Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 21.10.2021 – AN 17 K 20.01814
Titel:

Klage des Käufers gegen ausgeübtes gemeindliches Vorkaufsrecht – wirksame Abwendung nach § 27 BauGB

Normenketten:
BauGB § 25 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1, Abs. 2
BauNVO § 1 Abs. 5, § 8, § 16 Abs. 4
Leitsätze:
1. Die rechtswirksam erklärte Abwendung nach § 27 BauGB führt zur Rechtswidrigkeit des ausgeübten Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt, nicht zu dessen Erledigung (umstr.). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der Verwendung des Grundstücks nach § 27 Abs. 1 S. 1 BauGB richtet sich bei Vorliegen eines dem Vorkaufsrecht zugrundeliegenden einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans nach dem durch diesen aufgestellten Zulässigkeitsrahmen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Vorschrift des § 27 BauGB gewährleistet die Grundstücksverwendung iRd bauplanungsrechtlichen Vorgaben, aber eben nur diese, und rechtfertigt keine weitere Einschränkung des gegebenen Zulässigkeitsrahmens durch außerhalb dessen liegende Verwendungswünsche der Gemeinde. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Dafür, dass der Käufer iSd § 27 Abs. 1 S. 1 BauGB „in der Lage“ ist, das Grundstück binnen angemessener Frist zweckentsprechend zu verwenden, genügt die Glaubhaftmachung (umstr.). (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Verpflichtungserklärung des Käufers iRd Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 Abs. 1 S. 1 BauGB begründet ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis eigener Art, auf das die Vorschriften über den städtebaulichen Vertrag entsprechend anzuwenden sind. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage des Käufers gegen ausgeübtes gemeindliches Vorkaufsrecht; wirksame Abwendung nach § 27 BauGB, Die rechtswirksam erklärte Abwendung nach § 27 BauGB führt zur Rechtswidrigkeit des ausgeübten Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt, nicht zu dessen Erledigung (umstr.), Die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der Verwendung des Grundstücks nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB richtet sich bei Vorliegen eines dem Vorkaufsrecht zugrundeliegenden einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans nach dem durch diesen aufgestellten Zulässigkeitsrahmen, Die Vorschrift des § 27 BauGB gewährleistet die Grundstücksverwendung im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben, aber eben nur diese und rechtfertigt keine weitere Einschränkung des gegebenen Zulässigkeitsrahmens durch außerhalb dessen liegende Verwendungswünsche der Gemeinde, Dafür, dass der Käufer im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB „in der Lage“ ist, das Grundstück binnen angemessener Frist zweckentsprechend zu verwenden, genügt die Glaubhaftmachung (umstr.), Die Verpflichtungserklärung des Käufers im Rahmen der Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB begründet ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis eigener Art, auf das die Vorschriften über den städtebaulichen Vertrag entsprechend anzuwenden sind, gemeindliches Vorkaufsrecht, Erledigung, Bestimmtheit, Grundstücksverwendung, zweckentsprechende Verwendung des Grundstücks, öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis eigener Art
Fundstelle:
BeckRS 2021, 37041

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar. 
3. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts hinsichtlich eines Grundstücks, das sie vom Freistaat Bayern erwerben möchte.
2
Die Klägerin ist eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) und schloss am 23. Juni 2020 einen notariellen Kaufvertrag (UR-Nr. …) zum Erwerb des unbebauten Grundstückes mit der FlNr. …, vereinigt mit FlNr. … und weiteren aus diesem Grundstück herausgemessenen Grundstücken, jeweils Gemarkung …, mit dem beigeladenen Freistaat Bayern als Verkäufer. Der Kaufpreis betrug 65.749,20 EUR bei 4981 qm.
