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VG München, Urteil v. 07.12.2021 – M 19L DK 21.711
Titel:

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen vorsätzlichem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst für mehr als 2 Jahre

Normenketten:
BayBG Art. 9, Art. 14 Abs. 2 S. 1, Art. 72 Abs. 1 S. 1, Art. 89 Abs. 1, Art. 95 Abs. 1 S. 1
BeamtStG § 34, § 47 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Das vorsätzliche unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst für die Dauer von 23 Monaten bis zur Erhebung der Disziplinarklage und von 33 Monaten bis zur mündlichen Verhandlung betrifft den Kernbereich der Pflichten aus dem Beamtenverhältnis und stellt ein sehr schweres Dienstvergehen dar, das das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört und damit die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst rechtfertigt. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Disziplinarklage, Vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst für mehr als 2 Jahre, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst für mehr als 2 Jahre, Sonderurlaub, Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, Integrität des Berufsbeamtentums, Kernbereich der Pflichten aus dem Beamtenverhältnis
Fundstelle:
BeckRS 2021, 39929

Tenor

I. Gegen die Beklagte wird die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Mit der Disziplinarklage begehrt der Kläger die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
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1. Die am … 1974 geborene Beklagte absolvierte im Juli 1993 an der Staatlichen Fachoberschule Freising die Fachhochschulreife.
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Mit Wirkung vom ... September 1994 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Regierungsinspektoranwärterin ernannt. Die Einstellungsprüfung für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst bestand sie im Herbst 1997 mit der Gesamtprüfungsnote ausreichend (3,52). Mit Wirkung vom 1. Dezember 1997 wurde sie durch die Regierung von Oberbayern zur Regierungsinspektorin zur Anstellung ernannt. Mit Wirkung vom … März 2001 erfolgte die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Mit Ablauf des … November 2002 wurde sie auf ihren Antrag aus dem Beamtenverhältnis entlassen.
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Mit Wirkung vom … Dezember 2002 wurde sie durch den Bezirk Oberbayern unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Verwaltungsinspektorin ernannt. Weitere Ernennungen erfolgten mit Wirkung vom … Dezember 2003 zur Verwaltungsoberinspektorin, mit Wirkung vom ... Mai 2007 zur Verwaltungsamtfrau und zuletzt mit Wirkung vom ... Mai 2011 zur Verwaltungsamtsrätin (Besoldungsgruppe A 12).
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Die Beklagte war beim Bezirk Oberbayern zuletzt im Referat Kultur, Bildung, Umwelt tätig als Arbeitsgebietsleitung „Schulen, Museen, Archiv, Fachberater“.
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Sie befand sich vom 24. Dezember 2008 bis 3. April 2009 in Mutterschutz, vom 4. April 2009 bis 5. Februar 2012 in Elternzeit. Vom 6. Februar 2012 bis 14. Mai 2012 arbeitete sie in Teilzeit. Vom 15. Mai 2012 bis 22. August 2012 befand sie sich erneut in Mutterschutz, vom 23. August 2012 bis 22. Juni 2015 erneut in Elternzeit. Im Anschluss an die Elternzeit war sie vom 23. Juni 2015 bis einschließlich 1. März 2019 im Sonderurlaub nach Art. 89 Abs. 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG). Insoweit war der Sonderurlaub mit Schreiben des Bezirks Oberbayern vom 29. Januar 2016 bis einschließlich 1. März 2019 verlängert und die Beklagte mit Schreiben des Bezirks vom 30. Oktober 2018 und 21. März 2019 auf das Auslaufen des Sonderurlaubs und die Notwendigkeit eines Verlängerungsantrags hingewiesen worden.
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In der letzten periodischen Beurteilung für den Zeitraum 2007 bis 2011 erhielt die Beklagte 13 Punkte.
