Inhalt

VG Ansbach, Zwischenurteil v. 21.10.2021 – AN 17 K 19.02135
Titel:

Klagebefugnis eines Umweltverbandes gegen Baugenehmigung und Zulassungsentscheidung bei Umweltverträglichkeitsprüfung

Normenketten:
BauGB § 30
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a, Nr. 5, § 2 Abs. 1,
UVPG § 2 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 3, § 50 Abs. 1, Anl. 1 Nr. 18.7.2, Nr. 18.8
Leitsatz:
Für die Klage eines anerkannten Umweltverbandes gegen eine Baugenehmigung, die auf der Grundlage eines Bebauungsplanes iSd § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG erlassen wurde, durch den die Zulässigkeit von Vorhaben nach den Ziffern 18.1 bis 18.9 der Anlage 1 des UVPG begründet werden soll, für ein Vorhaben, für das nach der Anlage 1 zum UVPG eine Pflicht zur Vorprüfung besteht, ist der Anwendungsbereich des UmwRG eröffnet.  (Rn. 28 – 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baugenehmigung nach § 30 BauGB, sog. Angebotsbebauungsplan, Klagebefugnis einer anerkannten Naturschutzvereinigung gegen Baugenehmigung (bejaht), Baugenehmigung ist eine Zulassungsentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG – maßgeblich ist, ob für das Vorhaben eine UVP-Pflicht vorliegen kann, Baugenehmigung kein Verwaltungsakt im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG, da kein anderes Vorhaben i.S.d. Norm, keine Einschränkung des Exklusivitätsverhältnisses zwischen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. a Buchst. a UmwRG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG, hilfsweise: Baugenehmigung fällt unter § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG – Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften bei Erlass der Baugenehmigung nach § 30 BauGB, Zulassung von Berufung und Sprungrevision, Umweltrechtsbehelf, Naturschutzvereinigung, Klagebefugnis, Baugenehmigung, Umweltverträglichkeitsprüfung, Zulassungsentscheidung, Bebauungsplan
Fundstelle:
BeckRS 2021, 41963

Tenor

Die Klage ist zulässig.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1
Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung nach § 3 UmwRG, wendet sich gegen die der Beigeladenen zu 1) vom Landratsamt … mit Bescheid vom 25. September 2019 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Logistik- und Industrieparks mit Werbeanlagen.
2
Das Vorhabengrundstück befindet sich südöstlich der kreisangehörigen und im Naturpark … gelegenen Marktgemeinde …, dem Beigeladenen zu 2), unterhalb der von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Bahnlinie und umfasst die FlNr. …, Gemarkung … straße, … Für den südöstlich der Gemeinde unterhalb der Bahnlinie gelegenen Teil, in dem auch das Vorhabengrundstück liegt, hat der Beigeladene zu 2) den am 15. April 2013 beschlossenen und am 1. Februar 2014 in Kraft getretenen Bebauungsplan …“ i.d.F. vom 9. Januar 2013 erlassen. In diesem sind im nördlichen Bereich zwei Industriegebiete (GI 1 und GI 2) festgelegt, im südlichen Bereich Gewerbegebiete (GE 1, GE 2). Das Vorhabengrundstück kommt hiernach im Industriegebiet GI 1 und GI 2 zum Liegen.
3
Anfang 2019 leitete der Beigeladene zu 2) ein Verfahren zur 1. Änderung des Bebauungsplanes „…“ ein. Mit Beschluss des Gemeinderats vom 16. September 2019 wurde die 1. Änderung des Bebauungsplans … als Satzung beschlossen. Der Bebauungsplan wurde am 17. September 2019 vom Ersten Bürgermeister des Marktes … ausgefertigt und am 25. September 2019 öffentlich bekanntgemacht. Die 1. Änderung dieses Bebauungsplans, die insbesondere die Streichung der Einschränkung der zulässigen Nutzung im Industriegebiet auf Betriebe und Anlagen, die betriebsbedingt dauerhaft auf einen direkten Gleisanschluss angewiesen sind, zum Gegenstand hat, trat am 25. September 2019 in Kraft.
4
Die Beigeladene zu 1) beantragte mit Bauantrag vom 17. Juni 2019 beim Landratsamt … die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Logistik- und Industrieparks in … Mit Bescheid vom 25. September 2019 erteilte dieses die bauaufsichtliche Genehmigung für das beantragte Vorhaben. Die Baugenehmigung wurde mit Verfügung vom 4. Oktober 2019 gemäß Art. 66a BayBO am 9. Oktober 2019 öffentlich bekanntgemacht.
5
Mit Schriftsatz vom 4. November 2019, bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tage per Fax eingegangen, erhob der Kläger Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid des Beklagten vom 9. Oktober 2019 (gemeint ist wohl: 25. September 2019) und stellte einen Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (AN 17 S 19.02134).
6
Die Begründung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erfolgte mit am 19. Dezember 2019 eingegangenem Schriftsatz vom 18. Dezember 2019. Zur Begründung der Klage führte der Kläger mit am 9. Januar 2020 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage, der ausschließlich per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA) an das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Verwaltungsgerichts Ansbach übersandt wurde, zur Zulässigkeit der Klage im Wesentlichen Folgendes aus:
7
Dem Kläger als anerkanntem Naturschutzverband stehe eine Klagebefugnis zu, die Klage sei damit zulässig. Dem Kläger stehe als Vereinigung nach § 2 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) eine Klagemöglichkeit ohne die Geltendmachung eigener Rechtsverletzung zu. Die Klagebefugnis folge aus § 2 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. §§ 3, 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 18.8 i.V.m. Nr. 18.7.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Dies ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass hier ein solches Bauvorhaben gegeben sei, welches unmittelbar die Anwendbarkeit umweltbezogener Vorschriften des UVPG hervorrufe. Das Vorhaben weise eine Grundfläche von 72.467 m² auf. Es handele sich damit um ein Vorhaben, welches der Ziffer 18.8 i.V.m. 18.7.2 der Anlage 1 zum UVPG unterfalle. Die Vorschrift in Nummer 18.7.2 der Anlage 1 zum UVPG erfasse als Auffangtatbestand „alle baulichen Vorhaben“, welche von ihrer Größe die genannten Werte erreichen. Damit sei das UVPG für das streitgegenständliche Vorhaben grundsätzlich anwendbar, da Ziffer 18.8 i.V.m. 18.7.2 der Anlage 1 zum UVPG das Vorhaben durch die Kennzeichnung mit dem Buchstaben „A“ in Spalte 2 der Anlage 1 zu UVPG einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterziehe, § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG. Somit handele es sich im vorliegenden Fall um eine Zulassungsentscheidung im Sinne von § 2 Abs. 6 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG. Allein die objektive Überschreitung der Schwellenwerte nach Anlage 1 zu UVPG sei hierfür ausreichend. Auf die Frage, ob im vorliegenden Falle wegen § 50 Abs. 1 Satz 1 UVPG tatsächlich eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erfolgt sei oder hätte erfolgen müssen, komme es aufgrund der Formulierung „bestehen kann“ nicht an. Es genüge, dass das Vorhaben möglicherweise eine solche Prüfung durchlaufen müsse. Es komme auf die potentielle Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) an. Die UVP-Pflichtigkeit der Baugenehmigung entfalle auch nicht aufgrund § 50 Abs. 1 UVPG. Die von dem Beigeladenen zu 2) durchgeführte Umweltprüfung sei nämlich nicht, wie von § 50 Abs. 1 Satz 2 UVPG gefordert, nach den Vorschriften des Baugesetzbuches durchgeführt worden, so dass die nach dem UVPG bestehende grundsätzliche (UVP-)Vorprüfungspflicht nicht entfallen sei. Damit läge die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG vor, denn ein Rechtsbehelf nach § 2 UmwRG sei auch bereits dann möglich, wenn streitig sei, ob ein Projekt im konkreten Fall einer UVP-Pflicht unterfalle.
