Titel:
Unzulässigkeit von Nachtfahrten einer Seilbahn in der Nähe eines Naturschutzgebietes
Normenketten:
BNatSchG § 7 Abs. 2 Nr. 13, § 67 Abs. 1
BayESG Art. 13 Abs. 1 S. 2, Art. 5 Nr. 3
BayNatSchG Art. 56
SeilbV § 2 Abs. 6
VO über das Naturschutzgebiet „Karwendel und Karwendelvorgebirge“ § 4 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 Nr. 6, § 5
Leitsätze:
1. Das Vorhaben von Nachtfahrten einer Seilbahn ist genehmigungspflichtig. (Rn. 95) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das seilbahnrechtliche Genehmigungsverfahren hat Konzentrationswirkung. (Rn. 105) (redaktioneller Leitsatz)
3. Können Nachtfahrten einer Seilbahn durch Licht- und Lärmemissionen zu einer nachteiligen Störung eines geschützten Biotops führen, sind sie nicht genehmigungsfähig. (Rn. 116 – 117) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Befreiung von der naturschutzrechtlichen Unzulässigkeit von Nachtfahrten einer Seilbahn ist nur aus überwiegenden öffentlichen Interessen zulässig. (Rn. 124) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
K.-bahn, Seilbahnrechtliches Genehmigungsverfahren, Genehmigungskonzentration, Personenbeförderungsbetrieb in Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten, Nachtfahrten, Naturschutzgebiets-Verordnung, K.l und K.-vorgebirge, Keine Befreiung von den Verboten der Naturschutzgebiets-Verordnung, K. und K.-lvorgebirge, Verweigertes Einvernehmen der höheren Naturschutzbehörde, Naturschutzgebiet, seilbahnrechtliches Genehmigungsverfahren, Konzentrationswirkung, höhere Naturschutzbehörde, Einvernehmen, Alpenvorgebirge, Alpenschneehuhn, Biotop, Lichtemissionen, Lärmemissionen, Verordnung über das Naturschutzgebiet „Karwendel und Karwendelvorgebirge“
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.01.2022 – 22 ZB 21.2116
Fundstelle:
BeckRS 2021, 44450
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin betreibt eine Seilbahn in der Marktgemeinde M., deren Talstation sich in der Ortschaft und deren Bergstation sich auf 2244m Höhe nahe der westlichen K.spitze befindet.
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1. Die Bergstation und die Trasse der Seilschwebebahn ab Höhe der Ostseite der Bundesstraße E 5.. liegen im Naturschutzgebiet „K. und K.-vorgebirge“ (vgl. Verordnung über das Naturschutzgebiet „K. und K.-vorgebirge“ [im Weiteren NSG-VO K.] vom 29.12.1982 i.d.F.v. 10.10.1982 (GVBl. S. 874) und zur Vorgängerverordnung vom 29. Dezember 1959 (GVBl. 1960, S. 5 i.d.F.v.9.1.1980 (GVBl. S. 17), § 8 Abs. 2 NSG-VO K. Die Westgrenze des Naturschutzgebiets „K. und K.-vorgebirge“ verläuft geographisch – auf Höhe der Talstation der K. – entlang der Ostseite der Bundesstraße E 5..; die Ostgrenze des Naturschutzgebiets „K. und K.-vorgebirge“ ist – auf Höhe der Bergstation der K. – die Landesgrenze zu Österreich.
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2. Zur Genehmigungs-Historie:
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Mit Antrag vom 30. März 1953 hat die Marktgemeinde M. die Planungsgenehmigung zur Errichtung einer Grosskabinen-Seilbahn von M. auf die Westliche K.-spitze beantragt. In der anliegenden Beschreibung in den Antragsunterlagen wird unter dem Punkt der Berechnung der voraussichtlich anfallenden Fahrten eine Höchstleistungsfähigkeit „in 8 Stunden“ für den Personentransport angegeben. Eine Beantragung von Nachtfahrten lässt sich der Projektbeschreibung in den Antragsunterlagen nicht entnehmen. Die seinerzeitige Antragstellerin, die Marktgemeinde M., zeigte mit Schreiben vom 25. Oktober 1954 an das Landratsamt G.-P. ‚den Verzicht auf die Weiterverfolgung ihres Antrags vom 30. März 1953 an und überlässt es der nunmehr von Privatleuten gegründeten K. GmbH, Geschäftsführer … …, …, … …, den Antrag weiterzubetreiben. Die Gemeinde ermächtigt das Landratsamt, die von ihr seinerzeit eingereichten Unterlagen der K. GmbH zur Verfügung zu stellen und bittet gleichzeitig, die K. GmbH anstelle der Gemeinde als Antragstellerin zu betrachten‘. Die K. GmbH wurde durch Herrn … und Frau … … am 2. November 1954 gegründet. Die K. GmbH zeigte durch ihren Geschäftsführer … … ihrerseits mit Schreiben vom 3. November 1954 dem Landratsamt G.-P. an, sie als Trägerin und Antragstellerin des K.-Bauprojekts bei der Regierung von O. bzw. beim Bayerischen Wirtschaftsministeriums einzusetzen und nunmehr den Antrag auf dem Dienstweg weiterzuleiten.
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Die der K. GmbH erteilte Planungsgenehmigung vom 14. Mai 1955 für eine Seilschwebebahn auf die westliche K.-spitze wurde bis 31. Dezember 1962 verlängert. Eine weitere Verlängerung dieser Planungsgenehmigung erfolgte nicht. Die Planungsgenehmigung vom 14. Mai 1955 war erloschen. Die K. AG M. beantragte am 29. Juni 1965 das „Wiederinkraftsetzen der am 14. Mai 1955 erteilten Planungsgenehmigung“ (nach Refinanzierung des Projekts).
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Zum Antrag vom 29. Juni 1965 erfolgte durch das – damals zuständige – Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr an die K. AG M. eine „erneute“ Genehmigung für die Planung der Errichtung einer Seilschwebebahn von M. auf die westliche K.-spitze am 24. August 1965 (im Weiteren Planungsgenehmigung). Die Planungsgenehmigung vom 24. August 1965 erfolgte ‚anstelle der erloschenen Planungsgenehmigung vom 14. Mai 1955 und auf Grund der eingereichten Planungsunterlagen‘ unter Auflagen und Bedingungen.
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In der Planungsgenehmigung vom 24. August 1965 ist angeführt:
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„10. Die Bau- und Betriebsgenehmigung wird u.a. folgende Bedingungen und Auflagen enthalten:
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a) Die Anlage ist nach dem beiliegenden Entwurf der Verordnung für den Bau und Betrieb von Seilbahnen (BOSeil) mit Ausführungsbestimmungen (AB) Teil I – Seilschwebebahnen – Stand Mai 1965 auszuführen. Nach dem Erlass der endgültigen oder auf Grund der Erfahrungen geänderten Bau- und Betriebsvorschriften werden deren Bestimmungen an die Stelle des vorbezeichneten Entwurfs treten.
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g) Sofern ein nächtlicher Bahnbetrieb nicht vorgesehen ist, darf die Trasse bei Nacht nicht beleuchtet werden.
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11. Vor Erteilung der Bau- und Betriebsgenehmigung ist nachzuweisen, daß die Finanzierung der geplanten Seilschwebebahn gesichert ist.
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12. Die Genehmigung erlischt am 31.8.1966, wenn nicht bis zu diesem Zeitpunkt beim Landratsamt G.-P. ein Antrag auf Erteilung der Bau- und Betriebsgenehmigung für die Anlage mit den vollständigen Unterlagen entsprechend den „Erläuterungen“ eingereicht wird.“
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Der Planungsgenehmigung vom 24. August 1965 waren die als Bestandteil der Planungsgenehmigung aufgeführte
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(1) Entwurf Verordnung für den Bau und Betrieb von Seilbahnen (BOSeil) Vorschlag des Länderausschusses für Eisenbahnen und Bergbahnen (Stand Mai 1965) und
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(2) die Ausführungsbestimmungen (AB) zu der Verordnung für den Bau und Betrieb von Seilbahnen (BOSeil) Teil I Seilschwebebahnen Vorschlag des Länderausschusses für Eisenbahnen und Bergbahnen (Stand Mai 1965) beigefügt.
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Im Planungsgenehmigungsbestandteil (1) Entwurf Verordnung für den Bau und Betrieb von Seilbahnen (BOSeil) Vorschlag des Länderausschusses für Eisenbahnen und Bergbahnen (Stand Mai 1965) ist unter § 22 Betrieb ausgeführt:
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„ …(3) Bei Dunkelheit darf die Bahn nur betrieben werden, wenn durch besondere Vorkehrungen die Sicherheit des Betriebes und der Fahrgäste gewährleistet ist.“
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Im Plangenehmigungsbestandteil (2) Ausführungsbestimmungen (AB) ist unter § 22 Betrieb ausgeführt:
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„AB 22.3.1 Wenn eine Bahn bei Dunkelheit betrieben werden soll, muss eine für Betrieb und Bergung ausreichende Beleuchtung vorhanden sein. Die Bergung darf bei Dunkelheit nicht wesentlich schwieriger und langwieriger sein als bei Tage. Gegebenenfalls ist die Fahrgastzahl entsprechend zu beschränken. Die Ausbildung der Bergungsmannschaften (§ 23 Ziff. 4) hat sich auch auf Bergungen bei Dunkelheit zu erstrecken.“
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Unter Bezugnahme auf Nr. 10 a) der Planungsgenehmigung vom 24. August 1965 wurde der Neudruck des Entwurfs der Verordnung für den Bau und Betrieb von Seilbahnen (BOSeil) mit Ausführungsbestimmungen (AB) Teil I Seilschwebebahnen, Stand November 1965 der K. AG M. am 11. März 1966 durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr übermittelt. Diese enthielt zu den im Einzelnen oben angeführten Punkten keine Änderung.
