Inhalt

VG Bayreuth, Endurteil v. 28.06.2021 – B 8 K 20.402
Titel:

Rückforderung von Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz trotz erfolgreicher Meisterprüfung

Normenkette:
AFBG § 7 Abs. 3a, § 9a Abs. 1, § 16, § 26
Leitsätze:
1. Im Rahmen von § 9a Abs. 1 S. 4 AFBG ist jede Fehlzeit - unabhängig vom Grund des Fehlens - zu berücksichtigen. Nur die Zeiten der Abwesenheit nach erklärter Unterbrechung wegen Krankheit, Schwangerschaft oder aus wichtigem Grund nach § 7 Abs. 3a AFBG bleiben bei der Ermittlung der Fehlzeiten dann außer Betracht. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Teilnahmepflicht in § 9 Abs. 1 S. 1 iVm S. 4 AFBG (Teilnahme an 70 Prozent der Präsenzstunden) als persönliche Fördervoraussetzung bzw. Widerrufsgrund bei Nichterfüllung gilt uneingeschränkt und ist insbesondere nicht vom tatsächlich erfolgreichen Abschluss der Maßnahme abhängig. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. § 16 Abs. 4 AFBG schließt nicht aus, dass eine Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der Leistung nach § 16 Abs. 2 AFBG nach Ablauf der Maßnahme möglich ist. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufstiegsfortbildungsförderung, Aufhebung der Bewilligung, Rückforderung der Leistung, regelmäßige Teilnahme, unbekannte Teilnahmefähigkeit, Warnschuss
Fundstelle:
BeckRS 2021, 44547

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des aufgrund der Kostenentscheidung vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Leistungen nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG).
2
Er absolvierte im Zeitraum vom 22.05.2018 bis zum 14.02.2019 eine Vollzeit-Maßnahme zum Meister im Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk an der Handwerkskammer für O. in B. (Bildungsträger). Am 11.04.2019 schloss er seine Meisterprüfung im Kraftfahrzeugtechnikhandwerk erfolgreich ab. Für die Maßnahme hat er vom Beklagten Leistungen nach dem AFBG erhalten, die sich aus einem Maßnahmenbeitrag für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren sowie einem monatlich gezahlten Unterhaltsbeitrag zusammensetzen. Aufgrund der nach jedem Teilabschnitt von der Fortbildungsstätte ausgestellten Nachweise über seine Teilnahme an der Maßnahme (Teilnahmenachweise i.S.v. § 9a Abs. 2 AFBG) ergaben sich insgesamt folgende Anwesenheitszeiten:

Teilab-schnitt

Zeitraum

Anwesenheitsstunden (in Unterrichtsstunden)

