Titel:
Normenkontrollantrag gegen Satzung zur Sicherung der Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion
Normenketten:
BauGB § 22 Abs. 1
VwGO § 47
Leitsätze:
1. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Bebauungsplänen, die getrennt räumliche Anwendungsbereiche aufweisen, muss der Antrag auf denjenigen Teil des Bebauungsplans beschränkt werden, bei dem eine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers in Betracht kommt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für eine Prägung durch den Fremdenverkehr ist erforderlich, dass die öffentliche und private Infrastruktur auf Fremdenverkehrsbedürfnisse ausgerichtet ist und die Übernachtungszahlen in der Gemeinde wirtschaftlich eine wichtige Rolle spielen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Gemeinde bestimmt grundsätzlich die Ziele ihrer städtebaulichen Entwicklung selbst. Dabei kann sie auch berücksichtigen, dass Nebenwohnsitze die touristische Attraktivität in erheblichem Maß beeinträchtigen, weil damit Teile der Gemeinde dem vitalen Ortsleben entzogen werden. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Satzung zur Sicherung der Fremdenverkehrsfunktion dient der Sicherung solcher Gebiete, in denen durch die Begründung von Wohnungseigentum erfahrungsgemäß Nebenwohnungen entstehen, durch die Wohnraum der wechselnden Benutzung durch Fremde entzogen wird. Der räumliche Umfang der Satzung kann soweit gezogen werden, wie eine Gefährdung durch die Begründung von Wohnungseigentum in den auf Fremdenverkehr ausgerichteten Gebietsteilen erwartet werden kann. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fremdenverkehrssatzung, Antragsbefugnis, Fremdenverkehrsfunktion, Katalogfälle, Nebenwohnung, Zweitwohnung, Ferienwohnung, Fremdenverkehr, Bergsteigerdorf, Genehmigungspflicht, Rolladensiedlung, Infrastruktur
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 30.12.2022 – 4 BN 9.22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 41341
Tenor
I. Der Antrag wird hinsichtlich der Anlage 2 - Planteil W., R. und O. - zur Satzung zur Sicherung der Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion, bekannt gemacht am 11. Oktober 2019, abgelehnt. Im Übrigen wird der Antrag verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags ababwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen die am 11. Oktober 2019 bekannt gemachte Satzung zur Sicherung der Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion der Gemeinde K. (im Folgenden: Satzung). Sie ist Eigentümerin der Grundstücke FlNr. …16 bis …20 sowie FlNr. …4 der Gemarkung K. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich der Satzung, Anlage 2 zur Satzung - Planteil W., R. und O. Zudem liegen die Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 36 „für das Gebiet am W. in K.“ der Gemeinde K. Die Grundstücke FlNr. …16 bis …20 wurden mittlerweile verkauft. Das Grundstück FlNr. …4 wurde nicht verkauft. Auf den FlNr. …16 und …17 ist jeweils die Errichtung einer Doppelhaushälfte und auf den FlNr. …4, …20 und …19 ist jeweils die Errichtung eines Einfamilienhauses geplant.
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Nach § 1 der Satzung ist die Nutzung von Räumen in Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnungen genehmigungspflichtig, wenn die Räume insgesamt an mehr als der Hälfte der Tage eines Jahres unbewohnt sind.
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Hintergrund der Satzung ist, dass die Antragsgegnerin in der Sitzung des Gemeinderats vom 10. Oktober 2019 davon ausging, dass sie eine Fremdenverkehrsgemeinde sei, deren überwiegende Wirtschaftskraft vom Fremdenverkehr abhänge. Es sei von großem Interesse, die Fremdenverkehrsstruktur zu erhalten, um auch in Zukunft noch eine wirtschaftliche Grundlage zu haben. Darüber hinaus bestehe ein enormer Bedarf an bezahlbaren Wohnungen für die Mitarbeiter, die in den Fremdenverkehrsbetrieben tätig seien, sowie auch für Mitarbeiter, die in anderen Berufen (z.B. in Kliniken) tätig seien. Die in den letzten Jahren erfolgte Zunahme von Zweitwohnungen nehme dem Wohnungsmarkt Wohnungen, die für die in der Gemeinde lebende und arbeitende Bevölkerung notwendig seien. Ohne diese Wohnungen hätten es Betriebe wie Hotels extrem schwer, Mitarbeiter zu finden.