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Hilfsweise ergebe sich eine Klagebefugnis jedenfalls aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) wäre dem Kläger bei den mit dem Baubeginn drohenden irreversiblen Beeinträchtigungen von Natur und Umwelt, ein Abwarten des Ausgangs eines Normenkontrollverfahrens nicht zuzumuten. Die Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (B.v. 11.4.2018 - 2 CS 18.198 - juris), wonach bei einem Vorhaben nach § 30 BauGB keine umweltbezogenen Vorschriften geprüft würden und daher eine Klagebefugnis einer anerkannten Naturschutzvereinigung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG nicht bestehe, sei abzulehnen. Es sei dem Gesetzgeber des UmwRG mit der Auflistung von Bundes-, Landes- und Unionsrecht ersichtlich darum gegangen, sämtliche umweltbezogenen Rechtsvorschriften zu erfassen, die bei der Zulassung eines Vorhabens zur Anwendung kommen können. Er habe dabei an Art. 9 Abs. 3 Arhuus-Konvention (AK) angeknüpft, der ganz allgemein von „umweltbezogenen Vorschriften“ spreche und aus dessen - völkerrechtlicher - Perspektive die Bildung innerstaatlicher Rechtskreise, also die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, unerheblich sei. Der Ansatz den Umweltverband darauf zu verweisen, den Bebauungsplan im Wege einer prinzipalen Normenkontrolle zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen anstatt die Baugenehmigung anzugreifen, gehe fehl. Unabhängig davon, dass solche „prozessökonomischen Argumente“ eine restriktive Auslegung kaum rechtfertigen könnten, ordne das UmwRG keinen Vorrang der Nr. 4 vor der Nr. 5 an. Auch jenseits des UmwRG stünden inzidente und prinzipale Normenkontrolle eines Bebauungsplanes nebeneinander, seien „Doppelprüfungen“ Tagesordnung. Auch der Verweis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 11. April 2018 (a.a.O. - juris) auf § 34 Abs. 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), wonach Bauvorhaben nicht auf ihre Verträglichkeit mit Erhaltungszielen bzw. Schutzzwecken eines Natura-2000-Gebietes überprüft werden müssten, wenn sie innerhalb eines Bebauungsplanes verwirklicht würden, überzeuge nicht, denn hieraus lasse sich kein allgemeiner Rechtsgedanke herleiten, nach dem umweltbezogene Vorschriften lediglich auf Planungs-, nicht jedoch auf Zulassungsebene beachtlich seien. Im Übrigen seien die Festsetzungen im Bebauungsplan individualisierungsbedürftig. Ihre Anwendung auf den Einzelfall werde stets durch Eigenentscheidungsanteile der Behörde mitbestimmt. Dies zeige schon § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO), der von der Behörde eine Abwägung der kollidierenden Interessen im Einzelfall verlange, was verdeutliche, dass der Bebauungsplan nur einen mehr oder weniger weiten Rahmen vorgeben könne, aber nicht abschließend über die Zulässigkeit eines Vorhabens entscheide. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG erfasse folglich Baugenehmigungen unabhängig davon, ob das genehmigte Vorhaben im Innen-, Außen- oder Planbereich verwirklicht werden solle. Entscheidend sei, ob von der Baugenehmigungsbehörde im Einzelfall umweltbezogene Rechtsvorschriften berücksichtigt werden müssten. Die Auslegung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 11. April 2018 (a.a.O. - juris) könne zudem gerade nicht sicherstellen, dass jedes Vorhaben, welches voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben kann, mindestens durch die anerkannten Umweltverbände einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden könne, wie gerade der vorliegende Fall belege. Denn eine Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan setze sich unmittelbar dem Einwand eines fehlenden Rechtschutzbedürfnisses in dem Moment aus, in dem der Bebauungsplan vollständig vollzogen sei. Wenn - wie hier - die Erteilung der Baugenehmigung und der Beschluss des Bebauungsplanes als Satzung zeitlich praktisch zusammenfallen, wäre es dem Umweltverband nicht möglich, effektiv gegen ein Vorhaben vorzugehen, da ein - nach Lesart des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (B.v. 11.4.2018 - a.a.O.- juris) - unzulässiger Rechtsbehelf gegen die Baugenehmigung deren Bestandskraft nicht hemmen könnte und dementsprechend auch kein Interesse an einer gerichtlichen Prüfung des Bebauungsplanes bestünde.
9
Der Kläger beantragt zuletzt,
1.
Die Baugenehmigung vom 25. September 2019 wird aufgehoben.
2.
Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Baugenehmigung vom 25. September 2019 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
10
Die notwendig Beigeladene zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen, und verwies in seinem Schriftsatz vom 22. November 2019 auf die mangelnde Klagebefugnis des Klägers, wie sich aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 2018 (a.a.O. - juris) ergebe. Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2020 und 2. April 2020 begründete die Beigeladene zu 1) ihren Antrag auf Antragsablehnung im Eilverfahren.
11
Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
12
Eine Klageerwiderung erfolgte nicht. Zur Begründung im Eilverfahren führte der Beklagte zur Zulässigkeit im Wesentlichen aus, dass man sich hinsichtlich der fehlenden Antragsbefugnis den Ausführungen der Beigeladenen anschließe. Es sei insbesondere keine Vorprüfung nach UVPG durchzuführen gewesen. Ergänzend werde mitgeteilt, dass nach § 50 Abs. 1 Satz 2 UVPG eine vorgeschriebene Vorprüfung entfalle, wenn eine Umweltprüfung nach den Vorschriften des Baugesetzbuches durchgeführt werde, was hier der Fall sei.
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Mit Beschluss vom 1. April 2020 (AN 17 S 19.02134 - juris) lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab, da die Klage aufgrund der fehlenden Antragsbefugnis unzulässig sei. Auf die daraufhin eingelegte Beschwerde entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 10. Dezember 2020 (9 CS 20.892 - juris), dass die aufschiebende Wirkung der Klage vom 4. November 2019 gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 25. September 2019 angeordnet werde, insbesondere bejahte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Antragsbefugnis des Klägers.
14
Die Beigeladene zu 1) führte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 18. Oktober 2021 zur Unzulässigkeit der erhobenen Klage aus, berief sich zudem auf den Vortrag zum Eilverfahren in den Schriftsätzen vom 7. Februar 2020 und 2. April 2020 sowie den Vortrag im Beschwerdeverfahren vom 22. Juni 2020 und führte im Wesentlichen aus:
15
Die Klagebefugnis ergebe sich nicht aus § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG. Zwar handele es sich bei dem genehmigten Vorhaben grundsätzlich um ein solches, das gemäß § 2 Abs. 6 UVPG sowie Ziffer 18.8 und 18.7.2 der Anlage 1 zum UVPG in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG falle. Damit sei der Anwendungsbereich des UmwRG für das Vorhaben eröffnet. Dennoch sei der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG nicht erfüllt. Zum einen dürfe die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nicht dahingehend falsch verstanden werden, dass das Bestehen einer UVP-Pflicht bei der Prüfung der Anwendbarkeit der Norm nicht abschließend geprüft würde. Das Bundesverwaltungsgericht stelle sich ausdrücklich gegen die von dem Kläger vertretene „Möglichkeitstheorie“. Eine irgendwie geartete Prüfung nach dem UVPG habe mangels entsprechender Pflicht für die Baugenehmigung jedenfalls nicht stattgefunden.
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Zum anderen stelle der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG darauf ab, dass konkret nur solche Zulassungsentscheidungen umfasst seien, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, § 2 Abs. 6 UVPG. Es komme also darauf an, ob bei der konkret zu beurteilenden Zulassungsentscheidung eine Vorprüfung stattfinde, nicht beim Vorhaben allgemein. Dass die Prüfpflicht nicht an das Vorhaben, sondern an die Zulassungsentscheidung anknüpfe, zeige auch § 4 UVPG. Der Gesetzgeber habe - für den Fall, dass der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG grundsätzlich eröffnet sei - im Wege der Ausnahme bestimmte Zulassungsentscheidungen vom Tatbestand der Norm ausgenommen. § 50 UVPG berühre den Anwendungsbereich des UmwRG nicht. Gemäß § 50 Abs. 1 UVPG sei bei den genannten Vorhaben, die grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG fallen, zu beachten, dass im Rahmen des Bebauungsplanes die Prüfung nach dem UVPG durch eine solche nach dem BauGB ersetzt werde und vollständig entfalle. Weiter beschränke sich die Prüfung auf Bebauungsplanebene. Für die Fälle des § 50 Abs. 1 UVPG werde auf Genehmigungsebene niemals eine eigenständige Prüfung durchgeführt. Gesetzgeberisches Ziel sei die Vermeidung von Doppelprüfungen. Der Gesetzgeber habe, nachdem der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG eröffnet sei, über § 50 UVPG ein Korrektiv geschaffen, um gewisse Vorhaben vom Tatbestand auszunehmen, um damit die Realisierung gewisser „kleinerer“ Vorhaben nicht durch Doppelprüfungen in die Länge zu ziehen.
