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VG Ansbach, Urteil v. 12.11.2021 – AN 10 K 20.00108
Titel:

Freistellung von Grundstücken von Bahnbetriebszwecken - Ringbahn Nürnberg

Normenkette:
AEG § 11, § 23
Leitsätze:
1. Allein eine Unterbrechung der Nutzung bzw. Außerdienststellung von Grundstücken als Betriebsanlage lässt die Widmung für Eisenbahnzwecke nicht automatisch entfallen. Notwendig ist eine formale Stilllegung der Grundstücke gem. § 11 AEG oder wenigstens ein sonstiger hoheitlicher Akt mit einer gewissen Publizitätswirkung, der die rechtsstaatlich gebotene Eindeutigkeit öffentlich-sachenrechtlicher Rechtsverhältnisse gewährleistet. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Anspruch auf Freistellung ist nur dann gegeben, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Entscheidung über die Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach § 23 AEG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; der Planfeststellungsbehörde kommt bei ihrer Entscheidung über die Freigabe kein Abwägungs-, Ermessens- oder Gestaltungsspielraum zu. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4. Schon der Ausdruck der „langfristigen Nutzungserwartung“ in § 23 Abs. 1 AEG zeigt, dass an die Detailschärfe der Planungskonzepte zum Nachweis des langfristigen Nutzungsinteresses jedenfalls in der Anfangsphase des Planungsprozesses keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Die Planungen müssen so hinreichend konkret sein, dass das geltend gemachte Nutzungsinteresse bezüglich der Fläche nachvollziehbar und schlüssig dargelegt werden kann und erkennbar wird, das eine Realisierung des Vorhabens nicht schon von vornherein ausgeschlossen ist. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorliegen eines ernsthaften und nachvollziehbaren, langfristigen Nutzungsinteresses entsprechend des eisenbahnrechtlichen Fachplanungsvorbehalts, Vorliegen eines ernsthaften und nachvollziehbaren langfristigen Nutzungsinteresses entsprechend des eisenbahnrechtlichen Fachplanungsvorbehalts, Freistellung von Bahnbetriebszwecken, eisenbahnrechtliche Widmung, Verkehrsbedürfnis, Unterbrechung der Nutzung, Finanzierbarkeit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 18.11.2022 – 22 ZB 22.290
Fundstelle:
BeckRS 2021, 41270

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.  

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Freistellung dreier Grundstücke von Bahnbetriebszwecken gemäß § 23 Abs. 1 AEG.
2
Die Flächen befinden sich im Stadtgebiet … am Bahnhof … westlich der … und erstrecken sich nördlich der … Die Grundstücke FlNr. … …, FlNr. … … und FlNr. … …, Streckennummer …, Streckenbezeichnung … verlaufen entlang der angrenzenden Gleistrasse der Strecke … …, die für Rangier- und Sonderfahrten eingeschränkt genutzt wird.
3
Im „Netzplan …“ bzw. im „Netzverkehrsentwicklungsplan …“ der Beigeladenen ist für die Durchbindung …bahn zur …bahn ein S-Bahn-Betrieb vorgesehen. Bei einem prognostizierten Fahrgastaufkommen von 3.800 - 4.900 Personen und einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von +1,57 wurde das Vorhaben darin als „Verfolgenswerte Maßnahme mit Beteiligung Dritter“ - namentlich der Bayerischen Eisenbahngesellschaft mbH (BEG) als Aufgabenträger - eingestuft. Basierend auf dieser Prognose hat der Verkehrsausschuss der Beigeladenen am 8. Dezember 2011 beschlossen, dem Zweckverband Verkehrsbund Großraum … zu empfehlen, das Vorhaben weiterzuverfolgen. Die Planungen seien in Abstimmung mit der Verwaltung und der DB AG zu konkretisieren, um an die BEG bezüglich einer Finanzierung heranzutreten. In den darauffolgenden Untersuchungen ergaben sich allerdings erhebliche negative Abweichungen zur Prognose aus dem „Nahverkehrsentwicklungsplan …“ (Kosten-Nutzen-Verhältnis von -0,22). Dies wurde dem Verkehrsausschuss in der Sitzung vom 25. September 2014 mitgeteilt. Gleichzeitig vertrat das Baureferat die Ansicht, das Projekt nicht aufzugeben und zusammen mit Auftraggebern, dem VGN und Gutachtern gemeinsam nach Optimierungspotentialen zu suchen. In der Sitzung des Verkehrsausschusses am 16. Juli 2015 berichtete das Baureferat, dass die Detailplanung der Korridoruntersuchung ergeben habe, dass die betrieblichen und infrastrukturellen Voraussetzungen von den deutlich positiven verkehrlichen Wirkungen nicht aufgewogen würden. Unter derzeitigen Rahmenbedingungen sei kein ausreichend positives volkswirtschaftliches Ergebnis zu erwarten. Es werde daher empfohlen, vorerst keine weiteren Untersuchungen zu einer Durchbindung der …bahn zur …bahn durchführen zu lassen, allerdings auf Grund des nachgewiesenen verkehrlichen Nutzens die Maßnahme dennoch in die Langfristplanung der Stadtentwicklungsplanung aufzunehmen und sich dafür einzusetzen, dass die Flächen weiterhin freigehalten und nicht veräußert werden, um eine spätere Realisierung der Durchbindung nicht zu erschweren.
4
Mit Schreiben vom 21. Mai 2015 beantragte der Kläger als Miteigentümer die Freistellung von Bahnbetriebszwecken für die Grundstücke gemäß § 23 Abs. 1 AEG.
5
Das Eisenbahn Bundesamt bat die DB AG, DB Immobilien um Stellungnahme hinsichtlich der bahninternen Entbehrlichkeit. Diese gab an, dass auf den Grundstücken keine Eisenbahninfrastrukturen vorhanden seien, für die ein Verkehrsbedürfnis bestehe. Auch langfristig sei eine Nutzung im Rahmen der Zweckbestimmung nicht zu erwarten. Somit stehe aus Sicht der Deutschen Bahn AG einer Freistellung von Bahnbetriebszwecken nichts entgegen.
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Die Beigeladene stimmte als betroffene Gemeinde der Freistellung nicht zu. Die zur Freistellung beantragten Grundstücke seien Teil der ehemaligen Ringbahn, für die im Nahverkehrsentwicklungsplan der Beigeladenen das Ziel einer Aktivierung für den Personenverkehr fixiert sei. Auch, wenn zu einer Durchbindung der …bahn zur …bahn aktuell keine Untersuchungen durchgeführt würden, sollte die Option der Ringbahn langfristig erhalten bleiben.
