Titel:
Entstehen eines Erstattungsanspruchs für den Aufwand der Herstellung eines Grundstücksanschlusses
Normenketten:
KAG Art. 5, Art. 8, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b lit. bb
AO § 169
Leitsätze:
Für das Entstehen des Erstattungsanspruchs für den Aufwand der Herstellung eines Grundstücksanschlusses nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BGS-WAS, § 8 Abs. 2 Satz 1 BGS-EWS ist neben dem technischen Abschluss der Maßnahme erforderlich, dass die Anschlusspflicht für das betreffende Grundstück entstanden ist oder, bei nicht bestehender Anschlussverpflichtung, der Anschluss auf Betreiben des Grundstückseigentümers hergestellt wurde. (Rn. 26)
Nach § 8 Abs. 2 S. 2 BGS-WAS und § 8 Abs. 2 S. 2 BGS-EWS ist Schuldner des Erstattungsanspruchs, wer zum Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs Eigentümer des Grundstücks ist, wobei mehrere Schuldner Gesamtschuldner sind. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entstehen eines Erstattungsanspruchs für den Aufwand der Herstellung eines Grundstücksanschlusses, Erstattungsanspruch, Anschlussverpflichtung, Wasserversorgungseinrichtung, Entwässerungseinrichtung, Festsetzung, Beitragsschuld
Fundstelle:
BeckRS 2021, 44326
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Kostenerstattungen für die Grundstücksanschlüsse an die Wasserversorgungseinrichtung und die Entwässerungseinrichtung der Beklagten, die diese jeweils als öffentliche Einrichtung betreibt.
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Der Kläger ist seit 28.01.2014 Miteigentümer zu ½ des Grundstücks …, K …, Fl.-Nr. aaa der Gemarkung K … Auf diesem Grundstück wurde mit Baubeginn im Mai 2015 ein Einfamilienwohnhaus errichtet, das laut Nutzungsmitteilung seit dem 01.09.2017 genutzt wird.
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Das Grundstück liegt im Gebiet des Bebauungsplans „… Straße“. Im Zuge der Ersterschließung des Baugebietes wurden im Jahr 1994 Blindanschlüsse für die Grundstücksanschlüsse zur Wasserversorgungseinrichtung und zur Entwässerungseinrichtung zur Vermeidung eines nachträglichen Straßenaufbruchs in das noch unbebaute Grundstück verlegt.
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Mit Bescheid vom 08.01.2018 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu erstattende Kosten für den Anschluss des klägerischen Anwesens an die Wasserversorgungseinrichtung in Höhe von 258,48 EUR fest. Dem Bescheid wurden eine Kostenaufstellung für den Wasserleitungsanschluss vom 05.12.1994 sowie eine Kostenspaltung in Kosten vom Hauptrohr bis zur Grundstücksgrenze sowie Kosten ab der Grundstücksgrenze mit Umrechnung der Beträge in Euro beigefügt.
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Mit weiterem Bescheid vom 08.01.2018 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu erstattende Kosten für den Anschluss des klägerischen Anwesens an die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 2.757,80 EUR fest. Dem Bescheid wurden eine Kostenaufstellung für den Kanalhausanschluss vom 06.12.1994 sowie eine Kostenspaltung in Kosten vom Hauptrohr bis zur Grundstücksgrenze sowie Kosten ab der Grundstücksgrenze mit Umrechnung der Beträge in Euro beigefügt.
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Mit Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 06.02.2018, bei der Verwaltungsgemeinschaft U … eingegangen am 08.02.2018, erhob der Kläger Widerspruch gegen diese Bescheide. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2020 wies das Landratsamt … die Widersprüche gegen die Bescheide vom 08.01.2018 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde an den Klägerbevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 22.01.2020.
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Am 19.02.2020 erhob der Kläger gegen die Bescheide vom 08.01.2018 sowie den Widerspruchsbescheid vom 16.01.2020 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth. Zur Begründung trägt der Kläger vor, das Grundstück des Klägers sei schon seit mehr als 25 Jahren bebaubar. Die Hausanschlüsse für Wasser und Abwasser seien bis spätestens 1994 schon ordnungsgemäß hergestellt worden im Sinne eines technischen Abschlusses der Maßnahme. Der Kläger bestreitet, dass die mit den Bescheiden geltend gemachten Kosten tatsächlich entstanden und abrechnungsfähig seien.
