Titel:
Kein Pfarrdienstwohnungsabschlag ohne Dienstwohnung
Normenketten:
BRRG § 135 S. 2
GG Art. 140
WRV Art. 137 Abs. 3 S. 2
BeamtStG § 3 Abs. 3 S. 2
BBG § 126 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine kirchenrechtliche Rechtswegzuweisung an die staatlichen Verwaltungsgerichte liegt mit § 4 Abs. 2 AGPfDG-EKD sowie § 11 KVGG vor. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus § 38 Abs. 1 S. 2 AGPfDG-EKD und § 25 Abs. 1 PfBesG ergibt sich, dass eine Dienstwohnung für Pfarrer vorhanden und nutzbar sein muss. (Rn. 71) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Dienstwohnungsabschlag kann von den Bezügen dann nicht mehr in Abzug gebracht werden, wenn die Nutzungsmöglichkeit wegen des Fehlens einer Dienstwohnung nicht mehr besteht. Die Zuweisung der Dienstwohnung läuft aus tatsächlichen Gründen ins Leere und beendet das öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis, wenn das Mietverhältnis gekündigt und die Mietsache an den Vermieter zurückgegeben wurde. (Rn. 72) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Recht der Evangelischen, Landeskirche Bayern, Pfarrdienstwohnung, Pfarrdienstwohnungsabschlag, Kein Abzug des Pfarrdienstwohnungsabschlages, wenn die Pfarrdienstwohnung nicht mehr vorhanden ist, Rechtswegzuweisung, öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis
Fundstelle:
BeckRS 2021, 35010
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Bemessung der Bezüge der Klägerin für die Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2020 den Dienstwohnungsabschlag einzubehalten.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die am … 1954 geborene Klägerin steht als Pfarrerin im Dienst der Beklagten. Sie trat mit Wirkung zum 30. Juni 2020 in den Ruhestand. Sie wendet sich gegen die Berücksichtigung des Dienstwohnungsabschlages für die Zeit von März bis Juni 2020.
2
Die Klägerin übernahm ab 1. August 2012 die Stelle der Krankenhausseelsorgerin am Klinikum … … und übte diese bis zur Ruhestandsversetzung aus. Zuvor war die Klägerin als Pfarrerin in der Kirchengemeinde … tätig. Dort stand ihr eine Dienstwohnung unmittelbar neben der Kirche zur Verfügung, die sie mit Aufnahme der Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin im Klinikum …jedoch räumen musste.
3
Nachdem für die Stelle als Krankenhausseelsorgerin im Klinikum …, die organisatorisch der Kirchengemeinde … zugeordnet ist, keine Dienstwohnung zur Verfügung stand, beantragte die Klägerin im Hinblick auf die Möglichkeit, ein Reihenhaus in … anzumieten, die Aufhebung der Residenzpflicht. Antragsgemäß wurde daraufhin die Klägerin mit Schreiben des Landeskirchenamtes vom 20. Juli 2012 für die Dauer ihres Einsatzes gemäß § 38 Abs. 1 Satz 3 Pfarrdienstgesetz der EKD (PfDG.EKD) von der Residenzpflicht befreit. Sie bezog daher mit ihrer damals vierköpfigen Familie ein Einfamilienhaus im …, …, das die evangelisch-lutherische Gesamtkirchengemeinde … von einem privaten Vermieter angemietet und der Klägerin gegen Abzug des Dienstwohnungsabschlages überlassen hatte. Die monatliche Kaltmiete wurde von der Gesamtkirchengemeinde übernommen. Der Nutzungswert des Hauses wurde im Rahmen des Dienstwohnungsabschlages gemäß § 25 Abs. 3 des Pfarrbesoldungsgesetzes (PfBesG) zuletzt in Höhe von 758,46 EUR gehaltsmindernd berücksichtigt. Die Differenz zum tatsächlichen Mietwert wurde als geldwerter Vorteil der Lohnsteuer unterworfen.
4
Anfang 2020 mietete die Klägerin im Hinblick auf den für Ende Juni 2020 vorgesehenen Ruhestand privat eine Wohnung in der …, …, und räumte in der Zeit vom 3. bis 5. Februar 2020 die bisherige Dienstwohnung.
