Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 16.08.2021 – RN 5 K 17.1931
Titel:

Aufbereitung und Desinfektion von Trinkwasser

Normenkette:
TrinkwV § 5, § 7, § 9, § 14, § 20
Leitsätze:
1. Voraussetzung einer Anordnung nach § 9 Abs. 5 S. 1 TrinkwV ist nicht die Gefahr einer Schädigung der menschlichen Gesundheit, sondern die Nichteinhaltung der gesetzlichen Grenzwerte. (Rn. 54 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Anordnung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik handelt es sich grundsätzlich um Mindestanforderungen. (Rn. 77) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufbereitung und Desinfektion von Trinkwasser nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, Herstellung von Sammelschächten und Hochbehältern nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, Einbau von Entsäuerungsanlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, wöchentliche Untersuchungen von Trinkwassers auf Enterokokken, coliforme Bakterien und Escherichia coli, mikrobielle Verunreinigung von Trinkwasser
Fundstelle:
BeckRS 2021, 38201

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen zwei Bescheide des Landratsamtes Regen, mit denen Maßnahmen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und der Trinkwasserverordnung für die von ihr betriebenen Teilversorgungen X* … und Y* … der Wasserversorgung X* … angeordnet wurden.
2
Am 3.12.2007 wurden im Hochbehälter Y* … 11 KBE coliforme Bakterien nachgewiesen.
3
Bei Besichtigung der Wasserversorgung Y* … am 11.12.2007 konnte im Anstrombereich der Quellen keine Ursache für die Verunreinigung ermittelt werden. Der Sammelschacht entspreche nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Vor allem der Einstiegsschacht, der sich direkt über der Wasseroberfläche befinde, müsse als Ursache für die Verunreinigungen angesehen werden. Die verrosteten Zu- und Ablaufrohre seien beanstandet worden. Derzeit werde die nicht rückspülbare Entsäuerungsanlage durch Umschieben des Zulaufes aus dem Sammelschacht provisorisch rückgespült.
4
Im Nachgang zu der Besichtigung vom 11.12.2007 wurde die Klägerin mit Schreiben des Landratsamtes vom 16.1.2008 aufgefordert, in die Entsäuerungsanlagen eine Rückspülvorrichtung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik einzubauen. Der Sammelschacht Y* … sei baulich so zu gestalten, dass sich der Einstieg nicht mehr über der Wasseroberfläche befinde und der Schacht so weit zu erhöhen, dass sich dieser mindestens 25 cm über Erdniveau befinde. Die Reinwasserkammern seien glatt und porenfrei herzustellen, die Schachtwände zu reinigen und mit neuen Anstrichen zu versehen, die verrosteten Zu- und Abläufe zu erneuern und durch korrosionsbeständige Materialien zu ersetzen.
5
Am 10.11.2008 teilte der Wasserwart der Klägerin mit, dass ein neuer Behälter in den Sammelschacht eingesetzt worden sei.
6
Am 24.8.2009 wurden im Reinwasser in den Hochbehältern X* … (2 KBE coliforme Bakterien) und Y* … (1 KBE coliforme Bakterien) Grenzwertüberschreitungen festgestellt. Am 29.8.2011 (12 KBE coliforme Bakterien, 2 KBE Escherichia Coli) wurden im Reinwasser im Bauhof X* … Grenzwerte überschritten.
7
Am 31.8.2011 wurden die Teilversorgungen X* … und Y* … durch das Landratsamt besichtigt. Mit Schreiben vom 14.9.2011 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, dass weder für die Teilversorgung X* … noch für die Teilversorgung Y* … für die Quellen eine wasserrechtliche Erlaubnis vorliege, Wasserschutzgebiete seien nicht eingerichtet. Es sei bei der Teilversorgung X* … aufgrund des Baujahres 1955 nicht davon auszugehen, dass die Quellen nach den Regeln der Technik erschlossen seien, bei der Teilversorgung Y* … sei dies nicht bekannt. Die Trinkwassergewinnungsgebiete wiesen die für den Bayerischen Wald typische geologische Beschaffenheit mit mangelhafter Bodenfilterwirkung auf. Mit zeitweisen, insbesondere mikrobiologischen Verunreinigungen des Trinkwassers sei zu rechnen. Dies werde durch die Untersuchungsbefunde der letzten Jahre deutlich, bei denen Grenzwertüberschreitungen der mikrobiologischen Parameter festzustellen gewesen seien. Bei beiden Wasserversorgungsanlagen sei eine Aufbereitung und Desinfektion des Trinkwassers nach den Regeln der Technik vor Abgabe an den Verbraucher erforderlich. Die Entsäuerungsanlagen beider Anlagen entsprächen nicht den Regeln der Technik (fehlende Rückspülbarkeit, Befüllung von außen mittels Einstieg über der Wasseroberfläche), sie seien nach den Regeln der Technik herzustellen. Bei der Teilversorgung X* … seien im Sammelschacht 1 die Wände schadhaft, die Reinwasserkammern nicht glatt und porenfrei, die Anlagenteile stark korrodiert, die Dichtung des Einstiegsdeckels porös und die Froschklappe schließe nicht richtig. Es bestehe insgesamt ein grundlegender Sanierungsbedarf nach den Regeln der Technik. Im Sammelschacht 2 sei die Froschklappe in einen funktionstüchtigen Zustand zu versetzen. Der Hochbehälter der Teilversorgung X* … sei völlig veraltet und befinde sich in einem unansehnlichen Zustand, seine gesamte Konstruktion entspreche nicht den Regeln der Technik. Die Wände seien schadhaft, die Anlagenteile korrodiert. Ein Stromanschluss fehle. Einstieg und Einsehbarkeit in die Wasserbehälter seien unzulänglich. Eine grundlegende Sanierung des Hochbehälters mit Herstellung nach den Regeln der Technik sei dringend erforderlich. Beim Hochbehälter der Teilversorgung Y* … sei ein Stromanschluss sowie eine Beleuchtung für die Wasserkammern erforderlich. Die Wasserkammern seien glatt und porenfrei herzustellen. Einstieg und Einsehbarkeit in die Wasserbehälter seien unzulänglich.
8
Im Rahmen einer Besprechung am 20.9.2011 beim Landratsamt Regen erklärten die Vertreter der Klägerin, dass die erforderlichen Maßnahmen sobald als möglich in Angriff genommen würden. Aufgrund des Vorrangs eines anderen Vorhabens seien die Sanierungsmaßnahmen für die Jahre 2013 und 2014 vorzusehen. Als Zwischenlösung solle daher für die Wasserversorgung Y* … eine UV-Bestrahlung installiert werden, für diese sei noch für eine Stromversorgung zu sorgen. Die Gemeinde werde baldmöglichst, spätestens zum Ende des Jahres 2011, einen Zeitplan erstellen und vorlegen.
9
Am 16.2.2012 (1 KBE coliforme Bakterien) und 5.10.2012 (2 KBE coliforme Bakterien, 1 KBE Enterokokken) wurden im Reinwasser im Bauhof X* … mikrobielle Verunreinigungen nachgewiesen.
