Titel:
Unzulässige Gemeindeklage gegen Geltungsdauer einer wasserrechtlichen Gestattung zum Kiesabbau
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
WHG § 13
BauGB § 35, § 36 Abs. 1
BayVwVfG Art. 36 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Die Frage, ob eine wasserrechtliche Gestattung eine Geltungsdauer von einem Jahr übersteigt, berührt nicht den Anwendungsbereich des gemeindlichen Einvernehmens aus § 36 Abs. 1 BauGB. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Klagebefugnis der Gemeinde käme in Betracht, wenn sie geltend machen könnte, dass die Geltungsdauer der Gestattung eines Kiesabbaus hinreichend konkretisierte gemeindliche Planungen für die betroffenen Flächen konterkarieren würde. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Drittanfechtungsklage, Nebenbestimmung zu einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis, Isolierte Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen, Unzulässige Klage, Keine Betroffenheit in der gemeindlichen Planungshoheit durch getroffene Fristenregelung, wasserrechtliches Rücksichtnahmegebot, isolierte Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen, unzulässige Klage, keine Betroffenheit in der gemeindlichen Planungshoheit durch getroffene Fristenregelung, gemeindliches Einvernehmen, Kiesabbau
Fundstelle:
BeckRS 2021, 45746
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin, eine kreisangehörige Stadt im Landkreis, wendet sich gegen eine der Beigeladenen vom Beklagten erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis unter gleichzeitiger Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens.
2
Die Beigeladene betreibt auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... bis ... der Gemarkung ... einen Kiesabbau in der Abbauphase 5 bis 9.
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Mit Bescheid des Landratsamts ... vom 23. April 2004 (Gz.: ...) in der Fassung des Abhilfe- und Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2009 wurde der Beigeladenen das vorübergehende Freilegen von Grundwasser auf den Grundstücken Fl.Nr. ... bis ... sowie von Fl.Nrn.,, ... (jeweils Teilflächen) der Gemarkung ... erteilt.
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Mit Schreiben vom 30. März 2020 beantragte die Beigeladene beim Beklagten die Verlängerung der Geltungsdauer der beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis in Bezug auf die beabsichtigte Verfüllung und Rekultivierung für weitere maximal vier Jahre. Im Verfahren wurden das Wasserwirtschaftsamt, der Fachbereich Naturschutz und der Fachbereich Bauleitplanung/Bauordnung am Landratsamt ... sowie die Klägerin beteiligt.
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Das Wasserwirtschaftsamt ... führte mit Stellungnahme vom 9. April 2020 aus, dass aus wasserwirtschaftlicher Sicht keine Bedenken gegen die Verlängerung der Erlaubnis bestünden. Mit weiterer Stellungnahme vom 26. November 2020 wurden die Anforderungen an die beabsichtigte Verfüllung aktualisiert. Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt ... nahm unter dem 16. April 2020 dahingehend Stellung, dass aus naturschutzfachlicher Sicht keine Einwendungen gegen die beantragte Verlängerung der Frist für die Rekultivierung bestünden. Die naturschutzfachlichen Auflagen aus dem Bescheid vom 20. Mai 2009 seien weiterhin gültig und zu beachten. Der Fachbereich Bauleitplanung/Bauordnung führte unter dem 8. September 2020 aus, dass aus bau- und abgrabungsrechtlicher Sicht keine Einwände gegen die Verlängerung bestünden. Die Wiederverfüllung stehe mit dem im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 Baugesetzbuch (BauGB) bauplanungsrechtlich privilegierten Kiesabbau in unmittelbarem Zusammenhang und sei eine unmittelbare Folge des bereits abgeschlossenen Kiesabbaus. Die unmittelbare Wiederverfüllung der Abbaustelle nehme an der Abbauprivilegierung teil.
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Die Klägerin stimmte mit Stadtratsbeschluss vom 29. Juli 2020 dem Vorhaben nur unter der Bedingung zu, dass das Bauvorhaben (Verfüllung und Rekultivierung) bis zum 31. Dezember 2021 abgeschlossen sei und auch das Grundstück der Klägerin mit der Fl.Nr. ... wiederverfüllt werde.