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Zum Antrag vom 1. August 1966 erteilte das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr am 10. Mai 1967 die Plangenehmigung für den Bau der Seilschwebebahn des öffentlichen Personenverkehrs von M. zur westlichen K.spitze (nach Art. 7, Art. 6 Abs. 1, 2 und Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Eisenbahn- und Bergbahngesetz (BayEBG) vom 17. November 1966 – GVBl. S. 429). Der Betrieb darf erst eröffnet werden, wenn die Aufsichtsbehörde die Bahnanlagen und Fahrbetriebsmittel abgenommen hat (Betriebsabnahme) und der Eröffnung zugestimmt hat (Art. 8 BayEBG).
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Die Plangenehmigung ist an die Erfüllung von Auflagen gebunden, u.a. wie folgt:
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„1. Die Anlage ist nach dem beiliegenden Entwurf der Verordnung für den Bau und Betrieb von Seilbahnen (BOSeil) mit Ausführungsbestimmungen (AB) Teil I – Seilschwebebahnen – Stand November 1965 auszuführen. Nach dem Erlass der endgültigen oder auf Grund der Erfahrungen geänderten Bau- und Betriebsvorschriften werden deren Bestimmungen an die Stelle des vorbezeichneten Entwurfs treten …
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7. Sofern ein nächtlicher Bahnbetrieb nicht vorgesehen ist, darf die Trasse bei Nacht nicht beleuchtet werden.“
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8. Den Angehörigen der Polizei, des Forstamtes M. und der Bergwacht ist in Ausübung ihres Dienstes die unentgeltliche Benützung der Bahn zu gestatten…
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Weitere Bedingungen und Auflagen bleiben vorbehalten. Die der K. AG am 24. August 1965 erteilte Planungsgenehmigung Nr. … gilt nach Art. 32 Abs. 1 BayEBG als Bau- und Betriebsgenehmigung im Sinne des Art. 2 BayEBG fort.“
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In der Begründung der Plangenehmigung vom 10. Mai 1967 wird ausgeführt, dass während der Prüfung der mit dem Antrag vom 1. August 1966 eingereichten Unterlagen das Bayerische Eisenbahn- und Bergbahngesetz am 1. Januar 1967 in Kraft trat und dass an die Stelle der am 1. August 1966 beantragten Bau- und Betriebsgenehmigung nach altem Recht nunmehr eine Plangenehmigung nach neuem Recht zu erteilen gewesen sei. Nach Art. 7 Abs. 2 BayEBG seien die erforderlichen Auflagen in die Plangenehmigung aufgenommen worden. Weitere Auflagen nach Art. 7 Abs. 2 BayEBG, insbesondere zum Schutz des Landschaftsbildes, seien bereits in der nunmehr als Bau- und Betriebsgenehmigung weiter geltenden Planungsgenehmigung enthalten.
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Der technische Überwachungs-Verein Bayern e.V. berichtete als Gutachter am 29. Mai 1967 über die Abnahmeprüfung der Seilschwebebahn auf die westliche K.-spitze in M. Hierin wird auch über die Bergungseinrichtungen und die durchgeführte Bergungsübung mit der Bergungskabine aus den „Hauptkabinen“ berichtet; eine Bergungsübung durch Abseilen wurde nicht durchgeführt. Auflagen zur Bergung mit Bergungskabine und Bergung durch Abseilen (Bereithalten einer Rebschnur genügender Länge) erfolgten.
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Am 2. Juni 1967 erteilte das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr der K. AG M. die Zustimmung zur Betriebseröffnung der Seilschwebebahn M. – westliche K.-spitze in M. unter Auflagen. Die Zustimmung zur Betriebseröffnung enthielt hinsichtlich des streitgegenständlichen Begehrens keine Ausführungen oder Auflagen. Weitere Bedingungen und Auflagen wurden in der Zustimmung zur Betriebseröffnung vorbehalten.
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3. In den Jahren 2018 und 2019 kam es zu einem Schriftwechsel der K. AG und der Regierung von O. – Technische Aufsichtsbehörde (TAB) –, in dem zur Sprache kam, dass einerseits die TAB darauf hinwies, dass ein Nachtbetrieb der Seilbahn entsprechend der Bau- und Betriebsgenehmigung der K.bahn nicht gestattet sei. Es bestehe ein Nachtfahrverbot. Die K. AG verfüge nicht über eine Nachtfahrgenehmigung. Eine Ausnahmegenehmigung könne wegen fehlender Voraussetzungen nicht erteilt werden. Andererseits wies die K. AG darauf hin, dass es in der Vergangenheit stets einen Faschingsball auf der K.bahn [wohl gemeint in der Berggaststätte] gegeben habe und die Gäste nachts oder sogar am frühen Morgen bei vollständiger Dunkelheit ins Tal befördert worden seien. Nach Informationen der K. AG sei sogar die Beförderung von Personen nachts ausdrücklich gestattet. Es gebe keinen Bescheid bezüglich eines Nachtfahrverbots, andernfalls solle dieser übermittelt werden. Ausdrücklich verwies die K. AG darauf, dass in der Vergangenheit Nachtfahrten, ebenso Bergungsfahrten durchgeführt worden seien. Auf die Nachtfahrten auf die Zugspitze wurde hingewiesen. Es wurde um Mitteilung der Voraussetzungen, die für eine Ausnahmegenehmigung erforderlich seien, gebeten. Die Regierung von O. (TAB) hat mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 der K. AG die Voraussetzungen für den Erhalt der Nachtfahrerlaubnis mitgeteilt.
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4. Die K. AG beantragte am … Oktober 2019 eine Nachtfahrgenehmigung beim Landratsamt G.-P. (LRA); der Antrag wurde auf Anforderung des LRA mit Schreiben vom … Oktober 2019 wie folgt konkretisiert:
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Normalerweise findet bei uns die Revision in der Zeit vom ersten Novemberwochenende bis zum 22.12. eines jeden Jahres statt.
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Innerhalb dieser Zeitspanne finden an der K.bahn Revisionsarbeiten statt, sodass in diesem Zeitraum normalerweise gar kein Fahrbetrieb möglich ist. Es ist daher davon auszugehen, dass in diesem Zeitraum keine Nachtfahrten durchgeführt werden.
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Des Weiteren haben wir normalerweise die ersten drei Aprilwochen ebenfalls Revision, sodass auch in diesem Zeitraum normalerweise keine Nachtfahrten durchführbar sind.
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2. Veranstaltungen nur am Freitag und Samstag geplant
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Veranstaltungen planen wir nur für Freitagabend und/oder Samstagabend.
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Wir beabsichtigen an Samstagabenden Hochzeiten zu veranstalten.
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Die Gäste fahren dann zu den sonst sowieso geöffneten Fahrzeiten mit der Bahn auf den Berg.
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Der Abtransport der Gäste soll dann in maximal 6 Talfahrten realisiert werden, in der Zeit zwischen 23.00 Uhr und 1.00 Uhr. Pro Talfahrt benötigen wir mit Ein- und Aussteigen 15 Minuten. Die Kapazität unserer Gondeln beträgt 25 Gäste, sodass mit 6 Fahrten 150 Personen ins Tal befördert werden können. Größere Veranstaltungen als mit 150 Gästen sind nicht möglich.
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3. Keine Veranstaltungen von Sonntag bis Donnerstag geplant
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An den Tagen Sonntag – Donnerstag sollen und werden im Normalfall keine Veranstaltungen stattfinden.
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4. Aufenthalt nur im Gebäude, kein Aufenthalt im Freien
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Da die Temperaturen bei uns auf dem Berg ca. 10-12 Grad kälter sind als im Tal und nach Untergang der Sonne selbst im Juli / August kein Aufenthalt im Außenbereich aufgrund der niedrigen Temperaturen möglich ist, ist ein Aufenthalt unserer Gäste im Außenbereich zu Nachtzeiten, schon aufgrund der Temperatur, nicht möglich.
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Die Gäste werden sich aufgrund der niedrigen Temperaturen immer im Gebäude aufhalten.
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Bereits im Sommer halten sich die Gäste ab 20.00 Uhr im Gebäude auf. Sogar in den Sommermonaten Juli / August an den schönsten Tagen, ist es draußen zu kalt.
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5. Sonnenuntergangsfahrten bisher
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Bisher bieten wir im Zeitraum 15.6. – 15.9. den „langen Donnerstag mit Sonnenuntergang auf dem K.“ an.
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Sofort nach Sonnenuntergang werden in maximal 4 Fahrten die Gäste ins Tal befördert.
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Um hier mehr Flexibilität zu gewinnen, sollen an dem langen Donnerstag im Zeitraum 15.6. bis 15.9. Nachtfahrten bzw. Sonnenuntergangsfahrten bis 22.30 Uhr möglich sein.
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Wir werden aber nach wie vor versuchen die Gäste bis ca. 21.00 Uhr ins Tal zu befördern, da alles andere unwirtschaftlich ist.
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6. Anzahl der Veranstaltungen
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Wir gehen davon aus, dass wir im Jahr ca. 30 Veranstaltungen mit Nachtfahrten maximal durchführen können, da wir aufgrund des personellen Engpasses nicht mehr Veranstaltungen durchführen können.