7
Das Verfahren ruhte daraufhin.
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Auf Nachfrage des Eisenbahnbundesamtes, ob sich bezüglich der Reaktivierung der Ringbahn neue Entwicklungen ergeben hätten, teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 14. April 2018 mit, dass an der Zielsetzung einer Reaktivierung der Ringbahn für den Personenverkehr und damit an der ablehnenden Stellungnahme festgehalten werde. Verwaltungsintern seien für eine Durchbindung der …bahn zur …bahn bereits Voruntersuchungen aufgenommen worden. Erste Ergebnisse deuteten darauf hin, dass im Einzugsbereich möglicher Haltestellen erhebliche Potenziale für einen Zuwachs an Bevölkerung und Arbeitsplätzen bestünden. Nach Abschluss der Prüfungen solle über das weitere Vorgehen entschieden werden.
9
Auch die BEG erhob Einspruch gegen den Freistellungsantrag.
10
Mit Bescheid vom 19 Juli 2018 lehnte das Eisenbahn-Bundesamt unter Hinweis auf die Stellungsnahmen der Stadt … und der BEG die Freistellung ab. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Freistellung von Bahnbetriebszwecken lägen nicht vor, da an der dauerhaften Entbehrlichkeit für Bahnzwecke erhebliche Zweifel bestünden und ein langfristiges Verkehrsbedürfnis nicht ausgeschlossen werden könne.
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Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die drei Grundstücke würden objektiv nicht mehr für Betriebsanlagen der Eisenbahn und damit für die Abwicklung der Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs benötigt. Auch langfristig sei eine Nutzung im Rahmen der Zweckbestimmung nicht zu erwarten. Die Stellungsnahmen der Stadt … bzw. der DB AG seien bloße Absichtserklärungen. Hinreichend ernsthafte und nachvollziehbare Planungen oder Konzepte seien nicht vorhanden. Eine bloße Reservierung von Bahngrundstücken erlaube § 23 AEG nicht. Die Ablehnung sei unverhältnismäßig, da die Grundstücke bereits seit Jahrzehnten von den angrenzenden Anwohnern als Gartengrundstück genutzt würden und die Beigeladene die streitgegenständlichen Grundstücke zur Realisierung der Ringbahn nicht benötige. Andererseits könne der Kläger das Grundstück faktisch überhaupt nicht nutzen, da alle baulichen Veränderungen der Fachplanung unterlägen. In der Ablehnung der Freistellung liege ein Enteignungsgleicher Eingriff. Auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse bzw. baulicher Hindernisse sei bereits ein Zustand erreicht, der eine Verwirklichung des behaupteten Fachplanungszwecks ausschließe. Die Anlage hätte ihre Eigenschaft als Betriebsanlage verloren, da kein aktuelles Verkehrsbedürfnis bestehe und die Anlage seit Jahrzehnten als Garten genutzt werde. Das Grundstück FlNr. …, das genau zwischen zweien der drei gegenständlichen Grundstücke des Klägers liege, sei bereits freigestellt worden. Damit habe die gesamte Anlage, also auch die drei Grundstücke des Klägers, ihre Eigenschaft als Eisenbahnbetriebsanlage bereits verloren. Eine weitergehende Planung sei bereits unmöglich. Eine Wiederinbetriebnahme oder Ausbau der vorhandenen Strukturen wäre auch ohne die Grundstücke des Klägers möglich. Durch die bereits erfolgte Freistellung des unmittelbaren Nachbargrundstücks liege eine Selbstbindung der Behörde nach Art. 3 GG vor. Ein sachlicher Grund von der bisher erfolgten Freistellungspraxis abzuweichen liege nicht vor.
12
Die Beigeladene wurde nach Erhebung des Widerspruchs erneut um eine Stellungnahme gebeten und äußerte mit Schreiben vom 28. November 2019, dass sie dieses Jahr in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband Verkehrsbund Großraum … (ZVGN) Gespräche mit der BEG, Herrn Dr. *. vom Eisenbahnbundesamt und den Infrastrukturbetreibern (* …*) sowie der aktuell betreibenden Verkehrsgesellschaft (* …*) aufgenommen habe, um vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse und veränderter Voraussetzungen Lösungsansätze für einen Linienverkehr auf dem sogenannten … in … zu finden und voranzutreiben. Zur Aufnahme eines Personenverkehrs würden zweigleisige Abschnitte erforderlich, die maßgeblich von dem angestrebten Betriebskonzept abhingen. Über Lage und Umfang seien noch keine abschließenden Aussagen möglich. Auch würden in weiten Abschnitten voraussichtlich Maßnahmen des Lärmschutzes erforderlich, die gegebenenfalls zusätzlicher Flächen bedürften. Gerade vor dem Hintergrund der notwendigen und allseits proklamierten Verkehrswende, solle es Zielsetzung bleiben, die Voraussetzungen zur Verbesserung des SPNV zu erhalten.
13
Die BEG äußerte, dass sie die Position der Beigeladenen unterstütze.
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Mit dem Widerspruchsbescheid - ursprünglich falsch datiert auf den 18. Juli 2019 - am 20. Dezember 2019 in den Postversand gegeben, dem Bevollmächtigten des Klägers vorab zugegangen per Fax am 19. Dezember 2019, wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Inaugenscheinnahme der Fläche habe zwar ergeben, das eine gegenwärtige Nutzung der Flächen ausgeschlossen werden könne. Auch sei die Frage berechtigt, ob die Flächen selbst bei einer Aufnahme des Personenverkehrs benötigt würden, da derzeit vereinzelte Zugfahrten stattfänden, ohne dass verfahrensgegenständliche Grundstücke hierfür in Anspruch genommen werden müssten. Die Beigeladene habe aber nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass zur Aufnahme eines Personenverkehrs auch zweigleisige Abschnitte erforderlich seien, die maßgeblich von dem angestrebten Betriebskonzept abhingen. Zwar gäbe es eine nahe Kreuzungsmöglichkeit im Bahnhof …-Nordost, letzten Endes könne sich aber auch durchaus die Notwendigkeit für längere zweigleisige Abschnitte ergeben. Es erscheine außerdem plausibel, dass mit einer Ertüchtigung der Strecke, die wohl unumgänglich sei, für die Aufnahme eines fahrplanmäßigen Zugbetriebes ein zusätzlicher Platzbedarf einhergehe. Dies könnten neben aktiven Lärmschutzmaßnahmen auch neu geschaffene Entwässerungseinrichtungen, Oberleitungsanlagen, Zugangsmöglichkeiten zur freien Strecke oder dergleichen der Auslöser sein.