3
Dieses Grundstück unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes „…“ in der Fassung der zweiten Änderung der Beklagten, der Gemeinde …, die Teil der Verwaltungsgemeinschaft … ist. Der Bebauungsplan wurde in dieser Fassung im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB am 25. April 2018 vom Gemeinderat als Satzung beschlossen, am 27. April 2018 ausgefertigt und am 22. Juni 2018 ortsüblich bekanntgemacht. Darin ist zunächst ausgeführt, dass die zweite Änderung den rechtsgültigen Bebauungsplan „… - 1. Änderung“ vollständig ersetzen soll. Für die genannten Grundstücke ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung jeweils ein Gewerbegebiet im Sinne des § 8 BauNVO festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung ist mit einer Grundflächenzahl von 0,8, einer maximalen Traufhöhe von 12 m und einer maximalen Firsthöhe von 15 m beschrieben. Des Weiteren sind u.a. Baugrenzen festgesetzt sowie hinsichtlich der Bauweise, dass die zulässigen Hausformen eine Länge von 50 m überschreiten dürfen.
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Des Weiteren ist das Grundstück FlNr. … von der Satzung der Gemeinde … über die Begründung eines besonderen Vorkaufsrechts (Vorkaufssatzung) vom 28. Februar 2019 erfasst. Deren Zweck ist laut ihrem § 1, dass „auf den von der Satzung betroffenen Flächen die Durchführung von städtebaulichen Maßnahmen gem. § 1 Abs. 3 BauGB ermöglicht werden [soll]. Die Satzung dient der Sicherstellung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung in diesem Geltungsbereich. Sie soll insbesondere ortsansässigen Unternehmen die Ansiedlung und eine weitere gewerbliche Entwicklung im Gemeindegebiet ermöglichen. Gem. § 1a Abs. 2 BauGB soll durch diese Satzung Flächenverbrauch gesenkt werden.“ Nach § 3 steht „im Geltungsbereich dieser Satzung der Gemeinde … ein Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zu“.
5
Nach dem Abschluss des genannten Kaufvertrags vom 23. Juni 2020 (UR-Nr. …*) fragte die beurkundende Notarin bei der Beklagten mit Schreiben vom 4. Juli 2020, dort eingegangen am 8. Juli 2020, an, ob dieser ein Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch zustehe. Die Beklagte antwortete am 9. Juli 2020 per Vermerk, dass ein Vorkaufsrecht an der FlNr. … bestehe und um die Übersendung einer Abschrift des diesbezüglichen Kaufvertrags gebeten werde. Die Notarin übersandte ausweislich der Behördenakten der Beklagten mit Eingang bei dieser am 20. Juli 2020 u.a. den Kaufvertrag UR-Nr. … Die Verwaltungsgemeinschaft … erklärte insoweit als Behörde der Gemeinde … gegenüber dem Freistaat Bayern als Verkäufer mit Bescheid vom 11. August 2020, zugestellt am 13. August 2020, die Ausübung ihres gemeindlichen Vorkaufsrechts gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Zur Begründung führte die Verwaltungsgemeinschaft aus, dass das verkaufte Grundstück FlNr. … unbebaut sei und im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ sowie im Geltungsbereich der Vorkaufssatzung der Gemeinde … liege. Die Ausübung des Vorkaufsrechts gründe sich daher auf § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Die Vorkaufssatzung diene der Sicherstellung einer geordneten, zielgerichteten Entwicklung in ihrem Geltungsbereich und solle der Gemeinde … ermöglichen, auf den Flächen insbesondere ortsansässige Unternehmen anzusiedeln und die weitere gewerbliche Entwicklung zu ermöglichen. Dazu solle sie Flächen erwerben können, um diese dann zum Zwecke der Bebauung mit gewerblichen Objekten an Interessenten mit einer Bebauungsverpflichtung samt Wiederkaufsrecht weiterzuveräußern. So solle auch gemäß § 1a Abs. 2 BauGB Fläche gespart, die Neuausweisung ohne vollständige Entwicklung der bisher vorhandenen Flächen und mögliche Spekulation unterbunden werden. Dies zugrunde gelegt, entspreche die Ausübung des Vorkaufsrechts auch dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Der Gemeinde sei wichtig, dass das neue Gewerbegebiet zeitnah durch Bauwillige tatsächlich bebaut werde. Dies könne nur dann gewährleistet werden, wenn dem Käufer eine Bauverpflichtung auferlegt werde. Aus der Sicht … sei dieses Vorgehen unerlässlich sowie zweckmäßig und geeignet, um den vorhandenen Bedarf nach Gewerbegrundstücken vor Ort zu befriedigen und das Gewerbegebiet zielgerichtet und zeitnah zu entwickeln.