17
Es komme überdies nicht, wie der Kläger meint, darauf an, ob die Gemeinde bei der Aufstellung des Bebauungsplans alle materiellen Anforderungen der Anlage 1 zum BauGB vollumfänglich eingehalten habe. Zum einen erreiche eine Baugenehmigung, die auf Grundlage eines Bebauungsplans erlassen werde, der unter Ziffer 18.8 und 18.7.2 der Anlage 1 zum UVPG falle, per se schon niemals das Stadium einer Vorprüfungspflicht. Denn § 50 Abs. 1 UVPG und Ziffer 18.7 und 18.8 der Anlage 1 zum UVPG würden ausdrücklich auf die Aufstellung eines Bebauungsplanes abstellen. Zum anderen komme es im Rahmen der Prüfung des § 50 Abs. 1 Satz 2 UVPG gerade nicht zu einer detaillierten materiell-rechtlichen Prüfung der Voraussetzungen der Anlage 1 des BauGB, so dass der Einwand, die von dem Beigeladenen zu 2) durchgeführte Umweltprüfung sei nicht, wie von § 50 Abs. 1 Satz 2 UVPG gefordert, nach den Vorschriften des Baugesetzbuches durchgeführt worden, fehlgehe. Insbesondere finde außerhalb des Rahmens des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG keine allgemeine Rechtskontrolle statt, sondern das Gericht sei auf die Prüfung beschränkt, ob die Baugenehmigung als solche unmittelbar umweltbezogene Vorschriften verletze. Ob die Umweltprüfung nach BauGB also exakt nach den Regelungen des § 2 Abs. 4 und der Anlage 1 zum BauGB durchgeführt worden sei, sei eine Frage der Begründetheit. Vielmehr stelle § 50 UVPG nur darauf ab, ob im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans eine Umweltprüfung nach BauGB durchgeführt worden sei. Dies sei hier der Fall gewesen.
18
Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Eilverfahren (B.v. 10.12.2020 - 9 CS 20.892 - juris) sei unzutreffend. So trenne der Senat schon nicht zwischen den einzelnen Zulassungsentscheidungen und vermische Erwägungen zur Genehmigung und zum Bebauungsplan. Im vom Senat zitierten Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Hamburg (B.v. 8.1.2020 - 2 Bs 183/19 - juris Rn. 42 f.) resultiere die Klagebefugnis aus § 42 VwGO analog und nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG. Das Oberverwaltungsgericht habe sich daher mit der Systematik der Vorschriften zur Klagebefugnis nicht auseinandergesetzt und äußerte sich insbesondere nicht zur Systematik der genannten Normen des UmwRG und § 50 UVPG. Auch im zitierten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Februar 2019 (B.v. 11.2.2019 - 7 B 1360/18 - juris Rn. 7) sei es nicht um die Klagebefugnis gegangen.
19
Die Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG dürfe nicht angewandt werden, da der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG grundsätzlich eröffnet sei. Sobald der Anwendungsbereich einer spezielleren Regelung eröffnet sei, dürfe unabhängig davon, ob nachfolgend der Tatbestand erfüllt sei, nicht mehr auf die generelle Norm zurückgegriffen werden. Es bestehe ein Exklusivitätsverhältnis zwischen den Anwendungsbereichen der Nr. 1 und Nr. 5. Die Nr. 5 sei subsidiär. Dieses Exklusivitätsverhältnis sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur einzuschränken, wenn ansonsten Rechtschutzlücken drohen. Der Gesetzgeber habe sich beim UmwRG gerade für einen enumerativen Katalog an rechtsbehelfsfähigen Entscheidungen entschieden. Eine allgemeine Generalklausel habe es nicht geben sollen. Der Gesetzgeber habe nicht nur erkannt, dass es bestimmte Zulassungsentscheidungen gebe, für die der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG zwar eröffnet, aber der Tatbestand nicht erfüllt sei. Über die Regelung des § 50 UVPG seien außerdem bewusst einzelne Zulassungsentscheidungen herausgenommen worden, nämlich die Baugenehmigung für den Fall, dass ihr ein Bebauungsplan zugrunde liegt, der unter § 50 UVPG falle. Eine Einschränkung des Exklusivitätsverhältnisses sei nicht geboten, da eine Umweltprüfung auf Bebauungsplanebene stattgefunden habe. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall drohe hier nicht, dass das Vorhaben gerichtlich nicht geprüft werden könne. Vielmehr werde die Überprüfung lediglich auf die Bebauungsplanebene beschränkt.
20
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung (B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris) das bestehende Exklusivitätsverhältnis nicht berücksichtigt. Auch aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 und Satz 2 UmwRG, wo zwischen den entsprechenden Verfahren des UmwRG getrennt werde, werde deutlich, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG bloße Auffangnorm sei. Dies zeige sich bereits darin, dass sich die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG enthaltene Regelung zu Rechtsbehelfen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG nicht in einer Nr. 3 Buchst. c finde. Damit habe der Gesetzgeber gerade zeigen wollen, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG einen anderen Charakter habe.
21
Überdies würden die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG nicht vorliegen, denn wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 11. April 2018 (a.a.O. - juris) bereits entschieden habe, würden bei der Erteilung der Baugenehmigung gerade keine umweltbezogenen Rechtsvorschriften geprüft. Das Vorhaben sei nicht auf Grundlage „umweltbezogener Vorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union“ zugelassen worden, sondern auf Grundlage des § 30 BauGB i.V.m. dem geltenden Bebauungsplan, einer kommunalen Satzung. Entgegen der Meinung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2020 habe der 2. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 8. Oktober 2020 (2 ZB 19.449 - juris Rn. 3) seinen diesbezüglichen Standpunkt bekräftigt und sich nur hilfsweise auf das Gedankenspiel eingelassen, dass Bebauungspläne Rechtsvorschriften des Bundes oder Landes seien.
22
Weiter fehle es an der Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften. Entscheidungen, die mit einem schon bestehenden Plan zusammenhängen, würden nur dann unter Anwendung umweltbezogenen Rechtsvorschriften getroffen, wenn im Verwaltungsverfahren tatsächlich noch einmal selbst durch die zuständige Behörde umweltbezogene Normen geprüft werden und nicht nur aufgrund einer schon vorgelagerten Entscheidung entschieden werde. Die umweltbezogenen Rechtsvorschriften müssten gerade bei der konkreten Zulassungsentscheidung, nämlich hier der Baugenehmigung, und nicht beim Bebauungsplan angewendet werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dem es in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2020 ausreiche, wenn die Pflicht bestanden haben muss, die umweltbezogenen Rechtsvorschriften aber gar nicht geprüft wurden, verkenne, dass der Wortlaut nur auf die tatsächliche Anwendung abstelle. Doppelprüfungen seien gerade nicht gewollt. Die Anwendung umweltbezogener Vorschriften sei bei der Erteilung der Baugenehmigung auch nicht erforderlich gewesen. In Fällen, in denen die Baugenehmigung am selben Tag erteilt werde wie der Bebauungsplan in Kraft trete und sich das Aufstellungsverfahren an dem konkret zuzulassenden Projekt orientiert habe, würden die maßgeblichen umweltbezogenen Vorschriften im Planaufstellungsverfahren berücksichtigt. Dies gelte auch soweit der Kläger der Auffassung sei, das Artenschutzrecht sei auf Bebauungsplanebene nicht erschöpfend abgearbeitet worden, denn dies sei nicht der Fall. Als Zulassungsnorm i.S.d. § 30 BauGB stelle sich damit nur § 30 Abs. 1 BauGB dar. Die Anwendung artenschutzrechtlicher Vorschriften komme bei der Zulassung des Vorhabens, wie auch andere umweltbezogene Rechtsvorschriften, nicht in Betracht.