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Sie ist verheiratet, hat zwei 2009 und 2012 geborene Söhne und lebt in Landau in Rheinland-Pfalz
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2. Wegen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst leitete der Bezirk Oberbayern mit Verfügung vom … August 2019 ein Disziplinarverfahren gegen die Beklagte ein. Mit Schreiben vom selben Tag setzte er sie hiervon in Kenntnis und gab ihr Gelegenheit zur Äußerung. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 teilte er ihr unter Verweis auf den Ermittlungsbericht vom 14. Oktober 2019 mit, dass beabsichtigt sei, Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erheben, und gab ihr erneut Gelegenheit zur Äußerung. Mit bestandskräftigem Bescheid vom … Oktober 2019 stellte er fest, dass sie ihren Anspruch auf Besoldung ab 1. März 2019 verloren habe (Art. 9 Bayerisches Besoldungsgesetz - BayBesG). Mit Schreiben vom 7. November 2019 teilte er ihr nochmals mit, dass die Erhebung der Disziplinarklage beabsichtigt sei und fragte an, ob die Mitwirkung der Personalvertretung gewünscht werde. Mit Schreiben vom 20. November 2019 und 4. Februar 2020 ersuchte der Bezirk Oberbayern die Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - um Übernahme des Verfahrens. Diese stimmte der Übernahme mit Verfügung vom 25. Februar 2020 zu und setzte die Beklagte hiervon mit Schreiben vom selben Tag unter Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit in Kenntnis. Auf Anforderung eines Persönlichkeitsbilds durch die Landesanwaltschaft Bayern teilte der Bezirk Oberbayern mit Schreiben vom 9. März 2020 mit, dass ihm die Erstellung eines solchen aufgrund fehlenden Eindrucks von der Beklagten nicht möglich sei. Im Disziplinarverfahren äußerte die Beklagte mit E-Mail vom 17. März 2020, dass sie den Zustand sehr bedaure und für weitere drei Jahre Sonderurlaub beantragen möchte. Jeglicher Schriftverkehr sei ihr in den letzten Jahren aufgrund von zwei Todesfällen (Vater und Schwiegermutter) sehr schwer gefallen. Die Landesanwaltschaft Bayern antwortete ihr mit E-Mail vom 18. März 2020, dass der Antrag auf Sonderurlaub beim Bezirk Oberbayern zu stellen sei. Dieser teilte der Landesanwaltschaft Bayern mit Schreiben vom 15. April 2020 mit, dass die Beklagte dort keinen Antrag auf Sonderurlaub gestellt habe. Mit Verfügung vom 14. Dezember 2020 stellte die Landesanwaltschaft Bayern das Ergebnis der Ermittlungen dar. Mit Schreiben vom selben Tag übersandte sie dieses an die Beklagte und räumte ihr nochmals Gelegenheit zur Äußerung ein, von der diese keinen Gebrauch machte.
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3. Am 10. Februar 2021 erhob die Landesanwaltschaft Bayern Disziplinarklage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,
die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Sie trug vor, der Bezirk Oberbayern habe der Beklagten im Anschluss an ihre Elternzeit Sonderurlaub aus familienpolitischen Gründen nach Art. 89 Abs. 1 BayBG gewährt, zuletzt mit Schreiben vom 29. Januar 2016 für die Zeit vom 1. Februar 2016 bis 1. März 2019, dies unter Hinweis, dass ein Antrag auf Verlängerung der Beurlaubung spätestens sechs Monate vor Ablauf der Genehmigung der Beurlaubung gestellt werden solle. Insofern sei um Rückmeldung bis 31. August 2018 gebeten worden. Eine solche sei jedoch nicht erfolgt, sodass der Sonderurlaub mit Ablauf des 28. Februar 2019 geendet habe und die Beklagte am 1. März 2019 zum Dienst hätte erscheinen müssen. Sie sei mit Schreiben des Bezirks Oberbayern vom 21. März 2019 erneut auf den Ablauf ihres Sonderurlaubs zum 28. Februar 2019 hingewiesen und aufgefordert worden, einen Antrag auf Verlängerung zu stellen, worauf sie nicht reagiert habe.