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An die Klägerin wurde mit Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft … vom 12. August 2020, zugestellt am 13. August 2020, ein Abdruck dieses Bescheides übersandt.
7
Am 11. September 2020 erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach gegen den Bescheid vom 11. August 2020 und kündigte an, zunächst eine außergerichtliche Verständigung mit der Beklagten herbeiführen zu wollen; die Klage erfolge zur Fristwahrung.
8
Mit Schreiben vom 18. September 2020 beantragte die Klägerin bei der Verwaltungsgemeinschaft … die Frist zur Abwendung des Vorkaufsrechts aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB um weitere zwei Monate zu verlängern. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung lägen vor, da die Klägerin in der Lage sei, das Grundstück binnen angemessener Frist entsprechend den baurechtlichen Vorschriften bzw. entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes zu nutzen. Um eine konkrete Verpflichtungserklärung abgeben zu können, wozu sie bereit sei, benötige sie jedoch weitere Informationen über die städtebaulichen Ziele. Die bereits im Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 genannten Ziele würden durch die Klägerin verwirklicht. Die Gesellschafter der Klägerin als GbR, Herr … … und seine beiden Töchter, seien ebenfalls Gesellschafter und Geschäftsführer der …, einem ortsansässigen Unternehmen, das seit mehreren Jahrzehnten in … tätig sei. Die Klägerin wolle das Grundstück bebauen und der GmbH für deren Gewerbebetrieb langfristig zur Verfügung stellen. Dazu sei die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes oder einer Halle geplant, in die nicht erheblich störende Teile des bestehenden Betriebs dauerhaft verlegt werden sollen. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2020 verlängerte die Verwaltungsgemeinschaft … als Behörde der Gemeinde … die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bis zum 20. November 2020.
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Mit am 20. November 2020 bei der Prozessbevollmächtigten der beklagten Gemeinde … eingegangenem Schreiben erklärten die Bevollmächtigten der Klägerin, die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden zu wollen. Dazu verpflichte sich die Klägerin im Sinne des § 27 Abs. 1 BauGB zur Umsetzung der baurechtlichen Vorschriften bzw. der Ziele und Zwecke der Gemeinde … Im Einzelnen verpflichte sie sich, die von der Beklagten planungsrechtlich durch den Bebauungsplan „…“ in Gestalt der zweiten Änderung vorgegebene Bebauung zu errichten. Hilfsweise für den Fall, dass vorstehende Verpflichtung im Hinblick auf die baurechtlichen Vorschriften bzw. Ziele und Zwecke der Gemeinde … zu unbestimmt sein sollte, verpflichte sie sich als ortsansässiges Unternehmen das Grundstück der Art der baulichen Nutzung nach gemäß den Darstellungen im Bebauungsplan gewerblich zu nutzen und hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung die Grundflächenzahl von 0,8 und die maximale Traufhöhe von 12 m sowie die maximale Firsthöhe von 15 m zu beachten. Weiter erkläre die Klägerin, dass sie zu einer Bebauung des Grundstücks gemäß der vorstehenden Bauleitplanung bereit und in der Lage sei. Da sie in der Rechtsform einer GbR auftrete, hafteten ihre Gesellschafter persönlich und unbeschränkt für die Verpflichtungen der Gesellschaft. Zudem werde die … der Klägerin finanziell bis zu einem Betrag von 300.000,00 EUR beistehen, sollte es zu einem unerwarteten finanziellen Engpass kommen. Schließlich verpflichte sich die Klägerin, innerhalb von zwölf Monaten nach dem grundbuchrechtlichen Vollzug des Eigentumserwerbs einen den genannten Vorgaben entsprechenden Bauantrag zu stellen und bis zum Ablauf von drei Jahren nach Bestandskraft desselben das genehmigte Vorhaben umzusetzen. Wenngleich für die Abwendung des Vorkaufsrechts nicht erforderlich, sei die Käuferin grundsätzlich bereit, zu der oben genannten Verpflichtung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen.
