Inhalt

LG Bayreuth, Endurteil v. 23.08.2021 – 41 O 280/21
Titel:

Schadensersatz wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines neuen Fahrzeugs

Normenketten:
BGB § 826
ZPO § 142, § 286, § 427, § 444
Leitsätze:
1. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2021, 41003; OLG München BeckRS 2021, 31796; BeckRS 2021, 32277; BeckRS 2021, 32276; BeckRS 2021, 32267; OLG Brandenburg BeckRS 2021, 14845; BeckRS 2021, 14846; OLG Köln BeckRS 2020, 10284; OLG Hamm BeckRS 2020, 41423; OLG Stuttgart BeckRS 2020, 5656; OLG Koblenz BeckRS 2020, 34715; LG München I BeckRS 2021, 32309; LG München II BeckRS 2021, 9731; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2020, 17853; BeckRS 2021, 41437; LG Landshut BeckRS 2021, 15304; LG Ingolstadt BeckRS 2021, 19616; LG Würzburg BeckRS 2021, 32313; BeckRS 2021, 43843. (redaktioneller Leitsatz)
2. Unterliegt ein Fahrzeug unstreitig einem verbindlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung, kann ein Klagevortrag zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die gezielt darauf ausgelegt ist, die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte nur in der Prüfstandsituation, nicht aber im Straßenverkehr zu bewirken, als ausreichend substantiiert und schlüssig gewertet werden. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ordnet das Gericht die Vorlage eines Rückrufbescheides des KBA - zum Zwecke der Förderung der Wahrheitsfindung durch den Inhalt des betroffenen Rückrufbescheids - an und verweigert die Herstellerin die Vorlage dieses Bescheides, hat das Gericht dies gemäß §§ 286, 427 S. 2 ZPO zu würdigen; dabei kann das Prozessverhalten der Herstellerin nach dem Rechtsgedanken der §§ 444, 427 ZPO unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung durch den Gegner des Beweisführers dahingehend gewürdigt werden, dass der klägerseitige Sachvortrag zur Beschaffenheit/Funktionsweise des betroffenen Motoraggregats zutreffend ist. (Rn. 12 – 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Diesel, Abgasskandal, 3,0 Liter-Motor, Audi AG, unzulässige Abschalteinrichtung, Prüfstandserkennung, verbindlicher Rückruf, KBA, Vorlage des Rückrufbescheides, Beweisvereitelung, Würdigung des Prozessverhaltens
Fundstelle:
BeckRS 2021, 44408

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.133,91 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.05.2021 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs P. C. …, FIN … und Übertragung des dem Kläger gegenüber der finanzierenden Bank (T. F. S.) zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorbezeichneten Fahrzeugs zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den noch nicht fälligen Darlehensraten aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer … gegenüber der T. F. S. freizustellen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, für vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten an den Kläger 1.954,46 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.05.2021 zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen:
- der Kläger 16%
- die Beklagte 84%.
6. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Schadensersatz durch Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags im Zusammenhang mit dem sogenannten „Diesel-Abgasskandal“ geltend.
2
Der Kläger erwarb im Jahr 2016 von einem Fahrzeughändler das streitgegenständliche Fahrzeug … als Neuwagen zu einem Kaufpreis von 91.016,52 €. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss der Kläger am 07.10.2016 mit der T. F. S. einen Darlehensvertrag, der am 09.10.2019 umgeschuldet wurde. Unter Einbeziehung der hieraus resultierenden Finanzierungskosten ist der Kläger für den Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 104.107,30 € eingegangen, wobei er an die finanzierende Bank bisher Ratenzahlungen in Höhe von insgesamt 60.915,35 € geleistet hat.
3
In dem Pkw ist ein von der Beklagten entwickelter und hergestellter Dieselmotor EA 8- verbaut. Das streitgegenständliche Fahrzeug unterliegt einem vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten verbindlichen Rückruf wegen des Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung, wobei für eine vom Hersteller für die von der Rückrufaktion betroffenen Fahrzeuge zur Verfügung gestellte Umrüstung (Software-Update) eine Freigabe des Kraftfahrt-Bundesamts vom 28.07.2020 erteilt wurde.