Teilnahmequote

„Teil IV#

22.05.18 - 14.06.18

99 von 110

90,00%

„Teil III#

18.06.18 - 01.08.18

206 von 290

71,03%

„Teil II#

04.09.18 - 28.11.18

256 von 480

53,33%

„Teil I#

04.12.18 - 14.02.19

247 von 340

72,65%

Gesamt

808 von 1220

66,22%

3
Mit ausgefülltem Formular vom 19.03.2018 beantragte er Aufstiegsfortbildungsförderung für die oben beschriebene Maßnahme. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 28.04.2018, in der Fassung vom 23.04.2018, in der Fassung vom 05.05.2018, in der Fassung vom 09.07.2018, in der Fassung vom 18.07.2019, in der Fassung vom 22.10.2018, in der Fassung vom 28.02.2019 ihm Aufstiegsfortbildungsförderung für den Zeitraum von Mai 2018 bis Februar 2019 in Form eines Maßnahmenbeitrags für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren i.H.v. 9.411,00 EUR (davon 3.764,40 EUR als Zuschuss und 5.646,60 EUR als Darlehensanspruch gegenüber der Kreditanstalt für Wiederaufbau - KfW) sowie einem monatlich gezahlten Unterhaltsbeitrag i.H.v. 1.003,00 EUR ab Mai 2018 (davon 462,00 EUR als Zuschuss und 541,00 EUR als Darlehensanspruch gegenüber der KfW). Der Bewilligungsbescheid erging in seiner jeweiligen Fassung unter dem Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung der Leistungen, dass für jeden Teilabschnitt der Maßnahme ein Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme erbracht werden sollte. Der Bewilligungsbescheid enthielt in allen jeweiligen Fassungen einen Hinweis auf die Voraussetzungen des § 9a Abs. 1 AFBG, insbesondere das Erfordernis zur regelmäßigen Teilnahme an mindestens 70 Prozent der Präsenzstunden sowie auf die Möglichkeit der Unterbrechung der Maßnahme aus wichtigem Grund (u.a. Krankheit und Schwangerschaft).
4
Der Kläger reichte den Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme für den ersten Maßnahmenabschnitt „Teil IV“ (22.05.2018 bis 14.06.2018) am 22.06.2018 ein, aus dem sich eine Teilnahme an 99 Stunden von 110 Präsenzstunden ergibt, was einer Teilnahmequote für diesen Abschnitt von 90 Prozent entspricht (s.o. Tabelle; Bl. 41 d. Akten). Am 16.08.2018 reichte er einen weiteren Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme für den zweiten Maßnahmenabschnitt „Teil III“ (18.06.2018 bis 01.08.2018) ein, aus dem sich eine Teilnahme an 206 Stunden von 290 Präsenzstunden ergibt, was einer Teilnahmequote für diesen Abschnitt von 71,03 Prozent entspricht (s.o. Tabelle; Bl. 76 d. Akten). Am 13.12.2018 reichte der Kläger einen Nachweis des Bildungsträgers für die regelmäßige Teilnahme für den dritten Maßnahmenabschnitt „Teil II“ (04.09.2018 bis 28.11.2018) ein, aus dem sich eine Teilnahme an 256 Stunden von 480 Präsenzstunden ergibt, was einer Teilnahmequote für diesen Abschnitt von 53,33 Prozent entspricht (s.o. Tabelle; Bl. 111 d. Akten).
5
Mit Schreiben vom 21.12.2018 wies ihn der Beklagte aufgrund der erbrachten Nachweise für die Maßnahmenabschnitte „Teil IV-II“ darauf hin, dass seine Teilnahmequote für die Maßnahme insgesamt bei 63,75 Prozent liege und damit die Teilnahmekriterien als nicht erfüllt anzusehen seien (Bl. 115 d. Akten). Da er die notwendige Schwelle von mindestens 70 Prozent Teilnahme an den Unterrichtsstunden der gesamten Maßnahme noch bis zum Maßnahmenende erreichen könne, werde von einer sofortigen Aufhebung des Bewilligungsbescheides und Rückforderung der Leistungen abgesehen. Der Kläger solle zukünftig auf eine regelmäßige Teilnahme am Präsenzunterricht achten. Zudem wurde er darauf hingewiesen, dass nur Unterbrechungen wegen Krankheit, Schwangerschaft oder aus anderem wichtigen Grund im Sinne von § 7 Abs. 3a AFBG bei der Ermittlung der Fehlzeiten außer Betracht bleiben, wenn diese unverzüglich mitgeteilt würden.
6
Mit E-Mail vom 02.01.2019 antwortete der Kläger dem Beklagten, dass er im genannten Zeitraum bis zum heutigen Tage gesundheitliche Probleme bzw. Einschränkungen hätte erleiden müssen, die durch Medikamente hätten eingestellt werden müssen. Ein geregelter Tagesablauf wäre für ihn nicht möglich gewesen. Er kündigte an, die Meisterschule nun „noch sauber durch zuziehen“ und sich bei gesundheitlichen Problemen zu melden.
7
Der Kläger übersandte mit E-Mail vom 18.02.2019 vier Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, datiert auf den 10.01.2019, 11.01.2019, 17.01.2019, 11.02.2019 sowie 14.02.2019 in Kopie. Mit E-Mail-Antwort vom selben Tag wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass solche einzelnen Krankheitstage nicht als Unterbrechung der Maßnahme anzusehen seien und bereits in der 70-Prozent-Schwelle mitberücksichtigt seien. Der Beklagte hob hervor, dass die unregelmäßige Teilnahme unabhängig vom Grund für die Fehlzeiten zur Rückforderung führen könne. Eine Unterbrechung der Maßnahme aus wichtigem Grund sei dagegen umgehend mitzuteilen und nachzuweisen.
8
Am 11.03.2019 reichte der Kläger einen Nachweis der Fortbildungsstätte über die regelmäßige Teilnahme für den letzten Maßnahmenabschnitt „Teil I“ (04.12.2018 bis 14.02.2019) ein, aus dem sich eine Teilnahme an 247 Stunden von 340 Stunden ergab, was einer Teilnahmequote für den Abschnitt von 72,64 Prozent entspricht (s.o. Tabelle; Bl. 157 d. Akten). Mit Anhörungsschreiben vom 18.03.2019 wurde dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, nachdem sich durch den letzten Nachweis eine Teilnahmequote für die gesamte Maßnahme von insgesamt 66,22 Prozent ergeben hätte. Ein Abbruch aus wichtigem Grund sei nicht ersichtlich. Allein aufgrund der Fehlzeitquote greife der Vorbehalt im Ausgangsbescheid, sodass der Bewilligungsbescheid aufzuheben und die bereits ausgezahlte Förderung insoweit zurückzufordern sei. Mit E-Mail vom 15.04.2019 berief sich der Kläger auf familiäre und gesundheitliche Probleme im Jahr 2018. Zudem verwies er auf seine bestandene Meisterprüfung vom 11.04.2019, dessen Bestätigung er mit weiterer E-Mail vom 15.04.2019 an den Beklagten weiterleitete.
9