15
Letztendlich käme es entscheiden darauf an, ob das langfristige Nutzungsinteresse nach den gesamten Umständen des Einzelfalles ernsthaft und nachvollziehbar sei.
16
Vorliegend bestünden auf kommunaler Ebene dementsprechende Planungsabsichten, die überregional unterstützt würden. Im Nahverkehrsentwicklungsplan der Beigeladenen sei eine Aktivierung der Strecke für den Personenverkehr als Ziel fixiert. Im „NETZPLAN* …“ sei für die Strecke ein S-Bahn-Betrieb vorgesehen. Bei einem prognostizierten Fahrgastaufkommen von 3.800 - 4.000 Personen am Tag werde die „Durchbindung …bahn mit …bahn“ als „verfolgenswerte Maßnahme mit Beteiligung Dritter“ eingestuft. Hinsichtlich der Frage der Konkretheit habe die Beigeladene in ihrem Schreiben vom 28. November 2019 hinreichend ausgeführt, dass bereits Abstimmungen mit den beteiligten Planungsträgern stattgefunden haben und an Lösungsansätzen gearbeitet werde. Auf telefonische Nachfrage habe die BEG am 5. Dezember 2019 den Inhalt dieses Schreibens gegenüber dem Eisenbahn-Bundesamt bestätigt. Es sei somit davon auszugehen, dass die betreffenden Grundstücke einer Bahnstrecke zuzuordnen seien, für die konkrete Planungen zur Aufnahme eines Regelbetriebes im Entstehen begriffen seien. Es sei für das Maß der Konkretisierung der Planung erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine Konzeption existiere, die zumindest in Grundzügen darstelle, in welcher Form zukünftig dort Personenverkehr stattfinden solle. Ferner ließen die ermittelten Fahrgastzahlen in hinreichender Weise auf einen im öffentlichen Interesse liegenden Bedarf schließen. Es ließe sich nicht mit dem erforderlichen Maß an Sicherheit ausschließen, dass die vom Freistellungsantrag umfassten Flächen im Rahmen einer Streckenertüchtigung benötigt würden. Um die diesbezüglichen Planungen nicht von vorneherein zu erschweren, sei der Widerspruch gegen die ablehnende Freistellungsentscheidung zurückzuweisen.
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Der Kläger erhob gegen die Ablehnung der Freistellung mit Schreiben vom 17. Januar 2020 Klage. Er wiederholte im Wesentlichen die Argumente der Widerspruchsbegründung. Es lägen nicht einmal vage Planungen vor. Bloße Gespräche, um Lösungsansätze zu finden, reichten nicht aus. Ein zweigleisiger Ausbau sei wegen der umfangreichen Kreuzungsmöglichkeit des Bahnhofs …-Nordost nicht notwendig. Ein Ausbau wäre zudem möglich, ohne die Grundstücke des Antragstellers unbrauchbar zu machen. Eine Zugangsmöglichkeit über das Grundstück des Klägers sei bereits nicht zu verwirklichen, da die Grundstücke unmittelbar von bebauten Nachbargrundstücken umgeben seien. Oberleitungs- und Entwässerungsanlagen müssten für das freigestellte Grundstück unterbrochen werden. Der von der Gegenseite vorgetragene „Netzplan …“ stamme bereits aus dem Jahr 2011/2012 (Abschluss 2013). In diesem sei damals optimistischer Weise noch ein Fahrgastaufkommen von 3.800 bis 4.900 Personen am Tag prognostiziert worden. Diese Angaben hätten aber schon kurze Zeit später auf ca. 1000 Personen korrigiert werden müssen. Damit falle das KostenNutzen-Verhältnis weit ins Negative. Bis zum heutigen Tag im Jahr 2021 fehle es an konkreten Untersuchungen. Sämtliche verwaltungsinterne Untersuchungen erfolgten allein im Rechtskreis der Beigeladenen, ohne Außenwirkung. Eine zunächst angedachte Neubewertung der Stecke auf Grund des angedachten Campus der Erziehungswissenschaften der …Universität auf dem ehemaligen … Areal hat sich mittlerweile nachweislich erledigt, da die Grundstücke anderweitig verkauft wurden. Zudem gäbe es einen geplanten Ausbau der Stadtumlandbahn, die direkt mit dem … Straßenbahnnetz, als Verlängerung der Linie 4, verbunden werden solle. Dies mache eine Durchdringung der …bergzur …bahn abermals unprofitabler. Die Schaffung eines Ringbusses sei wesentlich kostengünstiger. Die Wohnbebauung an der Strecke sei derart eng, dass das Anlegen von Haltemöglichkeiten und effektive Lärmschutzmaßnahmen nicht umsetzbar seien. Der nach § 50 BImSchG einzuhaltende „Trennungsgrundsatz“ sei nicht gewährleistet. Es sei auf Grund der drohenden höheren Immissionen auch mit erheblichem Widerspruch der Anwohner zu rechnen. Da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einem Scheitern der Reaktivierungsplanungen auszugehen sei, sei ein weiteres Zuwarten für den Kläger und der damit verbundene erhebliche Grundrechtseingriff nicht zumutbar.
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Der Kläger beantragt,
I. Der Bescheid gemäß § 23 AEG des Eisenbahnbundesamtes über die Ablehnung der Freistellung der Flurstücke … Gemarkung … sowie … und … Gemarkung … vom 19.07.2018 (Az. …*) und der Widerspruchsbescheid des Eisenbahnbundesamtes datiert auf den 18.07.2019 zugestellt am 19. bzw. 30.12.2019 (Az. …*) werden aufgehoben.
II. Der Beklagte wird unter Aufhebung des o.g. ergangenen Bescheids vom 19.07.2018 (Az. …*) und des Widerspruchsbescheids des Eisenbahnbundesamtes, datiert auf den 18.07.2019, zugestellt am 19. bzw. 30.12.2019 (Az. …*), verpflichtet, dem Antrag des Klägers auf Freistellung zu entsprechen und einen entsprechenden Verwaltungsakt auf Freistellung der Flurstücke … Gemarkung … sowie … und … Gemarkung …, gemäß § 23 AEG, zu erlassen.
III. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
19
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Die Beigeladene beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
21
Die Beklagte führt aus, dass zunächst für eine sachgerechte Entscheidung nicht isoliert auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke, sondern auch auf die an diese Flächen angrenzende Gleistrasse der Strecke … … Ost - … abzustellen sei und die diesbezüglich langfristigen Nutzungsinteressen mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Entscheidung mit eingeflossen seien. Diese Strecke sei nämlich Teil der (ehemals durchgängigen) … Ringbahn und werde aktuell und auch weiterhin für Rangier- und Sonderfahrten benötigt. Der Freistellungsantrag des Klägers beziehe sich auf Grundstücksflächen, die - diesem weiterhin bestehenden betrieblichen Bedarf Rechnung tragend - zuvor aus den FlNr. … der Gemarkung … sowie FlNr. … der Gemarkung …herausgemessen worden waren (siehe lfd.-Nr. … sowie lfd.-Nr. …*). Es seien somit Areale betroffen, die links der Bahn unmittelbar an diese angrenzten.
