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VG Bayreuth, Urteil v. 14.01.2021 – B 3 K 20.283
Titel:

Verwaltungsakt, Bescheid, Festsetzungsbescheid, Zwangsvollstreckung, Vollziehung, Hinterlegung, Gerichtsvollzieher, Vollstreckung, Erpressung, Kostenentscheidung, Wohnung, Zustellung, Aufhebung, Sozialleistungen, Kosten des Verfahrens, aufschiebende Wirkung, Aufgabe zur Post

Schlagworte:
Verwaltungsakt, Bescheid, Festsetzungsbescheid, Zwangsvollstreckung, Vollziehung, Hinterlegung, Gerichtsvollzieher, Vollstreckung, Erpressung, Kostenentscheidung, Wohnung, Zustellung, Aufhebung, Sozialleistungen, Kosten des Verfahrens, aufschiebende Wirkung, Aufgabe zur Post
Fundstelle:
BeckRS 2021, 44322

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Vollstreckung rückständiger Rundfunkbeiträge durch den Beklagten.
2
Der Kläger wird seit dem 01.01.2013 als Wohnungsinhaber beim Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio unter der Beitragsnummer … geführt.
3
Mit Festsetzungsbescheid vom 02.11.2017 setzte der Beklagte zu Lasten des Klägers für den Zeitraum vom 01.05.2017 bis 31.07.2017 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von 52,50 EUR zzgl. eines Säumniszuschlages in Höhe von 8,00 EUR fest.
4
Mit Festsetzungsbescheid vom 01.12.2017 setzte der Beklagte zu Lasten des Klägers für den Zeitraum vom 01.08.2017 bis 31.10.2017 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von 52,50 EUR zzgl. eines Säumniszuschlages in Höhe von 8,00 EUR fest.
5
Mit Festsetzungsbescheid vom 02.02.2018 setzte der Beklagte zu Lasten des Klägers für den Zeitraum vom 01.11.2017 bis 31.01.2018 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von 52,50 EUR zzgl. eines Säumniszuschlages in Höhe von 8,00 EUR fest.
6
Mit Schreiben vom 19.03.2018 wurde der Kläger im Hinblick auf den Betrag von insgesamt 181,50 EUR gemahnt und aufgefordert, diesen bis zum 02.04.2018 zu bezahlen.
7
Mit Festsetzungsbescheid vom 04.05.2018 setzte der Beklagte zu Lasten des Klägers für den Zeitraum vom 01.02.2018 bis 30.04.2018 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von 52,50 EUR zzgl. eines Säumniszuschlages in Höhe von 8,00 EUR fest.
8
Mit Schreiben vom 01.06.2018 ersuchte der Beklagte das Amtsgericht … um die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 05.2017 bis 01.2018 in Höhe von insgesamt 181,50 EUR. Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 30.06.2018 gegen das Schreiben des Gerichtsvollziehers vom 27.06.2018. Der Gerichtsvollzieher ordnete die Eintragung des Schuldners gemäß § 882 c Abs. 1 Ziffer 1 ZPO wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft an. Den Widerspruch des Klägers vom 03.08.2018 wies das Amtsgericht … mit Beschluss vom 08.08.2018 zurück (Az. …*). Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts … vom 08.08.2018 wies das Landgerichts … mit Beschluss vom 12.09.2018 zurück (Az. …*).
9
Mit Festsetzungsbescheid vom 02.09.2019 setzte der Beklagte zu Lasten des Klägers für den Zeitraum vom 01.05.2018 bis 31.07.2019 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von 262,50 EUR zzgl. eines Säumniszuschlages in Höhe von 8,00 EUR fest.
10
Mit Schreiben vom 17.10.2019 wurde der Kläger hinsichtlich des Betrages von 331,00 EUR gemahnt (Bescheide vom 04.05.2018 und 02.09.2019).
11
Der Beklagte ersuchte das Amtsgericht … mit Schreiben vom 03.01.2020 um Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum von 05.2017 bis 07.2019 in Höhe von insgesamt 547,82 EUR einschließlich eines Betrags in Höhe von 35,32 EUR für Kosten aus der Vollstreckung des Ersuchens vom 01.06.2018.
12
Mit Schreiben des Hauptgerichtsvollziehers vom 11.03.2020 wurde dem Kläger die gütliche Erledigung mit Zahlungsaufforderung angeboten. Zugleich wurde der Kläger hilfsweise zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 26.03.2020 geladen.