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Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Satzung halte sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Zwar müsse die Gemeinde nicht insgesamt durch den Fremdenverkehr geprägt sein, um eine Satzung nach § 22 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in rechtmäßiger Weise erlassen zu können. Es könne dann aber auch nur für diese Teile eine Fremdenverkehrssatzung erlassen werden und nicht auch für Gebiete, die nicht vom Fremdenverkehr geprägt sind. Im Übrigen seien die sonstigen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage nicht erfüllt. § 22 Abs. 1 Satz 2 BauGB setze weiter voraus, dass durch die Nutzung als Nebenwohnung die vorhandene oder vorgesehene Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr und dadurch die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt werden könne. In weiten Teilen des Satzungsgebiets seien ganz überwiegend reine Wohnhäuser vorhanden und es fehle an einer Prägung der Gebiete durch Fremdenbeherbergung. Hinsichtlich der Anlage 1 liege weder ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vor, dessen Eigenart einem Kurgebiet, einem Gebiet für die Fremdenbeherbergung oder einem Wochenend- und Ferienhausgebiet entspreche, noch liege ein sonstiges Gebiet mit Fremdenverkehrsfunktion vor, das durch Beherbergungsbetriebe und Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung geprägt sei. Im gesamten Geltungsbereich der Anlage 1 zur Satzung existiere kein einziger Fremdenbeherbergungsbetrieb. Auch ein Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung sei im gesamten Gebiet nicht vorhanden. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aufgrund der in diesem Gebiet gelegenen Klinik im A.park. Der Bebauungsplan Nr. 33 „Klinik im A.park“ weise ein sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Klinik“ aus. Mit der Festsetzung eines Kurgebiets sei dies nicht vergleichbar. Eine Prägung des Gebiets durch Fremdenbeherbergung vermöge die Klinik nicht zu vermitteln.
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Auch in dem in Anlage 2 zur Satzung ausgewiesenen Geltungsbereich seien Gebiete enthalten, welche die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BauGB nicht erfüllten. Hinzuweisen sei insbesondere auf das Gebiet um die Grundstücke FlNr. … … … bis … und …9 bis …12. Bei den genannten Grundstücken handle es sich um Außenbereichsflächen. Das umliegende Gebiet werde nicht von Fremdenbeherbergung geprägt. Nur vereinzelt seien Fremdenbeherbergungsbetriebe vorhanden. Ein Schwergewicht von Fremdenbeherbergung sei nicht ersichtlich. Das Gebiet sei vielmehr ganz überwiegend von Wohnnutzung geprägt.
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Bei der Anlage 3 zur Satzung sei exemplarisch auf das Grundstück FlNr. … in E. hinzuweisen. Dieses sei in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen worden, obwohl es sich bei diesem Grundstück offensichtlich allein aufgrund der Größe der unbebauten Fläche um keine Baulücke handle. Auch das Gebiet östlich dieses Grundstücks lasse eine Prägung durch Fremdenbeherbergung vermissen. Soweit ersichtlich seien dort nur drei Fremdenbeherbergungsbetriebe vorhanden. Auch in diesem Gebiet finde auf der überwiegenden Zahl der Grundstücke eine Wohnnutzung statt. In Pförn sei sogar keine einzige Fremdenbeherbergung vorhanden.
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Bei Anlage 4 zur Satzung sei exemplarisch auf das Gebiet bestehend aus den Grundstücken H.weg … FlNr. … … … … und … hinzuweisen. Die Grundstücke befänden sich im Außenbereich. Soweit ersichtlich fände auf keinem der Grundstücke dieses Gebiets eine Fremdenverkehrsnutzung statt.
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Im Gebiet der Anlage 5 zur Satzung fände allein auf dem Grundstück S.weg * eine Fremdenbeherbergung statt.
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Die Bebauung der Anlage 6 zur Satzung befände sich eindeutig im Außenbereich.
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Gleiches gelte für die Bebauung der Anlage 7 zur Satzung, wo allein auf dem Grundstück B.wald * FlNr. … eine Fremdenverkehrsnutzung in Form einer Ferienwohnung stattfinde.