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Das Landratsamt ... teilte der Klägerin mit Schreiben vom 6. Oktober 2020 mit, dass beabsichtigt sei, dass teil-verweigerte Einvernehmen im Rahmen der Entscheidung über den wasserrechtlichen Verlängerungsantrag zu ersetzen. Der Klägerin wurde Gelegenheit gegeben, die Angelegenheit erneut beschlussmäßig zu behandeln. Mit Beschluss des Bauausschusses der Klägerin vom 11. November 2020 wurde weiterhin daran festgehalten, der Verlängerung nur für die Dauer eines Jahres über das bisherige Ablaufdatum 31. Dezember 2020 zuzustimmen.
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Mit Bescheid des Landratsamts ... vom 15. Dezember 2020 wurde der Beigeladenen die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis für das vorrübergehende Freilegen von Grundwasser auf den Grundstücken,, ... (jeweils Teilflächen) und ... bis ... mit anschließender Wiederverfüllung des Abbaugebiets nach Maßgabe des Bescheids erteilt (Nr. 1.1 des Bescheids). Die erlaubte Gewässerbenutzung dient der Entnahme von Sand und Kies mit anschließender Wiederverfüllung und Rekultivierung (Nr. 1.2 des Bescheids). Zur Beschreibung der Benutzung ist in Nr. 1.4 des Bescheids ausgeführt, dass der Sand- und Kiesabbau laut Planung auf Teilflächen der Flurstücke, ... und ... sowie auf den Flurstücken ... bis ... der Gemarkung ... erfolge. Die Abbaumenge von Sand und Kies im Nassabbau betrage rund 616.500 m³. Der Abbau erfolge von Nord nach Süd. Zum zeitlichen Ablaufplan ist ausgeführt, dass die Abbauphasen 5 bis 9 bereits vollständig ausgekiest seien. Die Wiederverfüllung erfolge seit dem Jahr 2004 und werde bis zum Jahr 2024 abgeschlossen. Die Erlaubnis zur Freilegung von Grundwasser zum Zweck des Sand- und Kiesabbaus mit anschließender Wiederverfüllung und Rekultivierung wird bis zum 31. Dezember 2024 befristet (Nr. 1.5 des Bescheids). Nummer 2 des Bescheids enthält Inhalts- und Nebenbestimmungen, auf die im Einzelnen verwiesen wird.
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In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt, dass es sich beim Zutageleiten von Grundwasser und der anschließenden Wiederverfüllung gem. § 8 Abs. 1 i.V.m § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 5 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) um erlaubnispflichtige Gewässerbenutzungstatbestände handle. Der Antrag der Beigeladenen vom 30. März 2020 auf Verlängerung der wasserrechtlichen Erlaubnis werde als Antrag auf Neuerteilung einer auf vier Jahre befristeten Folgegestattung behandelt. Der Beigeladenen werde eine beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis gem. § 10 Abs. 1 WHG und Art. 15 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) erteilt. Diese gewähre die Befugnis, ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen. Zwingende Versagungsgründe i.S.d. § 12 Abs. 1 WHG bestünden nicht. Schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare und nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen sowie Auswirkungen auf Rechte Dritter (§ 13 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 WHG) seien durch das Vorhaben in Form des um vier Jahre verlängerten Wiederverfüllungs- und Rekultivierungszeitraums bei bescheidskonformer Ausführung nicht zu erwarten (§ 12 Abs. 1 WHG). Die wasserrechtliche Beurteilung stütze sich auf die gutachterliche Äußerung des Wasserwirtschaftsamts ... als amtlichem Sachverständigen. Ein Verstoß gegen Anforderungen aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorhaben stünden, wie zum Beispiel solche des Bauplanungs- und Naturschutzrechts, hätten unter Berücksichtigung der im Verfahren eingeholten Stellungnahmen nicht festgestellt werden können. Es bestünde insbesondere keine auf § 35 BauGB belastbar stützbaren bauplanungsrechtlichen Gründe, die der beantragten zeitlichen Verlängerung entgegenstünden. Aus diesem Grund werde das von der Klägerin rechtswidrig verweigerte gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB durch den Bescheid ersetzt. Die Klägerin habe keine stichhaltige und einer rechtlichen Überprüfung standhaltende sachliche Begründung abgegeben, worauf sich die lediglich auf ein Jahr beschränkte Befristung der Wiederverfüllung stützen lasse. Auch wäre ein