Inhalt

VG München, Gerichtsbescheid v. 23.02.2021 – M 7 K 19.5903, M 7 K 20.191
Titel:

Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit aufgrund einer Freitheitsstrafe wegen Vermögensdelikten

Normenketten:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b, § 45 Abs. 2 S. 1, § 46 Abs. 2
BJagdG § 18 S. 1, 3
Leitsätze:
1. § 5 Abs. 1 WaffG sieht - gerade auch in Abgrenzung zur Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 WaffG - keine Härtefallregelung vor. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WaffG in der Person des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis vor, so folgt daraus zwingend, dass diese Person die für eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Frage, ob ein Ausnahmefall iSv § 5 Abs. 2 WaffG vorliegt, der ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnte, ist bei einem Strafmaß, welches durch eine Gesamtstrafenbildung zustande gekommen ist, auf die Gesamtstrafe abzustellen, ohne zwischen den zugrundeliegenden einzelnen Strafen zu differenzieren. (Rn. 28) (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aufgrund der Wirkung einer Sperrfrist gemäß § 18 S. 3 BJagdG ist die Jagdbehörde nicht verpflichtet, einen Antrag auf Erteilung eines neuen Jagdscheins während der Dauer der Sperrfrist dahin zu überprüfen, ob der für die Entziehung des Jagdscheins maßgebende Grund noch besteht. Sie kann vielmehr die Versagung allein mit der Sperrfrist begründen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse, Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins, Rechtskräftige Verurteilung zu Freiheitsstrafe über einem Jahr, Zehnjährige Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheins
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.01.2022 – 24 ZB 21.983
Fundstelle:
BeckRS 2021, 42484

Tenor

I. Die Verfahren M 7 K 19.5903 und M 7 K 20.191 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Klagen werden abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten beider Verfahren zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich im Verfahren M 7 K 19.5903 gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten sowie gegen die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 28. Oktober 2019 sowie im Verfahren M 7 K 20.191 gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins und die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts vom 11. Dezember 2019.
2
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts … vom … Juli 2018 (3500 Js …*) - rechtskräftig seit dem 7. August 2018 - wurde gegen den Kläger wegen Unterschlagung in neun Fällen in Tatmehrheit mit Untreue in 15 Fällen gemäß § 246 Abs. 1, Abs. 2, § 266 Abs. 1, § 53, § 54 Strafgesetzbuch - StGB - eine Freiheitsstrafe von einem Jahr festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
3
Mit Schreiben vom 3. Juni 2019 teilte die Waffenbehörde des Landratsamts dem Kläger mit, dass dieser auf Grund der o.g. Verurteilung nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG besitze. Es werde daher beabsichtigt, dessen Waffenbesitzkarten zu widerrufen.
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Der Bevollmächtigte des Klägers erklärte daraufhin mit Schriftsatz vom … Juni 2019, der Strafbefehl sei erfolgt, obwohl der Kläger nicht vorbestraft gewesen sei und der Tatvorwurf maximal eine Geldstrafe unter 60 Tagessätzen gerechtfertigt hätte. Es liege daher eine Ausnahme von der Regelvermutung vor. Nach einer Gesamtschau der Tatumstände sei von einem atypischen Fall auszugehen, bei dem es ausnahmsweise gerechtfertigt sei, von der Regelvermutung abzuweichen. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger durch den Strafbefehl und nicht durch eine Hauptverhandlung verurteilt worden sei. Daher seien die positiven Argumente für den Kläger nicht im Rahmen einer Hauptverhandlung gewürdigt worden. Zudem sei das Strafmaß nur durch eine Gesamtstrafenbildung zustande gekommen. Des Weiteren habe der Kläger den Strafbefehl akzeptiert, was ein Indiz dafür sei, dass er den Unrechtsgehalt seiner Taten einsehe. Die Akzeptanz der Strafhöhe sei im Irrtum der Richtigkeit der Freiheitsstrafe erfolgt. Zudem sei der Kläger weiter strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Weiterhin spiele auch die Art des Delikts eine Rolle. Es sei so, dass zur Verwirklichung des Tatbestandes der Unterschlagung oder Untreue im Fall des Klägers von einer geringen kriminellen Energie auszugehen sei, da er mehr durch die Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht und getrieben von dem Willen seinem Arbeitgeber höhere Renditen zu verschaffen als Angestellter den Tatbestand verwirklicht habe als durch bewusstes, zielgerichtetes Handeln.