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Auch die überwiegende Anzahl der in der Anlage 8 zur Satzung vorhandenen Bebauung seien weder Beherbergungsbetriebe, noch Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung. Die Satzung erfasse mit den zahlreichen vorgenannten Flächen damit Gebiete, denen die erforderliche Zweckbestimmung für den Fremdenverkehr fehle.
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Die Satzung halte sich auch deshalb nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB, da eine Zielrichtung verfolgt werde, die von dieser Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt sei. Die Sicherung der Beherbergungsmöglichkeiten von Feriengästen spiegle sich in der Zielrichtung, welche die Antragsgegnerin mit der streitgegenständlichen Satzung verfolge, nicht wider. Diese Satzung sei kein Instrument für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Genauso wenig könne mit dieser Satzung der Zweck verfolgt werden, Wohnraum für Mitarbeiter von Fremdenbeherbergungsbetrieben zu schaffen. Es genüge nicht, wenn sich die Satzung nur mittelbar auf die Unterbringungsmöglichkeiten für Feriengäste auswirke. Selbst wenn man annähme, dass mit der Satzung der Zweck verfolgt werden könne, Wohnraum für Mitarbeiter von Fremdenbeherbergungsbetrieben zu schaffen, könne dieser Zweck im vorliegenden Fall nicht erreicht werden. So sei der südöstliche Teil des in Anlage 1 zur Satzung ausgewiesenen Satzungsgebiets geprägt von großen Villen, mit einer Wohnfläche von um die 270 m², die sich in unmittelbarer Seenähe befinden und durchweg privat genutzt werden. Diese Villen seien augenscheinlich weder nach ihrer Größe, ihrer Lage oder ihrer Ausstattung dafür geeignet, als Wohnraum für Mitarbeiter von Fremdenverkehrsbetrieben zu dienen. Sie seien schlichtweg weder in ihrer derzeitigen Form bezahlbar für Mitarbeiter von Fremdenverkehrsbetrieben noch könnten die bestehenden Villen in Appartements für Mitarbeiter von Fremdenverkehrsbetrieben umgebaut werden.
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Die Antragstellerin beantragt,
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Die Satzung zur Sicherung der Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion der Gemeinde K., bekannt gemacht am 11. Oktober 2019, ist unwirksam.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Antrag sei unzulässig, soweit die Antragstellerin den räumlichen Anwendungsbereich nach den Anlagen 1 und 3 - 8 der Satzung beanstande. Da die Grundstücke der Antragstellerin ausschließlich im Umgriff der Anlage 2 der Satzung lägen, fehle ihr das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Bereiche der Anlagen 1 und 3 - 8 der Satzung. Die Gemeinde K. sei überwiegend durch den Fremdenverkehr geprägt. Die Satzung verfolge das Ziel gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BauGB, die Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion zu sichern. Nebenwohnsitze beeinträchtigten die touristische Attraktivität in erheblichem Maß, weil damit Teile der Gemeinde dem vitalen Ortsleben entzogen würden. Diese Zwecksetzung komme in Ziffer 2 der Satzungsbegründung klar zum Ausdruck. Soweit die Antragstellerin geltend mache, dass die Aufnahme des südöstlichen Siedlungsgebiets in Anlage 1 der Satzung nicht geeignet sei, das Satzungsziel zu erreichen, so verkenne sie dabei den Satzungszweck. Sinn und Zweck sei es, leblose Ortsteile mit Nebenwohnsitzen zu vermeiden. Diese Zwecksetzung sei gerade in Bezug auf große Villen in unmittelbarer Seenähe sinnvoll, weil die genannten Gebäude ansonsten als Nebenwohnsitze genutzt würden, die über weite Zeiträume des Jahres leer stehen würden. Alle in den Satzungsumgriff einbezogenen Gebiete wiesen eine vorhandene oder vorgesehene Zweckbestimmung für den Fremdenverkehr auf. Dabei sei die Aufzählung der Schutzgebiete nach § 22 Abs. 1 BauGB nicht abschließend. Eine vorhandene oder vorgesehene Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr sei deshalb auch in weiteren Fällen möglich und könne sich aus der touristischen Eigenart und Charakteristik der Gemeinde ergeben. Als Bergsteigerdorf (Auszeichnung des Deutschen Alpenvereins, des Österreichischen Alpenvereins und der Alpenvereine Südtirol und Slowenien zur Umsetzung von Art. 11 Abs. 1 der Alpenkonvention vom 7.11.1991 i.V.m. Art. 19 des Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Tourismus) sei die Gemeinde K. darauf angewiesen, ihre naturnahen Siedlungsbereiche in unmittelbarer Gebirgsnähe für den naturerlebnisorientierten Tourismus zu erhalten. Das Wander- und Spaziergeherlebnis der Touristen werde durch den Zwang zur Überwindung von „toten“ Siedlungsbereichen, die von Zweitwohnungen geprägt seien, nachhaltig gestört. Insbesondere die kleineren Splittersiedlungen am Fuß der Berge lägen am Ausgangspunkt von Wanderwegen oder entlang von Skiloipen. Die Attraktivität der Antragsgegnerin als naturnaher Fremdenverkehrsstandort würde erheblichen Schaden nehmen, wenn ausgerechnet an derartigen Lagen künstlich wirkende Geisterdörfer entstehen würden. Zu Unrecht nehme die Antragstellerin an, dass allein die Lage der Bebauung im Außenbereich eine Prägung durch den Fremdenverkehr ausschließe. Auch ein einzeln im Außenbereich stehender Beherbergungsbetrieb könne als sonstiges Gebiet im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 3 Alternative 3 BauGB in den Geltungsbereich einer Satzung aufgenommen werden. Die Antragsgegnerin legte im Einzelnen dar, wieso die Aufnahme der jeweiligen Gebiete in den Anlagen in den Geltungsbereich der Fremdenverkehrssatzung nicht zu beanstanden sei.
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Die Antragstellerin äußerte sich dahingehend, dass sie auch hinsichtlich der Anlagen 1 und 3 bis 8 zur Satzung antragsbefugt sei. Denn es fehle an einer offensichtlichen Teilbarkeit der Satzung. Eine Satzung nach § 22 BauGB sei insgesamt nichtig, wenn in die Satzung ein Teil des Gemeindegebiets einbezogen worden sei, obwohl dieser nicht vom Fremdenverkehr geprägt sei. Im Übrigen könne sich die Zweckbestimmung eines Gebiets für den Fremdenverkehr nicht aus der touristischen Eigenart und Charakteristik der Gemeinde ergeben. Die fremdenverkehrliche Nutzung müsse von einigem städtebaulichen Gewicht sein. Weiter müsste durch die Nutzung als Nebenwohnung die vorhandene oder vorgesehene Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr und dadurch die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt werden können. Die Antragstellerin legt im Einzelnen dar, dass dies im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten sowie der Gerichtsakten und des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2021 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Der Antrag nach § 47 VwGO hat keinen Erfolg.
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1. Die Antragstellerin ist nur hinsichtlich der Anlage 2 gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Bestimmung kann den Antrag jede natürliche Person stellen, die geltend gemacht, durch die Satzung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die angegriffene Satzung enthält mehrere Regelungen, von denen nur die Anlage 2 für die Antragstellerin möglicherweise eine Rechtsverletzung zeitigt.
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a) Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke FlNr. …16 bis …20 sowie FlNr. …4 der Gemarkung K., die im Geltungsbereich der Anlage 2 der Satzung liegen. Sie beabsichtigt dort eine Wohnbebauung. Mit der Errichtung ist teilweise bereits begonnen worden. Die Satzung beschränkt die Nutzbarkeit dieses Eigentums, in dem sie die Nutzung des Wohngebäudes als Nebenwohnsitz eine Genehmigungspflicht unterwirft. Damit greift die Satzung in das nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum ein. Diesbezüglich besteht die Möglichkeit, dass die Antragstellerin durch die Satzung in seinen Rechten verletzt ist.