Mit Bescheid vom 06.05.2019, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 08.05.2019, hob der Beklagte aufgrund der nicht regelmäßigen Lehrgangsteilnahme den oben genannten Bewilligungsbescheid insgesamt auf, lehnte Leistungen nach dem AFBG bis auf die Unterhaltsbeiträge von Mai 2018 bis August 2018 sowie Dezember 2018 bis Februar 2019 ab und forderte Zuschussbeiträge in Höhe von insgesamt 5.150,40 EUR (Zuschussanteil des Maßnahmenbeitrags in Höhe von 3.764,40 EUR sowie der Zuschussanteil des Unterhaltsbeitrags in der Zeit von September 2018 bis November 2018 in Höhe von 1.386,00 EUR für 3 Monaten à 462,00 EUR) zurück (Bl. 184 d. Akten).
10
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21.05.2019 Widerspruch ein. Die Fehlzeiten seien aufgrund gesundheitlicher Probleme entstanden. Zweck der Begrenzung der Fehlzeiten sei es, die Erfolgsaussichten auf den Abschluss des Meisters zu gewährleisten. Diesen habe er erfolgreich bestanden. Der Kläger legte eine ärztliche Bescheinigung seines Hausarztes vom 20.05.2019 bei, der im Verlauf des Jahres 2018 ein Wiederaufflammen einer Anpassungsstörung und Somatisierungsstörung beim Kläger attestierte, weshalb mit einer angstlösenden antidepressiv wirkenden medikamentösen Therapie begonnen worden sei. Die Ausgangsbehörde half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.
11
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2020 wurde sein Begehren zurückgewiesen. Die Aufhebung und Rückforderung stütze sich auf § 16 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 AFBG. Die Bewilligung der Leistungen habe unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall gestanden, dass eine regelmäßige Teilnahme nicht nachgewiesen werden könne. Die Anforderungen an eine regelmäßige Teilnahme ergäben sich aus § 9a AFBG. Der Kläger habe eine Teilnahme an mindestens 70 Prozent der Präsenzstunden nicht erreicht. Eine weitere Differenzierung zwischen entschuldigten und unentschuldigten Fehlzeiten sei entbehrlich. Atteste für einzelne Krankheitstage könnten aufgrund der Regelungen nicht mehr gesondert berücksichtigt werden. Vielmehr sei bei einer längeren Abwesenheit aus wichtigem Grund der Lehrgangsteilnehmer aufgefordert, einen Abbruch oder eine Unterbrechung der Teilnahme anzuzeigen. Dies sei dem Kläger auch hinreichend bekannt gewesen. Unterbrechungen wegen Krankheit, Schwangerschaft oder aus wichtigem Grund (§ 7 Abs. 3a AFBG) hätten im Vorhinein mitgeteilt werden müssen. Die bloße Abwesenheit löse diese Wirkung nicht aus. Der Abbruch oder die Unterbrechung einer Maßnahme aus wichtigem Grund bedürften der ausdrücklichen Erklärung. Die Erklärung gelte nur insoweit auf einen vor dem Eingang bei der zuständigen Behörde liegenden Zeitpunkt zurück, als sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt sei (§ 7 Abs. 4a AFBG). Selbst bei Berücksichtigung der bescheinigten Krankheitstage und Außerachtlassung für die Bestimmung einer regelmäßigen Teilnahme im Sinne von § 9a Abs. 2 AFBG hätte der Kläger die notwendige Gesamtteilnahmequote nicht erfüllen können, da diese immer noch bei 69,50 Prozent gelegen hätte. An den fünf Krankheitstagen mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe der Kläger nach Auskunft der Fortbildungsstätte an insgesamt 40 Stunden gefehlt. Das Bestehen der Abschlussprüfung als Ziel der Förderung sei für die Gewährung der einzelnen Leistungen nicht relevant, da Auszubildende gerade nicht für ihre Fähigkeiten bzw. Eignung gefördert werden sollten, sondern für die zielstrebige Vorbereitung auf einen positiven Prüfungsabschluss durch regelmäßige Teilnahme an der notwendigen Fortbildung.
12
Gegen den Bescheid vom 06.05.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.04.2020 hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.04.2020, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, Klage erhoben. Er beantragt,
Der Bescheid des Landratsamt B. vom 06.05.2019, Nr. …, in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von N.  vom 02.04.2020, …, wird aufgehoben.
13
Hierzu führt der Kläger im Wesentlich an, dass im Falle der Vorlage eines ersten defizitären Teilnahmenachweises § 16 Abs. 4 AFBG greife. Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 AFBG erfolge die Aufhebung des Bewilligungsbescheides nur, wenn auch in einem weiteren Teilnahmenachweis des Bildungsträgers die regelmäßige Teilnahme nicht erreicht werde. Im anschließenden „Teil I“ der Maßnahme habe der Kläger allerdings eine Anwesenheit in Höhe von 72,64 Prozent erreicht. Nach § 9 Abs. 1 AFBG habe er daher die regelmäßige Teilnahme am „Teil I“ der Maßnahme nachgewiesen. Zudem sei er mit Schreiben des Beklagten vom 21.12.2018 zwar darauf hingewiesen worden, dass er auf eine regelmäßige Teilnahme zu achten habe. Allerdings hätte ihm deutlicher vor Augen geführt werden müssen, welche konkrete Folge sich aufgrund eines erneuten nicht erfolgreichen Teilnahmenachweises ergeben würde. Dem Kläger sei nicht bewusst gewesen, dass bei fehlendem Nachweis der regelmäßigen Teilnahme die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der Leistungen erfolgen könne. Er hätte im Schreiben vom 21.12.2018 ausdrücklich darauf hingewiesen werden müssen, inwiefern eine Anwesenheitsquote von insgesamt über 70 Prozent noch erreichbar gewesen wäre. Die Fehlzeiten seien auf gesundheitliche Probleme zurückzuführen. Der Kläger leide seit längerer Zeit unter Anpassungssowie Somatisierungsstörungen. Hierzu wurde nochmals auf das Schreiben seines Hausarztes vom 20.05.2019 verwiesen. Eine Unterbrechung nach § 7 Abs. 3a AFBG habe er nicht angezeigt, da er nicht habe einschätzen können, welche Verlaufsform die vorliegende Depression nehmen werde. Der Krankheitsverlauf sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Vielmehr habe er damit gerechnet, dass die Phase schnellstmöglich vergehen würde und er wieder regelmäßig am Unterricht teilnehmen könne. Die Krankheit beruhe auf Umständen, die er nicht beeinflussen oder vertreten könne. Zudem habe er die Maßnahme erfolgreich beendet, was dem Zweck der Verpflichtung zur regelmäßigen Teilnahme entspreche. Darüber hinaus sei der Kläger an den fünf Tagen arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Diese entschuldigten Fehlzeiten seien bei der Berechnung der Fehlzeitquote nicht zu berücksichtigen gewesen.
14
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
15
