Titel:
Nachbarklage gegen Hotelneubau – Gemengelage
Normenketten:
BauNVO § 11, § 15 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Leitsätze:
1. Grenzen ein gewerblich genutztes und ein zum Wohnen dienendes Gebiet aneinander, ist es unter Berücksichtigung der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich, dass die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert erhöht werden. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um das arithmetische Mittel handeln. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Bestimmtheitsgebot (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) wird nur dann verletzt, wenn Nachbarn nicht zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie von einem Vorhaben betroffen sind. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sondergebiet Fremdenverkehr, Gemengelage, Nachbarklage, Unterschreitung der Lärmwerte für ein Allgemeines, Wohngebiet durch Hotelbetrieb, Unterschreitung der Lärmwerte für ein Allgemeines Wohngebiet durch Hotelbetrieb, TA-Lärm, Gebot der Rücksichtnahme, Zwischenwert, Bestimmtheit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.09.2022 – 2 ZB 21.1815
Fundstelle:
BeckRS 2021, 43174
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerinnen wenden sich gegen die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Hotels mit Wellness und Therapie „Der W.“.
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Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen des Grundstücks FlNr. …, das getrennt durch die dort in einer Kurve verlaufende O.-G.-Straße und höher am Hang liegend nordöstlich des Baugrundstücks im unbeplanten Innenbereich liegt. Das Grundstück ist im nördlichen Bereich mit einem Wohnhaus bebaut, an das im südlichen Teil des Grundstücks die Gartenfläche angrenzt. Die O.-G.-Straße umschließt wegen des kurvigen Verlaufs das Grundstück der Klägerinnen halbmondartig.
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Der Beigeladene zu 1 (im Folgenden: Bauherr) ist Eigentümer des Baugrundstücks FlNr. …, das südwestlich des Grundstücks der Klägerinnen liegt und von diesem durch die O.-G.-Straße getrennt wird. Das Vorhabengrundstück liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Sondergebiet Fremdenverkehr. Auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. … „W.“ in der Fassung vom 27. April 2005 wurde mit Bescheid vom 27. April 2005 die Nutzungsänderung der früher in dem Bestandgebäude befindlichen Klinik zu einem Hotel G. genehmigt. Mit Bescheid vom 14.September 2015 genehmigte der Beklagte einen Ersatzbau des Haupt- und Mittelgebäudes mit Modernisierung des Rückgebäudes. Aktuell ist das Baugrundstück mit dem Hotel „Der W.“ bebaut, das 43 Zimmer hat. Die Zufahrt zum Hotel liegt südlich der Kurve und der FlNr. … in der Verlängerung der O.-G.-Straße.
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Wegen des bestehenden Hotels wurden in der Vergangenheit zahlreiche Verwaltungsgerichtsverfahren als Nachbarklagen, durchgeführt, alle im Wesentlichen gestützt auf Lärm. Die Kammer hat im Zusammenhang mit Verwaltungsgerichtsverfahren wegen einer Terrasse an der Seeseite und geplanten Änderungen des Bestands zwei Augenscheintermine durchgeführt, aufgrund derer Gelände des Hotels und die Lage der Nachgrundstücke in allen Einzelheiten bekannt sind. In den diesem vorausgehenden Gerichtsverfahren der Klägerinnen und weiterer Nachbarn wurde - bestätigt durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - festgestellt, dass für die hier vorliegende Gemengelage nach der TA Lärm die Lärmgrenzwerte eines Allgemeinen Wohngebiets maßgeblich sind, da die angrenzende Wohnbebauung zwar als faktisches reines Wohngebiet zu beurteilen ist, aber an ein Sondergebiet Fremdenbeherbergung grenzt (BayVGH. U.v.28.6.2012 2 B 10.788).
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Der Bauherr hat am 17. Juni 2019 den hier verfahrensgegenständlichen Bauantrag für den Neubau eines Hotels mit 134 Gästezimmern (270 Betten) mit einer Tiefgarage für 190 Stellplätze und einem Wellnessbereich gestellt. Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des neuen vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. … „W.“, der am 5. Juni 2020 in Kraft getreten ist. Das gemeindliche Einvernehmen wurde am 8. Juni 2020 erteilt.