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Der Kläger ist der Ansicht, bezüglich der mit Bescheiden vom 08.01.2018 festgesetzten Kostenerstattungen sei die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31.12.1998 eingetreten, da der Erstattungsanspruch im Jahr 1994 entstanden sei. Weiter sei der Kläger nicht Schuldner der Kostenerstattung, da er zum Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs, dem Abschluss der jeweiligen Maßnahme, nicht Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks gewesen sei. Darüber hinaus sei die Festsetzung ohne Rücksicht auf die Entstehung des Erstattungsanspruchs mit Ablauf des 31.12.2014 nicht mehr zulässig, da die Vorteilslage, die Anschlussmöglichkeit für das Grundstück an bereits hergestellte Anschlüsse, schon im Jahr 1994 bestanden habe.
- 1.
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den Bescheid der Beklagten vom 08.01.2018 betreffend die Kostenerstattung für den Grundstücksanschluss an die Wasserversorgungsanlage aufzuheben,
- 2.
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den Bescheid der Beklagten vom 08.01.2018 betreffend die Kostenerstattung für den Grundstücksanschluss an die Entwässerungseinrichtung aufzuheben,
- 3.
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den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … vom 16.01.2020 aufzuheben sowie
- 4.
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die Zuziehung der Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte ist der Ansicht, der Erstattungsanspruch entstehe nicht bereits mit Einlegen des Grundstücksanschlusses in das Grundstück, sondern erst mit der Anschlussnahme des Grundstücks im Rahmen seiner Bebauung. Zwar sei das Benutzungsrecht für die kommunalen Einrichtungen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zur Zeit der Herstellung der Blindanschlüsse entstanden, die Benutzungspflicht jedoch erst mit dem Hausbau des Klägers. Dies sei der maßgebliche Zeitpunkt für das Entstehen der Erstattungspflicht. Auch eine Vorteilslage sei erst mit der tatsächlichen Anschlussnahme entstanden.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 28.07.2021 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 S. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Die Bescheide der Beklagten vom 08.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes … vom 16.01.2020 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
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Die Festsetzung von zu erstattenden Kosten für den Anschluss des klägerischen Anwesens an die Wasserversorgungseinrichtung in Höhe von 258,48 EUR mit Bescheid der Beklagten vom 08.01.2018 sowie die Festsetzung von zu erstattenden Kosten für den Anschluss des klägerischen Anwesens an die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 2.757,80 EUR mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 08.01.2018 sind rechtmäßig.
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1. Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung bezüglich des Anschlusses an die Wasserversorgungseinrichtung ist § 8 der aufgrund von Art. 5, 8 und 9 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - erlassenen Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung der Beklagten vom 12.09.2017 - BGS-WAS.
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Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung bezüglich des Anschlusses an die Entwässerungseinrichtung ist § 8 der aufgrund von Art. 5, 8 und 9 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - erlassenen Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Beklagten vom 12.09.2017 - BGS-EWS.
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2. Die Voraussetzungen für die Festsetzung von zu erstattenden Kosten nach § 8 Abs. 1 BGS-WAS, Art. 9 Abs. 1 KAG in Höhe von 258,48 EUR und nach § 8 Abs. 1 BGS-EWS, Art. 9 Abs. 1 KAG in Höhe von 2.757,80 EUR liegen vor.
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Nach § 8 Abs. 1 BGS-WAS ist der Aufwand für die Herstellung der Grundstücksanschlüsse i. S. d. § 3 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung der Beklagen (Wasserabgabesatzung) vom 12.09.2017 - WAS - mit Ausnahme des Aufwands, der auf die im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse entfällt, in der jeweils tatsächlichen Höhe zu erstatten.
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Nach § 8 Abs. 1 BGS-EWS ist der Aufwand für die Herstellung der Grundstücksanschlüsse i. S. d. § 3 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Beklagten (Entwässerungssatzung) vom 12.09.2017 - EWS - mit Ausnahme des Aufwands, der auf die im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse entfällt, in der jeweils tatsächlichen Höhe zu erstatten.
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Bei den mit Bescheiden vom 08.01.2018 festgesetzten Beträgen handelt es sich um den Aufwand in tatsächlicher Höhe für die Herstellung der nicht im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse an die Wasserversorgungseinrichtung und die Entwässerungseinrichtung.
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Der zu erstattende Aufwand für die Herstellung des Grundstücksanschlusses an die Wasserversorgungseinrichtung ergibt sich aus der Kostenaufstellung zur Baumaßnahme K … Baugebiet … Straße, Wasserleitungshausanschluss für Bauplatz Nr., Fl.-Nr. aaa der … GmbH vom 05.12.1994 und der Kostenspaltung für diese Wasserleitung in Kosten vom Hauptrohr bis zur Grundstücksgrenze und Kosten ab der Grundstücksgrenze mit Umrechnung der jeweiligen Beträge in Euro.