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7. Ausnahmegenehmigungen für Abendveranstaltungen vor Feiertagen
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Des Weiteren wäre erfreulich, wenn wir eine Erlaubnis erhalten würden vor Feiertagen wie Johanni oder Tag der Dt. Einheit, entsprechend Gäste nachts ins Tal fahren zu können, wie oben beschrieben.“
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Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens holte das federführende Sachgebiet Öffentliche Sicherheit und Ordnung des LRA beim Sachgebiet Immissionsschutz, beim Sachgebiet Untere Naturschutzbehörde und bei der Regierung von O. TAB-Seilbahnaufsicht eine Stellungnahme ein. Auf die Stellungnahmen des Sachgebiets Immissionsschutz des LRA vom 25. November 2019 und der Regierung von O. – TAB-Seilbahnaufsicht vom 25. November 2019 mit den jeweiligen in einen Bescheid aufzunehmenden Auflagenvorschlägen wird verwiesen. Der Markt M. erhob keine Einwände, wies jedoch darauf hin, dass die Bergstation der K. AG auch weiterhin nicht für Übernachtungen genutzt werden dürfe.
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Die Untere Naturschutzbehörde des LRA beteiligte mit Schreiben vom 13. Januar 2020 die Regierung von O. – Höhere Naturschutzbehörde in Ansehung, dass die Bergstation im Naturschutz-, FFH [Fauna-Flora-Habitat]- und SPA [special protection areas]-Gebiet liegt. Aus naturschutzfachlicher Sicht sei kritisch zu betrachten, ob sich die beförderten Personen tatsächlich im bzw. am Gebäude der Bergstation aufhalten werden. Diese könnten mit entsprechender Ausrüstung abseits des Gebäudes wegen der Helligkeit in den Sommermonaten bis in die mittleren Abendstunden im Gelände aktiv sein. Es sei zu befürchten, dass es durch die Ausweitung des Seilbahnbetriebs in die Abend- und Nachtstunden auch (weit) abseits der Seilbahn-Bergstation zu einer deutlichen Zunahme von Freizeitaktivitäten komme, die zu einer entsprechenden Beunruhigung des Naturschutzgebietes führten. Dies sei besonders auch hinsichtlich möglicher Störungen von Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutz-Richtlinie (RL 2009/147/EG vom 30.11.2009) relevant. Die bislang relativ ruhigen Zeiträume am Abend und in den frühen Nachtstunden würden hierdurch noch mehr reduziert, als dies durch die allgemeine Zunahme des Bergtourismus ohnehin schon zunehmend der Fall sei. Eine Genehmigung von Nachtfahrten sei im Widerspruch zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 NSG-VO K.; das Vorliegen von Befreiungsgründen bzw. der Einvernehmenserklärung sei nicht ersichtlich.
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Dieses Schreiben vom 13. Januar 2020 wurde der K. AG zur Kenntnisnahme zugeleitet, die sich hierauf mit Schreiben vom … Mai 2020 an den Landrat äußerte. Hingewiesen wurde darauf, dass durch eine Auflage sichergestellt werden könne, dass Wanderungen im Naturschutzgebiet ab 21.00 Uhr nicht erlaubt seien. Auch andere Bergbahnen wie die Wankbahn hätten eine Nachtfahrerlaubnis. Auf die zusätzlichen Einnahmen sei die K. AG dringend angewiesen. Die Renovierung der Berggaststätte sei entsprechend kostenintensiv und müsse sich längerfristig, insbesondere durch die Veranstaltung von Hochzeiten rentieren. Bisher seien ca. 50-70 Trauungen / Jahr im Trauzimmer der K.bahn auf 2244m Höhe, aber nicht eine einzige Hochzeit am Samstagabend, da „wir“ über keine Nachtfahrerlaubnis verfügten. Sie seien auf eine Nachtfahrerlaubnis angewiesen.
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Die Regierung von O. – Höhere Naturschutzbehörde – hat in ihrer Stellungnahme an das LRA, Untere Naturschutzbehörde, vom 25. Mai 2020 erklärt, Gründe für eine Befreiung von den Verboten der Verordnung über das NSG „K. und K.-vorgebirge“ bzw. die Erklärung des Einvernehmens zur seilbahnrechtlichen Genehmigung betreffend den Antrag der K. AG auf Erteilung einer Nachtfahrgenehmigung lägen aus naturschutzfachlicher sowie naturschutzrechtlicher Sicht nicht vor. Auf die Stellungnahme, die in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides wiedergegeben ist, wird verwiesen.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid (sgB) vom 14. Juli 2020, zugestellt am 21. Juli 2020, wurde der Antrag vom 9. Oktober 2019 abgelehnt.
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Das LRA G.-P. sei sachlich und örtlich zum Erlass des Bescheides zuständig. Das Vorhaben, Nachtfahrten durchzuführen, sei eine wesentliche Änderung der Bau- und Betriebsgenehmigung nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayESG. Der Antrag sei nach Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG abzulehnen, da das Vorhaben zur Durchführung von Nachtfahrten öffentlichen Interessen widerspreche. Gemäß der Verordnung über das NSG „K. und K.-vorgebirge“ sei es nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 2 Nr. 6 verboten, im Naturschutzgebiet die Lebensbereiche (Biotope) der Tiere und Pflanzen zu stören und nachhaltig zu verändern sowie zu lärmen. Ausnahmen von den Verboten nach § 5 der NSG-Verordnung seien nicht einschlägig. Für die Erteilung einer Befreiung bzw. des Einvernehmens nach § 6 Abs. 1 der NSG-Verordnung „K. und K.-vorgebirge“ lägen weder überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls (Nr. 1) vor, noch führe die Befolgung des Verbots zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte (Nr. 2) oder zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft (Nr. 3).
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In der Begründung wird ausgeführt: Zum einen befindet sich unmittelbar neben der Bergstation ein bedeutendes und ganzjährig genutztes Habitat des Alpen-Schneehuhnes (schlechter Erhaltungszustand der Art in der biogeographisch alpinen Region). Diese Art ist ein wichtiges Schutzgut des Naturschutzgebiets „K. und K.-vorgebirge“ und zudem ein Erhaltungsziel des SPA-Gebietes DE8433401 „K. mit Isar“. Das nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG besonders geschützte Alpen-Schneehuhn hat sich an den üblichen Touristenbetrieb in seiner derzeitigen raumzeitlichen Ausprägung im Bereich der K.grube angepasst (habituiert). Die Touristen bewegen sich tagsüber auf dem Weg um die K.grube und den markierten Steigen zu den Gipfeln. Die Tiere verharren derweil in den hochfrequentierten Zeiten in ihrer Deckung. Hingegen werden besonders die Dämmerungszeiten für Aktivitäten der Schneehühner außerhalb der Verstecke genutzt (Nahrungsaufnahme, Balz etc.). Bei weiterer touristischer Inanspruchnahme des Gebiets in den Dämmerungs- und Nachtzeiten ist anzunehmen, dass der Lebensraum des Schneehuhns in der K.grube aufgegeben wird. Dies wäre nicht mit den o.g. Schutzanforderungen sowie den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen in Einklang zu bringen. Der Beibehaltung der bisherigen regulären Betriebszeiten der Seilbahn kommt somit große Bedeutung zu.
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Zudem werden die Besonderheiten des Lebensraumes in der K.grube auch im benachbarten Besucherinformationszentrum („Fernrohr“) dargestellt. Es wäre dem kritischen Besucher schwer vermittelbar, dass gravierende Schäden an der Natur durch einige wenige exklusive Veranstaltungen verursacht würden.
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Auch wenn sich die überwiegende Zahl der Besucher in der Gastronomie aufhalten würde, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Einzelne die K.grube oder das Umfeld der Bergstation bei Nacht betreten, da diese aus nachvollziehbarem Grund ein besonderes Naturerlebnis suchen. Mit der heutigen Batterie- und Lampentechnik ist es dann auch möglich, größere Touren im Hochgebirge zu unternehmen. Dabei ist nicht auszuschließen und in keiner Weise kontrollierbar, dass es zu gravierenden Störungen des Schneehuhnes kommt.
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Ein weiteres Risiko für den Vogelzug würde die bei Nachtbetrieb unvermeidliche Beleuchtung von Gastronomie und Seilbahn darstellen, wodurch Zugvögel von ihrer natürlichen Flugbahn abgeleitet werden.
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Letztlich sollten auch aus Gründen des allgemeinen Wildschutzes die Dämmerungs- und Nachtzeiten störungsfrei bleiben, da das Gebiet um die Bergstation zu diesen Zeiten beispielsweise durch Gamswild genutzt wird.
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Aus Sicht der Höheren Naturschutzbehörde besteht auch aufgrund des strengen Vorsorgegrundsatzes des europarechtlichen Gebietsschutzes keine Möglichkeit, eine Genehmigung für Nachtfahrten der Seilbahn mit den entsprechenden Nachtveranstaltungen zu erteilen. Auf die Begründung wird im Übrigen verwiesen.
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Mit Eingang am 21. August 2020 hat die K. AG Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2020 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin antragsgemäß eine Nachtfahrgenehmigung zu erteilen.
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Zur Begründung der Klage wird ausgeführt:
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In der K.grube (Gebiet von 200m x 200m) seien regelmäßig 3-5 Schneehühner. Das Alpenschneehuhn halte sich nicht regelmäßig in der K.grube auf, sondern werde nur ab und zu gesichtet. Das Alpenschneehuhn verharre tagsüber auch nicht in Deckung, sondern sei an die hochfrequentierten Besucherströme angepasst. Das Schneehuhn sei nicht menschenscheu. Die Schneehühner seien an den üblichen Tourismusbetrieb angepasst. Die Tiere würden von den Wanderern kaum beeinträchtigt. Die K.grube sei bewuchslos und werde deshalb von Gamswild kaum genutzt. Gämsen hätten sich an die Menschen gewöhnt und beträten den Terrassenbereich nachts. Schneefelder- / Lawinensprengungen seien für die Schneehühner tödlich.