10
Nach der Abwendungserklärung der Klägerin führten diese Verhandlungen über eine Abwendungsvereinbarung mit der Beklagten, die letztlich erfolglos blieben.
11
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin nunmehr aus, dass sie die Frist zur Abwendung des Vorkaufsrechts eingehalten habe, da sie rechtzeitig deren Verlängerung um zwei Monate gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 BauGB beantragt habe und die Voraussetzungen für eine Verlängerung vorlägen. Sie habe glaubhaft gemacht, dass sie in der Lage sei, die in § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Voraussetzungen zu erfüllen, woraufhin die Verwaltungsgemeinschaft … die Frist bis zum 20. November 2020 verlängert habe. Am 20. November 2020 sei die Abwendungserklärung der Klägerin der anwaltlichen Vertreterin der Gemeinde über das besondere persönliche Anwaltspostfach übermittelt sowie nachweislich am selben Tag in den Briefkasten der Gemeinde eingeworfen worden.
12
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 über die Ausübung des Vorkaufsrechts für das Grundstück FlNr. …, Gemarkung … (…), Kaufvertrag vom 23. Juni 2020, URNr. … aufzuheben.
13
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung trägt sie in der mündlichen Verhandlung vor, dass aus ihrer Sicht mit dem Vorkaufsrecht die Durchsetzung eines Bauzwangs verbunden sei und eine zeitnahe Bebauung sichergestellt werden solle. Die Beklagte wünsche sich eine Fertigstellung innerhalb von drei Jahren und eine Mindestbebauung von einem Viertel der Fläche. Sie wolle nicht, dass das Grundstück nur gehalten werde oder nur ein Lagerplatz dort entstehe, da ein solcher bereits auf dem benachbarten Grundstück, welches ebenfalls der Klägerin gehöre, bestehe. Dieser wirke auf die Bevölkerung wie ein Schrottplatz und schrecke andere Unternehmen ab. Im Gemeinderatsbeschluss zur Vorkaufsrechtssatzung sei ausgeführt, dass keine Flächen brachliegen, sondern die Bauflächen geschlossen werden sollen. Schließlich müsse eine Abwendungsbefugnis konkreter gefasst sein, als nur zu erklären, dass eine Bebauung entsprechend des Bebauungsplanes stattfinde.
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Der beigeladene Freistaat Bayern stellt keinen Antrag.
16
In der mündlichen Verhandlung gab der Gesellschafter der Klägerin, Herr … … an, dass weitere Gesellschafter seine Frau und seine beiden Töchter seien. Weiterhin gebe es in seinem Firmenkonglomerat die …, die … und die … …, die allesamt ihren Sitz in … hätten. Die Klägerin, die …GbR, halte einen Teil der Grundstücke dieser Unternehmen und verpachte sie weiter. Die Verpachtung des klagegegenständlichen Grundstücks solle vermutlich an die … erfolgen. Diese halte Fahrzeuge und Maschinen sowie Grundstücke für den Sand- und Kiesabbau und vermiete ihr Inventar an die …, die insbesondere im Bereich Erdarbeiten, Erdaushub und Humusherstellung tätig sei. Auf dem streitgegenständlichen Grundstück solle eine Halle und ein Gebäude für Verwaltung entstehen, er könne aber heute noch nicht die Größe sagen und was genau in der Halle vorgesehen sei und auch nicht den Standort benennen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2021 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und begründet.
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1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO die statthafte Klageart, wenn sich die Klägerin als Käuferin eines Grundstückes gegen die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts nach den §§ 24 ff. BauGB als privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt wendet (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr (BKL), BauGB, 14. Aufl. 2019, § 28 Rn. 2, 21).