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Der zu erstattende Aufwand für die Herstellung des Grundstücksanschlusses an die Entwässerungseinrichtung ergibt sich aus der Kostenaufstellung zur Baumaßnahme K … Baugebiet … Straße, Kanalhausanschluss für Bauplatz Nr., Fl.-Nr. aaa der …GmbH vom 06.12.1994 und der Kostenspaltung für diesen Kanal in Kosten vom Hauptrohr bis zur Grundstücksgrenze und Kosten ab der Grundstücksgrenze mit Umrechnung der jeweiligen Beträge in Euro.
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Diese Beträge sind der Entscheidung zugrunde zu legen, da die Richtigkeit der Kostenaufstellungen und Kostenspaltungen vom Kläger nicht substantiiert infrage gestellt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass aufgeführte Kosten tatsächlich nicht entstanden sind oder dass die Kostenspaltungen hinsichtlich der im Grundstück des Klägers liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse nicht zutreffend sind, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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3. Der Erstattungsanspruch ist nach § 8 Abs. 2 S. 1 BGS-WAS für den Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung und nach § 8 Abs. 2 S. 1 BGS-EWS für den Anschluss an die Entwässerungseinrichtung jeweils mit Fertigstellung der Bebauung des klägerischen Grundstücks zum 01.09.2017 entstanden.
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Nach § 8 Abs. 2 S. 1 BGS-WAS und § 8 Abs. 2 S. 1 BGS-EWS entsteht der Erstattungsanspruch mit dem Abschluss der jeweiligen Maßnahme. Darunter ist der technische Abschluss der Maßnahme zu verstehen (BayVGH, U.v. 10.8.2012 - 20 B 11.490 - juris Rn. 16 f.; U.v. 10.8.2012 - 20 B 11.491 - juris Rn. 15 f.; Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Stand Mai 2021, IV, Art. 9 Frage 13 Nr. 2). Der Kostenerstattungsanspruch entsteht aber erst dann, wenn die Anschlusspflicht für das betreffende Grundstück entstanden ist oder, bei nicht bestehender Anschlussverpflichtung, der Anschluss auf Betreiben des Grundstückseigentümers hergestellt wurde (BayVGH, U.v. 20.6.1991 - 23 B 88.1602 - BeckRS 1991, 09510; U.v. 24.7.1996 - 23 B 90.776 - juris Rn. 21; B.v. 2.2.2005 - 23 ZB 04.3500 - BeckRS 2005, 39608; B.v. 2.2.2005 - 23 ZB 04.3501 - BeckRS 2010, 45321; B.v. 2.2.2005 - 23 ZB 04.3503 - BeckRS 2005, 39609; B.v. 2.2.2005 - 23 ZB 04.3504 - BeckRS 2005, 39610; Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Stand Mai 2021, IV, Art. 9 Frage 13 Nr. 3.2). Denn erst mit Entstehen der jeweiligen Anschlusspflicht nach § 5 Abs. 1 WAS und § 5 Abs. 1 EWS oder der Nutzung eines Anschlussrechts stellt die Herstellung des Grundstücksanschlusses eine für den jeweiligen Grundstückseigentümer übernommene Pflicht der Beklagten nach § 9 WAS und § 8 EWS dar, für die dann ein Anspruch auf Ersatz von Kosten entsteht (vgl. BayVGH, U.v. 20.6.1991 - 23 B 88.1602 - BeckRS 1991, 09510). Sowohl aus der WAS und der BGS-WAS als auch aus der EWS und der BGS-EWS entstehen Pflichten der Eigentümer der im Anschlussgebiet liegenden Grundstücke insgesamt erst mit Entstehen einer Anschlusspflicht oder Inanspruchnahme eines Anschlussrechts.
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Hiernach entstand der jeweilige Erstattungsanspruch mit Fertigstellung der Bebauung des klägerischen Grundstücks. Der technische Abschluss der Herstellung der Grundstücksanschlüsse an die Wasserversorgungseinrichtung und die Entwässerungseinrichtung ist unstreitig bereits im Jahr 1994 mit Verlegung der Blindanschlüsse erfolgt. Die Pflicht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung entstand nach § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1 WAS erst mit erstmaliger Bebauung des klägerischen Grundstücks, da seit diesem Zeitpunkt auf dem Grundstück erstmals Wasser verbraucht wird (§ 5 Abs. 1 S. 1 WAS). Die Pflicht zum Anschluss an die Entwässerungseinrichtung entstand nach § 5 Abs. 1 S. 1 EWS, § 4 Abs. 1 EWS ebenfalls mit erstmaliger Bebauung des klägerischen Grundstücks.
