Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 16.12.2021 – W 3 S 21.1370
Titel:

Heimrecht, Mängel, erhebliche Mängel, Anordnungen, Pflegeeinrichtung, Einrichtung der Eingliederungshilfe, Abgrenzung, Ordnungsrecht, Leistungsrecht, kein Vorrang des Leistungsrechts, Beratung vor Anordnung, fehlende, Zwangsgeld, wiederkehrende Zwangsgelder, Zwangsgelder pro Tag des Verstoßes, Fristsetzung für Zwangsgeld bei Handlungspflicht

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
PfleWoqG Art. 13
PfleWoqG Art. 2 Abs. 1
PfleWoqG Art. 3
PfleWoqG Art. 7
AVPfleWoqG § 47
SGB XI § 71
SGB XI § 43a
SGB IX § 90
SGB IX § 99
SGB IX § 103
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 36
Schlagworte:
Heimrecht, Mängel, erhebliche Mängel, Anordnungen, Pflegeeinrichtung, Einrichtung der Eingliederungshilfe, Abgrenzung, Ordnungsrecht, Leistungsrecht, kein Vorrang des Leistungsrechts, Beratung vor Anordnung, fehlende, Zwangsgeld, wiederkehrende Zwangsgelder, Zwangsgelder pro Tag des Verstoßes, Fristsetzung für Zwangsgeld bei Handlungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2021, 42599

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 25. August 2021 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. August 2021 wird hinsichtlich dessen Ziffern 3, 4, 9, 10 sowie 13 bis 24 angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt, bezüglich Ziffer 8 mit der Maßgabe, dass die Pflicht bis zum 28. Februar 2022 zu erfüllen ist, bezüglich Ziffer 11 mit der Maßgabe, dass die Pflicht bis zum 1. März 2022 zu erfüllen ist, und bezüglich Ziffer 12 mit der Maßgabe, dass die Pflicht bis zum 28. Februar 2022 zu erfüllen ist.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu 7/12 und der Antragsgegner zu 5/12 zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 74.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin betreibt in G. eine stationäre Pflegeeinrichtung mit 15 Plätzen. Die Beteiligten streiten um vom Antragsgegner vorgenommene Maßnahmen der Heimaufsicht.
2
Nach dem in der Behördenakte enthaltenen sozialen Betreuungskonzept der Antragstellerin, gültig für deren in G. betriebene stationäre Pflegeeinrichtung und für weitere zwei Pflegeeinrichtungen (Stand: Januar 2010, geändert am 18. April 2019) ist Zielgruppe der in G. betriebenen Einrichtung der Personenkreis der schwerst-geistig behinderten pflegebedürftigen Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen wie etwa Impulsstörungen, Autismus, Schizophrenie und Psychosen. Das Konzept führt verschiedene im Einzelnen beschriebene Ziele auf, die sich auf individuelle soziale Betreuung, Förderung der Gemeinschaft und Tagesstrukturierung mit verschiedenen Aktivitäten in der Gruppe und individuell gestaltet für Einzelne beziehen.
3
In der stationären Pflegeeinrichtung in G. leben (bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides) zwölf Personen, die in den Jahren 1948 bis 1983 geboren sind. Sie wurden in den Jahren 1999 bis 2017 in die Einrichtung aufgenommen. Kostenträger ist - wie sich aus einer von der Antragstellerin gefertigten Liste ergibt - jeweils der Bezirk Unterfranken. Die auf die Bewohnerinnen und Bewohner bezogenen Diagnosen bewegen sich im Bereich geistige Behinderung, seelische Behinderung, Autismus, Impulskontrollverlust, ausgeprägte Verhaltensstörung und paranoide Schizophrenie. Fünf Personen ist Pflegegrad 3, sechs Personen Pflegegrad 4 und einer Person Pflegegrad 5 zuerkannt.
4
Der Antragsgegner nahm am 1. Oktober 2014 (Prüfbericht vom 10.11.2014) und am 5. Februar 2015 (Prüfbericht vom 19.3.2015) jeweils eine anlassbezogene Prüfung der Einrichtung, am 19. September 2017 (Prüfbericht vom 11.12.2017) und am 26. Februar 2020 (Prüfbericht vom 17.9.2020) jeweils eine turnusgemäße Prüfung vor.
5
Am 9. Dezember 2020 führte der Antragsgegner in der Einrichtung eine Wiederholungsprüfung durch und erstellte hierüber nach entsprechender Anhörung der Antragstellerin unter dem 26. Juli 2021 den endgültigen Prüfbericht. In dessen Rahmen wird ausgeführt, bei der Einrichtung handele es sich - ungeachtet der bisherigen leistungsrechtlichen Einordnung - nicht um ein Pflegeheim, sondern um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe. Im Rahmen der Feststellung von erstmals festgestellten Abweichungen (Mängel) wird u.a. festgehalten, im Einzelnen benannte Punkte des Hauskonzepts stimmten mit den tatsächlichen Verhältnissen und Gegebenheiten am Begehungstag nicht überein. Gleiches gelte für das Pflegekonzept. Die Konzeption sei an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 9 PfleWoqG habe die Antragstellerin sicher zu stellen, dass die Eingliederung und möglichst selbst bestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gemeinschaft gefördert werde.
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Auf der Grundlage dieses Prüfberichts erließ der Antragsgegner am 16. August 2021 gegenüber der Antragstellerin einen Bescheid mit folgendem Tenor
„1. Die M. und V. wird als Träger der Einrichtung verpflichtet, im Wohnpflegeheim G., Z. ... G., ab Bekanntgabe dieses Bescheides täglich in jeder Früh-, Spät- und Nachtschicht durchgängig, d. h. von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr, eine Pflegefachkraft einzusetzen.
2. Zum Nachweis einer durchgängigen Schichtbesetzung mit einer Pflegefachkraft sind der FQA des Landratsamtes Bad Kissingen ab Bekanntgabe dieses Bescheides jeweils bis zum 3. Werktag des Monats unaufgefordert die im Aushang befindlichen Dienstpläne für den entsprechenden Monat vorzulegen.
3. Die M. und V. wird als Träger der Einrichtung verpflichtet, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Wohnpflegeheims G., Z. 5, … G., ab Bekanntgabe dieses Bescheides jährlich mindestens zwei externe heil- oder sozialpädagogische Schulungen bzw. Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten.
4. Zum Nachweis des Angebotes der heil- oder sozialpädagogischen Schulungen bzw. Fortbildungen sind der FQA des Landratsamtes Bad Kissingen bis jeweils zum 15. Januar eines Jahres die Fortbildungspläne für das entsprechende Kalenderjahr unaufgefordert vorzulegen. Für das Jahr 2021 ist der angepasste Fortbildungsplan bis zum 15.09.2021 bei der FQA vorzulegen. Ebenso sind die Nachweise über durchgeführte Fortbildungen unaufgefordert nach Abschluss der Fortbildungen der FQA des Landratsamtes Bad Kissingen vorzulegen.
5. Die M. & V. wird als Träger der Einrichtung verpflichtet, für die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnpflegeheims G., Z. ... G., ein geplantes und strukturiertes Betreuungsangebot zu entwickeln. Dieses ist auf die Bedürfnisse und Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner abzustimmen und muss Gruppenangebote sowie individuelle Einzelbeschäftigungen enthalten.
6. Zum Nachweis der Entwicklung eines geplanten und strukturierten Betreuungsangebotes sind der FQA des Landratsamtes Bad Kissingen ab Bekanntgabe dieses Bescheides jeweils monatlich im Nachhinein bis zum 5. Werktag des Folgemonats die Wochenpläne über die Gruppenangebote, Einzelbeschäftigungen und erfolgten Ausflüge mit Bewohnerinnen und Bewohnern unaufgefordert vorzulegen. Hierbei sollen bei den Gruppenangeboten Änderungen im tatsächlichen Ablauf und die Namen der Teilnehmer vermerkt sein. Bei den Einzelbeschäftigungen soll der Name der Bewohnerin bzw. des Bewohners, des durchführenden Mitarbeiters sowie die Art und Dauer der Einzelbeschäftigung vermerkt sein. Bei den durchgeführten Ausflügen sollen die Namen der teilnehmenden Bewohnerinnen und Bewohner, das Ausflugsziel und die Dauer des Ausfluges vermerkt sein.
7. Die M. und V. wird als Träger der Einrichtung verpflichtet, den Bewohnerinnen und Bewohnern des Wohnpflegeheims … Zwickenmühle, … G., die Möglichkeit zum Besuch eines zweiten Lebensbereiches, entsprechend ihres Alters und ihren individuellen und tatsächlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten, anzubieten.
8. Zum Nachweis des Angebotes eines zweiten Lebensbereiches ist der FQA des Landratsamtes Bad Kissingen bis zum 31.12.2021 eine Aufstellung über Art und Umfang des zweiten Lebensbereiches je Bewohnerin bzw. Bewohner vorzulegen.
9. Die M. & V. wird als Träger der Einrichtung verpflichtet, für die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnpflegeheims G., Z., … G., eine angemessene Förder- und Hilfeplanung nach dem allgemeinen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erstellen.
10. Zum Nachweis der Erstellung einer angemessenen Förder- und Hilfeplanung für die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnpflegeheims G. ist diese der FQA des Landratsamtes Bad Kissingen bis zum 31.12.2021 in Kopie vorzulegen. Des Weiteren sind der FQA jeweils jährlich zum 31.12. des Jahres die entsprechenden Evaluationen der Förderplanung der einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner vorzulegen.
11. Die M. & V. wird als Träger der Einrichtung verpflichtet, im Wohnpflegeheim G., Z. ... G., spätestens ab 01.01.2022 mindestens zwei pädagogische Fachkräfte zu beschäftigen.
12. Als Nachweis der Beschäftigung von pädagogischen Fachkräften sind der FQA des Landratsamtes Bad Kissingen bis zum 31.12.2021 Kopien der Arbeitsverträge der entsprechenden Mitarbeiter inklusive Qualifikationsnachweise vorzulegen.
13. Für den Fall, dass die in Nr. 1 genannte Pflicht nicht ab Bekanntgabe dieses Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro je Wochentag zur Zahlung fällig.
14. Für den Fall, dass die in Nr. 2 genannte Pflicht nicht ab Bekanntgabe dieses Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro je Säumnistag zur Zahlung fällig.
15. Für den Fall, dass die in Nr. 3 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 Euro je Kalenderjahr und Mitarbeiter zur Zahlung fällig.
16. Für den Fall, dass die in Nr. 4 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Säumnistag zur Zahlung fällig.
17. Für den Fall, dass die in Nr. 5 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Bewohnerin/Bewohner zur Zahlung fällig.
18. Für den Fall, dass die in Nr. 6 genannte Pflicht nicht ab Bekanntgabe dieses Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Säumnistag zur Zahlung fällig.
19. Für den Fall, dass die in Nr. 7 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Bewohnerin und Bewohner zur Zahlung fällig.
20. Für den Fall, dass die in Nr. 8 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Säumnistag zur Zahlung fällig.
21. Für den Fall, dass die in Nr. 9 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Bewohnerin/Bewohner zur Zahlung fällig.
22. Für den Fall, dass die in Nr. 10 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Säumnistag zur Zahlung fällig.
23. Für den Fall, dass die in Nr. 11 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro je fehlender pädagogischer Fachkraft und Monat zur Zahlung fällig.
24. Für den Fall, dass die in Nr. 12 genannte Pflicht nicht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro je Säumnistag zur Zahlung fällig.“
7
Zur Begründung wurde ausgeführt, trotz der nach Aktenlage scheinbaren erheblichen Pflegebedürftigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner stehe nicht die Pflege im Sinne des Elften Buchs Sozialgesetzbuch im Vordergrund. Der tatsächliche individuelle Bedarf des Einzelnen liege vielmehr in der Eingliederung und Teilhabe nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch. Damit sei die Einrichtung nicht als Pflegeheim, sondern als Einrichtung der Eingliederungshilfe zu werten. Im Rahmen der Prüfung hätten sich verschiedene erhebliche Mängel und erneute Mängel, welche trotz erfolgter Beratung nicht abgestellt worden seien, ergeben.
