Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 23.12.2021 – 2 W 5/21
Titel:

Keine Angabe des Berufungsgrundes im Erbschein

Normenketten:
FamFG § 352 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 3 Nr. 2, § 352a, § 352b
BGB § 1922, § 1924, § 1943, § 1948, § 2353, § 2365
Leitsätze:
1. Der Erbscheinsantrag kann nicht mit prozessualer Bindungswirkung für das Nachlassgericht auf einen konkreten Berufungsgrund beschränkt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Erbschaft ohne Rücksicht auf den Berufungsgrund von allen Erben angenommen wurde bzw. von keinem mehr ausgeschlagen werden kann. (Rn. 19 – 22 und 25)
2. Der Berufungsgrund ist bis auf den Ausnahmefall der mehrfachen Berufung nicht in den Erbschein aufzunehmen. (Rn. 16)
3. Der gesetzliche Inhalt des Erbscheins ist strikt dahin begrenzt, dass er das Erbrecht des berufenen Erben und etwaige Einschränkungen desselben zu bezeugen hat. Den Beteiligten steht kein Recht zu, eine Ergänzung des Erbscheins zu fordern, die über den gesetzlichen Rahmen des Erbscheins hinausgeht und an dessen Rechtswirkungen nicht Teil hat. (Rn. 17)
4. Das Erbscheinsverfahren dient nicht dazu, die Auseinandersetzung zwischen den Miterben zu regeln. (Rn. 24)
Schlagworte:
Erbschein, Erbscheinsantrag, Bindungswirkung, Berufungsgrund, mehrere Berufungsgründe, gesetzliche Erbfolge, gewillkürte Erbfolge, Annahme, Ausschlagung
Vorinstanz:
AG Forchheim vom -- – VI 793/20
Fundstellen:
FGPrax 2022, 32
ErbR 2022, 256
MDR 2022, 319
RPfleger 2022, 193
FamRZ 2022, 907
NotBZ 2022, 423
BeckRS 2021, 40765
LSK 2021, 40765
ZErb 2022, 114
ZEV 2022, 282
RNotZ 2022, 272

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die zur Begründung der Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1), 2) und 3) erforderlichen Tatsachen als festgestellt erachtet werden.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer.
3. Der Beschwerdewert wird auf 666.666,00 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Die Erblasserin ist die Mutter der Beteiligten zu 1) bis 3). Sie verstarb am 2020. Ihr Ehemann, der Vater der Beteiligten zu 1) bis 3), ist 2016 vorverstorben.
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1. Am 27.07.2020 hat das Amtsgericht - Nachlassgericht - ein durch den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) geöffnet abgeliefertes eigenhändiges, mit dem Namen der Erblasserin unterschriebenes Testament eröffnet. In diesem heißt es:
3
Ich …, geb. am bestimme: 1) Mein Sohn … (E1) hat das Anwesen in … u. die str. erhalten.
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2. Tochter … (E2) hat die Anteile an der …str. erhalten, sowie das Grundstück und die str.
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3. Tochter … (E3) soll das Anwesen …str. 39a zur Gänze erhalten; schuldenfrei + schuldenfrei (E3) soll auch nicht mit Samdschulden belastet werden.
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4. Der Rest soll zu gleichen Teilen an die 3 Kinder aufgeteilt werden! …, den 6.3.16 Unterschrift Erblasserin Weitere letztwillige Verfügungen der Erblasser existieren nicht. Die Beteiligten zu 1) bis 3) streiten mit hinsichtlich des Berufungsgrundes widerstreitenden Erbscheinsanträgen um die Frage, ob sie aufgrund Unwirksamkeit des Testaments vom 06.03.2016 jeweils zu 1/3 als gesetzliche Erben nach der Erblasserin berufen sind oder ob sich diese Erbquote aus gewillkürter Erbfolge aufgrund des Testaments vom 06.03.2016 ergibt.
