Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 17.11.2021 – RN 6 K 21.1198
Titel:

Klage gegen bauordnungsrechtliche Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer Einfriedung

Normenketten:
BayBO Art. 55 Abs. 2, Art. 57 Abs. 1 Nr. 7, Art. 76 S. 1
BauGB § 34, § 35
WHG § 78
Leitsätze:
1. Zur bauplanungsrechtlichen Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wesentliche Merkmale des Hochwasserschutzes sind die Vermeidung von Hochwasserschäden, Sicherung des Hochwasserabflusses sowie Hochwasserrückhaltung und Hochwasserentlastung in den sog. Retentionsflächen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts kommt eine hervorgehobene Bedeutung zu. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsverfügung, Abgrenzung Innen- und Außenbereich, Hochwasserschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 09.02.2022 – 15 ZB 21.3262
Fundstelle:
BeckRS 2021, 45985

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Aufhebung einer bauordnungsrechtlichen Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer Einfriedung.
2
Der Kläger ist Eigentümer Grundstücks mit der Fl.Nr. 1524 der Gemarkung …, …, welches sich mit seinem östlichen Teil in einem mit Verordnung vom 23. Juni 2016 förmlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet befindet Aufgrund einer Baukontrolle vom 22. Januar 2020 stellte der Beklagte u.a. fest, dass der Kläger im östlichen Grundstücksbereich eine Einfriedung aus Trapezblech in unmittelbarer Nähe zum B…, einem Gewässer der 3. Ordnung, errichtet habe.
3
Am 4. Mai 2020 nahm das Sachgebiet Wasserrecht des Beklagten zu der Einfriedung dahingehend Stellung, dass die Einfriedung quer zum Hochwasserabfluss errichtet worden sei und damit ein vermeidbares Abflusshindernis darstelle. Gemäß § 78 Abs. 4 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bzw. § 78b Abs. 1 WHG sei die Errichtung baulicher Anlagen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten verboten. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht könne eine Zustimmung zur bereits errichteten Einfriedung nicht in Aussicht gestellt werden.
4
Mit Schreiben vom 15. Mai 2020 wurde der Kläger aufgefordert, die Einfriedung bis zum 30. Juni 2020 zu entfernen.
5
Mit Schreiben vom 10. Juli 2020 wurde der Kläger gemäß Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zu einer beabsichtigten Beseitigungsanordnung angehört.
6
Der Fachbereich Wasserrecht nahm in mehrfacher Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt Deggendorf zu der Einfriedung am 9. Dezember 2020 Stellung. Durch die Einfriedung ergäben sich nachteilige Auswirkungen für Dritte und den Hochwasserabfluss. Es sei eine Erhöhung des Wasserstandes zu erwarten. Nachgewiesen seien Nachteile durch Hochwasser für die Grundstücke Fl.Nrn. 1524/0, 1525/2, 1518/0 und 1522/0. Ein Rückbau der Einfriedung sei daher unumgänglich.
7
Mit Schreiben vom 29. Januar 2021 wurde der Kläger erneut aufgefordert, die Einfriedung bis zum 12. März 2021 zu entfernen.
8
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15. März 2021 nahm die Klägerseite dahingehend Stellung, dass der Abfluss des B…s auf Höhe des Grundstücks Fl.Nr. 1524 vor einer Straße auf eine Röhre mit einem Durchmesser von ca. 100 cm verengt werde. Aufgrund dieser Verengung komme es hier regelmäßig zu einem Rückstau und zu Überflutungen der Straße. Auch auf Höhe des S… werde der Abfluss des B…s wiederum auf eine Röhre mit einem Durchmesser von ca. 100 cm verengt, weswegen es auch hier zu einem Rückstau komme. Ursachen für Erhöhungen des Wasserstandes seien somit primär diese beiden Verengungen. Das Trapezblech könne faktisch keinen Abfluss verschärfen, wenn der Abfluss des B…s zugleich verengt sei. Die Aufforderung zur Entfernung der Trapezbleche sei somit nicht nachvollziehbar. Zudem existiere auf dem Grundstück Fl.Nr. 1525/2 eine Betonwand, die wohl tatsächlich zur Abflussverschärfung beitrage, da diese das Ausbreiten von Wasser verhindere. Demgegenüber seien die Trapezblechplatten des Klägers nicht dicht und würden einem hohen Wasserdruck wohl sogar insgesamt nicht standhalten. Jedenfalls könne das Wasser durch die Platten hindurch auf das Grundstück des Klägers fließen und sich entsprechend ausbreiten.
