Inhalt

SG München, Gerichtsbescheid v. 29.01.2021 – S 12 KR 3625/19
Titel:

Krankengeldanspruch trotz verfristeter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Normenkette:
SGB V § 44 Abs. 1, § 46, § 49 Abs. 1 Nr. 5
Leitsätze:
1. Grundsätzlich ist die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Mitteilung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft.  (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von der Ausschlusswirkung der Ruhensregelung sind trotz strikter Handhabung Ausnahmen anerkannt.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Versendet die Versicherte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweislich per Einschreiben, welches nicht angenommen und zurückgeschickt wird, ist ihr der danach entstehende, verfristete Zugang nicht zuzurechnen.  (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die klägerische Mitwirkungsobliegenheit ist auf das Zumutbare zu beschränken. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
verfristeter Zugang, Krankengeld, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Einschreiben, Ruhen, Mitwirkungsobliegenheit
Fundstelle:
BeckRS 2021, 3513

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 23.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2019 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 27.06.2019 bis 14.07.2019 Krankengeld zu zahlen.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Krankengeldanspruchs der Klägerin in der Zeit vom 27.06.2019 bis 14.07.2019.
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Die 1966 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflichtversichert. Am 30.04.2019 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig und erhielt ab dem 11.06.2019 Krankengeld von der Beklagten. Die am 31.05.2019 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit waren bis zum 26.06.2019 befristet. Ebenfalls am 26.06.2019 wurde die weitere Arbeitsunfähigkeit ab dem 27.06.2019 ärztlich festgestellt. Am 27.06.2019 gab die Klägerin diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Post und schickte sie per Einschreiben an die Servicestelle der Beklagten in A-Stadt. Am 13.07.2019 kam der Brief jedoch ungeöffnet und unbearbeitet per Post zurück an die Klägerin. Auf dem Briefumschlag war die Adresse der Servicestelle der Beklagten in A-Stadt durchgestrichen und ein Vermerk angebracht worden „Hauptverwaltung Hannover“. Die Klägerin schickte daraufhin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per E-Mail an die Beklagte, der sie am 15.07.2019 zuging.
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Mit Bescheid vom 23.07.2019 stellte die Beklagte das Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 27. Juni bis zum 14.07.2019 fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 06.08.2019 Widerspruch begründet wurde der Widerspruch damit, dass die Klägerin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig und in zuverlässiger Form abgesandt habe und die Rücksendung nicht zu Ihren Lasten gehen könne. Am 03.12.2019 erließ die Beklagte daraufhin ein Widerspruch. Begründet wurde dieser damit, dass die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit eine Obliegenheit des Versicherten sei und die Folgen der erst per E-Mail und damit verspätet erfolgten Meldung der Arbeitsunfähigkeit von der Klägerin zu tragen sei. Die Meldung sei erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen sei. Die Beklagte würde ihren Versicherten daher alternative Meldewege anbieten wie zum Beispiel das hochladen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt im Kundenportal oder eine Kontaktaufnahme per Telefon per E-Mail oder Fax. Darüber hinaus habe eine Sendung Recherche bei der Deutschen Post ergeben, dass der Brief am 29.06.2019 in dem Logistikzentrum der Deutschen Post in A-Stadt bearbeitet worden sei. Wurde anschließend hingeschickt wurde, hätte anhand der Angaben aber nicht weiter nachvollzogen werden können. Es sei nicht zu verkennen, dass das Ruhen des Krankengeldanspruchs für die Klägerin eine besondere Härte darstelle. Nichtsdestotrotz sei der Beklagten hierbei kein Ermessensspielraum eingeräumt. Eine andere Entscheidung sei ausgeschlossen.
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Hiergegen erhob die Klägerin am 17.12.2019 Klage zum Sozialgericht München. Am 19.01.2021 wann ein Erörterungstermin vor dem Sozialgericht München statt, in dem die Vorsitzende darauf hinwies, dass aufgrund der sehr sorgfältig und detaillierten Dokumentation der Klägerin von einer ordnungsgemäßen und zeitlich ausreichenden Absendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszugehen sei. Weiterhin bestehe zumindest die Möglichkeit bzw. eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Adressänderung auf dem Briefumschlag von der Empfängerseite vorgenommen wurde, oder zumindest durch ein Verhalten der Empfängerseite veranlasst wurde.