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Die Beteiligten zu 1) und 2) haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen sei. Sie habe sich in einem psychischen Ausnahmezustand kurz nach dem Versterben ihres Ehemanns befunden, der auch durch die anschließende Aufnahme in eine Akut-Fachklinik für Psychosomatik belegt sei. Ferner würden auch Inhalt und äußere Form des Testaments darauf hinweisen, dass die Erblasserin bei der Errichtung dessen Inhalt nicht zutreffend erfasst habe. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben aus diesem Grund die Anfechtung des Testaments erklärt, da die von der Erblasserin stets angestrebte gleichmäßige Begünstigung der Kinder durch das zugunsten der Beteiligten zu 3) in dem Testament errichtete Vorausvermächtnis nicht erreicht werde. Sie haben daher mit Schriftsatz vom 05.10.2020 (Bl. 35 d.A.) beantragt, einen gemeinschaftlichen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge zu erteilen, in dem die Beteiligten zu 1) bis 3) als Miterben zu einem Drittel ausgewiesen werden.
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Die Beteiligte zu 3) hat mit Schriftsatz vom 30.10.2020 (Bl. 52 d.A.) beantragt, einen gemeinschaftlichen Erbschein nach gewillkürter Erbfolge aufgrund des Testaments vom 06.03.2016 zu erteilen, der die Beteiligten zu 1) bis 3) ebenfalls als Miterben zu einem Drittel ausweist. Sie hat sich gegen die Annahme von Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des Testaments gewendet. Ein Anfechtungsgrund bestehe ihrer Auffassung nach bereits deshalb nicht, weil die Beteiligten zu 1) und 2) in der Vergangenheit erhebliche Zuwendungen erhalten hätten, so dass sich bereits keine relevante Mehrbegünstigung der Beteiligten zu 3) durch das angeordnete Vorausvermächtnis ergebe.
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2. Das Amtsgericht - Nachlassgericht - Forchheim hat mit Beschluss vom 28.12.2020 die zur Begründung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 3) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) und 2) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in der Gesamtschau der vorliegenden ärztlichen Atteste sowie von Inhalt und Form des Testaments keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin vorlägen. An der eigenhändigen Abfassung und Unterzeichnung des Testaments durch die Erblasserin bestünden keine Zweifel. Es sei ferner weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Erblasserin zur Abgabe ihrer letztwilligen Erklärung durch Drohung oder Irrtum bestimmt worden sei, so dass eine Anfechtung gemäß § 2078 BGB ausscheide. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen.
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3. Gegen diese ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 04.01.2021 zugestellte Entscheidung wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihrer am 20.01.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Unter Fortführung und Vertiefung ihres Vortrags zur Testierunfähigkeit der Erblasserin sind sie der Ansicht, dass es hierzu einer Beweisaufnahme bedurft hätte. Zudem tragen die Beschwerdeführer ergänzend zu den von den Erbprätendenten von ihren Eltern erhaltenen Zuwendungen vor.
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Die Beteiligte zu 3) beantragt unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres Vortrags die Zurückweisung der Beschwerde.
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Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren sowie die Feststellungen zu gerichtlichem Protokoll und den Hinweis des Senats mit Verfügung vom 08.12.2021 Bezug genommen.
II.
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Die gemäß § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 63 Abs. 1, 64 FamFG) Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist nur im tenorierten Umfang erfolgreich, im Wesentlichen aber unbegründet. Insbesondere hat das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend die zur Begründung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 3) erforderlichen Tatsachen als festgestellt erachtet.
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1. Die Wirksamkeit des Testaments vom 06.03.2016 kann dahingestellt bleiben, da sich das Erbrecht der Beteiligten und dessen Größe zu jeweils einem Drittel sowohl bei der gewillkürten Erbfolge aus dem Testament vom 06.03.2016 als auch alternativ im Fall der gesetzlichen Erbfolge gemäß §§ 1922, 1924 BGB ergibt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer geht aus einem Erbschein nicht hervor, ob er auf gesetzlicher Erbfolge oder auf letztwilliger Verfügung beruht, so dass eine entsprechende Feststellung nicht im Erbscheinsverfahren zu erfolgen hat (a). Darüber hinaus kann der Erbscheinsantrag von den Beteiligten nicht mit Bindungswirkung für das Nachlassgericht auf einen konkreten Berufungsgrund beschränkt werden (b). Soweit das Amtsgericht in seiner Entscheidung zugleich den Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) auf Erbscheinerteilung zurückgewiesen hat, ist dieses zu korrigieren und führt zur Neufassung des Beschlusstenors (c).
