Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 23.03.2021 – B 5 K 19.1204
Titel:

Ausschluss der extrakorporalen Stoßwellentherapie, Analogiefähigkeit der Anlage 2 Nr. 2 lit. c zu § 7 Abs. 5 BayBhV (verneint), Anspruch wegen hypothetisch ersparter Aufwendungen, Vertrauensschutz

Normenkette:
BayBhV § 7 Abs. 5 - Anlage 2 Nr. 2 lit. c zu BayBhV § 7 Abs. 5
Schlagworte:
Ausschluss der extrakorporalen Stoßwellentherapie, Analogiefähigkeit der Anlage 2 Nr. 2 lit. c zu § 7 Abs. 5 BayBhV (verneint), Anspruch wegen hypothetisch ersparter Aufwendungen, Vertrauensschutz
Fundstelle:
BeckRS 2021, 44555

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Festsetzung einer Beihilfe von 1.022,42 Euro für geltend gemachte Aufwendungen.
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1. Die am … geborene Klägerin ist als Bedienstete im Rahmen der Bayerischen Beihilfeverordnung (BayBhV) mit einem Bemessungssatz von 50 v.H. beihilfeberechtigt.
3
Sie stellte mit Formblattantrag vom 17.09.2019 einen Antrag auf Beihilfe, eingegangen am 20.09.2019 beim …, Dienststelle …, Bezügestelle Beihilfe. Die Summe der Aufwendungen betrug 2.044,85 Euro. Dieser Antrag umfasste jeweils die Arztrechnungen vom 26.07.2019 (634 Euro) und vom 02.09.2019 (1.410,85 Euro). In der Rechnung vom 02.09.2019 heißt es:
„Diagnose(n): Chronische Trochantertendinose bds. (…)“
Leistungen nach GOÄ:
1800A (Ziffer), 86,27 Euro (Einfach), 2,30 (Faktor), 198,41 (Betrag); extrakorporale Stoßwellentherapie; Ausbildungs- und apparatebedingter außergewöhnlicher Zeit- und Kostenmehraufwand, Hüfte links (Leistungstext und Begründung).
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Mit Bescheid vom 20.09.2019 wurde insgesamt eine Beihilfe in Höhe von 526,40 Euro festgesetzt, bewilligt und überwiesen. Für die Rechnung vom 02.09.2019 wurden beihilfefähige Aufwendungen in Höhe von 418,80 Euro festgesetzt und eine Beihilfe von 209,40 Euro bewilligt. Die Aufwendungen für die extrakorporale Stoßwellentherapie nach Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 1800A wurden nicht als beihilfefähig anerkannt. Es wurde folgende Erläuterung angefügt:
„1180
Aufwendungen für die extrakorporale Stoßwellentherapie (f-ESWT) sind im orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Bereich nur beihilfefähig für die Behandlung der Tendinosis calcarea, des Fersensporn (Fasziitis plantaris, Calcaneussporn oder Haglund-Exostose), der Pseudarthrose (nicht heilende Knochenbrüche), der therapierefraktären Achillodynie oder der therapierefraktären Epicondylitis humeri radialis. Auf der Grundlage des Beschlusses der Bundesärztekammer zur Analogbewertung der ESWT sind Gebühren nach der GOÄ-Ziffer 1800 beihilfefähig. Daneben sind keine Zuschläge beihilfefähig (Nr. 2 der Anlage 2 zu § 7 Abs. 5 BayBhV).“
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Der hiergegen erhobene Widerspruch (Schreiben vom 02.10.2019) blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11.11.2019).
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2. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.12.2019, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,
1.
Der Beihilfefestsetzungsbescheid des … vom 20.09.2019, Geschäftszeichen …, in Gestalt des Widerspruchsbescheides des … vom 11.11.2019, Geschäftszeichen …, wird aufgehoben.
2.
Die Beklagte wird verpflichtet, zu den von der Klägerin mit Antrag vom 17.09.2019 geltend gemachten Aufwendungen eine Beihilfe in Höhe von 1.022,42 € festzusetzen.