Unter Verweis auf die Begründung zum Widerspruchsbescheid führt der Beklagte aus, dass der Kläger selbst die festgestellten Fehlzeitquoten bestätige. Der sog. „Warnschuss“ weise eindeutig auf die Rechtsfolgen hin. Der Kläger habe von der damals bestehenden Möglichkeit, die Maßnahme nach § 7 AFBG zu unterbrechen, keinen Gebrauch gemacht. Eine Unterscheidung nach entschuldigten und unentschuldigten Fehlzeiten sei bei der gesetzlich festgelegten und großzügig bemessenen Fehlzeitquote von 30 Prozent nicht angelegt.
16
In der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2020 wies die Bevollmächtigte des Klägers auf den nicht vorhersehbaren Verlauf seiner Krankheit hin. Der Kläger führte persönlich zu seiner Krankheitsgeschichte (Probleme im Elternhaus; Suizidversuch 2007/2008; anschließender Klinikaufenthalt im BKH) aus. Er sei bei seinem Klinikaufenthalt medikamentös eingestellt worden. Er habe unbedingt ein Abbrechen vermeiden wollen und versucht, seine Ausbildung mit Hilfe des Hausarztes und der Medikation „durchzuziehen“. Es sei ihm schwergefallen, den Beteiligten jeweils seine Krankheitsgeschichte vorzutragen. Eine Option zum Abbruch habe für ihn nicht bestanden, er habe sich aber auch keine Gedanken hinsichtlich einer Unterbrechung wegen seiner Erkrankung gemacht. Der Krankheitsverlauf sei - anders als bei körperlichen Leiden - für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Es habe Tage gegeben, an denen man antriebslos und froh sei, aus dem Bett zu kommen. An anderen Tagen sei es jedoch wieder gegangen. Er sei im Ausbildungszeitraum einmal zwei bis drei Wochen, aber nicht über Monate hinweg, krankgeschrieben gewesen. Auch bei einer medikamentösen Einstellung gehe er mit Problemen in der Arbeit und privat anders um. Es sei vorgekommen, dass ihn sein Hausarzt für zwei bis drei Wochen „aus dem Verkehr gezogen habe“.
17
Nach richterlichen Hinweis zur Problematik einer unerkannten Prüfungsunfähigkeit führte die Beklagtenseite aus, dass eine vergleichbare Situation zu dieser im Prüfungsrecht entwickelten Rechtsprechung nicht gegeben sei, da nicht die Prüfung selbst, sondern die Ausbildung gefördert werde. Auf Wunsch der Bevollmächtigten des Klägers wurde ihm eine Frist zur Äußerung dazu binnen einer Woche eingeräumt.
18
Sowohl Kläger- als auch Beklagtenseite verzichteten auf weitere mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.10.2020 verwiesen, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
19
Mit Schriftsatz vom 16.10.2020, eingegangen bei Gericht am selben Tage, führt die Bevollmächtigte des Klägers weiter aus, dass er aufgrund psychischer Probleme in hausärztlicher Betreuung sei, da er zu seinem Hausarzt das Vertrauen habe, dieser den Kläger kenne und den Krankheitsverlauf/-geschichte nachvollziehen könne. Der Kläger leide an einer Anpassungs- und Somatisierungsstörung und sei medikamentös eingestellt. Die Störungen seien im Verlauf des Jahres 2018 wiederaufgeflammt, weshalb der Hausarzt eine angstlösende antidepressiv wirkende Therapie begonnen habe. Hierzu wurde erneut auf das Schreiben seines Hausarztes vom 20.05.2019 verwiesen. In der Einstellungsphase sei es zu Fehlzeiten gekommen, die vermehrt im Maßnahmen-Abschnitt Teil II aufgetreten seien, weshalb der Kläger nur unregelmäßig habe teilnehmen können. Er habe zum damaligen Zeitpunkt eine Unterbrechung der Maßnahme nicht anzeigen können, da er gar nicht habe einschätzen können, welche Verlaufsform die vorliegende psychische Erkrankung nehmen würde. Aufgrund öfters erlebter vergleichbarer Krankheitsphasen sei er davon ausgegangen, dass nach der medikamentösen Einstellung durch den Hausarzt die Krankheitsphase schnellstmöglich hätte beendet werden können. Keinesfalls sei voraussehbar gewesen, wie lange diese Phase dauern würde.
20
Davon ausgehend seien die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Thematik der „unerkannten Prüfungsunfähigkeit“ entsprechend anzuwenden. Insbesondere würden psychische Leiden erst viel später als solche wahrgenommen. Hierzu zitiert die Bevollmächtigte die Rechtsprechung des BVerwG, nach dem ein Prüfling von seiner Prüfungsunfähigkeit bereits Kenntnis habe, wenn ihm sein gesundheitlicher Zustand in den wesentlichen Merkmalen bewusst sei und er die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ erfasse. Insbesondere bei psychischen Beeinträchtigungen maßgeblich sei, ob der Prüfling wisse, ab welchem Zeitpunkt diese Beschwerden über schlichte Examenspsychosen hinaus einen echten Krankheitswert erreicht hätten und wie weit es ihm möglich gewesen sei, seine gesundheitliche Beeinträchtigung und das damit vorhandene Examensrisiko einzuschätzen.
21
Dem Kläger sei nicht bewusst gewesen, ab welchem Zeitpunkt das Wiederaufflammen der Anpassungsstörung sowie der Somatisierungsstörung einen echten Krankheitswert erreicht hätten. Er habe in der Vergangenheit des Öfteren daran gelitten.
22
Die in der Rechtsprechung entwickelte Vermutung, dass derjenige nicht prüfungsunfähig sei, der während der Prüfung keine erhebliche Verminderung seiner Leistungsunfähigkeit bemerken würde, sondern erst nach Bekanntgabe des (negativen) Prüfungsergebnisses, greife hier nicht. Zunächst sei schon kein negatives Prüfungsergebnis im Nachgang bekannt geworden, da der Kläger seine Meisterprüfung erfolgreich abgeschlossen habe. Eine Prüfungsunfähigkeit sei ausnahmsweise zu berücksichtigen, wenn zwar eine bekannte, die Prüfungsfähigkeit jedoch bislang nicht ausschließende Krankheit sich während der Prüfung wesentlich verschlimmert hätte, ohne dass diese für den Prüfling vorhersehbar oder in seiner Tragweite überschaubar gewesen wäre. So liege der Sachverhalt hier, da dem Kläger seine psychische Erkrankung zwar bekannt gewesen sei, seine Prüfungsunfähigkeit allerdings nicht per se ausgeschlossen habe. Diese habe sich allerdings wesentlich verschlimmert, was für den Kläger weder vorhersehbar noch in seiner Tragweite überschaubar gewesen sei. Hätte der Kläger seinerzeit einschätzen können, welchen Verlauf die psychische Erkrankung im Jahre 2018 nehmen werde, hätte dieser sicherlich von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Unterbrechung der Maßnahme nach § 7 AFBG anzuzeigen.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