23
Auch aus Art. 19 Abs. 4 GG bzw. Art. 9 Abs. 3 der AK folge kein anderes Ergebnis. Zwar gebe es kein Rangverhältnis zwischen dem Vorgehen gegen einen Bebauungsplan und dem Vorgehen gegen eine Baugenehmigung. Vorliegend gebe es aber einen Rechtsweg, nämlich den gegen den Bebauungsplan. Art. 19 Abs. 4 GG könne nur greifen, wenn keine Rechtschutzmöglichkeit bestehe. Der Rechtschutz müsse nicht so weit gehen, dass Vereinigungen alles rügen können. Auch habe ausreichender Rechtschutz im Verfahren gegen den Bebauungsplan bestanden. Setze das Gericht den Vollzug des Bebauungsplanes aus, schaffe es für den Bauherrn eine Situation der Ungewissheit, was zu nicht unerheblichen Risiken führe. Ebenso wie bei der Entscheidung des 2. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2020 (a.a.O. - juris), bei dem der Senat die Klagebefugnis verneint habe, versuche der Kläger hier, seine Klagebefugnis durch eine inzidente Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes zu erreichen. Eine Geltendmachung der Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften durch die Baugenehmigung oder die fehlerhafte Umsetzung einer umweltbezogenen Festsetzung des Bebauungsplanes bleibe er aber schuldig.
24
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Ansbach am 21. Dezember 2021 wurden die Beteiligten zum beabsichtigten Erlass eines Zwischenurteils angehört. Die Vertreter des Beklagten sowie der Beigeladenen stimmten dem Vorgehen zu. Der Kläger gab an, ein Endurteil zu wünschen.
25
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte zum Verfahren, die beigezogenen Gerichtsakten, die beigezogene Behördenakte des Beklagten, die beigezogenen Verfahrensakten zur 1. Änderung des Bebauungsplanes „…“ sowie die beigezogenen Verfahrensakten zum Bebauungsplan „…“ Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26
Gemäß § 109 VwGO kann das Gericht durch Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage entscheiden. Der Zweck des Zwischenurteils besteht darin, die entscheidungsreife Zulässigkeitsfrage zu klären, bevor sich das Gericht und die Verfahrensbeteiligten mit dem - schwierigen und umfangreichen - Prozessstoff abschließend in der Sache selbst befassen (vgl. BVerwG, U.v. 4.2.1982 - 4 C 58/81 - juris Rn. 6). Dem folgend erscheint es sachgerecht, über die Zulässigkeit der Klage vorab zu entscheiden.
27
1. Die Klage ist zulässig.
28
a) Der Kläger ist klagebefugt.
29
Der Kläger ist eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische Umwelt- und Naturvereinigung. Als solche kann er gem. § 2 Abs. 1 UmwRG, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn er geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG) und ferner geltend macht, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen berührt zu sein (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). Im Falle eines Verfahrens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2 b UmwRG muss die Vereinigung zudem zur Beteiligung berechtigt gewesen sein, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG. Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bis 6 UmwRG oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
30
(1) Es liegt eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG vor.
31
§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. §§ 3, 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 18.8 i.V.m. Nr. 18.7.2 der Anlage 1 zum UVPG ist einschlägig.
32
Der Antragsteller beruft sich zu Recht darauf, dass es sich bei der erteilten Baugenehmigung um eine Zulassungsentscheidung im Sinne von § 2 Abs. 6 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann, handelt, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG.
33
Zulassungsentscheidungen im Sinne des § 2 Abs. 6 UVPG sind nach deren Nr. 1 „die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren“. Die erteilte Baugenehmigung fällt hierunter.
34
Zudem handelt es sich um eine Zulassungsentscheidung i.S.d. § 2 Abs. 6 UVPG über die Zulässigkeit eines Vorhabens, für das nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann. Bei dem Logistikzentrum handelt es sich um ein Vorhaben, welches nach seiner Art und seinen Abmessungen unter Ziffer 18.8 i.V.m. 18.7.2 der Anlage 1 des UVPG fällt. Die Vorschrift in Nummer 18.7 der Anlage 1 zum UVPG erfasst als Auffangtatbestand „sonstige bauliche Vorhaben“, welche von ihrer Größe die genannten Werte erreichen. Da das geplante Logistikzentrum laut Bauunterlagen über eine Grundfläche von 72.467 m² verfügen soll und es sich bei dem Logistikzentrum um ein Vorhaben handelt, für das in sonstigen (also nicht dem Außenbereich) Gebieten ein Bebauungsplan geändert wird, fällt der Bau unter die Ziffer 18.8 i.V.m. 18.7.2 der Anlage 1 zum UVPG. Wie sich aus dem „A“ in der Spalte 2 ergibt ist damit eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles, § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG, durchzuführen. Diese Vorprüfung könnte zu dem Ergebnis kommen, dass eine UVP durchzuführen ist, § 7 Abs. 1 Satz 3 UVPG.
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Die Regelung des § 50 Abs. 1 UVPG steht einer Bejahung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) nicht entgegen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 UVPG wird u.a. bei der Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen i.S.v. § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG, insbesondere bei Vorhaben nach der Anlage 1 Nrn. 18.1 - 18.9, die UVP einschließlich der Vorprüfung im Aufstellungsverfahren als Umweltprüfung nach den Vorschriften des BauGB durchgeführt. Dies sind nach § 2 Abs. 6 Nr. 3 Alt. 1 UVPG solche Bebauungspläne, durch die die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von konkreten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 zum UVPG begründet werden soll (vgl. Peters/Balla/Hesselbarth, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, Handkommentar, 4. Aufl. 2019, § 50 Rn. 5). Die 1. Änderung des Bebauungsplanes „…“ ist ein solcher zulässigkeitsbegründender Bebauungsplan (vgl. auch: BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 41). Durch ihn sollte gerade die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des mit der nun angegriffenen Baugenehmigung genehmigten Bauvorhabens der Beigeladenen zu 1) begründet werden. Dies zeigt sich bereits aus der Begründung des Bebauungsplanes i.d.F. seiner 1. Änderung, wonach ein Logistikunternehmen an den Flächen GI 1 und GI 2 Interesse gezeigt habe, um dort hochwertige Logistikimmobilien anzusiedeln. Einen entsprechenden Kaufvertrag habe die Gemeinde bereits abgeschlossen. Auch die weitere Begründung zum Bebauungsplanes i.d.F. seiner 1. Änderung zeigt, dass die Planung ganz speziell auf die Bedürfnisse dieses Logistikbetriebes zugeschnitten ist, wie insbesondere die Ausführungen zu der erwarteten Verkehrs- und Lärmentwicklung zeigen. Die Untersuchungen hierzu basieren auf vom Logistikunternehmen angegebenen Zahlen.
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Eine nach dem UVPG vorgeschriebene Vorprüfung entfällt, wenn bereits für den Bebauungsplan eine Umweltprüfung nach den Vorschriften des Baugesetzbuches durchgeführt wird, § 50 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Diese Regelung wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung so verstanden, dass die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 18.8 und 18.7.2 hier erforderliche allgemeine Vorprüfung durch die Umweltprüfung bei der Aufstellung des Bebauungsplanes ersetzt wird, welcher projektbezogen die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens sichern soll. Die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG wird für solche Baugenehmigungen nicht in Zweifel gezogen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - 9 CS 20.892 - juris Rn. 47 m.w.N.). Die Regelung führt gerade nicht dazu, dass für das Bauvorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer UVP nicht bestehen kann, wie es § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG aber fordert. Die Umweltprüfung nach dem BauGB absorbiert vielmehr die Umweltprüfungen nach dem UVPG; die UVP tritt in der Bauleitplanung nicht mehr als eigenes Verfahren in Erscheinung (vgl. BayVGH, U.v. 17.7.2020 - 15 N 19.1377 - juris Rn. 53; NdsOVG, B.v. 24.6.2021 - 12 KN 112/20 - juris Rn. 103, B.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 - juris Rn. 65). Auf die Frage, ob die Gemeinde bei der Aufstellung des Bebauungsplans alle materiellen Anforderungen der Anlage 1 zum BauGB vollumfänglich eingehalten hat bzw. ob die Umweltprüfung fehlerhaft ist, kommt es nicht an.