22
Zwar würden die streitgegenständlichen Grundstücke für den aktuellen Bahnverkehr nicht benötigt, allerdings würde eine Freistellung dieser parallel zur Bahntrasse liegenden Flächen Planungen im Hinblick auf eine zukünftige Erweiterung des Bahnbetriebs, z.B. im Falle einer Wiederaufnahme des Personenverkehrs im Regelbetrieb erheblich beeinträchtigen.
23
Unter Beachtung dieser Prämisse habe sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchbescheides ein langfristig gesehenes, hinreichend ernsthaftes und nachvollziehbares Interesse der Beigeladenen an einer Wiederaufnahme des Personenverkehrs auf diesem nördlichen Abschnitt der … Ringbahn abgezeichnet, das wiederum ein hinreichend ernsthaftes und nachvollziehbares Nutzungsinteresse hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Grundstücke begründe. Dieses erkennbare Nutzungsinteresse gehe im erforderlichen Maße über eine „Reservierung“ von Bahngrundstücken für eine eventuelle, auf vagen Annahmen beruhende eisenbahnspezifische Nutzung zu einem späteren Zeitpunkt hinaus.
24
Voraussetzung für die Freistellung sei, dass von keinem Unternehmen sowie keiner öffentlichen Stelle ein Verkehrsbedürfnis mehr bestehe. Die Belange und Prognosen der Beigeladenen seien daher zu berücksichtigen. Entscheidend käme es aber darauf an, dass den Planungsabsichten konkretisierende Schritte nachfolgten und ein Sachstand vorliege, welcher die langfristige Verwirklichung der Planungsabsichten für den nördlichen Abschnitt der … Ringbahn als realistisch erscheinen lassen.
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Der Widerspruchsentscheidung liege folgende zeitliche Abfolge zugrunde: Aufnahme als „Verfolgenswerte Maßnahme“ im „Netzplan …“ (2011/2012), Offenhalten der Option (2016), Verweis auf interne Prüfungen (2018), Verweis auf externe Gespräche (2019).
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Nach Auffassung der Beklagten lägen danach die Voraussetzungen einer unzulässigen Vorratshaltung nicht vor. Die Planungsabsichten der Beigeladenen erwiesen sich zumindest derzeit als hinreichend nachvollziehbar und ernsthaft. Seitdem sei nicht so viel Zeit verstrichen, als dass der Hinweis der Beigeladenen auf mittlerweile geänderte Rahmenbedingungen als „bloße Wiederholung“ anzusehen wäre. Dieser Annahme folge auch die BEG, die auf ein entsprechendes Potential der Strecke verweise. Von daher sei es aus Sicht der Beklagten gerechtfertigt, der Beigeladenen insofern einen zweiten Versuch einzuräumen. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die neue Realisierung des Vorhabens von vornherein völlig ungewiss oder aussichtslos sei. Der „Netzplan … bzw. der Netzentwicklungsplan …“ existierten jeweils seit etwa zehn Jahren und es gäbe aktuelle Bemühungen einen fahrplanmäßigen Personenverkehr zu initiieren. Aktuell könne noch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Planung nicht realisieren lasse. Es sei sachgerecht, sich in zeitlicher Hinsicht an der Wirksamkeit der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung zu orientieren. Danach träte gemäß § 18c Nr. 1 AEG ein solcher Plan außer Kraft, wenn nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit mit seiner Durchführung begonnen werde, wobei die Möglichkeit einer Verlängerung auf 15 Jahre bestehe. Sollten sich auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen innerhalb dieses Zeitraums keine konkreten Fortschritte abzeichnen, seien die langfristigen Erfolgsaussichten dementsprechend negativ zu bewerten, sodass im Umkehrschluss dann auch das Freistellungsinteresse des Klägers anders zu gewichten wäre. Solange jedoch die gegen die Freistellung sprechenden Gründe ihr Gewicht weder durch Zeitablauf noch durch ein endgültiges Scheitern konkreter Reaktivierungsbemühungen eingebüßt hätten, sei den öffentlichen Belangen, die für eine Nutzung entsprechend dem Widmungszweck sprechen, der Vorrang einzuräumen.
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Die Ernsthaftigkeit des zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vorhandenen Nutzungsinteresses, dass weit über eine Reservierungsabsicht hinausgehe, zeige auch die nachfolgende Entwicklung. Am 20. Januar 2020 seien in einem formalen Beschluss des Verkehrsausschusses der Beigeladenen die vier Rahmenbedingungen, die der Freistaat Bayern als Voraussetzung für die Prüfung der Reaktivierung von Bahnstrecken nennt, anerkannt und gleichzeitig die Verwaltung damit beauftragt worden, die Kosten für die Instandsetzung der Strecke und den Bau der Haltestellen zu ermitteln sowie Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten zu prüfen. In der Folge hätten zwischen betroffenen Unternehmen und beteiligten öffentlichen Stellen wie der Stadt …, der DB AG und DB Netz AG, der BEG, dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr sowie dem Verkehrsbund Großraum … weitere Besprechungen stattgefunden. Die verfahrensgegenständliche Strecke werde mittlerweile als Reaktivierung behandelt und sei Teil des Ausbauprogramms „S-Bahn …“. Die Eingangsvoraussetzungen für den Reaktivierungsprozess seien laut BEG erfüllt, die Arbeiten zur Machbarkeitsstudie des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr hätten bereits begonnen. Erste Ergebnisse seien im Sommer 2022 zu erwarten.
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Nachdem sich aus den vorangegangenen Ausführungen ein ernsthaftes Reaktivierungsinteresse an einem fahrplanmäßigen Personenverkehr der Strecke ergebe, erstrecke sich dieses Interesse auch auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke.