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Die Beklagte habe ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, weil sie seit 1. März 2019 nicht zum Dienst erschienen sei und damit ihrer Dienstleistungspflicht nicht nachkomme. Das Fernbleiben vom Dienst sei nicht durch eine Genehmigung des Dienstvorgesetzten gedeckt gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte auch keinen Antrag auf Verlängerung des Sonderurlaubs nach Art. 89 Abs. 1 BayBG gestellt. Es seien auch keine Anhaltspunkte für eine Dienstunfähigkeit ersichtlich. Damit liege ein Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 Satz 1 BayBG vor. Darüber hinaus habe die Beklagte gegen ihre Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG), und die Pflicht zu achtungs- und vertrauensvollem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.
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Das Gebot, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, sei Grundpflicht jedes Beamten. Ohne die Dienstleistung ihrer Mitarbeiter wäre die Verwaltung nicht imstande, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Hiervon ausgehend werde in der Rechtsprechung die Höchstmaßnahme stets ausgesprochen, wenn der Beamte ununterbrochen vier Monate oder länger unerlaubt dem Dienst ferngeblieben sei. Hier liege unerlaubtes Fernbleiben seit 1. März 2019 und damit über einen Zeitraum von 23 Monaten vor.
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Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Selbst wenn sich die Beklagte aufgrund von zwei Todesfällen in der engsten Verwandtschaft in einer schwierigen Situation befunden haben möge, hätte sie, gegebenenfalls mit Unterstützung Dritter, einen weiteren Antrag auf Sonderurlaub stellen können.
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Eine Gesamtwürdigung ihres Fehlverhaltens ergebe, dass sie das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit irreversibel verloren habe.
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Die Missbilligung vom 25. April 2019 für das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst für den Zeitraum vom 1. März bis 25. April 2019 stelle keine Disziplinarmaßnahme dar und schließe damit die disziplinarrechtliche Ahndung des Fehlverhaltens nicht aus.
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Die Beklagte äußerte mit E-Mail vom 6. Dezember 2021, es falle ihr schwer, sich schriftlich zu äußern, weil zwei Todesfälle in der Familie sie noch immer sehr belasteten und das letzte Jahr mit den Beeinträchtigungen durch Corona eine große Belastung für sie darstelle. Sie bedauere die Schwierigkeiten, die sie der Bezirksverwaltung verursacht habe.
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Zur mündlichen Verhandlung am ... Dezember 2021 erschien die Beklagte nicht. Der Kläger wiederholte den Antrag aus der Disziplinarklage.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Disziplinarakte, die Personalakte der Beklagten und die vorgelegte Beiakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
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Gegen die Beklagte wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 Bayerisches Disziplinargesetz - BayDG) erkannt.
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1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Insbesondere erhielt die Beklagte in allen Verfahrensschritten die Gelegenheit zur Äußerung.
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2. Das Gericht legt der Beklagten zur Last, dass sie seit 4. März 2019 und damit 23 Monate bis zur Erhebung der Disziplinarklage sowie 33 Monate bis heute unerlaubt dem Dienst ferngeblieben ist. Sie hat ihren Dienst nach Auslaufen des Sonderurlaubs aus familienpolitischen Gründen nicht wieder angetreten. Einen Antrag auf Verlängerung des Sonderurlaubs hat sie nicht gestellt. Anhaltspunkte für eine Dienstunfähigkeit der Beklagten sind nicht gegeben. Sie hat keine Atteste oder ärztlichen Stellungnahmen vorgelegt, aus der sich eine solche ergeben könnte.
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Anders als in der Disziplinarklage ausgeführt ist der erste Tag des unerlaubten Fernbleibens nicht der 1. März 2019, sondern der 4. März 2019, weil der Beklagten mit Schreiben des Bezirks Oberbayern vom 29. Januar 2016 bis einschließlich (Freitag, den) 1. März 2019 Sonderurlaub gewährt wurde und die Pflicht, zum Dienst zu erscheinen, damit erst ab Montag, den 4. März 2019 bestand. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Aktenlage.
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3. Das Fehlverhalten der Beklagten stellt dabei ein innerdienstliches dar (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG), weil es untrennbar mit ihren dienstlichen Pflichten verbunden ist.
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4. Mit dem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst hat die Beklagte gegen ihre Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG), und ihre Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.
