Titel:
Fälligkeitsmitteilung eines Zwangsgeldes
Normenketten:
VwGO § 43
BayVwZG Art. 23 Abs. 1 Nr. 2, Art. 31 Abs. 3
BayVwVfG Art. 43 Abs. 3
Leitsatz:
Die behördliche Mitteilung, dass ein Zwangsgeld zur Zahlung fällig geworden ist (sog. Fälligkeitsmitteilung), stellt keinen Verwaltungsakt dar, sondern lediglich die Mitteilung eines Bedingungseintritts. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zwangsgeld, Verwaltungsvollstreckung, Fälligkeitsmitteilung, Fälligstellung, Verwaltungsakt, Feststellungsklage
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.12.2021 – 15 ZB 21.2511
Fundstelle:
BeckRS 2021, 41419
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen die Fälligkeitsmitteilung eines Zwangsgeldes.
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Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A der Gemarkung *.
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Im Rahmen einer Ortseinsicht am 21. Oktober 2019 wurde auf den o.g. Grundstücken festgestellt, dass auf einer Fläche von mehr als 500 m² (ca. 700 m²), in Teilbereichen tiefer als 2 m, Geländeveränderungen durchgeführt worden sind.
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Mit bestandskräftigem Bescheid des Landratsamtes * (im Folgenden: Landratsamt) vom 22. Oktober 2019 (Az. Z) wurde gegenüber der Klägerin angeordnet, sämtliche Arbeiten zur Geländeveränderung im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1/A und 1 der Gemarkung * sofort einzustellen (Nr. 1 des Bescheides). Bei Nichterfüllung der Nr. 1 des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR angedroht (Nr. 3 des Bescheides). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 wurde angeordnet (Nr. 4 des Bescheides). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Geländeveränderungen nicht unter den Verfahrensfreiheitstatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO fielen. Insofern seien diese baugenehmigungspflichtig. Ein entsprechender Bauantrag sei bislang nicht gestellt worden. Für die Anordnung der Baueinstellung sei bereits ein begründeter „Anfangsverdacht“ bei Ausführung einer der Baugenehmigungspflicht unterliegenden baulichen Anlage ausreichend.
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Mit Formblatt vom 2. März 2020 wurde für das Grundstück Fl.Nr. 1 der Gemarkung * eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Boxenstalles für vier Pferde inklusive Strohlager durch die Tochter der Klägerin beantragt. Der Bauantrag wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. Februar 2021 (Az. Y) abgelehnt.
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Am 20. November 2020 wurde auf den streitgegenständlichen Grundstücken erneut eine Baukontrolle durch das Landratsamt durchgeführt und dabei weitere Geländeveränderungen, insbesondere der Einbau einer Stützwand aus Quadersteinen und entsprechende Abgrabungen und Aufschüttungen, festgestellt.
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Mit verfahrensgegenständlichem Schreiben vom 23. November 2020 wurde das mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 angedrohte Zwangsgeld für fällig erklärt.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach den Feststellungen des Landratsamtes vom 20. November 2020 weitere Geländeveränderungen, insbesondere der Einbau einer Stützwand aus Quadersteinen und entsprechende Abgrabungen und Anschüttungen, vorgenommen worden seien. Die Arbeiten würden der weiteren Vorbereitung zur Errichtung eines Pferdestalles mit Strohlager für ein therapeutisches Reiten (siehe Az. X) dienen. Dazu würden augenscheinlich auch Leitungen verlegt werden. Mit der festgestellten Weiterführung der Arbeiten zu der Veränderung des Geländes sei die mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 verfügte Einstellungsanordnung missachtet worden. Daher sei das angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und werde somit eingezogen.
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Mit Bescheid vom 23. November 2020 (Az. Z) wurde für den Fall, dass die Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 (Az. Z) zur sofortigen Einstellung der Bauarbeiten von Geländeveränderungen einschließlich der Errichtung von Stützwänden nicht vollständig erfüllt werde, erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 6.000,00 EUR angedroht. Hiergegen ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2020 Klage erheben (Au 5 K 20.2673).