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Ausweislich der genehmigten Bauvorlagen sind 2 Hauptgebäude und 12 Chalets geplant. In den Hauptgebäuden sollen der Wellnessbereich (E02), das Restaurant und ein Saal (E03), 24 Zimmer und Tiefgaragenplätze (E04), 30 Zimmer und Tiefgaragenplätze (E05), 1 Innenhof mit Lounge (E06), die Einfahrt und ein Gastronomiebereich sowie Zimmer (E07), 9 Bergzimmer und die Verwaltung (E08) und Personalsowie Betriebsleiterräume und weitere Zimmer (E09 und E010) entstehen. Geplant sind zwei verbundene Hauptgebäude, die an den Hang gebaut werden. Zwischen den halbrundförmig angeordneten Chalets im Süden/Südosten und den davon nördlich liegenden Hauptgebäuden befindet sich der Poolbereich. Der Haupteingang liegt im Osten auf der Ebene E07 mit Rezeption und Küchentrakt. Oberirdisch sollen nur noch drei Stellplätze für An- und Abreisende vor dem Haupteingang errichtet werden, die über die bereits bestehende (südliche) Zufahrt angefahren werden. Die neue (nördliche) Zufahrt zur Tiefgarage soll über einen öffentlich-rechtlich gewidmeten Eigentümerweg etwas oberhalb der Kurve der O.-G.-Straße auf Höhe und gegenüber der FlNr. … führen und die jetzt südlich dieses Grundstücks verlaufende Zufahrt zum Hotelgelände ersetzen. Die Balkone/Terrassen vor den Gästezimmern und vor den Chalets sind talseitig Richtung See nach Westen ausgerichtet. Hinsichtlich der genauen Lage und Maße wird auf die Übersichtspläne und den genehmigten Eingabeplan, Ansicht Nord und Süd sowie Ansicht Ost und West mit Fotomontage verwiesen.
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Der Bauherr hat im Baugenehmigungsverfahren ein Betriebskonzept vom 17. Juni 2019 vorgelegt, auf das Bezug genommen wird. Danach soll ein 5 Sterne Hotel entstehen mit Hauptrestaurant, Themenrestaurant, zwei Bars, einem Veranstaltungsbereich für Tagungen, Seminare sowie Familienfeiern, zwei Hotelshops sowie einem Wellness- und Spa-Bereich mit Soft-Medicalabteilung. Alle emissionsrelevanten Aggregate und Lüftungsöffnungen der haustechnischen Anlagen und der Tiefgarage sollen auf die von der Nachbarschaft abgewandte Seite des Hotels kommen. Bei einer Vollauslastung seien rund 124 Mitarbeiter als Stammbesetzung im Schichtbetrieb tätig. Das Hauptrestaurant verfüge über 160 Plätze und schließe um 22.00 Uhr. Das Themenrestaurant habe 65 Plätze und habe eine Terrasse mit 50 Plätzen. Es sei nur am Abend für Hotelgäste von 18.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Die Piano-Bar habe 80 Plätze mit einer Tanzfläche und einer Terrasse mit 50 Plätzen und sei ab 18.00 Uhr für Hotelgäste geöffnet. Die Lobby-/Tapas-Bar liege in der Nähe des Hauptrestaurants, habe 90 Plätze und sei für Hotelgäste von 11.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Die Poolbar mit Spa- und Wellnessbereich sei nur zu den Öffnungszeiten des Spa bis 20.00 Uhr offen. Der teilbare Saal und die beiden Seminarräume dürften ausschließlich von den Hotelgästen genutzt werden und lägen talseitig abseits der Nachbarbebauung. Rezeption und Lobby seien 24 Stunden besetzt. Die Läden an der Lobby seien bis 20.00 Uhr geöffnet. Gymnastik- und Fitnessraum können 24 Stunden genutzt werden. Die Bereiche für An- und Ablieferung seien von der nachbarschaftlichen Bebauung abgewandt untergebracht und würden überbaut bzw. mit Wänden abgeschottet. Feste Lieferzeiten mit Lieferanten würden vereinbart. An durchschnittlichen Tagen müsste mit maximal 3 bis 5 Lkw-Anlieferungen (7,5 t) für Getränke, Nahrungsmittel, Müll und Wäsche sowie mit bis zu 6 Anlieferungen durch Lieferwagen (Paketdienst, Post usw.) gerechnet werden. Der Warenumschlag mit Lkw dauere in der Regel höchstens zwei Stunden und der mit Lieferwagen durchschnittlich 10 Minuten.
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Ebenfalls durch den Bauherrn vorgelegt wurde im Zusammenhang mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … eine schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung des Ingenieurbüros G. vom 11. April 2019, auf die Bezug genommen wird. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass am Grundstück der Klägerinnen, dem IO₂, ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) tags und 38 dB(A) nachts vorliege (Tabelle 3, S. 13 des Gutachtens). Zulässig seien unter Zugrundelegung des Schutzanspruchs eines allgemeinen Wohngebiets 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts. Dies bedeute, dass die Tagwerte um 10 dB(A) und die Nachwerte um 2 dB(A) unterschritten seien, da im Hinblick auf die Gemengelage für die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerinnen der Schutzanspruch nach der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete anzusetzen sei. Da die erforderlichen Mindestabstände eingehalten seien, werde das Maximalpegelkriterium während der Nachtzeit gemäß der Parkplatzlärmstudie eingehalten.