bescheidskonformer Abschluss des Vorhabens bis Ende des Jahres 2021 bei objektiver Betrachtung und Würdigung des bisherigen Verlaufs der Verfüllarbeiten nicht umsetzbar. Die Wiederverfüllung stehe mit dem im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 BauGB bauplanungsrechtlich privilegierten Kiesabbau im unmittelbaren Zusammenhang und sei Folge des bereits abgeschlossenen Kiesabbaus. Damit nehme die unmittelbare Wiederverfüllung der Abbaustelle an der Abbauprivilegierung aus § 35 BauGB teil. Im aktuellen Flächennutzungsplan der Klägerin seien die verfahrensgegenständlichen zur Verfüllung und Rekultivierung vorgesehenen Grundstücke als Flächen für die Landwirtschaft dargestellt. Unmittelbar östlich an die verfahrensgegenständlichen Flächen angrenzend seien Konzentrationsflächen für einen weiteren Kiesabbau dargestellt. Der verfahrensgegenständliche Bereich sei bereits seit Jahrzehnten vom Kiesabbau und den damit verbundenen weiteren Nutzungen geprägt. Im Übrigen wäre eine Beeinträchtigung von öffentlichen Belangen i.S.d. Bauplanungsrechts gem. § 35 Abs. 3 BauGB nicht ausreichend, um es dem privilegierten Vorhaben entgegenhalten zu können. Die verlängerte Rekultvierungszeit löse nach baulicher Beurteilung bei Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben insbesondere keine schädlichen Umwelteinwirkungen aus. Zur Erschließung des Vorhabens diene eine ausgebaute I. straße. Es lägen auch keine anderweitigen Anhaltspunkte vor, welche unter Berücksichtigung des der Wasserrechtsbehörde obliegenden Bewirtschaftungsermessens einer Erlaubniserteilung entgegenstünden (§ 12 Abs. 2 WHG).
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Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Landratsamts ... vom 15. Dezember 2020 wird ergänzend verwiesen.
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Die Klägerin hat gegen den Bescheid mit Schriftsatz vom 15. Januar 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,
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Der Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2020, Az.:, beschränkte Erlaubnis, wird insoweit aufgehoben, als die beschränkte Erlaubnis über den Zeitraum von einem Jahr hinausgeht.
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Zur Begründung der Klage wird mit Schriftsatz vom 25. März 2021 ausgeführt, dass das nach § 36 BauGB teilweise verweigerte Einvernehmen rechtswidrig ersetzt worden sei. Hierdurch werde die Klägerin in ihrer Planungshoheit verletzt. Das Einvernehmen sei zurecht nur unter der Bedingung einer Befristung auf ein Jahr erteilt und damit rechtmäßig teilweise verweigert worden. Die Klägerin habe im Jahr 2008 mit der 23. Änderung ihres Flächennutzungsplans Konzentrationszonen für den Kiesabbau mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beschlossen. Die verfahrensgegenständlichen Abbauflächen lägen außerhalb der Konzentrationszonen. Aufgrund der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sei das Vorhaben nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert. Hieran ändere auch die ursprüngliche Genehmigung aus dem Jahr 2004 nichts. Im Bescheid sei fälschlicherweise vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 BauGB ausgegangen worden. Richtigerweise handle es sich um ein sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB. Als solches beeinträchtige es den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB. Das Vorhaben wirke sich eindeutig negativ auf das Orts- und Landschaftsbild aus. Zwar sei in unmittelbarer Nähe eine Konzentrationszone dargestellt. Der Bereich des Vorhabens selbst sei aber als Flächen für die Landwirtschaft dargestellt. Die verfahrensgegenständliche Genehmigung betreffe nicht mehr den Kiesabbau selbst, sondern nur noch die Rekultivierungsmaßnahmen und die Auffüllung. Die Beschränkung auf die Dauer eines Jahres erscheine auch im Hinblick auf die Tatsache ausreichend, dass die Maßnahme nach der ursprünglichen Genehmigung innerhalb des Zeitraums von insgesamt 16 Jahren hätte abgeschlossen werden müssen. Nach allem sei die teilweise Verweigerung des Einvernehmens rechtmäßig, woraus sich die Rechtswidrigkeit der Ersetzung im Rahmen des Genehmigungsbescheids ergebe. Hierdurch werde die Klägerin auch in ihrer Planungshoheit verletzt.