8
Mehrfach sei der Früh- oder Spätdienst nur mit Hilfskräften besetzt gewesen. Die Fachkraft habe den Nachtdienst an verschiedenen Tagen bereits um 7:15 Uhr den Dienst beendet, die Fachkraft des Frühdienstes habe ihn erst um 7:30 Uhr angetreten. Eine Übergabe von Fachkraft zu Fachkraft finde nicht statt. Mit der diesbezüglichen Anordnung in Ziffer 1 des Tenors solle sichergestellt werden, dass zur Betreuung in der stationären Einrichtung stets fachlich geschultes und entsprechend kompetentes Personal anwesend sei. Es sei eine bestimmte Sachkunde erforderlich, um in Notsituationen fachgerecht reagieren zu können. Die Situation sei nicht mit dem Fall des bloßen Unterschreitens der Fachkraftquote zu vergleichen. Die nicht durchgängige Besetzung der Schichten mit einer Pflegefachkraft stelle einen erheblichen Mangel dar. Die Anordnung in Ziffer 2 des Tenors sei geeignet, um die geforderte durchgängige Schichtbesetzung mit einer Pflegefachkraft zu kontrollieren.
9
Im Hinblick auf den besonderen Personenkreis in der stationären Einrichtung seien den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern heil- oder sozialpädagogische Schulungen bzw. Qualifizierungsmaßnahmen in ausreichendem Umfang anzubieten. Menschen mit komplexer Behinderung bräuchten pädagogische Begleiter mit hoher Professionalität. Es sollten mindestens zwei Fortbildungen aus im Einzelnen benannten Bereichen unter Hinzuziehung von externen Fachreferenten jährlich angeboten werden. Bei dem aufgezeigten Defizit handele es sich um einen wiederholten Mangel, der die Anordnung erforderlich mache. Zur Kontrolle der Umsetzung sei die Vorlage des angepassten Fortbildungsplanes geeignet.
10
Zur Eingliederung und möglichst selbst bestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gemeinschaft seien im Rahmen eines auf die sozialpädagogische Betreuung und heilpädagogische Förderung ausgerichteten Konzepts regelmäßige strukturierte Gruppenangebote und Einzelangebote erforderlich. Der sozialpädagogischen Betreuung komme in der Einrichtung besondere Bedeutung zu, es seien tätigkeitsorientierte, konsumorientierte und gemeinschaftsfördernde Angebote erforderlich. Eine entsprechende ausführliche Planung der sozialen Betreuung sei bislang nicht erfolgt. Dies stelle einen wiederholten Mangel dar. Die Anordnung, jeweils monatlich die Wochenpläne über die verschiedenen Angebote vorzulegen, sei zum Nachweis der Entwicklung des Betreuungsangebotes erforderlich.
11
Um die gesetzlich geforderte Eingliederung und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erreichen, müsse die Antragstellerin gezielte und umfassende Hilfen für die Integration in das Berufs- und Erwerbsleben geben. Ziel eines solchen zweiten Lebensbereichs sei es, Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung neben ihrem privaten Umfeld einen weiteren Lebens-, Beschäftigungs- und Lernbereich zu eröffnen. Für eine verantwortbare Betreuung der Menschen mit Behinderung in der vorliegenden Einrichtung sei die Möglichkeit zum Besuch eines zweiten Lebensbereiches unverzichtbar. Da erneut das Fehlen tagesstrukturierender Maßnahmen festgestellt worden sei, sei die Anordnung erforderlich. Die Anordnung zur Vorlage einer Aufstellung über Art und Umfang des zweiten Leistungsbereiches sei dazu geeignet, die Anordnung zu kontrollieren.
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In Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sei es erforderlich, für die Bewohnerinnen und Bewohner Förder- und Hilfepläne aufzustellen und deren Umsetzung aufzuzeichnen. Ein individueller Förder- und Hilfeplan müsse Begleitung, Assistenz und spezielle Förderung enthalten und analog der weiteren Entwicklung fortgeschrieben werden. Nur mit einer angemessenen Förder- und Hilfeplanung könne die individuelle Förderung sichergestellt und damit die den Bewohnerinnen und Bewohnern möglichen Entwicklungsziele erreicht werden. Es handele sich um einen wiederholten Mangel, so dass die Anordnung erforderlich sei. Die Vorlage der Förder- und Hilfepläne einschließlich der jährlichen Evaluationen sei zur Überprüfung der Umsetzung der Anordnung erforderlich.
13
Auf der Grundlage der Feststellung, dass es sich bei der Einrichtung aufgrund der dort untergebrachten Menschen um eine besondere Wohnform für Menschen mit Behinderung handele, die auch einen Pflegebedarf aufwiesen, sei entsprechendes pädagogisches Personal vorzuhalten. Insbesondere die mit dem Bezirk Unterfranken zusätzlich vereinbarten 0,31 Vollzeitstellen je Bewohnerin und Bewohner seien mit entsprechenden pädagogischen Mitarbeitenden zu besetzen. Derartiges pädagogisches Fachpersonal werde in der vorliegenden Einrichtung nicht beschäftigt. Deren Einsatz sei jedoch unverzichtbar, um sicherzustellen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner gemessen an ihren Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnissen individuell gefördert würden. Wirtschaftliche Interessen des Trägers hätten demgegenüber eine untergeordnete Bedeutung. Das Fehlen von pädagogischem Fachpersonal stelle einen erheblichen Mangel dar, der die Anordnung erforderlich mache. Zur Kontrolle der Umsetzung sei die Vorlage der Kopien der Arbeitsverträge erforderlich.
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Die Erteilung sämtlicher Anordnungen sei zur Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls und der Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner sowie zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger der Einrichtung gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden Pflichten erforderlich. Die Anordnungen hätten in erster Linie den Zweck, die Bewohnerinnen und Bewohner vor Gefährdungen zu schützen, sie seien angemessen, mildere Mittel seien nicht erkennbar.
15
Die Zwangsgeldandrohungen in den Ziffern 13 bis 24 des Bescheidstenors stützten sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Androhung des Zwangsgeldes sei ein angemessenes und geeignetes Mittel, welches die Durchsetzung der angeordneten Maßnahmen unterstütze. Die Höhe des Zwangsgeldes sei in Bezug auf die Anordnung angemessen. Die festgesetzte Zwangsgeldhöhe solle verhindern, dass der Träger Zwangsgeld und wirtschaftliche Interessen abwäge und so den Maßnahmenzweck umgehe.
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Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 20. August 2021 per Postzustellungsurkunde zugestellt.
17
Am 26. August 2021 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 16. August 2021. Zugleich wurde Widerspruch gegen den Prüfbericht vom 26. Juli 2021 erhoben. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2021 ließ die Antragstellerin beide Widersprüche begründen.
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In einem Aktenvermerk des Antragsgegners vom 14. Oktober 2021 ist die telefonische Auskunft der Pflegesatzstelle des Bezirks Unterfranken festgehalten, wonach die Antragstellerin unter anderem für ihre Einrichtung in G. einen Aufschlag für zusätzliche Eingliederungsmaßnahmen in Höhe von 40,00 EUR pro Bewohner und Tag erhalte.
19
Am 19. Oktober 2021 ließ die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Würzburg im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 25. August 2021 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. August 2021 betreffend das Wohnpflegeheim G. anzuordnen.
20
Zur Begründung wurde ausgeführt, zu Unrecht habe der Antragsgegner das Wohnheim als Einrichtung der Eingliederungshilfe eingeordnet. Es handele sich um eine normale Pflegeeinrichtung. Dies ergebe sich aus § 71 SGB XI, wo zwischen regulären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen in der Eingliederungshilfe danach unterschieden werde, ob die Rehabilitation/Eingliederungshilfe oder die normalen Pflege- und Betreuungsleistungen im Vordergrund stünden. Diese Einordnung erfolge durch die jeweiligen Pflegekassen. Einzelheiten ergäben sich aus den entsprechenden Versorgungsverträgen zwischen der Einrichtung und den Pflegekassen. An dieser Einordnung orientierten sich in der Folge auch die gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Leistungserbringung und die Modalitäten zur Finanzierung und Vergütung. Die Einordnung der Einrichtung geschehe allein durch die Pflegekassen und stehe nicht im Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Aufsichtsbehörde. Das Ordnungsrecht sei insofern an das Leistungsrecht gebunden. Die Aufsichtsbehörde habe kein Recht, eine eigene von den Pflegekassen abweichende Einordnung vorzunehmen. Unzutreffend sei die Behauptung des Antragsgegners, der Bezirk Unterfranken gewähre der Einrichtung einen zusätzlichen Eingliederungszuschlag.
21
Im Jahr 2008 habe die Antragstellerin den Antragsgegner um eine Bestätigung gebeten, dass es sich bei der Einrichtung um eine reguläre Pflegeeinrichtung handele. Mit Schreiben vom 23. Juli 2008 habe der Antragsgegner erwidert, die Zuständigkeit für die Beurteilung des Einrichtungstyps nach § 71 SGB XI liege allein bei den Landesverbänden der Pflegekassen. Da die Zuständigkeit für den Abschluss sowie die Kündigung von Versorgungsverträgen bei den Landesverbänden der Pflegekassen liege, stehe der Heimaufsicht weder das erforderliche rechtliche Hintergrundwissen noch die praktische Erfahrung im Vollzug des Elften Buchs Sozialgesetzbuch zur Verfügung.
22
Zudem habe das Sozialgericht Würzburg in seinem Urteil vom 16. September 2009 in einem Rechtsstreit zwischen der Antragstellerin und den Pflegekassen um die Rechtmäßigkeit der von den Pflegekassen ausgesprochenen Kündigung des Versorgungsvertrages entschieden, dass die Einrichtung rechtlich als Pflegeheim einzuordnen sei. Das Sozialgericht habe sich auf ein entsprechendes Sachverständigengutachten einer Diplom-Pflegewirtin über die Frage der Ausgestaltung der Pflege im Wohnpflegeheim G. gestützt.
23
Bei der Einordnung der Einrichtung sei weiter zu berücksichtigen, dass eine Arbeits- oder Beschäftigungstherapie im eigentlichen Sinne nicht stattfinde. Aufgrund der geistigen Minderbegabung könnten den Bewohnerinnen und Bewohnern nur sehr einfache Spiele angeboten werden. Seit dem Urteil des Sozialgerichts Würzburg habe sich der Zweck, der Bestand, die Zusammensetzung der Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Art und Verteilung der erbrachten Leistungen nicht wesentlich verändert.
24
Gelte die Einrichtung jedoch als reguläre Pflegeeinrichtung, könnten die in den Ziffern 3 bis 12 des Bescheides vom 16. August 2021 aufgegriffenen Sachverhalte der Sache nach schon deshalb nicht als Mangel gelten, weil die entsprechenden Vorgaben des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes ausschließlich für Einrichtungen der Eingliederungshilfe gälten. Die Anordnungen seien damit rechtswidrig und in der Folge auch die damit korrespondierenden Zwangsmittelandrohungen.
25
Unabhängig hiervon sei die Verpflichtung in Ziffer 9 des Bescheides vom 16. August 2021 schon deshalb fehlerhaft, weil der Medizinische Dienst der Krankenkassen die Dokumentationsunterlagen überprüft und nicht beanstandet habe. Auf dieser Grundlage sei keine Hilfe- und Förderplanung entsprechend dem angefochtenen Bescheid erforderlich.
26
Hinsichtlich der in Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom 16. August 2021 thematisierten Schichtbesetzungen und Dienstübergaben müssten die Auswirkungen der Corona-Pandemie berücksichtigt werden. Hierdurch begründet habe kein personeller Austausch zwischen den verschiedenen Einrichtungen der Antragstellerin stattfinden sollen. Damit sei es nicht immer möglich gewesen, die Schichtbesetzung und Dienstübergaben wie gewünscht durchzuführen. Derzeit sei ein Austausch von Personal zwischen den verschiedenen Einrichtungen wieder möglich und es bestehe keine Gefahr, dass sich die beschriebenen Situationen wiederholen könnten.
27
Die Androhung der Zwangsgelder sei rechtswidrig. Die in Ziffer 13 des Bescheides gesetzte Frist für die Fälligkeit des Zwangsgeldes „ab Bekanntgabe dieses Bescheides“ sei unzumutbar. Es sei unmöglich, die aufgegebene Pflicht zur durchgängigen Besetzung der Schichten mit Fachkräften direkt ab Bekanntgabe des Bescheides umzusetzen. Zudem benötige die Anpassung von Dienstplänen einen gewissen zeitlichen Vorlauf.