20
2. Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 ist rechtswidrig, verletzt die Klägerin in ihren Rechten und ist daher aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21
Durch die rechtswirksam erklärte Abwendung des Vorkaufsrechts gemäß § 27 Abs. 1 BauGB durch die Klägerin mit Erklärung vom 20. November 2020 entfallen rückwirkend die Rechtswirkungen dessen Ausübung und damit auch der neue Kaufvertrag mit der Gemeinde. Dies führt jedoch nicht zur Erledigung der Ausübung des Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt im Sinne des § 43 Abs. 2 BayVwVfG, sondern lediglich zu dessen Rechtswidrigkeit (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 8; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger (EZBK), BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 52; a.A. wohl Jarass/Kment, BauGB, 2. Aufl. 2017, § 27 Rn. 6, die allerdings trotz Erledigung des ausgeübten Vorkaufsrechts inkonsequent eine Anfechtungsklage gegen dieses für statthaft halten, weil im Rahmen dieses Rechtsbehelfs über die Wirksamkeit der Abwendung zu entscheiden sei). Das ist auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes sachgerecht, da die Klägerin als Käuferin, folgte man der Gegenansicht, den Rechtsstreit nach Erklärung der Abwendung nach § 27 BauGB für erledigt hätte erklären müssen, um dann anschließend, sollte sich die von der Rechtmäßigkeit ihres Bescheids ausgehende Beklagte naheliegender Weise weigern, das zur Überwindung der Grundbuchsperre nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB erforderliche Negativattest des § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB auszustellen, eine diesbezügliche Verpflichtungsklage hätte erheben müssen. Daher und angesichts der Systematik der §§ 24 ff. BauGB liegt es näher, die Abwendung nach § 27 BauGB als negatives Tatbestandsmerkmal in die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zu integrieren - von den Fällen des § 27 Abs. 2 BauGB abgesehen (vgl. HansOLG, U.v. 11.7.2012 - 1 U 1/11 Baul - juris Rn. 45 zu dem damit einhergehenden prozessualen Vorteil, dass die Grundbuchsperre allein durch das rechtskräftige Aufhebungsurteil überwunden werden kann).
22
a) Die Beklagte hatte hinsichtlich des streitgegenständlichen Kaufvertrages vom 23. Juni 2020 für das Grundstück FlNr. … (UR-Nr. …) zwischen dem Freistaat Bayern als Verkäufer und der Klägerin als Käuferin mit Bescheid vom 11. August 2020 zunächst fristgerecht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 a.F. i.V.m. § 234 Abs. 1 BauGB das besondere gemeindliche Vorkaufsrecht aus § 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ausgeübt. Das besagte Grundstück unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „… - 2. Änderung“, ortsüblich bekannt gemacht am 25. Juni 2018. Zudem hat die Beklagte mit ihrer Vorkaufssatzung vom 28. Februar 2019 ein Vorkaufsrecht u.a. an dem streitgegenständlichen Grundstück begründet (§ 2 der Vorkaufssatzung i.V.m. dem in Bezug genommenen Lageplan), womit die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfüllt waren. Zweifelhaft war hingegen, ob die Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts, wie es die § 25 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB fordern, zusätzlich durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt war. Die Definition des Wohls der Allgemeinheit ist kontextabhängig anhand der Ziele zu gewinnen, die mit den einzelnen Tatbeständen der Vorkaufsrechte aus § 24, § 25 BauGB verfolgt werden (BayVGH, B.v. 24.4.2020 - 15 ZB 19.1987 - juris Rn. 17). Die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Beschaffung von Gewerbe- und Industriegrundstücken ist dabei grundsätzlich zulässig, jedoch darf die Gemeinde das Vorkaufsrecht nicht ausüben, um dadurch eine zulässige, aber von ihr nicht gewünschte Nutzung zu verhindern. Will der Käufer das streitgegenständliche Grundstück selbst zur Betriebsansiedlung nutzen, bleibt wenig Raum für Gründe des öffentlichen Wohls. Letztlich kann die Entscheidung dieser Frage aber dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls rechtswirksam gemäß § 27 BauGB die Abwendung des Vorkaufsrechts erklärt hat (Grziwotz in Spannowsky/ Uechtritz, BeckOK BauGB, 52. Ed. 1.2.2021, § 24 Rn. 24).