10
Im Reinwasser im Hochbehälter Y* … wurden am 13.8.2014 mikrobielle Verunreinigungen (2 KBE coliforme Bakterien, 1 KBE Enterokokken) festgestellt.
11
Am 3.9.2014 wurde die Wasserversorgung X* … erneut durch das Landratsamt besichtigt. Beim Sammelschacht 1 seien die geforderten Sanierungsmaßnahmen noch nicht umgesetzt worden, da nicht feststehe, ob die Wasserversorgungsanlage bzw. der Sammler auch in Zukunft benutzt und betrieben werde. Der Quellsammler mache insgesamt einen sauberen Eindruck, lediglich die Reinwasserkammer müsse glatt und porenfrei hergestellt werden. Beim Hochbehälter seien die geforderten Auflagen ebenfalls bisher nicht erfüllt worden, genauso wie bei der Entsäuerungsanlage. Die erforderlichen Auflagen seien der Bürgermeisterin nach der Besichtigung mündlich mitgeteilt worden.
12
Am 3.6.2015 (3 KBE) wurden im Hochbehälter und am 8.6.2015 (2 KBE) im Ortsnetz Y* … coliforme Bakterien nachgewiesen. Am 3.6.2015 und am 21.9.2015 wurden im Ortsnetz X* … mikrobielle Verunreinigungen nachgewiesen (1 KBE coliforme Bakterien).
13
Am 10.11.2015 wurde durch die Klägerin mitgeteilt, dass nach derzeitigem Stand voraussichtlich einer der beiden Hochbehälter aufgelöst und nur noch ein Hochbehälter betrieben werde. Die Quellen aus den anderen Wasserversorgungsanlagen würden dann in den sanierten bzw. neu errichteten Hochbehälter gefördert.
14
Am 10.12.2015 wurden im Ortsnetz X* … (2 KBE), am 21.6.2016 im Reinwasser im Hochbehälter Y* … (1 KBE) coliforme Bakterien entdeckt.
15
Mit Schreiben vom 15.12.2016 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, dass es beabsichtige, mittels Bescheid die für die Trinkwasserversorgungsanlage erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen in Form von baulichen Sanierungsarbeiten und einer Aufbereitung und Desinfektion des Trinkwassers nach den allgemeinen Regeln der Technik anzuordnen. Aufgrund des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sei umgehender Handlungsbedarf gegeben.
16
Am 8.2.2017 (2 KBE) und am 8.3.2017 (1 KBE) wurden im Hochbehälter Y* … und am 22.2.2017 (1 KBE) im Ortsnetz X* … coliforme Bakterien nachgewiesen.
17
Bei Besichtigung der Wasserversorgung X* … am 28.3.2017 wurde festgestellt, dass derzeit lediglich die Quellfassung 3 abgeleitet wurde. Quellen 1 und 2, die sich in Privatbesitz befänden, würden wegen Streitigkeiten derzeit nicht verwendet. Die Schüttung der Quelle 3 reiche seit Monaten aus, um die Wasserversorgung für den Hauptort X* … sicherzustellen. Die Quelle 4 werde wegen starker Schüttungsschwankungen seit längerer Zeit nicht mehr verwendet. Der Sammelschacht 1 der Quellen 1 und 2 sei derzeit nicht in Betrieb. Die mit Schreiben vom 14.9.2011 geforderten Auflagen seien bisher nicht erfüllt worden.
18
Am 19.4.2017 (1 KBE), am 7.6.2017 (5 KBE), am 9.8.2017 (1 KBE), am 30.8.2017 (2 KBE), am 4.9.2017 (1 KBE) und am 13.9.2017 (1 KBE) wurden im Ortsnetz X* … und am 13.9.2017 auch im Hochbehälter X* … (2 KBE) coliforme Bakterien entdeckt.
19
Mit Bescheid vom 6.10.2017 wurde die Klägerin als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung Y* … verpflichtet, das Wasser vor seiner Abgabe kontinuierlich einer den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Aufbereitung (Filtration) und Desinfektion zu unterziehen. Dabei dürften nur Aufbereitungsstoffe und Aufbereitungsverfahren verwendet werden, die gem. § 11 TrinkwV vom Umweltbundesamt veröffentlicht wurden. Der Einbau der hierzu erforderlichen Aufbereitungs- und Desinfektionsanlage habe bis zum 31.12.2018 zu erfolgen (Ziffer 1). Die Klägerin wurde als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung Y* … verpflichtet, eine Entsäuerungsanlage nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik einzubauen. Der Einbau der Entsäuerungsanlage sei bis zum 31.12.2018 durchzuführen (Ziffer 2). Die Klägerin wurde weiter verpflichtet, als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung Y* … bis zur Erfüllung der Nummer 1 dieses Bescheides das Wasser im Bereich des Verteilernetzes (Ortsnetzprobe) wöchentlich hinsichtlich der mikrobiologischen Parameter Escherichia coli, Enterokokken und coliforme Bakterien untersuchen zu lassen. Die Befunde seien dem Landratsamt-Gesundheitsamt jeweils unaufgefordert vorzulegen (Ziffer 3). Die Klägerin wurde als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung Y* … verpflichtet, den Hochbehälter der Wasserversorgungsanlage nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik herzustellen. Die Sanierungsmaßnahmen seien bis zum 31.10.2020 durchzuführen (Ziffer 4). Die Anordnungen der Nummern 1 bis 4 dieses Bescheides seien kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Ziffer 5). Die Klägerin habe die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für den Bescheid wurde eine Gebühr von 150,00 EUR festgesetzt, die Auslagen betrugen 4,15 EUR (Ziffer 6).
20
Mit weiterem Bescheid vom 6.10.2017 wurde die Klägerin als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung X* … verpflichtet, das Wasser vor seiner Abgabe kontinuierlich einer den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Aufbereitung (Filtration) und Desinfektion zu unterziehen. Dabei dürften nur Aufbereitungsstoffe und Aufbereitungsverfahren verwendet werden, die gem. § 11 TrinkwV vom Umweltbundesamt veröffentlicht wurden. Der Einbau der hierzu erforderlichen Aufbereitungs- und Desinfektionsanlage habe bis zum 31.12.2018 zu erfolgen (Ziffer 1). Die Klägerin wurde als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung X* … verpflichtet, eine Entsäuerungsanlage nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik einzubauen. Der Einbau der Entsäuerungsanlage sei bis zum 31.12.2018 durchzuführen (Ziffer 2). Die Klägerin wurde weiter verpflichtet, als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung X* … bis zur Erfüllung der Nummer 1 dieses Bescheides das Wasser im Bereich des Verteilernetzes (Ortsnetzprobe) wöchentlich hinsichtlich der mikrobiologischen Parameter Escherichia coli, Enterokokken und coliforme Bakterien untersuchen zu lassen. Die Befunde seien dem Landratsamt-Gesundheitsamt jeweils unaufgefordert vorzulegen (Ziffer 3). Die Klägerin wurde als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgung X* …, Teilversorgung X* …, verpflichtet, die Sammelschächte der Teilversorgung X* … nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik herzustellen. Die Sanierungsmaßnahmen seien bis zum 31.10.2020 durchzuführen (Ziffer 4). Die Klägerin wurde als Unternehmerin und sonstige Inhaberin der Wasserversorgungsanlage X* …, Teilversorgung X* … verpflichtet, den Hochbehälter der Wasserversorgungsanlage nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu erstellen. Die Sanierungsmaßnahmen seien bis zum 31.10.2020 durchzuführen (Ziffer 5). Die Anordnungen der Nummern 1 bis 5 dieses Bescheides seien kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Ziffer 6). Die Klägerin habe die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für den Bescheid werde eine Gebühr von 150,00 EUR festgesetzt, die Auslagen betrugen 4,15 EUR (Ziffer 7).