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Es bestünde auch keine Veranlassung, dass Wanderer das Gebiet K.grube aufsuchen. Es seien Schilder „Nichtbetreten der K.grube“ aufgestellt; es sei nicht ausschließbar, dass Einzelne die K.grube betreten. Es bestehe die Möglichkeit der Auflagen: Besucher dürfen nachts die K.grube / das Umfeld der Bergstation nicht betreten; allerdings sei hinsichtlich des Nichtbetretens der Sonnenterrasse bzw. der Berggaststätte nicht nachvollziehbar, was das mit der Nachtfahrgenehmigung zu tun haben soll.
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Die Nutzer der Nachtfahrten seien Sonnenuntergangsbeobachter und Veranstaltungsteilnehmer, „Halbschuhtouristen“, aber nicht Wanderer/Alpinisten. Es sei eine bloße Unterstellung, dass Nachttalfahrten gravierende Schäden verursachen würden; es sei nicht erkennbar, wie es durch Nachtfahrten zu gravierenden Schäden an der Natur kommen soll. Der Bahnhof der K.bahn sei räumlich von der K.grube abgewandt, damit sei keine Beeinträchtigung / Störung der Schneehühner möglich. Die Beleuchtung der Berggaststätte sei seit Jahrzehnten und die Ausleuchtung der Einfahrt der Bergstation und der oberen Fahrtstrecke sei wegen Hubschrauberflügen zwingend. Die Tierwelt und der Vogelflug seien an die Beleuchtung gewöhnt. Es bestehe die Bereitschaft der K. AG, durch Errichtung entsprechender Beschattungsanlagen (ausgenommen das Naturschutzinformationszentrum) die Beleuchtung der K.grube zu verhindern. Die Nachtfahrten lägen jahreszeitlich außerhalb der Zugvögelwanderzeiten.
74
Die Argumentation im Bescheid sei nicht nachvollziehbar, denn die Nachtfahrgenehmigung habe nichts zu tun mit der Berggaststätte und die Berggaststätte habe nichts zu tun mit der K.grube. Die Nutzung der Berggaststätte sei uneingeschränkt jederzeit Tag und Nacht möglich.
75
Die sachliche Zuständigkeit des LRA sei fraglich bzw. nicht gegeben. Zuständig sei ggf. die Regierung von O. oder das Bayerische Staatsministerium. Es bedürfe keiner Nachtfahrtengenehmigung, denn diese liege bereits vor infolge der bisherigen Genehmigungen. Die Nachtfahrgenehmigung sei in der Plangenehmigung vom 10. Mai 1967 erteilt worden. Völlig unerheblich sei, ob explizit eine Nachtfahrgenehmigung beantragt worden sei. Die Nachtfahrgenehmigung sei aus Ziff. 7 der Plangenehmigung vom 10. Mai 1967 im Rückschluss zu entnehmen. Demnach dürfe ein nächtlicher Bahnbetrieb und Trassenbeleuchtung immer durchgeführt werden. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 14. Juli 2020 sei ersatzlos aufzuheben. Es gebe keine gesetzliche Vorschrift, die Nachtfahrten verbiete. Die Durchführung von Nachfahrten sei auch keine wesentliche Änderung der Bau- und Betriebsgenehmigung nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayESG. Es liege auch keine Neuaufnahme eines Nachtfahrbetriebs vor. Auch in der Vergangenheit seien Nachtfahrten zu Faschingsfeiern und sonstigen Feierlichkeiten durchgeführt worden; ohne Nachtfahrtengenehmigung wären auch keine nächtlichen Rettungseinsätze durch die Bergwacht (mehr) möglich / zulässig. Es bestehe ein öffentliches Interesse für Nachttransporte (Bergwacht-Rettungseinsätze); es gebe schon jetzt mehr Rettungs- und Bergefahrten außerhalb der üblichen Betriebszeiten der K.bahn als die beabsichtigten 30 Nachtveranstaltungen. Der Betriebserhalt erfordere Einnahmenerzielung. Die Nachtfahrgenehmigung werde nur beantragt, um im Zuge der Genehmigung mit der Regierung von O. entsprechende Bergekonzepte zu aktualisieren und festzulegen.
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Ursprünglich habe die Klägerin nur zur Klarstellung offiziell eine Nachtfahrgenehmigung erhalten wollen, da unklar gewesen sei, ob Nachtfahrten jederzeit ohne Genehmigung durchgeführt werden dürfen oder ob diese ausdrücklich genehmigt werden müssen. Die örtlichen Behörden hätten die Auffassung der Genehmigungspflichtigkeit vertreten; aber dieser Streitpunkt sei geklärt. Durch die Plangenehmigung vom 10. Mai 1967 – Ziffer 7 – sei insoweit klargestellt, dass ein nächtlicher Bahnbetrieb mit Beleuchtung der Trasse durchgeführt werden könne, die Trasse bei Nacht aber nicht beleuchtet werden dürfe, wenn ein nächtlicher Bahnbetrieb nicht durchgeführt werde. Im LRA-Bescheid vom 12. März 2007 [Baugenehmigung zur Errichtung des Naturschutzinformationszentrums] seien unter 3.1.8. Betriebszeiten der K.bahn bis 23.00h (möglichst viel Materialtransport in dieser Zeit) beauflagt worden und nach 3.1.10. auch ein Baustellenbetrieb von 4.00h bis 23.00h vorgesehen gewesen. Das Naturschutz-Einvernehmen sei erteilt worden. Es werde die Gleichbehandlung eingefordert zum Neubau des Naturschutzinformationszentrums im Naturschutzgebiet, der über der K.grube möglich war.
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Die Regierung von O. – Prozessvertretung zeigte ihre Vertretung des Beklagten am 1. September 2020 an, übersandte am 18. November 2020 die Behördenakten und beantragte am 2. Dezember 2020
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In der Klageerwiderung wurde hinsichtlich des Sachvortrags auf die Begründung des Bescheides, auf die naturschutzfachliche Beurteilung der Unteren Naturschutzbehörde vom 24. September 2020 zum Klagebegründungsvorbringen (Bl. 97 BA) und die mit der Klageerwiderung vorgelegte Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 8. Oktober 2020 und die der Höheren Naturschutzbehörde vom 18. November 2020 Bezug genommen.
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Die Nachtfahrtgenehmigung sei erforderlich, weil nach Genehmigungsstand eine solche nicht erteilt worden sei. Im Antrag auf Plangenehmigung der K.bahn (Anlagen a-u Planmappe = Hefter 4 zu Akte 8503) sei eine Nachtfahrtgenehmigung nie explizit beantragt worden (vgl. Bl. 28). In der Projektbeschreibung sei ein Fahrbetrieb von 8 Stunden/tägl. kalkuliert worden. Die Genehmigung vom 10. Mai 1967 sei die geltende Genehmigungslage. Eine ausdrückliche Genehmigung für Nachtfahrten sei nie erteilt worden. Beauflagt sei, „Keine Nacht-Trassenbeleuchtung, sofern ein nächtlicher Fahrbetrieb nicht vorgesehen sei“. Bis heute gebe es auch keine Beleuchtung der Trasse, der Kabinen, des Parkplatzes. Aus dieser Beauflagung ergebe sich umgekehrt, dass bereits nach damaliger Rechtslage bei Nachtfahrten eine Beleuchtung obligatorisch war (vgl. Akte 8603, Bl. 72 und Bl. 61). Eine Genehmigung der Nachtfahrten wäre auch mangels Umsetzung nach 50 Jahren erloschen (vgl. auch Ziff 1.10 Satz 2 Seilbahnbekanntmachung).
81
Selbst wenn gelegentlich Nachtfahrten durchgeführt wurden, seien diese von der ursprünglichen Genehmigung mangels Beleuchtung nicht erfasst und ließen das Genehmigungserfordernis nicht entfallen. Nachtfahrten-Rettungseinsätze seien ausgenommen und entfalten keine Indizwirkung für das Bestehen / Nichtbestehen einer Nachtfahrtgenehmigung. Nachtfahrten-Rettungseinsätze seien sicherheitsrechtliche / polizeirechtliche Maßnahmen im Einzelfall. Die begehrte Aufnahme eines Nachtfahrbetriebs sei eine genehmigungsbedürftige Änderung der Betriebsweise i.S.d. Art. 13 Abs. 1 S. 2 BayESG bzw. § 2 Abs. 6 SeilbV mit obligatorischem Prüfprogramm der Kreisverwaltungsbehörde. Nach Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG stünden naturschutzrechtliche Belange einer Genehmigung entgegen. Diese seien den angeführten naturschutzrechtlichen Stellungnahmen zu entnehmen.