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b) Mit ihrem am 20. November 2020 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben hat die Klägerin form- und fristgerecht die Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 BauGB erklärt. Die Abwendungserklärung musste gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 2 Satz 1 a.F., § 234 Abs. 1 BauGB binnen zwei Monaten (nach der Reform des § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind es drei Monate) nach Mitteilung des Kaufvertrags an die Gemeinde erfolgen. Diese Frist hielt die Klägerin zwar nicht ein, da der Beklagten der Inhalt des Kaufvertrages bereits am 20. Juli 2020 mitgeteilt worden war. Jedoch wurde auf ihren Antrag vom 18. September 2020 hin mit Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober die Zweimonatsfrist um zwei weitere Monate bis zum 20. November 2020 gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 BauGB verlängert. Die für die Abwendungserklärung erforderliche Schriftform in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 3 BauGB wurde gewahrt (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 4).
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Schließlich erfüllt die Abwendungserklärung der Klägerin auch die materiellen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB, nämlich, dass der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden kann, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen und er sich hierzu vor Ablauf der (verlängerten) Frist verpflichtet.
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aa) Die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der Verwendung des Grundstücks richtet sich bei Vorliegen eines dem Vorkaufsrecht zugrundeliegenden einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans nach dem durch diesen aufgestellten Zulässigkeitsrahmen (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 16; s.a. Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 2). Der das streitgegenständliche Grundstück erfassende Bebauungsplan „…- 2. Änderung“ in der Fassung der zweiten Änderung setzt hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet im Sinne des § 8 BauNVO fest und sieht für das Maß der baulichen Nutzung unter anderem eine Grundflächenzahl von 0,8, eine maximalen Traufhöhe von 12 m und eine maximale Firsthöhe von 15 m vor. Des Weiteren sind u.a. Baugrenzen festgesetzt sowie hinsichtlich der Bauweise, dass die zulässigen Hausformen eine Länge von 50 m überschreiten dürfen. Nicht Teil des Bebauungsplans sind etwaige Festsetzungen zu einem Minimum an zu überbauender Grundstücksfläche oder der gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO grundsätzlich mögliche Ausschluss nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässiger Nutzungen, insbesondere von Lagerplätzen.
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bb) Die Käuferin hat sich auch zu einer Verwendung des Grundstücks entsprechend der Vorgaben des Bebauungsplans binnen angemessener Frist verpflichtet und dargelegt, hierzu in der Lage zu sein.
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(1) Ist wie hier für die bauliche Nutzung des vorkaufsgegenständlichen Grundstücks durch einen qualifizierten Bebauungsplan ein Zulässigkeitsrahmen aufgespannt, so kann dem Käufer darüber hinaus nicht abverlangt werden, dass er bestimmte zulässige, aber der Gemeinde nicht genehme Nutzungsarten nicht ausübt oder er bestimmte, planungsrechtlich nicht festgesetzte Untergrenzen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung oder der Bauweise einhält. Hat die Gemeinde einen dahingehenden Willen, so muss sie den Bebauungsplan entsprechend fassen oder gegebenenfalls anpassen, vgl. etwa § 1 Abs. 5 BauNVO und § 16 Abs. 4 BauNVO. Der Käufer muss sich darüber hinaus nicht auf ein bestimmtes Vorhaben festlegen, wenn der Bebauungsplan eine Vielzahl zulässiger Vorhaben gestattet, vielmehr genügt es, wenn er sich zu (irgend-)einem bauplanungsrechtlich zulässigen Vorhaben verpflichtet; für diese Verpflichtung ist angesichts der Kürze der Zeit nicht Voraussetzung, dass das Vorhaben bereits entsprechend der Detailtiefe eines Bauantrags konkretisiert ist. Die Vorschrift des § 27 BauGB gewährleistet die Grundstücksverwendung im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben, aber eben nur diese und rechtfertigt keine weitere Einschränkung des gegebenen Zulässigkeitsrahmens durch außerhalb dessen liegende Verwendungswünsche der Gemeinde (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 38 f.; s.a. die neueste, bisher nur als Pressemitteilung vorliegende Rechtsprechung des BVerwG, U.v. 9.11.2021 - 4 C 1.20 zu einem Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB). Sonstige Vorgaben zur Verwendung des Grundstücks im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann im Falle des besonderen Vorkaufsrechts nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB allerdings auch die Vorkaufssatzung der Gemeinde enthalten, was hier aber nicht der Fall ist.