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Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde …- … teilte mit Schreiben vom 20. Februar 2020 dem Landeskirchenamt der Evangelischen Landeskirche in Bayern (ELKB) mit, dass mit Beschluss des Kirchenvorstandes … vom 13. Februar 2020 die Aufhebung der Residenzpflicht im Falle der Klägerin einstimmig akzeptiert worden sei.
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Daraufhin informierte das Landeskirchenamt der Beklagten die Klägerin mit Schreiben vom 3. März 2020, dass der mit Kirchenvorstandsbeschluss vom 13. Februar 2020 erteilten Genehmigung des vorzeitigen Auszugs aus der Dienstwohnung zum 5. Februar 2020 zugestimmt werde und Residenzbefreiung vom 5. Februar 2020 bis zum Eintritt in den Ruhestand (1.7.2020) erteilt werde. Entsprechend seien die Bezüge vom 5. Februar 2020 bis 30. Juni 2020 aus der Anlage 1 zu § 13 Abs. 2 PfBesG mit Abzug des Dienstwohnungsabschlages gemäß § 25 Abs. 3 PfBesG zu zahlen. Ferner könne der Familienzuschlag der Stufe 1 zustehen. Die Gehaltsabrechnung im Personalservicezentrum werde dies eigenständig überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen. Fahrtkosten könnten nicht erstattet werden. Die Gehaltsabrechnung im Personalservicezentrum erhalte einen Abdruck des Schreibens verbunden mit der Bitte, die bisherige mietfreie Dienstwohnung für den oben genannten Zeitraum aus der Versteuerung des geldwerten Vorteils herauszunehmen sowie den laufenden Familienzuschlag gegebenenfalls neu festzusetzen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung:war dem Schreiben nicht beigefügt.
7
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 24. März 2020, das sich jedoch nicht in den Akten der Beklagten befindet. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2020 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und festgestellt, dass der Bescheid des Landeskirchenamtes vom 3. März 2020 bestandskräftig bleibt.
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Daraufhin erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 2. Juli 2020, Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Landeskirchenamtes vom 2. Juni 2020, der mit einfachem Brief bekannt gegeben worden sei. Mit der Klage wendet sie sich gegen die Kürzung des Gehalts um den sogenannten Dienstwohnungsabschlag in Höhe von monatlich 758,46 EUR für die Monate März bis Juni 2020.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 12. Juli 2020 beantragte die Klägerin:
1. Die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2020 den für die Monate März 2020 bis einschließlich Juni 2020 vorgenommenen Abzug des Dienstwohnungsabschlages rückgängig zu machen.
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2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
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Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass sie in Abstimmung mit der Gesamtkirchengemeinde … ihre bisherige Dienstwohnung im Vorgriff auf den Ruhestand in der Zeit vom 3. bis 5. Februar 2020 geräumt habe. Die Gesamtkirchengemeinde habe das Mietverhältnis über die Dienstwohnung fristgerecht zum Ablauf des Monats Februar gekündigt. Ab diesem Zeitpunkt habe das Objekt nicht mehr als Pfarrdienstwohnung zur Verfügung gestanden. Zeitgleich seien auch die mietvertraglichen Verpflichtungen für die Gesamtkirchengemeinde entfallen.
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Ihre Bitte um Überprüfung der Gehaltskürzungen habe das Landeskirchenamt der Beklagten als förmlichen Widerspruch gewertet, der ohne weitere Kontaktaufnahme mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2020 zurückgewiesen worden sei. Der Widerspruchsbescheid sei entgegen § 73 Abs. 3 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes nicht nach den Vorschriften des VwZG zugestellt, sondern formlos mit einfachem Brief bekannt gegeben worden. Den tatsächlichen Zugang des Widerspruchsbescheides habe sie nicht festgehalten, vorsorglich habe sie die Klage bereits am 1. Juli 2020 zur Post gegeben.