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Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2020 ließ die Klägerin Klage gegen die Fälligkeitsmitteilung erheben und beantragen,
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festzustellen, dass die Voraussetzungen zur Vollstreckung des im Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2019 angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 4.000,00 EUR nicht vorliegen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Stützwand aus Trockenmauersteinen im November 2020 errichtet worden sei. Zum gleichen Zeitpunkt sei eine bestehende Holzhütte auf Fl.Nr. 1/A an die Kanalisation angeschlossen worden. Der Kanalhauptstrang, welche in Fl.Nr. 2/A ende, sei bereits vorhanden. Die Klägerin sei der Meinung, dass diese Maßnahmen keine Geländeveränderungen darstellen würden und daher von der Baueinstellung nicht umfasst seien. Weder die Errichtung der Trockensteinmauer noch die im Untergrund verlegten Abwasserrohre hätten zu einer Geländeveränderung geführt, da sich durch das Einbringen von Leitungen in den Boden der Geländeverlauf nicht verändere. Diesem sei nicht anzusehen, ob im Boden Leitungen verlegt seien oder nicht. Der Bescheid umfasse lediglich die Untersagung von Geländeveränderungen und nicht sämtliche Bauarbeiten. Im Hinblick auf die Errichtung der Natursteinmauer sei fraglich, ob die Einstellungsanordnung dem Bestimmtheitsgrundsatz genüge. Hätte der Beklagte sämtliche Bauarbeiten einstellen wollen, hätte er dies im Bescheid entsprechend formulieren müssen. Unbestimmt sei darüber hinaus, in welchem Bereich der Grundstücke Geländeveränderungen untersagt worden seien. Der Bescheid untersage Arbeiten zur Geländeveränderung im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A. Wo dieser Bereich beginne oder ende, werde nicht näher geregelt. Die Trockensteinmauer befinde sich auf Fl.Nr. 1/A im südöstlichen und nicht im südwestlichen Bereich. Die im Bescheid angeordnete Untersagung gehe damit bezüglich der Trockensteinmauer ins Leere. Abgesehen davon handle es sich bei der Errichtung einer Trockensteinmauer nicht um eine Geländeveränderung in der Form, wie sie vom Beklagten untersagt worden sei. Dieser habe erkennbar den Zweck verfolgt, zu verhindern, dass weitere Abgrabungen und Aufschüttungen vorgenommen würden. Die Klägerin weise darauf hin, dass weder die Einbringung der Rohrleitungen noch die Errichtung der Trockensteinmauer mit dem Bauantrag zur Errichtung eines Pferdestalles mit Strohlager zusammenhingen. Hiermit im Zusammenhang stünde lediglich die ursprüngliche Geländeveränderung. Bezugspunkt für Abtragung und Auffüllung des Geländes sei die Oberkante des Fundaments der bestehenden Hütte. Mittels Nivellements sei der ursprüngliche Geländeverlauf erfasst und wiederhergestellt worden. Die vorhandenen „Rohflächen“ würden nach Errichtung des beantragten Pferdestalls mittels einer Rasentragschicht eingegrünt werden.
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Das Landratsamt ist für den Beklagten mit Schreiben vom 7. Januar 2021 der Klage entgegengetreten und beantragte,
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die rechtskräftige Baueinstellungsanordnung vom 22. Oktober 2019 (Az. Z) nach den Feststellungen des Landratsames vom 20. November 2020 nicht eingehalten und die eingestellten Arbeiten mit weiteren Geländeveränderungen im betroffenen Bereich fortgeführt worden seien. Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 umfasse sämtliche Arbeiten zur Geländeveränderung. Mit der Herstellung der Stützwand aus Steinquadern, einschließlich den damit verbundenen weiteren Geländeveränderungen (wie insbesondere Hinterfüllungen), der Eingrabung eines Gastanks, den vorgenommen Geländearbeiten zu den sogenannten „Maßnahmen zur Infrastruktur“ mit den damit verbundenen weiteren Geländeveränderungen zur Terrassierung des Geländes, den Geländearbeiten zur Ausführung des ebenfalls rechtswidrigen Gewächshauses sowie Kabel- und Leitungsverlegungen sei ausweislich der Bildaufnahmen vom 20. November 2020 auch im Vergleich zu den Bildern zum Zeitpunkt der Baueinstellung vom 22. Oktober 2019 in jedem Fall im unmittelbaren räumlichen, sachlichen wie auch zeitlichen Zusammenhang mit den eingestellten Arbeiten eine weitere aktuelle, nachhaltige zusätzliche Veränderung des Geländes vorgenommen worden. Die angeordnete Einstellung der Geländearbeiten sei auch nicht auf ein bestimmtes weiteres