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Das Landratsamt ... ist für den Beklagten der Klage mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 entgegengetreten und beantragt,
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Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Klage abzuweisen sei, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig sei und die Klägerin nicht in ihren Rechten, insbesondere in ihrer Planungshoheit, verletze. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen zur Erteilung der Beschränkung der wasserrechtlichen Erlaubnis seien gegeben. Deshalb habe die beantragte Erlaubnis der Beigeladenen nach pflichtgemäßem Ermessen gem. § 12 Abs. 2 WHG erteilt werden können. Die erlaubte Gewässerbenutzung erfülle auch die im wasserrechtlichen Verfahren ebenfalls zu prüfenden Anforderungen sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG. Mit der Erteilung und der Ersetzung des Einvernehmens würden keine bauplanungsrechtlichen Belange und Rechte der Klägerin zur gemeindlichen Planungshoheit verletzt. Ausgehend von einer bauplanungsrechtlichen Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens nach § 35 BauGB sei die Reduzierung des gemeindlichen Einvernehmens auf eine Verlängerung auf ein Jahr rechtswidrig. In der 23. Änderung des Flächennutzungsplans der Klägerin seien Flächen für Abgrabungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 8 BauGB als Konzentrationsflächen für Kiesabbau mit der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB festgesetzt worden. Diese Darstellung sei im Neuerlass des Flächennutzungsplans im Jahr 2019 übernommen worden. Die Regelung der Konzentrationszonen erstrecke sich ausschließlich auf Abgrabungsvorhaben, welche erst nach Inkrafttreten der Regelung beantragt und zugelassen werden sollen. Die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sei ausweislich der Planzeichendarstellung sowie der Begründung im Flächennutzungsplan nur den Flächen von Abgrabungen zugesprochen worden. Anschüttungen seien nicht mit der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB versehen worden. Die ausschließlich für den Kiesabbau festgelegte Ausschlusswirkung komme für den vorliegenden Antrags- und Zulassungsgegenstand nicht zum Tragen. Die Wiederverfüllung erfolge in unmittelbarer sachlicher wie auch zeitlicher Folge des abgeschlossenen Kiesabbaus und erfülle einen konkret dienenden Verwendungszweck i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 BauGB. Ein sonstiges nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilendes Bauvorhaben liege daher nicht vor. Die Wiederverfüllung diene einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb, die erforderliche spezifische Standortbeziehung sei gegeben. Zudem liege auch eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB aufgrund der gegebenen besonderen Zweckbestimmung der Wiederverfüllung als Rekultivierungsvorhaben einer vormaligen Abbaustelle vor. Dem privilegierten Wiederverfüllungsvorhaben stünden keine öffentlichen Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB entgegen, welche gleichzeitig den Planungsvorhalt der Klägerin verletzten. Auch das Orts- und Landschaftsbild sei nicht beeinträchtigt. Es werde im verfahrensgegenständlichen Bereich seit über 60 Jahren durch den Kiesabbau sowie die dazugehörigen baulichen Anlagen und Einrichtungen geprägt. Die von Seiten der Klägerin geltend gemachten weiteren planerischen Absichten zur baulichen Entwicklung der betroffenen Flächen für Gewerbeflächen seien aktuell nicht konkretisiert und lediglich pauschal in den Raum gestellt. Auch sei die Argumentation der Klägerin widersprüchlich. Im Grunde werde die Wiederverfüllung auch von Seiten der Klägerin gefordert.
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Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes des Landratsamts ... vom 18. Mai 2021 wird ergänzend verwiesen.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Januar 2021 wurde die Firma,, zum Verfahren notwendig beigeladen.
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Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,
21
Am 6. Dezember 2021 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierrüber gefertigte Protokoll Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die von der Klägerin vorgelegten Verfahrensunterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage erweist sich mit dem gestellten Antrag, den Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2020 insoweit aufzuheben, als die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis über den Zeitraum von einem Jahr hinausgeht, bereits als unzulässig.
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Mit diesem Antrag wendet sich die Klägerin nicht gegen die Erteilung einer wasserrechtlich beschränkten Erlaubnis für das vorübergehende Freilegen von Grundwasser auf den Grundstücken Fl.Nrn.,, ... (Teilflächen) und ... bis ... der Gemarkung ... mit anschließender Wiederverfüllung des Abbaugebiets als solche, sondern ausschließlich gegen die in Nr. 1.5 des streitgegenständlichen Bescheids vorgenommene Befristung des Sand- und Kiesabbaus mit anschließender Wiederverfüllung und Rekultivierung bis längstens zum 31. Dezember 2024.
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1. Die auf Aufhebung der in Nr. 1.5 geregelten Befristung der streitgegenständlichen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis (vgl. § 8 Abs. 1 WHG, Art. 15 BayWG) ist als isolierte Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft.