28
Die im angegriffenen Bescheid angedrohten Zwangsgelder wiesen die gesetzlich vorgesehene Begrenzung auf höchstens 50.000,00 EUR nicht auf. Die auf zwischen 500,00 EUR und 2.000,00 EUR festgesetzten Beträge kumulierten teilweise auf täglicher Basis. Dies könne dazu führen, dass innerhalb weniger Wochen einzelne bestimmte Zwangsgelder einen Betrag von mehr als 50.000,00 EUR aufwiesen könnten. Damit liege auch ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor. Auch die große Anzahl von zwölf Zwangsgeldandrohungen sei zu berücksichtigen. Zwar solle sich das Zwangsgeld an den wirtschaftlichen Interessen des Pflichtigen orientieren, um die gewünschte Wirkung zu zeigen; gleichzeitig dürfe es jedoch die wirtschaftliche Existenz des Pflichtigen nicht in Frage stellen. Dies sei vorliegend jedoch der Fall.
29
Der Antragsgegner beantragte,
den Antrag abzulehnen.
30
Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handele es sich ordnungsrechtlich betrachtet beim Wohnpflegeheim G. nicht um eine Pflegeeinrichtung, sondern um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe. Die leistungsrechtliche Einordnung der Einrichtung sei für die ordnungsrechtliche Anwendung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes unbeachtlich. Für dessen Anwendung spiele die Bezeichnung der Wohnform seitens des Leistungsanbieters keine Rolle; andernfalls hätte dieser selbst es in der Hand, ob er dem Heimrecht unterstehe oder nicht. Entscheidend seien stets objektive Kriterien, dies unabhängig von der leistungsrechtlichen Einordnung.
31
Trotz der nach Aktenlage vorliegenden erheblichen Pflegebedürftigkeit der Bewohner stehe nach dem Prüfungsergebnis nicht deren Pflege im Sinne des Elften Buchs Sozialgesetzbuch im Vordergrund. Der tatsächliche individuelle Bedarf des Einzelnen liege vielmehr in der Eingliederung und Teilhabe nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch. Ob es sich um einen Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf oder um einen pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung handele, entscheide sich nach dem Lebenslagenmodell des § 103 SGB IX. Werde ein Mensch von Geburt an oder während der aktiven Erwerbsphase mit einer Behinderung konfrontiert, habe er Ansprüche aus dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch, welche auch die Pflegeleistungen umfassten; er werde als Mensch mit Behinderung und Pflegebedarf bezeichnet. Der Behinderungsbegriff stehe im Vordergrund. Trete dem gegenüber die Behinderung erst nach der Regelaltersgrenze auf, bestünden vorrangig Ansprüche auf Leistungen aus dem Elften Buch Sozialgesetzbuch. Dieser Personenkreis sei auf personelle Unterstützung angewiesen, weil er gesundheitlich bedingt in seiner Selbständigkeit beeinträchtigt sei. Letztere Voraussetzung sei im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Bei elf der zwölf Bewohner der streitgegenständlichen Einrichtung liege eine diagnostizierte Intelligenzminderung bzw. geistige Behinderung vor. Acht Personen seien zudem deutlich jünger als die Regelaltersgrenze. Daher sei die Einrichtung ordnungsrechtlich als Einrichtung für Menschen mit Behinderung einzuordnen. Hierfür spreche auch die durchschnittliche Verweildauer in der Einrichtung von derzeit 14 Jahren und 6 Monaten.
32
Entsprechend einer Auskunft des Bezirks Unterfranken werde ein Eingliederungszuschlag pro Bewohner an die Antragstellerin ausgezahlt.
33
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG sei in stationären Einrichtungen wie der vorliegenden eine durchgängige Fachkraftbesetzung erforderlich, dies auch in der Nacht. Bereits vor Beginn der Corona-Pandemie sei das Fehlen von Fachkräften bemängelt worden. Demgegenüber sei anhand der vorliegenden Dienstpläne festzustellen, dass auch während der Corona-Pandemie Mitarbeiter aus den beiden anderen Einrichtungen der Antragstellerin Dienst im streitgegenständlichen Wohnpflegeheim verrichtet hätten. Eine Schichtübergabe sei zur Qualitätssicherung in der Pflege unabdingbar erforderlich.
34
Nach Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 PfleWoqG habe die Antragstellerin die in den Ziffern 3, 5, 7, 9 und 11 des Bescheidtenors genannten Pflichten zu erfüllen. Dies sei nicht erfolgt, was jeweils einen wiederholten oder einen erheblichen Mangel darstelle. Dies mache die Anordnungen erforderlich. Die Anordnungen seien geeignet und erforderlich, mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Sie seien angemessen, damit ihnen eine der Würde, den Interessen und den Bedürfnissen entsprechende Betreuung der in der Einrichtung lebenden Menschen mit Behinderungen erreicht werde. Den öffentlichen Interessen sei im vorliegenden Fall der Vorzug vor den privaten Interessen der Antragstellerin zu geben.
35
Die Anordnungen in Ziffern 2, 4, 6, 8, 10 und 12 des Bescheides seien geeignet, um festzustellen, ob die Umsetzung und Einhaltung der geforderten Maßnahmen tatsächlich erfolgt sei. Mildere Mittel stünden nicht zur Verfügung.
36
Auch die Zwangsgeldandrohungen seien rechtmäßig. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Zwangsgeldes für die Durchsetzung der durchgängigen Besetzung der Früh-, Spät- und Nachtschicht mit Fachkräften. Auch während der Corona-Pandemie sei ein Abweichen von den gesetzlichen Bestimmungen nur in absoluten Ausnahmefällen notwendig. Die Forderung sei bereits mit der Anhörung vom 4. Mai 2021 und mit Bescheid vom 26. Juli 2021 bekannt gegeben worden, so dass eine angemessene Reaktionszeit für die Behebung des Mangels vorhanden gewesen sei. Der Mangel sei schon vor Beginn der Corona-Pandemie vorhanden gewesen. Somit sei die Frist im Rahmen der Zwangsgeldandrohung nicht zu kurz bemessen. Gleiches gelte für die weiteren Zwangsgelder. Die Zwangsgelder pro Anordnung hielten sich im gesetzlichen Rahmen. Sie seien hinreichend bestimmt, da erkennbar sei, welche vollstreckungsrechtlichen Folgen eine nur teilweise Pflichterfüllung nach sich ziehe. Dies sei keine künstliche Aufsplittung des Zwangsgeldes. Das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen als Maßstab für die Höhe des jeweiligen Zwangsgeldes sei nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen. Da die im Bescheid vom 16. August 2021 benannten Mängel bereits bei früheren Begehungen bemängelt worden seien und die Antragstellerin sie nicht beseitigt habe, sei ein Zwangsgeld notwendig, das in seiner Höhe die Abstellung der Mängel beschleunige.
37
Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten des Antragsgegners, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
II.
38
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid des Antragsgegners vom 16. August 2021, mit welchem dieser gegenüber der Antragstellerin als Trägerin der stationären Einrichtung in G. verschiedene auf Art. 13 Gesetz zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz - PfleWoqG) vom 8. Juli 2008 (GVBl 2008, 346), zuletzt geändert durch § 3 Abs. 1 Gesetz vom 24. Juli 2020 (GVBl 2020, 370) gestützte Anordnungen getroffen und entsprechende Zwangsgelder angedroht hat, dies mit dem Ziel der Beseitigung von im Einzelnen benannten auf den Betrieb der stationären Einrichtung bezogenen Mängeln. Die Antragstellerin möchte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16. August 2021 erreichen.
39
Der Antrag ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet. Soweit er sich auf die in den Ziffern 1, 2, 5, 6, 7, 8, 11 und 12 des Bescheidtenors enthaltenen Anordnungen bezieht, hat der Antrag keinen Erfolg. Lediglich soweit es um die in den Ziffern 3, 4, 9 und 10 des Bescheidtenors enthaltenen Anordnungen sowie um die in den Ziffern 13 bis 24 des Bescheidtenors enthaltenen Zwangsgeldandrohungen geht, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen.
40
Dies ergibt sich aus Folgendem:
41
1. Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, etwa wenn - wie im vorliegenden Fall - der Widerspruch der Antragstellerin gegen den auf Art. 13 PfleWoqG gestützten Bescheid vom 16. August 2021 aufgrund der Regelungen des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG und des Art. 21a VwZVG von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Allerdings kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.
42
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ist im Rahmen eines Stufensystems zunächst darauf abzustellen, ob der zu vollziehende Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist. Lässt sich schon bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgesehenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Hauptsacheklage mit Sicherheit Erfolg haben wird, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 90). Gegenläufige Interessen können die offensichtliche Rechtswidrigkeit nicht überwinden. Umgekehrt kann der Adressat des Bescheides kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vollzug dringlich ist oder nicht. Kann keine eindeutige Aussage zu der Erfolgsaussicht der Klage gemacht werden, können die tendenziellen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, berücksichtigt werden. Gegebenenfalls folgt auf einer dritten Stufe eine reine Interessenabwägung (vgl. Hoppe, a.a.O., § 80 Rn. 92 bis 93). Hierbei ist allerdings die generalisierende Interessenabwägung des Gesetzgebers zu beachten, der für bestimmte Arten von Entscheidungen zunächst den Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses statuiert hat (vgl. Hoppe, a.a.O., § 80 Rn. 87; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 27. Aufl. 2021, § 80 Rn. 166).
43
Im vorliegenden Fall ist diesem in Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG enthaltenen Interesse die gesetzliche Wertung zu entnehmen, welche einen effektiven Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner von Einrichtungen, die dem Zwecke dienen, ältere Menschen, pflegebedürftige Volljährige oder volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG), garantieren soll. Das Gesetz bewertet das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Anordnung nach Art. 13 PfleWoqG regelmäßig höher als das Interesse des Trägers einer Einrichtung an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes und dem damit verbundenen effektiven Rechtsschutz. Diese gesetzliche Wertung hat gerade bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens erhebliches Gewicht (BVerwG, B.v. 25.3.1993 - 1 ER 301/92 - NJW 1993, 3213; B.v. 21.1.1998 - 4 VR 3/97 - NVwZ 1998, 616, 622; B.v. 13.6.2007 - 6 VR 5/07 - NVwZ 2007, 1207, 1209; B.v. 14.4.2005 - 4 VR 1005.04 - BVerwGE 123, 241, 244; BayVGH, B.v. 22.11.2010 - 12 CS 10.2243 - juris Rn. 34; B.v. 29.9.2011 - 12 CS 11.2022 - juris Rn. 73; B.v. 17.12.2008 - 12 CS 08.1417 - juris Rn. 49; B.v. 22.10.2010 - 12 CS 10.2243 - juris Rn. 34). Das Gericht darf daher, soweit eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides und dem privaten Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs geboten ist, die aufschiebende Wirkung grundsätzlich nur dann anordnen, wenn und soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog).
44
In diesem Zusammenhang ist auf den Zeitpunkt der derzeit letzten Behördenentscheidung, hier also auf den Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. August 2021 abzustellen, soweit die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs geprüft werden. Denn in dieser Hinsicht muss sich der Prüfungs- und Entscheidungszeitpunkt mit dem des Hauptsacheverfahrens decken. Da gegen den streitgegenständlichen Bescheid Widerspruch und Anfechtungsklage zulässig sind, ist also insoweit auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Soweit das Gericht wegen möglicher offener Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen den angegriffenen Bescheid allerdings eine eigene Interessenabwägung in den Vordergrund stellen muss, ist diesbezüglich auf die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen, das darüber zu befinden hat, ob jetzt ein öffentliches oder überwiegend privates Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und nicht etwa, ob es früher einmal bestanden hat (vgl. zur gesamten Problematik: Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 105 f.).
45
2. Auf dieser Grundlage hat der vorliegende Antrag, soweit er sich auf die Ziffern 1, 2, 5 bis 8, 11 und 12 des Beschlusstenors bezieht, keinen Erfolg.
46
a) Die in den Ziffern 1 und 2 des Beschlusstenors enthaltenen Anordnungen erweisen sich im Rahmen der summarischen Überprüfung als offensichtlich rechtmäßig.
47
Der Antragsgegner stützt die Anordnung in Ziffer 1 des Bescheides auf Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG i.V.m. § 15 Abs. 1 Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes und Weiterbildung in der Pflege und Hebammenkunde (AVPfleWoqG) vom 27. Juli 2011 (GVBl 2011, 346), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Dezember 2020 (GVBl 2020, 691).
48
Diese Vorschriften sind auf die von der Antragsgegnerin betriebene stationäre Einrichtung anwendbar. Denn nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 PfleWoqG ist es Zweck dieses Gesetzes, die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse pflege- und betreuungsbedürftiger Menschen als Bewohnerinnen und Bewohner unter anderem stationärer Einrichtungen vor Beeinträchtigungen zu schützen. Stationäre Einrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind nach Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen, pflegebedürftige Volljährige oder volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuungs- oder Pflegeleistungen zur Verfügung stellen oder vorzuhalten, die weiterhin in ihrem Bestand von Wechsel sowie Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind und die entgeltlich betrieben werden. Unabhängig von der anderweitig erheblichen Frage, ob die stationäre Einrichtung im vorliegenden Fall dem Zweck dient, ältere Menschen im Rahmen der Pflege oder volljährige behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen, handelt es sich vorliegend unstreitig um eine stationäre Einrichtung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG.
