so die Klägerin - sei ihr ein Gesamtschaden in Höhe von 7.178,89 € entstanden, und zwar Reparaturkosten in Höhe von 4.725,17 €, Mietwagenkosten in Höhe von 209,44 €, Sachverständigenkosten in Höhe von 914,28 €, eine sog. merkantile Wertminderung in Höhe von 1.300,00 € sowie zu pauschalierende Kosten in Höhe von 30,00 €. Die vorgenannten Mietwagenkosten und die Kosten des Sachverständigen werden von Seiten der Beklagten nicht Abrede gestellt.
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Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sich die Beklagte zu 1) einen Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO entgegen halten lassen muss. Dies entspräche auch dem von der Beklagten zu 1) aus freien Stücken abgegebenen Schuldanerkenntnis.
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Die Klägerin erhob zunächst Klage auf Schadenersatz, wobei sie die erforderlichen Reparaturkosten aus einem Sachverständigengutachten ableitete. Den insofern geforderten Entschädigungsbetrag von insgesamt 6.138,24 € mahnte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.05.2020 - unbestritten - unter Fristsetzung bis 25.05.2020 an. Nach durchgeführter Reparatur erweiterte die Klägerin ihr Klagepetitum im Hinblick auf weitere Reparaturkosten, sowie nunmehr angefallene Mietwagenkosten.
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Die Klägerin beantragt demgemäß:
I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 7.178,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6.138,24 € seit dem 26.05.2020 sowie aus weiteren 1.040,65 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 729,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
kostenpflichtige Klageabweisung.
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Die Beklagten bestreiten, dass die Beklagte zu 1) aus Unachtsamkeit zu weit nach rechts gefahren sei. Viel mehr sei die Beklagte zu 1) nachdem grün werden der Ampel als erstes Fahrzeug angefahren und in die Kurve gefahren. Die Klägerin habe das Beklagtenfahrzeug auf der rechten Fahrspur überholt und sei am Ende der Kurve auf die Fahrspur der Beklagten gefahren, weshalb es zur Kollision gekommen sei. Das Schuldanerkenntnis habe sie in einer Art Schockzustand abgegeben.
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Die Beklagten sind der Meinung, dass die Klägerin gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen habe.
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Weiterhin bestreiten die Beklagten den behaupteten Schaden. Insbesondere werden bestimmte Lackierkosten, sowie die Kosten für die Desinfektionen wegen des Corona-Virus in Abrede gestellt. Auch die Höhe der geforderten merkantilen Wertminderung von 1.300,00 €, sowie die Höhe der Auslagenpauschale wird bestritten. Die Wertminderung betrage lediglich 650,00 €; an Auslagenpauschale stehen der Klägerin nur 25,00 € zu.
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Der zuständige Einzelrichter des Landgerichts Passau erholte zunächst - aufgrund Beweisbeschlusses vom 27.10.2020 - ein schriftliches Sachverständigengutachten, welches vom Sachverständigen … unter dem 25.02.2021 vorgelegt wurde. In der Folge verhandelte das Landgericht Passau mündlich in der öffentlichen Sitzung vom 28.04.2021, in der die Klägerin und die Beklagte zu 1) angehört und das vorgenannte Sachverständigengutachten erörtert wurden. Wegen der Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klägerin hat mit ihrer Klage nur teilweise Erfolg.
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1. Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere ist das angerufene Landgericht Passau für das Klageansinnen örtlich und sachlich zuständig, §§ 23 Nr. 1; 71 Abs. 1 GVG, § 32 ZPO, § 20 StVG.
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2. Die Klage ist teilweise auch begründet.
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2.1. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten zu 1) ein Anspruch auf Schadenersatz aus §§ 17, 18, 7 StVG in tenorierter Höhe zu.
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2.1.1. Soweit die Klägerin vollumfänglichen Schadenersatz begehrt, hat sie keinen Erfolg.