21
Zur Begründung führt das Landratsamt jeweils im Wesentlichen aus, dass es sich bei den Teilversorgungen um unsichere Wasserversorgungsanlagen handele.
22
Nach § 39 Abs. 2 IfSG habe die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Vorschriften des § 37 Abs. 1, Abs. 2 IfSG sowie der Trinkwasserverordnung sicherzustellen. Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 5 TrinkwV könne das Gesundheitsamt gegenüber dem Unternehmer und sonstigen Inhaber Maßnahmen treffen, die erforderlich seien, um eine Verunreinigung zu beseitigen oder um künftigen vorzubeugen. Aufgrund § 9 Abs. 4 und Abs. 5 TrinkwV ordne das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung der in §§ 5, 6 und 7 TrinkwV festgelegten Anforderungen die notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität an.
23
Seit mehreren Jahren komme es zu häufigen Grenzwertüberschreitungen bei den Untersuchungen des Wassers. Das Trinkwasser in der Wasserversorgungsanlage entspreche nicht den Anforderungen der §§ 5 Abs. 2, 7 Abs. 1 TrinkwV. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Anlage nicht den Anforderungen des § 17 Abs. 1 TrinkwV entspreche, nach denen die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser mindestens nach den allgemeinen Regeln der Technik zu erfolgen habe. Die Fassung der Quellen entspräche nicht in vollem Umfang den allgemein anerkannten Regeln der Technik, ein Wasserschutzgebiet sei nicht vorhanden. Die erhöhte Gefahr der Verunreinigung werde dadurch verstärkt, dass die Böden des Bayerischen Waldes aufgrund ihrer geologischen Beschaffenheit eine unzureichende Bodenfilterwirkung aufwiesen, wegen ihre geringen Deckschichten seien die Quellen besonders bedroht. Mikrobiell belastetes Wasser müsse mehrstufig aufbereitet werden, daher müsse vor einer Desinfektion ein partikelentfernendes Verfahren eingesetzt werden. Durch den Einbau einer Entsäuerungsanlage, die den Regeln der Technik entspreche, werde der pH-Wert angehoben. Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 TrinkwV könne das Gesundheitsamt unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zum Schutz der menschlichen Gesundheit anordnen, dass der Unternehmer oder sonstige Inhaber die Trinkwasseruntersuchungen in kürzeren Intervallen durchführe. Die beanstandeten Anlagenteile müssten saniert bzw. neu erstellt werden.
24
Am 9.11.2017 hat die Klägerin gegen die Bescheide Klage erheben lassen.
25
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass für die Umsetzung eines Gesamtkonzeptes für die Wasserversorgung verschiedene Varianten in Rede stünden. Mit deren Umsetzung würden die angeordneten Maßnahmen insgesamt überflüssig.
26
Bezüglich der Teilversorgung X* … habe die Klägerin die Verpflichtungen aus dem Bescheid gem. Ziffer 1 mittlerweile erfüllt, der Beklagte habe daraufhin die Anordnung der wöchentlichen Beprobung nach Ziffer 3 für hinfällig erklärt. Bezüglich der Teilversorgung Y* … sei eine Desinfektionsanlage bereits eingebaut, Ähnliches gelte hinsichtlich der Entsäuerungsanlagen in beiden Anlagen. Zwischenzeitlich sei auch für die Teilversorgung Y* … der Einbau einer Ultrafiltrationsanlage in Auftrag gegeben worden.
27
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Bescheid für die Notwendigkeit des Einbaus einer Entsäuerungsanlage keine nachvollziehbare Begründung enthalte. Die Grenzwertüberschreitungen könnten nicht Anlass für die Anordnung zum Einbau einer (ohnehin vorhandenen, aber wohl nicht den Vorstellungen des Beklagten entsprechenden) Entsäuerungsanlage sein.
28
Bezüglich der Erstellung des Hochbehälters fehle es bei der Fristsetzung an einer Begründung. Aus der großzügigen Fristsetzung ließe sich ableiten, dass es eher allgemein um die Herstellung eines den aktuellen Regeln der Technik entsprechenden Bauzustandes gehe, sodass angesichts der Planungen der Klägerin die Ermessensausübung im Rahmen der Fristsetzung zu beanstanden sei, da diese wider jeglicher Haushalts- und Wirtschaftlichkeitsgrundsätze gezwungen sei, kurz vor Stilllegung des Hochbehälters diesen noch zu sanieren. Gleiches gelte für die Sammelschächte der Teilversorgung X* … Die Anordnung der Desinfektion erscheine rechtswidrig bzw. jedenfalls insoweit unrichtig, als bereits seit April 2017 - also vor Bescheidserlass - eine UV-Desinfektionsanlage in Betrieb sei. Die zusätzliche Filtration sei lediglich dazu geeignet, das Wasser von Schwebstoffen, die eine Trübung herbeiführen können, zu befreien bzw. solche Stoffe zu reduzieren. Bei Trübungswerten unter 0,2 NTU sei eine Aufbereitung vor der Desinfektion nicht erforderlich. Entsprechende Feststellungen im Bescheid, dass die Trübungswerte überschritten worden seien, und dass darin die Ursache für eine mikrobielle Belastung liege, fehlten. Schließlich halte die Klägerin auch die vorangestellten Überlegungen zum Gewinnungsgebiet im Bayerischen Wald für bedenklich. Ungeachtet einer möglicherweise geringeren Filterwirkung stünden dieser andere Besonderheiten gegenüber, die in Bezug auf Qualität und Gesundheit des Wassers den Vorkommen im Bayerischen Wald erhebliche Vorzüge zukommen ließen.
29
Allgemein begegneten die Bescheide im Übrigen sowohl hinsichtlich der Bestimmtheit der Anordnungen als auch in Bezug auf die rechtlichen Überlegungen zur Frage einer Ermessensausübung und Bewertung von Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten Bedenken. Zwar obliege eine Gefährdungsanalyse zunächst der Klägerin als Unternehmerin oder sonstige Inhaberin. Eine solche Analyse habe aber den Zweck, eine möglichst genaue Beschreibung der im Einzelnen erforderlichen Maßnahmen zu ermöglichen. Soweit aus Sicht des Beklagten die Klägerin ihre diesbezüglichen Pflichten nicht ausreichend erfüllt habe und er deshalb Anordnungen erlasse, könne für die diesen Anordnungen zugrunde zu legenden Erwägungen nichts Anderes gelten. Die Bescheide machten aber eher den Eindruck, als werde in Bausch und Bogen eine Gesamtertüchtigung in allen Bereichen verlangt, ohne auf Basis einer exakten Analyse die tatsächlich erforderlichen Maßnahmen zu bestimmen.
