Titel:
Rechtswidrigkeit der Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation
Normenketten:
BÄO § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 3
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, § 146 Abs. 4
Leitsätze:
Zweifel an der gesundheitlichen Eignung eines Arztes im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO sind dann gerechtfertigt, wenn glaubhafte Tatsachen vorliegen, die es bei objektiver Würdigung möglich erscheinen lassen, dass bei dem betroffenen Arzt aufgrund einer Gesundheitsstörung die besonderen Anforderungen, die zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und des einzelnen Patienten an einen Arzt zu stellen sind, in einem solchen Ausmaß beeinträchtigt sind, dass durch dessen weitere Tätigkeit eine Gefahr auftreten würde. (Rn. 23)
1. Die Weigerung, einer von der Behörde angeordneten amts- oder fachärztlichen Untersuchung nachzukommen, rechtfertigt nur dann die Anordnung des Ruhens der Approbation, wenn die Untersuchungsanordnung zu Recht ergangen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer zu einem Ganzen verknüpften Untersuchungsanordnung ist es dem Betroffenen nicht zuzumuten, zwischen einem rechtlich erforderlichen und einem überschießenden Teil einer Untersuchungsanordnung zu differenzieren, sodass er ihr insgesamt nicht zu folgen braucht. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem Gericht ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage für die Anordnung des Ruhens der Approbation nicht gestattet, da sie in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt ist. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufsrecht der Ärzte, Erfolgreiche Beschwerde, Untersuchungsanordnung gerichtet auf Bestimmung der THC-COOH-Konzentration und Durchführung einer psychiatrischen Untersuchung, Weigerung des Arztes, Anordnung des Ruhens der Approbation, Teilbarkeit der Untersuchungsanordnung verneint, Ruhensanordnung, Approbation, Strafbefehl, Betäubungsmittel, unerlaubtes Verschreiben von Betäubungsmitteln, unerlaubtes Führen einer (Schreck-)Schusswaffe, gesundheitliche Eignung, THC-COOH-Konzentration, fachärztlich-psychiatrische Begutachtung, schlüssige Hinweise, Unwürdigkeit
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 30.07.2021 – M 16 S 21.2113
Fundstelle:
BeckRS 2021, 40058
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 30. Juli 2021 wird in Nr. I. und II. geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage (M 16 K 21.2109) gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 24. März 2021 wird hinsichtlich der Nr. 1. und 2. (Ruhensanordnung mit Nebenentscheidung) wiederhergestellt und hinsichtlich der Nr. 4. (Zwangsgeldandrohung) angeordnet.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage, die er gegen die Anordnung des Ruhens seiner Approbation als Arzt und die dazu ergangenen Nebenentscheidungen erhoben hat.
2
Der am … … … geborene Antragsteller erhielt am 18. September 1996 die Approbation als Arzt. Seit dem Jahr 2007 betreibt er eine Hausarztpraxis für Innere Medizin, Naturheilverfahren und Sportmedizin in …
3
Das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 12. November 2019 mit, dass im Rahmen einer Apothekenüberprüfung eine von ihm an sich selbst ausgestellte Betäubungsmittel-Verschreibung über Cannabisblüten aufgefallen sei. Der Antragsteller wurde darum gebeten, „alle Unterlagen (z.B. aussagekräftige handschriftliche und/oder EDVgestützte Patientendokumentation, Arztbriefe, Befunde, Anamnese, ggf. Schmerzanamnese, weitere persönlich erhobene Befunde, Vorbefunde und weitere Nachweise, etc.), aus denen die ärztliche Begründetheit“ der Betäubungsmittelverschreibung hervorgehe und sämtliche Betäubungsmittelrezeptdurchschläge, die der Antragsteller für sich selbst seit November 2016 ausgestellt habe, vorzulegen. Mit Schreiben vom 28. November 2019 übersandte der Antragsteller in Kopie sieben für sich selbst ausgestellte Verschreibungen, sechs davon für jeweils 5 g Cannabisblüten (22.7.2019, 29.7.2019, 16.9.2019, 14.10.2019 und 7.11.2019) und eine für 10 g medizinische Cannabisblüten (7.8.2019). Des Weiteren legte er eine ärztliche Verschreibung der Fachärztin für Schmerztherapie und Anästhesiologie Dr. med. H* … vom 15. Oktober 2019 über 5 g Cannabisblüten sowie verschiedene ärztliche Atteste und Arztbriefe vor. Bezüglich der vorgelegten Verschreibungen wies der Antragsteller darauf hin, dass er sich bei Frau Dr. med. H* … in Behandlung befinde. Das Referat für Gesundheit und Umwelt eröffnete dem Antragsteller den Inhalt einer internen ärztlichen Stellungnahme (Dr. med. W* …*), nach deren abschließender Beurteilung die Begründetheit der Verschreibung von Cannabisblüten objektiv anhand der vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend nachvollziehbar sei, weil daraus lediglich Diagnosen hervorgingen und notwendige Angaben fehlten, insbesondere eine ausführliche Anamnese bezüglich der Beschwerden des Antragstellers sowie der Therapieverlauf mit Wirkungen und Nebenwirkungen bereits versuchter Therapieoptionen. Des Weiteren räumte die Behörde dem Antragsteller zur Abwendung einer entsprechenden Anordnung ein, schriftlich zuzusichern, dass er es ab sofort unterlasse, für sich selbst Betäubungsmittel der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz zu verschreiben.