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b) Die Antragsbefugnis reicht nur soweit, als die Antragstellerin durch die Norm oder deren Anwendung möglicherweise in seinen Rechten verletzt wird oder in absehbarer Zeit verletzt werden kann. In der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine höheren Anforderungen gestellt werden können, als sie auch für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten. Danach genügt der Antragsteller seiner Darlegungspflicht bei einem Bebauungsplan, wenn er hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2010 - 4 BN 66/09 - juris). Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Jedoch hat es das Bundesverwaltungsgericht nicht ausgeschlossen, dass in Fällen, in denen der als einheitliche Satzung beschlossene Bebauungsplan aus zwei oder mehreren Teilregelungen besteht, die offensichtlich unabhängig voneinander selbständig bestehen können, einem Normenkontrollantrag, der sich gegen den Bebauungsplan im Ganzen bzw. allein oder jedenfalls auch gegen den Antragsteller nicht betreffende Teilregelungen wendet, das notwendige Rechtsschutzinteresse (teilweise) abzusprechen und insoweit als unzulässig zu behandeln ist (vgl. bereits BVerwG, B.v. 4.6.1991 - 4 NB 35/89 - juris). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag trotz Darlegung eines Nachteils ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefassten Gesamtregelung darstellen. In solchen Fällen fehlt es dem Antrag insoweit am erforderlichen Rechtsschutzinteresse (vgl. BVerwG a.a.O.). Bei Bebauungsplänen, die getrennte räumliche Anwendungsbereiche aufweisen, muss der Antrag von vornherein auf denjenigen Teil des Bebauungsplans beschränkt werden, bei dem eine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers in Betracht kommt (vgl. BVerwG, B.v. 20.9.2007 - 4 BN 20/09 - juris; BayVGH, U.v. 24.9.2019 - 1 N 16.2379 - juris; B.v. 16.7.2018 - 1 N 14.1510 - juris). Diese Rechtsprechung ist auf die hier vorliegende Satzung übertragbar.
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Bei den Gebieten der Anlagen 1 - 8 zur Satzung handelt es sich um eigenständig, voneinander abtrennbare und abgetrennte Siedlungsbereiche. Bereits aus dem in der Sitzung vorgelegten Plan des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin ergibt sich, dass die einzelnen von der Satzung erfassten Gebiete weit voneinander entfernt liegen. Dies wird etwa besonders deutlich in Anlage 6 - W. K. W. K. ist kilometerweit von den anderen Siedlungsbereichen entfernt. Die Entfernung zum Eigentum der Antragstellerin beträgt deutlich über 7 km Luftlinie. Die Gemeinde hat, wie sich aus den Normenaufstellungsakten ergibt, im Rahmen der Abwägung auch für jedes Gebiet eine gesonderte Entscheidung nach bestimmten Kriterien getroffen. Ausweislich der Satzungsbegründung sollen in den Geltungsbereich einbezogen werden solche im Zusammenhang bebaute Ortsteile, die zwar nicht in einem Bebauungsplan als Kurgebiete, Gebiete für die Fremdenbeherbergung oder als Wochenend- oder Ferienhausgebiete ausgewissen sind, aber nach der tatsächlichen Nutzung das Gepräge solcher ausgewiesenen Gebiete haben. Des Weiteren werden sonstige Gebiete mit Fremdenverkehrsfunktion, die durch Beherbergungsbetriebe und Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung geprägt sind, in den Geltungsbereich einbezogen (S. 16 der Normaufstellungsakte). Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin für jedes in den Anlagen 1 - 8 genannte Gebiet gesondert entschieden, ob der Gebietsteil von der Satzung erfasst wird. Eine andere, an dieser Stelle nicht zu prüfende Frage ist, ob die Gemeinde die von ihr selbst aufgestellten Vorgaben zutreffend umgesetzt hat. Insofern ist die Erstreckung des Genehmigungsvorbehalts auf die einzelnen geografischen Siedlungsbereiche geeignet, isoliert voneinander eine sinnvolle städtebauliche Ordnung zu bewirken. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die Antragsgegnerin die Satzung auch nur für ein einzelnes der in den Anlagen genannten Gebiete beschlossen hätte. Schon aufgrund vorläufiger Prüfung werden hier offensichtlich und damit auch für die Antragstellerin erkennbar, abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile unter dem Dach einer einheitlichen Satzung zusammengefasst. Statt dieser Gesamtregelung wäre es der Antragsgegnerin genauso möglich gewesen, acht separate Fremdenverkehrssatzungen für jedes der acht voneinander abgetrennten Gebiete zu erlassen. Zugleich ist nicht dargelegt und für den Senat auch in keiner Weise ersichtlich, welche rechtlichen Interessen die Antragstellerin im räumlichen Geltungsbereich der von den übrigen Anlagen erfassten Gebiete hat. Die Antragstellerin kann nicht wegen der anderen selbstständigen Regelungen, die ihr vielleicht nicht gefallen, für sie aber keine Rechtsverletzung zur Folge haben können, die Satzung insgesamt angreifen.