24
Das Gericht konnte gem. § 101 Abs. 2 VwGO in der Sache ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2020 auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet (S. 4 der Sitzungsniederschrift).
25
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, § 26 Halbs. 1 AFBG i.V.m. § 40 Abs. 1 VwGO. Für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ist gemäß § 26 Halbs. 1 AFBG der Verwaltungsrechtsweg gegeben. § 26 Halbs. 1 AFBG schließt dabei - entsprechend zu den Vorschriften des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) - den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit aus (vgl. Schubert/Schaumberg, in PdK Bund, AFBG, Dez. 2018, § 26, Ziff. 1) und verweist somit konstitutiv auf den Verwaltungsrechtsweg (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 40 Rn. 170, i.H.a. § 54 BAföG).
26
Das Vorgehen gegen die Aufhebung der Bewilligung der Förderung insgesamt auf Grundlage des § 16 AFBG ist als öffentliche-rechtliche Streitigkeit anzusehen. Öffentlichrechtlich sind als „Kehrseite des Leistungsanspruchs“ auch Klagen gegen die Aufhebung der Bewilligung (bzw. Rückforderung von Leistungen), wenn auch das Leistungsverhältnis öffentlich-rechtlich war (vgl. Kopp/Schenke/Ruthig, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 40 Abs. 13a). Die Bewilligung der Leistung (als „Kehrseite“) betrifft im vorliegenden Fall die Entscheidung über das „Ob“ der Förderung und ist - unabhängig von der Förderungsart des § 12 AFBG (Zuschuss oder Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrags mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau) - als öffentlich-rechtlich anzusehen. In der konkreten gesetzlichen und behördlichen Ausgestaltung der Leistungsgewährung erscheint eine Stufung angelegt, weshalb auch in Anwendung der „Zweistufentheorie“ im Hinblick auf die erste Stufe (das „Ob“) von einer öffentlich-rechtlichen Beziehung ausgegangen werden kann (vgl. Kopp/Schenke/Ruthig, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 40 Rn. 15a, 21). Im Übrigen sind die streitentscheidenden Normen (v.a. §§ 9a, 16 AFBG) öffentlich-rechtlicher Natur, da sie den Beklagten als Träger der öffentlichen Verwaltung zu hoheitlichem Handeln berechtigen und verpflichten.
27
Die streitgegenständliche Rückforderung von bereits geleisteten (Zuschuss-)Beiträge ist ebenfalls als öffentlich-rechtliche Streitigkeit einzuordnen. Die Rückforderung des Beklagten beschränkt sich auf den Zuschuss zum Maßnahmebeitrag i.S.v. § 10 Abs. 1 AFBG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 AFBG sowie den Zuschuss zum Unterhaltsbeitrag i.S.v. § 10 Abs. 2 AFBG i.V.m. § 12 Abs. 2 AFBG. Bei der Leistung des Zuschussbeitrags (als „Kehrseite“ der Rückforderung, s.o.) ist auch im Sinne der Zweistufentheorie („Wie“) im Zweifel - mangels entgegenstehender Anhaltspunkte - davon auszugehen, dass sich die Behörde vorliegend der für das Verwaltungshandeln besonders zugeschnittenen öffentlichen Rechtsformen bedient hat (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 40 Rn. 45 m.w.N. zur Rspr. und Lit.). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit ergibt sich auch aus der Annahme, dass sog. „verlorene Zuschüsse“ in der Regel durch Verwaltungsakt und damit in öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehung gewährt werden (vgl. Kopp/Schenke/Ruthig, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 40 Rn. 21). Im Übrigen wird hierbei gleichermaßen auf die streitentscheidenden öffentlich-rechtlichen Normen (v.a. §§ 9a, 16 AFBG) zurückgegriffen (s.o.).
28
Die Spezialzuweisung des § 26 Halbs. 2 AFBG zu den ordentlichen Gerichten bei Streitigkeiten aus dem Darlehensvertrags kommt nicht zur Anwendung. Vom streitgegenständlichen Bescheid ist nicht die Abwicklung (das „Wie“ der Rückforderung) des privatrechtlich ausgestalteten Darlehensverhältnisses zwischen dem Antragsteller und der KfW betroffen (vgl. dazu die Regelungen zu den Darlehensbedingungen, -erlassen und - stundungen, -rückzahlungen und den Gläubigerwechseln der §§ 13-14 AFBG).
29
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
30
Die angefochtene Entscheidung des Beklagten vom 06.05.2019 in Form des Widerspruchsbescheids vom 02.04.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Vorliegend besteht eine Rückzahlungspflicht des Klägers dem Grunde nach § 16 Abs. 2 i.V.m. 3 AFBG. Die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides sowie Rückforderung von überzahlten Leistungen liegen vor.
31
Für Maßnahmen, die - wie vorliegend - bis zum Ablauf des 31.07.2020 abgeschlossen worden sind, sind grundsätzlich die Vorschriften des AFBG in der bis zum Ablauf des 31.07.2020 geltenden Fassung anzuwenden, vgl. § 30 Abs. 1 AFGB.
32
2.1 Nach § 16 Abs. 2 AFBG ist der Bewilligungsbescheid insoweit aufzuheben und der Teilnehmer oder die Teilnehmerin hat die erhaltenen Leistungen zu erstatten, soweit Leistungen nach diesem Gesetz unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt wurden und der entsprechende Vorbehalt greift.
33
2.1.1 Die Leistungen wurden unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt, § 16 Abs. 2 i.V.m. § 9a Abs. 1 Satz 5 AFBG. Der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 28.03.2018 in allen nachfolgenden Fassungen erging jeweils ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung der Leistungen (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG), dass der Kläger jeweils zu den folgenden Terminen einen Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme erbringt. Der im Bescheid enthaltene Vorbehalt des Widerrufs entspricht inhaltlich den Vorgaben des § 9a Abs. 1 Satz 5 AFBG, wonach die Förderung hinsichtlich der regelmäßigen Teilnahme an der Maßnahme unter dem „Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung“ zu leisten ist (vgl. Bl. 24 d. Akten).