49
Gemäß Art. 3 Abs. 2 PfleWoqG haben der Träger und die Leitung einer derartigen stationären Einrichtung verschiedene im Einzelnen benannte Qualitätsanforderungen an deren Betrieb sicherzustellen. Dies betrifft nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 PfleWoqG unter anderem auch die angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner, wozu insbesondere auch der Einsatz ausreichend fachlich geeigneten Personals gehört. Zudem hat der Träger einer stationären Einrichtung nach Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG sicherzustellen, dass Pflege- und Betreuungskräfte in ausreichender Zahl und mit der für die von ihnen zu leistende Tätigkeit erforderlichen persönlichen und fachlichen Eignung vorhanden sind. Die zur Durchführung dieses Gesetzes nach Art. 25 PfleWoqG erlassene Ausführungsverordnung zum Pflege- und Wohnqualitätsgesetz schreibt in ihrem § 15 Abs. 1 Satz 1 vor, dass betreuende Tätigkeiten nur durch Fachkräfte oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrgenommen werden dürfen. Nach § 15 Abs. 4 AVPfleWoqG hat der Träger einer stationären Einrichtung durch Personaleinsatzplanung sicherzustellen, dass auch kurzfristige Ausfälle von Betreuungskräften unverzüglich ausgeglichen werden.
50
Nach Art. 11 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG überwachen die zuständigen Behörden - im vorliegenden Fall der Antragsgegner - die stationären Einrichtungen durch wiederkehrende oder anlassbezogene Prüfungen. Sind hierbei Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes, also Mängel festgestellt worden, soll die zuständige Behörde zunächst den Träger über die Möglichkeit zur Abstellung der Mängel beraten. Werden festgestellte Mängel nach einer derartigen Beratung nicht abgestellt, kann die zuständige Behörde gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG gegenüber dem Träger Anordnungen erlassen, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohner obliegenden Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung der stationären Einrichtung erforderlich sind. Werden erhebliche Mängel festgestellt, können derartige Anordnungen sofort ergehen.
51
Auf dieser Grundlage hat der Antragsgegner der Antragstellerin zu Recht angeordnet, im Wohnpflegeheim G. ab Bekanntgabe dieses Bescheides täglich in jeder Früh-, Spät- und Nachtschicht durchgängig, d.h. von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr, eine Pflegefachkraft einzusetzen.
52
Denn auf der Grundlage der Prüfung vom 9. Dezember 2020 hat der Antragsgegner mit Prüfbericht vom 26. Juli 2021 festgestellt, dass mehrfach der Früh- oder Spätdienst nur mit Hilfskräften besetzt war und dass an verschiedenen Tagen die Fachkraft den Nachtdienst bereits um 7:15 Uhr beendet hat, die Fachkraft des Frühdienstes jedoch erst um 7:30 Uhr den Dienst in der Einrichtung angetreten hat (vgl. Ziffer V. 2.1.2 des Prüfberichts).
53
Der Vortrag der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren lässt zudem nicht erkennen, dass bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides am 16. August 2021 die Antragstellerin eine durchgängige Besetzung aller Schichten mit einer Pflegefachkraft vorgenommen hätte. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin in der Folge Dienstpläne vorgelegt hätte, aus der eine durchgängige Besetzung aller Schichten mit einer Pflegefachkraft ersichtlich wäre. Vielmehr wird die mangelhafte Schichtbesetzung mit Problemen beim personellen Austausch zwischen den verschiedenen Einrichtungen aufgrund der Corona-Pandemie begründet und deutlich gemacht, es sei unmöglich, die aufgegebene Pflicht ab Bekanntgabe des Bescheides umzusetzen.
54
Mit den in Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG sowie in § 15 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG festgehaltenen Regelungen zur durchgängigen Besetzung aller Schichten mit einer Pflegefachkraft soll sichergestellt werden, dass Betreuungstätigkeiten, die eine bestimmte Sachkunde erfordern, fachgerecht durchgeführt werden, fachlich nicht geschulte Betreuungskräfte jederzeit auf einen kompetenten Ansprechpartner zurückgreifen können und in Notsituationen eine sofortige und angemessene Reaktion zu ihrer Abwendung möglich ist (Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, PfleWoqG, Kommentar, 2. Aufl. 2015, § 15 AVPfleWoqG Rn. 1; Art. 3 PfleWoqG Rn. 40).
55
Ein Verstoß gegen diese Vorschrift stellt einen erheblichen Mangel im Sinne des Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG dar, da in diesem Fall eine konkrete Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohnerinnen und Bewohner entstehen kann (Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, a.a.O., Art. 13 PfleWoqG Rn. 7). Erfolgt nämlich in einer jederzeit möglichen Notsituation eine fachlich nicht geeignete Reaktion einer fachlich nicht geschulten Betreuungsperson, ist nachvollziehbar, dass dies zu einer konkreten Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit führen kann.
56
Um derartige Gefahren abzuwenden, hat der Antragsgegner zu Recht die Anordnung in Ziffer 1 des Bescheidtenors getroffen und im Rahmen seines Ermessensspielraums hinreichend begründet. Dies gilt insbesondere unter Beachtung der Tatsache, dass der Antragsgegner mit dieser Anordnung lediglich eine für alle dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz unterfallenden stationären Einrichtungen bestehende gesetzliche Pflicht konkretisiert hat.
57
Dem kann die Antragstellerin nicht entgegenhalten, die Anordnung sei deshalb fehlerhaft, weil sie ab Bekanntgabe des Bescheides gelte und deshalb faktisch nicht ab dieser Sekunde umgesetzt werden könne. Denn der Antragsgegner hat die Antragstellerin bereits mit dem vorläufigen Prüfbericht vom 4. Mai 2021 sowie mit dem endgültigen Prüfbericht vom 26. Juli 2021 auf diesen erheblichen Mangel hingewiesen und zu dessen Beseitigung aufgefordert. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht durch kurzfristige Anordnung von Überstunden oder durch die Umschichtung von Personal zwischen den verschiedenen von ihr betriebenen stationären Einrichtungen der Anordnung nicht sofort hätte Folge leisten können. Beachtlich ist hierbei auch, dass jederzeit eine Notsituation entstehen kann, die die Anwesenheit einer entsprechend ausgebildeten Pflegefachkraft erforderlich macht und somit ein zeitliches Hinausschieben der Pflicht zur Erfüllung der Anordnung entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Betracht kommt.
58
Aus diesen Erwägungen ergibt sich die Rechtmäßigkeit der in Ziffer 1 des Bescheidtenors getroffenen Anordnung. Damit hat die Antragstellerin kein schutzwürdiges privates Interesse daran, von dessen Vollziehung verschont zu bleiben.
59
Auch Ziffer 2 des Bescheidtenors erweist sich im Rahmen der summarischen Überprüfung als rechtmäßig.
60
Die Anordnung stützt sich auf Art. 7 PfleWoqG, wonach der Träger nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung Aufzeichnungen über den Betrieb zu machen und die Qualitätssicherungsmaßnahmen und deren Ergebnisse so zu dokumentieren hat, dass der ordnungsgemäße Betrieb festgestellt werden kann.
61
Hierbei handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Führung einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung, die den zuständigen Behörden den notwendigen Einblick in die Strukturen der Einrichtung geben und die Prüf- und Anordnungsbefugnisse flankieren soll (Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, PfleWoqG, Kommentar, 2. Aufl. 2015, Art. 7 Rn. 1). Soweit der Träger diesen Pflichten nachkommt und die maßgeblichen Informationen ersichtlich sind, können ihm im Rahmen des Art. 7 PfleWoqG keine konkreten Vorgaben in Bezug auf die Form der Dokumentation gemacht werden (Lt-Drs. 15/10182, S. 18). Sind jedoch keine derartigen Dokumentationsstrukturen vorhanden, kann es der zuständigen Behörde nicht verwehrt werden, eine konkrete Dokumentationsstruktur zu benennen.
62
Im vorliegenden Fall hat dies der Antragsgegner mit der Anordnung getan, jeweils bis zum dritten Werktag des Monats unaufgefordert die im Aushang befindlichen Dienstpläne für den entsprechenden Monat vorzulegen. Der Antragsgegner hat im angefochtenen Bescheid nachvollziehbare Ausführungen zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit dieser Anordnung gemacht. Auch für das Gericht ist insbesondere kein milderes Mittel erkennbar, das eine angemessene Kontrolle der in Ziffer 1 des Bescheidtenors getätigten Anordnung ermöglichen könnte, zumal die Dienstpläne ohnehin für die Durchführung des Dienstes erstellt werden müssen. Da die Dokumentationspflicht dazu dient, die Behebung eines erheblichen Mangels zu überwachen, kann diese ebenfalls auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG ohne vorherige Beratung angeordnet werden.
63
Da sich die in Ziffer 2 des Bescheidtenors enthaltene Anordnung somit als rechtmäßig erweist, besteht kein schutzwürdiges privates Interesse der Antragsgegnerin, von deren Vollziehung verschont zu bleiben.
64
b) Die in den Ziffern 5 bis 8, 11 und 12 enthaltenen Anordnungen erweisen sich im Rahmen der summarischen Überprüfung zwar nicht als eindeutig, jedoch als voraussichtlich rechtmäßig, so dass das Gericht zusätzlich eine eigene Interessenabwägung vorzunehmen hat.
65
aa) Die genannten Anordnungen beruhen auf der Annahme des Antragsgegners, bei der von der Antragstellerin betriebenen stationären Einrichtung handele es sich um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe und nicht um eine reine Pflegeeinrichtung. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Argumentation, leistungsrechtlich handele es sich entsprechend den Verträgen mit den zuständigen Pflegekassen um eine Einrichtung der Altenhilfe; das Ordnungsrecht dürfe keine hiervon unabhängige Beurteilung vornehmen, sondern es sei an die leistungsrechtliche Einordnung gebunden. Dem kann das Gericht jedoch nicht folgen.
66
Auf der Ebene des Leistungsrechts finden sich die einschlägigen Vorschriften zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit im Elften Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (Art. 1 des Gesetzes vom 26.5.1994, BGBl. I S. 1014), zuletzt geändert durch Art. 2 Gesetz vom 11. Juli 2021 (BGBl. I S. 2754), - SGB XI - (vgl. hierzu § 1 SGB XI). Eine der Leistungsarten der sozialen Pflegeversicherung ist gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 8 SGB XI die vollstationäre Pflege. Entsprechend ihrem Pflegegrad (vgl. zu der diesbezüglichen Einteilung § 15 SGB XI) haben Pflegebedürftige nach § 43 Abs. 1 SGB XI Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen. Nach Abs. 2 der Vorschrift übernimmt die Pflegekasse (vgl. hierzu § 46 SGB XI) die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Die Pflegekassen haben nach § 69 Satz 1 SGB XI die pflegerische Versorgung in einem bestimmten Rahmen zu gewährleisten. Nach Satz 2 der Vorschrift schließen sich hierzu Versorgungsverträge mit den Trägern von Pflegeeinrichtungen. Gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XI dürfen die Pflegekassen stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht. Einzelheiten zu derartigen Versorgungsverträgen ergeben sich aus den weiteren Regelungen in § 72 und § 73 bis § 76 SGB XI. Zu Pflegeeinrichtungen in diesem Sinne zählen auch stationäre Pflegeeinrichtungen, bei denen es sich nach § 71 Abs. 2 SGB XI unter anderem um selbständige wirtschaftende Einrichtungen handelt, in denen Pflegebedürftige unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden. Keine Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI sind gemäß § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI unter anderem Räumlichkeiten, in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht. Leben in einer derartigen vollstationären Einrichtung im Sinne des § 71 Abs. 4 SGB XI, in der unter anderem die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft im Vordergrund des Einrichtungszwecks steht, pflegebedürftige Menschen der Pflegegrade 2 bis 5, so übernimmt nach § 43a Satz 1 SGB XI die Pflegekasse zur Abgeltung der diesbezüglichen Aufwendungen einen Teilbetrag der nach dem Neunten Buch vereinbarten Vergütung.