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Vor dem Hintergrund der neuesten Rechtsprechung des BSG, das eine Verantwortungsverteilung nach Gefahrenbereichen vornimmt, neigte die Vorsitzenden in diesem Fall dazu, festzustellen, dass die Klägerin alles Erforderliche getan habe, um ihren Anspruch auf Krankengeld zu erhalten und die erfolgten Unregelmäßigkeiten in der Zustellung bei der Beklagten nicht zu ihren Lasten gehen könne.
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Die Beklagtenseite war demgegenüber der Ansicht, dass sich die neuere Rechtsprechung nur auf die Frage der Feststellung, nicht jedoch auf die Frage der zeitgerechten Übermittlung der Arbeitsunfähigkeit beziehe und lehnte die Abgabe eines Vergleichs oder Anerkenntnisses grundsätzlich ab.
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Abschließend erklärten sich die Beteiligten im Erörterungstermin mit dem Erlass eines Gerichtsbescheides einverstanden.
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Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 23.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Krankengeld für die Zeit vom 27. Juni bis 14.07.2019 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
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Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies und der Sachverhalt geklärt war. Die Beteiligten erklärten sich hiermit einverstanden.
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Für die Entscheidung über die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist das Sozialgericht München gem. §§ 57, 8 SGG örtlich und sachlich zuständig.
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Die Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat für den geltend gemachten Zeitraum einen Anspruch auf Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V.
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Das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit vom 27.06.2019 bis zum 14.07.2019 ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist allein die Rechtsfrage, ob der Anspruch wegen verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht.
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Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin ist § 44 Abs. 1 S. 1 SGB V. Demnach haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf Krankengeld ist dabei, dass zur Zeit des jeweiligen Entstehens des Krankengeld-Anspruchs ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld bestand. Dies war hier aufgrund des bestehenden versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin der Fall. Es ist zwischen den Parteien auch unstreitig, dass die Klägerin im beantragten Zeitraum nach ärztlicher Feststellung arbeitsunfähig krank war.
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Der Krankengeld-Anspruch entsteht nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankengeld, also nicht nur die Arbeitsunfähigkeit, sondern auch die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit müssen bei zeitlich befristeter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und dementsprechender Gewährung von Krankengeld für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R).
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Zudem muss der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit und deren Fortdauer rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V melden. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender Arbeitsunfähigkeit sollen beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Als Regelfall geht das Gesetz davon aus, dass der in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte Versicherte selbst die notwendigen Schritte unternimmt, um die mögliche Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren. Die Meldeobliegenheit des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll die Krankenkasse ebenso wie die Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeld-Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Die Norm soll der Krankenkasse die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (BSG Urt. v. 16.12.2014 - B 1 KR 37/14 R - Rn. 17 u. 18).
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Auch wenn sich danach nicht ohne Weiteres ergibt, dass die Krankenkasse verantwortlich für die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit durch den Vertragsarzt und den MDK ist, so kann doch nicht außer Betracht bleiben, dass sich die Krankenkassen im Rahmen des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zur Erfüllung der Ansprüche der Versicherten, zur Konkretisierung ihrer Behandlungsansprüche (vgl. § 2 Abs. 2 SGB V) sowie zur Feststellung, ob die Voraussetzungen von Arbeitsunfähigkeit erfüllt sind, zugelassener Leistungserbringer bedienen, auch wenn die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht notwendig durch einen zugelassenen Leistungserbringer erfolgt sein muss (BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft. Mit Blick darauf muss die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Dies hat auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug zu gelten, wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der Arbeitsunfähigkeit über die Weitergewährung des Krankengeldes neu zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Wie bei der ärztlichen Feststellung handelt es sich auch bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigenärztlichen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist in diesem Sinne sowohl die Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V als auch des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V strikt zu handhaben (BSG, Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 20/11 R). Das BSG hat deshalb in ständiger Rechtsprechung die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und dem Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung zur Last gelegt werden konnte (vgl. etwa: BSGE 29, 271, 272 = SozR Nr. 8 zu § 216 RVO - Verlust einer rechtzeitig aufgegebenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg; SozR Nr. 11 zu § 216 RVO - Unterbleiben der Meldung, weil der gesetzliche Vertreter eines Geschäftsunfähigen von dessen Arbeitsunfähigkeit keine Kenntnis hatte; BSGE 38, 133, 135 = SozR 2200 § 182 Nr. 7 S. 8 - unverschuldetes Unterlassen der Meldung nach Unterbrechung des Krankengeldbezugs; SozR 2200 § 216 Nr. 7 - Unkenntnis des Meldeerfordernisses bei Beginn einer neuen Blockfrist; BSG SozR 2200 § 216 Nr. 11: Meldeversäumnis wegen Beantragung einer konkurrierenden Sozialleistung).