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Der Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2020 verletze sie in ihren Rechten, soweit die Aufrechterhaltung des Dienstwohnungsabschlages für den Zeitraum 1. März 2020 bis 30. Juni 2020 angeordnet und vollzogen worden sei. In diesem Zeitraum habe ihr weder die bisherige noch eine andere Dienstwohnung zur Verfügung gestanden, für die ein solcher Abschlag hätte vorgenommen werden können. Aus dem in Anlage beigefügten Beschluss des Landeskirchenrates vom 11. Dezember 2018 (Az. 20/28-1-1.KABl. 1/2020 S. 7) zum vorzeitigen Auszug von Pfarrern und Pfarrerinnen aus Dienstwohnungen vor Versetzung in den Ruhestand, auf den sich das Landeskirchenamt der Beklagten in seinem Widerspruchsbescheid maßgebend berufe, ergebe sich nichts Gegenteiliges.
14
Nach Ziffer 2 des Beschlusses des Landeskirchenrates vom 11. Dezember 2018 dürften Pfarrer und Pfarrerinnen unter bestimmten Voraussetzungen bereits bis zu einem Jahr vor Beginn des Ruhestands in eine private Ruhestandswohnung umziehen. Die Regelung wolle ersichtlich den betroffenen Pfarrern und Pfarrerinnen den Wechsel von der Dienstwohnung zur Ruhestandswohnung erleichtern. Die nach § 45 Abs. 1 Satz 3 Pfarrergesetz (PfG) angeordnete Residenzpflicht ende erst bei Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und steht damit auch einem vorzeitigen Auszug aus der Dienstwohnung grundsätzlich entgegen. Andererseits sei mit Eintritt in den Ruhestand die Dienstwohnung im Regelfall sofort zu räumen, was einen nahtlosen Wechsel in eine private Wohnung insbesondere bei Fehlen einer eigenen Immobilie und vorliegend auch angesichts der insgesamt schwierigen Wohnraumsituation erschwere.
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Mangels dienstlichen Interesses an der vorzeitigen Räumung der Dienstwohnung dürfte es auch dienstrechtlich grundsätzlich gerechtfertigt sein, den Dienstwohnungsabschlag zumindest so lange beizubehalten, wie die vorzeitig geräumte Dienstwohnung uneingeschränkt genutzt werden könne, zumal die entsprechende Kostenbelastung für den Dienstherrn fortbestehe. Stehe die Dienstwohnung dagegen nicht mehr zur Verfügung, sei für den Ansatz eines Dienstwohnungsabschlages kein Raum mehr.
16
Die Regelung in Ziffer 3 des Beschlusses vom 11. Dezember 2018 verdeutliche, dass von diesem Verständnis des Beschlusses auch der Landeskirchenrat selbst ausgegangen sei. So solle vom Abzug des Dienstwohnungsabschlages insbesondere Abstand genommen werden, wenn durch Renovierungsarbeiten in der vorzeitig geräumten Dienstwohnung eine fristgerechte Übergabe an den Nachfolger ermöglicht werde. In diesem Fall sei ein Zugriff des vorzeitig ausgezogenen Dienstwohnungsinhabers auf die frühere Dienstwohnung nicht mehr möglich. Dass der Hinweis auf Renovierungsarbeiten die Ausnahmeregelung in Ziffer 3 nicht abschließend umschreibe, zeige bereits die Verwendung des Adverbs „insbesondere“. Deshalb könne entgegen der Ausführungen im Widerspruchsbescheid auch nicht davon ausgegangen werden, dass andere Gründe „nach Sinn und Zweck der Bekanntmachung“ nicht erfasst werden sollten.
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Es stehe außer Streit, dass weder die Klägerin noch die Gesamtkirchengemeinde … die am 4. Februar 2020 geräumte Dienstwohnung über den Februar 2020 hinaus hätten nutzen können, da das alleinige Verfügungsrecht mit Beendigung des Mietvertrages auf den Vermieter übergegangen sei. Zugleich sei endgültig die Belastung der Gesamtkirchengemeinde mit den Kosten für diese Dienstwohnung entfallen. Damit sei auch die potentielle Nutzungsmöglichkeit, die nach dem Beschluss des Landeskirchenrats vom 11. Dezember 2018 zum vorzeitigen Auszug von Pfarrern und Pfarrerinnen aus Dienstwohnungen vor Versetzung in den Ruhestand zwingende Voraussetzung für die Beibehaltung des Dienstwohnungsabschlages sei, entfallen. Die Anordnung eines fiktiven Dienstwohnungsabschlages für eine nicht mehr existierende Dienstwohnung sei weder vom Landeskirchenrat gewollt gewesen noch wäre sie zulässig.