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Soweit sie diesbezüglich auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 1994 (Az. 4 C 21/93) hingewiesen hat, ist festzuhalten, dass dieser Entscheidung ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. Denn seinerzeit hatte die Gemeinde eine Fremdenverkehrssatzung für das gesamte Gemeindegebiet erlassen. Wie sich bereits aus der Satzungsbegründung ergibt, erfasst im vorliegenden Fall die Satzung nicht das gesamte Gemeindegebiet. Vielmehr wurden explizit nicht in den Geltungsbereich unbebaute Außenbereichsflächen, landwirtschaftliche Einzelanwesen, Gewerbegebiete und viele weitere Gebiete einbezogen (vgl. S. 16 der Normaufstellungsakte).
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2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet. Die Anlage 2 der Satzung ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 1 BauGB gedeckt. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB können Gemeinden, die oder deren Teile überwiegend durch den Fremdenverkehr geprägt sind (s. a)), durch eine Satzung bestimmen, dass zur Sicherung der Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktionen (s. b)) die Nutzung von Räumen in Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnung der Genehmigung unterliegt, wenn die Räume insgesamt an mehr als der Hälfte der Tage des Jahres unbewohnt sind. Voraussetzung für die Bestimmung ist, dass durch die Nutzung als Nebenwohnung die vorhandene oder vorgesehene Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr und dadurch die geordnete städtebauliche Entwicklung (s. c) beeinträchtigt werden kann (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BauGB).
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a) Die Antragsgegnerin ist überwiegend durch den Fremdenverkehr im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 1 BauGB geprägt. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand sachlicher Kriterien zu überprüfen. Insoweit besteht keine nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegende planerische Gestaltungsprärogative der Gemeinde (vgl. Kraft in Berliner Kommentar, Stand Oktober 2021, § 22 Rn. 17). Maßgebend ist die tatsächliche Situation in der Gemeinde. Für eine Prägung durch den Fremdenverkehr ist erforderlich, dass die öffentliche und private Infrastruktur auf Fremdenverkehrsbedürfnisse ausgerichtet ist und die Übernachtungszahlen in der Gemeinde wirtschaftlich eine wichtige Rolle spielen.
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Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der Antragsgegnerin um eine Gemeinde, die überwiegend durch den Fremdenverkehr geprägt ist. Wie die Antragsgegnerin in der Begründung der Satzung ausführt, lebt die Gemeinde mit ihren rund 4.000 Einwohnern in erster Linie vom Tourismus und bietet dadurch seinen Gästen ein großes Angebot an Freizeiteinrichtungen (Wanderwege, Loipen, Warmfreibad, Mountainbike-Trail etc.) und Kulturveranstaltungen (internationales Musikfest, Heimatabende, Waldfeste etc.). Der Bekanntheitsgrad der Gemeinde erstreckt sich mittlerweile weit über die nationalen Grenzen hinaus. Dies belegen die ankommenden Feriengäste im Jahr 2018 aus über 50 Ländern. Die Gemeinde gehört zum Netzwerk der Bergsteigerdörfer. Bergsteigerdörfer sind Vorzeigeorte für eine alternative und nachhaltige Tourismusentwicklung im Alpenraum. Im gesamten bebauten Gebiet der Gemeinde werden derzeit 1.027 Betten gewerblich und 347 Betten privat an Feriengäste zur Vermietung bereitgestellt. Gemessen an der Einwohnerzahl entspricht dies einer Bettenanzahl für Feriengäste in Höhe von 37,2%. Hieraus ergaben sich 69.352 Gästeankünfte mit insgesamt 229.660 Übernachtungen im Jahr 2018. Daraus ergibt sich, dass die Gemeinde durch den Fremdenverkehr geprägt ist. Dies ist im Übrigen auch gerichtsbekannt.