9
Mit am 31. Mai 2021 zugestellten Bescheid vom 18. Mai 2021 wurde der Kläger verpflichtet, die auf dem Baugrundstück im festgesetzten Überschwemmungsgebiet errichtete Einfriedung zu beseitigen (Ziff. 1). Falls der Kläger dieser Verpflichtung nicht innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR zur Zahlung fällig (Ziff. 2). Nach Ziff. 3 habe der Kläger die Kosten dieses Verfahrens zu tragen. Es wurde eine Gebühr für diesen Bescheid von 100 EUR festgesetzt (Ziff. 4).
10
Zur Begründung wurde hinsichtlich der Anordnung gegenüber dem Kläger ausgeführt, dass die Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Bayerische Bauordnung (BayBO) ergehe. Die bauliche Anlage sei im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden. Eine nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung sei nicht möglich. Als sonstiges Vorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich sei durch die Einfriedung der öffentliche Belang des Hochwasserschutzes gefährdet, da sich diese im festgesetzten Überschwemmungsgebiet befinde (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Baugesetzbuch - BauGB). Ordne man die Einfriedung dem bauplanungsrechtlichen Innenbereich zu, liege ein verfahrensfreies Vorhaben vor. Nach Art. 55 Abs. 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) entbinde die Genehmigungsfreiheit jedoch nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften und Anlagen gestellt würden, und lasse bauaufsichtliche Eingriffsbefugnisse unberührt. Die Errichtung von baulichen Anlagen im festgesetzten Überschwemmungsgebiet sei gemäß § 78 Abs. 4 bzw. § 78b Abs. 1 WHG verboten. Entsprechend der Ausführungen der Fachkundigen Stelle Wasserwirtschaft stelle die Einfriedung ein vermeidbares Abflusshindernis dar, da es quer zum Hochwasserabfluss errichtet worden sei. Zudem beeinträchtige die entlang des B…s errichtete Einfriedung die biologische Wirksamkeit des Gewässers. Auch notwendige Unterhaltungsarbeiten am Gewässer durch den … würden dadurch unmöglich. Zur Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens wäre ein wasserrechtliches Verfahren nach § 78a Abs. 2 WHG durchzuführen. Soweit die Klägervertreterin angeführt habe, dass primäre Ursache für eine Erhöhung des Wasserstandes und Rückstauungen die bauliche Verengung des B…s an zwei Stellen sei, sei dem zu entgegnen, dass die zweifellos vorhandenen Abflusshindernisse nicht dazu führten, weitere Bauwerke im Überschwemmungsgebiet zu rechtfertigen. Jede neue Bebauung habe Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss. Die Beseitigung der Anlage sei auch angemessen. Insbesondere in zeitlicher Hinsicht sei dem Kläger weit entgegengekommen worden. Als Handlungsstörer sei er der richtige Adressat der Beseitigungsanordnung. Die Anordnung der Zwangsgelder beruhe auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die Höhe des Zwangsgeldes orientiere sich an der begangenen Rechtsverletzung und sei angemessen.
11
Gegen den Bescheid vom 18. Mai 2021 hat der Kläger am 18. Juni 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erheben lassen.
12
Der Kläger beantragt sinngemäß:
Der Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2021 wird aufgehoben.
13
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 6. September 2021 im Wesentlichen auf die Ausführungen des Bescheids verwiesen sowie auf das gerichtliche Schreiben vom 17. August 2021, mit welchem die Beteiligten hinsichtlich einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil um Stellungnahme gebeten und zum Erlasse eines Gerichtsbescheid angehört wurden, § 84 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Zugleich erklärte der Beklagte sein Einverständnis mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung gem. § 101 Abs. 2 VwGO.
15
Mit Gerichtsbescheid vom 9. September 2021 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 18. Oktober 2021 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
16
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2021 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
17
Mit Schriftsatz vom 15. November 2021 begründete der Klägerbevollmächtigte die Klage dahingehend, dass schon früher die Einfriedung, wie der noch zu gut 70% vorhandene Zaun, landwirtschaftlichen Zwecken gedient habe. Seit jeher seien dort Hühner und Schafe gehalten worden. Es sei von einer privilegierten Nutzung auszugehen, die zudem auch mit Bestandsschutz fortwirke. Der Kläger biete an, unten eine Öffnung von 30-40 cm zur Durchlässigkeit der Wassermassen vorzusehen. Es werde zumindest auf zwei Bezugsfälle in der näheren Umgebung im Überschwemmungsgebiet hingewiesen, in denen (bislang) nicht bauaufsichtliche eingeschritten worden sei. In rechtlicher Hinsicht könne für die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung die rein materielle Rechtswidrigkeit nicht ausreichen. Das Vorliegen einer Außenbereichslage sei wiederum unklar. Vorliegend sei von einer Innenbereichslage auszugehen. Es könnten anderweitige rechtmäßige Verhältnisse geschaffen werden, da die Einfriedung auch hochwasserverträglich gestaltet werden könne, wozu der Kläger auch bereit sei. Die Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts hätten sich erkennbar nicht gegen die Ausführungsweise gerichtet, wie sie im Bestand gewesen sei und noch jetzt sei.