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Mit weiterem Schreiben vom 10. Oktober 2019 teilte die Jagdbehörde des Landratsamts dem Kläger mit, dass nunmehr auch beabsichtigt werde, dessen Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, da dieser nicht mehr die für einen Jagdscheininhaber erforderliche persönliche Eignung und Zuverlässigkeit nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG besitze.
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Mit Bescheid vom 28. Oktober 2019 - zugestellt am 30. Oktober 2019 - widerrief das Landratsamt die für den Kläger ausgestellten Waffenbesitzkarten Nr. … und Nr. … (Nr. I.1). Der Kläger wurde verpflichtet, die in seinem Besitz befindlichen, nachfolgend einzeln aufgeführten Waffen und Munition innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt hierüber einen Nachweis zu erbringen. Für den Fall, dass der Kläger dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkomme, würden die Waffen und die Munition sichergestellt (Nr. I.2). Des Weiteren wurde der Kläger verpflichtet, die Waffenbesitzkarten Nr. … und Nr. … innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung dieses Bescheids beim Landratsamt abzugeben (Nr. I.3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. I.2 und I.3 dieses Bescheids wurde angeordnet (Nr. I.4). Für den Fall, dass der Verpflichtung in Nr. I.3 nicht innerhalb der genannten Frist nachgekommen werde, werde je Erlaubnis ein Zwangsgeld in Höhe von 300,- EUR zur Zahlung fällig (Nr. I.5). Dem Kläger wurden die Kosten für diesen Bescheid auferlegt. Zudem wurden eine Gebühr in Höhe von 80,- EUR sowie Auslagen in Höhe von 4,11 EUR festgesetzt (Nr. I.6).
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Zur Begründung wurde ausgeführt, der Widerruf der Waffenbesitzkarten beruhe auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG. Der Kläger besitze auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts … nicht mehr die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Die Äußerung, das zu Grunde liegende Strafurteil sei (bezüglich der Strafhöhe) im Ergebnis falsch, sei bei der Beurteilung der Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG unbeachtlich. Das Aufrollen eines Strafprozesses widerspreche dem Zweck des § 5 Abs. 1 WaffG, der nicht darauf abstelle, weshalb ein Strafausspruch in bestimmter Höhe verhängt worden und wie die Verurteilung zustande gekommen sei. Durch das gerichtlich verhängte Strafmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe richte sich die waffenrechtliche Beurteilung nach § 5 Abs. 1 WaffG (absolute Unzuverlässigkeit). Auf welcher materiell strafrechtlichen Basis die Verurteilung erfolgt sei, sei für die waffenrechtlichen Konsequenzen unbeachtlich. Maßgebend für die absolute waffenrechtliche Unzuverlässigkeit sei nur das Strafmaß. Die zu Tage getretene und rechtskräftig abgeurteilte Verletzung der Rechtsordnung sei von einem solchen Gewicht, dass das Vertrauen in die Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen für die Dauer der Zehnjahresfrist als nicht wieder herstellbar anzusehen sei. Die Anordnung in Nr. I.2 werde auf § 46 Abs. 2 WaffG gestützt, die in Nr. I.3 auf § 46 Abs. 1 WaffG. Die sofortige Vollziehung der Nrn. I.2 und I.3 sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Es könne nicht hingenommen werden, dass die Anordnungen zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnis dem Betroffenen bis zum Abschluss eines evtl. Verwaltungsgerichtsverfahrens belassen würden. Ein diesbezüglich möglicher Missbrauch gebiete die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Persönliche Interessen des Betroffenen hätten hier zurückzustehen. In die Würdigung der Gesamtumstände sei die Gesamtpersönlichkeit sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mit einzubeziehen. Die Unterschlagung in neun Fällen in Tatmehrheit mit Untreue in 15 Fällen wecke den Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit. Diese Zweifel seien auch dafür erheblich, ob der Kläger als Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis ein Risiko darstelle, das nach den Maßstäben des Gesetzes nicht hingenommen werden könne. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei vorliegend geeignet und notwendig, um die nötige Schutzwirkung entfalten zu können. Die Androhung des Zwangsgelds in Nr. I.5 basiere auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes - VwZVG, die Kostenentscheidung auf den einschlägigen Normen des Kostenrechts.
