Inhalt

AG Nürnberg, Endurteil v. 24.09.2021 – 35 C 1932/21
Titel:

Ausschluss aus einer Genossenschaft

Normenketten:
GenG § 51, § 68
ZPO § 256
GesRuaCOVBekG § 3 Abs. 6
Leitsatz:
Jedes Mitglied einer Genossenschaft kann Beschlüssen anderer Organe oder Beschlussfassungen von Mitgliedern außerhalb einer Generalversammlung mit einer Nichtigkeitsklage begegnen. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Genossenschaft, Ausschluss, Ausschließungsgrund, Unkostenbeitrag, Beschluss im Umlaufverfahren, Nichtigkeitsklage, COVMG
Fundstellen:
NZG 2022, 276
LSK 2021, 35124
BeckRS 2021, 35124

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über den Fortbestand einer Genossenschaftsmitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten.
2
Die Beklagte - - ist eine Genossenschaft mit dem Zweck der wirtschaftlichen sowie beruflichen Förderung, Betreuung und Unterstützung der Mitglieder und insbesondere die zentrale Annahme von Fahraufträgen und deren Vermittlung an die Taxis der Mitglieder. Der Kläger ist ein selbstständiger Taxiunternehmer und ist Mitglied bei der Beklagten.
3
Die Genossenschaft hat sich am 12.07.2016 eine Satzung gegeben, wegen deren Einzelheiten auf die zur Gerichtsakte gereichte Ablichtung - Anlage K1 (Blatt 10 bis 37 der Akte) - Bezug genommen wird.
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Der Kläger ist seit 01.03.2013 Mitglied bei der Beklagten. Mit Beschluss vom 23.02.2021 des Vorstandes sowie des Aufsichtsrats nach § 14 Abs. 1 Buchstabe g) der Satzung wurde der Kläger gemäß § 28 d) 1. der Satzung i.V.m. § 27 der Satzung mit Wirkung zum 31.12.2021 ausgeschlossen. Der Ausschluss wurde wie folgt unter Punkt 3 begründet (Anlage K6, Blatt 45 bis 46 der Akte):
„Mit Schreiben vom 24 11. 2020 wurde darauf hingewiesen, dass erhebliche Rückstände in Höhe von seinerzeit 568,33 € für die Monate Juli bis Oktober 2020 bestehen; er wurde zur Zahlung bis 04.12.2020 aufgefordert. Dem kam nicht nach, er zahlte auch weiterhin nur den Hälftebetrag der von ihm zu entrichtenden monatlichen Beiträge. Zum heutigen Tag beträgt der Beitragsrückstand für den Zeitraum Juni 2020 bis heute 794,52 €. Der gerichtlichen Geltendmachung im Mahnverfahren hat der Bürger widersprochen, so dass die Angelegenheit nunmehr vor dem Amtsgericht Nürnberg weiterzuverfolgen ist.
verstößt daher vorsätzlich und nachhaltig gegen seine Verpflichtungen aus § 27 Abs. 2 c) zur Leistung der laufenden Unkostenbeiträge. Auch verstößt der Kläger gegen § 27 Abs. 1 der Satzung, wonach er den Bestimmungen der Satzung und den Beschlüssen der Generalversammlung Folge zu leisten hat.“
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Vor dem Ausschluss am 23.02.2021 hat der Aufsichtsrat und die Vorstandschaft in einer gemeinsamen Sitzung am 20.03.2020 entschieden, das Taxiangebot an die Nachfrage zu steuern und ein rollierendes 2-Tages-System ab dem 5 und 20.03.2020 zu schaffen. Hierbei sollten Taxen mit ungeraden Ordnungsnummer nur an ungeraden Kalendertagen zum Einsatz gelang und Taxen mit gerader Ordnungsnummer an geraden Kalendertag. Demgemäß war die genossenschaftliche Angebotssteuerung im Rahmen der Funkvermittlung dahingehend ausgerichtet, dass Taxen mit ungeraden Ordnungsnummer nur an ungeraden Kalendertagen und Taxen mit geraden Ordnungsnummern an geraden Kalendertagen vermittelt wurden. Der Ausschluss erfolgte für 20 Stunden an dem jeweiligen Tag. Die Berechtigung, Privatkunden außerhalb der Funkvermittlung zu bedienen, blieb unberührt. Es wird insoweit auf das Rundschreiben 06/2020 vom 20.03.2020 Anlage K2 verwiesen.