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Schließlich sei ernstlich zweifelhaft, ob der Beschluss des Landeskirchenrates vom 11. Dezember 2018 vorliegend überhaupt einschlägig sei und es sich bei ihrer Dienstwohnung um eine Dienstwohnung im Sinne dieses Beschlusses gehandelt habe. Die dort vorgesehene Zustimmung des Kirchenvorstandes verbunden mit der Befreiung von der Residenzpflicht legten nahe, dass der Beschluss nur Pfarrerinnen und Pfarrer im Gemeindedienst betreffe, die ihrer seelsorgerlichen Tätigkeit als Gemeindepfarrer zumindest nach dem traditionellen Verständnis im und vom jeweiligen Pfarrhaus aus nachgingen. Eine derartige Verknüpfung von Wohn- und Dienstsitz bestehe in der Sonderseelsorge in Kliniken, Gefängnissen oder ähnlichen Einrichtungen nicht. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei für die Klinikseelsorgestelle auch keine Dienstwohnung vorgehalten worden. Eine Residenzpflicht, von der befreit werden müsse, bestehe in solchen Fällen schon dem Grunde nach nicht. Eine erteilte Befreiung sei vorliegend erst recht ins Leere gegangen, weil durch ihren Wohnsitzwechsel die Entfernung zur Gemeinde … als Dienstort deutlich verkürzt worden sei. Den Mitgliedern des Kirchenvorstandes dürfte es kaum verständlich zu machen sein, warum sie ihr für ihren Umzug in eine deutlich näher an der Gemeinde gelegene Wohnung ihre Zustimmung zu erteilen gehabt hätten.
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Dies alles verdeutliche, dass der Beschluss des Landeskirchenrates vom 11. Dezember 2018 keine geeignete Rechtsgrundlage für ihren Auszug aus ihrer Dienstwohnung biete. Für den Umzug im Februar 2020 habe es des dort vorgesehenen Verfahrens auch nicht bedurft. Sie habe sich vielmehr einvernehmlich mit der Gesamtkirchengemeinde … nicht nur über die Anmietung des Objektes im Jahr 2012, sondern auch über die Beendigung des Mietverhältnisses verständigt. Im Ergebnis sei sie nicht vorzeitig aus einer Dienstwohnung ausgezogen, sondern habe die Dienstwohnung verlassen müssen, weil ihr diese Wohnung nach Rückgabe durch die Gesamtkirchengemeinde an den Vermieter nicht mehr zur Verfügung gestanden habe.
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Das Landeskirchenamt sei zu einer vorgerichtlichen Klärung nicht bereit gewesen und habe sie mit dem für sie überraschenden Erlass des Widerspruchsbescheides vor vollendete Tatsachen gestellt und sie letztlich zur Klageerhebung gezwungen.
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 30. November 2020:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die zulässige Klage unbegründet sei, da der Dienstwohnungsabschlag in rechtmäßiger Weise einbehalten worden sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2020 den vorgenommenen Abzug des Dienstwohnungsabschlages für den Zeitraum vom 5. Februar 2020 bis einschließlich 30. Juni 2020 rückgängig zu machen.