4
Die Staatsanwaltschaft München I verfügte in dem gegen den Antragsteller wegen eines Vergehens nach § 29 BtMG eingeleiteten Ermittlungsverfahren mit Einverständnis des Referats für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München unter dem 17. April 2020, von der Verfolgung gemäß § 31a Abs. 1 BtMG abzusehen, und führte zur Begründung aus: Dem Antragsteller liege der Umgang mit lediglich einer geringen Menge Cannabis Produkten zur Last. Diese Betäubungsmittel seien offenbar nur zum gelegentlichen Eigenverbrauch vorgesehen gewesen. Anhaltspunkte für eine Fremdgefährdung lägen nicht vor. Die Schuld des Antragstellers sei als gering anzusehen. Ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestehe daher nicht.
5
Die Regierung von Oberbayern eröffnete dem Antragsteller mit Schreiben vom 23. Juli 2020, dass nach Überprüfung Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des Arztberufs bestünden. Die Begründetheit der Verschreibung von Cannabisblüten sei anhand der von dem Antragsteller der Landeshauptstadt München überlassenen Unterlagen nicht ausreichend nachvollziehbar. Dazu wurde im Wesentlichen die abschließende Beurteilung der vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (intern) eingeholten ärztlichen Stellungnahme wiederholt. Aus welchen Gründen der Antragsteller sich am 15. Oktober 2019 von Frau Dr. H* … 5 g Cannabisblüten der Sorte Bedrocan habe verordnen lassen, obgleich er sich selbst einen Tag zuvor 5 g Cannabisblüten der Sorte Bakerstreet verschrieben habe, gehe aus den vorgelegten Unterlagen ebenfalls nicht hervor. Zur Prüfung des Sachverhalts bat die Regierung von Oberbayern den Kläger unter anderem um Vorlage aktueller Laborwerte (großes Blutbild, CDT, MCV, GOT, GPT und Gamma-GT) sowie um eine aktuelle Haaranalyse mit Untersuchung auf Cannabinoide und synthetische Cannabinoide.
6
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege übersandte der Regierung von Oberbayern einen Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft Augsburg, der zum Erlass eines seit dem 5. September 2020 rechtskräftigen Strafbefehls durch das Amtsgerichts Landsberg am Lech (2 Cs 103 Js 127238/20) führte. Danach wurde gegen den Antragsteller wegen des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer (Schreck-)Schusswaffe eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verhängt. Der Antragsteller habe am 3. Juli 2020 in seinem Personenkraftwagen eine Schreckschusswaffe außerhalb der eigenen Wohnung geführt, obgleich er, wie er wusste, nicht im Besitz der erforderlichen waffenrechtlichen Erlaubnis gewesen sei.
7
Am 17. September 2020 übermittelte der Antragsteller der Regierung von Oberbayern u.a. ein Gutachten der Forensischen Toxikologen Prof. Dr. M* … und Prof. Dr. S* … (* … H. H. GmbH - …*) vom 8. September 2020 sowie einen labormedizinischen Endbefund der Laborärzte Dr. H. & Kollegen vom 19. August 2020 und führte Näheres zu den Gründen für eine Cannabis-Medikation aus.