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Aufgrund der Corona-Situation konnte eine außerordentliche Generalversammlung im Jahr 2020 nicht durchgeführt werden. Es erfolgte im Sommer 2020 eine Mitgliederbefragung zur Flottenteilung, wonach die Funksteuerung weiterhin durch den Vorstand und Aufsichtsrat geregelt werden sollte.
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Die monatlichen Beiträge wurden aufgrund des rollierenden Systems nicht angepasst. Sie beliefen sich bis Juni 2020 in Höhe von 232,05 € und ab Juli 2020 auf monatlich 226,20 €. Im Jahr 2021 erfolgte rückwirkend eine Auszahlung an jedes Mitglied aufgrund von Einsparmaßnahmen aus dem Jahr 2020.
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Der Kläger zahlte aufgrund der eingeschränkten Nutzbarkeit der Funkvermittlung jeweils nur 50% der monatlichen Rate. Er reklamierte gegenüber der Beklagten die Entscheidung und wurde mit Schreiben vom 21.10.2020 angemahnt.
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Der Abschluss eines Vermittlungsvertrages, welcher den Funk, die Inkassoleistungen und auch die Auffahrt am Flughafen umfasst, ist nach Ausschluss aus der Genossenschaft möglich. Für die Nutzung des Funkes ist eine Mitgliedschaft in der Genossenschaft nicht notwendig.
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Der Kläger trägt vor, dass sein Ausschluss formell und materiell rechtswidrig sei. Zudem Verstöße er gegen den Gleichheitsgrundsatz des Genossenschaftsrechts.
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Eine Kürzung des Funkvermittlungsbeitrages sei rechtmäßig, da er auch lediglich jeden 2. Tag die Funkvermittlung habe nutzen können.
12
Es läge ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Genossenschaftsrechtes vor, da MehrTaxenunternehmer bevorzugt seien. Des Weiteren sei ein anderes Mitglied nicht aus der Genossenschaft ausgeschlossen worden, welches Rückstände auflaufen ließ.
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Des Weiteren läge auch kein satzungswidriges Verhalten noch eine Verstoß gegen Beschlüsse einer Generalversammlung vor. Die gegenständlichen Beschlüsse habe der Vorstand und Aufsichtsrat gefasst.
14
Auch läge kein Verstoß gegen § 27 Abs. 2c) der Satzung vor, da die Funkvermittlungsgebühr nicht als laufender Unkostenbeitrag zu verstehen sei. Im Übrigen weigere sich auch der Kläger nicht, ein entsprechendes Entgelt für die Leistung zu erbringen, sondern nur einen Teil davon, wobei er sich auf gute Gründe für seine Reduzierung stütze.
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Auch sei die Beschlussfassung nicht formal korrekt erfolgt. Die Niederschrift würde weder ein Datum tragen noch lasse sich nachvollziehen, dass sachgerecht zu dieser Sitzung geladen worden sei.
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Des Weiteren verstieße die Beklagte durch die nachträgliche Auszahlung gegen Treu und Glauben, indem sie zum einen den Unkostenbeitrag zu 100% einfordere und zum anderen nachträglich eine Erstattung tätige sowie zusätzlich den Kläger die Mitgliedschaft kündige, obwohl dieser aus genannten Gründen die Umlage nur zu 50% bezahlt habe.
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Der Kläger beantragt daher zuletzt:
I. Es wird festgestellt, dass die Ausschließung des Klägers aus der Beklagten mit Wirkung zum 31.12.2021 gem. mit Schreiben vom 10.03.2021 bekannt gegebenen Ausschließungsbeschluss unwirksam ist.