67
Auf der Ebene des Leistungsrechts finden sich weiterhin die einschlägigen Vorschriften für die Leistungen für von Behinderung bedrohte oder behinderte Menschen im Neunten Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Art. 1 des Gesetzes vom 23.12.2016, BGBl. I S. 3234), zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 5 Gesetz vom 16. Juni 2021 (BGBl. I S. 1810), - SGB IX -. Sie haben das Ziel, mittels entsprechender Leistungen die Selbstbestimmung und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (§ 1 Satz 1 SGB IX). Die diesbezüglichen Leistungen der Eingliederungshilfe sind in Teil 2 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch zusammengefasst. Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist es Aufgabe der Eingliederungshilfe, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Nach § 94 Abs. 1 SGB IX bestimmen die Länder die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe. Auf dieser Grundlage ist in Art. 66d Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) vom 8. Dezember 2006 (GVBl. S. 942), zuletzt geändert durch Art. 2 Gesetz vom 23. April 2021 (GVBl. S. 196) geregelt, dass die Träger der Eingliederungshilfe in Bayern die Bezirke sind. Diese haben gemäß § 95 SGB IX eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte sicherzustellen und hierzu nach Satz 2 der Vorschrift Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern abzuschließen. Einzelheiten zu diesen Vereinbarungen sind im Neunten Buch Sozialgesetzbuch Teil 2, Kapitel 8, Vertragsrecht (§ 123 ff.) geregelt. Insbesondere ist in § 125 SGB IX der Inhalt der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer festgelegt. Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten gemäß § 99 Abs. 1 SGB IX Menschen mit Behinderung, also Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnes-Beeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine derartige Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Weitere Voraussetzung für die Leistungsberechtigung ist, dass die Betroffenen wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IX erfüllt werden kann. Nach § 102 Abs. 1 SGB IX umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung und zur Sozialen Teilhabe. Werden die Leistungen der Eingliederungshilfe in vollstationärer Form erbracht, so gilt zusätzlich § 103 Abs. 1 SGB IX. Werden hiernach Leistungen der Eingliederungshilfe in Einrichtungen im Sinne des § 43a SGB XI erbracht, also in einer vollstationären Einrichtung, in der der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht (§ 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI), so umfasst die Leistung auch die Pflegeleistungen in diesen Räumlichkeiten. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber den Pflegeleistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch nicht nach § 91 Abs. 1 SGB IX nachrangig sind. Vielmehr sind sie gemäß § 91 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig, sondern sie bleiben unberührt. Die notwendige Hilfe in den Einrichtungen nach § 71 Abs. 4 SGB XI ist einschließlich der Pflegeleistung zu gewähren.
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Diese sehr komplexen Bestimmungen haben das Ziel, die Zuständigkeiten zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und den Pflegeversicherungsträgern zu regeln. Hierbei ist die Zielrichtung der Pflege die Kompensation von altersbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (Dinter, Die Entwicklung des Heimrechts auf der Ebene des Bundes und der Bundesländer, 2015, 7.6.1 a.E.). Ziel der Eingliederungshilfe ist demgegenüber die Förderung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (BT-Drs. 10/10523, S. 59). Leistungsberechtigte Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf sollen Leistungen einheitlich „aus einer Hand“ erhalten. Hierdurch wird das Leistungsspektrum der Eingliederungshilfe über den Leistungskatalog des § 102 Abs. 1 SGB IX hinaus erweitert. Pflegeleistungen in Einrichtungen nach § 71 Abs. 4 SGB XI werden somit als integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe erbracht (Kellner in BeckOK, Sozialrecht, 62. Edition, Stand: 1.9.2021, § 103 SGB IX Rn. 3 bis 5a; Jabben in Neumann/Pahlen/Greiner/Winkler/Jabben, Sozialgesetzbuch IX, 14. Aufl. 2020, § 93 SGB IX Rn. 6; Dinter, a.a.O.).
69
Mit diesem System werden zunächst die soziale Pflegeversicherung und die Eingliederungshilfe unabhängig voneinander und zugleich auch ihr Überlappungsbereich geregelt; damit wird auch die Finanzierungsverantwortung zwischen Bund und Ländern abgegrenzt. In diesem Zusammenhang ist es auch möglich, im Rahmen einer „Binnendifferenzierung“ eine stationäre Einrichtung zugleich als Einrichtung der Behinderungshilfe und als Pflegeeinrichtung zu betreiben. Hierfür werden entsprechende Vereinbarungen mit den unterschiedlichen Leistungsträgern abgeschlossen (Giesbert in BeckOK, Sozialrecht, 62. Edition, Stand: 1.9.2021, § 43a SGB XI Rn. 2).
70
Zwar dürfen die Pflegekassen stationäre Hilfe ausschließlich durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI besteht (Schütze in Utsching/Schütze, SGB XI, 5. Aufl. 2018, § 71 Rn. 2). Allerdings bindet ein derartiger Versorgungsvertrag eine stationäre Einrichtung nicht dahingehend, ausschließlich Personen auf der Basis von Leistungen der Pflegekassen aufzunehmen. Die Leistungen der Pflegekassen sind damit auf den Personenkreis der altersgebrechlichen Pflegebedürftigen beschränkt (Schütze, a.a.O., Rn. 12), nicht jedoch auf Einrichtungen, die ausschließlich derartige Personen aufnehmen. Im Übrigen ist es nicht immer zweifelsfrei zu ermitteln, welcher Versorgungszweck im Vordergrund steht. Die erklärte Ausrichtung einer Einrichtung als Abgrenzungskriterium ist nur dann geeignet, wenn sie dem tatsächlichen Betreuungsbedarf der Bewohner gerecht wird; andernfalls würde die vom Gesetzgeber bezweckte Risikobegrenzung unzulässig unterlaufen (Schütze, a.a.O., Rn. 13).
71
All dies macht deutlich, dass der Gesetzgeber mit den leistungsrechtlichen Regelungen des Neunten und des Elften Buchs Sozialgesetzbuch lediglich einen finanziell gerechten Ausgleich zwischen zwei unterschiedlichen Finanzierungssystemen schaffen wollte, also zwischen dem System der solidarisch durch Beiträge finanzierten Pflegeversicherung und dem System der staatlich finanzierten sozialen Absicherung von Menschen mit Behinderung und entsprechendem Eingliederungsbedarf. Es ist nicht erkennbar, dass dieses System über den finanziellen Schutz eines Versicherungsträgers bzw. eines Sozialleistungsträgers hinaus rechtlich (insbesondere ordnungsrechtlich) verbindliche Wirkungen entfalten soll. Damit wird deutlich, dass das Leistungsrecht keinen Einfluss auf die bzw. keine Bindungswirkung hinsichtlich der Frage hat, ob eine stationäre Einrichtung ihren Bewohnern tatsächlich Eingliederungshilfe oder Hilfe im Rahmen der Pflegebedürftigkeit leistet.
72
In diesem Zusammenhang ist auch das von der Antragstellerseite genannte Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16. September 2009 (S. 14 P 37/08) zu sehen. Im dortigen Verfahren wandte sich die Antragstellerin als Klägerin gegen die Kündigung des Versorgungsvertrages durch die beklagten Pflegekassen. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde gutachterlich festgestellt, dass die Einrichtung in G. im Wesentlichen - abstrakt - Leistungen der Pflege, nicht aber Leistungen der Eingliederungshilfe erbringt. Deshalb wurde der Klage stattgegeben. Demgegenüber hat sich das Sozialgericht nicht mit der Frage beschäftigt, ob die von der Einrichtung angebotenen (bloßen) Pflegeleistungen hinreichend für die tatsächlich in der Einrichtung untergebrachten Menschen sind oder ob diese einen über die Pflege hinausgehenden Eingliederungsbedarf haben. Damit kann aus dem Urteil lediglich die Konsequenz gezogen werden, dass in der Einrichtung pflegebedürftige Menschen auf der Grundlage einer Pflegeversicherung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch untergebracht werden dürfen. Demgegenüber kann ihm nicht entnommen werden, dass der Bedarf der zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens tatsächlich untergebrachten Menschen mit diesen Leistungen gedeckt ist. In welchem leistungsrechtlichen Rahmen - als Leistung der Eingliederungshilfe oder als Leistung der Pflegeversicherung - die zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vorhandenen Bewohner dort untergebracht waren, thematisiert das Urteil des Sozialgerichts nicht. Damit kann auch dieses Urteil keinen Einfluss auf die Frage haben, ob in ordnungsrechtlicher Hinsicht bezogen auf das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz die Einrichtung dem Zweck dient, ältere Menschen und pflegebedürftige Volljährige aufzunehmen oder volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen.
73
Auch dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz kann nicht entnommen werden, dass die Frage, ob eine stationäre Einrichtung gemäß dessen Art. 2 Abs. 1 Satz 1 dem Zweck dient, ältere Menschen, pflegebedürftige Volljährige oder volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen, von bestehenden Verträgen zwischen der Einrichtung und Trägern der Pflegeversicherung einerseits oder Trägern der Eingliederungshilfe andererseits abhängig wäre. Vielmehr macht Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG den Zweck des Gesetzes deutlich, nämlich die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse pflege- und betreuungsbedürftiger Menschen als Bewohnerinnen und Bewohner stationärer Einrichtungen vor Beeinträchtigung zu schützen. Dieses zunächst abstrakt formulierte Ziel ist Grundlage der konkreten Qualitätsanforderungen im zweiten, auf stationäre Einrichtungen bezogenen Teil des Gesetzes. Damit steht die Ergebnisqualität als Maßstab und Ziel der ordnungsrechtlichen Vorgaben im Vordergrund; mit den effizienten Befugnissen zur Umsetzung dieser ordnungsrechtlichen Vorgaben hat der Staat die Möglichkeit und die Aufgabe, der Sicherheit seiner Bewohner auch in einem Heim Rechnung zu tragen (Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, PfleWoqG, Kommentar, 2. Aufl. 2015, Einführung am Ende und Art. 1 Rn. 2 und Rn. 7).
74
Welche Leistungen eine stationäre Einrichtung allerdings konkret zu erbringen hat (die auf der Grundlage von Art. 13 PfleWoqG ordnungsrechtlich erzwingbar sind), hängt auch von deren Konzeption ab. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 Nr. 11 PfleWoqG, wonach der Träger einer stationären Einrichtung sicherzustellen hat, dass eine fachliche Konzeption verfolgt wird, die gewährleistet, dass die Vorgaben der Nrn. 1 bis 10 umgesetzt werden und diese fachliche Konzeption mit der baulichen Umsetzung übereinstimmt. Ob Menschen, die auf der Grundlage dieser fachlichen Konzeption in dieser Einrichtung leben möchten, allerdings zuverlässig die Übernahme der hierdurch entstehenden Kosten durch einen entsprechenden Sozialleistungsträger beanspruchen können, hängt davon ab, ob die Einrichtung mit einem Träger der Eingliederungshilfe eine Leistungsvereinbarung nach § 95 Satz 2 und §§ 123 ff. SGB IX und/oder mit einem Träger der sozialen Pflegeversicherung einen Versorgungsvertrag nach § 69 Satz 2 und §§ 72 ff. SGB IX abgeschlossen hat. Das Vorhandensein solcher Versorgungsverträge nach § 72 SGB XI und Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII (nunmehr § 125 SGB IX) hat nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 5 und 6 PfleWoqG derjenige, der den Betrieb einer stationären Einrichtung aufnehmen will, der zuständigen Behörde anzuzeigen. Damit wird in der Praxis des Betriebs einer stationären Einrichtung die Gestaltung der Konzeption von den Vorgaben der Leistungsträger beeinflusst. Diesbezüglich sieht Art. 13 Abs. 3 PfleWoqG eine Kooperation zwischen der Heimaufsicht und den Trägern der Sozialhilfe (nicht aber den Trägern der Pflegeversicherung) vor, denn Anordnungen der Heimaufsicht können eine Erhöhung von deren Vergütung zur Folge haben. Allerdings löst die Vorschrift den Konflikt zwischen Kostendämpfung und Sicherstellung der Qualitätsanforderungen zugunsten der Qualitätssicherung auf (Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, PfleWoqG, Kommentar, 2. Aufl. 2015, Art. 13 Rn. 10; vgl. hierzu auch LT-Drs. 15/10182, Begründung A III 3, wonach die erforderlichen Eilbefugnisse der zuständigen Behörden zur Gefahrenabwehr gewährleistet werden).