8
Das forensisch-toxikologische Gutachten über die Untersuchung einer am 21. August 2020 entnommenen Haarprobe von 6 cm Länge (gemessen ab der Kopfhaut) auf Drogen und ausgewählte Medikamentenwirkstoffe erbrachte den Nachweis einer Konzentration von 1,1 ng/mg Tetrahydrocannabinol (THC). Andere Drogen oder Medikamentenwirkstoffe (insbesondere Kokain, Morphin, Codein, Opioide, Amphetamine, Benzodiazepine und synthetische Cannabinoide) wurden nicht nachgewiesen. Die Gutachter führen dazu aus, die Konzentrationen an THC lägen im Vergleich zu anderen positiven Fällen im hohen Bereich. Aus den THC-Konzentrationen könnten keine Rückschlüsse auf den Konsumverlauf oder die Konsumintensität gezogen werden. Bevor ein regelmäßiger Konsum ausgeschlossen werde, sollte die THC-COOH-Konzentration bestimmt werden.
9
Dem Endbefund der labormedizinischen Untersuchung sind - soweit hier von Interesse - folgende Ergebnisse zu entnehmen: MCV 89 fl (Referenzbereich: 80 - 96), GOT (AST) 15 U/l (Referenzbereich: < 50), GPT (Alt) 21 U/l (Referenzbereich. < 50), GGT 14 U/l (Referenzbereich: < 59) und CDT + 1.97%. Zu dem festgestellten CDT-Wert enthält der Endbefund folgenden Hinweis:
10
„Bei der Interpretation von CDT-Ergebnissen gilt nach aktuellem wissenschaftlichen Stand in der medizinischen Diagnostik ein Grenzwert von 1,7%. Bei Ergebnissen unterhalb dieser Grenze ist ein kritischer Alkoholkonsum als äußerst unwahrscheinlich einzustufen. Für forensische Zwecke … wird empfohlen, einen Cut-off-Wert von 2% anzuwenden. Hierbei wird die Messunsicherheit berücksichtigt, die jede analytische Methode aufweist. Im Fall der verwendeten HPLC-Analysemethode liegt die Messunsicherheit bei rund 20%. Aus diesem Grund sollte ein Intervall von 1,7 - 2,0% als „Graubereich“ gewertet werden. D.h. es sollte zwar eine medizinische Beobachtung erfolgen, das Ergebnis ist aber grundsätzlich als negativ zu werten. Im vorliegenden Fall fällt der CDT-Wert in diesen Graubereich.“
11
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2020 verwies die Regierung von Oberbayern auf der Grundlage einer internen ärztlichen Stellungnahme (Dr. med. A* …*) darauf, dass die bestehenden Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zur Ausübung des Arztberufes vor dem Hintergrund des stets sicherzustellenden Patientenschutzes nach fachlicher Würdigung noch nicht ausgeräumt seien. Der begründete Verdacht auf einen „Betäubungsmittelmissbrauch (ICD-10 F19) bzw. auf eine Suchterkrankung“ liege vor. Im Gutachten der … sei ausgeführt worden, dass die Konzentrationen an THC im Vergleich zu anderen positiven Fällen im hohen Bereich gelegen hätten. Sie ließen aber keine Rückschlüsse auf den Konsumverlauf oder die Intensität zu. Daher sollte die THC-COOH-Konzentration noch bestimmt werden. Es werde darum gebeten, das noch in Auftrag zu geben. Zur Abklärung sei es außerdem erforderlich, eine fachärztlich-psychiatrische Begutachtung, auch zum Ausschluss einer Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Würdigung des geschilderten Überforderungs- bzw. Überlastungssyndroms, durchzuführen. Der Antragsteller sollte sich deshalb bis spätestens 30. November 2020 mit der H. Gemeinnützige GmbH zwecks Vereinbarung eines Termins zur medizinischen Begutachtung in Verbindung setzen und die Regierung von Oberbayern von dem vereinbarten Termin informieren.
12
Ein zwischenzeitlich vom Antragsteller beauftragter (nicht anwaltlicher) Bevollmächtigter unterrichtete die Regierung von Oberbayern mit Schreiben vom 22. Januar 2021 davon, dass ein für denselben Tag mit dem …-Klinikum vereinbarter Untersuchungstermin von ihm abgesagt worden sei. Zur Begründung ist neben anderem ausgeführt: Dem Antragsteller sei angeraten worden, der vorgegebenen Untersuchung unter Vorbehalt der Akteneinsicht bis auf Weiteres zuzustimmen. Der Termin sei nunmehr abgesagt, weil aus dem Inhalt der Akten die Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung nicht erkennbar sei.