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Dass der Erstattungsanspruch, wie vom Kläger geltend gemacht, bereits im Jahr 1994 entstanden sei, da nach der Rechtsprechung des BayVGH vom 10.08.2012 (s. o.) lediglich auf den technischen Abschluss der Maßnahme abzustellen sei, trifft nicht zu. Die weitere Voraussetzung einer Anschlusspflicht oder einer Herstellung des Grundstücksanschlusses auf Betreiben des Grundstückseigentümers wurde mit dieser Rechtsprechung nicht aufgegeben. Denn der Rechtsprechung lag jeweils ein Sachverhalt zugrunde, nach dem ein Erstattungsanspruch noch nicht entstanden war, weil eine vollständige technische Herstellung eines Grundstücksanschlusses aufgrund von Mängeln noch nicht vorlag (BayVGH, U.v. 10.8.2012 - 20 B 11.490 - juris Rn. 17.; U.v. 10.8.2012 - 20 B 11.491 - juris Rn. 16). Auf weitere Voraussetzungen des Entstehens eines Erstattungsanspruchs kam es in dieser Konstellation also nicht an.
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4. Der Kläger ist nach § 8 Abs. 2 S. 2 BGS-WAS, Art. 9 Abs. 2 KAG Schuldner des Erstattungsanspruchs für den Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung und nach § 8 Abs. 2 S. 2 BGS-EWS, Art. 9 Abs. 2 KAG Schuldner des Erstattungsanspruchs für den Anschluss an die Entwässerungseinrichtung.
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Nach § 8 Abs. 2 S. 2 BGS-WAS und § 8 Abs. 2 S. 2 BGS-EWS ist Schuldner des Erstattungsanspruchs, wer zum Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs Eigentümer des Grundstücks ist, wobei mehrere Schuldner Gesamtschuldner sind. Hiernach ist der Kläger jeweils Schuldner, da er bei Fertigstellung der Bebauung zum 01.09.2017 (s. o.) Eigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. aaa der Gemarkung K … gewesen ist. Er ist seit 28.01.2014 Miteigentümer zu ½.
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5. Die Festsetzungsfrist von 4 Jahren nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b lit. bb KAG i.V. m § 169 der Abgabenordnung - AO - war zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 08.01.2018 jeweils noch nicht abgelaufen. Sie begann nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b lit. cc KAG i.V. m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des 31.12.2017 und endet damit mit Ablauf des 31.12.2021, da der Erstattungsanspruch jeweils im Jahr 2017 mit Fertigstellung der Bebauung entstanden ist (s. o.).
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6. Die Festsetzung der Erstattungsansprüche war zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 08.01.2018 auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b lit. bb Spiegelstrich 1 KAG i.V. m § 169 AO unzulässig. Danach ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig.
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Mit Bescheiden vom 08.01.2018 wurden keine Beiträge i. S. d. Art. 5 KAG festgesetzt, sondern Kostenerstattungen i. S. d. Art. 9 KAG. Für die analoge Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b lit. bb Spiegelstrich 1 KAG auch auf Kostenerstattungen nach Art. 9 KAG fehlt eine planwidrige Regelungslücke, da sich die Regelung eindeutig nur auf Beiträge bezieht und damit eine Ausnahmevorschrift für diese darstellt.
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Darüber hinaus sind vor Erlass der Bescheide vom 08.01.2018 keine 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem eine Vorteilslage eintrat, abgelaufen. Eine Vorteilslage trat nicht bereits durch die Verlegung der Blindanschlüsse für die Grundstücksanschlüsse zur Wasserversorgungseinrichtung und zur Entwässerungseinrichtung im Jahr 1994, sondern erst im Rahmen der Bebauung des klägerischen Grundstücks ein. Denn aus dem Umstand, dass in dem Grundstück Fl.-Nr. aaa der Gemarkung K … bereits Blindanschlüsse lagen, ergab sich für die jeweiligen Eigentümer dieses Grundstücks solange kein Vorteil, bis diese Anschlüsse einer Nutzung zugeführt wurden. Die jeweiligen Grundstückseigentümer waren nicht bessergestellt als Eigentümer von Grundstücken im Anschlussgebiet, in die bisher keine Bildanschlüsse verlegt worden sind. Denn unabhängig davon, ob ein Grundstücksanschluss tatsächlich bereits verlegt wurde oder nicht, haben die jeweiligen Eigentümer des Grundstücks seitdem das Grundstück im Anschlussbereich der Wasserversorgungseinrichtung und der Entwässerungseinrichtung der Beklagten liegt nach § 4 Abs. 1, 2 S. 1 WAS und § 4 Abs. 1, 2 S. 1 EWS einen Anspruch auf Anschluss des Grundstücks.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung - ZPO.