13
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 13.03.2020 an den Hauptgerichtsvollzieher und legte „Widerspruch“ ein. Auf die Begründung in diesem Schreiben wird verwiesen. Mit E-Mail vom 17.03.2020 führte der Hauptgerichtsvollzieher gegenüber dem Kläger u.a. aus, dass evtl. Einwendungen gegen die Forderungen durch Klage bei dem Verwaltungsgericht geltend zu machen seien. Es bestünden jedoch keinerlei Bedenken gegen die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Rundfunkgebührenerhebung. Eine Verfahrenseinstellung im Hinblick auf den Sachvortrag, der sich deutlich an die Argumentationskette der Reichsbürger anlehne, sei nicht angezeigt.
14
Mit Schreiben vom 17.03.2020 erhob der Kläger bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth Klage.
15
Er führte in diesem Schreiben aus, er erhebe Klage und stelle Strafanzeige gegen den Bayerischen Rundfunk/ und dem Betrugs- und Inkassounternehmen ARD,ZDF Deutschlandradio Beitragsservice und der Verantwortlichen wegen Betruges, Nötigung und Erpressung. Seine Daten würden missbraucht werden. Ihm entstünde erheblicher Schaden. Er erwäge auch eine Strafanzeige wegen Beleidigung gegen den Gerichtsvollzieher zu stellen.
16
Mit Schreiben vom 05.05.2020 führte der Kläger aus, dass seine Ehefrau und er für den Zeitraum vom 01.08.2017 bis 31.01.2020 von der Rundfunkbeitragspflicht befreit seien. Er fügte einen Bescheid des Beklagten vom 28.07.2017 bei, der an Frau …, …, … adressiert war (Beitragsnummer: …*). Aus diesem ergibt sich, dass Frau … für die Zeit vom 01.08.2017 bis 31.01.2020 gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht befreit wurde.
17
Weiter führte er aus, dass zwischen ihm und dem Beklagten kein Vertrag zustande gekommen sei. Der Staatsvertrag sei nicht rechtens und ungültig. Er verstoße gegen die Menschenrechte und füge jedem Menschen, der in einer Wohnung lebe, erheblichen wirtschaftlichen Schaden zu.
18
Der Beklagte ließ durch seine Bevollmächtigten mit Schreiben vom 28.04.2020 beantragen,
die Klage abzuweisen.
19
Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 12.05.2020 ausgeführt, der Kläger wende sich offensichtlich gegen die Zwangsvollstreckung gemäß den Vollstreckungsversuchen vom 03.01.2020 und den zugrundeliegenden, im Vollstreckungsversuchen aufgeführten Festsetzungsbescheiden. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, da die Vollstreckungsvoraussetzungen vorlägen. Es sei als eine Schutzbehauptung zu werten, dass den Kläger keinerlei Schriftverkehr des Beklagten erreicht habe. Aus der Verfahrenshistorie ergebe sich jeweils das Postauslieferungsdatum. Sowohl nach ständiger Rechtsprechung als auch bei lebensnaher Betrachtung folge, dass es nicht sein könne, dass sämtliche Schreiben den Kläger nicht erreicht hätten, obgleich wechselseitiger Schriftverkehr vorliege und keines der Schreiben als unzustellbar zurückgekommen sei. Im Übrigen seien Einwendungen gegen die zugrundeliegenden Bescheide im Vollstreckungsverfahren nicht mehr vorzubringen. Dies gelte auch für den Vortrag, die Ehefrau des Klägers sei befreit wegen Leistungen nach dem ALG II. Der Rundfunkbeitrag werde von Gesetzeswegen erhoben. Es komme nicht darauf an, ob das Angebot in Anspruch genommen werde oder Rundfunkempfangsgeräte vorgehalten würden. Es bestünde keinerlei Veranlassung, Strafanzeigen zu stellen, es bestünden auch keine Verstöße in datenschutzrechtlicher Hinsicht.
20
Mit Schreiben vom 18.05.2020 führte der Kläger aus, er gehe gegen die Zwangsvollstreckung und den Vollstreckungsversuchen des Beklagten vom 03.01.2020 vor und gegen die Festsetzungsbescheide. Die Vollstreckungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Der Beklagte könne keine Zustellungsnachweise vorlegen. Schon deshalb seien die Bescheide rechtswidrig. Der Rundfunkbeitrag sei illegal, er schade jedem Menschen wirtschaftlich. Er sei außerdem nicht Inhaber und Besitzer der Wohnung. Das Programmangebot sei „Mist“, es sei ein Programm für Menschen ab +70. Er wolle sich frei entscheiden, ob er das Rundfunkangebot nutze. Der Beklagte habe kein Recht, seine Daten zu speichern. Es sei außerdem davon auszugehen, dass es keinen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag gebe.