34
2.1.2 Gemessen daran sind der Widerruf und die damit verbundene Aufhebung des Bewilligungsbescheides nicht zu beanstanden.
35
Wie sich anhand der vom Kläger im behördlichen Verfahren vorgelegten Teilnahmenachweise der Fortbildungsstätte nachvollziehen lässt, hat der Kläger gegen seine Pflicht aus § 9 Abs. 1 Satz 1 AFBG verstoßen, regelmäßig an der geförderten Maßnahme teilzunehmen. Gemäß § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG liegt eine regelmäßige Teilnahme nur vor, wenn die Teilnahme an mindestens 70 Prozent der Präsenzstunden nachgewiesen wird. Der Kläger hat diese Teilnahmequote im Hinblick auf die Maßnahme insgesamt nicht erreicht, da seine nachgewiesene Teilnahmequote am Präsenzunterricht der Maßnahme insgesamt bei nur 66,22 Prozent liegt.
36
2.1.3 Dabei ist entgegen des Vortrags des Klägers jede Fehlzeit - unabhängig vom Grund des Fehlens - im Rahmen von § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG (a.F.; s.o.) zu berücksichtigen. Bereits dem Wortlaut nach ist eine Differenzierung zwischen einzelnen Gründen einer Fehlzeit und deren Ausnahme von der Berechnung der Teilnahmequote nicht angezeigt. Auch der Hintergrund der 70-Prozent-Grenze in § 9a Abs. 1 AFBG spricht gegen eine etwaige Differenzierung. Zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens und zur Erhöhung der Transparenz für die Teilnehmer wurde für die Ermittlung förderungsschädlicher Fehlzeiten eine Pauschalierung bei 70 Prozent eingeführt (vgl. BT-Drs. 18/7055, S. 21, Nr. 11; VG Gelsenkirchen, U.v. 29.05.2019 - 15 K 10704/17, BeckRS, 10647, Rn. 26). Eine Differenzierung nach dem Grund der Fehlzeit z.B. im Falle von Krankheit erscheint auch im Hinblick auf § 7 AFBG nicht gerechtfertigt. Soweit der Teilnehmer infolge Krankheit die regelmäßige Teilnahme nach dem Förderzweck nicht gewährleisten kann, hat er die Möglichkeit die Maßnahme nach § 7 AFBG zu unterbrechen. Besonderen Härten, die aus einer längeren Abwesenheit aus wichtigem Grund entstehen können, würde gerade durch die Möglichkeit der Unterbrechung Rechnung getragen (s.a. Schubert/Schaumberg, in PdK Bund, AFBG, § 9a, Ziff. 2.1.). Nur die Zeiten der Abwesenheit nach erklärter Unterbrechung wegen Krankheit, Schwangerschaft oder aus wichtigem Grund nach § 7 Abs. 3a AFBG bleiben bei der Ermittlung der Fehlzeiten dann außer Betracht (vgl. BT-Drs. 18/7055, S. 38 f.; vgl. Schubert/Schaumberg, in PdK Bund, AFBG, Dez. 2018, § 9a, Ziff. 2.1.). Für eine Unterbrechung der Maßnahme aus wichtigem Grund wäre nach § 7 Abs. 4a AFBG eine ausdrückliche Erklärung erforderlich gewesen, die der Kläger soweit ersichtlich im Maßnahmenzeitraum nicht abgegeben hat und auf die er sich auch im gerichtlichen Verfahren nicht beruft.
37
Der Vortrag des Klägers, während des Zeitraums der Maßnahme im Jahr 2018 an gesundheitlichen Problemen infolge eines Wiederaufflammens einer Anpassungs- und Somatisierungsstörung gelitten zu haben, ist daher nicht entscheidungserheblich. Soweit er sich darauf beruft, dass die Fehlzeiten darauf zurückzuführen seien, hätte er entsprechend den Vorgaben des § 7 AFBG handeln müssen, um einer Verletzung seiner Verpflichtung zur regelmäßigen Teilnahme gem. § 9a AFBG zuvorzukommen und dem Förderungszweck entsprechend zu handeln. Auch die nach Hinweis der Behörde auf die Fehlzeiten im Dezember 2018 durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen angezeigten einzelnen Krankheitstage im Januar und Februar 2019 sind bei der Berechnung der Teilnahmequote bei § 9a Abs. 1 AFBG als Fehlzeiten zu werten gewesen.
38
2.1.4 Es kann dahinstehen, ob die in der Rechtsprechung zum Prüfungsrecht anhand der Thematik einer unerkannten Prüfungsunfähigkeit herausgearbeiteten Gedanken auf den vorliegenden Fall entsprechend angewendet werden können (vgl. dazu BayVGH, U.v. 28.01.2011 - 7 ZB 10.2236 - juris, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Die „entsprechende“ Anwendung bezieht sich dabei nicht auf die Prüfungssituation der vorliegenden Ausbildung. Vielmehr käme eine entsprechende Anwendung höchstens für den Zeitraum einer „unerkannten“ „Teilnahme“-Unfähigkeit in Betracht, die dem Teilnehmer ein wie oben beschriebenes Vorgehen über § 7 AFBG unmöglich und ein Abstellen allein auf die regelmäßige Teilnahme ohne Berücksichtigung eines Abwesenheitsgrundes unzumutbar machen würde.
39
Selbst bei entsprechender Anwendung ließen sich die Fehlzeiten im vorliegenden Fall nicht ausräumen, da jedenfalls nicht von einer unerkannten - und im Übrigen nicht nachgewiesenen (s.u.) - Teilnahmeunfähigkeit auszugehen ist. Der Kläger befand sich nach eigenem Vortrag nicht in einer Situation, in der er seine Unfähigkeit, an der Ausbildungsmaßnahme teilnehmen zu können, nicht erkannte. Vielmehr muss ihm - allein schon wegen seiner Nichtteilnahme aber auch aufgrund seiner vorgetragenen Erfahrungen mit seinem Krankheitsbild - bewusst gewesen sein, dass er infolge seiner psychischen Beschwerden an den entsprechenden Ausbildungsabschnitten nicht teilgenommen hatte bzw. phasenweise nicht teilnehmen konnte.
40
Darüber hinaus würde die Geltendmachung einer solchen unerkannten Teilnahmeunfähigkeit - um Missbräuchen vorzubeugen - sowohl hinsichtlich des zeitlichen Rahmens als auch hinsichtlich der Formalisierung strengen Anforderungen unterliegen, die im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.
41