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Zur Begründung wird in der Stellungnahme vom 06.03.2020 ausgeführt, gemäß Anlage 2 Nr. 2c) zu § 7 Abs. 5 BayBhV seien Aufwendungen für die extrakorporale Stoßwellentherapie (f-ESWT) im orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Bereich u.a. beihilfefähig für die Behandlung der therapierefraktären Achillodynie sowie der therapierefraktären Epicondylitis humeri radialis. In beiden Fällen handele es sich um Entzündungen oder Schmerzsyndrome von Sehnenansätzen. Bei der Erkrankung der Klägerin - dem Trochanter major - handele es sich um eine (chronische) Entzündung an den Sehnenansätzen an den Hüftknochen. Die extrakorporale Stoßwellentherapie sei nach den Gesetzen der Logik ebenso sinnvoll und geeignet für dessen Behandlung, wie zur Behandlung der therapierefraktären Achillodynie sowie der therapierefraktären Epicondylitis humeri radialis. Wenn die Erkrankung Trochanter major nicht in der Anlage aufgeführt sei, so könne es sich demnach nur um eine planwidrige Regelungslücke handeln. Dies habe offenbar das … bei früheren Beihilfefestsetzungen bewusst ebenso gesehen, da der Klägerin in der Vergangenheit die Beihilfe zweimal gewährt worden sei. Zudem habe das … durch die vorherigen Bewilligungen einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Der Beklagte müsse sich für die gewünschte Festsetzung der Aufwendungen an seinen früheren Entscheidungen festhalten lassen. Zwar seien in öffentlichen Dienstverhältnissen an das Zugeständnis eines Anspruchs aufgrund „betrieblicher Übung“ sehr hohe Anforderungen zu stellen, weil grundsätzlich zu unterstellen sei, dass die entscheidende Behörde davon ausgehe, gesetzmäßig zu handeln und keine darüber hinausgehende Leistungen zu gewähren. Eine entsprechende Vermutung könne aber dann nicht mehr zum Ausschluss eines Anspruchs auf Gewährung früher bereits erbrachter Leistung führen, wenn der Anspruchsteller im Vertrauen hierauf in nicht unerheblichem Umfang finanzielle Aufwendungen tätige. Dies sei hier der Fall. Wäre der Klägerin in der Vergangenheit keine Beihilfe gewährt worden, hätte die Klägerin zur Behandlung ihres Schmerz- und Entzündungssyndroms eine andere Behandlungsmethode gewählt.
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Für den Beklagten beantragt das … mit Schriftsatz vom 14.01.2020,
die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass hinsichtlich der früheren Beihilfefestsetzung darauf hingewiesen werde, dass es sich bei der Beihilfeabrechnung um ein Massenverfahren handele. Es könne durchaus vorkommen, dass für grundsätzlich nicht beihilfefähige Kosten Beihilfe geleistet werde. Daraus ergebe sich kein Anspruch auf die Übernahme nicht beihilfefähiger Kosten. Ein Anspruch bestehe nur auf eine sachlich zutreffende Anwendung der Beihilfevorschriften, nicht auf eine unzutreffende Rechtsausübung. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Methoden verstoße nicht gegen die Fürsorgepflicht. Das … erteilte für den Beklagten sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Mit Schriftsatz vom 03.04.2020 ergänzte das …, dass die vorgelegte Diagnose der Klägerin nicht in der beihilfefähigen Aufzählung aufgelistet sei. Sie könne nicht berücksichtigt werden. Ob eine planwidrige Regelungslücke vorliege, liege nicht im Feststellungsbereich der Bezügestelle Beihilfe. Es bestehe kein Anspruch auf eine rechtswidrige Weitergewährung von Beihilfen.
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Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erteilte für diese mit Schriftsatz vom 27.07.2020 ebenfalls sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
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3. Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Entscheidungsgründe

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1. Über die Klage konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
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2. Das Gericht legt die Klage im wohlverstandenen Interesse der Klägerin dahingehend aus, dass sie als Teilverpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage zulässig ist, vgl. § 113 Abs. 5 S. 1, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. Unter Beibehaltung der bereits bewilligten Beihilfe soll nur noch darüber entschieden werden, dass die extrakorporale Stoßwellentherapie der Klägerin beihilfefähig ist und die Beihilfe i.H.v. 496,02 Euro zusätzlich bewilligt wird.
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3. Die so verstandene Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Festsetzung der begehrten Beihilfeleistungen. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BayVGH U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 12). Da die maßgeblichen Aufwendungen im Jahr 2019 getätigt wurden, ist auf die Bayerische Beihilfeverordnung (BayBhV) i.d.F. d. Bek. vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15, BayRS 2030-2-27-F), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Oktober 2018 (GVBl. S. 794), abzustellen.
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Nach Art. 96 Abs. 2 BayBG i.V.m. den Vorschriften der Bayerischen Beihilfeverordnung werden Beihilfen zu den beihilfefähigen Aufwendungen der beihilfeberechtigten Personen gewährt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.