13
Die Regierung von Oberbayern gab dem Antragsteller unter dem 3. Februar 2021 letztmalig Gelegenheit, sich bis Montag, den 8. Februar 2021 mit einer medizinischen Begutachtung einverstanden zu erklären. Andernfalls sei beabsichtigt, das Ruhen der Approbation gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Bundesärzteordnung (BÄO) unverzüglich anzuordnen. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die Bestimmung der THC-COOH-Konzentration in der Haaranalyse nicht vorliege.
14
Der Kläger ließ eine Stellungnahme der den Antragsteller behandelnden Schmerztherapeutin, Fachärztin für Anästhesie Dr. med. H* …, vorlegen, in der unter anderem ausgeführt ist: Beschränkt auf Anlass und Hintergrund der im Sommer 2019 von dem Antragsteller aufgrund eigener Rezepte bezogenen Medikamente sei klarzustellen, dass jene mit Dr. med. H* … abgesprochen gewesen seien, weil diese aufgrund ihrer Tätigkeit als … im zweiten Halbjahr 2019 nicht zur Verfügung gestanden habe und aufgrund der akuten Schmerzsymptomatik eine Therapie dringend erforderlich gewesen sei. Es sei telefonisch über eine Medikamentendosierung gesprochen worden, die in den weiteren Rezepten seitens Dr. med. H* … fortgesetzt worden sei. Dr. H* … führe über den Antragsteller als Patient geordnete Unterlagen, aus denen sich genau ergebe, wann aufgrund welcher Anamnese oder Konsultation welches Medikament warum mit welcher Dosierung verordnet worden sei und wie dies letztlich beim Patienten angeschlagen habe, insbesondere ob und wenn ja welche Nebenwirkungen zu beklagen gewesen seien. Der Therapieverlauf und die Eignung der verordneten Medikation im Hinblick auf die zugrunde liegenden Diagnosen werde regelmäßig mittels geeigneter Maßnahmen und entsprechender Gespräche mit dem Patienten beurteilt. Es sei von daher nach vorgreiflichen Versuchen mit anderweitiger Medikation so gewesen, dass die Behandlung mit medizinischen Cannabinoiden die beste und schnellste Wirkung gehabt habe und sich als gesundheitlich am wenigsten mit Nebenfolgen behaftet und schonend herausgestellt habe. Dr. med. H* … könne dies im Einzelnen genauer begründen, erwarte dazu aber im Vorfeld zielführende fachlich begründete Fragen. Zur Vervollständigung des Sachstandes sei festzustellen, dass die gesundheitlichen Probleme des Antragstellers beginnend ab Sommer 2020 nach und nach (maßgeblich aufgrund veränderter Lebensführung in Form einer multimodalen Schmerztherapie) abgenommen hätten und deshalb auch die Medikation angepasst worden sei. Stand heute sei zu berichten, dass der Antragsteller einen durchschnittlichen Medikamentenverbrauch von 5 g im Monat gehabt habe, in einer Zeit von Oktober 2019 bis Dezember 2020. Hierbei handele es sich für einen chronischen Schmerzpatienten mit Therapie durch medizinische Cannabinoide um einen ausgesprochen geringen Verbrauch.
15
Die Regierung von Oberbayern hielt mit Schreiben vom 23. Februar 2021 an „der Erforderlichkeit einer fachärztlichen psychiatrischen Begutachtung wegen des Verdachts eines Betäubungsmittelmissbrauchs (ICD-10: F19) und zum Ausschluss einer Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen“ fest. Zudem „sollte wegen des Verdachts auf ein schweres chronisches Schmerzsyndrom (ICD-10 R52) ergänzend eine fachärztlich neurologische Begutachtung erfolgen.“ Dem Antragsteller werde Gelegenheit bis 2. März 2021 gegeben, sich mit einer Begutachtung einverstanden zu erklären.