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Es ist nach Auffassung des Gerichts nicht überzeugend, die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG vom Vorliegen des Tatbestandes zu unterscheiden. Die Beigeladene zu 1) führt hierzu aus, dass der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG darauf abstelle, dass konkret nur solche Zulassungsentscheidungen umfasst seien, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, § 2 Abs. 6 UVPG, es somit darauf ankomme, ob bei der konkret zu beurteilenden Zulassungsentscheidung eine Vorprüfung stattfinde, nicht beim Vorhaben allgemein. Dies ist nicht der Fall. Es kommt vielmehr darauf an, ob es sich um ein Vorhaben handelt, für das (bei § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG nach dem UVPG) die Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann (vgl. auch: BVerwG, U.v. 26.9.2019 - 7 C 5/18 - juris Rn. 19, B.v. 29.6.2017 - 9 A 8/16 - juris Rn. 5; Bunge in Bunge, UmwRG, 2. Aufl. 2019, § 1 Rn. 65 ff.).
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Der Argumentation der Beigeladenen zu 1) ist der Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 UmwRG entgegenzuhalten. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ist das Gesetz anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen „Zulassungsentscheidungen i.S.v. § 2 Abs. 6 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem (…) UVPG (…) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann“. Es geht nach dem Wortlaut damit nicht um die Frage, ob bei der konkreten Zulassungsentscheidung eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann, sondern darum, ob bei dem Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann. Gestützt wird dieses Argument zudem durch den Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist das Gesetz auf Rechtsbehelfe gegen „Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechtes, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden“ anzuwenden. Es geht hier also um andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben. Der Begriff des Vorhabens bei der Nr. 5 orientiert sich an der Begriffsbestimmung von § 2 Absatz 2 UVPG (a.F.), allerdings ohne die Bezugnahme auf die Anlage 1 zum UVPG (vgl. hierzu auch: BTDrs. 18/9526, S. 36). Auch die Abgrenzung zwischen Nr. 1 und Nr. 5 setzt somit bei dem Vorhaben und nicht bei der angegriffenen Zulassungsentscheidung an.
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Inwiefern der Gesetzgeber, nachdem der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG eröffnet ist, über § 50 UVPG ein Korrektiv geschaffen haben soll, um gewisse Vorhaben vom Tatbestand auszunehmen, die Realisierung gewisser „kleinerer“ Vorhaben nicht durch Doppelprüfungen in die Länge zu ziehen, wie die Beigeladene zu 1) ausführt, erschließt sich der Kammer zudem nicht, denn nach der Argumentation der Beigeladenen zu 1) wäre der „Tatbestand“ des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG in Fällen wie dem hier zu entscheidenden aufgrund des § 50 Abs. 1 UVPG nie gegeben.
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Der Hessische Verwaltungsgerichtshof, der § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG ebenfalls für einschlägig hält, führt zudem aus, dass die Tatsache, dass im Fall der Durchführung eines Bauleitplanverfahrens und der dabei gem. § 50 Abs. 1 UVPG erfolgten Verweisung der UVP in das Bauleitplanverfahren (als Umweltprüfung) nichts darüber aussagt, ob eine gem. § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung durch Fehler in der Umweltprüfung oder ihr nachfolgender Verwaltungsakte in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt sein kann. Somit handelt es sich bei § 50 UVPG nicht um eine generelle Präklusionsvorschrift für die Geltendmachung naturschutzrechtlicher Aspekte auf der Genehmigungsebene (vgl. HessVGH, B.v. 17.3.2021 - 3 B 2000/20 - juris Rn. 20).
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Auch der Einwand der Beigeladenen zu 1), das Bundesverwaltungsgericht habe der Möglichkeitstheorie eine Absage erteilt, verfängt nicht. Nach dem Bundesverwaltungsgericht ist das Vorliegen einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG Sachurteilsvoraussetzung. Das Vorliegen einer solchen Entscheidung lässt nicht mit der Erwägung bejahen, es sei nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen könne. Das Gesetz fordert vielmehr einen tauglichen Gegenstand (vgl. U.v. 19.12.2013 - 4 C 14/12 - juris Rn. 6 ff., U.v. 12.11.2014 - 4 C 34/13 - juris Rn. 10 ff.; U.v. 18.12.2014 - 4 C 35.13 - juris Rn. 20, U.v. 2.11.2017 - 7 C 25/15 - juris Rn. 18).
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Es ist damit schon bei der Zulässigkeitsprüfung abschließend zu klären, ob es sich bei dem Vorhaben möglicherweise um ein UVPpflichtiges Projekt handelt (vgl. Bunge in Bunge, UmwRG, 1. Aufl. 2019, § 1 Rn. 65, 70 f.). Es genügt, dass für das Vorhaben eine Vorprüfung durchzuführen ist. Im Ergebnis dieser Prüfung kann die Pflicht zur Durchführung einer UVP stehen (vgl. auch: BVerwG, B.v. 29.6.2017 - 9 A 8/16 - juris Rn. 5 zu §§ 3 e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG a.F., U.v. 26.9.2019 - 7 C 5/18 - juris Rn. 19). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG liegt vor. Wie bereits ausgeführt handelt es sich bei der Baugenehmigung um eine Zulassungsentscheidung i.S.v. § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG. Ebenso handelt es sich bei dem Logistikzentrum um ein Vorhaben, das unter die Ziffern 18.8 i.V.m. 17.2 der Anlage 1 zum UVPG fällt. Nach den Ziffern 18.8 i.V.m. 17.2 der Anlage 1 zum UVPG ergibt sich, dass eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen ist, die wiederum zu dem Ergebnis kommen kann, dass eine UVP durchzuführen ist, § 7 Abs. 1 Satz 3 UVPG. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in seinem Beschluss vom 27. November 2017 aus, dass dem Kriterium „kann“ dann praktische Bedeutung zukommt, wenn ein Vorhaben - wie hier - inmitten steht - bei dem nach der Anlage 1 zum UVPG eine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht i.S.d. § 7 UVPG stattzufinden hat. In solchen Fällen „kann“ - anhängig vom Ergebnis dieser Vorprüfung - im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen (BayVGH, B.v. 27.11.2017 - 22 CS 17.1574 - juris Rn. 30).
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Selbst wenn man, wie wohl die Beigeladene zu 1), das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. November 2017 (7 C 25/15 - juris Rn. 18) so versteht, dass vom Gericht bereits im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung abschließend zu klären ist, ob für das Vorhaben tatsächlich eine UVP-Pflicht besteht, so ist auch diese Voraussetzung vorliegend erfüllt. Bei Bebauungsplänen mit Umweltprüfung - wie vorliegend - folgt die UVP-Pflichtigkeit schon aus § 2 Abs. 10 UVPG i.V. mit § 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UVPG, § 2 Abs. 4 BauGB. Nach § 2 Abs. 10 UVPG sind „Umweltprüfungen“ i. S. des UVPG Umweltverträglichkeits- und Strategische Umweltprüfungen. Für die hier betroffene Bauleitplanung gilt insoweit allerdings die speziellere Regelung in § 50 UVPG, der vorliegend - wie bereits ausgeführt - einschlägig ist. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 wird die Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der Vorprüfung als Umweltprüfung nach dem BauGB durchgeführt, wobei nach Satz 2 im Falle der Durchführung einer solchen Umweltprüfung eine nach dem UVPG vorgeschriebene Vorprüfung (ganz) entfällt. Nach Abs. 2 wird zudem eine Umweltprüfung nach dem BauGB anstelle einer Strategischen Umweltprüfung i. S. des UVPG durchgeführt. Damit absorbiert die Umweltprüfung nach dem BauGB Umweltprüfungen nach dem UVPG; die UVP tritt in der Bauleitplanung nicht mehr als eigenes Verfahren in Erscheinung. Ist daher nach der grundsätzlich verpflichtenden Vorgabe des § 2 Abs. 4 BauGB - hier mangels Einschlägigkeit von § 13, § 13a, § 13b BauGB - eine Umweltprüfung erfolgt und tritt diese an die Stelle einer UVP bzw. Strategischen Umweltprüfung i. S. des UVPG (im Ergebnis: BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 49, ausführlich: BayVGH, U.v. 17.7.2020 - 15 N 19.1377 - juris Rn. 53; NdsOVG, B.v. 24.6.2021 - 12 KN 112/20 - juris Rn. 102, B.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 - juris Rn. 65), so ist die Pflicht zur Durchführung einer UVP damit zu bejahen. Ob die Umweltprüfung fehlerhaft war, ist keine Frage der Zulässigkeit.