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Zugrunde gelegt wurde die geänderte neue Zufahrt zur Tiefgarage über die nach Westen verlängerte Straße mit Wendehammer und Stellplatz für 1 Bus als öffentlich-gewidmeter Eigentümerweg. Die jetzige Hotelzufahrt stehe nur während der Tagzeit zur Verfügung. Angenommen wurden unter Annahme der höchsten Frequentierung nach der Parkplatzlärmstudie für die Tiefgarage und die drei Stellplätze vor der Rezeption 302 Parkbewegungen tags und 16 nachts. Zugrunde gelegt wurden täglich 50 ankommende Gäste auf der bisherigen Zufahrt zu den drei Kurzzeitstellplätzen, 5 Lkw-Anlieferungen mit Rangieren, Be- und Entladen über zwei Stunden sowie 6 Lieferwagenfahrten mit Be- und Entladen von jeweils zehn Minuten und ein zweimal täglich und einmal nachts stattfindender Busverkehr zum Parkplatz im Bereich des Wendehammers. Für Personalfahrten, Shuttleverkehr und Taxi wurde ein Zuschlag gemacht und als Emissionsansatz 500 Parkbewegungen tags, davon 20% in den Ruhezeiten und von bis zu 40 Bewegungen nachts während der lautesten Nachstunde zugrunde gelegt. Der für den Impulshaltigkeitszuschlag notwendige Mindestimmissionsabstand, der nach der Parkplatzlärmstudie 19 m zum Immissionsort betragen müsse, betrage hier 37 m Minimum. Weiterhin werde ein Zuschlag von 3 dB(A) für Restaurant, Terrassen und Liegefläche des Pools und die Terrassen der Zimmer gemacht; dies entspräche dem Informationszuschlag eines Freibads bzw. eines ruhigen Biergartens. Zugrunde gelegt werde für das Restaurant nach 22.00 Uhr die halbe Besetzung. Ebenfalls berücksichtigt wurde der Schotterweg zu den Chalets mit zehn Fahrten täglich mit Einkaufswagen/Rollkoffern. Wegen der Übernachtung im Hotel entstehe durch die Nutzung der Konferenzräume mit ca. 150 Gästen im Regelbetrieb kein zusätzlicher Verkehr.
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Der anlagebezogene Verkehr nach 7.4 der TA Lärm mit 740 Fahrzeugen tags (davon 25 Lkw) und 80 Fahrzeugen nachts unter Berücksichtigung der 10%-igen Steigung ergäbe unter Berüc,ksichtigung des Ergebnisses der Prognose am Wohnhaus der Klägerinnen, dem IO₂ Immissionsgrenzwerte von 56 dB(A) tags und 48 dB(A) nachts; zulässig seien 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts. Schallschutzmaßnahmen hinsichtlich der Haustechnik, Gestaltung und Einhausung der Zufahrt, der Fensteröffnung in der Hotelanlage mit Restaurant und Saal wurden vorgeschlagen sowie eine zeitliche Begrenzung der Nutzung der (bestehenden) südlichen Zufahrt zur Rezeption nur bis 21.45 (Bl. 16 des Gutachtens).
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Der Technische Umweltschutz nahm am 21. November 2019 Stellung . Die Auflagen des Schallgutachten G. gewährleisteten die Einhaltung der Werte für ein allgemeines Wohngebiet. Es läge eine Gemengelage vor. Zu beauflagen sei, dass durch alle Emissionen inklusive des Liefer- und Kundenverkehrs 55 dB(A) bei Tag und 40 dB(A) bei Nacht in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr einzuhalten seien. Dies sei nach dem Schallgutachten G. möglich. Weitere Auflagen wurden vorgeschlagen (Bl.63 ff BA)
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Mit Bescheid vom 9. Juni 2020 genehmigte das Landratsamt das Bauvorhaben unter Auflagen. Die Betriebsbeschreibung vom 17. Juni 2019 und das Gutachten G. vom 11. April 2019 wurden zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht mit der Maßgabe, dass keine weitergehenden Regelungen getroffen werden (Nr. 1.1). Am jeweiligen IO seien die Lärmgrenzwerte von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts einzuhalten (Nr. 1.3.). Als Maximalpegel seien Geräuschspitzen mit Überschreitungen um 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts zulässig, Nr. 2.8, 6.1 TA Lärm (Nr. 1.4). Weiter beauflagt wurde die Hintergrundmusik, Live-Musik mit Anzeigeverpflichtungen, Untersagung lärmintensiver Arbeiten, Raucherecken und Terrassennutzung, Beschränkungen des Lieferverkehrs, Nutzung der Hotelzufahrt im Osten, die Rolltore und die Einhausung der Tiefgaragenrampe (Nrn.1.8 bis 1.17) entsprechend der Stellungnahme des Technischen Umweltschutzes. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
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Der Bevollmächtigte der Klägerinnen erhob mit Schriftsatz vom 9. Juli 2020 Klage und beantragte mit weiterem Schriftsatz vom 29. September 2020:
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Aufhebung des Bescheids.