II. Es wird festgestellt, dass der Kläger über den 31.12.2021 hinaus Genossenschaftsmitglied der Beklagten ist.
18
Die Beklagte beantragt zuletzt,
Die Klage wird abgewiesen.
19
Die Beklagte trägt vor, dass der Kläger aufgrund der fehlenden vollständigen Zahlung des Unkostenbeitrags weiterhin vorsätzlich und nachhaltig gegen seine Verpflichtung aus der Satzung nach § 27 Abs. 2c) der Satzung verstieße.
20
Der Kläger verkenne die Grundlage des Unkostenbeitrags. Dieser diene zur Abdeckung sämtlicher Leistungen der Beklagten und nicht nur zur Bereitstellung der Funkvermittlung. Gegenstand des Unternehmens sei nach § 1 Abs. 4a) der Satzung die Einhaltung und der Betrieb der Funk- und Telefonzentrale des sowie der Abschluss von Rahmen- und sonstigen Verträgen jedweder Art, die den Zweck der Genossenschaft fördern. Die Kosten seien nicht allein auf die Personalkosten der Funkzentrale zu reduzieren, da auch darüber hinausgehende Aufgaben und Tätigkeiten einer Taxigenossenschaft (nicht abschließend: Kundenakquisition, Refa-Belege, Werbung/ Marketing, Beschwerdemanagement) ebenfalls zu finanzieren sei und in den Unkostenbeitrag einfließe. Hierfür würden keine separaten Gebühren oder Entgelte erhoben, da dies alles den Unkostenbeitrag umfasse. Die Unkostenbeiträge würden den laufenden Betrieb der Beklagten mit den umfassenden Leistungen finanzieren.
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Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung habe sich das Auftragsvolumen um mehr als 70% aufgrund der Corona-Situation reduziert. Alle Taxiunternehmen seien von der mehrheitlichen beschlossenen Maßnahme der Flottenteilung gleichermaßen betroffen. Die rollierende 50:50-Regelung solle den im Einsatz befindlichen Taxen einigermaßen erträgliche Umsätze ermöglichen und überproportionale Wartezeiten sollen vermieden werden. Die Entwicklung des Auftragsvolumens sei seit Beginn der Pandemie und ab diesem Zeitpunkt seitens der Genossenschaftsführung permanent überwacht worden. Eine Auswertung der vermittelten Aufträge während der Funksteuerung habe ergeben dass bei 500.000 vermittelten Funkaufträgen im Jahr 2020 gleich viele Aufträge an geraden und ungeraden Konzessionsnummern vermittelt worden seien. Eine Ungleichbehandlung der Mitglieder läge nicht vor.
22
Die Ladung des Aufsichtsrates und der Vorstandschaft sei rechtmäßig erfolgt.
23
Das Gericht hat den Kläger sowie den Vorstand der Beklagten informatorisch angehört. Es wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 23.07.2021 verwiesen.
24
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gem. § 313 Abs. 2 ZPO auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die erteilten Hinweise verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
26
I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Ausschließungsbeschlüsse sind Rechtsverhältnisse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, weshalb auf die Feststellung der Unwirksamkeit derartige Beschlüsse durch das betroffene Mitglied geklagt werden kann.
27
II. Die Klage ist unbegründet, da der Ausschluss des Klägers gem. § 68 GenG i.V.m. § 28 Buchstabe d) Nr. 1 i.V.m. § 27 Abs. 2 c) der Satzung durch die Beklagte rechtmäßig erfolgte.
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Grundsätzlich ist hierbei zu berücksichtigen, dass Beschlüsse eines Vorstands sowie des Aufsichtsrates über den Ausschluss eines Mitglieds aufgrund der durch Art. 9 GG geschützten Autonomie nur einer beschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegen. Es ist jedoch anerkannt, dass die Gerichte nachprüfen können, ob die verhängte Maßnahme eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung hat, ob das satzungsmäßig vorgeschriebene Verfahren beachtet, sonst kein Gesetzes- oder Satzungsverstoß vorgekommen sind und ob die Maßnahme nicht grob unbillig oder sogar willkürlich ist.