30
Zusammenfassend sei festzustellen, dass sich die Beanstandungen der beigefügten Tabellen auf Zeiträume bezögen, während derer die Anordnung der Ziffer 1) für die Teilversorgung X* … noch nicht erfüllt und die UV-Desinfektionsanlage für die Teilversorgung Y* … noch nicht eingebaut gewesen sei. Unter den gegenwärtig gegebenen Umständen könne die Klägerin eine geordnete und insbesondere den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechenden gesunden Wasserversorgung sicherstellen.
31
Die Klägerin lässt beantragen,
1.
Der Bescheid des Landratsamtes Regen vom 6.10.2017 - 4.5143 - betreffend die „Teilversorgung Y* …“ der Wasserversorgung der Klägerin wird aufgehoben.
2.
Der Bescheid des Landratsamtes Regen vom 6.10.2017 - 4.5143 - betreffend die „Teilversorgung X* …“ der Wasserversorgung der Klägerin wird in Ziffern 2., 4., und 5. aufgehoben, in Ziffer 6. insoweit, als sich die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf die Ziffern 2., 4. und 5. des Bescheides bezieht.
32
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
33
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Bescheide rechtmäßig seien und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzten.
34
Gem. § 9 Abs. 5 TrinkwV ordne das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung der in § 7 TrinkwV festgelegten Grenzwerte Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität an; gem. § 20 Abs. 5 TrinkwV könne es Maßnahmen anordnen, die erforderlich seien, um künftige Verunreinigungen zu vermeiden. In beiden Wasserversorgungsanlagen seien Grenzwertüberschreitungen festgestellt worden. Nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik müsse mikrobiell belastetes Wasser mehrstufig aufbereitet werden. Ein alleiniger Einsatz einer UV-Desinfektion ohne partikelfilterndes Verfahren sei nach den Regeln der Technik nicht zureichend. Das Wasser bedürfe außerdem einer Anhebung des pH-Wertes, um den Anforderungen der Trinkwasserverordnung zu entsprechen. Die eingebauten Entsäuerungsanlagen seien nicht rückspülbar, es bestehe daher die Gefahr, dass sich Keimnester bilden würden.
35
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3a TrinkwV könnten Trinkwasseruntersuchungen in kürzeren Abständen angeordnet werden. Aufgrund der Mängel der Trinkwasserversorgung sowie der nachweislich bestehenden Unsicherheiten und Gefährdungen des Trinkwassers und der Anzahl der Abnehmer sei die wöchentliche Probennahme zur schnellen Erkennung von Keimübertragungen und einer damit verbundenen Handlungsfähigkeit unabdingbar.
36
Gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG habe die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Vorschriften des § 37 Abs. 1 und 2 IfSG und von Rechtsverordnungen nach § 38 Abs. 1 und 2 IfSG sicherzustellen. Gem. § 17 Abs. 1 TrinkwV seien die Anlagen zur Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu betreiben, beide Teilversorgungen entsprächen nicht diesen Vorschriften.
37
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Gerichts- und Behördenakten, soweit sie dem Gericht vorlagen, und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

38
Die Klagen sind teilweise zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide des Landratsamtes sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
39
I. Die Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes Regen vom 6.10.2017 bezüglich der Teilversorgung X* … ist teilweise zulässig, aber unbegründet.
40
1. Hinsichtlich des Hinweises in Ziffer 6 des Bescheides, dass die Anordnungen der Ziffern 1 bis 5 des Bescheides kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind, ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO nicht statthaft.
41
Es handelt sich dabei nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen bloßen Hinweis auf den gesetzlich angeordneten Wegfall der sofortigen Vollziehbarkeit der Maßnahme. Die Klage gegen die angeordneten Maßnahmen entfaltet nach § 39 Abs. 2 Satz 2 IfSG i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung. Die Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBl. I S. 459), die zuletzt durch Art. 99 der Verordnung vom 19.6.2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, wurde auf Grundlage von § 38 Abs. 1 IfSG erlassen, § 39 Abs. 2 Satz 2 IfSG gilt auch für die in der Trinkwasserverordnung geregelten Eingriffsbefugnisse. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen, die der Sicherstellung der Einhaltung der Trinkwasserverordnung bzw. der Abwehr von Gefahren für die menschliche Gesundheit, die von Wasser für den menschlichen Gebrauch ausgehen können, dienen (vgl. hierzu OVG NRW, B.v. 25.6.2015 - 13 B 452/15 - ZWE 2016, 55 Rn. 3; VG Regensburg, B.v. 31.8.2021 - RN 5 S 21.1485, nicht veröffentlicht).
42
Gegen den gesetzlich vorgeschriebenen Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage kann nach § 80 Abs. 5 VwGO mittels Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vorgegangen werden, einen solchen hat die Klägerin hier nach dem eindeutigen Wortlaut der Anträge (§ 88 VwGO) nicht erhoben.
43
2. Der Beklagte hat in rechtmäßiger Weise angeordnet, das in die Wasserversorgung X* … eine Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik eingebaut werden soll (Ziffer 2 des Bescheides), sowie dass die Sammelschächte (Ziffer 4 des Bescheides) bzw. der Hochbehälter (Ziffer 5 des Bescheides) nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt werden sollen.
44
Insoweit ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
45
a) Ermächtigungsgrundlage für sämtliche Anordnungen ist § 9 Abs. 5 der im Zeitpunkt des Bescheidserlass geltenden Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBl. I S. 459), zuletzt geändert durch Art. 1 VO zur Neuordnung trinkwasserrechtlicher Vorschriften vom 3.1.2018, BGBl. I S. 99 (TrinkwV).
46
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung ist mangels materiell-rechtlicher Vorgaben der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung am 16.2.2019 (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 25; U.v. 6.3.2018 - 20 B 17.1378 - juris Rn. 38).
47
Die Anordnungen des Bescheides lassen sich entgegen der Ausführungen des Beklagten nicht auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 17 Abs. 1 TrinkwV stützen. Allerdings finden sie ihre Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 5 TrinkwV, ohne dass dadurch die Anordnungen ihrem Wesen nach verändert werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.1982 - 8 C 12/81 - BVerwGE 64, 356-361 Leitsatz 1; BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 28).
48
(1) § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 17 Abs. 1 TrinkwV ist keine taugliche Ermächtigungsgrundlage.