So hat die Geltendmachung unter Vorlage von Nachweisen unverzüglich zu erfolgen, also zum frühestmöglichen Zeitpunkt (vgl. dazu BayVGH, a.a.O., Rn. 16 mit Verweis auf. BVerwG, U.v. 07.10.1988 - 7 C 8/88 - juris; U.v. 13.05.1998 - 6 C 12/98 - juris). Der Kläger legte allerdings erstmals im Widerspruchsverfahren das o.g. Attest vom 20.05.2019 vor, obwohl er bereits im Dezember 2018 auf seine Fehlzeiten im - nach seinen Angaben zum Verlauf seiner Krankheit - maßgeblichen Maßnahmenabschnitt „Teil II“ hingewiesen worden ist. Es hätte an ihm gelegen, eine qualifizierte und aussagekräftige ärztliche Bescheinigung zeitnah - d.h. im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Anfallen der Fehltage - einzuholen, um entsprechend seinen Mitwirkungspflichten bei Geltendmachung einer solchen Erkrankung und damit Umständen, die allein in seiner Sphäre liegen, nachzukommen und belastbare Nachweise zeitnah zu sichern.
42
Weiter fordert die Rechtsprechung bei Geltendmachung einer Prüfungsunfähigkeit ein „amts- oder landgerichtliches Attest, das [die] krankhaften Beeinträchtigungen näher beschreibt und darlegt, welche Auswirkungen diese auf ihr Leistungsvermögen in der konkret abzulegenden Prüfung habe“ (BayVGH, a.a.O., Rn. 17). Es fehlt bereits an einem entsprechend substantiierten Vortrag und entsprechenden Nachweisen, inwiefern und zu welchen Zeiten der Kläger im betreffenden Maßnahmenabschnitt Teil II genau arbeits- bzw. teilnahmeunfähig - ohne dies zu erkennen bzw. den Verlauf einschätzen zu können - erkrankt gewesen wäre. Das vorgelegte Attest vom 20.05.2019 seines Hausarztes bleibt - abseits der Fragen zu dessen Qualifikation im Hinblick auf Diagnosen psychischer Krankheitsbilder und dessen Neutralität - genau wie der Vortrag des Klägers dahingehend zu pauschal, um etwaige Beeinträchtigungen belastbar anhand von konkreten Fehlzeiten rekonstruieren zu können.
43
Aus den im behördlichen Verfahren vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu Einzelnen Fehltagen, die in den letzten Maßnahmenabschnitt „Teil I“ fallen (10.01.-11.01.2019; 17.01.2019, 11.02.2019; 14.02.2019; vgl. Bl. 139 d. Akten) ergibt sich ebenso wenig ein entsprechender Nachweis an einer unerkannten „Teilnahme“-Unfähigkeit.
44
2.1.5 Es ist auch sonst weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich geworden, weshalb ihm ein Vorgehen über § 7 AFBG im Einzelfall nicht möglich oder unzumutbar gewesen sein soll. Der Kläger selbst räumte in der mündlichen Verhandlung ein, über ein Vorgehen nach § 7 AFBG trotz der Hinweise der Behörde nicht nachgedacht zu haben. Nicht entscheidend sein kann, dass der Kläger im Unklaren gewesen wäre, wie lange seine akuten psychischen Beeinträchtigungen jeweils andauern würden, die nach seinem Vorbringen eine vorübergehende Teilnahme an der Maßnahme verhinderten.
45
Dass der Kläger in seiner besonderen Situation die Ausbildung zum Meister habe unbedingt abschließen wollen, ist menschlich nachvollziehbar und wird vom Gericht genauso wie das Bestehen seiner Meisterprüfung mit Respekt gewürdigt. Damit hat er sich allerdings ohne weitere Absprache mit der Behörde dem - letztlich auch verwirklichten -Risiko ausgesetzt, die Teilnahmequoten, wie im Gesetz als rechtmäßige Voraussetzung für die Förderung vorgesehen, nicht zu erfüllen.
46
2.1.6 Der Aufhebung der Bewilligung und der Rückzahlungspflicht kann nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger die Maßnahme mit der Meisterprüfung im Kraftfahrzeugtechnikhandwerk erfolgreich abgeschlossen hat. Die Teilnahmepflicht in § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 AFBG (Teilnahme an 70 Prozent der Präsenzstunden) als persönliche Fördervoraussetzung bzw. Widerrufsgrund bei Nichterfüllung gilt ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut nach uneingeschränkt und ist insbesondere nicht vom tatsächlich erfolgreichen Abschluss der Maßnahme abhängig. Letzteres wäre lediglich eine ex-post-Betrachtung, die sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen lässt. Vielmehr stellt das Gesetz ausdrücklich auf den Verlauf der Ausbildung und nicht auf dessen Ergebnis ab.
47
Nach der gesetzlichen Regelung wirkt sich das Bestehen der Meisterprüfung nach § 13b Abs. 1 AFBG vielmehr auf einen möglichen Erlass des Darlehensanteils an den Lehrgangs- und Prüfungsgebühren aus, sofern die dortigen Voraussetzungen gegeben sind.
48
2.2 Darüber hinaus liegen auch die besonderen Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 AFBG (a.F., s.o.) nach den obigen Ausführungen vor. Weist der Teilnehmer nach § 16 Abs. 3 AFBG in einem Nachweis des Bildungsträgers nicht die regelmäßige Teilnahme nach und kann diese bis zum Ende der Maßnahme nicht mehr erreicht werden, so ist der Bewilligungsbescheid insgesamt aufzuheben. Der Kläger konnte nach Vorlage des Nachweises des Bildungsträgers für den Maßnahmenabschnitt „Teil II“ (04.09.18-28.11.18), aus dem sich für den Abschnitt eine Teilnahmequote von 53,33 Prozent ergab, die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme nicht nachweisen. Die regelmäßige Teilnahme konnte jedenfalls nach Vorlage des letzten Nachweises des Bildungsträgers für den Maßnahmenabschnitt „Teil I“ (04.12.18 - 14.02.18) nach Ablauf der Maßnahme nicht mehr erreicht werden. Die Teilnahmequote für die Maßnahme insgesamt lag danach lediglich bei 66,22 Prozent und blieb unter den erforderlichen 70 Prozent zurück (s.o.).
2.3 § 16 Abs. 4 AFBG ist als Sonderfall nicht einschlägig. § 16 Abs. 4 AFBG schließt nicht aus, dass eine Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der Leistung nach § 16 Abs. 2 (ggf. i.V.m. Abs. 3) AFBG nach Ablauf der Maßnahme möglich ist, zumal zu diesem Zeitpunkt erst sicher feststehen kann, dass ein Teilnehmer die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme insgesamt nicht nachweisen kann (s.o.).
49