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Ohne dass es noch darauf ankommt, spricht einiges dafür, dass eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit (die wegen der erfolgten Umweltprüfung nicht durchzuführen war) wegen der vorhabenbedingten erheblichen Umweltauswirkungen durch den zu erwartenden Verkehr (vgl. auch: OVG NW, B.v. 1.2.2019 - 7 B 1360/18 - juris Rn. 7) eine Pflicht zur Durchführung einer UVP ergeben würde. Nach dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof führt das geplante Logistikzentrum zu einer planbedingten erheblichen Verkehrssteigerung auf der Trasse der Erschließungsstraße (vgl. B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 53) und u.a. zur Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für ein Misch-/Dorfgebiet der 16. BImSchV i.H.v. 54 dB(A) um 2,7 dB(A) mit der Notwendigkeit der Realisierung von ausreichendem Lärmschutz (vgl. B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 61).
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Auch das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 47) zitierte Oberverwaltungsgericht Hamburg (vgl. OVG Hamburg, B.v. 8.1.2020 - 2 BS 183/19 - juris Rn. 42 f.) sowie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (vgl. OVG NW, B.v. 1.2.2019 - 7 B 1360/18 - juris Rn. 7) bejahen das Vorliegen einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, wenn auch, wie die Beigeladene zu 1) richtig ausführt, im Rahmen des § 4 UmwRG und nicht zur Begründung der Klagebefugnis. Dennoch ist es auch für die Prüfung der Begründetheit entscheidend, ob gegen eine Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG oder gegen eine nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG vorgegangen wird, denn § 2 Abs. 4 UmwRG, der die Voraussetzungen für das Vorliegen der Begründetheit des Rechtsbehelfs regelt, und ebenso § 4 UmwRG differenzieren diesbezüglich, so dass sich die Gerichte sehr wohl mit der Systematik der Zulassungsentscheidungen des § 1 Abs. 1 Satz 1
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Nr. 1 UmwRG auseinandersetzen mussten.
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(2) Auch die übrigen Voraussetzungen zur Bejahung der Klagebefugnis liegen vor.
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(aa) Der Kläger macht geltend, dass die angefochtene Baugenehmigung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Ein geltend gemachter Normverstoß kann für die Entscheidung von Bedeutung sein, wenn seine Entscheidungsrelevanz zumindest möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn 38), was vorliegend gegeben ist. Die Rechtsvorschrift kann umweltbezogen sein, muss es bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG aber nicht. Der Kläger beruft sich u.a. darauf, dass die Baugenehmigung den umweltbezogenen textlichen Festsetzungen in Nr. 11 der 1. Änderung des Bebauungsplanes „…“ widerspricht, weil ihr keine aufschiebende Bedingung beigefügt ist, um die Voraussetzung der in diesen textlichen Festsetzungen enthaltenen CEF-Maßnahmen zur Vermeidung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände im Sinn des § 44 Abs. 5 BNatSchG vor Beginn der Erschließungs- und Baumaßnahmen sicherzustellen. Daher erscheint es zumindest möglich, dass ohne eine solche Nebenbestimmung ein Verstoß der Baugenehmigung gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG infrage kommen kann, weil solche vorgezogenen CEF-Maßnahmen bereits zum Zeitpunkt der Verfahrensrealisierung wirksam sein müssen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 38 m. w. N.). So ist die Frage der Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung (§ 67 Abs. 1 BNatSchG) Teil des Prüfprogramms des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens nach Art. 60 Satz 1 Nr. 3 BayBO, weil eine solche Befreiung nach § 67 Abs. 2 BNatSchG durch die Baugenehmigung ersetzt werden würde.
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Der Kläger rügt zudem, dass die 1. Änderung des Bebauungsplans „…“ unwirksam ist, weil die Auswirkungen der für die Erschließung des Industriegebiets als erforderlich angesehenen neuen Ortsumgehung auf den Artenschutz nicht in der Abwägung berücksichtigt worden sind, obwohl die Auswirkungen einer Bauleitplanung in Bezug auf § 44 BNatSchG zu den gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB abwägungserheblichen naturschutzfachlichen Belangen zählen. Bei dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB, handelt es sich, soweit es sich auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes bezieht, überdies (ohne dass dies bei Zulassungsentscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG erforderlich wäre) um eine umweltbezogene Rechtsvorschrift nach § 1 Abs. 4 UmwRG (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn 39). Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof richtigerweise weiter ausführt, hat die unzureichende Berücksichtigung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Ebene des Bebauungsplans zur Folge, dass ihre (abschließende) Bewältigung auf der Zulassungsebene durch das Landratsamt, welches keine eigenständige artenschutzrechtliche Prüfung mehr vorgenommen hat, nicht gelungen sein kann.
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(bb) Weiter ist auch die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG erfüllt, denn der Kläger kann auch geltend machen, durch die angefochtene Baugenehmigung in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes berührt zu sein (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). Vereinszweck des Antragstellers ist gemäß § 2 seiner Satzung unter anderem auch die Sicherstellung, dass die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinn von §§ 1, 2 BNatSchG konsequent verfolgt und verwirklicht werden (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 40).
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(cc) Auch die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG liegt vor (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - 9 CS 20.892 - juris Rn. 48). Zwar ergibt sich wohl kein Beteiligungsrecht des Klägers bei Erlass der angegriffenen Baugenehmigung, aber jedenfalls im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum maßgeblichen Bebauungsplan i.d.F. seiner 1. Änderung, was genügt (so auch: BayVGH, B.v. 10.12.2020 - 9 CS 20.892 - juris Rn. 48). § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG spricht von der Berechtigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 2 b UmwRG. Die 1. Änderung des Bebauungsplanes „…“, eines Bebauungsplanes i.S.v. § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG (wie bereits ausgeführt), ist ein solches Verfahren gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG. Der Kläger als Umweltvereinigung konnte sich im Planaufstellungsverfahren zum Bebauungsplan als Teil der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB durch Abgabe einer Stellungnahme beteiligen (vgl. NdsOVG, U.v. 24.6.2021 - 12 KN 112/20 - juris Rn. 49) und tat dies im Übrigen auch.
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Soweit schließlich im Hinblick auf die vom Antragsteller angestrebte Inzidentkontrolle des Bebauungsplans auch hier von der Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG auszugehen sein sollte, gilt nichts anderes (vgl. hierzu ausführlich: BayVGH, B.v. 10.12.2020 - 9 CS 20.892 - juris Rn. 41).