18
Mit am 17. November 2021 eingegangenem Schriftsatz erklärte die Klägerseite ihr Einverständnis mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung gem. § 101 Abs. 2 VwGO. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Privilegierung mit einer veränderten Ausführungsvariante der Einzäunung für die Tierhaltung möge die Beklagtenseite prüfen, ob dem Kläger nicht entgegengekommen werden könne.
19
Hinsichtlich des Tatbestands im Übrigen wird auf den Inhalt der wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

20
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 18. Mai 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21
1. Nach Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Voraussetzungen für eine Beseitigungsanordnung sind daher die seit Errichtung der Anlage fortdauernde formelle und wegen der Eingriffsintensität auch die materielle Rechtswidrigkeit des Bauvorhabens (Busse/Kraus/Decker, 143. EL Juli 2021, BayBO Art. 76, Rn. 134). Ob und wann die Bauaufsichtsbehörde eine Beseitigungsanordnung erlässt, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen (Busse/Kraus/Decker, 143. EL Juli 2021, BayBO Art. 76, Rn. 206).
22
Die streitgegenständliche Einfriedung ist sowohl formell als auch materiell illegal. Auch das behördliche Ermessen wurde pflichtgemäß ausgeübt.
23
a) Die Einfriedung ist formell rechtswidrig.
24
Die Errichtung der Einfriedung ist baugenehmigungspflichtig, da es sich um eine bauliche Anlage gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO handelt, deren Errichtung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO einer Baugenehmigung bedarf. Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) BayBO ist nicht gegeben, da sich die streitgegenständliche Einfriedung im bauplanungsrechtlichen Außenbereich befindet. Sofern man - entgegen der Überzeugung des Gerichts - das Vorliegen des bauplanungsrechtlichen Innenbereichs gem. § 34 BauGB annähme, würde das den Kläger bei hieraus folgender Genehmigungsfreiheit der Einfriedung jedoch nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen entbinden, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden, und ließe die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt (Art. 55 Abs. 2 BayBO). In diesem Fall wäre die (nur) materielle Rechtswidrigkeit der Einfriedung für den Erlass einer Beseitigungsanordnung tatbestandlich ausreichend.
25
Es liegt zudem keine Baugenehmigung vor, welche die Einfriedung in der errichteten Form formell legalisieren würde und somit einer Beseitigungsanordnung entgegenstünde. Soweit der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 15. November 2021 anführt, der Kläger könne sich hinsichtlich der streitgegenständlichen Zaunanlage auf Bestandsschutz berufen, handelt es sich insoweit um ein unsubstantiierte Behauptung. Ein Baugenehmigung legte die Klägerseite trotz Kenntnis der Entscheidungsgründe des Gerichts aufgrund des erlassenen Gerichtsbescheids nicht vor. Substantielle Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 BayBO zum jetzigen oder einem vergangenen Zeitpunkt hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch für das Gericht nicht erkennbar. Für das Gericht bestehen keine Zweifel, dass die Errichtung der Zaunanlage im bauplanungsrechtlichen Außenbereich erfolgte (siehe Ziff. Buchst. b)). Auch spricht nichts für eine privilegierte, landwirtschaftliche Nutzung i.S.v. § 201 Baugesetzbuch (BauGB). Für eine derartige Annahme ist auch die bloße Behauptung einer solchen - erstmalig vor der anberaumten mündlichen Verhandlung und zudem nach fast zweijährigem Verwaltungs- bzw. Verwaltungsgerichtsverfahren - nicht tauglich. Soweit der Kläger vortragen lässt, es seien an dieser Stelle bereits auch in der Vergangenheit Schafe und Hühner gehalten worden, ergibt sich bereits aus dem Vorbringen der Klägerseite schon keine privilegierte landwirtschaftliche Nutzung. Bereits aufgrund der geringen Fläche scheidet eine solche denklogisch aus und kann allenfalls von einer Hobbytierhaltung in Form der Liebhaberei ausgegangen werden. Entsprechende Nachweise, die sich aufgrund des anberaumten Verhandlungstermins und der klägerischen Kenntnis der Bescheidsgründe und des Gerichtsbescheids aufgedrängt hätten, blieb die Klägerseite schuldig, sodass insoweit von einer bloßen Schutzbehauptung auszugehen ist.