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Zwar lag nach der Besichtigung der Grundstücke, die mit Bäumen und Sträuchern bewachsen waren und vermuten ließen, dass die aktuellen Rangier- und Sonderfahrten auch ohne Inanspruchnahme der Grundstücke stattfinden können, nahe, dem Antrag des Klägers stattzugeben. Von dieser ersten Einschätzung sei die Beklagte jedoch abgerückt, nachdem sie von der BEG und der Beigeladenen Stellungnahmen auch bezüglich dieses Umstandes eingeholt habe. Es sei überzeugend, dass ein fahrplanmäßiger Personenverkehr neben der Bestandsertüchtigung auch bestandserweiternde Maßnahmen wie z.B. zweigleisige Streckenabschnitte, Lärmschutzwände, und evtl. eine Elektrifizierung erforderlich mache. Dabei seien z.T. Abstandsflächen von der Gleisachse einzuhalten. Außerdem sollten bei Neu- und Umbauten von Eisenbahnstrecken die Grenzen zwischen Bahngelände und Nachbargrundstück so festgelegt werden, dass neben dem Bahnkörper und den dazugehörigen Teilen, wie Entwässerungsanlage, Kabelgräben, etc. noch ein Streifen für die Instandhaltung, den Neubau oder Ersatz solcher Anlagen freigehalten werde. Auch raumerfordernde Maßnahmen aus der Richtlinie des Eisenbahn-Bundesamtes „Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an Planung, Bau und Betrieb von Schienenwegen nach dem AEG“ könnten sich ergeben. Natürlich handle es sich hier um eine beispielhafte Aufzählung von Maßnahmen, die möglicherweise zur Umsetzung kommen müssten. Die vormalige Zugehörigkeit der Flächen zu den Trassengrundstücken lege die Vermutung nahe, dass bei deren Zuschnitt Raum für Anpassungen und Erweiterungen mit vorgesehen worden sei.
30
Die Argumente des Klägers seien nicht überzeugend.
31
Die an den Grundstücken vorbeiführende Strecke sei gerade nicht tatsächlich oder formal stillgelegt. An das Erlöschen der Widmung durch Funktionslosigkeit von Bahnanlagen seien sehr strenge Anforderungen zu stellen. Dies läge nur bei einem Zustand vor, der die Verwirklichung des Widmungszweckes auf unabsehbare Zeit ausschließe. Die vorhandene Überwucherung oder bahnfremde Nutzung als Garten könne aber relativ kurzzeitig rückgängig gemacht werden.
32
Das zwischen den Grundstücken des Klägers liegende, freigestellte Grundstück schaffe keinen unüberwindlichen Zwangspunkt, der jegliche Wiederaufnahme eines fahrplanmäßigen Personenverkehrs ausschließen werde. Es trete in eisenbahnrechtlichen Planverfahren immer wieder auf, dass für ein Vorhaben nicht gewidmeter Fremdgrund benötigt werde. Käme es zu keiner Einigung, sehe das Gesetz (§ 22 AEG) entsprechende Maßnahmen vor. Ein solcher Umstand erschwere zwar die Planung, mache sie aber nicht unmöglich. Geht man von einem ernsthaften und nachvollziehbaren Nutzungsinteresse aus, wäre es inkonsequent, wenn man dieses durch Schaffung von Zwangspunkten, die später evtl. planerisch bzw. finanziell mit hohem Aufwand kompensiert werden müssten, beschränken würde.
33
Eine Ermessensbindung der Beklagten durch die Freistellung des zwischen denen des Klägers liegenden Grundstücks, bestehe nicht, da der damalige, maßgebliche Sachstand vom 12. Mai 2016 sich vom jetzigen unterscheide. Damals hätte sich die Beigeladene nur die Option der langfristigen Erhaltung der Ringbahn vorbehalten und aktuell keine Untersuchungen zu einer Durchbindung der …bahn zur …bahn durchgeführt. Auch stand die Empfehlung des damaligen potentiellen Planungsträgers im Raum, vorerst keine weiteren Schritte zu unternehmen. Mittlerweile sei der Sachverhalt wesentlich anders gelagert.
34
Eine Abwägung oder Berücksichtigung der Eigentümerinteressen des Klägers sehe § 23 AEG und das Freistellungsverfahren nicht vor. Das Vorbringen des Klägers sei insoweit unbeachtlich.
35
Die Ausführungen des Klägers zu den Planungen der Stadt … sowie der …-Universität, weisen schon keinen konkreten Projektbezug auf. Inwieweit hier Konflikte oder Synergieeffekte mit den Planungen der Beigeladenen entstehen könnten, sei nicht Gegenstand des Freistellungsverfahrens.
36
Die Beigeladene schloss sich den Ausführungen der Beklagten vollumfänglich an.
37
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 12. November 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
39
Der Kläger begehrt im Wege der Versagungsgegenklage gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die Erteilung der Freistellung der streitgegenständlichen Grundstücke von der Beklagten.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung der streitgegenständlichen Grundstücke gemäß § 23 Abs. 1 AEG, da die Voraussetzung, dass langfristig keine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung zu erwarten ist, nicht vorliegt. Der Widerspruchsbescheid ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
41
Gemäß § 23 Abs. 1 AEG stellt die zuständige Planfeststellungsbehörde für Grundstücke, die Betriebsanlage einer Eisenbahn sind oder auf dem sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden, auf Antrag des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, des Eigentümers des Grundstücks oder der Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet, die Freistellung von Bahnbetriebszwecken fest, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist.