21
Auf Anfrage des Beklagten, ob der Kläger mit Frau … verheiratet sei und warum es sich um unterschiedliche Adressen im Schriftverkehr handele, gab der Kläger mit Schreiben vom 23.07.2020 u.a. an, er lebe mit seiner Ehefrau seit dem 14.12.2017 zusammen. Im März 2018 hätten sie eine gemeinsame Wohnung gefunden. In der Zeit von 2017 habe er bei seiner Ehefrau in der … gewohnt, da die jetzige Wohnung kernsaniert worden sei. Im Juli 2018 seien sie in die gemeinsame Wohnung in der … in … gezogen. Am 18.08.2018 hätten sie geheiratet. Sein Gehalt sei ab diesem Zeitpunkt zu 100% vom Jobcenter miteingerechnet worden. Der Kläger legte u.a. drei Bescheinigungen über Leistungsbezug zur Vorlage bei dem Beklagten des Jobcenters … Stadt vor (Datum vom 09.01.2020 (Leistungsbewilligungszeitraum 01.01.2020 - 29.02.2020), vom 06.04.2020 (Leistungsbewilligungszeitraum 01.03.2020 - 31.03.2020), vom 28.04.2020 (Leistungsbewilligungszeitraum 01.04.2020 - 31.08.2020)).
22
Mit Schreiben vom 17.12.2020 führte der Beklagte aus, dass eine Aufhebung der Festsetzungsbescheide nach Prüfung nicht in Betracht komme, es sei unbekannt, ob bei dem Kläger bei der Berechnung von Sozialleistungen seine Ehefrau berücksichtigt werde.
23
Der Beklagte verzichtete mit Schreiben vom 17.12.2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Der Kläger erklärte den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung im Schreiben vom 28.12.2020.
24
Mit Beschluss vom 13.01.2020 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen.
25
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Behörden- und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
27
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
28
1. Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Ausstandsverzeichnis vom 03.01.2020. Nachdem er keinen konkreten Antrag gestellt hat, ist sein Klagebegehren dahingehend auszulegen, dass der Beklagte verpflichtet werden soll, die Zwangsvollstreckung aus diesem Ausstandsverzeichnis für unzulässig zu erklären und einzustellen (§ 88 VwGO).
29
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären und einzustellen.
30
Nach Art. 7 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung rundfunkrechtlicher Staatsverträge - Ausführungsgesetz Rundfunk - AGRf - werden rückständige Rundfunkbeiträge nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV - sowie Zinsen, Kosten und Säumniszuschläge, die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i.V. m. den entsprechenden Satzungsregelungen zu entrichten sind, im Vollstreckungsverfahren nach den Vorschriften des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes beigetrieben. Hiernach können Verwaltungsakte, die auf die Leistung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung gerichtet sind, vollstreckt werden, wenn der Verwaltungsakt entweder unanfechtbar ist (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayVwZVG) oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung entfaltet (Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG) bzw. die sofortige Vollziehung angeordnet ist (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 BayVwZVG), die Verpflichtung zur Zahlung noch nicht erfüllt ist (Art. 19 Abs. 2 BayVwZVG), der zu vollstreckende Verwaltungsakt dem Leistungspflichtigen zugestellt worden ist (Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 BayVwZVG), die Forderung fällig ist (Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG) und der Leistungspflichtige gemahnt wurde (Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 BayVwZVG). Außerdem muss eine Vollstreckungsanordnung vorliegen, die den Anforderungen des Art. 24 BayVwZVG genügen muss.
31
Die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes wird im Vollstreckungsverfahren jedoch grundsätzlich nicht mehr geprüft. Nur nach Maßgabe des Art. 21 BayVwZVG hat der Schuldner im Vollstreckungsverfahren die Möglichkeit, materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch geltend zu machen. Gemäß Art. 21 Satz 2 VwZVG sind derartige Einwendungen jedoch nur zulässig, soweit die geltend gemachten Gründe erst nach Erlass des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes entstanden sind (z.B. Erfüllung, Verzicht bzw. Erlass oder Stundung der Forderung) und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können.
32
Im vorliegenden Fall sind alle Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt.
33
a. Dem Kläger sind insbesondere die der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen vom 03.01.2020 zugrundeliegenden Bescheides des Beklagten vom 02.11.2017, 01.12.2017, 02.02.2018, 04.05.2018 und 02.09.2019 ordnungsgemäß zugestellt worden. (Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 BayVwZVG).