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Die Situation der Klägerinnen verschlechtere sich, da aktuell lediglich der südliche Bereich des Gartens vom Zu- und Abfahrtsverkehr betroffen sei. Es liege ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme durch Lärm vor. Ausweislich der Baugenehmigung werde die weitere Hauptzufahrt deutlich nördlicher und westlich des Grundstücks der Klägerinnen direkt nach der Kurve errichtet. Dies bedeute mehr Lärm durch Straßenverkehr. Der Zufahrtsbereich sei abschüssig in Richtung des Wendehammers und habe eine Stützmauer an der Bergseite im Norden auf dem Vorhabengrundstück, was weiteren Lärm auslöse. Unabweisbare schutzwürdige Interessen des beigeladenen Bauherrn bestünden nicht. Das Schutzbedürfnis der Klägerinnen sei hoch, da es sich bei ihrem Grundstück um ein reines Wohngebiet handle. Die Stellplätze überschritten den Bedarf. Die verlängerte Zufahrtsstraße sei auf mittlerer Höhe des klägerischen Grundstücks im Ruhe- und Gartenbereich, der wegen der Rechtskurve von der O.-G.-Straße fast vollständig eingeschlossen sei und das in Zukunft zusätzlich durch den Zu- und Abfahrtsverkehr des Hotels umfahren werde. Maßgeblich seien hier die Werte für ein reines Wohngebiet. Tatsächlich würden hier tags 49,1 dB(A) bis 49,9 dB(A) und nachts 41,2 dB(A) bis 42 dB(A) als Emissionspegel erreicht. Die Baugenehmigung verletze den Bestimmtheitsgrundsatz, da offenbleibe, ob die Genehmigung den nachbarschützenden Vorschriften entspreche. Eine E-Mail vom 2. Dezember 2019, auf die Bezug genommen werde, fehle. Die Auflagen, insbesondere die Nrn.1.8 - 1.10, 1.15 und 1.23 bezüglich der Musik seien zum Schutz der Nachbarn nicht ausreichend, nicht bestimmt genug und nicht hinreichend inhaltlich bestimmbar. Dies gelte auch für Die Regelungen über Verladetätigkeit, lärmintensive Arbeiten im Freien, Nutzung der Stellplätze, Raucherbereiche, Terrassennutzung, Lieferzeiten, Saalnutzung mit Fensterschließung, Hotelshops, Arbeitszeiten des Personals mit Verkehrslärm und Detailregelungen zu den seltenen Ereignissen.
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Der Beklagte nahm mit Schreiben vom 30. Dezember 2020 Stellung und beantragte,
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe bereits am 28. Juni 2012 - 2 B 10/788 entschieden, dass nach 6.7 der TA Lärm wegen der Gemengelage ein allgemeines Wohngebiet vorliege. Die Anforderungen der Nr. 7.2 TA Lärm für seltene Ereignissen seien in der Auflage Nr. 1.9 aufgenommen worden. Bei diesen betrage der mittlere Innenpegel für größere Veranstaltungen 100 dB(A). Dieser um 5 dB(A) höhere Richtwert erlaube einen um Faktor 3 höheren An- und Abfahrtsverkehr. Es sei gängige Praxis, dass die Fenster bei solchen Veranstaltungen geschlossen blieben. Die beiden Hotelläden hätten nur Tagbetrieb. Laufkundschaft gäbe es nachts nicht. Der Schichtwechsel des Personals müsse die Auflagen hinsichtlich des An- und Abfahrtverkehrs bei der Einteilung der Schichten berücksichtigen. Die Auflagen 1.8, 1.10, 1.11, 1.14 und 1.15 seien detailliert und klar verständlich im Interesse des Nachbarschutzes angeordnet worden. Die Lieferzeiten hätten ein klares Zeitfenster und die in den Plänen eingezeichnete bereits bestehende östliche Zufahrt zu den drei Stellplätzen an der Rezeption sei zeitlich beschränkt worden. Obwohl der Terrassenbetrieb ausweislich des Lärmgutachtens in Teilen bis 23.00 Uhr möglich wäre, sei der Betrieb auf 22.00 Uhr einschließlich der Aufräumarbeiten beschränkt worden. Die in 1.1 der Auflagen angeführte E-Mail sei die einzige in der Akte und im Rahmen der Akteneinsicht jederzeit einsehbar.