20
Von der Ausschlusswirkung der Ruhens Regelung hat die Rechtsprechung aber trotz der strikten Handhabung Ausnahmen anerkannt, vgl. BSG, Urteil vom 8. 2. 2000 - B 1 KR 11/99 R, NZS 2000, 611. Das Ruhen darf dem Anspruch nicht entgegengehalten werden, wenn die Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse und nicht dem des Versicherten zuzurechnen sind. Das ist beispielsweise angenommen worden, wenn der Versicherte von der rechtzeitigen Abgabe der Meldung ausgehen durfte, diese ihren Adressaten aber wegen von der Kasse zu vertretender Organisationsmängel nicht erreicht hatte (BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr. 5). In einem anderen Fall, in dem der Versicherte von seinem behandelnden Arzt auf Grund einer Fehldiagnose irrtümlich gesundgeschrieben worden war, hat das BSG ausgeführt, der Versicherte müsse eine die Arbeitsunfähigkeit ablehnende ärztliche Feststellung nicht stets hinnehmen, sondern könne ihre Unrichtigkeit - gegebenenfalls auch durch eine expost-Beurteilung eines anderen ärztlichen Gutachters - nachweisen (BSGE 54, 62, 65 = SozR 2200 § 182 Nr. 84 S 167f). Die ihm vom Gesetz übertragene Obliegenheit, für eine zeitgerechte ärztliche Feststellung der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit zu sorgen, erfülle er, wenn er alles in seiner Macht Stehende tue, um die ärztliche Feststellung zu erhalten. Er habe dazu den Arzt auszusuchen und ihm seine Beschwerde vorzutragen. Er könne aber den Arzt nicht zwingen, eine vollständige Befunderhebung durchzuführen und eine zutreffende Beurteilung abzugeben. Unterbleibe die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit allein aus Gründen, die dem Verantwortungsbereich des Kassenarztes oder der sonstigen zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung berufenen Personen oder Einrichtungen zuzuordnen sind, so dürfe sich das nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken.
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Unter Anwendung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen des Ruhenstatbestands des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht gegeben.
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Vorliegend wurde die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 26.06.19 nachweislich per Einschreiben an die Beklagte verschickt und nachweislich im Logistikzentrum der Deutschen Post in A-Stadt bearbeitet. Aufgrund der Versendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem deutlich verlässlicheren und vor allem nachweisbaren Weg des Einschreibens und der sorgfältigen Aufbewahrung der entsprechenden Belege durch die Klägerin unterscheidet sich dieser Fall deutlich von der dem BSG Urteil vom 24. 6. 1969 - 3 RK 64/66 (BSGE 29, 271, 272 = SozR Nr. 8 zu § 216 RVO - Verlust einer rechtzeitig aufgegebenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg) zugrundeliegenden Fallkonstellation. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin nachweislich alles Erforderliche getan, um einen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten sicherzustellen. Auch wenn die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich eine Obliegenheit des Versicherten ist, würde man die Anforderungen an diesen überspannen, wenn man ihm über die Versendung per Einschreiben hinaus noch weitere Kommunikationswege abverlangen würde, um nicht seiner Rechte verlustig zu gehen. Die Vermerke auf dem Briefumschlag legen vielmehr nahe, dass sich die Fehlerquelle beim Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Gefahrenbereich der Beklagten abgespielt hat. Aufgrund der korrekten Adressierung ist nach dem Dafürhalten des Gerichts davon auszugehen, dass - aus welchen Gründen auch immer - ein Vertreter der Beklagten die Annahme der Sendung in A-Stadt abgelehnt und mit einer neuen Anschrift wieder auf den Postweg gegeben hat. Dies kann der Klägerin nicht als Verletzung ihrer Obliegenheit angelastet werden, denn die Mitwirkungsobliegenheit des Versicherten ist auf das ihm Zumutbare beschränkt (BSG, Urt. v. 8.11.2005 - B 1 KR 30/04 R, BSGE 95, 219, Rn. 24). § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist daher im Ergebnis nicht erfüllt, der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld nach § 44 Abs. 1 SGB V ist daher auch im streitgegenständlichen Zeitraum gegeben. Der Bescheid der Beklagten war folglich rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
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Der Klage war daher stattzugeben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.