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Das wegen eines Ausschließungsbeschlusses zuständige Gericht hat dementsprechend nur die formelle und materielle Rechtmäßigkeit, nicht die Zweckmäßigkeit der Ausschlussentscheidung zu überprüfen (Henssler/Strohn GesR/Geibel, 5. Aufl. 2021, GenG § 68 Rn. 7 ff. und Rn. 14).
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1. Der Ausschließungsbeschluss erfolgte formell rechtmäßig.
31
Gemäß § 14 Abs. 1 Buchstabe g) der Satzung beschließt der Vorstand und der Aufsichtsrat in einer gemeinschaftlichen Sitzung über den Ausschluss aus der Genossenschaft.
32
Ein solcher Beschluss liegt mit dem Beschluss vom 23.02.2021 (Bl. 45 f. der Akte) vor, welcher den Ausschluss des Klägers ebenso begründet und von 8 Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrates unterschrieben wurde.
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Unabhängig davon, ob die Ladung des Aufsichtsrates und der Vorstanschaft rechtmäßig erfolgte ist in diesem Rahmen zusätzlich auf § 3 Abs. 6 GesRuaCOVBekG (Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie) hinzuweisen, wonach aufgrund der Corona-Pandemie unabhängig von den Regelungen in der Satzung gemeinsame Sitzungen auch im Umlaufverfahren durchgeführt werden können.
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2. Der Ausschluss erfolgte ebenso materiell rechtmäßig gem. § 68 GenG i.V.m. § 28 Buchstabe d) Nr. 1 i.V.m. § 27 Abs. 2 c) der Satzung.
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Es liegt eine wirksame Satzungsbestimmung vor und es wurde in den Grenzen dieser Bestimmung nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung insbesondere des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der genossenschaftlichen Treuepflicht und des Gleichbehandlungsgebots entschieden (Henssler/Strohn GesR/Geibel, 5. Aufl. 2021, GenG § 68 Rn. 10).
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a) Es liegt ein Ausschließungsgrund gemäß § 28 Buchstabe d) Nr. 1 der Satzung i.V.m. § 27 Abs. 2 Buchstabe c) der Satzung vor, wonach ein Mitglied insbesondere die laufenden Unkostenbeiträge zu leisten hat.
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Unstreitig zahlte der Kläger lediglich 50% des Unkostenbeitrages, weshalb ein Verstoß gegen § 27 Abs. 2 Buchstabe c) der Satzung vorliegt.
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Die Beklagte hat hierbei nachvollziehbar dargelegt, dass die Unkostenbeiträge zur Deckung verschiedener Leistungen verwendet wird, wie insbesondere die Kundenakquisition, Refa-Belege, Werbung/Marketing, Beschwerdemanagement und nicht nur für die Bereitstellung der Funkvermittlung.
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Zwar zahlt der Kläger weiterhin 50% des Beitrages, jedoch ist § 27 Abs. 2 Buchstabe c) der Satzung so zu verstehen, dass ein Mitglied insbesondere die vollständigen laufenden Unkostenbeiträge zu leisten hat. Dies stellt eine Verpflichtung des Genossenschaftsmitglieds dar, da auch gemäß § 27 Abs. 1 der Satzung jedes Mitglied die Pflicht hat, nicht gegen die Interessen der Genossenschaft zu wirken, sondern sie nach besten Kräften zu unterstützen. Der Ausschlussgrund dient insoweit der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Genossenschaft und ist folglich sachlich gerechtfertigt und erforderlich (Henssler/Strohn GesR/Geibel, 5. Aufl. 2021, GenG § 68 Rn. 3).