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Nachdem der Kläger die Frist ungenutzt verstreichen ließ, ordnete die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 24. März 2021 das Ruhen der Approbation des Antragstellers an (Nr. 1) und verpflichtete den Antragsteller, der Regierung von Oberbayern das Original seiner Approbationsurkunde und sämtliche in seinem Besitz befindlichen Ablichtungen zu übergeben oder zu übersenden (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 und 2 wurde angeordnet (Nr. 3). Schließlich wurde für den Fall, dass der Antragsteller der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids nicht innerhalb von zwei Wochen nach deren Vollziehbarkeit nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 € angedroht (Nr. 4).
17
Das Verwaltungsgericht hat den gleichzeitig mit der Klage am 19. April 2021 beantragten Eilrechtsschutz mit Beschluss vom 30. Juli 2021 abgelehnt.
18
Dagegen richtet sich die Beschwerde.
19
Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) des Antragstellers hat Erfolg.
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1. Wie sich aus dem mit der Beschwerde Dargelegten (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht abgelehnt. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu Gunsten des Antragstellers aus, weil die im Hauptsacheverfahren erhobene Klage voraussichtlich erfolgreich sein wird. Aufgrund der im Rahmen des Eilrechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2020 - 3 C 13.19 - juris Rn. 11) die verfahrensgegenständliche Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation rechtswidrig und deshalb aufzuheben ist. Diese Maßnahme ist nicht durch die Weigerung des Antragstellers gerechtfertigt, der Untersuchungsanordnung vom 30. Oktober 2020 Folge zu leisten. Mit der Beschwerde wird zu Recht gerügt, dass es für diese Anordnung an hinreichenden Zweifeln daran fehlt, ob der Antragsteller aus psychiatrischer Sicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Arztberufs (noch) geeignet ist.
21
1.1 Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn Zweifel bestehen, ob die erforderliche gesundheitliche Eignung im Sinn des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO noch besteht und der Arzt sich weigert, sich einer von der zuständigen Behörde angeordneten amts- oder fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
22
Die Weigerung, einer von der Behörde angeordneten amts- oder fachärztlichen Untersuchung nachzukommen, rechtfertigt allerdings nur dann die Anordnung des Ruhens der Approbation, wenn die Untersuchungsanordnung zu Recht ergangen ist. Das setzt neben anderem voraus, dass sie durch einen hinreichenden Gefahrenverdacht veranlasst ist. Denn das Ruhen der Approbation als Eingriff in die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) setzt Gründe voraus, die in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere dieses Eingriffs stehen. Ob das der Fall ist, hängt insbesondere davon ab, ob ein weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für die geschützten Rechtsgüter befürchten lässt (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2020 - 3 C 13.19 - juris Rn. 20 ff. m.w.N.).
23
Vor diesem rechtlichen Hintergrund sind Zweifel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO nur dann gerechtfertigt, wenn glaubhafte und schlüssige Hinweise vorliegen, die Anlass zu der Annahme geben, dass der Arzt zur Ausübung seines Berufs aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geeignet ist (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 - 21 ZB 15.2612 - juris Rn. 3; OVG NW, B.v. 1.7.2004 - 13 B 2436.03 - juris Rn. 13). Schlüssig ist ein Hinweis, wenn er der Behörde Tatsachen aufzeigt, die es bei objektiver Würdigung möglich erscheinen lassen, dass bei dem betroffenen Arzt aufgrund eines körperlichen Gebrechens, einer Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte, einer Sucht oder einer anderen Gesundheitsstörung die besonderen Anforderungen, die zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und des einzelnen Patienten an einen Arzt zu stellen sind, in einem solchen Ausmaß beeinträchtigt sind, dass durch dessen weitere Tätigkeit eine Gefahr auftreten würde (vgl. Narr, Ärztliches Berufsrecht, Stand Februar 2018, B II Rn. 13 zum Begriff der gesundheitlichen Eignung).
24
1.2 Das vorausgesetzt fehlt es für die angeordnete psychiatrische Untersuchung bereits mangels hinreichender Tatsachen für eine insoweit beim Antragsteller bestehende gesundheitliche Störung an einem hinreichenden Gefahrenverdacht.
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Die an den Antragsteller unter dem 30. Oktober 2020 gerichtete Anordnung verweist insoweit darauf, zur Abklärung sei neben der Bestimmung der THC-COOH-Konzentration eine fachärztlich-psychiatrische Begutachtung erforderlich und zwar „auch zum Ausschluss einer Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Würdigung des von Ihnen geschilderten Überforderungs- bzw. Überlastungssyndroms“.