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Das Pfarrerdienstrecht sehe es grundsätzlich vor, dass jeder Pfarrstelle eine Dienstwohnung zugeordnet sei. So könne sichergestellt werden, dass der Stelleninhaber oder die Stelleninhaberin in angemessener Weise und in - bestenfalls - unmittelbarer Nähe zum Dienstort wohnen könne, ohne sich im Zusammenhang mit einem Stellenwechsel Gedanken über die Wohnmöglichkeiten machen zu müssen. Meist sei auch ein Amtszimmer in die Pfarrdienstwohnung integriert, sodass die Gemeindemitglieder einen festen Anlaufort hätten, der sich mit dem Wechsel der Pfarrperson auch nicht ändere. Im Grundsatz seien die Kirchengemeinden für die Bereitstellung und Unterhaltung der Pfarrdienstwohnungen verantwortlich. Sei keine Pfarrdienstwohnung vorhanden, so könne die zuständige Stelle auch eine adäquate Wohnung anmieten und diese als Pfarrdienstwohnung zur Verfügung stellen (§ 25 Abs. 1 PfBesG). Im Gegenzug zu dieser Verpflichtung zur Bereitstellung seien Pfarrerinnen und Pfarrer grundsätzlich verpflichtet, die ihnen bereitgestellten Wohnungen auch zu beziehen (§ 38 PfDG.EKD). Diese Systematik ergebe sich auch schon aus der alten, zum Zeitpunkt des Einzugs der Klägerin in die Dienstwohnung gültigen Rechtslage nach dem Pfarrergesetz, dem Pfarrbesoldungsgesetz und den Ausführungsbestimmungen zum Pfarrbesoldungsgesetz über die Dienstwohnungen. Dieses Dienstwohnungssystem können nur dann aufrechterhalten werden, wenn eine Dienstwohnung auch tatsächlich von den Dienstwohnungspflichtigen bewohnt werde - und nur in genehmigten Ausnahmefällen nicht -, sodass hieran ein hohes kirchliches Interesse bestehe.
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Mit Beschluss vom 18./19. Januar 2005 (KABl. 05/2005, S. 99, Az. 20/28-1-1) habe der Landeskirchenrat unter Ziffer 1 beschlossen, dass ein Auszug aus der Pfarrdienstwohnung innerhalb des letzten Monats der aktiven Dienstzeit vor Eintritt in den Ruhestand ohne gesonderten Antrag auf Befreiung von der Residenzpflicht (§ 45 Pfarrergesetz, PfG) möglich sei. Da erfahrungsgemäß die Räumung der Dienstwohnung aus praktischen Gründen nicht immer erst am letzten Tag des aktiven Dienstes möglich sei, habe auf diese Weise eine systemkonforme Verwaltungsvereinfachung ermöglicht werden sollen.
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Weiter sei unter Ziffer 2 geregelt, dass ein Auszug schon bis zu drei Monate vor Beginn des Ruhestandes zum Zweck des Umzugs in eine private Ruhestandswohnung dann möglich sei, wenn die Erreichbarkeit gesichert sei, der Kirchenvorstand und der zuständige Dekan oder die zuständige Dekanin zugestimmt hätten. Der Auszug aus der Dienstwohnung werde in solchen Fällen fortan geduldet, sei aber ohne Auswirkung auf die Besoldung, was also bedeute, dass der Dienstwohnungsabschlag (damals noch Dienstwohnungsausgleichsbetrag genannt) weiterhin, trotz Auszugs, einbehalten werde.
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Ziffer 3 regle den zusätzlichen Ausnahmefall, dass ein kirchliches Interesse an dem Auszug vorliege und nur in diesem Fall dann kein Abzug des (damals noch) Dienstwohnungsausgleichsbetrags genannten (heutigen) Dienstwohnungsabschlags stattfinde.
27
Im Folgebeschluss unter dem Titel „Az. 20/28-1-1 Dienstwohnungen: Auszug von Pfarrern und Pfarrerinnen vor der Versetzung in den Ruhestand“ (KABl. 01/2020, Seite 7) finde sich die an die Beschlusslage von 2005 anknüpfende Regelung (Ziffer 2), dass der Auszug schon bis zu einem Jahr vor Beginn des Ruhestands erfolgen könne. An den übrigen Regelungen hierzu (Zustimmung, Erreichbarkeit, keine Auswirkungen auf die Besoldung) habe sich dadurch nichts geändert. Auch nach der neuen Regelung werde ein früherer Auszug mithin nur geduldet, wirke sich aber auf die Besoldung nicht aus, sodass weiterhin monatlich ein Dienstwohnungsabschlag einbehalten werde.