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Mit Bescheid vom 11. Dezember 2019 - zugestellt am 16. Dezember 2019 - erklärte das Landratsamt zudem den bis zum 31. März 2020 gültigen Jagdschein Nr. * … ab sofort für ungültig und zog diesen ein (Nr. 1). Für die Wiedererteilung des Jagdscheins wurde eine Sperrfrist von 10 Jahren ab der letzten rechtskräftigen Verurteilung vom 7. August 2018 festgesetzt (Nr. 2). Der Kläger wurde verpflichtet, den in Nr. 1 benannten Jagdschein innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheids beim Landratsamt abzugeben (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 wurde angeordnet (Nr. 4). Für den Fall, dass der in Nr. 3 genannten Pflicht nicht fristgerecht nachgekommen werde, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,- EUR zur Zahlung fällig. Dem Kläger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und es wurde eine Gebühr in Höhe von 90,- EUR festgesetzt (Nr. 6).
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Zur Begründung wurde ausgeführt, die jagdrechtliche Entscheidung stütze sich auf § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG. Dem Kläger fehle die persönliche Zuverlässigkeit im Sinne des Jagd- und Waffenrechts, da dieser durch rechtskräftigen Strafbefehl wegen Unterschlagung in neun Fällen in Tatmehrheit mit Untreue in 15 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden sei. Die Prüfung der Höhe und Rechtmäßigkeit des Strafbefehls obliege nicht der Jagdbehörde. Zur Durchsetzung der absoluten Unzuverlässigkeit habe die Festsetzung der Sperrfrist gemäß § 18 Satz 3 BJagdG angeordnet werden können. Die Sperre sei nach pflichtgemäßem Ermessen anzuordnen gewesen, da keine Anhaltspunkte erkennbar seien, um die nach § 5 WaffG maßgebliche Zehnjahresfrist zu verkürzen. Die sofortige Vollziehung sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Der Kläger besitze derzeit nicht die jagdrechtlich erforderliche Zuverlässigkeit. Es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, Inhaber von jagd- und waffenrechtlichen Erlaubnissen, die sich als unzulässig im Sinne der einschlägigen Gesetze erwiesen hätten, mit sofortiger Wirkung vom weiteren Umgang mit Schusswaffen auszuschließen. Wegen der besonderen Sicherheitsbelange im Jagd- und Waffenrecht reiche die festgestellte Unzuverlässigkeit des Betroffenen auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung von Maßnahmen, weil Waffen in Händen von unzuverlässigen Personen für die Gemeinschaft nicht hinnehmbare Gefahren darstellen würden. Das persönliche Interesse des Klägers am weiteren Besitz des Jagdscheins, seiner waffenrechtlichen Erlaubnis, seiner Schusswaffen und Munition bis zur rechtskräftigen Entscheidung über möglicherweise eingelegte Rechtsbehelfe gegen diesen Bescheid müsse gegenüber dem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Beendigung der jagd- und waffenrechtlichen Erlaubnis zurücktreten. Die Androhung des Zwangsgeldes in Nr. 5 stütze sich auf Art. 29, 30, 31, und 36 VwZVG. Die Kostenentscheidung beruhe auf den einschlägigen Vorschriften des Kostenrechts.
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Der Bevollmächtigte des Klägers hat am … November 2019 Klage gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2019 (M 7 K 19.5903) sowie zudem Klage gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2019 (M 7 K 20.191) erhoben.