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1.2.1 Es ist schon nicht ersichtlich, mit welcher (Grund-)Erkrankung eine Komorbidität bestehen soll, denn beim Antragsteller wurde bislang schon kein regelmäßiger Gebrauch von Cannabis und/oder Alkohol festgestellt. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sind deshalb Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers im Hinblick auf „eine psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch“ (vgl. BA S. 27 f.) nicht gerechtfertigt.
27
Das vom Antragsteller im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgelegte „Gutachten über die Untersuchung von Haaren auf Drogen und ausgewählte Medikamentenwirkstoffe“ der Forensischen Toxikologen Prof. Dr. M* … und Prof. Dr. S* … (***) vom 8. September 2020 konnte zwar anhand einer Haaranalyse THC-Konzentrationen feststellen, die im Vergleich zu anderen Fällen im hohen Bereich lagen. Allerdings verweisen die Gutachter darauf, dass daraus keine Rückschlüsse auf den Konsumverlauf oder die Konsumintensität gezogen werden können und vor Ausschluss eines regelmäßigen Konsums die THC-COOH-Konzentration bestimmt werden sollte. Im Übrigen erbrachte die Analyse der Haarprobe keinen Nachweis für die Einnahme anderer Drogen oder Medikamente.
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Das Ergebnis der Blutuntersuchung durch die Laborärzte Dr. H. & Kollegen gibt keinen brauchbaren Hinweis auf einen schädlichen Alkoholgebrauch durch den Antragsteller. Danach lagen die indirekten Zustandsmarker MCV, GOT(AST), GPT (ALT) und GGT zum Nachweis eines chronischen Alkoholkonsums im Normbereich. Der mit der HPLC-Analysemethode ermittelte CDT-Wert, ebenfalls ein indirekter Marker, belief sich auf 1,97%. Dazu gaben die Laborärzte den Hinweis, nach aktuellem wissenschaftlichen Stand gelte in der medizinischen Diagnostik ein Grenzwert von 1,7%. Unterhalb dieser Grenze sei ein kritischer Alkoholkonsum als äußerst unwahrscheinlich einzustufen. Für - wie hier - forensische Zwecke insbesondere in Verbindung mit rechtlichen Fragestellungen werde empfohlen, einen „Cut-off-Wert“ von 2 v.H. anzuwenden. Danach ist der bei dem Antragsteller festgestellte CDT-Wert im Sinne einer verlässlichen Aussage über einen schädlichen Alkoholgebrauch als negatives Ergebnis anzusehen. Im Übrigen sollen nach der S3 Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen“ (aktualisierte Version 2020 - S3 Leitlinie) die vorbezeichneten indirekten Zustandsmarker nicht als Einzelwerte zum Nachweis von chronischem Alkoholkonsum verwendet werden. Vielmehr soll dafür wegen der erhöhten Sensitivität und Spezifität eine Kombination dieser Werte eingesetzt werden (vgl. S3 Leitlinie S. 44). Das ist bei der Interpretation des labormedizinischen Befundes mit Blick auf die beim Antragsteller im Übrigen unauffälligen Zustandsmarker weder durch die Laborärzte noch durch den von der Regierung von Oberbayern intern hinzugezogenen Arzt geschehen.
29
Fehlt es - wie hier - für einen schädlichen Gebrauch und/oder eine Abhängigkeit von Alkohol oder anderen psychotropen Substanzen an ausreichenden Hinweisen, so greift die auf Klärung einer solchen gesundheitlichen Störung gerichtete Anordnung, sich einer psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen, unverhältnismäßig in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein. Denn die Erstellung eines fachpsychiatrischen Gutachtens setzt die Erhebung höchstpersönlicher Befunde voraus, die unter dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stehen (vgl. BVerfG, B.v. 24.6.1993 - 1 BvR 689/92 - juris Rn. 52 ff.).
30
1.2.2 Es gibt keine belastbaren Hinweise darauf, dass der Kläger an einer anderen psychiatrischen Erkrankung leiden könnte.
31
1.2.2.1 Konkrete, glaubhafte Hinweise von Dritten, wie etwa Patienten oder der Berufsvertretung der Ärzte (Ärztlicher Kreis- und Bezirksverband … oder Bayerische Landesärztekammer), die auf eine derartige Erkrankung hindeuten könnten, liegen nicht vor.