49
Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG hat die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Vorschriften des § 37 Abs. 1 und 2 IfSG und von Rechtsverordnungen nach § 38 Abs. 1 und 2 IfSG sicherzustellen. Hier ist allerdings vorrangig die speziellere Befugnisnorm des § 9 Abs. 5 TrinkwV anwendbar, sodass die Anwendung von § 39 Abs. 2 TrinkwV gesperrt ist (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 6.3.2018 - 20 B 17.1378 - juris Rn. 33).
50
Hinzu kommt, dass sich eine auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG, § 17 TrinkwV gestützte Anordnung auf der Rechtsfolgenseite auf die Sicherstellung der Einhaltung der in § 17 TrinkwV genannten Vorgaben beschränken müsste, da § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG allein den Erlass von Maßnahmen erlaubt, um die Einhaltung u.a. von Rechtsverordnungen nach § 38 Abs. 1 und 2 IfSG „sicherzustellen“. Vorliegend hat sich das Landratsamt in Ziffern 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids aber nicht darauf beschränkt, anzuordnen, dass beispielsweise nach § 17 Abs. 1 TrinkwV die Trinkwasserinstallation der Klägerin nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu planen, zu bauen und zu betreiben ist oder dass nach § 17 Abs. 2 TrinkwV nur die dort genannten Werkstoffe und Materialien für die Neuerrichtung oder Instandhaltung von Anlagen für die Verteilung von Trinkwasser verwendet werden dürfen. Das Landratsamt hat vielmehr angeordnet, dass eine Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik einzubauen ist, bzw. dass die Sammelschächte und die Hochbehälter neu herzustellen sind. Damit geht die getroffene Anordnung aber über die in § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 17 TrinkwV eröffnete Möglichkeit zur „Sicherstellung“ der Einhaltung der Anforderungen nach § 17 TrinkwV hinaus. Die Neuherstellung geht über die möglichen Rechtsfolgen von § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 17 TrinkwV hinaus und kann darauf nicht gestützt werden (BayVGH, U.v. 6.3.2018 - 20 B 17.1378 - juris Rn. 34).
51
(2) Die Anwendungsvoraussetzungen des § 9 Abs. 4 TrinkwV sind nicht gegeben. Gem. § 9 Abs. 4 Satz 1 TrinkwV ordnet das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung oder Nichterfüllung der in den §§ 5, 6 TrinkwV festgelegten Grenzwerte oder Anforderungen unverzüglich an, dass unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität getroffen werden und dass deren Durchführung vorrangig ist.
52
Gem. § 5 Abs. 2 TrinkwV dürfen im Trinkwasser die in Anlage 1 Teil I festgelegten Grenzwerte für mikrobiologische Parameter nicht überschritten werden. Der Grenzwert für Enterokokken liegt nach der laufenden Nummer 2 bei 0 KBE/100 ml. Dieser Grenzwert wurde zwar durch die streitgegenständliche Anlage nach dem Untersuchungsbericht vom 5.10.2012 überschritten (1 KBE/100 ml).
53
Allerdings waren diese Befunde im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Anordnung nicht länger aktuell. § 9 Abs. 4 TrinkwV sieht vor, dass das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung der Grenzwerte der §§ 5 f. TrinkwV unverzüglich Anordnungen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität trifft. Aufgrund dieser Befunde hätte daher in unmittelbarem Anschluss daran, gegebenenfalls nach einer gewissen Frist zur Abklärung der Ursachen, eine Anordnung getroffen werden können und müssen (BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 37). Fünf Jahre nach dem Befund kann jedoch nicht mehr von einer „unverzüglichen“ Anordnung im Sinne dieser Vorschrift gesprochen werden.
54
(3) Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 TrinkwV ordnet das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung oder Nichterfüllung der in § 7 TrinkwV festgelegten Grenzwerte oder Anforderungen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Qualität des Trinkwassers an. § 7 Abs. 1 TrinkwV gibt vor, dass im Trinkwasser die in Anlage 3 festgelegten Grenzwerte und Anforderungen für Indikatorparameter eingehalten sein müssen.
55
Voraussetzung der Anordnung ist damit nicht die Gefahr einer Schädigung der menschlichen Gesundheit, sondern die Nichteinhaltung der gesetzlichen Grenzwerte (Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 176. EL März 2020, § 9 Rn. 15).
56
Indikatorparameter beziehen sich auf Stoffe und Faktoren, die im Falle einer Überschreitung der Grenzwerte selbst kein oder nur ein geringes gesundheitliches Risiko für den Verbraucher darstellen. Sie zeigen aber indirekt eingetretene Veränderungen der Wasserqualität an, die unter Umständen erhebliche Risiken mit sich bringen können (BR-Drs. 721/00, S. 67; BayVGH, U. v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 35).
57
Coliforme Bakterien können dabei Indikator fäkaler Verunreinigungen sowie Verunreinigungen nichtfäkaler Herkunft sein. Unabhängig von ihrer Herkunft ist ihr Nachweis jedoch ein Hinweis auf einen nicht bestimmungsgemäßen Zustand des Trinkwassers (vgl. Empfehlung des Umweltbundesamtes, Bundesgesundheitsbl. 2009, 474, 475).
58
Aus der laufenden Nummer 5 des Teils I der Anlage 3 der Trinkwasserverordnung ergibt sich, dass der Grenzwert für coliforme Bakterien bei 0 Bakterien/100ml liegt. Diesen Grenzwert hat das Trinkwasser aus der Wasserversorgung X* … bei den Untersuchungen vom 13.9.2017, 4.9.2017, 30.8.2017, 9.8.2017, 7.6.2017, 19.4.2017, 22.2.2017, 10.12.2017, 21.9.2015, 3.6.2015, 5.10.2012, 16.2.2012, 29.8.2011 sowie am 24.8.2009 überschritten.
59
b) Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 9 Abs. 5 TrinkwV ordnet das Gesundheitsamt Maßnahmen zur Wiederherstellung der Qualität des Trinkwassers an (§ 9 Abs. 5 Satz 1 TrinkwV).
60
Die Maßnahmen sind in der Verordnung nicht weiter konkretisiert. Sie müssen aber aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet, erforderlich und angemessen sein (Rathke, in Zipfel/Rathke LebensmittelR, 176. EL März 2020, § 9 TrinkwV Rn. 15, 6a). Welche Maßnahmen geeignet und erforderlich sind, bestimmt sich nach der fachlichen Einschätzung. Dabei verweist § 9 Abs. 5 TrinkwV - anders als etwa § 4 Abs. 1 Satz 3 TrinkwV oder § 17 Abs. 1 TrinkwV - nicht auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik (BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 39).
61
Nach diesen Maßstäben sind die vom Gesundheitsamt angeordneten Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen, um die Trinkwasserqualität mit Bezug auf die mikrobiologischen Verunreinigungen durch coliforme Bakterien wiederherzustellen.
62
(1) Der Einbau einer Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik ist zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität geeignet und erforderlich.
63
(a) Aus den Ausführungen im Bescheid ergibt sich bezüglich des Einbaus der Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik nur, dass diese geeignet ist, den pH-Wert anzuheben. Insoweit ist der Einbau der Entsäuerungsanlage zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität nicht geeignet, da in dieser Hinsicht die Trinkwasserqualität nicht beeinträchtigt ist. Den tatsächlichen Feststellungen des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass die Grenzwerte hinsichtlich des pH-Wertes nicht eingehalten worden seien.