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Zur Begründung wird jeweils das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom … Juni 2019 wiederholt. Ergänzend hierzu wird im Wesentlichen vorgetragen, das Landratsamt habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob bei geringer Schuld im strafrechtlichen Sinn eine Verfehlung als ordnungsrechtlich relevant gewertet werden könne. Es habe nicht gewürdigt, dass der Kläger auch im Nachhinein strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten sei sowie, dass dieser nach Kräften versuche, den entstandenen Schaden zu tilgen, obwohl ihm dies durch das Amtsgericht nicht auferlegt worden sei. Es habe nicht gewürdigt, dass der Kläger durch eine falsche anwaltliche Beratung keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts … eingelegt habe. Zudem hätte jede der verhängten Einzelstrafen 60 Tagessätze nicht erreicht. Dem müsse Rechnung getragen werden. Der Kläger selbst führe bezüglich seiner abgeurteilten Taten aus, dass seit dem Jahr 2014 die Stimmung in der Firma, für die er tätig gewesen sei, zu seinen Lasten gekippt sei. Man habe diesen als zu alt und mit zu viel arbeitsrechtlichen Ansprüchen auf Urlaub erkannt. Das Vorhalten sei Mobbing nahegekommen. Der Kläger habe Barzahlungen von Kunden an sich genommen und in der Firma der Buchhaltung in bar übergeben. Er habe das Geld nicht behalten wollen. Er habe sich aber hierfür keine Quittung ausstellen lassen, was ihm schließlich vom Arbeitgeber vorgehalten worden sei. Gegen die Klage beim Arbeitsgericht und gegen den Strafbefehl habe der Kläger weisungsgemäß auf Rat seines Anwalts nichts unternommen. Das Verhalten des Klägers sei nicht von Eigennutz oder Vorteilsuche geprägt. Das Urteil und der Strafbefehl seien zustande gekommen, da der Kläger sich auf die Beratung des Freundes der Familie verlassen habe. Der Kläger sei seit 30 Jahren mit derselben Frau verheiratet. Diese sei nicht vorbestraft. Das Kind sei … geworden. Er selbst habe wieder Fuß gefasst zusammen mit seiner Frau. Zusammen hätten diese die Eltern gepflegt und seien erst in die Nähe des Sohnes gezogen, als die Schwiegermutter und der Vater keine Hilfe mehr benötigt hätten. Das Jagen sei für den Kläger eine Leidenschaft. Mit den Waffen habe dieser nie eine vorwerfbare Handlung begangen. Die Waffen seien auch ordnungsgemäß verwahrt. Es sei immer das Bemühen des Klägers gewesen rechtens im Staat zu leben, aber auch bei Engpässen zu helfen. Dies sei ihm schließlich zum Verhängnis geworden. Dieser habe auch durch die Bewährungsstrafe hieraus gelernt.
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Der Kläger beantragt im Verfahren M 7 K 19.5903:
Den Bescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2019 dergestalt, dass die von der Kreisverwaltung … … für den Kläger ausgestellten Waffenbesitzkarten Nr. … und Nr. … widerrufen werden sowie, dass der Kläger verpflichtet wird, die in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt … hierüber einen Nachweis zu erbringen und die Verpflichtung des Klägers die Waffenbesitzkarten beim Landratsamt … abzugeben, aufzuheben.
im Verfahren M 7 K 20.191:
Den Bescheid des Beklagten vom 11. Dezember 2019 zu Geschäftszeichen … in der Gestalt, dass der bis zum 31. März 2020 gültige Jagdschein Nr. * … des Klägers ab sofort für ungültig erklärt und eingezogen würde, sowie für die Wiedererteilung des Jagdscheins eine Sperrfrist von zehn Jahren ab der letzten rechtskräftigen Verurteilung vom 7. August 2018 festzusetzen und den Kläger zu verpflichten, den in Nr. 1 benannten Jagdschein unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheids bei der Beklagten abzugeben, aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt jeweils,
die Klage abzuweisen.