Einzelvorhaben festgelegt. Die Baueinstellung ziele mit der Einstellung auf sämtliche Arbeiten am Gelände im gesamten südwestlichen Bereich der betroffenen Grundstücke und nicht nur auf den bereits 2019 veränderten Bereich ab. Sie diene vor allem auch einer Verhinderung der weiteren rechtswidrigen räumlichen Ausweitung der begonnenen illegalen Arbeiten. Die Herstellung der Stützwand gehe auch nachhaltig über die Erforderlichkeit einer Notsicherungsmaßnahme hinaus und stelle eine rechtswidrige Fortführung der eingestellten Bauarbeiten dar. Sie falle auch direkt unter die Einstellungswirkung, da mit ihr regelmäßig eine Geländebehandlungsfunktion einhergehe und sie damit einen direkten und inkludierten Bestandteil einer Geländeveränderung darstelle. Die Stützwand stelle außerdem eine bauliche Anlage i.S.d. Art. 2 Abs. 1 BayBO dar und diene einem dauerhaften ortsfesten Verwendungszweck. Zwar würden Leitungen außerhalb von Gebäuden grundsätzlich nicht vom Anwendungsbereich der bauordnungsrechtlichen Regelungen erfasst. Im vorliegenden Fall liege aber die Sperrwirkung der Baueinstellungsanordnung zwangsläufig auch für Geländeveränderungen vor. Es spiele keine Rolle, ob hier Abgrabungen und Wiederverfüllungen mit der „Wiederherstellung“ zum Ausgangsniveau vorgenommen worden seien. Die Veränderungen im Zusammenhang mit den Leitungsverlegungen seien überdies im direkten Bereich der 2019 begonnen Geländeveränderungen vorgenommen worden. Nachdem sämtliche Arbeiten zur Geländeveränderung im südwestlichen Bereich eingestellt seien, verstießen alle zusätzlichen weiteren Bauarbeiten, welche allesamt mit Geländeveränderungen im betroffenen Einstellungsbereich einhergegangen seien, gegen die Einstellungsanordnung.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Januar 2021 blieb der mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2020 erhobene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Erfolg (Az. Au 5 E 20.2671).
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Am 19. August 2021 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.
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Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.
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1. Die Klage ist zulässig.
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Gegen die Fälligstellung des Zwangsgelds in Höhe von 4.000,00 EUR im Schreiben vom 23. November 2020 ist die erhobene Feststellungsklage nach § 43 VwGO die statthafte Klageart. Die behördliche Mitteilung, dass ein Zwangsgeld zur Zahlung fällig geworden ist (sog. Fälligkeitsmitteilung), stellt keinen Verwaltungsakt im Sinn von Art. 35 BayVwVfG dar, sondern lediglich die Mitteilung eines Bedingungseintritts. Nach der Regelung in Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG ist bereits die Androhung eines Zwangsgeldes ein nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 VwZVG vollstreckbarer Leistungsbescheid, weshalb die Vollstreckung von Zwangsgeldern nicht den Erlass weiterer Bescheide voraussetzt, sondern unmittelbar aufgrund der erfolgten Androhung in die Wege geleitet werden kann. Die zeitlich nachfolgende Fälligkeitsmitteilung hat nur deklaratorische Wirkung und ist gesetzlich nicht vorgeschrieben (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.1.2015 - 1 CE 14.2460, 1 CE 14.2520 - juris Rn. 10). Insofern ist die Feststellungsklage der statthafte Rechtsbehelf.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
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Das angedrohte Zwangsgeld wurde von Seiten des Landratsamtes zu Recht fällig gestellt, nachdem die Klägerin der mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 bestandskräftig angeordneten und mit Zwangsgeldandrohung versehenen Verpflichtung zur Einstellung sämtlicher Arbeiten zur Geländeveränderung im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A der Gemarkung * zuwidergehandelt hat (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG).
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a) Mit der Verpflichtung der Klägerin zur Einstellung sämtlicher Arbeiten zur Gelände veränderung durch Bescheid vom 22. Oktober 2019, gestützt auf Art. 75 BayBO, liegt ein grundsätzlich vollziehbarer Grundverwaltungsakt vor. Dessen Vollziehbarkeit ergibt sich aus Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG aufgrund der Anordnung des Sofortvollzugs in Nr. 4. Im Übrigen ist der Bescheid bestandskräftig.