34
Die Zustellung des der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegenden Leistungsbescheides richtet sich nach Art. 1 bis 17 BayVwZVG. Es ist mithin die Zusendung von schriftlichen Bescheiden durch einfachen verschlossenen Brief gemäß Art. 17 Abs. 1 BayVwZVG möglich. Gemäß Art. 17 Abs. 2 BayVwZVG gilt bei der Zusendung durch einfachen Brief die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt. Auf der bei den Akten verbleibenden Urschrift ist der Tag der Aufgabe zur Post zu vermerken. Nach Art. 17 Abs. 4 Satz 2 BayVwZVG können bei der Zustellung maschinell erstellter Bescheide - wie vorliegend der Fall - an Stelle des Vermerks die Bescheide nummeriert und die Absendung in einer Sammelliste eingetragen werden. Der Beklagte hat vorliegend die Voraussetzungen der gesetzlichen Zugangsvermutung des Art. 17 Abs. 2 VwZVG nachgewiesen. Er hat insbesondere durch die Vorlage der sogenannten Postauslieferungsvermerke aus der History-Aufstellung des Rundfunkbeitragskontos des Klägers und durch Vorlage der entsprechenden Bescheidsabdrucke (enthalten in der vorgelegten Verwaltungsakte) nachgewiesen, dass er den Festsetzungsbescheid vom 02.11.2017 am 10.11.2017, den Festsetzungsbescheid vom 01.12.2017 am 07.12.2017, den Festsetzungsbescheid vom 02.02.2018 am 13.02.2018, des Festsetzungsbescheid vom 04.05.2018 am 14.05.2018 und den Festsetzungsbescheid vom 02.09.2019 am 04.09.2019, jeweils versehen mit der korrekten Anschrift des Klägers, der Post als einfachen Brief zur Beförderung übergeben hat und dass keiner dieser Beitragsbescheide als unzustellbar zurückgekommen ist. Unter diesen Umständen kann von einer wirksamen Bekanntgabe der Bescheide ausgegangen werden. Irgendwelche konkreten, schlüssig dargelegten oder glaubhaft gemachten Umstände, die diesen Beweis des ersten Anscheins hätten erschüttern können und die es zumindest als naheliegend erscheinen ließen, dass es eben doch nicht zu dem Zugang der Bescheide gekommen ist, hat der Kläger nicht einmal im Ansatz vorgetragen. Angesichts des Umstandes, dass dem Kläger die Schreiben des Gerichtsvollziehers sowohl unter seiner damaligen Anschrift in … und nunmehr unter seiner aktuellen Adresse zugegangen sind, erscheint es in hohem Maße unwahrscheinlich, dass alle fünf Bescheide im Postbetrieb verloren gegangen sein könnten. Der Kläger hat vorliegend lediglich pauschal und substanzlos bestritten, die fünf Festsetzungsbescheide nicht erhalten zu haben.
35
b. Gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayVwZVG sind die Festsetzungsbescheide auch bestandskräftig geworden.
36
Nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Damit gilt der Bescheid vom 02.11.2017 (zur Post gegeben am 10.11.2017) als am 13.11.2017, der Bescheid vom 01.12.2017 (zur Post gegeben am 07.12.2017) als am 10.12.2017, der Bescheid vom 02.02.2018 (zur Post gegeben am 13.02.2018) als am 16. 02.2018, der Bescheid vom 04.05.2018 (zur Post gegeben am 14.05.2018) als am 17.05.2018 und der Bescheid vom 02.09.2019 (zur Post gegeben am 04.09.2019) als am 07.09.2019 bekannt gegeben. Da der Kläger gegen diese Bescheide innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe weder fristgemäß Widerspruch eingelegt, noch Klage erhoben hat, sind die o.g. Bescheide im Zeitpunkt des Vollstreckungsersuchens allesamt bestandskräftig gewesen.
37
Im Übrigen hätten Rechtsbehelfe gegen diese Beitragsbescheide, da sie gemäß § 80 Abs. 2 Nr.1 VwGO sofort vollziehbar sind, auch keine aufschiebende Wirkung gehabt (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG).
38
c. Nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG waren die mit diesen Bescheiden festgesetzten Rundfunkbeiträge auch fällig, weil der Rundfunkbeitrag gemäß § 7 Abs. 3 RBStV kraft Gesetzes monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist. Der Kläger ist zudem mit Schreiben vom 19.03.2018 und 17.10.2019 gemäß Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 BayVwZVG ergebnislos gemahnt worden.