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Die Klägerin konnten den Nachweis für den von ihr der Beklagten zu 1) angelasteten Vorwurf des Verstoßes gegen § 7 Abs. 5 StVO nicht erbringen. Denn aufgrund der Beweisaufnahme gewann das Gericht keine Überzeugung von den behaupteten Umstand, wonach die Beklagte zu 1) im Rahmen des streitgegenständlichen Abbiegevorgangs am Beginn der Franz-Josef-Strauß-Brücke zu weit nach rechts auf die Fahrspur der Klägerin gelangt sei und dort mit dem Pkw der Klägerin zusammenstieß. Der Klägerin gelang dementsprechend nicht der Beweis, dass das Unfallgeschehen auf einem alleinigen oder überwiegenden Verschulden der Beklagten zu 1) beruht.
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2.1.1.1. So führte der Sachverständige … in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 25.02.2021 aus:
„Beide von den Parteien geschilderten Unfallversionen sind möglich und gleich wahrscheinlich zu bewerten. Aus technischer Sicht ist nicht aufklärbar, ob sich die Kollision auf der Fahrbahnseite der Klägerin oder auf der Fahrbahnseite der Beklagten ereignet hat.“
„Keine der Unfallbeteiligten kann technisch unter Vorbehalt der rechtlichen Würdigung die Unvermeidbarkeit des Unfallgeschehens beweisen. Keiner der Unfallbeteiligten kann den jeweiligen Unfallgegner aus technischer Sicht alleine einen höheren Verursachungsbeitrag am Unfallgeschehen nachweisen.“
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Demgemäß verhilft das vorgenannte Sachverständigengutachten der Klägerin nicht zum Nachweis ihrer Behauptung.
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2.1.1.2. Das Gericht hat eine entsprechende Überzeugung auch nicht aufgrund der Anhörung der Parteien im Termin vom 28.04.2021 gewonnen.
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Die Parteibehauptungen standen bzw. stehen widerspruchsfrei gegenüber. Im Termin vom 28.04.2021 schilderten die Klägerin, wie auch die Beklagte zu 1) jeweils widerspruchsfrei und glaubhaft den Unfallhergang, und zwar jeweils derart, wie dieser schriftsätzlich vorgetragen wurde. Beiden Parteien kommt auch die gleiche Glaubwürdigkeit zu. Daher besteht kein Anlass, der Klägerin im Rahmen ihres Parteivortrages erhöhten Glauben zu schenken.
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2.1.1.3. Die Klägerin kann sich zum Nachweis ihrer Tatsachenbehauptung auch nicht mit Erfolg auf die schriftliche Erklärung der Beklagten zu 1), die diese unmittelbar nach dem Unfallgeschehen am 19.04.2020 abgab, berufen (vgl. Anlage K1).
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Zum einen wird in der schriftlichen Erklärung der Beklagten zu 1) kein konkretes, ein Verschulden begründendes Tatsachengeschehen geschildert, sondern lediglich allgemein davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) „aus Versehen den Unfall verursacht habe“.
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Zum anderen hat die Beklagte zu 1) die vorgenannte Erklärung bereits mit Schreiben vom 20.04.2020 (Anlage K 2), d.h., am nächsten Tag widerrufen. Dieser Widerruf erfolgte auch substanziiert, d.h., mit Gründen und Tatsachendarlegung.
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Zum weiteren hat die Beklagte zu 1) im Rahmen des Termins vom 28.04.2021 glaubhaft geschildert, dass sie - aufgrund ihres Alters und ihrer mangelnden Lebenserfahrung - nach dem Unfall sehr nervös und etwas verwirrt war. Sie habe sich entschuldigt, wie sie dies stets mache und dann die Erklärung unbedacht unterzeichnet.
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Nach Auffassung des Gerichts kommt der Erklärung der Beklagten zu 1) vom 19.04.2020 lediglich eine gewisse Indizwirkung zu. Die Erklärung kann jedoch nicht als vollwertiges Schuldanerkenntnis gewertet werden. Die Beklagte zu 1) hat im Termin vom 28.04.2021 auch glaubhaft dargelegt, dass für sie kein Anlass bestand, die Fahrspur zu wechseln, da sie - der linken Fahrspur folgend - zur Autobahnauffahrt Passau-Mitte wollte. Letzteres schließt zwar nicht aus, dass ein Verkehrsteilnehmer versehentlich beim Abbiegen unter Falscheinschätzen des Kurvenradius auf die nebenliegende Fahrspur gerät, doch sieht das Gericht keinen Anlass, letztlich aufgrund der widerrufenen schriftlichen Erklärung vom 19.04.2020 einen solchen Sorgfaltsverstoß anzunehmen. Hierfür reicht der Beweiswert dieser Erklärung jedenfalls nicht aus.