64
Allerdings ist der Einbau einer Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik nach den Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung geeignet, Verunreinigungen und Biofilmbildungen durch regelmäßige Rückspülungen zu verhindern und damit die Trinkwasserqualität wiederherzustellen.
65
Im Rahmen der Klageerwiderung führte der Beklagte aus, dass Entsäuerungsanlangen, die nicht regelmäßig (wöchentlich) rückgespült werden könnten, zu Verunreinigungen und Biofilmbildungen neigten. Coliforme Bakterien sind in der Lage, sich in Biofilmen in Wasser führenden Systemen anzusiedeln (vgl. Empfehlung des Umweltbundesamtes, Bundesgesundheitsbl. 2009, 474, 475).
66
Aus der fachlichen Einschätzung des Beklagten ergibt sich daher, dass die Herstellung der Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik geeignet und erforderlich ist, um die Trinkwasserqualität mit Blick auf die auftretenden mikrobiologischen Verunreinigungen wiederherzustellen.
67
(b) Der Einbau der Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik ist auch erforderlich. Es gibt keine weniger einschneidenden, gleich wirksamen Maßnahmen, die die Wiederherstellung der Trinkwasserqualität gewährleisten können.
68
Insbesondere ist eine häufigere, manuelle Reinigung oder Rückspülung nicht gleich geeignet. Bei dieser mag es sich zwar um ein grundsätzlich kostengünstigeres und damit weniger einschneidendes Mittel handeln, es ist jedoch nicht gleichermaßen wirksam. Aufgrund des höheren Aufwandes der individuellen Reinigungen ist nicht davon auszugehen, dass eine angeordnete Erhöhung der Reinigungsintervalle gleich wirksam wäre, wie der Einbau einer den Regeln der Technik entsprechenden Entsäuerungsanlage. Hinzu kommt, dass aufgrund der beschädigten Dichtung und dem nach dem Eindruck des Gesundheitsamtes insgesamt maroden Zustands der Entsäuerungsanlage, diese auch unter diesem Gesichtspunkt nicht so wirksam wäre bei der Wiederherstellung der Trinkwasserqualität, wie eine Herstellung der Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik.
69
(2) Die Herstellung der Sammelschächte und des Hochbehälters nach den Regeln der Technik ist ebenfalls für die Wiederherstellung der Trinkwasserqualität geeignet und erforderlich.
70
(a) Die baulichen Mängel bei den Sammelschächten und dem Hochbehälter wurden im Rahmen der Besichtigungen des Gesundheitsamtes als (eine der) Ursachen für die Grenzwertüberschreitungen des Indikatorparameters coliforme Bakterien ermittelt.
71
Durch Biofilmbildung, Sedimentaufwirbelung, unzureichende Wartung der Behälterkammern, Fehler bei der Behältersanierung, Einsatz ungeeigneter Werkstoffe oder Verfahren kann es zu Aufkeimungen des Trinkwassers im Hochbehälter kommen (Empfehlung des Umweltbundesamtes, Coliforme Bakterien im Trinkwasser, Bundesgesundheitsbl 2009, 474, 478 f.).
72
Aus dem Protokoll der Besichtigung der Teilversorgung X* … am 28.3.2017 und der Mitteilung des Gesundheitsamtes vom 23.5.2017 sowie aus der Klageerwiderung ergibt sich, dass der Eisendeckel des Sammelschachtes 1 verrostet ist, die Dichtung porös und die Zu- und Ablaufrohre stark angerostet sind. Beim Sammelschacht 2 befindet sich die Froschklappe nicht in einem funktionsfähigen Zustand, zudem ist die Reinwasserkammer nicht glatt und porenfrei hergestellt.
73
Aus dem Vermerk zur Besichtigung der Wasserversorgungsanlage vom 30.3.2017 und dem Schreiben des Landratsamtes vom 23.5.2017 ergibt sich, dass die beiden Reinwasserkammern des Hochbehälters über eine rechteckige Einstiegsöffnung zugänglich sind, die sich teilweise über den beiden Reinwasserkammern befindet und mit einem verrosteten Eisendeckel mit Lüftungsrohr verschlossen wird. Die Zu- und Ablaufrohre sind stark angerostet, ein Stromanschluss ist nicht vorhanden. Der Hochbehälter macht einen stark sanierungsbedürftigen Eindruck. Bereits mit Schreiben vom 14.9.2011 hat das Landratsamt festgestellt, dass ein grundlegender Sanierungsbedarf des Hochbehälters bestehe.
74
Die Herstellung der Anlagen nach den Regeln der Technik ist daher geeignet, die Trinkwasserqualität wiederherzustellen. Durch die Herstellung der Sammelbehälter und des Hochbehälters nach den Regeln der Technik können die Ursachen für die Verkeimung des Trinkwassers der Wasserversorgungsanlage (mit-)bekämpft werden.
75
(b) Die Herstellung der baulichen Anlagen nach den Regeln der Technik ist auch erforderlich. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel, um die Wasserversorgung wiederherzustellen, ist nicht ersichtlich.
76
Nach § 17 Abs. 1 TrinkwV sind Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu planen, zu bauen und zu betreiben.
77
Bei der Anordnung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik handelt es sich damit grundsätzlich um Mindestanforderungen. Die Anordnung von Maßnahmen, die unter diesem Standard liegen, mag daher zwar ein weniger einschneidendes Mittel sein, es handelt sich dabei allerdings auch um eine weniger effektive Maßnahme. An die Wirksamkeit sind hier strenge Anforderungen im Sinne einer absoluten Wirksamkeit zu stellen, da die Grenzwerte für coliforme Bakterien jeweils bei 0 (je 100 ml) liegen (vgl. VG München, B.v. 21.8.2014 - M 18 S 14.445 - juris Rn. 73)
78
(3) Die Anordnung der Herstellung von Entsäuerungsanlage, Hochbehälter und Sammelschächten nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist auch angemessen. Der mit den Maßnahmen verfolgte Zweck der Wiederherstellung der Trinkwasserqualität steht nicht außer Verhältnis zu dem mit ihm verbundenen finanziellen Aufwand.
79
Dabei bestimmt sich die Angemessenheit der Maßnahme im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach einem Vergleich zwischen dem hierfür notwendigen Aufwand und der zuvor bestehenden Belastung des Trinkwassers (BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 39).
80
Bei der Sicherheit des Trinkwassers handelt es sich um ein sehr hohes Schutzgut (BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 50). Die Teilversorgung X* … beliefert den Ortsteil X* … der Klägerin. Die Grenzwerte für den Indikatorparameter coliforme Bakterien wurden regelmäßig und über einen Zeitraum von mehreren Jahren überschritten. Demgegenüber stehen die Kosten der Maßnahme nicht außer Verhältnis.