39
d. Der Kläger hat seine Verpflichtung zur Zahlung der in diesen Bescheiden geltend gemachten Rundfunkbeiträge nicht erfüllt (Art. 19 Abs. 2 BayVwZVG).
40
e. Schließlich genügt das Vollstreckungsersuchen des Beklagten vom 03.01.2020 auch den formellen Anforderungen des Art. 24 BayVwZVG.
41
Die Vollstreckungsvoraussetzungen lagen damit alle vor.
42
Soweit der Kläger sich allgemein gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags wendet und meint, er hätte für die maßgeblichen Zeiträume befreit werden müssen, ist auszuführen, dass diese Einwendungen gegen die zugrundeliegenden Bescheide im Vollstreckungsverfahren nicht mehr geprüft werden.
43
Lediglich ergänzend führt das Gericht hierzu aus, dass Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrages der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV ist. Dieser ist, in Ansehung der Rechtsprechung des EuGH mit Urteil vom 13.12.2018, Az. C-492/17, europarechtskonform. Auch an dessen Verfassungsmäßigkeit hat das Gericht nach seiner ständigen Rechtsprechung in Bezug auf Erstwohnsitze keinen Zweifel. Diesbezüglich wird auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.07.2018, Az. 1 BvR 1675/16, und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 18.03.2016, Az. 6 C 6.15, die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH) vom 15.05.2014, Az. Vf 8-VII-12, Vf. 24-VII-12, und die Urteile des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 13.05.2014, Az. VGH B 35/12, des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 03.03.2016, Az. 2 S 986/15, sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 19.06.2015, Az. 7 BV 14.1707, vom 21.07.2015, Az. 7 BV 14.1772, vom 30.10.2015, Az. 7 BV 15.344, und vom 08.04.2016, Az. 7 BV 15.1779, verwiesen. Die Einzelrichterin schließt sich diesen Entscheidungen, die sich auch ausführlich mit den damit verbundenen Rechtsfragen auseinandergesetzt haben, an.
44
Deshalb stellen die Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags eine taugliche, verfassungs- und europarechtskonforme Grundlage zur Erhebung des Rundfunkbeitrags dar.
45
Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist im Übrigen nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob etwaige Programmkritik bzw. etwaige Vorwürfe hinsichtlich der Ausgewogenheit des Programminhaltes zutreffen. Solches lässt die Rundfunkbeitragspflicht selbst unberührt. Es ist Aufgabe der hierzu berufenen Gremien, insbesondere der Programmkommission und der Rundfunkräte, über die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen und erforderlichenfalls entsprechend Einfluss, etwa auf die Programmgestaltung zu nehmen (vgl. VG Schleswig, U.v. 18.12.2017 - 4 A 207/16 - BeckRS 2017, 139412, beck-online; VG München, U. v. 3.8.2016 - M 26 K 16.60 -, juris, Rn. 38 m. w. N.). Sollten die hierzu berufenen Gremien ihren Kontrollpflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen, stehen entsprechende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung (s. etwa Beschwerde nach Art. 19 Bayerisches Rundfunkgesetz - BayRG). Es gibt kein subjektiv-öffentliches, einklagbares Recht auf eine bestimmte Berichterstattung in Presse, Rundfunk oder Fernsehen. Unter sehr engen Voraussetzungen mag es möglich sein, eine Berichterstattung zu unterbinden, etwa, wenn sie zu irreparablen Verletzungen der Persönlichkeitsrechte führen würde. Umgekehrt besteht aber kein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Berichterstattung.
46
Soweit der Kläger meint, er hätte für den streitigen Zeitraum befreit werden müssen, kann er hiermit nunmehr ebenfalls nicht durchdringen. Ausweislich des Akteninhalts ist dem Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum keine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gewährt worden. Die im Rahmen des Klageverfahrens mit Schreiben vom 23.07.2020 vorgelegten Bescheinigungen des Jobcenters … Stadt betreffen erst den Zeitraum ab 01.01.2020.
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Der Beklagte hatte in diesem Verfahrensstadium auch nicht mehr zu prüfen gehabt, ob sich die der Frau … mit Bescheid vom 28.07.2017 gewährte Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 RBStV auf den Kläger erstreckt (§ 4 Abs. 3 RBStV). Denn wie bereits oben ausgeführt, sind die Festsetzungsbescheide bestandskräftig geworden. Zwar war der Beklagte kulanzweise bereit, eine entsprechende Prüfung vorzunehmen. Die Angaben des Klägers konnten jedoch offenbar nicht zu einer Erledigung des Rechtsstreits führen.
48
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
49
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO
50
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.