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Aufwendungen für Untersuchungen oder Behandlungen nach wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden einschließlich der hierbei verordneten Arznei- und Verbandmittel und Medizinprodukte, die in Anlage 2 Nr. 2 aufgeführt sind, sind nur unter den jeweiligen dort genannten Voraussetzungen beihilfefähig (Teilausschluss), vgl. § 7 Abs. 5 Nr. 2 BayBhV. Aufwendungen für folgende wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methoden sind begrenzt nach Anlage 2 Nr. 2 lit. c:
„Fokussierte Extracorporale Stoßwellentherapie (f-ESWT)
Die Aufwendungen sind im orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Bereich nur beihilfefähig bei Behandlung der Tendinosis calcarea, der Pseudarthrose, der Fasziitis plantaris, der therapierefraktären Achillodynie oder der therapierefraktären Epicondylitis humeri radialis. Auf der Grundlage des Beschlusses der Bundesärztekammer zur Analogbewertung der ESWT sind Gebühren nach Anlage Nr. 1800 GOÄ beihilfefähig. Daneben sind keine Zuschläge beihilfefähig. Die Aufwendungen der ESWT in sonstigen Anwendungsbereichen werden vom Teilausschluss nicht erfasst.“
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Daran gemessen sind die Leistungen des behandelnden Arztes der Klägerin, für die die Klägerin Beihilfe begehrt, nicht beihilfefähig.
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a. Bei direkter Anwendung der Anlage 2 Nr. 2 lit. c zu § 7 Abs. 5 BayBhV ergibt sich, dass die Diagnose der Klägerin nicht unter die in der Auflistung genannten Diagnosen zu subsumieren ist. Ausweislich der Arztrechnung vom 02.09.2019 hat der behandelnde Arzt eine chronische Trochantertendinose bds. bei der Klägerin diagnostiziert. Dieses Krankheitsbild unterfällt nicht der Auflistung der Anlage. Eine Behandlung der Trochantertendinose durch die extrakorporale Stoßwellentherapie ist daher von der Beihilfe ausgeschlossen.
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b. Eine Beihilfefähigkeit ergibt sich auch nicht aufgrund analoger Anwendung der o.g. Vorschrift. Die Analogie erfordert eine planwidrige Regelungslücke und die Vergleichbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes mit dem Sachverhalt, den das Gesetz als Maßstab angesetzt hat. Der Gesetzgeber muss gerade den vorliegenden Fall übersehen haben. Dies ist hier nicht der Fall.
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Der Wortlaut des § 7 Abs. 5 Nr. 2 BayBhV regelt, dass nur unter den jeweils dort genannten Voraussetzungen der Anlage 2 Nr. 2 ein Teilausschluss besteht. Der Verordnungsgeber hat bereits im Wortlaut entschieden, dass er andere Fälle nicht als beihilfefähig anerkennt. Zudem verlangt der Verordnungsgeber hinsichtlich der Diagnosen, die die Klägerin als Vergleichsmaßstab heranziehen will, die Eigenschaft „therapierefraktär“. Das bedeutet, dass der Beihilfeberechtigte auf Therapien nicht angesprochen hat, sodass die Stoßwellentherapie für die entsprechende Diagnose die ultima ratio darstellt. Daraus folgt, dass der Verordnungsgeber mit dem Teilausschluss eine bewusste Entscheidung getroffen und festgelegt hat, welche Behandlungen er einem Ausschluss unterwirft.
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Gegen diese Auffassung spricht auch nicht das System der Verordnung. Zum einen stellt§ 7 Abs. 5 BayBhV als Ausschlusstatbestand eine Ausnahme zu den beihilfefähigen Leistungen des Dienstherrn dar, wie auch der Wortlaut zeigt. Die Auflistung in der Anlage 2 Nr. 2 lit. c ist eine Ausnahme dieser Ausnahme. Ausnahmen sind eng auszulegen. Bereits das spricht gegen eine Erweiterung der Beihilfefähigkeit durch Analogie. Darüber hinaus ist die Anlage 2 Nr. 2 abschließend geregelt. Dafür spricht der Wortlaut der Anlage, dass die Aufwendungen für folgende wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methoden begrenzt sind. Der Verordnungsgeber hat die Auflistung nicht als Regelbeispiele ausgestaltet, sondern die beihilfefähigen Behandlungsmethoden enumerativ und damit abschließend festgelegt. Daraus folgt, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt.