32
Die Regierung von Oberbayern hat insoweit auch auf eine ursprünglich an die Bayerische Landesärztekammer gerichtete E-Mail eines angeblichen Patienten vom 27. Februar 2020 abgestellt, wonach der Antragsteller „in seiner Sprechstunde und in seiner Rolle als Dr. med. Chemtrails/Strahlenkriege als wahr darstellt und weiterführende Quellen dazu ´verschreibt`“. Diese Beschwerde gibt allerdings keinen Anhalt für eine psychiatrische Erkrankung. Das gilt unabhängig von deren in dieser Hinsicht unergiebigem Inhalt im Übrigen auch deshalb, weil es die Regierung von Oberbayern unterlassen hat, deren Wahrheitsgehalt nachzugehen. Dafür hätte Anlass bestanden, weil sich die von dem angeblichen Patienten als Nachweis beigefügte handschriftliche „Verschreibung“ in unleserlichen Schriftzeichen erschöpft. Die Bayerische Landesärztekammer, deren Aufgabe auch darin besteht, die Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten zu überwachen (Art. 2 Abs. 1 HKaG), ist der Anzeige - soweit ersichtlich - nicht nachgegangen, was im Hinblick auf deren im Allgemeinen verbleibenden Inhalt und die unleserliche und damit nichtssagende „Verschreibung“ nachvollziehbar ist.
33
Entgegen dem angegriffenen Beschluss ergibt sich auch aus dem Ermittlungsbericht des POM Z* … vom 13. Juli 2020, der letztlich zum Strafbefehl wegen des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer (Schreck-)Schusswaffe führte, nichts zugunsten einer Erforderlichkeit der angeordneten psychiatrischen Untersuchung.
34
Das gilt einmal für die darin enthaltene Feststellung, der Antragsteller habe „sehr aggressiv und sichtlich gestresst“ reagiert. Es handelt sich um die Einschätzung eines psychiatrisch ungeschulten Polizeibeamten, die notgedrungen subjektiv gefärbt ist, weil der Beamte in das Geschehen eingebunden war. Hinzu kommt, dass der Ermittlungsbericht allein mit der Feststellung, der Antragsteller habe bei „unklarer Verkehrslage“ überholt, nichts Konkretes zum Anlass der nach einer Verfolgungsfahrt bis zum Wohnanwesen des Antragstellers durchgeführten Verkehrskontrolle enthält. Die laienhafte Beurteilung des vom Antragsteller gezeigten Verhaltens entzieht sich so einer objektiven Bewertung unter Berücksichtigung des Gesamtgeschehens.
35
Die Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung ist auch nicht damit zu rechtfertigen, dass die Ehefrau nach dem Inhalt des Ermittlungsberichts den Polizeibeamten mitgeteilt hat, der Antragsteller sei „nahe eines Burnout“. Es handelt sich wiederum lediglich um eine laienhafte Einschätzung, die überdies ersichtlich dem Zweck diente, die Polizeibeamten positiv zu stimmen.
36
1.2.2.2 Zweifel an der gesundheitlichen Eignung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO, welche die Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung rechtfertigen könnten, ergeben sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht aus dem Inhalt des vom Antragsteller an die Regierung von Oberbayern gerichteten Schreibens vom 17. September 2020. Darin begründete der Antragsteller die Einnahme von medizinischem Cannabis mit latenten körperlichen Problemen, die aufgrund einer im 2. Halbjahr 2019 eingetretenen situationsbedingten Überlastung (Personalwechsel/-mangel) und durch Erschwernisse infolge der Corona-Pandemie im 1. Halbjahr 2020 zu Tage getreten seien, mittlerweile aber aufgrund im Einzelnen genannter Maßnahmen der Vergangenheit angehörten.