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b) Das Gebiet der Anlage 2 wird durch Fremdenverkehrsbetriebe im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 3 Alt. 3 BauGB geprägt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 15.5.1997 - 4 C 9/96 - juris Rn. 16, 17) ist maßgeblich für die Prägung nicht, ob die Anzahl der Fremdenverkehrsnutzungen im jeweiligen Gebiet zahlenmäßig überwiegt. Vielmehr ist eine wertende Betrachtung angezeigt, die die städtebaulichen Besonderheiten des vorgesehenen Satzungsgebiets zu erfassen sucht. Die Einbettung der Fremdenverkehrseinrichtungen in ein Gebiet mit Wohnnutzungen, Einrichtungen für die öffentliche Verwaltung, Grünflächen und Einrichtungen für soziale, kulturelle und kirchliche Zwecke stellt die Prägung durch den Fremdenverkehr nicht in Frage. Vielmehr stellt dies, wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, den Normalfall dar und steigert die Attraktivität eines „gewachsenen“ Fremdenverkehrsorts.
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In diesem Satzungsgebiet an der W. befinden sich neben einer Veranstaltungshalle, einer Reitanlage und einem Campingplatz insgesamt 24 Fremdenverkehrsbetriebe mit 394 Betten. Als Fremdenverkehrsinfrastruktur besteht der entlang der östlichen Grenze dieses Gebiets verlaufende Spazierweg an der W. Entlang der gesamten westlichen Grenze verlaufen zwei Skiloipen mit Einstiegsplätzen jeweils am nördlichen und südlichen Ende des Plangebiets. Auf dem Grundstück FlNr. … befindet sich die Pension „B.“ mit 12 Betten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegen drei weitere Fremdenverkehrsbetriebe mit 14 Betten. Unmittelbar westlich hiervon liegt die Skiloipe mit einem Einstiegsplatz 90 m südwestliche des Grundstücks. Zudem liegt keine 35 m west/nordwestlich des noch unbebauten Areals auf den Grundstücken mit den FlNr. … bis … und … bis … der Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … für das Anwesen in der T. Straße 86, der ein Sondergebiet für den Fremdenverkehr festsetzt. Um das unbebaute Areal herum befinden sich in allen Richtungen innerhalb eines Radius von weniger als 200 m 10 Fremdenverkehrsbetriebe mit insgesamt 54 Betten. In der näheren Umgebung des Grundstücks mit der FlNr. … befinden sich ca. 9 Fremdenverkehrsbetriebe mit insgesamt 34 Betten, ca. 30 m westlich des Grundstücks liegt der Spazierweg an der W. Damit bestehen im Gebiet zum einen hinreichend Fremdenverkehrsbetriebe und zum anderen ist es zugleich von Fremdenverkehrsinfrastruktur umgeben. Die umgebenden Fremdenverkehrsnutzungen sowie die vorhandene Infrastruktur prägen das Gebiet hinreichend.
31
c) Schließlich ist Voraussetzung für den Satzungserlass, dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt werden kann (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Als Instrument zur Sicherung eines Gebiets mit Fremdenverkehrsfunktion darf der Genehmigungsvorbehalt nicht zur allgemeinen Wohnungspolitik eingesetzt werden. Die Gemeinde bestimmt grundsätzlich im Rahmen der bodenrechtlichen Vorschriften die Ziele ihrer städtebaulichen Entwicklung selbst (vgl. Grziwotz in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2018, § 22 Rn. 1). Dabei kann sie auch berücksichtigen, dass Nebenwohnsitze die touristische Attraktivität in erheblichem Maß beeinträchtigen, weil damit Teile der Gemeinde dem vitalen Ortsleben entzogen werden. Die durch Nebenwohnsitze entstehenden Rolladensiedlungen bilden für Touristen wenig ansprechende tote Baumassen ohne touristische Attraktivität. Leerstände führen zu städtebaulich attraktiven und gerade auf den Tourismus beeinträchtigten Ortsbildern (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.1995 - 4 C 28/94 - juris; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Stand 1. Mai 2021 BauGB, § 22 Rn. 9). Aus einer Beeinträchtigung der Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr werden sich in der Regel auch negative Auswirkungen auf die geordnete städtebauliche Entwicklung ergeben (vgl. Grziwotz a.a.O.).