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a) Entsprechend der Legaldefinition des § 2353 BGB stellt der Erbschein ein Zeugnis über das Erbrecht sowie im Fall einer nur teilweisen Berufung über die Größe des Erbteils dar. Diese Angaben stellen neben Verfügungsbeschränkungen den allein zulässigen Inhalt eines Erbscheins dar. Angaben anderen Inhalts als die genannten sind nicht in den Erbschein aufzunehmen. Entsprechende, dennoch in den Erbschein aufgenommene Angaben haben nicht die dem Erbschein nach den §§ 2365-2367 BGB zukommende rechtliche Bedeutung (Staudinger-Herzog, BGB, Stand 2016, § 2353, Rn. 426).
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Insbesondere eine Angabe des Berufungsgrundes sieht der Gesetzeswortlaut nicht vor, so dass dieser grundsätzlich bis auf Ausnahmefälle des mehrfachen Berufungsgrundes (§§ 1951, 2088 BGB) nicht in den Erbschein aufzunehmen ist. (so ausdrücklich BGH, Beschluss v. 08.09.2021, Az. IV ZB 17/20; bereits BayObLG, Beschluss v. 25.01.1973, Az. Breg 1 Z 83/72; MüKo/BGB-Grziwotz, 8. Aufl., § 2353 Rn. 23, 26).
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Dieser beschränkte Inhalt entspricht dem Zweck des Erbscheins, den Erben durch die Richtigkeitsvermutung (§ 2365 BGB) zu legitimieren und den guten Glauben an seine Rechtsstellung zu schützen (§ 2366 BGB). Die Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins nach § 2365 BGB - und damit auch dessen öffentlicher Glaube nach § 2366 BGB - gilt positiv nur für das bezeugte Erbrecht sowie negativ dafür, dass andere als die angegebenen Beschränkungen nicht bestehen. Der gesetzliche Inhalt des Erbscheins ist strikt dahin begrenzt, dass er das Erbrecht des berufenen Erben und etwaige Einschränkungen desselben zu bezeugen hat. Den Beteiligten steht kein Recht zu, eine Ergänzung des Erbscheins zu fordern, die über den gesetzlichen Rahmen des Erbscheins hinausgeht und an dessen Rechtswirkungen nicht Teil hat. Ein dennoch angegebener Berufungsgrund nimmt nicht an der Vermutungswirkung der §§ 2365 ff. BGB teil (so BGH, Beschluss v. 08.09.2021, Az. IV ZB 17/20; Grüneberg-Weidlich, BGB, 81. Aufl., § 2365 Rn. 1 m.w.N.).
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Die Notwendigkeit der Bestimmung des Berufungsgrundes ergibt sich vorliegend auch nicht aus einer in diesem enthaltenen beschränkenden Anordnung (§ 2365 BGB). In den Erbschein gemäß § 352b FamFG aufzunehmende beschränkende Anordnungen umfassen lediglich die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie Testamentsvollstreckung. Nachdem im Testament vom 06.03.2016 über die Erbeinsetzung hinausgehend nur ein Vorausvermächtnis zugunsten der Beteiligten zu 3) bestimmt ist, sind sowohl im Fall der gesetzlichen Erbfolge wie auch bei Wirksamkeit des Testaments vom 06.03.2016 über die Angaben der Erbenstellung der Beteiligten zu 1) bis 3) zu jeweils einem Drittel keine weiteren Feststellungen zur Erteilung des Erbscheins erforderlich. Hierauf beschränkt sich auch der zulässige Inhalt des Erbscheins.