4
Der Kläger behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei von dem sogenannten „Diesel-Abgasskandal“ betroffen. Auch wenn es nicht mit einem Motoraggregat EA 1- des Herstellers V. ausgestattet sei (das als Ausgangspunkt des sogenannten „V.-Abgasskandals“ bekannt geworden ist), sei es vom Hersteller ebenfalls mit einer vergleichbaren unzulässigen Abschalteinrichtung versehen worden. Im Ergebnis sei damit die Motorsteuerungssoftware - ähnlich wie bei den Motoren des Typs EA 1- - gezielt so programmiert, dass die bei der zur Erlangung der EG-Typengenehmigung für die erforderliche Überprüfung des Schadstoffausstoßes vorgegebenen Grenzwerte nur in der insoweit vorgesehenen Prüfstandsituation eingehalten würden, nicht dagegen im Straßenverkehr. Diese unzulässige Maßnahme der Motorensteuerung führe zum Verlust der Typengenehmigung und der Zulassung des Fahrzeugs sowie zur Minderung seines Wertes. Der Kläger ist der Auffassung, es liege eine vorsätzliche sittenwidrige Täuschung durch die Beklagte vor.
5
Der Kläger stellt folgende Klageanträge:
1.
Die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klagepartei 29.848,38 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.12.2020 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges P. C. … Diesel, FIN … und Übertragung des der Klagepartei gegenüber der Bank zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeuges zu zahlen und zwar abzüglich einer weiteren nach der folgenden Formel berechneten Nutzungsentschädigung in EUR: von der Klagepartei gezahlter Kaufpreis x gefahrene Kilometer ÷ Restnutzungsdauer,
2.
die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, die Klagepartei von den noch nicht fälligen Darlehensraten aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer … gegenüber der T. F. S. freizustellen,
3.
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeuges in Verzug befindet,
4.
die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klagepartei weitere 2.342,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
6
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
7
Die Beklagte behauptet, dem Kläger sei aufgrund der kostenlosen Verfügbarkeit des von der Beklagten entwickelten Software-Updates kein Schaden entstanden.
8
Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
9
Das Gericht hat der Beklagten mit Beschluss vom 01.07.2021 (Ziffer 2.; Bl. 105 d. A.) unter Fristsetzung bis 20.07.2021 aufgegeben, den die Anordnung der Rückrufaktion betreffenden Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts in vollständiger Fassung vorzulegen. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz ihrer Parteivertreter vom 16.07.2021 (Bl. 109 ff. d. A.) lediglich einen Freigabebescheid des Kraftfahrt-Bundesamts vorgelegt und erklärt, die Vorlage des Rückrufbescheides sei nicht erforderlich, da die Beklagte zu dem Rückruf in dem vorliegenden Rechtsstreit ausreichend vorgetragen habe und der Kläger diesem Vortrag nicht ausreichend substantiiert entgegen getreten sei, insbesondere nicht dargelegt habe, welchen Inhalt der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts aufweise. Im Übrigen sei die Beklagte zur Vorlage des Rückrufbescheids auch nicht verpflichtet, da insoweit die Klagepartei darlegungs- und beweisbelastet sei.

Entscheidungsgründe

10
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
11
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 18.133,91 € Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs und Übertragung bestehender Anwartsrechte gemäß §§ 826, 31 BGB zu.