37
Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller selbst stelle damit einen Zusammenhang zwischen seinen körperlichen Beschwerden und seiner jeweiligen psychischen Verfassung her, überdehnt den Aussagegehalt des vom Antragsteller Dargelegten. Dessen Verweis auf eine wegen näher bezeichneter Umstände eingetretene vorübergehende Arbeitsüberlastung gibt schon keinen hinreichenden Anhalt für eine psychiatrische Erkrankung, geschweige denn für eine daraus möglicherweise resultierende Patientengefährdung. Im Übrigen lässt sich der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD-10) eine als „Überlastungs- bzw. Überforderungssyndrom“ bezeichnete Erkrankung oder gesundheitliche Problematik nicht entnehmen. Es handelt sich insoweit um einen von der Regierung von Oberbayern bzw. dem von ihr intern hinzugezogenen Arzt verwendeten Terminus, der aufgrund seiner Unschärfe ohne hinreichende Konkretisierung nicht geeignet ist, Zweifel an der gesundheitlichen Eignung eines Arztes im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO zu rechtfertigen.
38
1.2.2.3 Die für sich genommen jeweils unzureichenden Hinweise sind derart unspezifisch, dass sie auch bei einer Gesamtbetrachtung nicht die Annahme rechtfertigen, der Antragsteller könnte möglicherweise an einer psychiatrischen Erkrankung leiden, die der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit deshalb entgegensteht, weil konkrete Gefahren für das Patientenwohl zu befürchten sind.
39
1.3 Die Untersuchungsanordnung ist nicht in dem Sinne teilbar, dass eine Ruhensanordnung deshalb gerechtfertigt ist, weil der Antragsteller der Aufforderung nicht nachgekommen ist, die THC-COOH-Konzentration bestimmen zu lassen, was zum Ausschluss eines regelmäßigen Cannabiskonsums erforderlich und angemessen gewesen wäre. Vielmehr handelte es sich um eine umfassende Anordnung, die der Antragsteller insgesamt nicht zu befolgen brauchte, weil ihm nicht zuzumuten war, zwischen einem rechtlich erforderlichen und einem überschießenden Teil der Untersuchungsanordnung zu differenzieren. Das gilt umso mehr, als die Regierung von Oberbayern in ihrem an den Antragsteller gerichtetem Schreiben vom 23. Februar 2021 beide Untersuchungen zu einem Ganzen verknüpft hat, indem sie unter anderem ausführte, an einer „fachärztlichen psychiatrischen Begutachtung wegen des Verdachts auf einen Betäubungsmittelmissbrauch (ICD-10: F19)“ werde festgehalten.
40
1.4 Die Ruhensanordnung wird im Hauptsacheverfahren auch nicht etwa deshalb Bestand haben, weil der Antragsteller der im Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 23. Februar 2021 enthaltenen Aufforderung nicht nachgekommen ist, sich „wegen des Verdachts auf ein schweres chronisches Schmerzsyndrom (ICD-10 R52) ergänzend“ einer fachärztlich neurologischen Begutachtung zu unterziehen. Eine mögliche Patientengefährdung ist insoweit weder dargelegt noch ohne Weiteres ersichtlich.
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1.5 Der von dem Antragsgegner vorgelegte Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft München I führt zu keinem anderen Ergebnis, weil er für die hier zu prüfenden Erfolgsaussichten der im Hauptsacheverfahren erhobenen Klage keine Bedeutung hat. Aus dem Strafbefehlsantrag ergeben sich keine Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO.
42
Dem Antragsteller wird von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, in der Zeit vom 9. Dezember 2019 bis zum 16. November 2020 dem Patienten A. K. neunmal und dem Patienten J. A. dreizehnmal medizinisches Cannabis unbegründet verschrieben zu haben, strafbar als zweifaches tatmehrheitliches unerlaubtes Verschreiben von Betäubungsmitteln (§ 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG). Damit mag im Raum stehen, dass das Ruhen der Approbation nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO angeordnet werden kann, weil gegen den Antragsteller ein Strafverfahren wegen des Verdachts einer Straftat eingeleitet wurde, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit ergeben kann. Allerdings ist es dem Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren verwehrt, die Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen Ruhensanordnung an dieser Regelung zu messen. Dem Gericht ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage nicht gestattet, weil die Anordnung des Ruhens der Approbation in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt ist (vgl. dazu Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 67 f.).
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Dabei erscheint in Anlehnung an Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (abgedr. in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang) wegen des nur vorläufigen Charakters der Ruhensanordnung und mangels anderweitiger Anhaltspunkte die Hälfte des dort vorgeschlagenen Mindeststreitwerts und damit ein Streitwert von 15.000,00 Euro angemessen (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 - 21 CS 20.1192 - juris). Dieser für das Hauptsacheverfahren bestimmte Streitwert wird für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).