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Der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 1 nahm mit Schriftsatz vom 1. März 2021 Stellung und beantragte,
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Die Baugenehmigung sei weder in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt noch werde das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme durch Lärm verletzt. Die von der geplanten Hotelanlage ausgehenden Lärmemissionen bzw. Lärmimmissionen überschritten die Zumutbarkeitsschwelle nicht, da für das klägerische Grundstück als maßgeblicher Emissionsort die in allgemeinen Wohngebieten geltenden Immissionsrichtwerte anzusetzen seien, Ziff. 6.1 TA Lärm. Vorliegend grenze ein gewerblich genutztes und ein zum Wohnen dienenden Gebiet aneinander. Bereits in früheren Verfahren sei in Urteilen vom 23. November 2016 umfassend zur hier vorliegenden Gemengelage Stellung genommen worden (M 9 K 15.4601, M 9 K 15.4614 und M 9 K 15.4561). An dieser Gemengelage habe sich nichts geändert, da schon vor der Nutzungsänderung des Komplexes von einer Klinik zu einem Hotel Garni im Jahre 2005 eine solche Gemengelage nach Ziff. 6.7 TA Lärm bestand. Unter Berücksichtigung der Historie und des Bebauungsplans Nr. … „W.“ in der Fassung vom 5. Februar 1998 sei die spätere klägerische Wohnbebauung an einen bereits damals bestehenden Gewerbebetrieb herangerückt. Ausweislich des Gutachtens vom 11. April 2019 in Verbindung mit der Betriebsbeschreibung vom 17. Juni 2019 werden die Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet eingehalten und am maßgeblichen Emissionsort des klägerischen Grundstücks tagsüber um 10 dB(A) und nachts um 2 dB(A) unterschritten. Die Einhaltung der entsprechenden Immissionswerte sei beauflagt. Weitere Auflagen zur Geräuschminimierung seien gemacht worden. Der zu erwartende Zu- und Abfahrtsverkehr finde im öffentlichen Straßenraum statt, Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm. Es seien keine Summenpegel aus Gewerbelärm und Straßenverkehr zu bilden (z.B. BayVGH B.v. 18.8.2016 - 15 B 14.1624). Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm, wonach Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden sollen, sei gewahrt. Nach den konkret ermittelten An- und Abfahrtsverkehr stehe fest, dass der für den Verkehr geltende Grenzwert der 16. BImSchV tagsüber um 3 dB(A) und nachts um 1 dB(A) unterschritten werde, weshalb keine Verpflichtung zur Durchführung von Minderungsmaßnahmen nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm bestehe. Die von den Klägern angeführte Geräuschbelastung an ihrem Grundstück von 49,1 dB(A) bis 49,9 dB(A) tags und 41,2 dB(A) bis 42 dB(A) nachts seien die Berechnungsergebnisse zum Verkehrslärm auf öffentlichen Verkehrsflächen nach dem Gutachten vom 11. April 2019 (Anhang B) und nicht die nach der TA Lärm maßgeblichen Werte. Die Zweifel der Klägerinnen an der Durchführung des Shuttleservice sowie einer Nutzung der Tiefgarage ausschließlich durch Hotelgäste seien nicht belegt. Der Vortrag einer Überschreitung des Bedarfs durch die Anzahl der zugelassenen Stell- und Garagenplätze beträfe keine drittschützende Rechtsposition, da sich daraus keine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte bei den Klägerinnen ergebe. Alle betriebsbezogenen Verkehrsgeräusche bei der An- und Ablieferung als auch An- und Abfahrten des Personals seien im Gutachten mitberücksichtigt worden. Die Einwände der Klägerinnen hinsichtlich der Balkonnutzung bis 22.00 Uhr, der Nutzung der Anlage durch Hotelgäste und des Kurzzeitparkens an der Rezeption beträfen nicht die Genehmigung, sondern allenfalls deren Vollzug. Auch die Auflage Nr. 1.8 hinsichtlich des Musiklärms berücksichtige die nachbarlichen Belange und lege fest, dass ausschließlich Hintergrundmusik zulässig sei und die Verstärkeranlage so reguliert werden müsse, dass die Immissionsrichtwerte durch den Teilbeurteilungspegel für Musiklärm unterschritten würden. Damit werde nachbarschützenden Interessen hinreichend Rechnung getragen und der Vollzug durch Auflage Nr. 1.26 gewährleistet, wonach gegebenenfalls die Vorlage eines Messbereichs gefordert werden könne. Live-Musikveranstaltungen seien grundsätzlich nach Ziff. 7.2 TA Lärm als seltene Ereignisse zulässig und die angeordnete Vorabanzeigepflicht eröffne eine gesetzlich nicht vorgesehene Kontrollmöglichkeit, die über die Regelung in Ziff. 7.2 TA Lärm hinausgehe. Solche Veranstaltungen seien nicht Teil des Regelbetriebs, da dies nicht das Wesen eines Hotelbetriebs mit Wellnessbereich sei. Soweit vorgetragen werde, die Auflage Ziff. 1.10 über lärmintensive Arbeiten im Freien stehe im Widerspruch zur Auflage Ziff. 1.14, wonach der Lieferverkehr für lärmintensive Ladetätigkeiten auf 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr beschränkt werde, stelle dies kein Widerspruch dar. Der Regelungsbereich sei unterschiedlich. Im Übrigen sei die Baugenehmigung auch hinreichend bestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Es sei durch den Bescheid, die Betriebsbeschreibung und das Immissionsgutachten sowie die genehmigten Pläne hinreichend erkennbar, was geregelt sei und ob das Vorhaben nachbarschützende Vorschriften verletze.
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Die Beteiligten wurden unter Hinweis auf die Vielzahl der Verfahren und die wiederholten Ortseinsichten durch die Kammer zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts vom 23.11.2018 in den Verfahren M 9 K 15.4601, M 9 K 15.4614 und M 9 K 15.4561 sowie auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28.6.2012 (2 B 10.788) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegen vor, da die Sachund Rechtslage geklärt ist. Die Situation vor Ort ist bekannt. Der Vortrag hinsichtlich der Lärmsituation ist trotz der geänderten Planung nicht substanziell neu und wurde in den früheren Gerichtsverfahren bereits umfangreich geprüft. Die Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich, § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
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Die dem Beigeladenen zu 1 (Bauherren) mit Bescheid des Landratsamts vom 9. Juni 2020 erteilte Baugenehmigung verletzt keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerinnen, § 113 Abs. 1 VwGO.