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Überdies ist darauf zu verweisen, dass die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung im Vollstreckungsverfahren nicht zu prüfen ist, da es ausschließlich auf die Vollziehbarkeit der der Vollstreckung zugrundeliegenden Maßnahme ankommt.
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b) Der der Vollstreckung zugrundeliegende Verwaltungsakt ist auch nicht unwirksam.
Eine Nichtigkeit, die nach Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG zur Unwirksamkeit des der Vollstreckung zugrundeliegenden Verwaltungsakts führen würde, ist nicht erkennbar und wurde auch nicht vorgetragen.
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c) Das Gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den vorgeleg ten Lichtbildern überzeugt, dass die Klägerin der Einstellungsverfügung des Beklagten vom 22. Oktober 2019 zuwidergehandelt hat, sodass das im Bescheid vom 22. Oktober 2019 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR fällig geworden ist. Nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids vom 22. Oktober 2019 geht es vorliegend nur noch um die Feststellung, ob die Klägerin gegen die Einstellungsverfügung in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 tatsächlich verstoßen hat.
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Mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 ordnete das Landratsamt die Einstellung sämtlicher Arbeiten zur Geländeveränderung im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A der Gemarkung * an (Nr. 1). Dem Bescheid vorausgegangen war eine Baukontrolle am 21. Oktober 2019, im Zuge derer festgestellt und fotodokumentiert worden war, dass auf den vorgenannten Grundstücken auf einer Fläche von mehr als 500 m2 (ca. 700 m2), in Teilbereichen tiefer als 2 m, Geländeveränderungen stattgefunden haben.
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Dieser Einstellungsverfügung wurde jedenfalls dadurch zuwidergehandelt, indem die Klägerin eine Stützmauer im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A errichtet hat. Die vom Landratsamt anlässlich einer Baukontrolle vom 20. November 2020 gefertigten Lichtbilder (Behördenakt Bl. 24 ff.) legen diesen Schluss hinreichend verlässlich nahe.
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Die Einlassungen der Klägerseite im Schriftsatz vom 1. März 2021 sowie in der mündlichen Verhandlung, dass Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 nicht hinreichend bestimmt festlege, auf welchen Bereich sich die Einstellungsverfügung beziehe und nicht zweifelsfrei erkennbar sei, dass von „Arbeiten zur Geländeveränderung“ auch die Errichtung einer Stützmauer umfasst sei, überzeugen im Ergebnis nicht. Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 mangelt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit.
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Aus dem Wortlaut von Nr. 1 des Bescheides ergibt sich zunächst hinreichend be stimmbar, welcher Bereich von der Baueinstellungsverfügung betroffen war und ist. Ausweislich der Begrifflichkeit „im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1/A und 1 der Gemarkung *“ handelt es sich dabei um einen gemeinsamen, zu einer Einheit zusammengefassten Bereich der beiden Grundstücke Fl.Nrn. 1/A und 1. Zwar bietet die Terminologie „südwestlicher Bereich“ keine zentimetergenaue Abgrenzung, der Bestimmtheitsgrundsatz ist jedoch insofern gewahrt, wenn für den Adressaten eines Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Dabei reicht es aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, vor allem seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen - gegebenenfalls durch Auslegung - unzweifelhaft bestimmen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2019 - 9 ZB 18.1263 - juris Rn. 6). Nachdem die Stützmauer unmittelbar in dem (südwestlichen) Bereich der beiden, im Bescheid zusammengefassten Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A der Gemarkung, auf dem die eingestellten Arbeiten im Oktober 2019 erfolgt sind, errichtet wurde, hätte der Klägerin als Adressatin des Bescheides bewusst sein müssen, dass sie nicht im unmittelbaren Umgriff bzw. in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur Fläche der eingestellten Bauarbeiten weitere Arbeiten durchführen kann. Die Klägerin als Bauherrin weiß selbst am besten, in welchem Bereich auf den Grundstücken gearbeitet wurde. Der Vergleich der anlässlich beider Baukontrollen gefertigten Lichtbilder (Bl. 1 und Bl. 24 ff. der Behördenakte) belegt eindeutig, dass ab Hangkante in Richtung Süden/Südwesten Geländeveränderungen stattgefunden haben, indem in die Hangkante und in einer L-Form weiter nach Süden gezogen Quadersteine eingetragen wurden. Dass jedenfalls dieser Bereich von der Baueinstellungsverfügung erfasst war, war für die Klägerin zweifelsfrei erkennbar. Der Bescheid vom 22. Oktober 2019 ist insofern eindeutig.