81
Die Klägerin schätzt, dass sich die Kosten für den Einbau einer neuen bzw. die Sanierung der Entsäuerungsanlage auf etwa 200.000 EUR belaufen. Die Kosten für die Sanierung des Hochbehälters belaufen sich nach ihrer Schätzung auf etwa 1.000.000 EUR, die für die Sanierung der Sammelschächte auf etwa 30.000 EUR. Trotz der erheblichen Kosten stehen diese aufgrund der hohen Bedeutung des Schutzgutes der Trinkwassersicherheit und der körperlichen Unversehrtheit der betroffenen Verbraucher nicht außer Verhältnis.
82
Zudem besteht für die Klägerin die Möglichkeit, die entstehenden Kosten über mehrere Jahre verteilt abzuschreiben und in die Wassergebühren einzukalkulieren, so dass die Belastung auf viele Schultern verteilt wird (BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 50).
83
Die Anordnung der Maßnahmen ist auch unter Berücksichtigung der Pläne der Klägerin zur anderweitigen Sicherstellung der Trinkwasserversorgung angemessen. Diese trägt vor, dass sich eine Herstellung der betroffenen Anlagenteile nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht lohne, da sie beabsichtige, die Trinkwasserversorgung neu aufzustellen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Sanierung der Wasserversorgung in X* … durch die Klägerin seit 2011 geplant ist und ursprünglich für das Jahr 2013 angedacht war. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im August 2021 bestand weiterhin kein endgültiges Konzept für die Teilversorgung X* … Auch die Anordnung der Sanierung des Sammelschachtes 1 ist unter diesen Gesichtspunkten nicht unangemessen. Zwar befand sich dieser bei der Besichtigung der Trinkwasseranlage im Marz 2017 nicht in Betrieb. Da dieser jedoch nicht vollständig außer Betrieb genommen ist, steht die Anordnung seiner Sanierung nicht außer Verhältnis zu dem mit den Anordnungen verfolgten Ziel.
84
3. Die Anordnungen in den Ziffern 1 und 3 des Bescheides sowie die Kostenentscheidung in Ziffer 7 des Bescheides wurde durch die Klägerin nicht angefochten, sie sind damit bestandskräftig geworden.
85
II. Die Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes Regen vom 6.10.2017 bezüglich der Teilversorgung Y* … ist ebenfalls teilweise zulässig, aber unbegründet.
86
1. Hinsichtlich des Hinweises in Ziffer 5 des Bescheides, dass die Anordnungen der Ziffern 1 bis 5 des Bescheides kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind, ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ebenfalls nicht statthaft (vgl. oben die Ausführungen zu I.1.).
87
2. Die Anordnung einer kontinuierlichen, den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Aufbereitung (Filtration) und Desinfektion in Ziffer 1 des Bescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
88
a) Ermächtigungsgrundlage für die Anordnungen ist auch hier § 9 Abs. 5 TrinkwV. Die Voraussetzung der Grenzwertüberschreitung für bei den Indikatorparametern liegen auch hier vor.
89
Am 3.12.2007, am 24.8.2009, am 13.8.2014, am 3.6.2015, am 21.6.2016, 8.2.2017 und am 8.3.2017 wurden im Hochbehälter Y* … Grenzwertüberschreitungen des Parameters coliforme Bakterien festgestellt, am 8.6.2015 im Ortsnetz Y* …
90
b) Die Anordnung ist geeignet und erforderlich, um die Wasserqualität wiederherzustellen.
91
Die Klägerin wendet sich hier insbesondere dagegen, dass zusätzlich zu der nach ihrem Vortrag bereits eingebauten UV-Desinfektionsanlage die Filtration des Wassers angeordnet wurde. Diese ist jedoch nach der fachlichen Einschätzung des Gesundheitsamtes zusätzlich zu der Desinfektion erforderlich, um dessen Wirksamkeit sicherzustellen. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Trübungswerte in der Wasserversorgung in Y* … regelmäßig unter 0,2 NTU liegen.
92
(1) Das liegt zum einen daran, dass auch bei regelmäßigem Unterschreiten der Werte von 0,1 bis 0,2 NTU eine Aufbereitung des Trinkwassers vor der Desinfektion notwendig sein kann.
93
Voraussetzung für ein wirksames Desinfektionsverfahren von Oberflächenwässern oder von durch Oberflächenwasser beeinflusstem Wasser ist nach den Regeln der Technik, dass auf eine weitestgehende Partikelabtrennung vor der Desinfektion geachtet wird. Dabei sind Trübungswerte im Bereich von 0,1 bis 0,2 NTU anzustreben, wenn möglich zu unterschreiten. Mit dem Anstieg der Trübung im Rohwasser ist ein Anstieg der Keimzahlen zu befürchten (vgl. Bekanntmachung der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren gem. § 11 TrinkwV, 18. Änderung (Stand: Oktober 2015) vom 7.12.2015, BAnz AT 24.12.2015 B10, S. 23, Fn. 5 unter Verweis auf die Mitteilung des Umweltbundesamtes: „Anforderungen an die Aufbereitung von Oberflächenwässern zu Trinkwasser im Hinblick auf die Eliminierung von Parasiten“, Bundesgesundheitsbl 12-1997; Empfehlung zur Vermeidung von Kontaminationen des Trinkwassers durch Parasiten des Umweltbundesamtes, Bundesgesundheitsblatt 4-2001, S. 406 ff.).
94
Daraus ergibt sich jedoch im Umkehrschluss nicht, dass - sofern auch ohne eine partikelabtrennende Stufe bereits Trübungswerte im Bereich von 0,1-0,2 NTU erreicht werden - auf diese verzichtet werden kann. Aus der Forderung, dass nach der Filtrierung Trübungswerte von nicht mehr als 0,2 FNU vorhanden sein dürften, kann nicht abgeleitet werden, dass eine Filtration entbehrlich sei, wenn derartige Trübungswerte auch regelmäßig ohne eine Filtration vorliegen. Damit wird keine Aussage über das Nichtvorhandensein von Parasitendauerformen getroffen (BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 41-43).
95
(2) Zudem lagen die Trübungswerte der Wasserversorgung in Y* … in den vergangenen Jahren wiederholt über dem Werte von 0,2 NTU. So ergibt sich etwa aus der Laboranalyse vom 17.12.2015 für das Wasser im Hochbehälter in Y* … ein Trübungswert von 0,27 NTU, aus der Analyse vom 24.9.2015 ein Trübungswert von 0,24 NTU für den Probenentnahmeort Kirchfeld 10. Auch die Laboranalyse vom 8.6.2015 ergibt für diesen Probenentnahmeort einen Trübungswert von 0,22 NTU.
96
c) Die Anordnung ist auch angemessen. Der Aufwand für den Einbau einer (Ultra-)Filtrationsanlage von etwa 8.000 EUR als Aufbereitungsstufe vor der Desinfektion steht nicht außer Verhältnis zu der Trinkwasserqualität als besonders wichtigem Rechtsgut, das in engem Zusammenhang mit der körperlichen Unversehrtheit der Nutzer der Wasserversorgungsanlage steht.