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Auch wenn der Kläger vorträgt, dass die Reduzierung aufgrund der bestehenden Bedenken bzgl. der Rechtmäßigkeit des Beschlusses über das rollierende System der Funkvermittlung erfolgt ist, stellt die Kürzung der Unkostenbeiträge bereits aufgrund des Wortlauts sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ein Verstoß gegen § 27 Abs. 2 Buchstabe c) der Satzung dar. Aufgrund seines Verhaltens kann dem Kläger der Ausschlussgrund zugerechnet werden, da er hierfür verantwortlich gemacht werden kann (Henssler/Strohn GesR/Geibel, 5. Aufl. 2021, GenG § 68 Rn. 5).
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So ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen, dass ein Genossenschaftsmitglied grundsätzlich die Möglichkeit hat selbst gegen Beschlüsse vorzugehen, insbesondere solche die gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
42
Hierbei verkennt das erkennende Gericht nicht, dass eine Anfechtung zwar nicht gem. § 51 GenG möglich ist, jedoch kann das Mitglied Beschlüsse anderer Organe oder Beschlussfassungen von Mitgliederung außerhalb einer Generalversammlung mit einer Nichtigkeitsklage begegnen (Pöhlmann/Fandrich/Bloehs/Fandrich, 4. Aufl. 2012, GenG § 51 RN. 10). Auch im vom Kläger zitierten Urteil vom OLG Frankfurt (Urteil vom 04.02.2003 - 5 U 63/01 -, RN. 30, juris) wird erwähnt, dass fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse in der Regel nichtig sind, weshalb die Möglichkeit der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO eröffnet ist. Dies ist parallel auch im Vereinsrecht möglich (Palandt/Ellenberger, 80. Auflage 2021, § 32 RN. 11).
43
Bei Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für das benachteiligte Mitglied zudem die Möglichkeit entsprechend auf Erfüllung, Unterlassen, Freistellung oder Schadensersatz zu klagen (Henssler/Strohn GesR/Geibel, 5. Aufl. 2021, GenG § 18 Rn. 6).
44
b) Auch liegt kein Verstoß gegen das pflichtgemäß auszuübende Ermessen gemäß § 28 Buchstabe d) der Satzung vor. Dabei hat sich die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob sich die Ermessensausübung innerhalb der von Recht und Gesetz gezogenen Grenzen hält, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die Zweckmäßigkeit des Ausschlusses zu beurteilen und die eigene Ermessensausübung an die Stelle derjenigen der Genossenschaft zu setzen (Pöhlmann/Fandrich/Bloehs/Fandrich, 4. Aufl. 2012, GenG § 68 Rn. 40).
45
aa) Eine Ungleichbehandlung aufgrund des Ausschlusses aus der Genossenschaft liegt nicht vor. Hierbei darf ein Mitglied grundsätzlich in gleich liegenden Fällen nicht schlechter behandelt werden, als ein anderes Mitglied.
46
Bezogen auf den Ausschluss aus der Genossenschaft ist keine Ungleichbehandlung ersichtlich. Bezüglich des vom Kläger benannten Zeuge (Schriftsatz vom 18.08.2021, Seite 2, Bl. 84 der Akte) liegt bereits ein anderer Sachverhalt zugrunde. Es wird ausgeführt, dass dieser einen immensen Schuldenstand aufgebaut habe und keine Unkostenbeiträge bezahle und dennoch nicht aus der Genossenschaft ausgeschlossen werde.
47
Im Unterschied zum Fall des Klägers lässt dieser Vortrag darauf schließen, dass der Zeuge, Ordnungsnummer 486 den Unkostenbeitrag nicht zahlen konnte, im Unterschied zum Kläger, welcher den Unkostenbeitrag aufgrund des rollierenden Systems nicht zahlen wollte. Es liegt bereits ein unterschiedlicher Sachverhalt vor.
48
Insofern kann es bezüglich des Zeugens auch offen bleiben, inwiefern dieser unter der genannten Ordnungsnummer registriert ist und ein Beitragsrückstand insofern besteht, was durch die Beklagte bestritten wurde (Schriftsatz vom 13.09.2021, Blatt 3).
49
bb) Zudem liegt auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben vor, indem zunächst die Unkostenbeiträge im Kalenderjahr 2020 voll eingefordert wurden, um im Jahr 2021 eine Rückerstattung vorzunehmen.