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In der naturschutzfachlichen Beurteilung der Unteren Naturschutzbehörde vom 24. September 2020 wird ausgeführt:
83
Dass sich Gäste aufgrund der kühleren Temperaturen nur im Seilbahngebäude aufhalten würden, sei nicht nachvollziehbar, da jeder Gast problemlos durch entsprechende, mitgebrachte Kleidung einen Aufenthalt im Freien ermöglichen könne. Die tagsüber während der üblichen Betriebszeiten beobachtbare geringe Scheu der Alpenschneehühner lasse nicht den Schluss zu, dass dies auch zu anderen Tageszeiten der Fall sei. Während der Bauzeit des Naturinformationszentrums Fernrohr mit dessen auch außerhalb der sonst üblichen Betriebszeiten der K.bahn stattgefundenen Bauarbeitszeiten seien deutliche Verhaltensänderungen der Schneehühner zu beobachten gewesen. Die Schneehühner seien in diesen „ungewohnten“ Tageszeiten durch menschliche Anwesenheit deutlich mehr gestört gewesen und hätten höhere Fluchtdistanzen aufgewiesen. Ähnliche Beobachtungen gebe es auch für andere Lebensräume, worin Tiere je nach Tages- oder Jahreszeit unterschiedlich reagierten. Die Alpenschneehühner halten sich nicht nur hin und wieder in der K.grube auf. Die Schneehühner seien praktisch permanent dort anzutreffen und nutzen diesen Bereich ganzjährig als Lebensraum (incl. Jungenaufzucht). Die örtliche Population des Alpenschneehuhnes sei im überregionalen Vergleich auch keineswegs klein: Die K.grube sei in den meisten Jahren Lebensraum für zwei Hähne und zwei, selten auch drei jungeführende Weibchen (also zwei, selten drei Paare). Wenn man berücksichtige, dass der Gesamtbestand in den bayerischen Alpen nur auf 150 – 240 Brutpaare geschätzt werde (Altas der Brutvögel in Bayern, 2012), sei dies keinesfalls eine vernachlässigbare Größenordnung. Im Vergleich sei darauf hinzuweisen, dass im gesamten Ammergebirge der Schneehuhn-Bestand auf 16 – 20 Brutpaare geschätzt werde. Im Estergebirge sei die lokale Population des Schneehuhnes innerhalb von 10 Jahren von 5 auf 2 Brutpaare zurückgegangen (Quelle: Managementpläne für die Europäischen Vogelschutzgebiete „Ammergebirge“ bzw. „Estergebirge“, Stand jeweils 2019). Aufgrund des in den Alpen besonders markant verlaufenden Klimawandels deute sich an, dass relativ tief gelegene Schneehuhn-Vorkommen zusehends verschwinden (siehe Bestandsentwicklung im Estergebirge). Das K. gehöre wegen seiner größeren Höhen zu den wenigen Gebirgsstöcken in Bayern mit einer günstigen Zukunftsprognose für das Alpen-Schneehuhn und sei deshalb für den Fortbestand dieser Art von besonderer Bedeutung. Die Lawinen-Sprengungen erfassten nur sehr geringe Teile des dortigen Schneehuhn-Lebensraums; außerdem hielten sich die Tiere im Hochwinter – je nach Witterungsbedingungen – teilweise auch etwas weiter talwärts auf (Randbereich der Latschenzone etc.). Es könne schon deshalb nur selten vorkommen, dass Schneehühner durch Lawinensprengungen zu Tode kommen. Nachtfahrten für Rettungseinsätze durch die Bergwacht etc. dürften (weiterhin) uneingeschränkt stattfinden. Die vorgeschlagene Erteilung einer Nachtfahrtgenehmigung unter Auflagen (z.B. Betretungsverbote) seien realitätsfern und mit zumutbarem Umfang nicht zu vollziehen. Die generelle Feststellung, dass Alpen-Schneehühner und andere Wildtiere durch die Fahrten der K.bahn (als solche!) nicht besonders gestört würden, sei überwiegend zuzustimmen. Dies ändere aber nichts an den Störungen, die von den mit der Bahn transportierten Menschen ausgingen, wenn sich diese außerhalb der Gondel bzw. der Berggaststätte aufhielten. Irreführend sei die Bezugnahme auf den Bescheid des LRA vom 12. März 2007, da sich dieser nur auf den Bau bzw. die Bauzeit des kleinen Natur-Informationszentrums („Fernrohr“) beziehe und nichts mit dem „Normalbetrieb“ der K.bahn zu tun habe.
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In der naturschutzfachlichen Beurteilung der Höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von O. vom 18. November 2020 wird ausgeführt:
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Die Höhere Naturschutzbehörde sei im Verfahren zu beteiligen gewesen. Die Regierung von O. sei zur Entscheidung über die Befreiung gemäß § 6 Abs. 2 Naturschutzgebietsverordnung „K. und K.-vorgebirge“ i.V.m. Art. 56 Satz 1 BayNatSchG sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG. Die Befreiung werde hier durch die seilbahnrechtliche Genehmigung ersetzt. Nach Art. 56 Satz 3 BayNatSchG sei deshalb die Erklärung des Einvernehmens notwendig. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 2 Nr. 6 Naturschutzgebietsverordnung „K. und K.-vorgebirge“ ist es verboten, im Naturschutzgebiet die Lebensbereiche (Biotope) der Tiere zu stören oder nachhaltig zu verändern sowie zu lärmen. Ausnahmen von den Verboten nach § 5 Naturschutzgebietsverordnung „K. und K.-vorgebirge“ sind für das Vorhaben der K. nicht einschlägig. Weder die für die Erteilung einer Befreiung bzw. des Einvernehmens nach § 6 Abs. 1 Naturschutzgebietsverordnung „K. und K.-vorgebirge“ i.V.m. § 67 Abs. 1 BNatSchG erforderlichen überwiegenden Gründe des allgemeinen Wohls lägen vor (Nr. 1), noch würde die Befolgung des Verbots zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte (Nr. 2) oder zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft (Nr. 3) führen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne der Vorschrift setze voraus, dass bei der Durchführung privater Vorhaben auch Zielsetzungen bedient würden, an welchen ausweislich bestimmter gesetzlicher Regelungen ein öffentliches Interesse bestehe (Teßmer, BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, 56. Ed. 1.1.2000, Rn. 7). Rein privaten Interessen komme im Rahmen des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG von vorneherein keine Bedeutung zu (Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG § 67 Befreiungen, 92. EL. 2/2020, rn. 11; VGH Mannheim, NuR 2011, 434 (437)). Schließlich müssten die überwiegenden Gründe des öffentlichen Interesses für die Befreiung notwendig sein. Es genüge nicht, wenn die Befreiung dem Gemeinwohl irgendwie nützlich oder dienlich sei. Dieses öffentliche Interesse müsse zudem das Interesse an der Beachtung der naturschutzrechtlichen Vorschriften überwiegen, wobei an der Abwägung nur die an der Durchführung der Maßnahme bestehenden öffentlichen Interessen zu berücksichtigen sind. Anderweitige Interessen, z.B. wirtschaftliche Interessen, die ebenfalls bzw. sogar primär mit dem Vorhaben verfolgt werden, seien im Rahmen der Abwägung nicht zu betrachten (Teßmer, BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, 56. Ed. 1.1.2000, Rn. 8). Soweit die Klägerin vortrage, den Betrieb der K.bahn aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr aufrechterhalten zu können und den Betrieb somit einstellen zu müssen, sei dies im Rahmen der Abwägung nicht zu berücksichtigen. Soweit vorgetragen werde, die „Öffentlichkeit“ habe unter Berufung auf das Recht auf Naturgenuss ein Interesse an der Durchführung von Nachtfahrten überwiege dies nicht die Belange des Naturschutzes. Das generelle Recht auf Naturgenuss werde nicht eingeschränkt, wenn man den Sonnenuntergang nur vom Tal aus und nicht von der Terrasse des Seilbahngebäudes betrachten könne; ansonsten sei dies auch außerhalb naturschutzfachlich sensibler Bereiche möglich. Soweit die Klägerin vortrage, es hielten sich auf der Sonnenterrasse der K. AG nach Eintritt der Dämmerung aufgrund der kalten Temperaturen keine Besucher mehr auf, sondern diese würden im Seilbahngebäude verbleiben, sei die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie den Zweck des Rechts auf Naturgenuss verkenne, wenn sie die Durchführung von Veranstaltungen im Seilbahngebäude und die Nutzung der dortigen Gastronomie mit dem Recht auf Naturgenuss begründe. Zum Genuss der Bergwelt an sich, verblieben die Zeiten im Rahmen der normalen Betriebszeiten der K.bahn. Es sei auch wenig glaubhaft, dass die Besucher aufgrund der kälteren Temperaturen alle im Inneren blieben. Zudem sei es wohl kaum kontrollierbar, ob nicht doch abenteuer-affine Teile der nächtlichen Nutzer ins Freie treten. Leider reichten Einzelpersonen aus, gravierende Störungen zu verursachen, auch wenn die überwiegende Mehrheit im Gasthausgebäude verbleibe. Für die Gewährung einer generellen Nachtfahrgenehmigung sei der Verweis auf nächtliche Personenrettungseinsätze der Bergwacht M. unter Nutzung der K.bahn unbeachtlich. Nachtfahrten für Rettungseinsätze durch die Bergwacht dürften selbstverständlich weiterhin uneingeschränkt stattfinden; hierbei handele es sich um ein überwiegendes öffentliches Interesse. Die Verweigerung des Einvernehmens führe auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG. Die Befreiung sei für atypische Ausnahmefälle konzipiert, die der Verordnungsgeber bei der Ausweisung des Naturschutzgebiets nicht vorgesehen habe oder nicht vorhersehen konnte und damit nicht berücksichtigen konnte. Ein solcher atypischer Ausnahmefall liege hier nicht vor. Vielmehr handele es sich überwiegend um die Erschließung neuer Geschäftsfelder eines Wirtschaftsbetriebes.