97
3. Auch die Anordnung des Einbaus einer Entsäuerungsanlage nach allgemein anerkannten Regeln der Technik (Ziffer 2) und Herstellung des Hochbehälters (Ziffer 4) des Bescheides sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
98
a) Ermächtigungsgrundlage für die Anordnungen ist auch hier § 9 Abs. 5 TrinkwV. Die Grenzwerte für den Indikatorparameter coliforme Bakterien wurden in der Teilversorgung Y* … wiederholt überschritten.
99
b) Die vom Gesundheitsamt angeordneten Maßnahmen sind auch geeignet, erforderlich und angemessen, um die Trinkwasserqualität mit Bezug auf die mikrobiologischen Verunreinigungen durch coliforme Bakterien wiederherzustellen.
100
(1) Der Einbau einer Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik ist zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität in der Teilversorgung Y* … geeignet und erforderlich.
101
Aus der Mitteilung des Landratsamtes vom 23.5.2017, dem Vermerk über die Besichtigung der Teilversorgung am 28.3.2017 und der Mitteilung des Landratsamtes vom 14.9.2011 ergibt sich, dass die Entsäuerungsanlage der Teilversorgung Y* … nicht rückspülbar ist, sowie dass ihr Zugang oberhalb der Wasseroberfläche liegt.
102
Durch den Einbau einer Entsäuerungsanlage nach den Regeln der Technik können auch hier Verunreinigungen und Biofilmbildungen verhindert werden. Entsäuerungsanlagen, die nicht regelmäßig rückgespült werden können, neigen nach den Ausführungen des Beklagten zu Verunreinigungen und Biofilmbildungen, coliforme Bakterien können sich in diesen Biofilmen ansiedeln (hierzu bereits die Ausführungen zur Teilversorgung X* … unter I.2b).
103
Ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich, zumal insbesondere häufigere manuelle Reinigungen nicht so wirksam wären wie der Einbau einer rückspülbaren Entsäuerungsanlage.
104
(2) Auch die Herstellung der Hochbehälter nach den Regeln der Technik ist zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität in der Teilversorgung Y* … geeignet und erforderlich.
105
Aus der Mitteilung des Landratsamtes vom 23.5.2017, dem Vermerk über die Besichtigung der Teilversorgung am 28.3.2017 und der Mitteilung des Landratsamtes vom 14.9.2011 ergibt sich, dass die Wasserkammern des Hochbehälters nicht glatt und porenfrei hergestellt sind und die Einsehbarkeit der Wasserkammern unzulänglich ist. Es fehlt unter anderem ein für die Beleuchtung notwendiger Stromanschluss.
106
Die baulichen Mängel bei den Sammelschächten und dem Hochbehälter wurden im Rahmen der Besichtigungen des Gesundheitsamtes als (eine der) Ursachen für die Grenzwertüberschreitungen des Indikatorparameters coliforme Bakterien ermittelt. Die Herstellung der Anlagen nach den Regeln der Technik ist daher geeignet, die Trinkwasserqualität wiederherzustellen. Auf diese Weise können die Ursachen für die Verkeimung des Trinkwassers der Wasserversorgungsanlage (mit-)bekämpft werden. Biofilmbildung, Sedimentaufwirbelung, unzureichende Wartung der Behälterkammern, Fehler bei der Behältersanierung, Einsatz ungeeigneter Werkstoffe oder Verfahren können zu Aufkeimungen des Trinkwassers im Hochbehälter führen (Empfehlung des Umweltbundesamtes, Coliforme Bakterien im Trinkwasser, Bundesgesundheitsbl 2009 474, 478 f.).
107
Ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist auch hier nicht ersichtlich. c) Die angeordneten Maßnahmen stehen außerdem nicht außer Verhältnis zu dem mit ihnen verbundenen finanziellen Aufwand, sie sind nach einem Vergleich zwischen dem hierfür notwendigen Aufwand und der zuvor bestehenden Belastung des Trinkwassers (BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - juris Rn. 39) angemessen.
108
Die Klägerin schätzt, dass sich die Kosten für den Einbau einer neuen bzw. die Sanierung der Entsäuerungsanlage auf etwa 200.000 EUR belaufen. Die Kosten für die Sanierung des Hochbehälters belaufen sich nach ihrer Schätzung auf etwa 1.000.000 EUR.
109
Da es sich bei der Trinkwassersicherheit um ein besonders hohes Schutzgut handelt, und die Klägerin die Möglichkeit hat, die Kosten über mehrere Jahre verteilt abzuschreiben und bei der Bestimmung der Wassergebühren zu berücksichtigen, steht der mit den Maßnahmen verbundene Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Zweck der Wiederherstellung der Trinkwasserqualität. Das gilt auch unter Berücksichtigung ihrer Pläne zur Herstellung einer anderweitigen Trinkwasserversorgung.
110
4. Die Verpflichtung der zur Durchführung wöchentlicher Untersuchungen hinsichtlich mikrobiologischer Parameter Escherichia coli, Enterokokken, coliforme Bakterien ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
111
a) Rechtsgrundlage ist § 20 Abs. 1 Nr. 3 TrinkwV. Demnach kann das Gesundheitsamt, wenn es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Sicherstellung einer einwandfreien Beschaffenheit des Trinkwassers erforderlich ist, anordnen, dass der Unternehmer oder der sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage die Untersuchungen nach § 14 TrinkwV in kürzeren als den in dieser Vorschrift genannten Abständen durchzuführen oder durchführen zu lassen hat.
112
b) Die Klägerin ist hinsichtlich der Teilversorgung Y* … Inhaberin einer Wasserversorgungsanlage nach § 3 Nr. 2 Buchst. a bzw. Buchst. b TrinkwV. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 TrinkwV hat sie daher das Trinkwasser auf die Einhaltung der Grenzwerte nach § 5 Abs. 2, Abs. 3 und § 7 TrinkwV zu untersuchen. Die Häufigkeit der Untersuchungen richtet sich dabei nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TrinkwV und der Anlage 4 zur Trinkwasserverordnung. Die Untersuchung auf Escherichia coli, coliforme Bakterien und auf Enterokokken gehört zu den Untersuchungen nach § 14 Abs. 1 TrinkwV. Diese sind nach Ziffer 3 des Bescheides nun wöchentlich zu untersuchen.
113
Die wöchentliche Untersuchung ist zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Sicherstellung einer einwandfreien Beschaffenheit des Trinkwassers erforderlich. In der Teilversorgung Y* … kam es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Grenzwertüberschreitungen, bis zur Beseitigung der Mängel der Wasserversorgungsanlage ist es erforderlich, das Wasser entsprechend häufiger zu untersuchen (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 17.5.2018 - 20 B 16.1351 - BeckRS 2018, 23717 Rn. 52-54)
114
c) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
115
5. Bezüglich der Kostenentscheidung sind keine Rechtsfehler erkennbar, solche wurden auch nicht geltend gemacht.
116
III. Die Kostenentscheidung basiert auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Klägerin hat als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen.
117
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.