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Die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer der Käufer die versprochene Nutzung umsetzen muss, ist nicht starr festgelegt, sondern ist anhand der Umstände des Einzelfalls objektiv zu bestimmen, also insbesondere anhand des abgeschätzten Zeitraums für Planung, Finanzierung, Genehmigung und Durchführung des Vorhabens (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 28: Frist eher großzügig zu bemessen; Köster in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 27 Rn. 7).
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„In der Lage“, die zweckentsprechende Grundstücksnutzung auszuüben, ist der Käufer im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn er das Vorhaben tatsächlich, rechtlich und wirtschaftlich umsetzen kann (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 3). Hierfür bedarf es der Glaubhaftmachung durch den Käufer, ein expliziter (Finanzierungs-)Nachweis ist im Rahmen der Abwendungserklärung nicht erforderlich (Reidt a.a.O.; Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 24). Die Gegenansicht, welche eine Sicherung der Durchführungsverpflichtungen, etwa durch eine Unterlassungsdienstbarkeit zugunsten der Gemeinde oder die Vereinbarung eines durch Auflassungsvormerkung gesicherten Ankaufsrechts bei einem Verstoß fordert, ist mit Blick auf den Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 1 und die verhältnismäßig kurze Zeitspanne, innerhalb derer die Abwendung erklärt werden muss, abzulehnen (zur a.A. Grziwotz in Spannow-sky/Uechtritz, BeckOK BauGB, 52. Ed. 1.2.2021, § 27 Rn. 7). Die Gemeinde ist gleichwohl nicht ohne jede Sicherung, da die Verpflichtungserklärung des Käufers im Rahmen der Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis eigener Art begründet, auf das die Vorschriften über den städtebaulichen Vertrag entsprechend anzuwenden sind (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 4).
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(2) Diesen Maßstab zugrunde gelegt erfüllt die Abwendungserklärung der Klägerin vom 20. November 2020 die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil sie sich zunächst zur Umsetzung eines dem Bebauungsplan „… - 2. Änderung“ entsprechenden Vorhabens verpflichtet. Zu mehr, insbesondere dem seitens der Beklagten geäußerten Wunsch nachzukommen, mindestens 25% der Grundstücksfläche zu überbauen, oder keine Nutzung als Lagerplatz anzustreben, war die Klägerin nach dem oben Gesagten nicht verpflichtet. Der Bebauungsplan setzt nämlich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung zeichnerisch ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO fest. In diesem sind Lagerplätze gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 BauNVO allgemein zulässig. Das maximal zulässige Maß der baulichen Nutzung ist unter anderem mit einer Grundflächenzahl (§ 19 BauNVO) von 0,8 festgesetzt, enthält jedoch keine Mindestvorgabe für den Umfang der Bebauung, obwohl § 16 Abs. 4 BauNVO die Möglichkeit hierzu eröffnet. Dies mag für die Beklagte im Ergebnis städtebaulich unbefriedigend sein, jedoch hatte und hat sie die Möglichkeit, ihre Vorstellungen zur Entwicklung des Gewerbegebiets im Rahmen der rechtlichen Vorgaben in den Bebauungsplan aufzunehmen.
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Auch hält sich die Klägerin im Rahmen des durch § 1 der Vorkaufssatzung der Beklagten vom 28. Februar 2019 vorgegebenen Zwecks, was die Beklagte auch nicht in Frage gestellt hat. Die Klägerin ist unbestritten ein in … ansässiges Unternehmen und würde durch die Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans eine gewerbliche Entwicklung im Gemeindegebiet vollziehen, auch wenn sie das zu errichtende Gebäude oder das Grundstück sodann an ein anderes, ebenfalls in … ansässiges Unternehmen der Firmengruppe … vermietet bzw. verpachtet.