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Unter Heranziehung der Ausführungen der Unteren Naturschutzbehörde vom 24. September 2020 wird weiter ausgeführt, dass das K. gerade wegen seiner Höhen zu den wenigen Gebirgsstöcken in Bayern gehöre, wo eine günstige Zukunftsprognose für das Alpenschneehuhn bestehe. Da auch keine anderweitigen Maßnahmen möglich seien, um das Vorkommen des Alpenschneehuhnes im K.gebirge zu fördern, gelte es, die bestehenden Lebensräume zu schützen und zu wahren. Daher sei Störungsvermeidung außerhalb der normalen Betriebszeiten, auch aus Gründen des allgemeinen Wildschutzes in Dämmerungs- und Nachtzeiten, essentiell und die Mehrbelastung des Gebietes in den Abend- und Nachtstunden zu verhindern. Dabei gehe es nicht nur um den Schutz der K.grube mit den Schneehühnern, sondern um die Störungsberuhigung der gesamten umliegenden Bergwelt. Ergänzend wird ausgeführt, dass die aus Sicherheitsgründen im erforderlichen Maße notwendige Beleuchtung der Einfahrt in die Bergstation keine Einschränkung gebiete. Bezüglich der Beleuchtung der Gastronomie sei allerdings darauf hinzuweisen, dass eine Bewertung der Beleuchtungsanlagen aus jetziger Sicht aufgrund der neuen strengeren gesetzlichen Regelungen, insbesondere zur Lichtverschmutzung, noch strenger ausfallen würde. Eine nächtliche Beleuchtung der Berggaststätte bis 1.00h nachts als privaten Zwecken dienendes, aufmerksamkeitsanziehendes Werbemittel für die Gaststätte sei eine unnötige schädliche Einwirkung auf die Vogel- und Insektenwelt. Auf die Klageerwiderung wird im Übrigen verwiesen.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung der mit Antrag vom … Oktober 2019, konkretisiert mit Schreiben vom … Oktober 2019, beantragten Nachtfahrten.
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1. Das Vorhaben der Durchführung von Nachtfahrten ist nach bestehendem Genehmigungsstand nicht genehmigt.
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1.1. Die Planungsgenehmigung vom 24. August 1965, die vor dem Inkrafttreten am 1. Januar 1967 des Bayerischen Eisenbahn- und Bergbahngesetzes (BayEBG 1967) vom 17. November 1966 (GVBl. 1966, S. 429) als Bewilligung zum Betrieb einer Bergbahn erteilt wurde, erging auf der Grundlage der Verordnung, die Erbauung von Eisenbahnen betreffend, vom 20. Juni 1855 (BayBS IV S. 257) in Verbindung mit § 11 der Vorschriften für die Ausübung der staatlichen Aufsicht über die Privateisenbahnen vom 24. Januar 1910 (BayBS VWV S. 179 und Erläuterungen vom 10. Juli 1949 (BayBS VWV S. 186). Die Plangenehmigung vom 10. Mai 1967 für den Bau und die Zustimmung zur Betriebseröffnung vom 2. Juni 1967 wurden bereits auf der Grundlage des seit 1. Januar 1967 in Kraft getretenen BayEBG erteilt. Mithin galt bereits damals ein dreistufiges Genehmigungsverfahren.
91
Die Planungsgenehmigung vom 24. August 1965 gilt nach der Fortgeltungsfiktion in den Übergangsregelungen der aufeinander folgenden gesetzlichen Regelungen zur Genehmigung von Seilbahnen – Art. 32 Abs. 1 BayEBG 1967, Art. 44 Abs. 2 Bayerisches Eisenbahn- und Bergbahngesetz (BayEBG 1998) vom 10. Juli 1998 (GVBl. 1998, S. 389), Art. 33 Abs. 1 Bayerisches Eisenbahn- und Seilbahngesetz (BayESG) vom 9. August 2003 (GVBl. 2003, S. 598) – als Bau- und Betriebsgenehmigung im Sinn von Art. 13 BayESG (in der letzten Änderungsfassung vom 26. März 2019 (GVBl. 2019, S. 98) fort. Die Plangenehmigung vom 10. Mai 1967 für den Bau und die Zustimmung zur Betriebseröffnung vom 2. Juni 1967 entsprechen der Genehmigung der technischen Planung (Art. 16 BayESG) und der Betriebseröffnung (Art. 17 BayESG).
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1.2. Das streitgegenständliche Vorhaben von Nachtfahrten ist nach dem bestehenden Genehmigungsstand nicht genehmigt. Nachtfahrten zur Personenbeförderung waren seinerzeit schon nicht beantragt und auch nicht genehmigt.
93
Die Auflagen spiegeln wider, dass ein Nachtfahrbetrieb zur Personenbeförderung nicht genehmigt war. Aus der beauflagten Inanspruchnahme – auch nachts – der K.-bergbahn zu Rettungs- und Bergungsfahrten, die eben kein „regulärer“ Personenbeförderungsbetrieb auf einem öffentlichen Verkehrsweg sind, sondern dessen sicherheitsrechtliche Inanspruchnahme, verbietet sich ein Rückschluss, dass der K.-bahn als genehmigter öffentlicher Verkehrsweg für die Personenbeförderung (vgl. Art. 11 BayESB) auch ein Nachtfahrten-Betrieb zur Personenbeförderung genehmigt worden war.
94
Da die Seilbahn-Genehmigungsrechtslage seit jeher als Zulassungs- und nicht als Verbotsverfahren ausgestaltet ist, trägt nicht das Argument der Klagepartei, „was nicht verboten ist, ist zulässig“. Vielmehr ist ein Personenbeförderungsbetrieb der K. nur im genehmigten Umfang zulässig.
95
2. Das Vorhaben der Klägerin ist nicht genehmigungsfrei, sondern genehmigungspflichtig. Die beantragte Zulassung von Nachtfahrten ist eine Änderung der Seilbahn, die die Bau- und Betriebsgenehmigung betrifft, und genehmigungspflichtig ist (Art. 13 Abs. 1 S. 2, S. 1 BayESG).
96
2.1. Für die Genehmigung ist die Kreisverwaltungsbehörde sachlich zuständig (Art. 13 Abs. 1 BayESB); örtlich zuständig ist die Kreisverwaltungsbehörde, in deren Bereich die Talstation der Seilbahn liegt, mithin das Landratsamt G.-P. (Art. 25 Abs. 1 S. 1 BayESG).
97
Das Genehmigungsverfahren richtet sich nach Art. 14 BayESG. Ein Antrag mit den Angaben zum Vorhaben und seiner Durchführung ist erforderlich (Art. 14 Abs. 1 S. 2 BayESG). Der Antrag hat die in § 2 Seilbahnverordnung (SeilbahnV; vom 15.6.2011 (GVBl. 2011, 271) i.d.F. vom 23.12.2019, 737) gelisteten Unterlagen zu enthalten, u.a. die für die naturschutzrechtliche Beurteilung naturschutzfachlichen Unterlagen (§ 2 Abs. 6, Abs. 1 SeilBahnV), jedoch kann das Landratsamt auf die Vorlage einzelner Unterlagen verzichten.
98
Nach Aktenlage hat das Landratsamt konkludent auf die Vorlagen von Unterlagen nach § 2 SeilbahnV verzichtet, lediglich eine Antragskonkretisierung eingefordert, die mit Schreiben der Klägerin vom … Oktober 2019 erfolgte.
99
Im Genehmigungsverfahren hat das örtlich zuständige Landratsamt die Behörden und Stellen, die Träger öffentlicher Belange sind, anzuhören, soweit sie durch das Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich berührt werden (Art. 14 Abs. 2 S. 1 BayESG; vgl. 1.7 Seilbahnbekanntmachung (SeilbBek) i.d.F. der Bekanntmachung vom 3.3.2000, BayMBl. 2020, Nr. 168).
100
Das Landratsamt hat im Rahmen des Verfahrens naturschutzfachliche und naturschutzrechtliche Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt vom 24. September 2020 und der Höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von O. 18. November 2020 eingeholt.
101
2.2. Die Kreisverwaltungsbehörde prüft u.a., ob das (Änderungs)-Vorhaben öffentlichen Interessen widerspricht (Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG).
102
Weitere, vorliegend nicht relevante Prüfpunkte sind die Betriebssicherheit (Art. 13 Abs. 5 Nr. 1 BayESG) und die Seilbahnunternehmerzuverlässigkeit (Art. 13 Abs. 5 Nr. 2 BayESG). Gegebenenfalls ist bei genehmigungspflichtigen Änderungsvorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, für das bei u.a. in Naturschutzgebieten gelegenen Änderungsvorhaben (vgl. Art. 13 Abs. 4 BayESG), wie vorliegend, die halbierten Schwellenwerte der Absätze 2 und 3 gelten (d.h. bei Verdopplung der bisherigen Beförderungskapazität, aber nicht, wenn die geänderte Beförderungskapazität 1100 Personen pro Stunde und Richtung nicht überschreitet).
103
2.2.1. Eine Genehmigung des beantragten Vorhabens setzt voraus, dass das beantragte Vorhaben öffentlichen Interessen nicht widerspricht (Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG). Dies ist beim beantragten Änderungsvorhaben nicht der Fall.
104
2.2.1.1. Die Kreisverwaltungsbehörde prüft insbesondere, ob das Vorhaben mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, insbesondere ob es einen Eingriff im Sinn des § 14 BNatSchG darstellt, welche Vermeidungs-, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen nach § 15 BNatSchG erforderlich sind, ob das Vorhaben Auswirkungen auf naturschutzrechtliche Schutzgebiete, Natura 2000-Gebiete oder gesetzlich geschützte Biotope haben kann, und bei entsprechenden Anhaltspunkten, ob die artenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und ob das Vorhaben sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft (vgl. 1.1.5, 1.1.6 SeilbBek).
105
Eine Zulassungsentscheidung des beantragten (Änderungs)-Vorhabens nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften als das BayESG wird durch die seilbahnrechtliche Bau- und Betriebsgenehmigung nur ersetzt, wenn sich dies aus dem jeweiligen Fachrecht ergibt (1.8 SeilbBek). Insoweit konzentriert das seilbahnrechtliche Genehmigungsverfahren und die seilbahnrechtliche Zulassungsentscheidung – die Bau- und Betriebsgenehmigung – alle erforderliche Genehmigungen, Befreiungen, Zustimmungen, etc., die nach anderen Fachrechtsgebieten erforderlich sind und die seilbahnrechtliche Genehmigung ersetzt und konzentriert erforderliche Einzelgenehmigungen in einer Genehmigung unter integrativ erforderlichen Zustimmungs- und Einvernehmenserklärungen dieser anderen Fachrechtsbehörden.