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Für diese Ansicht streitet auch der Sinn und Zweck der Beihilfe. Sie leitet sich her vom Fürsorgeprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG und stellt eine Ergänzung der mit eigenen Mitteln zu betreibenden Eigenvorsorge dar. Sie soll den Beihilfeberechtigten nur von den Aufwendungen in angemessenem Umfang, die ihn u.a. in Krankheitsfällen unabwendbar treffen und die er nicht durch sonstige Leistungen, die ihm nach dem Gesetz zustehen, ausgleichen kann, freistellen. Eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht nicht (vgl. BVerfG B.v. 7.11.2002 - 2 BvR 1053/98 - juris Rn. 29; BVerfG B.v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - juris Rn. 40, BVerfG U.v. 3.7.2003 - 2 C 36/02 - juris Rn. 18). Der Verordnungsgeber kann deshalb selbst bestimmen, welche Fälle er als beihilfeberechtigt anerkennt und welche er von einer Beihilfe ausschließt. Es genügt, dass die Klägerin auf sonstige Weise bei der Behandlung ihrer Krankheit unterstützt wird. Da die BayBhV eine Behandlung der Trochantertendinose mittels anderer Therapie nicht als nicht beihilfefähig ansieht, wird das Fürsorgeprinzip im Kern nicht verletzt.
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Zudem hat der Verordnungsgeber eine Einschätzungsprärogative, welche Behandlungen er als beihilfefähig erachtet. In Abwägung mit dem Fürsorgeprinzip entscheidet er, bei welchen Behandlungen der Beihilfeberechtigte entlastet werden soll. Diese Prärogative ist in Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 lit. c. BayBG festgehalten, der ausweislich seines Wortlauts „können“ dem Verordnungsgeber ein Ermessen hinsichtlich der Bestimmung über den Inhalt und Umfang der Beihilfen, über die Beschränkung oder den Ausschluss für Behandlungen nach wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden einräumt.
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c. Ein Anspruch kann aus weiteren möglichen Anspruchsgrundlagen nicht hergeleitet werden.
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aa. Aus einem subjektiv positiven Ergebnis der Behandlung sowie einer künftigen hypothetischen Ersparnis von Aufwendungen des Dienstherrn entsteht kein Anspruch.
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Die obergerichtliche Rechtsprechung geht von keinem Anspruch wegen dieses Grundsatzes aus (vgl. OVG NW, U.v. 23.8.1993 - 12 A 1031/91 - juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 15.10.2018 - 14 ZB 17.1474 - juris Rn. 8: zu hypothetisch ersparten Aufwendungen wegen Dienstunfähigkeit). Aus dem Gesetz ergibt sich kein Grundsatz, dass ein Anspruch nach dieser Voraussetzung entstehen kann. Gegen das Vorliegen eines Anspruchs spricht insbesondere, dass es bloße Spekulation ist, ob sich der Dienstherr künftig Aufwendungen ersparen wird. Es ist nicht absehbar, wie lange die Therapie der Klägerin andauern wird und ob sich die Behandlung künftig nicht sogar verteuert.
28
bb. Aus dem Vertrauensschutz kann die Klägerin ebenfalls keinen Anspruch herleiten. Ein entsprechender Vertrauenstatbestand besteht nicht.
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In eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Betroffener wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht kein schutzwürdiges Vertrauen mit Wirkung für die Zukunft in dem Sinne begründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährt keinen derartigen Anspruch. Es gibt keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung (vgl. BVerfG B.v. 17.1.1979 - 1 BvL 25/77 - juris Rn. 59; vgl. BSG U.v. 21.5.2003 - B 6 KA 32/02 R - juris Rn. 29; Jarass/Pieroth, GG, 7. Auflage 2004, Art. 3 Rn. 36).
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Gemessen daran ist der Anspruch abzulehnen. Ein Anspruch, rechtswidrige Verwaltungsmaßnahmen fortzuführen besteht deshalb nicht, zumal rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte - wie möglicherweise die Beihilfebewilligungen vom 04.06.2018 und 25.07.2018 - unter bestimmten Voraussetzungen gemäß Art. 48 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes zurückgenommen werden können.
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cc. Ein Anspruch durch Abweichung von § 7 BayBhV besteht nicht. Die Vorschrift beinhaltet keine Ermessensregelung, dies gilt insbesondere für die Ausnahme in § 7 Abs. 5 Nr. 2 BayBhV, die als gebundene Entscheidung ausgestaltet ist. Die Beklagte konnte deshalb nicht von der Regelung nach eigenem Ermessen abweichen.
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4. Die Klägerin hat keinen Anspruch und wird deshalb nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Klage war deshalb abzuweisen.
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5. Die Klägerin hat als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.
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6. Die Berufung wird nicht zugelassen.