75
Darüber hinaus sieht Art. 12 Abs. 4 PfleWoqG lediglich eine Beteiligung der Träger der Sozialhilfe und der Pflegekassen an der Beratung des Trägers der Einrichtung bei Mängeln vor, außer bei einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit der Bewohner. Wird diese Beteiligung unterlassen, hat dies allerdings keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit eines danach ergangenen Anordnungsbescheids nach Art. 13 PfleWoqG (OVG NRW, B.v. 3.7.2009 - 12 A 2630/07 - juris; Sozialrecht aktuell 2009, Rn. 41 bis 43 m.w.N.). Gegebenenfalls müssen die bestehenden Vergütungsvereinbarungen im Wege des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gekündigt werden (Philipp in Philipp, Pflege- und Wohnqualitätsgesetz Bayern, 2015, F Heimaufsicht Rn. 81).
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Zudem sieht § 47 AVPfleWoqG lediglich eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Trägern der Sozialhilfe und mit den Pflegekassen vor. Dessen Ziel ist die Verbesserung des Schutzes der Interessen und Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Sicherung einer angemessenen Qualität des Wohnens und der Betreuung in stationären Einrichtungen sowie die Sicherung einer angemessenen Qualität der Überwachung. Auch dies macht deutlich, dass das ordnungsrechtliche Ziel des Schutzes im Vordergrund steht und vorrangig ist. Damit haben die Leistungsträger zwar faktischen Einfluss auf die Arbeit der Einrichtungsträger, jedoch ist das Ordnungsrecht nicht an das Leistungsrecht gebunden.
77
Darüber hinaus entscheidet sich die Frage, welche Leistungen die Einrichtung zu erbringen hat, nach den Inhalten der Heimverträge, die sie mit den Bewohnerinnen und Bewohnern geschlossen hat (Philipp in Philipp, Pflege- und Wohnqualitätsgesetz Bayern, 2015, C Rn. 1 bis 7).
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Dem Schutzgedanken des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes entspricht es allerdings, dass Konzept und Heimverträge der Realität entsprechen müssen. Ist das Konzept demgegenüber rein tatsächlich nicht kompatibel mit den Menschen, die in der Einrichtung wohnen, oder sieht der Heimvertrag Leistungen nicht vor, deren der Heimbewohner aber - tatsächlich oder rechtlich - zwingend bedarf, kann sich der Träger nicht an Konzept und Vertrag festhalten, sondern er muss um des Schutzes der ihm anvertrauten Bewohner willen diejenigen Leistungen erbringen, die zur Erfüllung der Vorgaben des Art. 1 Abs. 1 PfleWoqG unerlässlich sind. Denn Ziel des Gesetzgebers war es, die Befugnisse der zuständigen Behörden im Fall von Miss-Ständen zuerst am Wohl der Bewohner zu orientieren. Demgegenüber wurde die früher geltende Regelung in § 16 Abs. 2 und § 17 Abs. 2 HeimG, wonach bei Maßnahmen der zuständigen Behörden im Fall von Mängeln in einem Heim stets das Einvernehmen mit den Kostenträgern anzustreben war, wenn diese Maßnahmen Auswirkungen auf die Kostenstruktur der Einrichtung haben konnten, dahingehend modifiziert, dass die erforderlichen Eilbefugnisse der zuständigen Behörden zur Gefahrenabwehr gewährleistet wurden (LT-Drs. 15/10182, Begründung A III 3, S. 16).
79
Aus alledem ergibt sich, dass das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz als Ordnungsrecht zum Schutz der Bewohner und Bewohnerinnen einer vollstationären Einrichtung unabhängig von anderen, insbesondere leistungsrechtlichen Regelungen ausgestaltet ist (vgl. hierzu auch Dickmann in Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl. 2014, C II Rn. 6). Die Tatsache, dass das entsprechende im Land Bremen geltende Gesetz (§ 2 Abs. 1 BremWoBeG) sowie das im Land Rheinland-Pfalz geltende Gesetz (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LWTG) dies ausdrücklich regeln, das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz jedoch nicht, lässt nicht den Schluss zu, die Rechtslage in Bayern sei absichtlich anders ausgestaltet als in den beiden genannten Bundesländern.
80
Demnach ist allein das Ordnungsrecht in Form des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes maßgeblich für die Beantwortung der Frage, ob es sich im vorliegenden Fall um eine stationäre Einrichtung handelt, die dem Zweck dient, ältere Menschen und pflegebedürftige Volljährige aufzunehmen oder die dem Zweck dient, volljährige Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen und ob demzufolge die in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 PfleWoqG enthaltenen entsprechenden Qualitätsanforderungen zu erfüllen sind.
81
bb) Auf dieser Grundlage ergibt sich im Rahmen der summarischen Prüfung, dass es sich voraussichtlich um eine stationäre Einrichtung handelt, die dem Zweck dient, volljährige behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen. Zumindest spricht sehr viel dafür, dass tatsächlich Menschen aus diesem Personenkreis in der Einrichtung leben. Dies ergibt sich aus Folgendem:
82
Im sozialen Betreuungskonzept der Antragstellerin für ihre Einrichtungen - und damit auch für die vorliegende Einrichtung in G. - ist als Zielgruppe der Kreis der schwerst-geistig behinderten pflegebedürftigen Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen wie etwa Impulsstörungen, Autismus, Schizophrenie, Psychosen etc. benannt. Ziel der sozialen Betreuung ist es unter anderem, durch Zusatzangebote die Gemeinschaft zu fördern und einer möglichen Isolation der Bewohner entgegen zu wirken. Mit einem allgemeinen Beschäftigungsangebot soll die Ausgeglichenheit, Selbständigkeit und der Eigenantrieb der Bewohner erhalten werden. Die Strukturierung des Tages und eine sinnvolle Beschäftigung soll die Bewohner motivieren und zum Erhalt des Selbstwertes beitragen, zudem das geistige, seelische und körperliche Wohlbefinden fördern und die Pflege unterstützen. Unter anderem sind zur Erreichung dieser Ziele Freizeitangebote, Einzelförderung, Gruppenangebote an Beschäftigung, Ausflüge, der gemeinsame Besuch von Veranstaltungen und regelmäßige Freizeitangebote in Gruppen (z.B. Filmnachmittage, Spaziergänge, Gesellschaftsspiele, Singen, Tanzen, Musizieren) vorgesehen. Für die schwerst pflegebedürftigen bettlägerigen Bewohner wird Einzelbetreuung wie z.B. Massage, basale Stimulation usw. angeboten. Schon dieses Betreuungskonzept macht deutlich, dass die stationäre Einrichtung auf die Aufnahme von behinderten oder von Behinderung bedrohter Menschen ausgerichtet ist. Dies wird bestätigt durch die Homepage der Antragstellerin (...). Hiernach ist die M. & V.... ... eine beschützende Einrichtung für geistig behinderte und psychisch langzeiterkrankte, pflegebedürftige Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten. Ziel ist ein abwechslungsreiches, auf die Bewohner/innen abgestimmtes Leistungsangebot. Die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Bewohner/innen sollen erhalten, bzw. geweckt und verbessert, ihre Defizite angenommen und berücksichtigt werden.
83
Demgegenüber ist ein Hauskonzept oder ein Pflegekonzept in den einschlägigen Verwaltungsakten nicht vorhanden. Ein solches ist auch seitens der Antragstellerin nicht vorgelegt worden. Dies wird im Widerspruchsverfahren und in einem möglichen Hauptsacheverfahren zusätzlich heranzuziehen sein.
84
Weiterhin ergibt sich aus einer in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen von der Antragstellerin erstellten Bewohnerliste für die streitgegenständliche Einrichtung (Stand: 27.10.2020), dass Kostenträger für alle zwölf Bewohnerinnen und Bewohner der Bezirk Unterfranken bzw. der Bezirk Mittelfranken ist. Die entsprechenden Bewilligungsbescheide des Bezirks Unterfranken bzw. Mittelfranken sind in den Verwaltungsakten nicht vorhanden und werden im Widerspruchsverfahren bzw. in einem möglichen Hauptsacheverfahren hinzugezogen werden müssen. Dennoch spricht allein aus dieser Angabe schon sehr viel dafür, dass Basis der Kostentragung der Eingliederungshilfebedarf der Bewohnerinnen und Bewohner ist. Gleiches ergibt sich auch aus den in der Bewohnerliste aufgeführten Diagnosen, die sich allesamt im Bereich geistige Behinderung, seelische Behinderung, (ausgeprägte) Verhaltensstörung, Autismus, Impulskontrollverlust und Schizophrenie bewegen. Weiterhin ergibt sich aus der Bewohnerliste, dass mit Ausnahme einer Bewohnerin alle Bewohnerinnen und Bewohner deutlich vor Beginn des Rentenalters in die Einrichtung aufgenommen worden sind und dass lediglich vier von zwölf Bewohnerinnen und Bewohnern derzeit das Renteneintrittsalter erreicht haben. Dies spricht dafür, dass sie nicht aufgrund einer Altersgebrechlichkeit mit daraus folgender Pflegebedürftigkeit in die Einrichtung aufgenommen worden sind. Zudem sind sechs der Bewohnerinnen und Bewohner bereits vor mehr als 20 Jahren in die Einrichtung aufgenommen worden, lediglich eine Person hält sich dort kürzer als fünf Jahre auf. Auch dies spricht gegen einen Aufenthalt aus Altersgebrechlichkeit mit entsprechender relativ zeitnaher Mortalität.
85
Zu berücksichtigen ist weiterhin die in den Behördenakten (Bl. ........) enthaltene Kopie einer Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII vom ... … zwischen der Antragstellerin und dem Sozialhilfeträger Bezirk Unterfranken. Hieraus ergibt sich, dass ein Aufschlag für zusätzliche Eingliederungsmaßnahmen in Höhe von 32,66 EUR täglich zusätzlich zum vereinbarten Pflegesatz und Entgelt bezahlt wird. In einer hierauf bezogenen Mail vom 17. Mai 2013 hat der Bezirk Unterfranken dem Antragsgegner mitgeteilt, dieser Eingliederungszuschlag beinhalte 0,31 Planstellen pro Platz für „sonst. Personal wie Erzieher, HEP oder HK etc. keine Pflegekräfte“. Auch dies spricht gegen den Charakter der Einrichtung als reines Pflegeheim und für eine Einrichtung für volljährige behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen. Dies wird durch den Aktenvermerk des Antragsgegners vom 14. Oktober 2021 gestützt, wonach der Bezirk Unterfranken nach dessen telefonischer Auskunft der Antragstellerin für ihre Einrichtung in G. einen Aufschlag für zusätzliche Eingliederungsmaßnahmen in Höhe von 40,00 EUR pro Bewohner und Tag leistet. Die o.g. Vereinbarung vom ... … gilt für die Zeit vom ...; es bleibt im Hauptsacheverfahren zu prüfen, ob eine entsprechende Verlängerung erfolgt ist. Allerdings hat sich seit diesem Zeitraum die Belegung des Heimes - wie die Antragsgegnerin dargelegt hat - nicht wesentlich geändert. Die von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2021 vorgelegte Vereinbarung gemäß § 75 ff. SGB XII vom ... … betreffend den Zeitraum vom ... enthält lediglich eine Vergütungsvereinbarung ohne zu einem Aufschlag für zusätzliche Eingliederungsmaßnahmen Stellung zu nehmen. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass ein derartiger Aufschlag nicht anderweitig vereinbart worden wäre.
86
Auch wenn das Hauskonzept und die Leistungsbewilligungsbescheide des Bezirks Unterfranken bzw. des Bezirks Mittelfranken im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht vorgelegt worden sind, ergibt sich aus den vorhandenen Unterlagen deutlich, dass abstrakt gesehen das soziale Betreuungskonzept und konkret die Belegung der Einrichtung mit den Bewohnerinnen und Bewohnern stark dafür sprechen, dass die Einrichtung dem Zweck dient, volljährige behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen.