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Auch die in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 gewählte Formulierung „sämtliche Arbeiten zur Geländeveränderung“ ist hinreichend klar und bestimmt. Bereits der Wortlaut lässt keinen Zweifel daran, dass nicht nur solche Arbeiten von der Baueinstellungsverfügung erfasst sind, die das Gelände per se verändern, sondern gerade auch all diejenigen Arbeiten, die einer Geländeveränderung letztlich dienen („zur“ Geländeveränderung). Selbst wenn in der Betreffzeile des Bescheides auch von „Auffüllungen“ und in den Hinweisen des Bescheides von „unzulässigen Bauarbeiten“ die Rede ist, kommt es zunächst primär auf den (vollstreckbaren) Tenor an. Dieser muss für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, dass er sein Verhalten danach richten kann. Der Tenor des Nr. 1 des Bescheides erfasst „sämtliche Arbeiten zur Geländeveränderung“ und es erfolgte jedenfalls keine Beschränkung auf Auffüllungen, Abgrabungen oder unzulässige Bauarbeiten. Ziel einer auf der Grundlage des Art. 75 BayBO verfügten Baueinstellung ist es gerade, die Schaffung (zumindest formell) baurechtswidriger Zustände oder deren Verfestigung durch weitere Baumaßnahmen zu verhindern. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob die durchgeführten Arbeiten genehmigungspflichtig waren oder nicht. Dass auch die Errichtung einer Stützmauer in dem vorliegenden Umfang und Ausmaß unter „Arbeiten zur Geländeveränderung“ fällt, hätte die Klägerin vor diesem Hintergrund hinreichend sicher erkennen können. Denn es wurde eine aus Quadersteinen bestehende Steinmauer in die Hangkante und den nach Süden auslaufenden Hang eingebracht. Zwingend notwendige Voraussetzung dafür war unstrittig ein Eingriff in das bestehende Gelände, indem in einem gewissen Umfang abgegraben wurde und die Quadersteine hinterfüllt und angefüllt wurden. Die in diesem Zusammenhang eingetretene Verfestigung des Geländezustandes fällt - selbst wenn damit nicht zwangsläufig eine Modellierung des Geländes verbunden war - jedenfalls als Geländegestaltung unter die Baueinstellungsverfügung („Arbeiten zur Geländeveränderung“). Dass der Eintrag einer Stützmauer eine nicht nur untergeordnete Maßnahme ohne Auswirkungen auf das Gelände darstellt, sondern vielmehr einen besonderen Regelungsbedarf auslöst, hat der Gesetzgeber selbst erkannt und insofern die Regelung in Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO getroffen. Die Errichtung der Stützmauer diente im vorliegenden Fall auch nicht einer statisch notwendigen Abstützung des Hanges. Dies lässt sich, abgesehen von der auf den Lichtbildern erkennbaren geringen Steilheit der Hangkante, jedenfalls angesichts des Ausmaßes und Umfangs der Mauer sowie der verwendeten Bauprodukte nicht erkennen. Hierzu wurde von der Klägerseite anderweitig auch nichts Substantiiertes vorgetragen.
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Ob es sich bei den fotodokumentierten Einträgen eines Gastanks sowie von Rohrleitungen ebenfalls um „Arbeiten zur Geländeveränderung“ und damit Zuwiderhandlungen gegen Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 gehandelt hat, wofür angesichts der Tatsache, dass dafür ein Eingriff in das Gelände erforderlich war, vieles spricht, kann letztlich dahingestellt bleiben, da für die Fälligstellung des Zwangsgeldes ausreichend ist, dass eine der Arbeiten - vorliegend die Errichtung der Stützmauer - einen Verstoß gegen Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 begründet. Zu diesem Schluss kommt die Kammer anhand objektiv vorliegender Indizien, insbesondere den bei Baukontrollen gefertigten Lichtbildern.
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Das Landratsamt ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin jedenfalls mit der Errichtung der Stützmauer gegen die Baueinstellungsverfügung vom 22. Oktober 2019 verstoßen hat. Das mit Bescheid des Landratsamtes vom 22. Oktober 2019 angedrohte Zwangsgeld konnte demnach gegen die Klägerin rechtmäßig fällig gestellt werden, deren Klage bleibt insoweit ohne Erfolg.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren un terlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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4. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentschei dung ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.