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Die in Nr. 1.5 des Bescheids vorgenommenen Befristung beruht auf der bundesgesetzlichen Ermächtigung in § 13 Abs. 1 und 2 WHG, wonach Inhalts- und Nebenbestimmungen auch nachträglich sowie auch zu dem Zweck zulässig sind, nachteilige Wirkungen für andere zu vermeiden oder auszugleichen. § 13 Abs. 2 WHG enthält einen nicht abschließenden Katalog zulässiger Inhalts- und Nebenbestimmungen für die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung und wird durch die in Art. 36 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) aufgeführten Nebenbestimmungen ergänzt. Die hier streitgegenständliche Nebenbestimmung, eine Befristungsentscheidung im Sinn von Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG, enthält eine Regelung zur zeitlichen Geltungsdauer der der Beigeladenen erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis nach Art. 15 BayWG, die nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt als gesonderte Bestimmung zur eigentlichen wasserrechtlichen Erlaubnis hinzutritt. Bei Aufhebung dieser Nebenbestimmung bliebe die Genehmigung mit einem Inhalt weiterbestehen, der dem Wasserhaushaltsgesetz nicht zwangsläufig zuwiderliefe. Daher liegt keine Inhaltsbestimmung vor, die mit der wasserrechtlichen Gestattung untrennbar verbunden wäre. Die Befristung in Nr. 1.5 des streitgegenständlichen Bescheids ist damit dem Grunde nach einer isolierten Anfechtbarkeit im Wege einer Klage nach § 42 Abs. 1 Alt.1 VwGO zugänglich.
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2. Die Klage erweist sich jedoch deshalb als unzulässig, weil die Klägerin nicht im Sinn von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist.
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a) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der jeweilige Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Anfechtungsklage ist allerdings nur dann nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (vgl. BVerwG, U.v. 20.3.1964 - VII C 10.61 - BVerwGE 18, 154; BayVGH, U.v. 9.8.2012 - 8 A 10.40048 - juris Rn. 21). Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, z.B. BVerwG, U.v. 28.6.2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 = juris Rn. 41).
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b) In Bezug auf die hier allein streitgegenständliche zeitliche Geltungsdauer (Befristung) der der Beigeladenen erteilten wasserrechtlich beschränkten Erlaubnis zum Sand- und Kiesabbau mit anschließender Wiederverfüllung und Rekultivierung ist eine Verletzung von schützenswerten subjektiv-öffentlichen Rechten der Klägerin allerdings ausgeschlossen. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage nämlich nicht gegen die auf der Grundlage der §§ 8, 12 WHG, Art. 15 BayWG erteilte wasserrechtlichen Erlaubnis selbst, sondern ausschließlich gegen deren auf den Vorschriften des Wasserrechts beruhenden Geltungsdauer.
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aa) Eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Klägerin käme allenfalls dann in Betracht, wenn sich die Klage gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis selbst richten würde, da nur in diesem Fall ihre nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz geschützte Planungshoheit betroffen sein könnte. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG sind die Erlaubnis und die Bewilligung zu versagen, wenn andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden (vgl. hierzu VG München, U.v. 5.6.2018 - M 2 K 17.1637 - juris). Zu diesen Vorschriften zählen unstreitig auch solche des Bauplanungsrechts im Sinne der §§ 29 ff. BauGB, was auch zum Erfordernis der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB führt. Nur wenn die Vorschriften des Bauplanungsrechts der Erlaubnis nicht entgegenstehen, ist es der nach Landesrecht zuständigen Behörde gestattet, das nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliche Einvernehmen zu ersetzen (§ 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB), sofern es von der Gemeinde rechtswidrig verweigert worden ist. Daher sind nur im Fall der Anfechtung der Erlaubnis selbst die Voraussetzungen der §§ 31, 33 bis 35 BauGB auf das Rechtsmittel der Gemeinde hin in vollem Umfang nachzuprüfen, wobei die Gemeinde ihr Einvernehmen nur aus den in § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB genannten Gründen versagen darf (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2021 - 9 CS 18.2000 - juris Rn. 33).