87
Demgegenüber hat die Antragstellerin eingewendet, trotz der behinderungsbedingten Problematik stehe die Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner im Vordergrund mit der Folge, dass es sich um eine reine Pflegeeinrichtung handele. Dem kann das Gericht jedoch nicht folgen, denn die Pflegebedürftigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner folgt nicht aus einer möglichen Altersgebrechlichkeit, sondern in erster Linie aus der behinderungsbedingten Situation. Die diesbezügliche Pflege dient damit wiederum dem Eingliederungshilfebedarf. Hierfür sprechen auch die schon oben genannten Diagnosen der Bewohnerinnen und Bewohner, die einen extrem hohen Eingliederungshilfebedarf erkennen lassen. Demgegenüber sind die zuerkannten Pflegegrade von ihrer Höhe her im Wesentlichen nicht vergleichbar. Auch dies spricht dafür, dass die behinderungsbedingte Situation und damit der Eingliederungshilfebedarf im Vordergrund steht. Im Übrigen werden im Widerspruchsverfahren bzw. in einem möglichen Hauptsacheverfahren die nach dem Gesetz zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- und Betreuungsleistungen (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz - WBVG - vom 29.7.2009, BGBl. I S. 2319), zuletzt geändert durch Art. 12 Gesetz vom 30. November 2019 (BGBl. I S. 1948) zwischen der Antragstellerin und den Bewohnerinnen und Bewohnern geschlossenen Wohn- und Betreuungsverträge und die darin enthaltenen Leistungspflichten zu berücksichtigen seien. Auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 und Abs. 3 WBVG werden auch hier Rückschlüsse auf die hier entscheidungserhebliche Frage nach dem Zweck der stationären Einrichtung zu ziehen sein.
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Gleiches gilt für die nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PfleWoqG dem Antragsgegner vorzulegenden Versorgungsverträge nach § 72 SGB XI.
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cc) Handelt es sich bei der streitgegenständlichen stationären Einrichtung - wie oben ausgeführt - voraussichtlich um eine solche, die dem Zweck dient, volljährige behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen aufzunehmen, so sind die in den Ziffern 5 bis 8, 11 und 12 des Bescheides vom 16. August 2021 getroffenen Anordnungen nicht zu beanstanden.
90
Ziffer 5 des Bescheides vom 16. August 2021 hat der Antragsgegner auf Art. 3 Abs. 2 Nr. 9 PfleWoqG gestützt, wonach sicherzustellen ist, dass die Eingliederung und möglichst selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben der Gemeinschaft gefördert werden und das Konzept darauf ausgerichtet ist, insbesondere die sozialpädagogische Betreuung und heilpädagogische Förderung zu gewährleisten. Es ist für das Gericht nachvollziehbar, hierunter auch geplante und strukturierte Einzelbeschäftigungen und Gruppenangebote zu subsumieren. Zu Recht hat der Antragsgegner diese Anordnung für erforderlich und geeignet gehalten und zu Recht auch kein milderes Mittel gesehen. Bei diesem Mangel handelt es sich um einen wiederholten Mangel (vgl. Prüfbericht vom 17.9.2020, III 1), so dass nach der erfolglosen Beratung nun eine Anordnung nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG ergehen kann.
91
Auch die Anordnung in Ziffer 6, zum Nachweis der Erfüllung der Anordnung in Ziffer 5 des Bescheides die entsprechenden Wochenpläne über die Gruppenangebote, Einzelbeschäftigungen und erfolgten Ausflüge vorzulegen, ist nicht zu beanstanden. Da nach Art. 7 PfleWoqG ohnehin entsprechende Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bestehen, ist die Vorlage der entsprechenden Wochenpläne geeignet, um die Einhaltung der unter Ziffer 5 ausgesprochenen Anordnung zu überprüfen, ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich.
92
Auch die Anordnung, dass der Nachweis der Entwicklung des Betreuungsangebotes ab Bekanntgabe des Bescheides jeweils monatlich vorzulegen ist, ist nicht zu beanstanden. Die Wahl des Begriffes „Entwicklung“ in Ziffern 5 und 6 des Bescheides macht deutlich, dass es sich hierbei um einen Prozess handelt, der zwar ab Bekanntgabe des Bescheides begonnen werden soll, zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht abgeschlossen sein kann. Zum Nachweis des Voranschreitens dieses Entwicklungsprozesses ist es geeignet und verhältnismäßig, die Vorlage der Wochenpläne ab Bekanntgabe des Bescheides und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt zu fordern.
93
Die Anordnung in Ziffer 7 des Bescheides vom 16. August 2021 ist ebenfalls auf Art. 3 Abs. 2 Nr. 9 PfleWoqG gestützt und damit begründet, zur Eingliederung und selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gemeinschaft gehöre auch eine gezielte und umfassende Hilfe für die Integration in das Berufs- und Erwerbsleben. Hierunter subsumiert der Antragsgegner nachvollziehbar beispielsweise den Besuch einer Förderstätte, einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung oder einer tagesstrukturierenden Einrichtung für Menschen nach dem Erwerbsleben. Der Antragsgegner hat die Anordnung auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 1 PfleWoqG zu Recht für erforderlich gehalten, zumal es sich um einen wiederholten Mangel handelt (vgl. Prüfbericht vom 17.9.2020, Ziffer III 1.1.1). Die Anordnung ist zur Erreichung des Ziels geeignet und mangels milderer Mittel angemessen.
94
Gleiches gilt für die Anordnung in Ziffer 8 des Bescheides, die sich zusätzlich auf Art. 7 PfleWoqG stützt. Die Vorlage einer Aufstellung über Art und Umfang des zweiten Lebensbereiches je Bewohnerin bzw. Bewohner ist zur Überprüfung erforderlich, geeignet und angesichts der nach Art. 7 PfleWoqG bestehenden Aufzeichnungspflicht angemessen. Allerdings ist es sachgerecht, in etwa den Zeitraum, den das vorliegende Verfahren in Anspruch genommen hat, auf die zeitlichen Vorgaben des Antragsgegners aufzuschlagen, so dass die Antragstellerin die Nachweispflicht bis zum 28. Februar 2022 zu erfüllen hat.
95
Die Anordnung in Ziffer 11 des Bescheides, spätestens ab 1. Januar 2022 mindestens zwei pädagogische Fachkräfte zu beschäftigen, hat der Antragsgegner zu Recht auf Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG gestützt. Es ist nachvollziehbar, dass für die Bewohnerinnen und Bewohner als Menschen mit einem sehr komplexen Behinderungsbild und entsprechendem Eingliederungshilfebedarf entsprechendes pädagogisches Personal vorhanden sein muss. Zu Recht vertritt der Antragsgegner die Auffassung, auf diese Art und Weise könne sichergestellt werden, dass die Bewohnerinnen und Bewohner gemessen an ihren Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnissen individuell gefördert werden. Auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 PfleWoqG hat der Antragsgegner die Anordnung zu Recht für erforderlich gehalten, dies auch unter dem Aspekt, dass es sich um einen erheblichen Mangel handelt. Denn es ist zumindest im Rahmen der summarischen Überprüfung nachvollziehbar, dass das Fehlen pädagogischer Fachkräfte zu Gefahren für die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner führen kann (Burmeister/Gaßner/Mälzer/Müller, PfleWoqG, Kommentar, 2. Aufl. 2015, Art. 13 PfleWoqG Rn. 7). Zu Recht hat der Antragsgegner die Anordnung für geeignet gehalten, um eine fachliche Betreuung zu gewährleisten und die entsprechende Gefährdung zu verhindern. Ein milderes Mittel zur Erreichung der entsprechenden Betreuung ist nicht erkennbar.
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Allerdings ist es angemessen, in etwa den Zeitraum, den das vorliegende Verfahren in Anspruch genommen hat, auf die zeitlichen Vorgaben des Antragsgegners aufzuschlagen, so dass die Antragstellerin die Nachweispflicht bis zum 1. März 2022 zu erfüllen hat.
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In diesem Zusammenhang ist auch Ziffer 12 des Bescheides nicht zu beanstanden. Die Vorlage der Kopien der Arbeitsverträge des beschäftigten pädagogischen Personals ist geeignet zur Überprüfung, ob die unter Ziffer 11 des Bescheides ausgesprochene Anordnung befolgt worden ist. Ein milderes Mittel ist nicht erkennbar, zumal im Rahmen des Art. 7 PfleWoqG eine entsprechende Dokumentationspflicht ohnehin besteht.
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Allerdings ist es angemessen, in etwa den Zeitraum, den das vorliegende Verfahren in Anspruch genommen hat, auf die zeitlichen Vorgaben des Antragsgegners aufzuschlagen, so dass die Antragstellerin die Nachweispflicht bis zum 28. Februar 2022 zu erfüllen hat.
99
Da die genannten Anordnungen auf der Grundlage der beschriebenen Erwägungen lediglich voraussichtlich rechtmäßig sind, hat das Gericht eine eigene Interessenabwägung vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der in Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG enthaltenen oben dargestellten gesetzlichen Wertung und unter Berücksichtigung der absoluten Schutzbedürftigkeit der hochgradig hilflosen Bewohnerinnen und Bewohner sowie unter Hintanstellung der wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin, die nicht nachvollziehbar deutlich gemacht hat, hierdurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten, führt diese Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung von Ziffern 5, 6, 7, 8, 11 und 12 des Bescheides vom 16. August 2021 das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs überwiegt. Damit ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16. August 2021 hinsichtlich seiner Ziffern 5, 6, 7, 8, 11 und 12 abzulehnen.
100
3. Demgegenüber ist dem Antrag hinsichtlich der Ziffern 3, 4, 9 und 10 stattzugeben. Dies ergibt sich unabhängig von der Frage, ob diese Anordnungen ansonsten rechtmäßig wären - dies lässt das Gericht ausdrücklich offen - allein daraus, dass das erforderliche Verfahren nicht eingehalten worden ist. Denn stellt die zuständige Behörde bei der Überprüfung einer stationären Einrichtung nach Art. 11 Abs. 1 PfleWoqG Mängel, also Abweichungen von den Anforderungen an dieses Gesetz, fest, so soll die Behörde gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG den Träger zunächst über die Möglichkeiten zur Abstellung der Mängel beraten. Erst dann, wenn festgestellte Mängel nach dieser Beratung nicht abgestellt werden, kann die zuständige Behörde gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG gegenüber dem Träger Anordnungen wie die vorliegenden in Ziffern 3, 4, 9 und 10 erlassen. Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich gemäß Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG bei erheblichen Mängeln.
101
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner im Prüfbericht vom 26. Juli 2021 unter Ziffer IV 1.1 festgestellt, dass in den letzten beiden Jahren lediglich zwei Schulungen im Bereich der pädagogischen Weiterqualifizierung in der Arbeit mit Menschen für Behinderung stattgefunden haben und die Antragsgegnerin unter Ziffer IV 1.3.1 dahingehend beraten, den Mitarbeitern der Einrichtung mindestens zwei von verschiedenen im einzelnen genannten Fortbildungen unter Heranziehung von externen Fachreferenten jährlich anzubieten. Der Antragsgegnerin hat dies nicht als erheblichen Mangel, sondern aus Sicht des Gerichts zu Recht als einfachen Mangel gewertet. Allerdings ist für das Gericht nicht erkennbar, dass dieser Mangel bereits zuvor festgestellt und nach einer Beratung nicht abgestellt worden ist. Lediglich im Prüfbericht vom 10. November 2014 auf der Grundlage der Begehung am 1. Oktober 2014 ist unter Ziffer III 4.1.1 festgehalten, dass momentan die Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten nur eingeschränkt möglich sind. Unter Ziffer III 4.3.1 ist eine Beratung dahingehend erfolgt, den in der stationären Einrichtung tätigen Personen Gelegenheit zu geben, an tätigkeitsbezogenen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen und den festgestellten Qualifizierungsbedarf zu berücksichtigen. Allerdings findet sich keine entsprechende Mangelfeststellung in den Prüfberichten vom 19. März 2015 und vom 11. Dezember 2017, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Beratung Erfolg hatte und entsprechende Schulungen oder Qualifizierungsmaßnahmen angeboten worden sind. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Prüfbericht vom 26. Juli 2021 hinsichtlich dieses Mangels lediglich auf die letzten beiden Jahre abstellt. Dies bedeutet, dass es sich vorliegend bei dem im Prüfbericht vom 10. November 2014 festgestellten Mangel und bei dem im Prüfbericht vom 26. Juli 2021 festgestellten Mangel nicht um einen identischen mehrmals festgestellten Mangel handelt. Vielmehr ist der im Jahr 2014 festgestellte Mangel behoben worden und im Jahr 2021 ist ein neuer Mangel aufgetreten, so dass eine Anordnung nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG erst nach einer weiteren Überprüfung mit der erneuten Feststellung dieses Mangels zulässig ist. Damit erweist sich Ziffer 3 und in der Folge auch Ziffer 4 des Bescheides vom 16. August 2021 als rechtswidrig.