106
2.2.1.2. Art. 56 BayNatSchG (i.V.m. § 67 Abs. 1 BNatSchG) sieht vor, dass eine aufgrund einer Naturschutzgebiets-Verordnung erforderliche behördliche Befreiung durch eine nach anderen Vorschriften erforderliche behördliche Gestattung ersetzt wird, soweit diese Gestattung nicht ihrerseits ersetzt wird (Letzteres sieht das BayESG nicht vor). Diese Gestattung, vorliegend die seilbahnrechtliche Zulassungsentscheidung als Änderung der Bau- und Betriebsgenehmigung, darf nur erteilt werden, wenn Gründe für eine Befreiung vorliegen und die nach Art. 56 Satz 1 BayNatSchG sonst zuständige Behörde ihr Einvernehmen erklärt (Art. 56 Satz 3 BayNatSchG).
107
2.2.1.2.1. Die Voraussetzungen für die Erteilung der nach der Naturschutzgebiets-Verordnung erforderlichen Befreiung liegen nicht vor und die nach Naturschutzrecht zuständige Behörde, die Regierung von O. – Höhere Naturschutzbehörde – hat ihr Einvernehmen zu Recht verweigert.
108
Die Verbotsnorm des § 4 NSG-VO K. und K.-vorgebirge sieht vor:
109
„(1) Nach Art. 7 Abs. 2 BayNatSchG sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Es ist deshalb vor allem verboten:
110
8. die Lebensbereiche (Biotope) der Tiere und Pflanzen zu stören oder nachteilig zu verändern,…
111
(2) Im Naturschutzgebiet ist es nach Art. 7 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BayNatSchG verboten:
112
6. zu lärmen oder Tonübertragungs- oder Tonwiedergabegeräte zu benutzen.“
113
§ 5 NSG-VO K. und K.-vorgebirge sieht Ausnahmen von § 4 NSG-VO i.V.m. Art. 7 Abs. 2, Abs. 3 BayNatSchG vor, die vorliegend nicht einschlägig sind.
114
Die nach § 67 Abs. 1 BNatschG, Art. 56 BayNatSchG für die Erteilung einer im Ermessen stehenden Befreiung nach § 6 Abs. 2 NSG-VO K. und K.-vorgebirge sachlich und örtlich zuständige Regierung von O. als Höhere Naturschutzbehörde kann von den Verboten des Bayerischen Naturschutzgesetzes und der NSG-VO K. und K.-vorgebirge gemäß Art. 49 BayNatSchG [nach der bis 28.2.2011 geltenden Fassung des BayNatschG], jetzt gemäß Art. 56 BayNatSchG i.V.m. § 67 Abs. 1 BNatschG in Einzelfällen Befreiung erteilen, wenn überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls die Befreiung erfordern (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 NSG-VO K. und K.-vorgebirge). Die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor; die Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 NSG-VO K. und K.-vorgebirge sind vorliegend nicht gegeben bzw. nicht einschlägig. Da eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 NSG-VO NSG-VO K. und K.-vorgebirge für das streitgegenständliche seilbahnrechtliche Änderungsvorhaben nicht zu erteilen gewesen wäre, da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, hat die Regierung von O. ihr nach Art. 56 Satz 3 BayNatSchG erforderliches Einvernehmen zu Recht verweigert.
115
2.2.1.2.1.1. Das streitgegenständliche Änderungsvorhaben der Durchführung von Nachtfahrten ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 und § 4 Abs. 2 Nr. 6 NSG-VO K. und K.-vorgebirge verboten.
116
Zu sehen ist, dass der Schutzzweck des Naturschutzgebiets K. und K.-vorgebirge u. a. ist, einen für das bayerische Alpengebiet charakteristischen Gebirgsstock mit seinen typischen Pflanzen- und Tiergesellschaften nachhaltig zu sichern und ihnen die notwendigen Lebensbedingungen zu gewährleisten (vgl. § 3 Nr. 1 NSG-VO K. und K.-vorgebirge).
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Ohne Zweifel kann das Vorhaben von Nachtfahrten zu einer nachteiligen Störung des Biotops (Westliche) K.grube führen, in dem eine Population des Alpen-Schneehuhns lebt. Das Biotop K.grube liegt unmittelbar im Anschluss an den Terrassenbereich der Restauration der Bergstation der K.bahn (vgl. Karte des K.gebirges, Westliches Blatt, M. – Zirl, 1933, 1:25.000, mit Eintragung der K.bahntrasse, Behördenakte, Teilakt II/8 – Pläne – a); BayernAtlas, https://v.bayern.de/q64F2, Maßstab 1:500 – mit übereinstimmender Einzeichnung der Lage der K.grube durch die Verfahrensbeteiligten; Google maps). Das Biotop der K.grube mit der dort lebenden Alpen-Schneehuhn-Population wird durch das Änderungsvorhaben gestört und nachteilig verändert bzw. kann zu einer nachhaltigen Störung führen. Die Störungen sind die vom Vorhandensein von Menschen auf und in der Bergstation, sei es innerhalb und außerhalb der Bergstation mit seinem Restaurationsbetrieb, ausgehenden Lärmemissionen und die mit dem Aufenthalt von Menschen innerhalb und außerhalb der Bergstation und dessen Restaurationsbetrieb einhergehenden Lichtemissionen in einem Tagesrand-, Abend- und Nachtzeitraum auf das nächstgelegene Biotop K.grube mit seiner Alpen-Schneehuhn-Population, der bislang in diesem Tagesrand-, Abend- und Nachtzeitraum für diese störungsfrei und emissionsfrei ist. Ebenso bringen diese Emissionen eine Unruhequelle mit sich. Die Störungen sind nachteilig, da sie die natürlichen Lebensbedingungen mit der erforderlichen weiteren Ungestörtheit in diesen Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten negativ beeinflusst oder beeinflussen kann. Dies kann nachteilige Auswirkungen auf den dortigen Bestand der Alpen-Schneehuhn-Population haben. Negative Auswirkungen können die Abwanderung von diesem Standort, das Aussterben an diesem Standort und die Schwächung des Umfangs der Population sein, da das natürliche Verhalten der Alpen-Schneehuhn-Population bei der Futtersuche, der Balz, der Gelegepflege, der Jungenaufzucht durch die Störfaktoren Unruhe, Licht und Lärm in diesem Tagesrand-, Abend- und Nachtzeitraum beeinflusst werden kann. Die Störfaktoren Unruhe, Licht und Lärm sind für die Alpen-Schneehühner Stressfaktoren. Dabei kann auch ein geringer Grad an Störfaktoren nachteilig sein. Unerheblich ist, ob die Alpen-Schneehuhn-Population eine Anpassungsleistung vollziehen könnte. Hierbei ist zu sehen, dass das Biotop K.grube, das nächst zur Bergstation und der angeschlossenen Restauration mit Innen- und Terrassenbereich gelegen ist, eines der seltenen auf Grund der Höhenlage klimatisch besser gesicherten Habitate des Alpenschneehuhns in den Bayerischen Alpen ist. Das Alpenschneehuhn ist eine nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) bb) BNatSchG i.V.m. EG-Vogelschutzrichtline (RL 2009/147/EG, gelistet in Anhang I) besonders geschützte europäische Vogelart. Die Ausdehnung des Personenbeförderungs-Fahrbetriebs der Seilbahn in dem beantragten Umfang in die Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten hinein ist ursächlich in der Wirkungskette der negativen Beeinflussung bzw. der Möglichkeit der nachhaltigen negativen Beeinflussung des Bestandes, Zustands und Lebens des Alpen-Schneehuhns im Habitat K.grube, denn der zeitliche Umfang des Fahrbetriebs ist die maßgebliche Kenngröße für die Aufenthaltszeiten der beförderten Personen auf dem Berg in die Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten hinein. Deshalb ist es unerheblich, dass die Ein- und Ausfahrt der Seilbahngondeln aus der Bergstation auf der zum Alpen-Schneehuhn-Habitat entfernteren, abgewandten Seite liegt. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Lärm- und Lichtemissionen und die Unruhe, die mit dem Restaurationsbetrieb auf der Bergstation in Zusammenhang stehen und mit diesem verbunden sind und die Emissionen der beförderten Personen bei der rechtlichen Prüfung, ob dem streitgegenständlichen seilbahnrechtlichen Änderungsvorhaben naturschutzrechtliche, auf der Naturschutzgebiets-Verordnung K. und K.-vorgebirge gründende Verbote entgegenstehen, miteinzubeziehen, denn erst mit der Ausdehnung des Personenbeförderungsbetriebs der K.bahn in dem beantragten Umfang in die Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten hinein, werden die Emissionen und die Unruhe in diesen Zeitraum hinein verlängert. Der Personenbeförderungsbetrieb der K.bahn ist conditio sine qua non und kausal.
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Zu betonen bleibt, dass der Personenbeförderungsbetrieb der K.bahn getrennt von der sicherheitsrechtlichen Inanspruchnahme der K.bahn bei Polizei- und Rettungseinsätzen, auch in die Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten hinein, zu sehen ist. Gleiches gilt für die zeitlich begrenzte Inanspruchnahme der K.bahn während der Errichtung des Naturinformationszentrums. Aufgrund der entscheidungserheblichen Lage der K.bahn-Bergstation im Naturschutzgebiet K. und K.-vorgebirge ist eine Bezugnahme unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten auf andere Seilbahnen mit Betrieb im beantragten Umfang in die Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten hinein nicht möglich.
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2.2.1.2.1.2. Es liegt bereits die tatbestandliche Voraussetzung, dass überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls die Befreiung von den Verboten nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 und nach § 4 Abs. 2 Nr. 6 NSG-VO i.V.m. Art. 56 BayNatSchG, § 67 BNatSchG erfordern, nicht vor.