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2.1.2. Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1) Schadensersatz in hälftiger Höhe gemäß §§ 7, 17, 18 StVG einfordern.
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Die nach § 17 StVG gebotene Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile lässt hier eine hälftige Teilung des Schadens als veranlasst erscheinen.
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Der Unfallhergang vom 19.04.2020 bleibt - wie oben zu Ziffer 2.1.1. ff. bereits dargelegt - letztlich unaufklärbar. Demgemäß kann keine der Parteien ein unfallursächliches Verschulden der Fahrerin des gegnerischen Fahrzeugs beweisen. Daher ist bei der gemäß § 17 StVG erforderlichen Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile nur die hier nicht erhöhte Betriebsgefahr der beiden Fahrzeuge zu berücksichtigen. Da hier die Betriebsgefahr der beiden Pkw gleich hoch zu bewerten ist, führt die Abwägung der Verursachungsbeiträge zu einer hälftigen Schadensteilung (vgl. auch OLG Hamm, NDR 1998, 712; KG, Urteil vom 06.02.1997, 12 U 5521/95; AG Hannover, DAR 2000, 169).
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2.1.3. Bei der Berechnung des zuzusprechenden Schadensersatzes ist nach Auffassung des Gerichts von einem der Klägerin entstandenen Gesamtschaden in Höhe von 7.173,89 € auszugehen.
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Die Klägerin kann dabei Ersatz verlangen für Reparaturkosten in Gesamthöhe von 4.725,17 €, Mietwagenkosten in Höhe von 209,44 €, merkantile Wertminderung in Höhe von 1.300,00 €, Sachverständigenkosten in Höhe von 914,28 € sowie eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 €.
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2.1.3.1. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sind der Schadensberechnung der Klägerin grundsätzlich Reparaturkosten in Höhe von 4.725,17 € zugrunde zu legen.
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Der Sachverständige … führt in seinem Sachverständigengutachten vom 25.02.2021 aus:
„Die Position „Fahrzeug polieren zur Lackangleichung“ ist an der untersten Grenze der denkbaren Bandbreite angesetzt und ist erforderlich, insbesondere, wenn man bedenkt, dass sich das gegenständliche Fahrzeug im ersten Zulassungsjahr befand.
Lack- und Hilfsmaterial mit 529,67 € wurde korrekt vorgegeben, der Abzug bzw. die Kürzung auf 353,11 € der Beklagten ist falsch. Ebenso gilt dies für das Hohlraum - konservierungsmaterial.
Die beanstandete Zierleiste der Beklagtenseite trifft zunächst zu, da sie umbaufähig ist, in der Regeln wird sie jedoch beim Demontieren verformt, so dass regelmäßig bei tatsächlicher Reparaturdurchführung die Zierleiste erneuert werden muss. Da die Klägerseite eine Reparaturrechnung mit aufgeführtem Ersatzteil „Zierleiste 21,57 €“ und Zierleiste 78,47 €“ vorlegt, geht der Unterzeichner unter Vorbehalt der rechtlichen Würdigung davon aus, dass die entsprechenden Zierleisten bei der Reparatur verwendet wurde.
Die Kürzung der Kleinersatzteile von 2 % der Beklagtenseite ist falsch, diese ist seit mehreren Jahrzehnten ortsüblich und angemessen. Für die fachgerechte Instandsetzung des Klägerfahrzeuges sind Netto-Reparaturkosten in Höhe von 3.970,73 € (4.725,17 € brutto) erforderlich.“
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Die Beklagten treten diesen Ausführungen des Sachverständigen letztlich nicht entgegen.
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Soweit die Beklagten dem Sachverständigengutachten im Hinblick auf die geforderten Desinfektionskosten (letztlich 2 × je 26,98 € netto entsprechend Rechnung vom 29.06.2020, Anlage K 8) widersprechen, ist das Gericht der Auffassung, dass die geforderten Desinfektionskosten letztlich einen ersatzpflichtigen Schaden darstellen.