42
Für streitgegenständlichen Grundstücke besteht eine eisenbahnrechtliche Widmung. Der Fachplanungsvorbehalt wurde durch den Erwerb der aus der ursprünglichen Bahntrasse herausgemessenen Grundstücke nicht tangiert, was sich auch aus den notariellen Verträgen zur Grundstücksversteigerung ergibt. Darauf, dass die Grundstücke für den aktuellen Bahnbetrieb nicht genutzt werden und die Bewachsung der Grundstücke darauf hinweist, dass diese seit längerem für den Bahnbetrieb nicht genutzt werden, kommt es nicht an. Allein eine Unterbrechung der Nutzung bzw. Außerdienststellung des Grundstücks als Betriebsanlage lässt die Widmung für Eisenbahnzwecke nicht automatisch entfallen. Dies macht auch § 23 Abs. 1 Satz 2 AEG deutlich. Notwendig ist eine formale Stilllegung der Grundstücke gemäß § 11 AEG oder wenigsten ein sonstiger hoheitlicher Akt mit einer gewissen Publizitätswirkung, der die rechtsstaatlich gebotene Eindeutigkeit öffentlich-sachenrechtlicher Rechtsverhältnisse gewährleistet (vgl. OVG Saarl, B.v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - NVwZ 1989,655; BVerwG, B.v. 5.2.1990 - 4 B 1.90 - BRS 50 Nr. 70, BVerwG, B.v. 26.8.1998 - 11 VR 4.98 - NVwZ 19999, 535 m.w.N.). Eine solche hoheitliche „Entwidmung“ ist vorliegend nicht erfolgt. Selbst wenn man, woran wegen der spezialgesetzlichen Regelung in § 23 AEG erhebliche Bedenken bestehen, in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung zur Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen heranziehen wollte, lägen die Voraussetzungen nicht vor. Wegen Funktionslosigkeit treten Festsetzungen eines Bebauungsplans dann außer Kraft, wenn die dem Plan zu Grunde liegenden Verhältnisse der Verwirklichung des Plans auf unabsehbare Zeit entgegenstehen und das in die Fortgeltung des Plans gesetzte Vertrauen nicht schutzwürdig ist (BayVGH, B.v. 12.8.2014 - 2 ZB 13.912 - juris Rn. 3). Auf der Bahnstrecke finden täglich wenige Rangier- und Sonderfahrten statt. Ein objektiver Beobachter würde zwar erkennen, dass die Grundstücke für den aktuellen Bahnbetrieb nicht gebraucht werden, würde aber eine Zugehörigkeit der Grundstücke zu der Bahnstrecke und eine zukünftige, eisenbahnrechtliche Nutzung der Grundstücke nicht ausschließen können. Die schmalen Grundstücke grenzen mit ihrer langen Seite direkt an die Gleisstrecke an und sind aus der ursprünglichen Bahntrasse herausgemessen worden. Die vorhandene Bewachsung der Grundstücke steht einer künftigen eisenbahnrechtlichen Nutzung nicht ernstlich behindernd im Wege. Die bestehende Wohnbebauung entlang der Bahnstrecke wird wahrscheinlich eine intensivere Nutzung der Bahnstrecke hinsichtlich der Lärmschutzanforderungen und der Akzeptanz des Vorhabens erschweren, schließt eine eisenbahnrechtliche Verwendung der Grundstücke entsprechend der Zweckbestimmung aber jedenfalls nicht von vornherein aus und lässt nicht den Fachplanungsvorbehalt entfallen.
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Unstreitig ist, dass die Grundstücke für den aktuellen Bahnverkehr nicht benötigt werden. Entscheidende Voraussetzung für den Anspruch auf Freistellung ist somit das Fehlen eines langfristigen Nutzungsinteresses entsprechend der Zweckbestimmung der Widmung. Das in § 23 AEG geregelte „Entwidmungsverfahren“ entscheidet, wann und unter welchen Voraussetzungen für Bahngrundstücke die Wirkungen der Planfeststellung enden. Das Freistellungsverfahren stellt sicher, dass eine bahnfremde Nutzung erst dann möglich ist, wenn die öffentlichen Belange, die für eine Nutzung gemäß der ursprünglichen Zweckbestimmung sprechen, mit Zeitablauf ihr Gewicht nahezu vollständig eingebüßt haben (vgl. BVerwG, B.v. 21.3.2014 - 6 B 55/13, B.v. 21.4.2010 - 7 B 39/9 - jeweils juris). Ein Anspruch des Klägers auf Freistellung nach dieser Vorschrift bestünde nur dann, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. Während die erste Voraussetzung auf den aktuellen Nutzungsbedarf abstellt, verlangt die zweite Voraussetzung eine Prognose der Planfeststellungsbehörde. Diese hat zu prüfen, ob die Fläche auf Dauer nicht mehr Bahnbetriebszwecken dient (vgl. Seegmüller, in Ziekow, Fachplanungsrecht, 2. Auflage 2014, § 12 Rn. 66.). Die Freistellung ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die Rechtswirkungen der Planfeststellung und der Widmung beseitigt und den rechtlichen Zustand wiederaufleben lässt, in dem sich das Grundstück vor der Belastung mit dem Fachplanungsvorbehalt befunden hat. Bei der Entscheidung über die Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach § 23 AEG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, der Planfeststellungsbehörde kommt bei ihrer Entscheidung über die Freigabe kein Abwägungs-, Ermessens- oder Gestaltungsspielraum zu (vgl. Kramer in, Allgemeines Eisenbahngesetz, 1. Auflage 2012, § 23 Rn. 3). Wie die Aufzählung der Anhörungsberechtigten in § 23 Abs. 2 AEG zeigt, sind für das langfristige Nutzungsinteresse nicht nur Bekundungen der betreibenden Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen maßgeblich, sondern auch die nach Landesrecht zuständigen Aufgabenträger des Öffentlichen Personennahverkehrs, die Träger der Landes- und Regionalplanung sowie die betroffenen Gemeinden*(vgl. OVG Saarl, U.v. 10.01.2017 - 2 A 142/15 - juris Rn. 26). An die Erklärungen über ein langfristiges Nutzungsinteresse sind im Interesse der Planungshoheit der Gemeinden und zum Schutz des an einer bahnfremden Nutzung oder Verwertung interessierten Grundstückseigentümers gewisse Anforderungen zu stellen. Sie müssen nach den gesamten Umständen des Einzelfalles ernsthaft und nachvollziehbar sein. Eine „Reservierung“ von Bahngrundstücken für zukünftige, nicht präzisierte Nutzungen unter Berufung auf die vage Möglichkeit einer späteren eisenbahnspezifischen Nutzung erlaubt § 23 AEG nicht (vgl. OVG Münster, B.v. 4. 2. 2010 - 8 B 1652/0932 - NVwZ-RR 2010, 475).
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Ausgehend von diesen Maßstäben kann nicht festgestellt werden, dass eine langfristige Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist und die Freistellungsvoraussetzungen für die im Klageantrag genannten Grundstücke vorliegen.
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Die Tatsache, dass die DB AG kein Nutzungsinteresse an den Grundstücken entlang der Bahnstrecke bekundet hat, genügt nicht, eine Nutzungserwartung i.S.d. § 23 Abs. 1 AEG auszuschließen, da die Beigeladene als betroffene Gemeinde und die BEG ein eisenbahnrechtliches Nutzungsinteresse an den Grundstücken bekundet haben.