Der Teilnehmer soll im Sonderfall des § 16 Abs. 4 AFBG zunächst einen „Warnschuss“ (als Hinweis als nach § 16 Abs. 4 Satz 2 AFBG) erhalten, weil das verfolgte Ziel der Förderung - die regelmäßige Teilnahme an der gesamten Fortbildungsmaßnahme und damit die Vorbereitung auf das angestrebte Fortbildungsziel - noch erreicht werden kann (vgl. BT-Drs. 18/7055, S. 45). Erreicht der Teilnehmer nach dem „Warnschuss“ in einem weiteren Teilnahmenachweis nicht die regelmäßige Teilnahme (dies kann, aber muss nicht der letzte Teilnahmenachweis sein), ist die Bewilligung insgesamt aufzuheben. „Bei dem zweiten Teilnahmenachweis kommt es dann nicht mehr darauf an, ob die notwendige Teilnahme bis zum Ende der Maßnahme noch möglich ist. Wird die regelmäßige Teilnahme erneut nicht nachgewiesen, ist die Förderung einzustellen […]“ (vgl. BT-Drs. 17/7055, S. 45). Dadurch kann die Rückforderung bei nicht-regelmäßiger Teilnahme an der Maßnahme insgesamt nach § 16 Abs. 2 (ggf. i.V.m. § 16 Abs. 3 AFBG) nicht ausgeschlossen sein.
50
Die Frage, ob die besonderen Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 AFGB im Falle der Vorlage eines ersten defizitären Teilnahmenachweises während der Maßnahme stets zu beachten sind, kann dahinstehen, da der Beklagte seiner Hinweispflicht nach § 16 Abs. 4 Satz 2 AFBG in ausreichendem Maße nachgekommen ist (anders im zu entscheidenden Fall des VG Gelsenkirchen, U.v. 29.05.2019 - 15 K 10704/17 - juris Rn. 21 ff.; das die Rechtswidrigkeit der Rückforderung auf einen nicht erfolgten „Warnschuss“ der Behörde stützte; vgl. dazu BVerwG, B.v. 08.04.2020 - 5 B 2.20 - juris; s.a. OVG Magdeburg, B.v. 02.02.2021 - 4 L 116/20 - juris):
51
Gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 AFBG ist der Teilnehmer demnach auf den nächsten Vorlagezeitpunkt und die Folge eines erneut nicht erfolgreichen Teilnahmenachweises hinzuweisen. Die Behörde hat mit Schreiben vom 21.12.2018 (Bl. 115 d. Akten) - nach Vorlage des ersten defizitären Nachweises der Teilnahme am Maßnahmenabschnitt „Teil II“ - den Kläger darauf hingewiesen, dass von einer Aufhebung des Bewilligungsbescheides und der Rückforderung der Leistungen noch abgesehen werde, weil er gem. § 16 Abs. 4 Satz 1 AFBG die Schwelle von mindestens 70 Prozent Teilnahme noch bis zum Maßnahmenende erreichen könne. Bisher hätte sich für den Kläger eine Teilnahmequote an der gesamten Maßnahme von 63,75 Prozent ergeben, weshalb der Kläger auf seine Präsenz achten solle. Es ist nicht ersichtlich, dass damit der vom Gesetz bezweckte „Warnschuss“ gegenüber dem Kläger nicht ausreichend zu Tage getreten wäre, zumal der Kläger anschließend mit E-Mail vom 02.01.2019 gewissermaßen auch sein Verständnis und zukünftiges Bemühen um die Teilnahme gegenüber der Behörde zum Ausdruck gebracht hat.
52
Entgegen der Ansicht des Klägers kann es im Hinblick auf § 16 Abs. 4 Satz 1 AFBG nach nicht nur auf das Erreichen der Teilnahmequote im letzten Teilabschnitt der Maßnahme ankommen, um einer Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung der Leistung entgegenzutreten. Es ist daneben auch auf die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme insgesamt abzustellen, die einen selbstständigen Rückforderungstatbestand i.S.v. § 16 Abs. 2 (i.V.m. Abs. 3) AFBG darstellt. Ansonsten käme es zu einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung solcher Teilnehmer, die in einem Teilnachweis nicht die regelmäßige Teilnahme erreichen aber nicht mehr die Möglichkeit haben, insgesamt die regelmäßige Teilnahme nachzuweisen. Diese hätten nach § 16 Abs. 3 AFBG die Aufhebung der Bewilligung und Rückerstattung der Leistungen konsequent hinzunehmen. Einen Teilnehmer - wie den Kläger - träfe hingegen dann diese gesetzlich angelegte Folge nicht gleichermaßen, wenn er nach einem ersten defizitären Teilnahmenachweis bei noch möglicher regelmäßiger Teilnahme an der Maßnahme insgesamt in weiteren Teilabschnitten im jeweiligen Abschnitt zwar die 70 Prozent-Schwelle erreichen würde, obwohl er im Ergebnis aber eine regelmäßige Teilnahme der Maßnahme insgesamt - wie nach den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 AFBG für eine Rückforderung ausreichend - ebenso wenig nachgewiesen hätte.
53
2.4. Die im Bescheid ausgesprochene Rückzahlungspflicht ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 16 Abs. 2 AFBG hat der Teilnehmer nach Aufhebung des Bewilligungsbescheides die erhaltenen Leistungen zu erstatten. Die §§ 16 Abs. 2-4 AFBG räumen insoweit kein Ermessen ein. Ein gerichtlich allenfalls überprüfbarer Ermessenspielraum (§ 114 VwGO) besteht daher nicht.
54
2.5 Auch hinsichtlich des - nicht ausdrücklich angegriffenen - Umfanges der Erstattungspflicht bestehen keine Bedenken. Gemäß § 16 Abs. 5 AFBG ist der Unterhaltsbeitrag nur für die Maßnahmenabschnitte zu erstatten, an denen der Kläger nicht regelmäßig teilgenommen hat. Dies würde vorliegend - wie von der Behörde berechnet - den Maßnahmenabschnitt „Teil II“ und damit die Monate September, Oktober und November 2018, also drei Monate à 462,00 EUR betreffen. Der Zuschussbetrag für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren ist dagegen insgesamt zu erstatten. Berechnungsfehler des Beklagten sind nicht ersichtlich und wurden im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
55
Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.
56
3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
57
Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO in Angelegenheiten der Ausbildungsförderung gemäß § 188 Satz 1 VwGO nicht erhoben (vgl. BVerwG, B.v. 24.07.2014 - 5 B 17/14 - juris Rn. 21).
58
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung - ZPO -.