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Weiter erscheint die von der Klägerin verpflichtend erklärte Umsetzungsfrist - Bauantrag binnen zwölf Monaten nach Eigentumserwerb und Umsetzung des Vorhabens binnen drei Jahren nach Bestandskraft der Baugenehmigung - angemessen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin den für Planung, Finanzierung, Genehmigung und Durchführung des Vorhabens im Rahmen des § 8 BauNVO nötigen Zeitrahmen überdehnt; sie bewegt sich mit der Umsetzungsfrist von drei Jahren insbesondere innerhalb der Geltungsdauer einer Baugenehmigung von vier Jahren, Art. 69 Abs. 1 BayBO.
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Die Klägerin hat auch glaubhaft gemacht, zur zweckentsprechenden Verwendung des streitgegenständlichen Grundstücks in der Lage zu sein. Für die Glaubhaftmachung genügt es nämlich, dass die Fähigkeit der Klägerin zur zeit- und zweckgerechten Durchführung des Vorhabens überwiegend wahrscheinlich sein, aber nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen muss (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 23; Happ in Eyermann, VwGO, § 123 Rn. 51). Die Beklagte selbst hat anerkannt, dass dies für sie der Fall ist, indem sie mit Bescheid vom 13. Oktober 2020 die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bis zum 20. November 2020 verlängert und darin ausgeführt hat, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der Frist nach Ansicht der Gemeinde vorlägen. Zentrale Voraussetzung für eine solche Fristverlängerung aber ist nach § 27 Abs. 1 Satz 3 BauGB, dass der Käufer glaubhaft macht, dass er in der Lage ist, die Anforderungen aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu erfüllen. Für die Kammer besteht angesichts der Aktenlage und der mündlichen Verhandlung kein Anlass dieser Einschätzung entgegenzutreten. Die Klägerin kauft, verwaltet, bebaut und vermietet bzw. verpachtet Gewerbeflächen an die …, die … und die …, ist also überwiegend wahrscheinlich finanziell und organisatorisch fähig, ein Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet entsprechend dem Bebauungsplan und dem Rahmen des § 8 BauNVO zu nutzen, was die Beklagte auch nicht bestreitet, sondern vielmehr befürchtet.
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c) Nach alldem ist von einer wirksamen Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 Abs. 1 BauGB durch die Klägerin auszugehen, was zur Rechtswidrigkeit des Bescheids der Beklagten vom 11. August 2020 führt. Die Klägerin ist durch diesen Bescheid auch in ihren Rechten verletzt, da sie als Käuferin durch das ausgeübte Vorkaufsrecht faktisch aus ihrer Position verdrängt würde, wenn auch die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts wegen § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 464 Abs. 2 BGB nicht dazu führt, dass der Kaufvertrag zwischen dem beigeladenen Freistaat Bayern und der Klägerin qua Gesetz erlöschen würde. Wie auch sonst ist die Lage bei einem nicht durch Vormerkung gesicherten Vorkaufsrecht nicht anders als bei einem Doppelverkauf. Der Verpflichtete - hier der Beigeladene - kann sich entscheiden, ob er die Ansprüche des Vorkaufsberechtigten oder des Dritten erfüllt, wobei er dann dem jeweils anderen wegen Nichterfüllung haftet. Vertragsrechtlich wird für diesen Fall typischerweise eine auflösende Bedingung oder wie hier - allerdings befristet bis zum 31. März 2021 - ein Rücktrittsrecht im Vertrag zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten (Klägerin) vereinbart (zum Ganzen Faust in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 59. Ed. 1.5.2021, § 464 Rn. 9).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dem Beigeladenen waren gemäß § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten aufzuerlegen, da er keinen Antrag gestellt hat. Umgekehrt kann er auch keine Kostenerstattung verlangen, § 162 Abs. 3 VwGO, und trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.