102
Gleiches gilt für Ziffer 9 des streitgegenständlichen Bescheides. Hier wird die Antragstellerin verpflichtet, für die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung eine angemessene Förder- und Hilfeplanung nach dem allgemeinen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erstellen. Ebenfalls unabhängig von der auch hier vom Gericht ausdrücklich offen gelassenen Rechtmäßigkeit dieser Anordnung im Übrigen ist auch hier nicht erkennbar, dass es sich um einen wiederholten Mangel im oben genannten Sinn handelt. Im Prüfbericht vom 26. Juli 2021 hat der Antragsgegner unter Ziffer IV.5.1 festgestellt, dass das als Förderplanung geltende Formular in den letzten zwei Jahren nicht geändert oder fortentwickelt worden ist. Die Antragstellerin wurde dahingehend beraten sicherzustellen, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung für die Bewohnerinnen und Bewohner Förder- und Hilfepläne aufzustellen und deren Umsetzungen aufzuzeichnen.
103
Eine entsprechende Feststellung und diesbezügliche Beratung hinsichtlich des identischen Mangels ist im Prüfbericht vom 20. Juli 2020 nicht eindeutig enthalten. Unter dessen Ziffer III 1.1.3 ist festgehalten, in Bezug auf die freiwilligen Beschäftigungsangebote seien Ziele und Methoden zum Erreichen dieser Ziele bei einigen Bewohnern seit über einem Jahr nicht reflektiert und neu dokumentiert worden. Dies sei für den Erfolg solcher Angebote jedoch wichtig. Unter Ziffer III 1.3.3 wird die Antragstellerin dahingehend beraten, das Erreichen der Ziele sollte kontrolliert werden und bei Nichterreichen sollte überlegt werden, inwieweit die Zielsetzung noch realistisch sei oder ob nicht andere Methoden und Maßnahmen zum Verwirklichen der Zielvorgaben sinnvoller seien. Dies ist nicht identisch mit der Aufstellung von Förder- und Hilfsplänen und der Aufzeichnung von deren Umsetzungen. Dies ergibt sich schon daraus, dass nunmehr im Prüfbericht vom 26. Juli 2021 darauf abgestellt wird, dass die vorhandene - möglicherweise nicht aktuelle und damit mangelhafte - Dokumentation „Freiwilliges Beschäftigungsangebot“ gerade keine Förder- und Hilfeplanung darstellt. Demzufolge wird dahingehend beraten, Förder- und Hilfepläne aufzustellen. Demgegenüber wird im Prüfbericht vom 17. September 2020 allein auf die für ein Jahr fehlende Reflexion der Ziele und Methoden hinsichtlich der freiwilligen Beschäftigungsangebote abgestellt und dahingehend beraten, zu überlegen, inwieweit die Zielsetzung noch realistisch ist.
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Da demnach zu dem in Ziffer 9 des streitgegenständlichen Bescheides aufgegriffenen Mangel keine vorherige Beratung stattgefunden hat, ist die Anordnung in Ziffer 9 des Bescheides sowie in der Folge auch diejenige in Ziffer 10 des Bescheides fehlerhaft und rechtswidrig.
105
Damit besteht hinsichtlich der Ziffern 3, 4, 9 und 10 des Bescheides vom 16. August 2021 kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes. Dem Antrag war insoweit stattzugeben.
106
4. Hinsichtlich seiner Ziffern 13 bis 24, mit denen Zwangsgelder zur Durchsetzung der in Ziffern 1 bis 13 auferlegten Pflichten angedroht werden, erweist sich der Bescheid vom 16. August 2021 im Rahmen der summarischen Überprüfung als rechtswidrig.
107
Hinsichtlich der Ziffern 15, 16, 21 und 22 ergibt sich dies schon daraus, dass - wie oben ausgeführt - die entsprechenden Anordnungen in den Ziffern 3, 4, 9 und 10 rechtswidrig sind. Unabhängig hiervon und im Übrigen gilt Folgendes:
108
Gemäß Art. 29 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. November 1970 (BayRS II S. 232), zuletzt geändert durch § 1 Gesetz vom 15. Mai 2018 (GVBl S. 260) können Verwaltungsakte, mit denen unter anderem die Vornahme einer sonstigen Handlung gefordert wird, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Als Zwangsmittel benennt Art. 29 Abs. 2 Nr. 1 VwZVG unter anderem das Zwangsgeld. Durch ein solches Zwangsgeld kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen zur Erfüllung der Pflicht unter anderem zu einer Handlung anhalten, wenn diese nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Nach Satz 2 der Vorschrift soll es das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG müssen die Zwangsmittel und damit auch das Zwangsgeld schriftlich angedroht werden. Hierbei ist nach Satz 2 der Vorschrift für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Nach Art. 36 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 VwZVG kann die Androhung mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung aufgegeben wird; sie soll mit ihm unter anderem dann verbunden werden, wenn den Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung zukommt. Nach Art. 36 Abs. 5 VwZVG ist der Betrag des Zwangsgeldes in bestimmter Höhe anzuordnen. Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine neue Androhung erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist.
109
Aus der letztgenannten Vorschrift ergibt sich, dass sogenannte „wiederkehrende Zwangsgelder“ nicht zulässig sind. Es darf lediglich ein einziges Zwangsgeld angedroht und nur in Form einer erneuten selbständigen Androhung wiederholt und gegebenenfalls gesteigert werden (BayVGH, B.v. 13.10.1986 - 22 CS 86.01950 - NVwZ 1987, 512), wenn die vorausgegangene Androhung ohne Erfolg geblieben ist. Dies ist erst dann der Fall, wenn der Pflichtige innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist der Anordnung nicht nachgekommen ist. Erst dann kann die Behörde sinnvoll prüfen, ob und mit welcher Maßgabe ein weiteres Zwangsmittel notwendig ist und somit ihr Ermessen pflichtgemäß ausüben. Eine erfolglose Anwendung des Zwangsmittels ist vor der Androhung eines weiteren Zwangsmittels jedoch nicht erforderlich (vgl. zu allem: Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, Art. 36 VwZVG IV 1 m.w.N.; Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: 1.3.2021, Art. 36 VwZVG Rn. 9 m.w.N.). Daher ist die Androhung eines Zwangsgeldes „für jede Zuwiderhandlung“ unzulässig, ebenso eine Zwangsgeldandrohung, die für jeden Tag eines Verstoßes gegen den Grundverwaltungsakt ein Zwangsgeld androht, weil die Erfolglosigkeit eines angedrohten Zwangsmittels Voraussetzung für die neuerliche Androhung des gleichen oder eines anderen Zwangsmittels ist (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, a.a.O., Art. 36 VwZVG Rn. 14 m.w.N.).
110
Auf dieser Grundlage erweisen sich die in Ziffern 13, 14, 15, 16, 18, 20, 22, 23 und 24 angedrohten Zwangsgelder schon deshalb als rechtswidrig, weil sie gegen Art. 36 Abs. 6 Satz 1 VwZVG verstoßen. Sie drohen jeweils ein in der Höhe genau bestimmtes Zwangsgeld nicht ein einziges Mal an, sondern mehrfach je Wochentag, je Säumnistag, je Kalenderjahr bzw. je Monat.
111
Eine „Reduzierung“ des Zwangsgeldes durch das Gericht in der Weise, dass lediglich die erstmalige Androhung rechtmäßig, die wiederholte Androhung jedoch rechtswidrig ist, kommt nicht in Betracht. Denn es ist schon nicht klar, ob der Antragsgegner ein Zwangsgeld in genau dieser Höhe angedroht hätte, wäre ihm bewusst gewesen, dass ein „wiederkehrendes Zwangsgeld“ unzulässig ist. Demzufolge kann der Antragsgegner lediglich erneut in einem selbständigen Verwaltungsakt ein einmaliges Zwangsgeld in einer von ihm zu bestimmenden Höhe androhen.
112
Die in Ziffern 17, 19 und 21 angedrohten Zwangsgelder verstoßen gegen Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, wonach für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen ist.
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Handelt es sich nicht um eine Unterlassungs- oder eine Duldungspflicht, sondern um eine Pflicht zur Vornahme einer Handlung, so ist die Androhung eines diesbezüglichen Zwangsgeldes ohne Fristsetzung rechtswidrig und leidet möglicherweise sogar an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG (Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, Art. 36 II 2a) m.w.N.; VG Würzburg, B.v. 24.11.2020 - W 4 S 20.1674 - juris Rn. 19; Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: März 2021, Art. 36 VwZVG Rn. 6 am Ende speziell zur Androhung eines Zwangsgeldes in Bayern).
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Entgegen dieser Vorschrift wird in Ziffern 17, 19 und 21 des Bescheids vom 16. August 2021 jeweils ein Zwangsgeld angedroht, ohne dass eine diesbezügliche Frist benannt werden würde. Damit erweisen sich auch diese Ziffern als rechtswidrig.
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Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die Ziffern 16, 22 und 24 möglicherweise zu unbestimmt sind, weil sie ein einheitliches Zwangsgeld zur Durchsetzung mehrerer unterschiedlicher Handlungen androhen (vgl. zu dieser Problematik: Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand: Januar 2021, Art. 31 VwZVG II 1; Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand: März 2021, Art. 36 VwZVG Rn. 1; BayVGH, B.v. 26.9.2012 - 1 CS 12.1730 - juris Rn. 29).
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Da sich somit die in den Ziffern 13 bis 24 des angefochtenen Bescheides enthaltenen Zwangsgeldandrohungen aus den genannten Gründen bereits im Rahmen der summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweisen, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. Insoweit war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16. August 2021 anzuordnen.
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5. Im Rahmen der Kostenentscheidung bewertet das Gericht das Verhältnis zwischen den in den Ziffern 1 bis 12 des angegriffenen Bescheides enthaltenen Anordnungen und den in den Ziffern 13 bis 24 enthaltene Zwangsgeldandrohungen im Verhältnis von 7/8 zu 1/8. Hierbei orientiert sich das Gericht an Ziffer 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung am 31.5./1.6.2012 und 18.7.2013 beschlossenen Änderungen. Da die Antragstellerin hinsichtlich der in den Ziffern 1 bis 12 enthaltenen Anordnungen zu einem Drittel obsiegt hat (nämlich hinsichtlich der Ziffern 3, 4, 9 und 10) und hinsichtlich der Ziffern 13 bis 24 zur Gänze obsiegt hat, berechnet sich hieraus für sie eine Kostentragungspflicht in Höhe von 14/24 bzw. 7/12, für den Antragsgegner in Höhe von 10/24 bzw. 5/12.
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6. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus Folgendem:
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Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß Abs. 2 der Vorschrift ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzusetzen. In diesem Rahmen orientiert sich das Gericht am schon genannten Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Weiterhin nimmt das Gericht hinsichtlich der Ziffern 1 bis 12 des angefochtenen Bescheides jeweils eine wirtschaftliche Identität zwischen der einzelnen Anordnung an sich und der damit im Zusammenhang stehenden Anordnung zum entsprechenden Nachweis an (Hug in Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 27. Aufl. 2021, Anhang § 164 Rn. 11/Klagehäufung).
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Zudem berücksichtigt das Gericht die in Nr. 1.7.2 des Streitwertkataloges enthaltene Anmerkung, wonach es für die Streitwertfestsetzung grundsätzlich außer Betracht bleibt, wenn in einem angefochtenen Bescheid neben einer Grundverfügung zugleich ein Zwangsgeld angedroht wird.
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Auf dieser Grundlage bewertet das Gericht die Ziffern 1 und 2 des Bescheides einheitlich mit 5.000,00 EUR, ebenso die Ziffern 3 und 4, da der Sach- und Streitstand jeweils keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts bietet. Hinsichtlich der Ziffern 5 und 6 des Bescheides orientiert sich das Gericht an der in Ziffer 17 des Bescheides enthaltenen Zwangsgeldandrohung in Höhe von 500,00 EUR je Bewohner, was bei zwölf Bewohnern zu einem Streitwert von 6.000,00 EUR führt. Gleiches gilt jeweils für die in Ziffer 7 und 8 bzw. in den Ziffern 9 und 10 enthaltenen Anordnungen. Die in Ziffern 11 und 12 enthaltenen Anordnungen bewertet das Gericht unter Berücksichtigung von Nr. 21.1 des Streitwertkatalogs mit den für beide pädagogische Fachkräfte anfallenden voraussichtlichen Jahresgehältern. Hinsichtlich deren Höhe orientiert sich das Gericht an Ziffer 23 des angefochtenen Bescheides, wo von einem Wert von 5.000,00 EUR je fehlender pädagogischer Fachkraft und Monat ausgegangen wird. Hieraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von 120.000,00 EUR für Ziffern 11 und 12.
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Hieraus errechnet sich ein Gesamtbetrag von 148.000,00 EUR, der gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf ein Halb, also 74.000,00 EUR reduziert wird.