50
Gemäß § 14 Abs. 1 Buchstabe a) der Satzung besteht grundsätzlich die Möglichkeit die Ausschüttung einer Rückvergütung seitens der Genossenschaft vorzunehmen. Gemäß § 38 der Satzung ist jedoch bei dem Geschäftsjahr von dem Kalenderjahr auszugehen. Der Beschluss über eine Rückvergütung erfolgt nach § 43 der Satzung vor Erstellung der Bilanz.
51
Daraus ergibt sich, dass eine Rückvergütung zwar vor Erstellung der Bilanz zu erfolgen hat, jedoch hierfür zunächst die Erstellung des Jahresabschlusses gem. § 42 der Satzung abgewartet werden kann, um die Höhe einer möglichen Rückerstattung zunächst ermitteln zu können.
52
cc) Auch ist kein Verstoß gegen den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bezüglich der Unterscheidung von Einzelunternehmern und Mehrtaxtenunternehmern ersichtlich.
53
Unabhängig davon, inwiefern dies im Ermessen des Ausschließungsbeschlusses zu berücksichtigen wäre, ist nicht ersichtlich, inwiefern das rollierende System unter Aufteilung der Kennzeichennummern zu einer Ungleichbehandlung zwischen Einzelunternehmern und Mehrtaxen-Unternehmern führt. Der Kläger stellt hierbei auf die unterschiedlichen Unternehmer ab, wohingegen die Beklagte auf die einzelnen Taxis (Fahrzeuge) abstellt.
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Eine Ungleichbehandlung ist insofern nicht ersichtlich, da davon auszugehen ist, dass auf die einzelnen Fahrzeuge abzustellen ist. Die Beklagte nimmt dieses Kriterium auch in § 35 Abs. 1 der Satzung her und stellt bezüglich der Eintrittsgelder auf die einzelnen Taxis ab. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Mehrtaxenunternehmer grundsätzlich ebenso mit dem einzelnen Taxi mit der entsprechenden Nummer für die festgelegten Stunden ausgeschlossen wurde.
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Auch der Einwand der Möglichkeit der Rückgabe der Taxikonzession für Mehrtaxenunternehmer führt nicht zu einer anderen Bewertung, da dem Kläger diese Möglichkeit ebenso offen stand. Folge wäre gewesen, dass das abgemeldete Taxi nicht gefahren werden darf.
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dd) Ein milderes Mittel als der Ausschluss kommt unter Berücksichtigung der Interessenlage nicht in Betracht.
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Die Genossenschaft ist grundsätzlich darauf angewiesen, dass die Mitglieder ihre Beiträge entsprechend zahlen und keine eigen begründeten Kürzungen vornehmen. Des Weiteren ist die Genossenschaft auch im Rahmen der Gleichbehandlung dazu verpflichtet, entsprechende Kürzungen einzufordern, da die Zahlungen pro Taxi zu erfolgen haben, sodass es nicht zu einer Ungleichbehandlung zu anderen Genossenschaftsmitgliedern kommt, welche ihre Unkostenbeiträge pro Taxi in der geforderten Höhe zahlen.
58
Für den Kläger besteht zudem die Möglichkeit einen Funkvermittlungsvertrag mit der Beklagten abzuschließen. Bereits im Schreiben vom 09.03.2021 (Anlage K5) bot die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit an, einen entsprechenden Vertrag abzuschließen, sodass eine weitere Teilnahme an der Funkvermittlung möglich ist. Auch in der Sitzung vom 23.07.2021 wurde erneut die Möglichkeit seitens der Beklagten genannt, einen solchen Vertrag abzuschließen, welcher dann sowohl den Funk, als auch die Inkasso-Leistungen und auch die Auffahrt am Flughafen umfasst. Der Unterschied bestehe hierbei lediglich im Mitbestimmungsrecht der Genossenschaft; eine Mitgliedschaft für die Nutzung des Funks sei entsprechend nicht erforderlich.
59
III. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.
61
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 3 ZPO.