14
Der Beklagte verweist zur Begründung jeweils auf den streitgegenständlichen Bescheid und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, die Waffenbesitzkarten sowie der Jagdschein des Klägers hätten vom Landratsamt widerrufen bzw. für ungültig erklärt und eingezogen werden müssen, weil nachträglich Tatsachen eingetreten seien, die zur Versagung seines Antrages mangels erforderlicher Zuverlässigkeit hätten führen müssen. § 5 Abs. 1 WaffG nenne die Fälle der absoluten Unzuverlässigkeit. Liege ein derartiger Fall absoluter Unzuverlässigkeit vor, sei der Antrag auf eine Erlaubnis abzulehnen bzw. diese zu widerrufen. In § 5 Abs. 1 WaffG sei in Abgrenzung zur Regelunzuverlässigkeit nach Abs. 2 keine Härtefallregelung vorgesehen. Die vom Klägerbevollmächtigten geschilderten Tatbestände, die eine Regelunzuverlässigkeit begründen würden, seien in diesem Fall nicht gegeben, da im Falle des Klägers aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung durch Strafbefehl vom 13. Juli 2018 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr eine absolute Unzuverlässigkeit gegeben sei. Eine Sperrzeit von zehn Jahren ab Rechtskraft der strafgerichtlichen Entscheidung sei angesichts der Schwere der Delikte angemessen und erforderlich und auch die geeignete Maßnahme, um sich in dieser Zeit durch eigenes Verhalten, das Vertrauen in die erforderliche Zuverlässigkeit zu verdienen.
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Mit Schreiben vom … April 2020 sowie vom … Juli 2020 äußerte sich der Klägerbevollmächtigte erneut dahingehend, dass der Strafbefehl infolge eines anwaltlichen Beratungsfehlers durch den Kläger akzeptiert worden sei. § 5 Abs. 1 WaffG gehe von der Tatsache aus, dass die Freiheitsstrafe tatsächlich im Rahmen eines ordentlichen Strafverfahrens gefällt worden sei. Fehler, die aufgrund einer anwaltlichen Falschberatung entstanden seien, müssten vom Gericht beachtet werden, wie in der Strafsache ein Wiederaufnahmetatbestand. Komme man zu einer tatsächlich anderen Bewertung der Straftat, handele es sich nicht mehr um einen Fall absoluter Unzuverlässigkeit. Für diesen Fall gelte es die Härtefallregelungen zu prüfen. Selbst wenn die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins rechtmäßig wäre, sei die für die Wiedererteilung des Jagdscheins ausgesetzte Sperrfrist von zehn Jahren ab der letzten rechtskräftigen Verurteilung als zu hoch anzusehen. Die Sperre für die Höchstfrist von zehn Jahren müsse von der Behörde ausführlich begründet werden. Dies habe die Behörde unterlassen. Darüber hinaus könne die Anordnung aufgehoben bzw. die Sperre verkürzt werden, weil der Kläger bereits nachgewiesen habe, dass er keine Bewährungsauflagen durch das Amtsgericht … erteilt bekommen habe - was sich im Strafrecht als ungewöhnlich darstelle - und dass er bis jetzt straffrei lebe und einer geordneten Tätigkeit nachgehe.
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Mit Schriftsatz vom … November 2019 sowie mit Schriftsatz vom … Januar 2020 hatte der Klägerbevollmächtigte neben den in der Hauptsache betriebenen Verfahren jeweils Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (M 7 S 19.5905 und M 7 S 20.192). Mit Beschluss vom 23. April 2020 hat die Kammer beide Anträge im einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Juni 2020 (24 CS 20.1226 und 24 CS 20.1260) zurückgewiesen.
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Die Parteien wurden jeweils mit Schreiben vom 24. August 2020 zu einer Entscheidung mittels Gerichtsbescheid angehört. Der Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 3. bzw. 9. September 2020 mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid in beiden Verfahren einverstanden. Auch seitens des Klägers wurde jeweils mit Schreiben vom 23. September 2020 mitgeteilt, dass grundsätzlich Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid bestehe. Dabei wurde ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, es sei durch das Gericht zu würdigen, dass hier ausnahmsweise Gründe vorlägen, die eine Überprüfung der strafrechtlichen Verurteilung veranlassen könnten. Der Kläger habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass er von seinem damaligen Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Bedeutung und Tragweite falsch beraten gewesen sei. Die aus dem Strafbefehl dem Gericht erkennbaren Vorwürfe beträfen ausnahmslos die Medizinbranche und das Arbeitsverhältnis des Klägers mit seinem damaligen Arbeitgeber, wobei der Kläger im Hinblick auf seinen Arbeitgeber versucht habe, diesem Wettbewerbsvorteile dadurch zu verschaffen, dass er Kunden zufrieden stellte. Der Kläger sei nur aus dieser Sache einmalig vorbestraft, habe auch im Verkehrszentralregister keine Eintragungen und lebe weiterhin straffrei. Hinsichtlich der Sperrfrist habe sich der Beklagte nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, warum hier die Höchstfrist anzusetzen sei, obwohl der Kläger vor dieser Verurteilung keine Eintragungen im Bundeszentralregister gehabt habe. Die Behörde habe die notwendigen Auskünfte nach § 5 Abs. 2 WaffG nicht erhoben. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass durch den Strafbefehl gar nicht geklärt worden sei, ob die vorgeworfenen Taten so und in der im Strafbefehl festgelegten Geldsummenhöhe überhaupt entstanden seien und welche subjektiven Elemente den Kläger dazu bewogen hätten, für seinen Arbeitgeber Gelder zu generieren. Die Feststellung des Landratsamts, die Verhängung einer Sperrfrist von zehn Jahren ab Rechtskraft der strafgerichtlichen Entscheidung sei angesichts der Häufigkeit und Schwere der Delikte angemessen, sei eben nicht geprüft worden und deshalb falsch.