26
b) Eine mögliche formelle Rechtswidrigkeit führt nicht zur Zulässigkeit einer Beseitigungsanordnung, Art. 76 Satz 1 BayBO, wenn rechtmäßige Verhältnisse mit weniger eingreifenden Mitteln erreicht werden können. Dies wäre der Fall, wenn nach Verpflichtung zur Stellung eines entsprechenden Antrages die Rechtswidrigkeit durch Erlass einer Baugenehmigung entfallen könnte.
27
Es besteht aber kein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, da die zu beseitigende Einfriedung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht.
28
Das Grundstück liegt weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gem. § 30 BauGB noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils gem. § 34 BauGB, sodass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 BauGB richtet, der das Bauen im Außenbereich regelt. Gegenteiliges ist für das Gericht nicht erkennbar und wurde klägerseitig lediglich unsubstantiiert behauptet.
29
Außenbereich sind entsprechend der früheren Legaldefinition des § 19 Abs. 1 Nr. 3 BauGB (i.d.F. bis 1997) und der fortbestehenden ständigen Rechtsprechung diejenigen Gebiete, die weder innerhalb eines Bebauungsplangebietes noch innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gemäß § 34 BauGB liegen. Bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich geht es darum, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche gewinnen lässt. Die (be-)wertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann sich angesichts dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien nur nach optisch wahrnehmbaren Merkmalen richten (BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87 - juris, Rn. 22 ff.). Maßgeblich ist dabei, ob diese besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln (BVerwG, U.v. 29.11.1974 - 4 C 10.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46; BVerwG, U.v. 14.11.1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236). Unter den Begriff der Bebauung im Sinne dieser Vorschrift fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.1992 - 4 C 15.90; BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nrn. 152 und 158). Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, U.v. 17.2.1984 - 4 C 55.81 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97). Ein Bebauungszusammenhang muss zwar nicht unmittelbar mit dem letzten Baukörper enden. Es verbietet sich jedoch umgekehrt auch die Annahme, dass notwendigerweise das letzte Grundstück in seinem gesamten Umfang vom Zusammenhang erfasst wird (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - 4 C 47.68 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 20 = juris, Rn. 19; BVerwG, U.v. 3.3.1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris, Rn. 17). Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann daher stets nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. Bei dieser Einzelfallbetrachtung ist zu fragen, ob sich tragfähige Argumente dafür finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es hieran, so liegt - deshalb - Außenbereich vor (BVerwG, U.v. 14.12.1973 - 4 C 48.72 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 30 = juris, Rn. 29). Ein Bebauungszusammenhang scheidet z.B. auch bei einer Grundstückslage am Ortsrand nicht von vornherein aus. Zwar endet er in aller Regel am letzten Baukörper; örtliche Besonderheiten können es aber rechtfertigen, ihm noch bis zu einer natürlichen Grenze (z.B. Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind und trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138; BVerwG, B.v. 18.6.1997 - 4 B 238.96; BVerwG, B.v. 20.8.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1998, 157 und 1999, 105 = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nrn. 186 und 191).
30
Vorliegend steht für das Gericht aufgrund der eingesehen Luftbilder und Lagepläne fest, dass das Bauvorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich errichtet worden ist. Sofern überhaupt bei Oberbirnbach von einem Ortsteil i.Sv. § 34 Abs. 1 BauGB und nicht von einer Splittersiedlung auszugehen wäre, endet aber der Bebauungszusammenhang jedenfalls im vorliegend zu beurteilenden Fall bei für den Kläger günstiger Auslegung mit dem östlichen Ende der Außenfassade des Dreiseithofes des Klägers. Vereinzelte Sträucher und Bäume entlang des B. …s führen entsprechend der aktenkundigen Lichtbilder und Luftbilder erkennbar zu keiner trennenden Wirkung gegenüber dem Außenbereich. Da bereits aufgrund der vorliegenden Akteninhalte und frei zugänglichen Erkenntnisse die Einordnung als bauplanungsrechtlicher Außenbereich unzweifelhaft ist, bedarf es auch keiner Ortseinsicht durch das Gericht.