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Diese Regelung habe ein weiteres Entgegenkommen gegenüber den Interessen der kurz vor dem Ruhestand Stehenden zum Ziel. Gleichwohl solle dadurch aber gerade kein Anreiz für einen früheren Auszug (und damit einen Leerstand der Pfarrdienstwohnung) geschaffen werden, dass der Dienstwohnungsabschlag nicht mehr einbehalten, sondern ausgezahlt werde. Zudem diene der Beschluss der erneuten Verwaltungsvereinfachung, da binnen dieses Zeitraums kein Antrag auf Residenzpflichtbefreiung gestellt (und bearbeitet) werden müsse.
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Ziffer 3 des aktuellen Beschlusses beschreibe die Ausnahmekonstellation, dass ein kirchliches Interesse an dem Auszug vorliege und nur dann der Dienstwohnungsabschlag fortan nicht mehr in Abzug zu bringen sei.
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Eine Auszahlung der Bezüge für den oben genannten Zeitraum ohne Abzug des Dienstwohnungsabschlages komme hier nicht in Betracht, da kein kirchliches Interesse an dem Auszug bestanden habe. Beispielhaft für ein dienstliches Interesse als Fall des kirchlichen Interesses werde in der Bekanntmachung aus dem Jahr 2020 genannt, dass Renovierungsarbeiten durchzuführen seien. Diese könnten andernfalls den Einzug des Nachfolgers verzögern, wenn die Renovierung erst nach dem Auszug des Vorgängers mit Eintritt in dessen Ruhestand beginnen könnten. In solch einer Konstellation habe mithin die Kirche oder die Kirchengemeinde ein besonderes Interesse daran, die Pfarrstelle schnellstmöglich wieder besetzt zu bekommen, was nur dann möglich sei, wenn auch die obligatorische Pfarrdienstwohnung für den Nachfolger zum Dienstantritt bereitstehe. Die ausnahmsweise Auszahlung des Dienstwohnungsabschlages an den Ausziehenden trotz des vorzeitigen Auszugs biete in diesem Fall also aus kirchlichem Interesse einen Anreiz, die Pfarrdienstwohnung möglichst früher zu verlassen, damit die Renovierung für die Nachbesetzung früher beginnen könne.
31
Die Fallgestaltung, wie sie bei der Klägerin vorliege, sei den genannten Interessen der Landeskirche nicht vergleichbar, sodass der weitere Einbehalt des Dienstwohnungsabschlages zwischen dem geduldeten Auszug und dem Ruhestandseintritt vor dem Hintergrund der Systematik der Dienstwohnungen rechtmäßig sei.
32
Die Klägerin erwiderte mit Schriftsatz vom 15. Januar 2021, dass sich die Ausführungen der Beklagten weitgehend in allgemeinen Ausführungen erschöpften, ohne auf den konkret verwirklichten Sachverhalt einzugehen. Die Beklagte nehme den streitentscheidenden Umstand nicht zur Kenntnis, dass ihr seit dem 1. März 2020 keine Dienstwohnung mehr zur Verfügung stehe. Es habe ab diesem Zeitpunkt keine Pfarrdienstwohnung mehr gegeben, die hätte leer stehen können und für die ein Dienstwohnungsabschlag hätte vorgenommen werden können.
33
Die Beklagte weise zutreffend darauf hin, dass es für die Pfarrstelle für Krankenhausseelsorge im Zeitpunkt ihrer Berufung auf diese Stelle keine Pfarrdienstwohnung gegeben habe. Da die Stelle formal an die Gemeinde … angebunden sei, diese jedoch ihre Verpflichtung zur Zurverfügungstellung eine Dienstwohnung nicht nachgekommen sei, habe sie sich selbst auf die Suche machen müssen. Das von ihr in … gefundene privat genutzte Reihenhaus sei anschließend von der Gesamtkirchengemeinde … angemietet und der Klägerin als Pfarrdienstwohnung zur Verfügung gestellt worden. Eine solche Anmietung einer Pfarrdienstwohnung sei in § 25 PfBesG ausdrücklich vorgesehen. Eine sachliche Verknüpfung zwischen Dienstwohnung und Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin habe schon deshalb nicht bestanden, weil die ständige Anwesenheit bei dieser Seelsorgestelle - anders als bei Pfarrern im Gemeindedienst - nicht erforderlich gewesen sei. Deshalb hätten auch ihre Vorgängerin wie auch ihrer Nachfolgerin auf dieser Seelsorgestelle keine Dienstwohnung zur Verfügung gestanden.