12
Da das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig einem verbindlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung unterliegt, ist der Klagevortrag zum Vorliegen einer - im Ergebnis mit der bekannt gewordenen Motorsteuerungssoftware des Aggregats EA 1- vergleichbaren - unzulässigen Abschalteinrichtung (Motorsteuerungssoftware, die gezielt darauf ausgelegt ist, die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte nur in der Prüfstandsituation, nicht aber im Straßenverkehr zu bewirken) als ausreichend substantiiert und schlüssig zu werten. Zudem sind insoweit hinreichend konkrete Umstände dargelegt, welche einen Rückschluss auf die aufgestellte Tatsachenbehauptung zumindest nachvollziehbar plausibel erscheinen lassen. In diesem Zusammenhang waren auch die Voraussetzungen nach § 142 ZPO für die angeordnete Vorlage des verbindlichen Rückrufbescheides des Kraftfahrt-Bundesamts gegeben (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 33. Auflage, § 142 Rn. 6 und 7). Die Anordnung der Urkundenvorlegung nach § 142 ZPO kann insbesondere auch gegen jeden Besitzer der Urkunde unabhängig vom Bestehen eines materiell-rechtlichen Herausgabe- oder Vorlegungsanspruchs und unabhängig von der Beweislast ergehen (vgl. Zöller-Greger, a. a. O., § 142 Rn. 2 m. w. N.). Vorliegend ist nach den konkreten Begleitumständen davon auszugehen, dass die Vorlage des behördlichen Rückrufbescheids der Förderung der Wahrheitsfindung dienen und schutzwürdige Belange der Beklagten nicht verletzten würde. Betroffen ist ein behördlicher Bescheid mit konkreten Beanstandungen der Beschaffenheit des von der Beklagten hergestellten Motoraggregats bzw. dessen Funktionsweise aufgrund der installierten Software. Damit können die insoweit behördlich beanstandeten Beschaffenheitsmerkmale, die Gegenstand des vorzulegenden Bescheids waren (und denen zudem nach dem eigenen Vortrag der Beklagten durch Umrüstmaßnahmen entsprechend der erfolgten Beanstandung Rechnung getragen wurde) auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt schützenswerte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Beklagten als Herstellerin des betroffenen Motoraggregats darstellen. Daher ist die Verweigerung der angeordneten Vorlage durch die Beklagte gemäß §§ 286, 427 S. 2 ZPO vom Gericht zu würdigen. Hierbei fällt insbesondere ins Gewicht, dass eine Förderung der Wahrheitsfindung durch den Inhalt des betroffenen Rückrufbescheids naheliegend erscheint und dieser - unstreitig - das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen hat.
13
Damit ist im vorliegenden Fall der Sachvortrag und das Prozessverhalten der Beklagten nach dem Rechtsgedanken der §§ 444, 427 ZPO unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung durch den Gegner des Beweisführers dahingehend zu würdigen, dass der Sachvortrag der Klägerin zur Beschaffenheit/Funktionsweise des betroffenen Motoraggregats zutreffend ist (vgl. Zöller-Greger, a. a. O., § 142 Rn. 15 sowie § 286 Rn. 14 a). Die danach vorliegende Optimierung der Stickoxidwerte (NOx), nach der die gesetzlichen Grenzwerte nur auf dem Prüfstand und nicht unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr eingehalten werden, entspricht der im Fall des Motoraggregats EA 1- bekannt gewordenen Problematik der Motorsteuerung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung steht es in derart gelagerten Fällen wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugkäufer gleich, wenn der Fahrzeughersteller im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwickelung getroffenen strategischen Entscheidung, die Typengenehmigung der Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts zu erschleichen und die derart bemakelten Fahrzeuge in Verkehr zu bringen, die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt, was bei dieser Konstellation anzunehmen ist. Insoweit bestehen zudem bereits nach der Beschaffenheit der vom Hersteller verbauten Software zur Motorensteuerung hinreichende Anhaltspunkte für die Kenntnis zumindest eines Mitglieds des Vorstands oder Entscheidungsträgers in der betrieblichen Organisationsstruktur aus der oberen Betriebshierarchie der Beklagten, für deren Verhalten diese nach § 31 BGB einzustehen hat (Urteil des BGH vom 25.05.2020, Az: VI ZR 252/19, Rn. 25, 34 und 39 nach juris).
14
Damit ist die Beklagte dem Kläger gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet und hat nach § 249 Abs. 1 BGB den wirtschaftlichen Zustand herzustellen, der ohne das schädigende Ereignis (Abschluss des Kaufvertrags) bestehen würde. Dieser kann vorliegend durch die geforderte Erstattung der Anschaffungskosten gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie Übertragung des Anwartschaftsrechts und Zahlung von Wertersatz für die gezogenen Nutzungen herbeigeführt werden (BGH, a. a. O., Rn. 55 bis 78).