31
Das Vorhaben ist im Außenbereich nicht privilegiert bzw. teilprivilegiert zulässig gemäß § 35 Abs. 1, 4 BauGB. Das sonstige Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
32
Unabhängig davon, dass der bereits errichteten Einfriedung auch eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB), die befürchtete Entstehung, Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) sowie die Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) entgegenstehen, ist durch diese jedenfalls auch der Hochwasserschutz gefährdet (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB).
33
Zwischen den Beteiligten unstrittig ist, dass sich das Baugrundstück im Geltungsbereich eines festgesetzten Überschwemmungsgebietes befindet. Wesentliche Merkmale des Hochwasserschutzes sind die Vermeidung von Hochwasserschäden, Sicherung des Hochwasserabflusses sowie Hochwasserrückhaltung und Hochwasserentlastung in den sog. Retentionsflächen. Entscheidend sind hierbei die jeweiligen örtlichen Verhältnisse (EZBK/Söfker, 142. EL Mai 2021, BauGB § 35, Rn. 102a). Nach § 78 Abs. 4 WHG ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten untersagt. Abweichend davon kann nach § 78 Abs. 5 WHG die zuständige Behörde die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage genehmigen, wenn im Einzelfall das Vorhaben die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verlorengehendem Rückhalteraum zeitgleich ausgeglichen wird, den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert, den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und hochwasserangepasst ausgeführt wird oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
34
Unabhängig davon, dass der Kläger ein derartiges wasserrechtliches Verfahren nicht angestoßen hat, kommen vorliegend das hinzugezogene Wasserwirtschaftsamt Deggendorf wie auch die Fachkundige Stelle Wasserwirtschaft in ihren fachlichen Stellungnahmen zu dem für das Gericht nachvollziehbaren Schluss, dass sich durch die Einfriedung nachteilige Auswirkungen für Dritte und den Hochwasserabfluss ergäben und eine Erhöhung des Wasserstandes zu erwarten sei.
35
Dem tritt die Klägerseite im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens und im Laufe des Verwaltungsverfahrens lediglich unsubstantiiert durch die eigenen Ausführungen entgegen.
36
Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gilt jedoch, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts eine hervorgehobene Bedeutung zukommt. Da sie auf jahrelanger fachlicher Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten. Die Notwendigkeit weiterer Begutachtung ist lediglich dann gegeben, wenn sich dem Gericht der Eindruck aufdrängen muss, dass das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts unvollständig oder widersprüchlich ist, auf einem fehlerhaften Sachverhalt beruht, der Gutachter nicht hinreichend sachkundig oder parteilich war oder ein anderer Gutachter erkennbar über überlegene Forschungsmittel verfügt (BayVGH, B.v. 4.2.2014 - 8 CS 13.1848 - juris; BayVGH, B.v. 2.5.2011 - 8 ZB 10.2312 - BayVBl 2012, 47; BayVGH, B.v. 19.9.2013 - 8 ZB 11.1052 - juris, Rn. 17 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.11.2013 - 8 C 13.313 - juris; BayVGH, B.v. 9.1.2014 - 8 ZB 12.1264 - juris). Solche Gründe sind hier für das Gericht nicht ersichtlich und wurden durch die Klägerseite auch nicht vorgetragen.
37
Mit dem Vorbringen der ehemaligen Bevollmächtigen des Klägers im Verwaltungsverfahren hat sich die Fachkundige Stelle Wasserwirtschaft am Landratsamt Rottal-Inn in mehrfacher Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt Deggendorf in seiner Stellungnahme vom 18. März 2021 letztmalig bereits hinreichend auseinandergesetzt. Die nicht fachlichen Äußerungen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren sind nicht geeignet, die Bewertungen des Wasserwirtschaftsamts zu widerlegen. Im gerichtlichen Verfahren erfolgten keinerlei Ausführungen, die die fachliche Begutachtung durch das Wasserwirtschaftsamt in Zweifel ziehen könnten. Bereits dem Grunde nach untauglich ist der klägerische Vortrag im Verwaltungsverfahren, andere bauliche Anlagen entlang des B. …s führten zu einer erheblich größeren Gefährdung des Hochwasserschutzes. Aus dem Vorhandensein anderer den Hochwasserschutz gefährdender - ggf. auch bestandsgeschützter - Anlagen kann gerade nicht geschlossen werden, dass durch den Beklagten weitere, in diesem Fall sogar illegal errichtete Anlagen hingenommen werden müssten, welche im Widerspruch zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB stehen.