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Die Beigeladene hat ein ernsthaftes und nachvollziehbares Interesse an der langfristigen Nutzung der Grundstücke dargelegt. Geplant ist, die bislang eingeschränkte Nutzung der Bahnstrecke für Rangier- und Sonderfahrten zu einem regelmäßigen Personenbeförderungsbetrieb auszubauen. Dies geht mit einem zweigleisigen Ausbau oder wenigstens einer Ertüchtigung der vorhandenen Bahnstrecke einher, was einen erhöhten Platzbedarf, der sich auch auf die streitgegenständlichen Grundstücke erstreckt, begründet. Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass Planungsabsichten der Beigeladenen auch hinreichend konkret und ernsthaft sind. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich ist. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist nicht abschließend geklärt, auf welchen Zeitpunkt das Gericht zur Beurteilung, ob die Freistellungsvoraussetzungen des § 23 Abs. 1 AEG vorliegen, abzustellen hat. Da der Kläger vorliegend einen gebundenen Anspruch gegen die Beklagte geltend macht, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. Riese, in Schoch/Schneider, VwGO, 41. EL Juli 2021, Rn. 267 m.w.N.). Dies steht nicht im Widerspruch zu den materiell-rechtlichen Wertungen des § 23 AEG oder zu der Rechtsprechung des BayVGH. Dieser hatte in seinem Urteil vom 9. Juli 2013 über einer Freistellungsentscheidung nach § 23 AEG maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt (BayVGH, U.v. 9.7.2013 -22 B 13.475 - BeckRS 2013, 54627). Dieser Entscheidung lag allerdings eine andere Ausgangssituation zu Grunde. In dem vom BayVGH zu entscheidenden Fall war von der Planfeststellungsbehörde bereits eine Freistellung erteilt worden, wogegen die betroffene Gemeinde Drittanfechtungsklage erhoben hatte. Der BayVGH stellte klar, dass es keine materiell-rechtlichen Gründe dafür gebe, von dem für Anfechtungsklagen üblichen Beurteilungszeitpunkt der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids - den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - abzuweichen. Das materielle Recht erfordere geradezu, dass nach Abschluss des gemäß § 23 Abs. 2 AEG vorgeschriebenen Anhörungsverfahrens und der Prüfung nach § 23 Abs. 1 AEG, ob kein Verkehrsbedürfnis mehr bestehe und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten sei, alsbald Klarheit geschaffen werde, ob und ab welchem genauen Zeitpunkt die jeweiligen Betriebsanlagen der Eisenbahn nicht mehr dem Fachplanungsvorbehalt nach § 38 BauGB zugunsten des Allgemeinen Eisenbahngesetzes unterliege und wieder uneingeschränkt dem Bereich der kommunalen Planungshoheit angehöre (vgl. BayVGH, a.a.O.). Aus den Ausführungen des BayVGH ergibt sich aber nicht zwangsläufig, dass wegen dieser Erwägungen auch im Rahmen einer Verpflichtungsklage für die Beurteilung des Anspruchs auf Freistellung auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt werden muss. Aus § 23 AEG geht hervor, dass der Zeitpunkt der Aufhebung des Fachplanungsvorbehalts, für alle Beteiligten eindeutig festgestellt werden muss. Die Entscheidung über die Freistellung ist den Beteiligten nach § 23 Abs. 3 AEG förmlich zuzustellen. Ziel der Freistellungsentscheidung ist es, Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Planungshoheit zu vermeiden. Allein durch den Antrag des Eigentümers auf Freistellung und durch den Ablehnungsbescheid der Behörde wird der Fachplanungsvorbehalt aber nicht berührt und kein Schwebezustand geschaffen, auch dann nicht, wenn gegen den Ablehnungsbescheid Rechtsmittel eingelegt werden. Das Kriterium des fehlenden langfristigen Nutzungsinteresses erfordert dagegen eine in die Zukunft gerichtete Betrachtung. Die weitreichenden Rechtswirkungen der Aufhebung des Planungsvorbehalts für alle Beteiligte, sprechen ebenfalls dafür, auch im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens eingetretene Änderungen der Sachlage bei der Prüfung des Freistellungsanspruchs zu berücksichtigen (so auch das OVG Saarl, im Ergebnis aber offen lassend, a.a.O., Rn. 34).
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Dies kann hier jedoch letztlich dahinstehen, da, selbst wenn man den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zugrunde legt, die in § 23 Abs. 1 AEG genannte Voraussetzung des Fehlens eines langfristigen Nutzungsinteresses entsprechend der Zweckbestimmung bereits damals nicht vorgelegen hat. Die Beigeladene hatte zum Zeitpunkt des Widerspruchserlasses bereits mehrfach ihr Nutzungsinteresse an den Grundstücken bekundet, das Vorhaben war in Grundzügen in Verkehrsentwicklungsplänen enthalten und die Beigeladene hatte bereits erste konkretisierende verkehrsplanerische Entscheidungen für eine Ertüchtigung bzw. Reaktivierung der Strecke getroffen. Notwendig für das ernsthafte Nutzungsinteresse ist dabei nicht, dass außenwirksame, konkrete Dispositionen getroffen werden (vgl. OVG Saarl, a.a.O., Rn. 34). Allerdings hat die Beigeladene vor Erlass des Widerspruchbescheids bereits mit weiteren Planungs- und Aufgabenträgern Gespräche geführt. Hierzu wurde ausgeführt, dass die Beigeladene das im „Nahverkehrsentwicklungsplan …“ und im „Netzplan …“ festgehaltene Ziel der Reaktivierung der Ringbahn, sich nicht (mehr) nur als langfristige Planungsoption offen halte, sondern bereits 2018 intern überein gekommen war, einen neuen Versuch zu wagen, das in den Verkehrsentwicklungsplänen enthaltene Konzept in optimierter, abgewandelter Form umzusetzen. Dafür hätten mittlerweile Voruntersuchungen stattgefunden und es seien 2019 bereits mit den entsprechenden Stellen wie dem Zweckverband Verkehrsbund Großraum …, der Bayerischen Eisenbahngesellschaft und den Infrastrukturbetreibern sowie der aktuell betreibenden Verkehrsgesellschaft Gespräche aufgenommen worden, um einen Ausbau bzw. eine Ertüchtigung der in Rede stehenden Bahnstrecke zu realisieren. Die BEG hat als weitere Aufgabenträgerin die Planungen der Beigeladenen bekräftigt.
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Selbst, wenn für die Voraussetzungen des Anspruchs nach § 23 Abs. 1 AEG nicht auf die weitere Entwicklung nach Erlass des Widerspruchbescheids abzustellen wäre, zeigen die zwischenzeitlich erfolgten Planungsschritte der Beigeladenen und der überregionalen Aufgabenträger (z.B. die Durchführung der Machbarkeitsstudie des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr), dass es sich bei den Stellungnahmen der Beigeladenen im Freistellungsverfahren nicht nur um bloße Absichtserklärungen gehandelt hat und ihr Nutzungsinteresse schon zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ein ernsthaftes war.