18
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Verfahren, die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten in den beiden Eilverfahren M 7 S 19.5905 und M 7 S 20.192 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Verfahrensverbindung erfolgt gemäß § 93 VwGO. Beiden Verfahren liegt derselbe Ausgangssachverhalt zu Grunde, so dass die Verfahrensverbindung im Interesse einer zweckmäßigen Gestaltung des Verfahrens erfolgt.
20
Die Klagen haben keinen Erfolg.
21
Die Klagen sind unbegründet, sodass offen bleiben kann, ob dem Kläger im Hinblick auf seine Klage gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins in Nr. 1 des Bescheides vom 11. Dezember 2019 das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt bzw. dieses mit dem Ablauf der Geltungsdauer des Jagdscheins zum 31. März 2020 nachträglich entfallen ist.
22
Sowohl der Bescheid vom 28. Oktober 2019 als auch der Bescheid vom 11. Dezember 2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarten sowie an der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins.
23
Der Widerruf der Waffenbesitzkarten in Nr. I.1 des Bescheids vom 28. Oktober 2019 ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG rechtmäßig.
24
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarten nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
25
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, die rechtskräftig verurteilt worden sind wegen vorsätzlicher Straftaten, die kein Verbrechen sind, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind.
26
Gegen den Kläger wurde mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 13. Juli 2018 wegen Vergehen gemäß § 246 Abs. 1, Abs. 2, § 266 Abs. 1, § 53, § 54 StGB eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Der Strafbefehl steht dabei nach § 410 Abs. 3 StPO einem rechtskräftigem Strafurteil gleich, so dass vorliegend auf den im Strafbefehl erfolgten Strafausspruch abzustellen ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2007 - 19 CS 06.2210 - juris Rn. 25).
27
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers vorbringt, es liege eine Ausnahme von der Regelvermutung vor, vermag er mit diesem Einwand nicht durchzudringen. Denn für die Fälle des § 5 Abs. 1 WaffG ist - gerade auch in Abgrenzung zur Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 WaffG - keine Härtefallregelung vorgesehen. Im Fall der Nummer 1 ist die zu Tage getretene und rechtskräftig abgeurteilte Verletzung der Rechtsordnung vielmehr von einem solchen Gewicht, dass das Vertrauen in die Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen für die Dauer der Zehnjahresfrist als nicht wieder herstellbar anzusehen ist (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 54). Liegen somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG in der Person des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis vor, so folgt daraus zwingend, dass diese Person die für eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2015 - 21 ZB 15.1908 - juris Rn. 11).
28
Im Übrigen wäre ein solcher Ausnahmefall i.S.v. § 5 Abs. 2 WaffG, der vorliegend ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnte, nicht gegeben.