38
c) Die Beseitigungsanordnung ist auch nicht unverhältnismäßig, da die Beeinträchtigung der öffentlichen Belange erheblich ist und die Einfriedung ohne Einschreiten des Beklagten Vorbildwirkung für die Errichtung weiterer vergleichbarer baulicher Anlagen im weiteren Umgriff hätte und in diesem Zusammenhang bereits auch andere Einfriedungen im maßgeblichen Bereich durch den Beklagten festgestellt wurden, gegen welche ebenfalls ein bauordnungsrechtliches Einschreiten erfolgte. Demgegenüber treten die Interessen des Klägers an dem Erhalt und der Nutzung der rechtswidrig errichteten Anlagen zurück.
39
Die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung ergibt sich insoweit bereits aus der formellen und materiellen Rechtswidrigkeit der Einfriedung. Rechtmäßige Zustände lassen sich nicht durch weniger belastende Eingriffe gegenüber dem Kläger erreichen. Sofern die Klägerseite mit Schriftsatz vom 15. November 2021 die Bereitschaft zu einer aus ihrer Sicht hochwasserangepassten Bauweise signalisiert, ändert dies nichts an der Verhältnismäßigkeit der Beseitigungsanordnung. Der vollständige Rückbau der Zaunanlage erscheint aufgrund der einfachen Ausführungsart mittels Trapezblechen ohnehin unaufwendig möglich und am wirtschaftlichsten. Ein lediglich teilweiser Rückbau als mildere Maßnahme scheidet im vorliegenden Fall ersichtlich aus. Unbenommen bliebe dem Kläger, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Antragstellung - welche auch jedem anderen Bauherrn zugemutet wird - eine entsprechende hochwasserangepasste Planung zur bau- bzw. wasserrechtlichen Prüfung durch den Beklagten einzureichen. Aus dem Fehlen milderer Mittel folgt jedenfalls regelmäßig die Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung (intendiertes Ermessen). Nicht maßgeblich ist für die Ermessensentscheidung auch, ob alle vom Beklagten im Verwaltungsverfahren genannten Einzelpunkte ordnungsgemäß begründet und abgewogen wurden. Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der verfügten Beseitigungsanordnung wurden nicht nachvollziehbar vorgetragen.
40
2. Die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes steht nicht außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Beibehaltung des derzeitigen Zustandes, Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG. Nicht zu beanstanden ist im Hinblick auf den zu erwartenden Aufwand auch die Fristsetzung von einem Monat ab Bestandskraft des Bescheides. Inhaltliche Einwendungen vollstreckungsrechtlicher Natur, die über die im Verwaltungsverfahren vorgetragene Rechtswidrigkeit einer Beseitigungsanordnung hinausgehen würden, wurden von der Klägerseite nicht angeführt.
41
Neben den allgemeinen sind auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben. Die Androhung eines Zwangsgeldes war zulässig und ist hinsichtlich seiner angedrohten und der dem Kläger obliegenden Handlungs- bzw. Unterlassungspflicht hinreichend bestimmt, Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG. Ermessensfehler bezüglich der Höhe des Zwangsgeldes von 1.000,00 EUR sind nicht ersichtlich. Der zulässige Rahmen für die Festsetzung eines Zwangsgeldes beträgt mindestens 15,00 EUR und maximal 50.000,00 EUR, Art. 31 Abs. 2 S. 1 VwZVG. Das Zwangsgeld befindet sich noch im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens.
42
3. Die Kostenentscheidung in Ziff. 4 des Bescheides verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlagen sind die Art. 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 6 und 10 Kostengesetz (KG).
43
Als Handlungs- und Zustandsstörer ist der Kläger Veranlasser des angefochtenen Bescheides und damit der richtige Kostenschuldner, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG. Die Gebührenhöhe unterschreitet sogar den vorgegebenen Gebührenrahmen und verletzt den Kläger somit nicht in seinen Rechten. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG in Verbindung mit Tarif-Nr. 2.I.1/1.45 der Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetzes beträgt der Gebührenrahmen für die Verfügungen oder Maßnahmen, die durch Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften veranlasst werden (z.B. Beseitigung von Anlagen) 125 bis 3.000,00 EUR. Mit 100,00 EUR befindet sich die Gebühr unterhalb des Gebührenrahmens und würde im Hinblick auf den vom Kläger verursachten Verwaltungsaufwand auch einen deutlich höheren Ansatz rechtfertigen.
44
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
45
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).