31
bb) So liegt der Fall hier jedoch nicht, da die Klägerin sich ausweislich ihres Klageantrags nicht gegen die Tatsache der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zum weiteren Kiesabbau an die Beigeladene als solche wendet, sondern lediglich die der Beigeladenen im Bescheid zugestandene Geltungsdauer der wasserrechtlichen Gestattung für rechtswidrig erachtet, soweit diese die Dauer von einem Jahr übersteigt. Diese Frage berührt jedoch nicht den Anwendungsbereich des gemeindlichen Einvernehmens aus § 36 Abs. 1 BauGB. In der Befristung der wasserrechtlichen Gestattung liegt bereits keine Entscheidung über die Zulässigkeit eines baulichen Vorhabens nach §§ 31, 33 bis 35 BauGB (vgl. auch VGH BW, U.v.30.9.2021 - 10 S 1956/20 - juris Rn. 36).
32
cc) Denkbar wäre eine Klagebefugnis für die Klägerin daher ausschließlich dann, wenn sie geltend machen könnte, dass die in Nr. 1.5 des Bescheids verfügte Geltungsdauer des Kiesabbaus bis längstens zum 31. Dezember 2024 bereits hinreichend konkretisierte gemeindliche Planungen für die betroffenen Flächen konterkarieren würde bzw. mit der der Beigeladenen über den 31. Dezember 2021 hinaus zugestandenen Abgrabungsgestattung ein Planungsschaden der Klägerin verbunden wäre. Hierfür ist nichts ersichtlich. Im Klageverfahren hat sich die Klägerin lediglich dahingehend eingelassen, dass sie künftig wohl beabsichtige, die streitgegenständlichen Flächen aufzuplanen und einer gewerblichen Nutzung zuzuführen. Eine irgendwie geartete konkretisierte Planung, die nur verwirklicht werden kann, wenn die Geltungsdauer der Bewilligung am 31. Dezember 2021 endet, ist jedoch nicht vorhanden. Auch ein mit der Geltungsdauer der wasserrechtlichen Gestattung verbundener Planungsschaden seitens der Klägerin ist nicht ersichtlich.
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dd) Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung des drittschützenden Gebots der wasserrechtlichen Rücksichtnahme. Aus dem in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 13 Abs. 1 WHG verankerten wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebot folgt, dass bei allen wasserrechtlichen Gestattungen, somit auch bei der beschränkten Erlaubnis nach Art. 15 BayWG (vgl. Knopp in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand Februar 2019, Art. 15 Rn. 18 ff.), im Rahmen der Ermessensbetätigung Belange Dritter einzubeziehen sind, deren rechtlich geschützte Interessen von der beantragten Gewässerbenutzung in individualisierter und qualifizierter Weise betroffen werden. Diesen Dritten steht ein Anspruch auf ermessensgerechte - d.h. insbesondere rücksichtnehmende - Beachtung und Würdigung ihrer Belange mit dem ihnen objektiv zustehenden Gewicht zu (vgl. BVerwG, B.v. 6.9.2004 - 7 B 62.04 - ZfW 2005, 227 = juris Rn. 10; U.v. 15.7.1987 - 4 C 56.83 - BVerwGE 78, 40 = juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 ZB 21.1100 - juris Rn. 11).
34
Die Beantwortung der Frage, ob eine qualifizierte Beeinträchtigung eines Drittbetroffenen vorliegt bzw. bei der hier vorgelagerten Frage der Klagebefugnis überhaupt möglich erscheint, erfordert eine Bewertung der betroffenen Belange. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme zu Gute kommen soll, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge jeweils zuzumuten ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359 = juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1587 - KommJur 2021, 272 = juris Rn. 38; B.v. 11.2.2020 - 8 ZB 19.1481 - ZfW 2020, 134 = juris Rn. 12).
35
Dieses zugrunde gelegt, erscheint eine qualifizierte Betroffenheit der Klägerin ausschließlich durch die Geltungsdauer der wasserrechtlichen Gestattung ausgeschlossen, zumal es sich vorliegend um einen bereits seit dem Jahr 2004 bestehenden Kiesabbau handelt, der sich aktuell in der Phase der Wiederverfüllung und Rekultivierung befindet. Es mag zwar aus Sicht der Klägerin wünschenswert sein, dass der streitgegenständliche Kiesabbau möglichst zeitnah seinen Abschluss findet, eine erforderlich werdende qualifizierte rechtliche Betroffenheit in schützenswerten Belangen der Klägerin lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten.
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3. Da eine Rechtsverletzung der Klägerin durch die von ihr allein angegriffene Geltungsdauer der beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis, nach allem bereits begrifflich ausgeschlossen ist, war die Klage als unzulässig abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Da die Beigeladene sich mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung einem Prozesskostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlich entstandenen Aufwendungen für ersatzfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).