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Die Planungen der Beigeladenen sind auch hinreichend konkret, um ein Nutzungsinteresse an den streitgegenständlichen Grundstücken zu begründen. Schon der Ausdruck der „langfristigen Nutzungserwartung“ in § 23 Abs. 1 AEG zeigt, dass an die Detailschärfe der Planungskonzepte zum Nachweis des langfristigen Nutzungsinteresses jedenfalls in der Anfangsphase des Planungsprozesses keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Die Planungen müssen so hinreichend konkret sein, dass das geltend gemachte Nutzungsinteresse bezüglich der Fläche nachvollziehbar und schlüssig dargelegt werden kann und erkennbar wird, das eine Realisierung des Vorhabens nicht schon von vornherein ausgeschlossen ist. Dem Ausbau einer Bahnstrecke geht naturgemäß ein langwieriger Planungsprozess voraus. Derartige Vorhaben nehmen nur langsam Gestalt an bzw. ändern sich noch im Verlauf des Planungsprozesses oder werden sogar wieder aufgegeben. Dies steht einer ernsthaften Nutzungserwartung in der jetzigen Phase des Planungsprozesses aber nicht entgegen. Die Beigeladene und die Beklagte konnten nachvollziehbar vortragen, dass die Bahnstrecke entlang der streitgegenständlichen Grundstücke für den regelmäßigen Personenverkehr im S-Bahn-Betrieb ausgebaut werden soll. Dabei wurde auch schlüssig dargelegt, dass sich das Nutzungsinteresse auch auf die streitgegenständlichen Grundstücke erstreckt, da der Ausbau der Strecke nach heutigen technischen und rechtlichen Standards jedenfalls mit einem erhöhten Platzbedarf für Betriebsanlagen, wie elektrischen Oberleitungen, Lärmschutzanlagen, Entwässerungsanlagen, Zugangs- und Reparaturflächen etc. einhergeht und daher die Fläche der an der aktuellen Gleistrasse liegen Grundstücke von den Planungen nicht ausgeschlossen werden kann.
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Die Nutzung der Grundstücke für das geplante Vorhaben erscheint auch nicht von vornherein als unrealistisch. Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass die Finanzierung des geplanten Vorhabens durchaus problematisch ist. Nach anfänglich positiven Ergebnissen, ergab die Kosten-Nutzen-Analyse des Vorhabens in seiner ursprünglichen Form einen negativen Wert und die Realisierung des Projektes wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Zu den jetzigen Planungen hat die Beigeladene vorgetragen, dass sich neue Potentiale durch einen Zuwachs an Bevölkerung und Arbeitsplätzen an möglichen Haltestellen ergeben. Zudem wird das Vorhaben, wie von der BEG bestätigt, in diesem Planungsprozess nun offiziell als Reaktivierungstrecke behandelt. Dies soll bessere Fördermöglichkeiten eröffnen. Auch sei die Vorgabe für Fördermittel, dass der Kosten-Nutzen-Faktor über 1,0 liegen müsse, mittlerweile weggefallen. Letztlich kann zur Finanzierbarkeit des Projekts erst die Machbarkeitsstudie erste valide Ergebnisse liefern. In der derzeitigen Planungsphase ist jedenfalls nicht bereits offensichtlich, dass das Vorhaben objektiv nicht finanzierbar ist. Diese Überlegungen gelten auch für den Klägervortrag, soweit nach Ansicht der Klägerseite auch eine günstigere Herstellung der Verkehrsanbindung durch einen einspurigen Ausbau oder eine Buslinie möglich wäre oder andere Verkehrsprojekte der Beigeladenen die Reaktivierung der in Rede stehenden Bahnstrecke unprofitabler machten. Ob sich diese Kritik als berechtigt erweisen wird, ist nach jetzigem Kenntnisstand offen. Diese Bedenken stehen jedenfalls den weiteren Planungen des Vorhabens nicht grundsätzlich entgegen.
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Wahrscheinlich ist, dass die Freistellung des Grundstücks FlNr. …, das zwischen zwei der streitgegenständlichen Grundstücke entlang der Gleistrasse liegt, den Ausbau der Strecke an dieser Stelle erschwert. Es kann aber wiederum zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festgestellt werden, dass die Freistellung dieser Fläche den geplanten Ausbau der Bahnstrecke unmöglich macht, da noch offen ist, ob und auf welche Art dieses Grundstück genutzt werden soll und, ob sich mit dem Eigentümer eine Einigung erzielen lässt.
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Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch die Ablehnung der Freistellung der streitgegenständlichen Grundstücke - in Abweichung zur Freistellung des Grundstücks FlNr. … - liegt nicht vor. Die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten des freigestellten und der streitgegenständlichen Grundstücke ähneln sich zwar. Die schmalen Grundstücke verlaufen alle direkt entlang der Bahnlinie und wurden aus der ursprünglichen Bahntrasse herausgemessen, sie werden für den aktuellen Bahnbetrieb nicht benötigt und sind mit Sträuchern und Bäumen bewachsen. Allerdings wurde das Grundstück, auf das sich der Klägerbevollmächtigte bezieht, bereits 2016 von der Planungsbehörde freigestellt, zu einem Zeitpunkt, als die Beigeladene sich die Reaktivierung der Ringbahn zwar als langfristige Planungsoption vorbehalten hatte, darüber hinaus aber eine konkrete Projektplanung und weitere Untersuchungen im Sommer 2015 erst ausgeschlossen hatte. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids Ende 2019 war die Situation wie bereits oben dargestellt eine andere, die Nutzungsabsichten der Beigeladenen hatten sich zwischenzeitlich konkretisiert und der Planungsprozess wurde aktiv betrieben. Dass sich die Bestrebungen der Beigeladenen von einer vagen Nutzungsabsicht zu einem ernsthaften, nachvollziehbaren und durch verkehrsplanerische Schritte dokumentierten Nutzungsinteresse gewandelt haben, hat nun einmal entscheidende Auswirkungen auf die Voraussetzungen des Anspruchs nach § 23 Abs. 1 AEG. Insofern begegnet es keinen Bedenken, dass die Beklagte vorliegend in der Sache anders entschieden hat.
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Nach alledem ist der Prognoseeinschätzung der Beklagten im Widerspruchsbescheid, dass eine langfristige Nutzungserwartung aktuell nicht ausgeschlossen werden kann, zuzustimmen. Der Kläger wurde durch den Widerspruchsbescheid nicht in seinen Rechten, insbesondere nicht in seinem Eigentumsrecht verletzt. Die bisherigen Planungsschritte rechtfertigen die Annahme, dass langfristig mit einer Nutzung der Flächen für Zwecke des Eisenbahnverkehrs gerechnet werden kann. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Freistellung nach § 23 AEG liegen daher nicht vor.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kostentragungspflicht des Klägers beinhaltet die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten der Beigeladenen dem Kläger als Unterlegenen aufzuerlegen, da die Beigeladene sich durch die Stellung eines Antrags dem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Eine Notwendigerklärung der Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 VwGO scheidet bereits wegen der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO aus.