29
Denn bei einer rechtskräftigen Verurteilung ist zunächst ohnehin von der Richtigkeit der Verurteilung auszugehen und die Prüfung dahingehend zu beschränken, ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Satz 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ausgeräumt ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2007 - 21 ZB 06.2540 - Rn. 5 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 22.4.1992 - 1 B 61/92 - zum früheren § 5 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976). Dies betrifft nicht nur die materiell-rechtliche Richtigkeit des Urteils bzw. Strafbefehls, sondern auch die Strafzumessung. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass die strafrechtliche Beurteilung auf einem Irrtum beruht oder die Verwaltungsbehörde und das Verwaltungsgericht im Stande sind, den Vorfall besser und richtiger zu beurteilen, kommt eine Abweichung von einem rechtskräftigen Urteil bzw. Strafbefehl in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 22.4.1992 - 1 B 61/92 - juris Rn. 6). Vorliegend besteht kein Anlass, an der Richtigkeit des Strafbefehls, insbesondere an dem verhängten Strafmaß, zu zweifeln. Insbesondere vermag das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten keinen Ausnahmefall zu begründen. Soweit dieser anführt, der Kläger habe durch eine falsche anwaltliche Beratung keine Rechtsmittel gegen den Strafbefehl eingelegt, ist zu berücksichtigen, dass der Kläger ohne weiteres die Möglichkeit gehabt hätte, Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen und diesen, mitunter auch unter Ausschöpfung des Instanzenzuges, von den Strafgerichten überprüfen zu lassen. Hiervon hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Es obliegt jedoch dem Betroffenen selbst, seine Rechte im Instanzenzug der Strafgerichtsbarkeit wahrzunehmen (vgl. z.B. VG München, B.v. 4.11.2015 - M 7 S 15.4236 - juris Rn. 20). Unerheblich ist dabei auch, aus welchen Motiven der Kläger auf die Einlegung eines Rechtsmittels gegen den Strafbefehl verzichtet hat (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 - 21 ZB 12.1340 - juris Rn. 11; vgl. auch B.v. 12.2.2007 - 19 CS 06.2210 - juris Rn. 25; VG Karlsruhe, U.v. 17.9.2014 - 5 K 1333/14 - juris Rn. 46 ff.).
30
Des Weiteren kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 - 3 B 12/08 - juris Rn. 5 m.w.N.; vgl. auch BayVGH in st. Rspr., z.B. B.v. 4.3.2016 - 21 CS 15.2718 - juris Rn. 13) eine Abweichung von der Regelvermutung nur dann in Betracht, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind. Maßstab für das Vorliegen eines Ausnahmefalls, der die Verfehlung des Betroffenen in einem milderen, von der waffenrechtlichen Regelwertung abweichenden Licht erscheinen lassen kann, ist allein die Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen wie sie in seinem damaligen Verhalten zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, B.v. 18.9.1991 - 1 CB 24.91 - juris Rn. 5).
31
Auch unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs lässt sich in Bezug auf die vom Kläger begangene Straftat, wie sie der Verurteilung zu Grunde gelegt wurde, kein Ausnahmefall feststellen. Denn vorliegend hat die Tat weder Bagatellcharakter noch erscheint sie aufgrund von Besonderheiten im Verhalten des Klägers in einem milderen Licht. Bereits die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr spricht gegen ein Bagatelldelikt. Zudem bestanden auf Basis des dem Strafbefehl zu Grunde liegenden Sachverhalts keine Gründe für das Landratsamt, um an der Richtigkeit der strafrechtlichen Entscheidung zu zweifeln. Auch der Einwand des Klägerbevollmächtigten, das Strafmaß sei nur durch eine Gesamtstrafenbildung zustande gekommen und jede der verhängten Einzelstrafen hätte 60 Tagessätze nicht erreicht, vermag die Tat nicht in einem besonders milden Licht erscheinen lassen. Denn vorliegend ist auf die Gesamtstrafe abzustellen, ohne zwischen den zugrundeliegenden einzelnen Strafen zu differenzieren (vgl. VG Bayreuth, U.v. 27.9.2007 - B 1 K 07.464 - juris Rn. 18; VG Saarlouis, U.v. 15.12.2009 - 1 K 50/09 - juris Rn. 57 f. m.w.N.; vgl. auch zu § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG BayVGH, B.v. 10.1.2007 - 21 ZB 06.3007 - juris Rn. 5;). Im Übrigen ist die Regelvermutung grundsätzlich nicht schon dann entkräftet, wenn der Betroffene - wie vorliegend - ansonsten strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2014 - 21 CS 14.2330 - juris Rn. 9). Der in der früheren Gesetzesfassung zum Ausdruck kommende unmittelbare oder mittelbare Bezug der Straftaten zum Einsatz von Waffen wurde ausdrücklich aufgegeben (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 - 3 B 12/08 - juris Rn. 5).