15
Der Wert von Gebrauchsvorteilen bei Eigennutzung einer beweglichen Sache wird regelmäßig nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet, also nach dem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Wertes (der hier mit dem vereinbarten Kaufpreis zzgl. der angefallenen Finanzierungskosten gleichgesetzt werden kann; vgl. Urteil des BGH vom 13.04.2021, Az: VI ZR 274/20, Rn. 14 sowie Urteil des OLG München vom 15.07.2020, Az: 20 U 2914/19, Rn. 36, jeweils nach juris; sodass vorliegend angefallene Erwerbskosten in Höhe von 140.107,30 € zu berücksichtigen sind). Bei Kraftfahrzeugen wird die Nutzungsdauer regelmäßig in Kilometern bemessen. Insoweit ergibt sich die mathematische Berechnungsformel: Gebrauchsvorteil = (Erwerbskosten x gefahrene Kilometer) ÷ erwartete Gesamtleistung. Insoweit ist vorliegend von einer durchschnittlich zu erwartenden Laufleistung von 250.000 km auszugehen. Weiterhin wurde vorliegend dem Kläger mit Beschluss vom 01.07.2021 (Ziffer 1.; Bl. 104 d. A.) aufgegeben, für den anstehenden Verhandlungstermin sicherzustellen, dass ein den aktuellen Tachostand zum Zeitpunkt des Verhandlungstermins wiedergebendes aktuelles Lichtbild an den Klägervertreter übermittelt werden kann und der Klägervertreter in der Lage ist, Angaben zum aktuellen Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs in der Verhandlung zu machen. Hierzu hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung am 23.08.2021 einen Kilometerstand von 102.734 vorgetragen und auf eine unter dem Datum 20.08.2021 erstellte Lichtbildaufnahme des Tachos Bezug genommen (Seite 2 des Protokolls bzw. Bl. 116 d. A.). Damit ist nach den Gesamtumständen eine ausreichende Grundlage für die vom Gericht vorzunehmende Schätzung der Höhe des anzusetzenden Wertersatzes für gezogene Nutzungen (Vorteilsausgleich bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung) gegeben. Im vorliegenden Fall ergibt sich daraus ein zu berücksichtigender Gebrauchsvorteil in Höhe von 42.781,44 € sodass ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung der bisher durch geleistete Ratenzahlungen aufgewendeten Anschaffungskosten (60.915,35 €) in Höhe von 18.133,91 € verbleibt.
16
Der deliktische Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte umfasst auch die zugesprochene Freistellung der weiteren fälligen Raten aus dem Finanzierungsdarlehen sowie die zugesprochenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Auflage, § 249, Rn. 56 und 57). Insoweit ist entsprechend dem Obsiegen des Klägers von einem Gegenstandswert in Höhe von 104.107,30 € - 42.781,40 € = 61.325,86 € auszugehen. Unter Ansatz einer angemessenen 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. 20,00 € Kommunikationspauschale und 19% Umsatzsteuer resultiert hieraus ein schadensersatzpflichtiger Betrag in Höhe von 1.954,46 €.
17
Der nach § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist nicht begründet, da die Voraussetzungen des Annahmeverzugs nach §§ 294 ff. BGB vorliegend nicht gegeben sind. Es liegt kein ausreichendes Angebot im Sinne der §§ 294, 295 BGB vor. Der Kläger hat durchgehend die Zahlung eines deutlich höheren Betrags verlangt, als er hätte beanspruchen können. Eine zur Begründung von Annahmeverzug auf Seiten der Beklagten geeignetes Angebot ist unter diesen Umständen nicht gegeben (Urteil des BGH vom 25.05.2020, Az: VI ZR 252/19, Rn. 85).
18
Der Anspruch auf die zugesprochenen Zinsen resultiert aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
19
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
20
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO sowie §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.