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Die Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden Verfahren nur diesbezüglich eine Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung ist darauf beschränkt, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die den Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind.
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1. Für das vorliegende Verfahren kommt es nicht darauf an, dass das Bauvorhaben im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … „W. …“ vom 5. Juni 2020 liegt, der ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fremdenverkehr gem. § 11 BauNVO festsetzt. Festsetzungen des Bebauungsplans vermitteln grundsätzlich keinen gebietsübergreifenden Drittschutz. Der Bebauungsplan und seine textlichen Festsetzungen enthalten keine Festsetzungen, aus denen sich mit der gebotenen Deutlichkeit eine ausnahmsweise drittschützende Wirkung für das benachbarte Wohngebiet erkennen lässt (Bay VGH B.v.20.2.2013-1 ZB 11. 2893). Unter Berücksichtigung der Größe des Grundstücks, des dort seit über 15 Jahren bestehenden Hotels und der Lage der Nachbargrundstücke bestehen auch nach den sonstigen Umständen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Bebauungsplan durch besondere Festsetzungen zugunsten der Klägerinnen und ihrer Nachbarn drittschützend ist und diesen ein Abwehrrecht vermittelt. Wegen der Lage des Grundstücks der Klägerinnen im unbeplanten Innenbereich besteht auch kein Gebietswahrungsanspruch.
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2. Die Klägerinnen können sich nicht auf einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme berufen. Das Gebot der Rücksichtnahme ist nach ständiger Rechtsprechung im unbeplanten Innenbereich Bestandteil des Einfügensgebot iSd § 34 Abs. 1 BauGB und in den Fällen des § 34 Abs. 2 BauGB im Rahmen des anzuwendenden § 15 Abs. 1 BauNVO zu prüfen.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme durch Lärm zunächst auf die Ausführungen im Urteil der Kammer vom 23. November 2016 - M 9 K 15.4561 verwiesen.
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Gemessen daran verstößt auch der jetzt geplante Neubau der Hotelanlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, da von dieser keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgehen. Es gilt die TA Lärm. Diese gilt auch für Anlagen, bei denen Geräusche in den Ruhezeiten und in den Nachtstunden durch menschliches Verhalten einschließlich des An- und Abfahrtsverkehrs hervorgerufen werden und auch, soweit Freiflächen vorliegen, da es sich bei diesen hier nicht um eine Freiluftgaststätte handelt, sondern um untergeordnete Teile des Hotelbetriebs (so bereits zum W. …: BayVGH U.v. 28.6.2012 - 2 B 10.788 juris).
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Die von der geplanten Hotelanlage ausgehenden Lärmemissionen bzw. Lärmimmissionen überschreiten die Zumutbarkeitsschwelle nicht, da für das Wohnhaus auf dem klägerischen Grundstück als maßgeblichen Immissionsort die in allgemeinen Wohngebieten geltenden Immissionsrichtwerte anzusetzen sind, die durch den Neubau nicht überschritten werden. Deshalb bestehen auch keine Bedenken gegen die in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen und die zielorientierte Festlegung der Immissionsgrenzwerte, da diese mühelos eingehalten werden können. Der wesentliche Unterschied in tatsächlicher Hinsicht zu den früheren Verfahren ist, dass der Bauherr nunmehr einen deutlich größeren Hotelkomplex plant, aber im Gegensatz zum bisher geplanten Umbau des Bestands und der den früheren Verfahren zugrundeliegenden Stellplatzplanung alle Stellplätze in der Tiefgarage sind. Lediglich im Bereich der bisherigen Zufahrt vor der Rezeption sind noch drei oberirdischen Kurzzeitparkplätze für anreisende Gäste vorgesehen. Im Unterschied zum Bestand ist die neue Zufahrt zu den Hotelparkplätzen nicht mehr südlich des Gartenbereichs des Grundstücks FlNr. …, sondern verläuft über einen Eigentümerweg weiter nördlich in der Kurve der O.-G.-Straße, die das Grundstück der Klägerinnen halbmondähnlich umschließt; dafür sind die Einfahrt zur Tiefgarage und der vorgesehene Parkplatz für 1 Bus im Bereich des Wendehammers deutlich weiter vom Grundstück der Klägerinnen entfernt.