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So führt der Sachverständige … in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 25.02.2021 hierzu aus:
„Die „Desinfektion Annahme Innen wegen Corona“ und die „Desinfektion Abgabe Innen wegen Corona“ ist zwingend. Der Abzug der Beklagten ist nicht nachvollziehbar. Die Reparaturfirma würde, wenn entsprechende Desinfektionsmaßnahmen nicht vorgenommen werden, mit dem Infektionsschutzgesetz Gefahr laufen. Der Abzug im Bereich der Desinfektionsmaßnahme ist nicht korrekt.“
40
Die Kostentragungspflicht der Beklagten ist im vorgenannten Umfang nach Auffassung des Gerichts aufgrund von § 249 BGB veranlasst. Danach hat der Schädiger diejenigen Kosten zu tragen bzw. zu ersetzen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (Palandt, BGB § 249, Rdnr. 12 m.w.N.). Zu Zeiten der Corona-Krise - die Reparatur erfolgte in der zweiten Juni-Hälfte 2020, d.h., in einer akuten Phase dieser Erkrankung - erscheint eine Desinfektion des Pkw bei Annahme und Abgabe des Fahrzeugs als durchaus sinnvoll, zumal die damit einhergehenden Kosten von jeweils 26,98 € netto sich in ihrer Höhe als vertretbar darstellen. Die Desinfektion des Pkw’s bedeutet auch einen zusätzlichen Arbeitsaufwand der Werkstatt, für den entsprechende Kosten anfallen. Es wäre unangemessen, den Werkstattbetreiber oder Geschädigten auf diese Kosten zu verweisen, zumal diese Schadensposition vom Schädiger adäquat kausal verursacht wurde. Der Schädiger trägt insofern auch das sog. Werkstattrisiko (vgl. BGHZ 63, 182). Danach hat der Schädiger auch die Mehrkosten zu tragen, die ohne eigene Schuld des Geschädigten von der von ihm beauftragten Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen verursacht wurden; denn die Werkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten (vgl. BGH a.a.O.)
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2.1.3.2. Die Beklagte zu 1) hat ferner für eine merkantile Wertminderung des klägerischen Pkw’s in Höhe von 1.300,00 € anteilig einzutreten.
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Ausweislich des Sachverständigengutachtens des Sachverständigen … vom 25.02.2021 - dort Ziffer 4.8. - beträgt die sog. merkantile Wertminderung im Falle des klägerischen Fahrzeuges 1.300,00 €. Die widerspruchsfreien, nachvollziehbaren und begründeten Feststellungen des Sachverständigen werden von Beklagtenseite nicht in Zweifel gezogen.
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2.1.3.3. Die von Seiten der Klägerin geforderten Mietwagenkosten in Höhe von 209,44 €, sowie die Sachverständigenkosten in Höhe von 914,28 € werden von der Beklagten nicht bestritten.
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2.1.3.4. Die Klägerin kann ferner eine Schadenspauschale in Höhe von 25,00 € beanspruchen (vgl. OLG München, NZV 2006, 261).
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Letztlich sind der Klägerin somit (4.725,17 € + 209,44 € + 1.300,00 € + 914,28 € + 25,00 €) × 50 % = 3.586,95 € als Schadensersatz zuzusprechen.
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2.2. Die Klägerin kann weiterhin im Rahmen ihres Schadenersatzbegehrens auch Erstattung der sog. vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Kosten der Rechtsverfolgung fordern. Diese umfassen hier - unter Zugrundelegen eines letztlich berechtigten Betrages von 3.586,95 € - 413,64 €.
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2.3. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB.
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Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 2) unstreitig von Seiten der Klägerin mit Schreiben vom 18.05.2020 unter Zahlungsfrist bis 25.05.2020 zur Zahlung von 6.138,25 € aufgefordert wurde. Die Mahnung gegenüber der Beklagten zu 2) als Kfz-Versicherer wirkt auch zur Lasten der Beklagten zu 1) als Versicherte, § 10 Abs. 5 AKB (vgl. OLG Nürnberg, NJW 74, 1950).
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2.4. Die Beklagte zu 2) haftet in gleicher Höhe als Haftpflichtversicherer gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG; § 1 PflVG.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht in Anwendung von § 708 Nr. 11, 709 S. 1 ZPO.