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5. Die Beklagte hat die ihr obliegenden Pflichten dabei schuldhaft verletzt. Ihr ist vorsätzliches Handeln zur Last zu legen. Es ist davon auszugehen, dass sie dem Dienst mit Wissen und Wollen fernblieb. Der Bezirk Oberbayern hatte sie mit Schreiben vom 29. Januar 2016, 30. Oktober 2018 und 21. März 2019 auf das Auslaufen des Sonderurlaubs und die Notwendigkeit eines Verlängerungsantrags hingewiesen und mit Schreiben vom 25. April 2019 sogar eine Missbilligung wegen des Fernbleibens bis zu diesem Zeitpunkt ausgesprochen.
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6. Das Fehlverhalten der Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass sie das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die Höchstmaßnahme zu erkennen.
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Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild des Beamten und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 12; U.v. 18.6.2015 - 2 C 9/14 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 5.10.2016 - 16a D 14.2285 - juris Rn. 55). Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BayVGH, U.v. 29.6.2016 - 16b D 13.993 - juris Rn. 36).
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Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (BayVGH, U.v. 28.9.2016 - 16a D 13.2112 - juris Rn. 49).
31
Das vorsätzliche unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst für die Dauer von 23 Monaten bis zur Erhebung der Disziplinarklage und von 33 Monaten bis heute betrifft den Kernbereich der Pflichten aus dem Beamtenverhältnis und stellt ein sehr schweres Dienstvergehen dar. Ein vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten ist regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis endgültig zu zerstören. Verweigert ein Beamter den Dienst für einen längeren Zeitraum oder wiederholt - auch für kürzere Zeitspannen -, so ergibt sich die Notwendigkeit, das Beamtenverhältnis einseitig zu lösen, regelmäßig schon aus der Dauer der Dienstverweigerung selbst sowie aus dem Umstand, dass das Erfordernis der Dienstleistung und damit die Bedeutung ihrer Unterlassung für jedermann leicht zu erkennen ist. Daher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Ausgangspunkt der Überlegungen zur Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Grundsätzlich wird die Höchstmaßnahme in Fällen ausgesprochen, in denen der Beamte ununterbrochen vier Monate oder länger unerlaubt vorsätzlich dem Dienst fern geblieben ist. Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt nur dann, wenn im Einzelfall gewichtige Entlastungsgründe zu Gunsten des Beamten zu berücksichtigen sind (BVerwG, U.v. 12.10.2006 - 1 D 2/05 - juris Rn. 51; U.v. 6.5.2003 - 1 D 26/02 - juris Rn. 54 ff.; Zängl, Bayer. DisziplinarR, Stand Aug. 2021, MatR/II Rn. 219). Da gewichtige Entlastungsgründe hier nicht vorliegen, rechtfertigt es das vorsätzliche unerlaubte Fernbleiben vom Dienst für die Dauer von 23 bzw. 33 Monaten, das Vertrauensverhältnis als endgültig zerstört anzusehen und die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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7. Durchgreifende Milderungsgründe, die zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung führen könnten, sind nicht ersichtlich.
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Die fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung der Beklagten und ihre bisherigen guten dienstlichen Leistungen - jedenfalls bis ins Jahr 2008 - stellen ein normales Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte (BayVGH, U.v. 18.3.2015 - 16a D 09.3029 - juris Rn. 96).
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Anhaltspunkte für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit der Beklagten liegen nicht vor. Sie hat keine Atteste oder gutachterliche Äußerungen vorgelegt, die hierauf schließen lassen. Zwar mag sie aufgrund von zwei Todesfällen im familiären Umfeld persönlich angegriffen sein, eine verminderte Schuldfähigkeit ergibt sich hieraus jedoch nicht. Zudem kommt eine maßnahmemindernde Wirkung verminderter Schuldfähigkeit dann nicht in Betracht, wenn das Dienstvergehen - wie hier im Hinblick auf die Dienstleistungspflicht - in der Verletzung einer elementaren, selbstverständlichen und einfach zu befolgenden Pflicht besteht (BayVGH, U.v. 21.3.2007 - 16a D 06.2681 - juris Rn. 22).
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8. Die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Ist - wie hier - das Vertrauensverhältnis gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.