33
An dem Umstand, dass am maßgeblichen Immissionsort IO₂ die Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet nach Nr. 6.1 Buchst. e TA Lärm anzusetzen sind, hat sich nichts geändert. Nach wie vor grenzen eine gewerblich genutztes und ein zum Wohnen dienendes Gebiet aneinander und es besteht eine Gemengelage nach Nr. 6.7 TA Lärm. Nach ständiger Rechtsprechung ist es unter Berücksichtigung der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich, dass die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert in Höhe der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien erhöht werden (für das vorliegende Gebiet: BayVGH U.v. 28.6.2012 - 2 B 10.788). Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um das arithmetische Mittel handeln (BVerfG B.v. 19.9.2007 - 7 B 24.07). Das Grundstück der Klägerinnen liegt nach wie vor in einem zum Wohnen dienenden Gebiet. Das Hotelgrundstück wird weiterhin gewerblich genutzt und liegt wie bisher in einem durch Bebauungsplan dafür festgesetzten Sondergebiet. Deshalb sind unter Berücksichtigung der konkreten Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets und unter Würdigung der sonstigen in Nr. 6.7 Abs. 2 TA Lärm genannten Kriterien sachgerechter Weise weiterhin die WA-Werte anzusetzen. Da bereits vor der Nutzungsänderung des Komplexes von einer Klinik zu einem Hotel G. … im Jahre 2005 eine Gemengelage bestand, wurde auch vor dem Jahr 2005 das Gebiet von einem größeren Gewerbebetrieb geprägt. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … „W.“ in der Fassung vom 5. Februar 1998 verdeutlichen dies (dazu VG München U.v. 23.11.2016 - M 9 K 15.4561). Seit der Bebauungsplanänderung im Jahre 2005 und der Nutzungsänderung in ein Hotel G. wirkt das Gebiet seit mittlerweile über 15 Jahren durch eine gewerbliche Hotelnutzung geprägt, mit der Folge einer entsprechenden jahrelangen Vorbelastung.
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Soweit die Klägerinnen nach wie vor davon ausgehen, dass ihr Wohnhaus in einem reinen Wohngebiet liegt, trifft dies zunehmend weniger zu. Im Geviert O.-G.-Straße/W.-straße liegt ein Ferienhaus. Auch im Osten des aus ca. 20 Wohnhäusern bestehenden Wohngebiets gibt es ein Hotel mit Restaurant und Terrasse. Östlich angrenzend werden ebenfalls Ferienwohnungen vermietet. Damit wird das hier maßgebliche Einwirkungsgebiet nicht nur durch das Hotel W., sondern auch durch weitere gewerbliche Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken geprägt.
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Die aufgrund dieser Gemengelage anzusetzenden WA Werte von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts werden am Grundstück der Klägerinnen als maßgeblichem Immissionsort IO₂ nach dem Gutachten des Ingenieurbüros G. am Tag um 7 dB(A) und nachts um 2 dB(A) unterschritten. Damit ist die von der Hotelanlage ausgehende Zusatzbelastung bereits nach Nr. 4.2 Buchst. c TA Lärm i.V.m. Nr. 3.2.1 TA Lärm am Tag als nicht relevant anzusehen. Der maßgeblichen Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nachts wird mit den errechneten 38 dB(A) ebenfalls um 2 dB(A) unterschritten. Damit hält die geplante Hotelanlage auch die im Bescheid festgesetzten Immissionsrichtwerte im Bescheid des Beklagten vom 9. Juni 2020, Auflagen Ziff. 3, von 55 dB(A) am Tag und 40 dB (A) in der Nacht ein.
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Die durch das Ingenieurbüro erstellte schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung vom 11. April 2019 wurde durch den Fachbereich Technischer Umweltschutz des Landratsamtes überprüft und bestätigt. Die Verträglichkeitsuntersuchung ist nachvollziehbar, detailliert und geht von realistischen Annahmen aus, die eher nach oben korrigiert werden. Unter Berücksichtigung der Größe des Hotels und der Zahl der Gäste ist bei den Fahrzeugbewegungen von einem Maximalwert von 500 Bewegungen einschließlich der An- und Abfahrt durch das Personal in der Tiefgarage mit 190 Stellplätzen und 100 Bewegungen auf den drei Stellplätzen vor der Rezeption (Vorfahrt Hotel) ausgegangen worden. Anhaltspunkte dafür, dass dies zu niedrig sei bestehen keine. Auch die übrigen Schallimmissionen, Tabelle 1, S. 10 des Gutachtens, gehen von einer Nutzungszeit der Außengastronomie und des Pools von 10 bis 14 Stunden aus; Anhaltspunkte dafür, dass dies zu niedrig gegriffen sei, bestehen bei realistischer Betrachtung ebenfalls keine. Die Angabe der Lade- und Rangierzeiten im Rahmen der Lkw- und Lieferwagenanlieferung beruhen auf der Betriebsbeschreibung und sind auf die Tagzeit beschränkt. Relevanter Lärm von der Nutzung der Terrassen vor den Zimmern Chalet 1 und Chalet 2 für die Dauer von drei Stunden pro Tag ist nicht zu leise angesetzt worden; es erschließt sich nicht, wieso bei der Unterhaltung von 2 Personen auf dem Hotelbalkon die Lärmbelastung höher sein sollte. Für die technischen Anlagen wurde eine Einwirkungszeit von 16 Stunden zugrunde gelegt und selbst die Nutzung des Schotterwegs wurde mit zehn Bewegungen pro Tag eingerechnet. Es ist danach nicht zu erkennen, dass während der Tagzeit irgendwelche Lärmemittenten übersehen wurden. Auch die Auflistung Tabelle 2 (S. 11 des Gutachtens) legt für die Nachtzeit zugrunde, dass auch nach 22.00 Uhr technische Geräte Lärm verursachen und für noch ca. ½ Stunde Gastronomie, Bar und Unterer Hof noch nicht vollständig geschlossen sind. Der Ansatz von 40 Fahrbewegungen in der Tiefgarage und zwei Fahrbewegungen für die Zufahrt zur Rezeption sowie eine Busbewegung ist unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse bei Nacht eher großzügig angesetzt; es dürfte sich im Wesentlichen um spätanreisende Gäste und Rückkehrer handeln; der Umfang der Fahrzeugbewegungen nach 22.00 Uhr in bewohnten Gebieten ist sozial üblich. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass ausweislich des Bescheids die drei Stellplätze vor der Rezeption nur bis 21.45 Uhr genutzt werden dürfen, ohne dass dies ansatzweise rechtlich geboten ist. Auch die Bewertung des Verkehrslärms ist zutreffend. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass zwischen dem Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen und dem anlagenbezogenen Verkehr auf dem Betriebsgelände zu unterscheiden ist. Der anlagebezogene Verkehr im öffentlichen Straßenraum wurde nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm korrekt ermittelt (S. 14 des Gutachtens). Das Maximalpegelkriterium ist wegen der Entfernung zwischen dem Klägerinnengrundstück und den Pkw-Parkplätzen von 28 m und zum Busparkplatz von 48 m irrelevant. Sonstige Bedenken gegen die Ermittlungen des anlagebezogenen Verkehrs, Tabelle 4 bestehen keine, da die Prognose ausgehend von der Verkehrsuntersuchung, die bereits unter Berücksichtigung des Bestands mit 43 Zimmern und der Anwohnersituation im Zusammenhang mit früheren Verfahren durchgeführt wurde, hochgerechnet wurde. Die Prognose wurde unter Berücksichtigung der Steigung und der Parkplatzlärmstudie für Hotelanlagen mit 270 Betten erstellt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Hochrechnung nicht fachlich korrekt erfolgt ist bestehen keine.
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Soweit die Klägerinnen die übrigen im Interesse des Lärmschutzes getroffenen Auflagen angreifen ist nicht erkennbar, worin eine Verletzung ihrer Nachbarrechte bestehen könnte. Die Auflagen in der Baugenehmigung schränken die Nutzungsmöglichkeiten des Außenbereichs des Hotels im Wesentlichen auf die Tagzeit ein. Zweifel daran, dass dies die Einhaltung der beauflagten Immissionsgrenzwerte von 40 dB(A) nachts sicherstellt, bestehen keine und wurden nicht substantiell vorgetragen. Keine dieser Auflagen ist ungeeignet, um diesen Zweck sicherzustellen und keine dieser Auflagen beruht auf Annahmen, die nicht Inhalt der Betriebsbeschreibung, des Lärmgutachtens und der genehmigten Bauvorlagen sind. Insgesamt stellt sich die Hotelanlage danach wie im Betriebskonzept vorgesehen als groß, aber sehr ruhig dar. Soweit die Klägerinnen weiterhin wie in bereits früheren Verfahren bemängeln, das Live-Musikveranstaltungen durchgeführt werden, wird auf die geltende Rechtslage zu den seltenen Ereignissen hingewiesen. Nicht ansatzweise ist vor dem Hintergrund, dass im Regelbetrieb lediglich Hintergrundmusik mit kontrollierter Lautstärke stattfinden darf, davon auszugehen, dass hier eine diskothekenähnliche Anlage entsteht, die für die Bewohner des Ortes und der Umgebung zu einem attraktiven nächtlichen Party-Hotspot werden könnte. Die hinlänglich bekannten Sorgen der Klägerinnen vor einer Ausuferung des Regelbetriebs sind zum einen ein reines Vollzugsproblem und zum anderen durch den Katalog der vollstreckbaren Auflagen, die die Nutzung hinsichtlich Zeit und Emissionen einschränken, weiterhin realitätsfern.
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3. Die Baugenehmigung ist auch nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt.
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Die Baugenehmigung ist hinreichend bestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, da die mit dem Bescheid getroffenen Regelungen für die Verfahrensbeteiligten eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sind. Das Bestimmtheitsgebot, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG wird nur dann verletzt, wenn Nachbarn nicht zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Hotelvorhaben ist durch die einbezogenen Bauvorlagen, durch die Betriebsbeschreibung, durch das Lärmgutachten und durch die Auflagen im Genehmigungsbescheid hinreichend bestimmt. Die Forderungen des Technischen Umweltschutzes und die Auflagenvorschläge des Lärmgutachtens sind im Bescheid durch konkrete Auflagen umgesetzt und zum Bestandteil des Bescheids gemacht worden. Die im Bescheid genannte E-Mail, die diesem als Anlage fehlte, ist in den Akten, den Beteiligten bekannt und eindeutig zuordenbar, da es keine weitere gibt; weder ihr Inhalt noch ihr Fehlen ist nachbarrechtlich relevant.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1,162 Abs. 3 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Klägerinnen die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. tragen, da dieser eine Antrag gestellt hat. Die Beigeladene zu 2 . hat dies nicht getan und trägt daher ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.