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Eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG wegen Notwendigkeit aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses von den Verboten einer auf dem Naturschutzrecht der Länder basierenden Naturschutzgebietsverordnung, wie vorliegend die NSG-VO K. und K.-vorgebirge, hat grundlegend die Funktion einer Befreiung zu beachten, die darin besteht, rechtlichen Unausgewogenheiten bzw. Fehlgewichtungen abzuhelfen, die sich bei Anwendung einer Norm auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls ergeben. Diesem Zweck entsprechend bedarf es grundlegend für eine Befreiung, dass ein atpyischer Sonderfall vorliegt, den der Normgeber im Zeitpunkt des Normerlasses nicht vorausgesehen hat (Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 8/2020, § 67 BNatSchG Rn. 10; Giesberts/Reinhardt in BeckOK, Stand 1/2021, § 67 BNatSchG Rn. 5).
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Vorliegend ist bereits kein atypischer Sonderfall gegeben, der Grundlage einer Befreiung sein könnte. Der durch die Verbote der NSG-VO K. und K.-vorgebirge nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 und nach § 4 Abs. 2 Nr. 6 NSG-VO zu gewährleistende Schutz der im dortigen hochgelegenen Biotop K.grube lebenden besonders geschützten Alpen-Schneehuhn-Population, insbesondere um sie vor dem Aussterben in den Bayerischen Alpen zu bewahren und im Übrigen die Population bereits vor möglichen nachhaltigen Störungen zu bewahren, ist entsprechend dem Normzweck des Verbots gewollt. Die Alpen-Schneehuhn-Population in der K.grube vor den von Menschen, die durch die K.bahn auf den Berg befördert werden und sich dort auf oder bei der Bergstation bis zu ihrer Talfahrt aufhalten, verursachten und mit der Anwesenheit von ihnen einhergehenden Störungen über die Tagesbetriebszeiten der Personenbeförderungsanlage K.bahn hinaus bereits bestehende Beeinträchtigung, auch in die Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten hinein zu schützen, stellt keine Fehlgewichtung bei der Anwendung der Verbote in § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 und in § 4 Abs. 2 Nr. 6 NSG-VO NSG-VO K. und K.-vorgebirge dar.
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Darüber hinaus steht der Klägerin auch kein Befreiungsgrund zur Seite, auf den sie sich stützen könnte.
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Eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG für eine Befreiung von Verboten den Verboten in § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 8 und in § 4 Abs. 2 Nr. 6 NSG-VO K. und K.-vorgebirge erfordert als Befreiungsgrund die Notwendigkeit aus überwiegenden öffentlichen Interessen oder, wie es gleichbedeutend in § 6 NSG-VO K. und K.-vorgebirge formuliert ist, aufgrund des Erfordernisses durch überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls.
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Überwiegende öffentliche Interessen, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Natur, kommen als Befreiungsgrund in Betracht. Rein privaten Interessen kommt dagegen im Rahmen des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG von vorneherein keine Bedeutung zu. Nur ein überwiegendes öffentliches Interesse kann die Außerachtlassung naturschutzrechtlicher Ge- und Verbote rechtfertigen, während es nicht ausreicht, dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist (Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 8/2020, § 67 BNatSchG Rn. 11f.). Das Vorliegen von öffentlichen Interessen i.S.v. § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNatSchG an der Realisierung einer Maßnahme, deren Umsetzung im Konflikt mit einer naturschutzrechtlichen Norm steht, kann zunächst grundsätzlich geltend gemacht werden, wenn die Maßnahme Teil eines Vorhabens der öffentlichen Hand und entsprechend legitimiert ist. Aber auch an der Durchführung privater, also nicht von staatlichen Trägern betriebenen Vorhaben kann ein öffentliches Interesse bestehen. Dies dürfte grundsätzlich dann der Fall sein, wenn mit diesem auch Zielsetzungen bedient werden, an welchen ausweislich bestimmter gesetzlicher Regelungen ein öffentliches Interesse besteht (Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 8/2020, § 67 BNatSchG Rn. 10; Giesberts/Reinhardt in BeckOK, Stand 1/2021, § 67 BNatSchG Rn. 5). Dass es ein öffentliches Interesse an Maßnahmen gibt, deren Durchführung mit einer naturschutzrechtlichen Vorschrift in Konflikt steht, genügt für die Erteilung einer Befreiung allerdings nicht. Die Verfolgung der öffentlichen Interessen muss darüber hinaus das – ebenfalls öffentliche – Interesse an der Beachtung der naturschutzrechtlichen Vorschriften überwiegen (Giesberts/Reinhardt in BeckOK, Stand 1/2021, § 67 BNatSchG Rn. 8). Ob die Voraussetzung des überwiegenden öffentlichen Interesses erfüllt ist, beantwortet sich anhand einer gewichtsvergleichenden und gerichtlich vollen Umfangs kontrollierbaren Abwägung zwischen den von der jeweiligen Vorschrift geschützten Naturschutzbelangen und den zugunsten der Befreiung ins Feld geführten anderweitigen Gründen des gemeinen Wohls. Nur wenn den Letzteren in der konkreten Situation ein Übergewicht attestiert werden kann, was nur bei einer hohen Wahrscheinlichkeit ihres tatsächlichen Eintretens anzunehmen ist, kommt eine Befreiung in Frage. Das gilt allerdings nur, wenn die Erteilung der Befreiung zur Befriedigung des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist. Insoweit genügt es, wenn es „vernünftigerweise geboten ist“, den Belangen des gemeinen Wohls mit Hilfe der Befreiung zur Realität zu verhelfen (Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 8/2020, § 67 BNatSchG Rn. 12f mit Hinweis auf weiterführende Rspr).
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Die Klägerin stützt ihr seilbahnrechtliches Änderungsvorhaben auf rein privatwirtschaftliche, finanzielle Gründe. Die Klägerin will durch eine zeitliche Ausdehnung des Personenbeförderungsbetriebs, insbesondere durch die Möglichkeit von Talfahrten in dem beantragten Umfang in die Tagesrand-, Abend- und Nachtzeiten hinein, weitere Beförderungsfahrgäste aquirieren. Der Anreiz für diese Beförderungsnachfrage soll zum einen durch den Zeitraum des Beförderungsangebots geschaffen werden (neues erweitertes Beförderungspublikum) und zum anderen auch durch die längere und intensivere Auslastung des Restaurationsbetriebs der Klägerin auf der Bergstation, insbesondere durch die Veranstaltung von „Events“ wie Hochzeitsgesellschafts-Bewirtungen, etc. und die Aufnahme von weiteren Bewirtungsgästen wie beim „Sonnenuntergang auf dem Berg“. Ein gesetzlich normiertes öffentliches Interesse geht mit diesem rein privaten Interesse der Klägerin an der Erteilung der Befreiung von den benannten Verboten der NSG-VO K. und K.-vorgebirge nicht einher.
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Die Klägerin kann für sich nicht in Anspruch nehmen, dass ihr seilbahnrechtliches Änderungsvorhaben auch der Gewährleistung des Grundrechts des Einzelnen („jedermann“) auf den Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur (Art. 141 Abs. 3 S. 1 Bayerische Verfassung i.V.m. Art. 26 BayNatSchG) diene. Dieses subjektive Recht des Einzelnen ist bereits seiner Natur nach kein öffentliches Interesse (vgl. zum Vollzug des Bayerischen Naturschutzgesetzes; Teil 6 „Erholung in der freien Natur“, Bekanntmachung des BayStMiUV v. 27.11.2020, BayMBl. 2020, Nr. 755) und die Klägerin ist darüber hinaus auch nicht Sachwalterin dieses Partikularinteresses. Das seilbahnrechtliche Änderungsvorhaben der Klägerin hat im Übrigen auch nur einen vermeintlichen Zusammenhang mit dem Grundrecht des Einzelnen auf den Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur. Die längere und intensivere Auslastung des Restaurationsbetriebs der Klägerin auf der Bergstation, insbesondere durch die Veranstaltung von „Events“ wie Hochzeitsgesellschafts-Bewirtungen, etc. und die Aufnahme von weiteren Bewirtungsgästen hat schon nicht ansatzweise eine Berührung mit dem Grundrecht des Einzelnen auf den Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur. Soweit die Möglichkeit von Seilbahntalfahrten zu späterer Stunde dem beförderten Fahrgast der K.seilbahn die Möglichkeit gibt, auf dem Berg den Sonnenuntergang zu erleben, ist dies zwar ein Naturgenuss für den Einzelnen, aber kein öffentliches Interesse. Im Übrigen überwiegt es nicht das öffentliche Interesse an den durch die Verbotsnorm des § 4 NSG-VO K. und K.-vorgebirge geschützten Naturschutzbelangen, nämlich den Schutz der Alpen-Schneehuhn-Population in der K.grube vor nachhaltigen Störungen.
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2.2.2. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 NSG-VO K. und K.-vorgebirge i.V.m. Art. 56 BayNatSchG, § 67 Abs. 1 BNatSchG nicht vorliegen, hat die höhere Naturschutzbehörde der Regierung von O. ihr Einvernehmen zum seilbahnrechtlichen Änderungsvorhaben der Klägerin zu Recht verweigert und hierauf gründend hat das Landratsamt G.-P. die seilbahnrechtliche Genehmigung nach Art. 13 BayESG zum beantragten streitgegenständlichen seilbahnrechtlichen Änderungsvorhaben rechtmäßig abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung nach Art. 13 BayESG ihres beantragten streitgegenständlichen seilbahnrechtlichen Änderungsvorhabens.
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3. Die Klage ist mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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4. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708ff. ZPO.