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b) Der Erbscheinantrag der Beteiligten zu 3) vom 20.10.2020, der eine Feststellung des Erbrechts aufgrund gewillkürter Erbfolge gemäß dem Testament der Erblasserin vom 06.03.2016 begehrt, steht dem nicht entgegen. Hiermit ist weder eine Bindungswirkung hinsichtlich der in den Erbschein aufzunehmenden Feststellungen verbunden noch eine Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des Nachlassgerichts bei Erteilung des Erbscheins auf den angegebenen Berufungsgrund.
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(1) Der Inhalt des Erbscheins wird durch die §§ 2353, 2365 BGB wie vorstehend dargestellt abschließend bestimmt und beschränkt sich auf das Erbrecht und dessen Größe (§ 2353 BGB) sowie etwaige Verfügungsbeschränkungen (§§ 2365 BGB, 352b FamFG). Soweit
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§ 352 FamFG darüber hinaus weitere Pflichtangaben hinsichtlich des geltend gemachten Erbrechts vorsieht, dient dieses Substantiierungserfordernis allein der leichteren Feststellung des Erbrechts des Antragstellers durch das Nachlassgericht im Rahmen der im Übrigen geltenden Pflicht zur Amtsermittlung (§ 26 FamFG). Die gemäß § 352 FamFG erforderlichen Angaben bei gesetzlicher (§ 352 Abs. 1 FamFG) oder gewillkürter Erbfolge (§ 352 Abs. 2 FamFG) stellen daher allein aus prozessualen Gründen abzugebende und für die Zulässigkeit des Erbscheinsantrags notwendige Erklärungen dar, die nicht in den Erbschein aufzunehmen sind. Eine materielle Bindungswirkung im Hinblick auf die in den Erbschein aufzunehmenden Feststellungen besteht nicht.
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(2) Darüber hinaus folgt aus der Beschränkung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 3) auf den Berufungsgrund des Testaments vom 06.03.2016 auch keine prozessuale Bindungswirkung dahingehend, dass dem Nachlassgericht hiermit die Zugrundelegung eines anderen Berufungsgrundes bei im Übrigen identischen Feststellungen zum Erbrecht und dessen Größe verwehrt ist (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss v. 07.04.2020, Az. 2 W 83/19; offengelassen von BGH, Beschluss v. 08.09.2021, Az. IV ZB 17/20; entgegen Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss v. 15.05.2017, Az. 3 Wx 45/16; BayObLG, Beschluss v. 11.04.1994, Az. 1Z BR 163/95; MüKo/BGB-Grziwotz, 8. Aufl., § 2353 Rn. 78 m.w.N.).
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Die Gegenauffassung geht im Ansatz davon aus, dass die Angabe des Berufungsgrundes auch Inhalt des Erbscheins ist (so ausdrücklich Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 45, juris). Dieses ist hingegen gemäß obigen Grundsätzen (vgl. II. 1. a)) unzutreffend. Materiellrechtlich umfasst der Erbscheinsantrag den Berufungsgrund nicht als in den Erbschein aufzunehmende Feststellung. Ferner wird der vom Amtsgericht zu der Feststellung des Erbrechts zugrunde liegende Sachverhalt aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26 FamFG) nicht durch den vom Antragsteller zu bezeichnenden Berufungsgrund beschränkt. Der Verfahrensgegenstand des Erbscheinsverfahrens setzt sich aus den im Erbschein zutreffenden Feststellungen sowie dem gesamten im Erteilungsverfahren vom Nachlassgericht ermittelten Sachverhalt zugrunde, der sämtliche bekannte Berufungsgründe erfasst. Eine aus der Parteidisposition des ordentlichen Zivilprozesses folgende Beschränkung des Streitgegenstands auf den von den Parteien eingeführten Lebenssachverhalt erfolgt im Erbscheinsverfahren nicht. Vergleichbar ist hingegen die Konstellation, in der im Zivilprozess der Kläger seinen Anspruch aus einer Anspruchsgrundlage herleitet, jedoch der Anspruch sich bei gleichem Lebenssachverhalt aus einer anderen Anspruchsgrundlage ergibt und demzufolge zuzusprechen ist.