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Die Antragstellerin rügt, die Antragsgegnerin habe in der Satzungsbegründung ausgeführt, dass ein enormer Bedarf an bezahlbaren Wohnungen für die Mitarbeiter, die in den Fremdenverkehrsbetrieben, sowie auch für Mitarbeiter, die in anderen Betrieben (auch Kliniken, etc.) tätig seien. Hinzu komme die spürbar gestiegene Nachfrage nach neu errichteten Immobilien. Es gäbe daher die Neigung, die erworbene Immobilie als Zweitwohnung zu nutzen und nicht durch Dauervermietung oder Vermietung an Feriengäste in wechselnder Belegung einen Ertrag zu erzielen. In der Sitzungsniederschrift werde darüber hinaus betont, dass die in den letzten Jahren erfolgte Zunahme von Zweitwohnungen auf dem Wohnungsmarkt Wohnungen hinwegnehme, die für die in der Gemeinde lebende und arbeitende Bevölkerung notwendig seien.
33
Unabhängig davon, ob der von der Antragsgegnerin vorgetragene Gesichtspunkt, dass es ohne diese Wohnungen Betriebe wie Hotels extrem schwer hätten, Mitarbeiter zu finden, und damit die Satzung jedenfalls mittelbar der Sicherung des Gebiets mit Fremdenverkehrsfunktion dient, hinreichend ist, um die Fremdenverkehrssicherungsfunktion zu belegen, ist es entscheidend, dass die Antragsgegnerin als Hauptzweck unmittelbar die Sicherungsfunktion des Gebiets mit Fremdenverkehrsfunktion im Auge hatte. Denn Nebenzwecke schaden dann nicht, wenn der Hauptzweck überwiegt (vgl. BayVGH, U.v. 18.12.2020 - 15 N 20.391 - juris). Das Überwiegen des Hauptzwecks ergibt sich für den Senat hinreichend deutlich aus der Satzungsbegründung. Nach Ziffer 2 Abs. 1 letzter Satz der Satzungsbegründung kann der Gemeinde während der Hochsaison die Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten für Feriengäste nicht mehr vollständig befriedigt werden. Nach Ziffer 2 Abs. 3 Satz 4 der Satzungsbegründung geht es vielen Anliegern in erster Linie um den Werterhalt ihres Kapitals, weniger darum, durch Dauervermietung oder Vermietung an Feriengäste in wechselnder Belegung Ertrag zu erzielen. Dies fördere die Neigung, die erworbenen Immobilien als Zweitwohnung zu nutzen. Dabei entstehe Wohnraum, der für die Kommune Nachfolgelasten auslöse, ohne die Unterkunftsangebote für Feriengäste entsprechend der Nachfrage zu vergrößern. Damit hat die Antragsgegnerin hinreichend dargelegt, dass in den Gebieten die Fremdenverkehrsfunktion gefährdet ist.
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Die Antragstellerin argumentiert, dem Fremdenverkehr dienende Betriebe seien möglicherweise im nördlichen Teil des Gebiets vorhanden, jedoch im südlichen Teil abgetrennt durch die Bundesstraße fänden sich nur einzelne Ferienwohnungen, die nach der Baunutzungsverordnung sonstige Gewerbebetriebe seien. Der Senat ist der Auffassung, dass Kriterien, die sonst im Bauplanungsrecht bei der Beurteilung, ob eine Straße trennende Wirkung hat oder nicht, Anwendung finden, im vorliegenden Fall kein Maßstab sein können. Denn entscheidend ist der Zweck des § 22 BauGB: Die Satzung dient der Sicherung solcher Gebiete, in denen durch die Begründung von Wohnungseigentum erfahrungsgemäß Nebenwohnungen entstehen, durch die Wohnraum der wechselnden Benutzung durch Fremde entzogen wird und die Tendenz zu sog. Rolladensiedlungen entsteht, die wiederum die spezifische Eigenart und Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr sowie die notwendige Infrastrukturauslastung beeinträchtigen. Der räumliche Umfang der Satzung kann dabei soweit gezogen werden, wie eine Gefährdung durch die Begründung von Wohnungseigentum gerade in den auf Fremdenverkehr ausgerichteten Gebietsteilen erwartet werden kann (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. Mai 2021, § 22 Rn. 32). Dabei ist, wie oben dargelegt wurde, eine wertende Betrachtung angezeigt und keine exakte Quantifizierung der Fremdenverkehrsnutzungen. Vor diesem Hintergrund sind die auch im südlichen Teil zu findenden Ferienwohnungen noch von hinreichendem Gewicht. Im Übrigen wirken die fremdenverkehrlichen Infrastruktureinrichtungen auch auf den südlichen Teil ein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.