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b) Der Klage fehlt auch nicht das Rechtschutzbedürfnis. Dem Kläger kann jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation aus Gründen des effektiven Rechtschutzes nicht entgegengehalten werden, dass ihm auch die Möglichkeit eines Normenkontrollantrages nach § 47 Abs. 1 VwGO, den er beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof tatsächlich auch gestellt hat (9 N 20.2161), und die Möglichkeit eines Eilrechtschutzantrages nach § 47 Abs. 6 VwGO zusteht. Wie auch sonst im Verhältnis der prinzipalen zur inzidenten Normenkontrolle und den Antragsarten aus § 47 Abs. 6 VwGO sowie §§ 80a, 80, 123 VwGO ist ein Vorrang dieser Normenkontrollverfahren gegenüber einer Anfechtungsklage gegen die auf der Basis eines Bebauungsplanes erteilten Baugenehmigung nicht ersichtlich. Aus dem beigeladenenseits zitierten § 34 Abs. 8 BNatSchG, wonach Bauvorhaben nicht mehr auf ihre Verträglichkeit mit Erhaltungszielen oder Schutzzwecken eines Natura-2000-Gebiets überprüft werden, wenn sie innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB verwirklicht werden, ergibt sich kein allgemeiner Rechtsgedanke, dass Doppelprüfungen generell ausgeschlossen sind (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 10.12.2020, a.a.O. - juris Rn. 42). Die Besonderheit des Falles liegt überdies auch darin, dass die Baugenehmigung mit Bescheid des Landratsamtes vom 25. September 2019 erteilt wurde und damit am Tag des Inkrafttretens der 1. Änderung des Bebauungsplanes. Für den Antragsteller bestand daher bereits aufgrund des zeitlichen Ablaufs keine Möglichkeit, die Erteilung der Baugenehmigung mit einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO oder einer Normenkontrolle zu verhindern. Für einen Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO würde es bereits an der erforderlichen Dringlichkeit fehlen, wenn, wie hier, im Wesentlichen nur das genehmigte Vorhaben mit dem Bebauungsplan zugelassen wird. Ob mit einem erfolgreichen Normenkontrolleilverfahren andere rechtliche oder tatsächliche Vorteile einhergehen, wie die Beigeladene zu 1) ausführt, ist diesbezüglich unerheblich. Zudem lässt der Erfolg eines Normenkontrolleilantrages die Vollziehbarkeit einer auf der Grundlage des angefochtenen Bebauungsplanes ergangenen Baugenehmigung unberührt (hierzu ausführlich: BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 43). Überdies bringt dem Kläger der Verweis auf eine Normenkontrolle bereits dann nichts, wenn - wie hier - (auch) geltend gemacht wird, dass die Baugenehmigung den umweltbezogenen Festsetzungen des Bebauungsplanes widerspricht, da dies nicht Gegenstand der Normenkontrolle ist. Zudem kann sich für die Genehmigungsbehörde auch im Genehmigungsverfahren die Frage stellen, inwieweit sich, etwa aufgrund teilweiser Konfliktverlagerung auf das nachfolgende Verwaltungsverfahren oder wegen nachträglicher tatsächlicher oder rechtlicher Veränderungen, ein zusätzlicher Regelungsbedarf in der Baugenehmigung bezüglich umweltbezogener Rechtsvorschriften ergibt. So sind jedenfalls auch Angebotsbebauungspläne noch konkretisierungsbedürftig. Zudem kann sich aber auch bei der Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes in einem gerichtlichen Verfahren ergeben, dass die angefochtene Baugenehmigung gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, da deren Umsetzung mittels Bebauungsplan missglückt ist (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 36 m.w.N.).
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c) Da sich die Klagebefugnis bereits aus § 2 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG ergibt, kann grundsätzlich dahinstehen, ob sich die Klagebefugnis (auch) aus dem subsidiären § 2 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ableiten lässt. Aus Rechtschutzgründen kann im Einzelfall jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes etwas anderes geboten sein, da andernfalls eine umfassende gerichtliche Kontrolle nicht erfolgen kann.
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§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist gegenüber § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2 Buchst. b UmwRG subsidiär. Dem UmwRG liegt das Prinzip eines enumerativ abschließenden Katalogs von rechtsbehelfsfähigen Entscheidungen zu Grunde (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2018 - 2 CS 18.198 - juris; zum UmwRG a.F.: BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - juris). Nach der Gesetzesbegründung werden mit der Nr. 5 Zulassungsentscheidungen für sonstige Vorhaben erfasst, die nicht bereits als Industrieanlagen oder Infrastrukturmaßnahme unter die Nrn. 1, 2, 2a oder 2b fallen. Erfasst werden danach vorrangig Entscheidungen in Form eines Verwaltungsaktes, durch den ein Vorhaben zugelassen bzw. gestattet wird. Der Begriff des Vorhabens orientiert sich, wie bereits ausgeführt, an der Begriffsbestimmung von § 2 Absatz 2 UVPG a.F., allerdings ohne die Bezugnahme auf die Anlage 1 zum UVPG (vgl. BTDrs. 18/9526, S. 36). Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist damit nach der Intention des Gesetzgebers nur eröffnet, wenn es um die Genehmigung für ein Vorhaben geht, das nicht bereits unter die Nr. 1 bis 2b fällt, wie sich auch dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG „Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechtes, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden“ entnehmen lässt. Nr. 5 kommt also nur zur Anwendung bei der Zulassung von anderen als in den Nrn. 1 bis 2b genannten Vorhaben.
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Jedoch ist das Exklusivitätsverhältnis zwischen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 UmwRG nach dem Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 AK aus Rechtschutzgründen dahingehend einzuschränken, dass es nur solche Vorhaben betrifft, bei denen nach einer Vorprüfung erhebliche Umweltauswirkungen nicht ausgeschlossen werden können und die mithin gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG bereits einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle unterliegen (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.2019 - 7 C 5.18 - juris Rn. 25; VGH BW, U.v. 20.11.2018 - 5 S 2138/16 - juris Rn. 165; HessVGH, B.v. 17.3.2021 - 3 B 2000/20 - juris Rn. 22), weil die für die Begründetheit des Rechtsbehelfs zusätzlich erforderliche Voraussetzung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG (vgl. auch: Bunge in Bunge, UmwRG, 2. Aufl. 2019, § 1 Rn. 76) erfüllt ist, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung i.S.d. § 2 Abs. 10 UVPG besteht. In allen anderen Fällen ist hingegen zur Vermeidung einer unionsrechtswidrigen Rechtsschutzlücke § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG anwendbar, der im Einklang mit Art. 9 Abs. 3 AK gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 (wohl Abs. 4 gemeint) Satz 1 Nr. 2 UmwRG eine auf die Verletzung umweltbezogener Vorschriften beschränkte gerichtliche Kontrolle eröffnet (vgl. VGH BW, U.v. 20.11.2018 - 5 S 2138/16 - juris Rn. 165).
57
Im hier zu entscheidenden Fall wurde im Aufstellungsverfahren zum Bebauungsplan i.d.F. seiner 1. Änderung eine Umweltprüfung nach den Vorschriften des BauGB durchgeführt. Unter 12. des Umweltberichtes heißt es, dass durch die geplante Änderung des Bebauungsplanes kein zusätzlicher Eingriff in Natur und Landschaft stattfinde, weshalb zum derzeitigen Zeitpunkt keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Ausgehend hiervon könnte vertreten werden, dass bei Ablehnung der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG eine Rechtschutzlücke entstünde, da die Klage des Umweltverbandes unbegründet wäre, da die für die Begründetheit der Klage erforderliche Voraussetzung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG nicht erfüllt sei, wonach bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 4 UmwRG zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung i.S.v. § 2 Abs. 10 UVPG bestanden haben muss.
58
Wie bereits unter 1. a) (1) ausgeführt, sind gemäß § 2 Abs. 10 UVPG „Umweltprüfungen“ i. S. d. UVPG nur die Umweltverträglichkeits- und die Strategische Umweltprüfung. Aufgrund des hier anwendbaren § 50 UVPG absorbiert die Umweltprüfung nach dem BauGB Umweltprüfungen nach dem UVPG; die UVP tritt in der Bauleitplanung nicht mehr als eigenes Verfahren in Erscheinung. Ist daher nach der verpflichtenden Vorgabe des § 2 Abs. 4 BauGB im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Umweltprüfung erfolgt und tritt diese an die Stelle einer UVP bzw. Strategischen Umweltprüfung i. S. d. UVPG, so war auch i. S. d. § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG eine „Umweltprüfung“ durchzuführen, so dass die für die Begründetheitsprüfung zusätzlich erforderliche Voraussetzung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG gegeben ist, da bei der Aufstellung des hier maßgeblichen Bebauungsplanes i.d.F. seiner 1. Änderung eine Umweltprüfung nach BauGB durchgeführt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 49, U.v. 17.7.2020 - 15 N 19.1377 - juris Rn. 53; NdsOVG, B.v. 24.6.2021 - 12 KN 112/20 - juris Rn. 103, B.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 - juris Rn. 65). Eine Rechtschutzlücke entsteht damit bei einer Verneinung der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG nicht, womit eine Klagebefugnis aus § 2 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ausscheidet.
59
Sofern man den § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VwGO z. B. aus Rechtschutzerwägungen auch auf Vorhaben anwendet, die bereits dem § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG zugeordnet werden oder entgegen der Auffassung des erkennenden Gerichts eine Klagebefugnis aus § 2 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG nicht für gegeben erachtet, ergibt sich die Klagebefugnis des Klägers jedenfalls aus § 2 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG.