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Schließlich bestehen auch gegen die mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. I.2 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition), I.3 (Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisse im Original) und Nr. I.5 (Zwangsgeldandrohung) des Bescheids vom 28. Oktober 2019 keine rechtlichen Bedenken. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Insbesondere erscheint die in Nrn. I.2 und I.3 jeweils eingeräumte Frist von vier bzw. sechs Wochen nach Zustellung des Bescheids als angemessen.
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Die in Nr. 1 des Bescheids vom 11. Dezember 2019 angeordnete Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins gemäß § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG ist ebenfalls rechtmäßig. Denn nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die zuständige Behörde in Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 des Waffengesetzes fehlen. Entsprechend den obigen Ausführungen verfügt der Kläger jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit.
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Schließlich bestehen auch gegen die mit der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. 2 (Festsetzung einer Sperrfrist), Nr. 3 (Verpflichtung zur Rückgabe des Jagdscheins) und Nr. 5 (Zwangsgeldandrohung) des Bescheids vom 11. Dezember 2019 keine rechtlichen Bedenken. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunde sicher.
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Insbesondere ist auch die Festsetzung der Sperrfrist auf zehn Jahre ab der letzten rechtskräftigen Verurteilung vom 7. August 2018 rechtmäßig. Gemäß § 18 Satz 3 BJagdG kann die Behörde eine Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheins festsetzen. Die Wirkung einer Sperrfrist gemäß § 18 Satz 3 BJagdG erschöpft sich darin, dass - für den Fall ihrer Unanfechtbarkeit - die Jagdbehörde nicht verpflichtet ist, einen Antrag auf Erteilung eines neuen Jagdscheins während der Dauer der Sperrfrist dahin zu überprüfen, ob der für die Entziehung des Jagdscheins maßgebende Grund noch besteht, sie kann vielmehr die Versagung allein mit der Sperrfrist begründen (vgl. auch BVerwG, U.v. 22.4.1982 - 3 C 35/81 - juris Rn. 18). Nach Ablauf der Sperrfrist besteht indes nicht ohne weiteres ein Anspruch auf die Wiedererteilung des Jagdscheins. Die Behörde hat dann vielmehr zu prüfen, ob der Wiedererteilung Versagungsgründe entgegenstehen (vgl. VG Regensburg, U.v. 12.5.2009 - RO 4 K 08.2154 - unter Verweis auf u.a. VG Gelsenkirchen, U.v. 18.8.1982 - 7 K 2799/81 - juris; nachgehend BayVGH, B.v. 14.9.2009 - 21 ZB 09.1368 - juris Rn. 7; vgl. auch VG Aachen, U.v. 22.2.2012 - 3 K 861/11 - juris Rn. 37). Da das Bundesjagdgesetz über die Dauer der Sperrfrist keine Vorschriften enthält, ist ihre Dauer grundsätzlich in das Ermessen der Behörde gestellt. Vorliegend ist von einer fehlerfreien Ausübung des dem Landratsamt zukommenden Ermessens im Rahmen der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Ermessensentscheidungen (§ 114 Satz 1 VwGO) auszugehen, insbesondere liegt kein Ermessensausfall vor. Die Festsetzung der Sperrfrist auf zehn Jahre beruht insbesondere auch nicht auf sachfremden Erwägungen, da sie sich an der Vorgabe in § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG orientiert. Auch lässt die Begründung die Gesichtspunkte erkennen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (vgl. Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG). Dabei lässt sich Begründung insbesondere entnehmen, dass die Behörde das festgestellte Fehlverhalten des Klägers im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen gewichtet hat, indem sie bei der Bemessung der Sperrfrist die Häufigkeit und Schwere der abgeurteilten Delikte als für die Entscheidung über die Länge der Sperrfrist maßgeblich zugrunde gelegt hat. Wie bereits ausgeführt, ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt dabei seine Ermessenserwägungen auf Grundlage der im rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen Feststellungen angestellt hat.
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Daher waren die Klagen mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.