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Zutreffend verweist das OLG Hamburg (a.a.O.) zudem darauf, dass das Erbscheinsverfahren nicht dazu dient, die Auseinandersetzung zwischen den Miterben zu regeln oder auch nur vorzubereiten. Dies hat erforderlichenfalls im Rahmen eines Zivilprozesses zu erfolgen, was bereits zwingend daraus folgt, dass die Erteilung eines Erbscheins keine Bindungswirkung hinsichtlich der Feststellung des Berufungsgrundes hat (vgl. BVerfG, Beschluss v. 29.08.2005, Az. 1 BvR 219/05). Das Ziel der Beteiligten im Erbscheinsverfahren ist allein die Erlangung der Legitimationswirkung des Erbscheins hinsichtlich ihres Erbrechts. Dieses Ziel haben die Beteiligten vorliegend mit dem zu erteilenden Erbschein unstreitig in zutreffender Weise erreicht.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob im Fall einer Beschränkung der nach § 352 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 3 Nr. 2 FamFG im Erbscheinsantrag anzugebenden Annahmeerklärung auf einen Berufungsgrund gemäß §§ 1943, 1948 BGB etwas anderes gilt. Vorliegend hat die Beteiligte zu 3) mit Erklärung vom 07.10.2020 (Bl. 19 d.A.) gegenüber dem Nachlassgericht eine unbeschränkte Annahme der Erbschaft erklärt. Gleiches haben die Beteiligten zu 1) und 2) am 19.10.2020 persönlich zur Niederschrift vor der Rechtspflegerin erklärt (Bl. 46 d.A.). Die Voraussetzungen für einen Anfall der Erbschaft gemäß § 1942 aus allen Berufungsgründen liegen daher bei allen Beteiligten vor.
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c) Soweit das Amtsgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) und 2) in seiner Entscheidung zurückgewiesen hat, ist dieses durch den Senat in der aus Ziff. 1 des Beschlusstenors ersichtlichen Form zu korrigieren. Die Beteiligten zu 1) und 2) wie auch die Beteiligte zu 3) haben die Erteilung eines Erbscheins mit der Größe des Erbteils zu je einem Drittel beantragt. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, lagen die Voraussetzungen der Erteilung eines entsprechenden gemeinschaftlichen Erbscheins gemäß § 352a Abs. 1 FamFG unbeschadet der Frage des Berufungsgrundes vor. Es waren daher die zur Begründung der Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1), 2) und 3) erforderlichen Tatsachen als festgestellt zu erachten.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Materiell haben die Beschwerdeführer mit ihrer gegen die Erbscheinserteilung gerichteten Beschwerde keinen Erfolg, da es bei den Feststellungen und dem Inhalt des zu erteilenden Erbscheins verbleibt. Besondere Umstände, die eine von § 84 FamFG abweichende Kostenfolge gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
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3. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 40 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 61 Abs. 1 GNotKG. Maßgeblich ist der Wert des Nachlasses, beschränkt auf die von den Beschwerdeführern beanspruchte Erbquote. Unter Berücksichtigung der aus der Nachlassakte ersichtlichen Vermögenswerte im Nachlass sowie der Angaben der Beteiligten schätzt der Senat den Nachlasswert auf 1.000.000,00 Euro. Nachdem die Beschwerdeführer jeweils eine Erbquote von 1/3 geltend machen, ist der Beschwerdewert auf 666.666,00 Euro festzusetzen.
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4. Gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FamFG ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die Erteilung des Erbscheins zwingend die Feststellung des im Erbscheinsantrag bezeichneten Berufungsgrundes voraussetzt (vgl. zum Streitstand die Nachweise oben II. 1. b)). Auf die widerstreitenden Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (a.a.O.) wird Bezug genommen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 08.09.2021 (Az. IV ZB 17/20) zwar klargestellt, dass der Berufungsgrund nicht Inhalt der Feststellungen des Erbscheins ist. Die Frage der Bindungswirkung für das Nachlassgericht bei einer Beschränkung des Erbscheinsantrags auf eines von mehreren Testamenten hat er jedoch ausdrücklich offen gelassen.