60
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2020 aus:
„Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist dieses Gesetz u.a. auch auf Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte anzuwenden, durch die andere als die in den Nummern 1 bis 2 Buchst. b genannten Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden. Solche umweltbezogenen Rechtsvorschriften sind nach § 1 Abs. 4 UmwRG Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG) oder auf Faktoren im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 UmwRG) beziehen. Umweltbestandteile sind u.a. Luft, Wasser, Boden, Landschaft, natürliche Lebensräume und die Artenvielfalt. Faktoren sind u.a. Energie, Lärm, Emissionen, Abfälle und sonstige Freisetzungen von Stoffen, die sich auf Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Im Zweifel ist der Umweltbezug - in Anlehnung an die Spruchpraxis des Compliance Committee der Aarhus-Konvention - weit auszulegen; es genügt, dass sich die betreffende Rechtsvorschrift in irgendeiner Weise auf die Umwelt bezieht (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2018 - 2 CS 18.198 - juris Rn. 8). Erfasst sind alle Normen, die zumindest auch dazu beitragen, dass gegenwärtige und künftige Generationen in einer ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt leben können (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 1 UmwRG Rn. 31 m.w.N.). Als ausreichend wird angesehen, dass die betreffende Bestimmung wahrscheinlich unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf die Umwelt hat (…) Die Zulassungsentscheidung muss - nur - unter Anwendung einer oder mehrerer derartiger Vorschriften zustande kommen. Maßgeblich für die Einschlägigkeit des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist also weder, dass derartige Vorschriften gerügt werden, noch, dass sie von der Behörde tatsächlich geprüft wurden oder gar verletzt sind. Erforderlich ist lediglich, dass bei der Zulassungsentscheidung unter anderem umweltbezogene Vorschriften geprüft werden müssen“ (BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 27 f.).
61
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) können Festsetzungen eines Bebauungsplanes auch bei zeitgleichem Erlass noch individualisierungsbedürftig sein. Ihre Anwendung ist stets durch Eigenentscheidungsanteile der Behörde (mit-)bestimmt, wie sich bereits aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt. So kann es sein, dass ein Umweltverband an den Festsetzungen eines Bebauungsplanes keinen Anstoß nimmt, wohl aber dessen Anwendung im Einzelfall einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen will. Die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG kann ersichtlich nicht davon abhängen, ob die Behörde die umweltbezogenen Rechtsvorschriften tatsächlich angewandt hat. Es kommt vielmehr richtigerweise auf die Pflicht zur Anwendung an (vgl. Michl, NuR 2018, 845/847).
62
Eine Baugenehmigung kann durchaus unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften im Sinn des § 1 Abs. 4 UmwRG zustande kommen, weil sich solche Vorschriften zumindest partiell in den von der Baugenehmigungsbehörde hier nach Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO zu prüfenden §§ 30 ff. BauGB finden. Sowohl bei der Zulassung von Außenbereichsvorhaben als auch von Vorhaben im nicht qualifiziert beplanten Innenbereich kann die Anwendung einer umweltbezogenen Rechtsvorschrift des Landesrechts in Betracht kommen. Auch bei der Zulassung von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB ist dies möglich, wenn der Bebauungsplan in Bezug auf das Vorhaben umweltbezogene Rechtsvorschriften enthält (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 29 f.). Der Bebauungsplan als kommunale Satzung (vgl. § 10 Abs. 1 BauGB) ist als Rechtsvorschrift des Landesrechts anzusehen. Eine Beschränkung des in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG enthaltenen Begriffs des Landesrechts auf unmittelbar vom Landesgesetzgeber erlassene Normen lässt sich dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht entnehmen. Vielmehr wird der Begriff des Landesrechts in Abgrenzung zum Begriff des Bundesrechts allgemein dahingehend verstanden, dass ihm auch die Satzungen der Gemeinden zuzuordnen sind, obwohl die Satzungsgeber kommunale Gebietskörperschaften sind. Dies gilt auch dann, wenn die erlassenen Vorschriften auf einer bundesgesetzlichen Ermächtigung beruhen. Zwar werden Satzungen oft als „autonomes Recht“ dem staatlichen Recht gegenübergestellt, um zu betonen, dass sie von Selbstverwaltungskörperschaften erlassen werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie neben Bundesrecht und Landesrecht einen dritten Rechtskreis bilden. Die satzungsgebenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind dem Staat, d.h. entweder dem Bund oder einem Land zugeordnet; dementsprechend sind die Satzungen entweder als Bundesrecht oder als Landesrecht zu qualifizieren (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 30 ff. m.w.N.).
63
Bei der angefochtenen Baugenehmigung musste eine umweltbezogene Rechtsvorschrift des Bebauungsplanes i.d.F. seiner 1. Änderung geprüft werden. Bei Sonderbauten, wie hier, hat die Bauaufsichtsbehörde unter anderem die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB zu prüfen, Art. 60 Abs. 1 Nr. 1 BayBO. Ein Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes ist u.a. zulässig, wenn es den Festsetzungen dieses Bebauungsplanes nicht widerspricht, § 30 Abs. 1 BauGB. Der Bebauungsplan i.d.F. seiner 1. Änderung sieht in Nr. 11.6 Buchst. b seiner textlichen Festsetzungen nach dem Ergebnis der aktualisierten artenschutzrechtlichen Prüfung hinsichtlich der Neuschaffung von Habitatstrukturen für Feldlerche, Waldstelze und Kiebitz Maßnahmen zur Vermeidung und zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funkionalität vor. Dies ist eine Festsetzung mit Umweltbezug. Ob das Landratsamt bei der Baugenehmigungserteilung diese Festsetzung geprüft hat oder diese mit dem bloßen Hinweis unter Nr. IX.2 der Baugenehmigung, dass die Vorgaben zur Grünordnung und zum Artenschutz der 1. Änderung des Bebauungsplanes vollständig einzuhalten und zu beachten sind, zutreffend umgesetzt hat, ist für die Bejahung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG unbeachtlich (vgl. ausführlich: BayVGH, B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 33 ff.).
64
Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, sind in dieser Konstellation auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 2 UmwRG erfüllt. Die dann erforderliche zusätzliche Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, dass die Vereinigung die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen muss, ist nach obigen Ausführungen unter 1. a) (2) unproblematisch erfüllt.
65
Sowohl der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. 10.12.2020 - a.a.O. - juris Rn. 48) als auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH, B.v. 17.3.2021 - 3 B 2000/20 - juris Rn. 19 ff. - Vorhaben, das unter Ziffer 18.7.1 der Anlage 1 zum UVPG fiel), halten im Übrigen neben § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG auch den § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG für einschlägig, lassen dann aber offen, ob § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG auch dann Anwendung findet, wenn sich die Zulässigkeit der Klage bereits aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG ergibt.
66
2. Gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und § 134 Abs. 2 Satz 1, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind die Berufung und die Sprungrevision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die streitentscheidende Frage, ob und nach welcher Norm bei einer Klage eines anerkannten Umweltverbandes gegen eine Baugenehmigung, die auf der Grundlage eines Bebauungsplanes i.S.d. § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG erlassen wurde, durch den die Zulässigkeit von Vorhaben nach den Ziffern 18.1 bis 18.9 der Anlage 1 des UVPG begründet werden soll, für ein Vorhaben, für das nach der Anlage 1 zum UVPG eine Pflicht zur Vorprüfung besteht, der Anwendungsbereich des UmwRG eröffnet ist und wie das Verhältnis der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG und der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG bei dieser Konstellation zueinander ist, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und weist über den hier zu entscheidenden Fall hinaus. Die mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2019 (7 C 5.18 - juris Rn. 25) vorgenommene einschränkende Auslegung des Exklusivitätsverhältnisses von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG betraf keine Klage gegen eine Baugenehmigung mit den Besonderheiten des § 50 UVPG. Die Gesetzesbegründung hilft in diesen Fragen nicht durchgreifend weiter. Ebenso ist eine einheitliche Linie in der Rechtsprechung derzeit nicht ersichtlich.