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Laut Beklagte solle sie bereits bei Dienstantritt nach § 38 Abs. 1 Satz 3 PfDG.EKD ausdrücklich von der Residenzpflicht befreit worden sein. Warum der Kirchenvorstand … am 13. Februar 2020 nochmals die Aufhebung der Residenzpflicht habe beschließen müssen, erschließe sich deshalb nicht. Zudem ginge dieser Beschluss ins Leere, da die genutzte Dienstwohnung zur Einhaltung der Präsenzpflicht ohnehin nicht geeignet gewesen sei.
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Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sie zu keinem Zeitpunkt zur Nutzung einer Dienstwohnung verpflichtet gewesen sei. Sie habe nicht nur bei Antritt dieser Stelle eine private Wohnung anmieten können. Da der von der Gesamtkirchengemeinde abgeschlossene unbefristete Mietvertrag jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen beendet habe werden können, hätte sie im Einvernehmen mit der Hauptmieterin die Dienstwohnung auch zu jedem späteren Zeitpunkt aufgeben können.
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Die Gesamtkirchengemeinde habe den Mietvertrag über die von ihr angemietete Pfarrdienstwohnung fristgerecht zum 28. Februar 2020 gekündigt. Nach Rückgabe des Objekts an den Vermieter habe der Klägerin weder die bisherige noch eine anderweitige Dienstwohnung zur Verfügung gestanden. Es habe somit ab 1. März 2020 keine Dienstwohnung mehr gegeben, die sie hätte leer stehen lassen können. Schon deshalb gehe der Hinweis der Beklagten fehl, durch die Beibehaltung des Dienstwohnungsabschlages solle kein Anreiz für einen früheren Auszug aus der Dienstwohnung geschaffen werden.
37
Tatsächlich habe sie die ihr zur Verfügung gestellte Dienstwohnung, abgesehen von der umzugsbedingt erforderlichen kurzfristigen Räumungsdauer, auch nicht vorzeitig verlassen. Sie habe diese Wohnung allein wegen der Beendigung des Nutzungsrechts mit Rückgabe an den Vermieter verlassen müssen. Dass die Kündigung der Dienstwohnung im Einvernehmen mit ihr erfolgt sei, da sie selbst die Dienstwohnung ab 1. März 2020 nicht mehr habe nutzen wollen, ändere nichts daran, dass der Dienstherr infolge der Kündigung ab diesem Zeitpunkt keine Wohnung mehr zur Verfügung habe stellen können.
38
Die Beklagte gehe mit keinem Wort darauf ein, dass der Ansatz des Dienstwohnungsabschlages das Vorhandensein einer Dienstwohnung zwingend voraussetze (vgl. VG Bayreuth, U.v. 18.2.2020 - B 5 K 18.1110 - juris). Das VG Bayreuth führe aus, dass sich der Anspruch auf Besoldung nach dem Grundgehalt richte. Bei Zuweisung einer Dienstwohnung als Sachbezug sei das Grundgehalt um den Dienstwohnungsabschlag (Wert des Sachbezuges) zu vermindern. Seit Einführung der Pfarrdienstwohnungsverordnung zum 1. Januar 2019 sei die Dienstwohnung Besoldungsbestandteil. Der Dienstwohnungsabschlag sei hiernach der Betrag, der dem Dienstwohnungsnehmer während der Dauer des Dienstwohnungsnutzungsverhältnisses als im Wege der Möglichkeit der Nutzung der Dienstwohnung bereits vorhandener Besoldungsbestandteil Bezüge mindernd angerechnet werde.
39
Mit Beendigung des Dienstwohnungsnutzungsverhältnisses fehle es an einem entsprechenden Besoldungsbestandteil, der Bezüge mindernd angerechnet werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (U.v. 15.3.2011 - 4 S 684/10 - juris) stelle zudem klar, dass die Grundgehaltsminderung um den Dienstwohnungsabschlag nicht schon Folge des Anspruchs auf eine freie Dienstwohnung sei, sondern voraussetze, dass die Dienstwohnung tatsächlich zur Verfügung gestellt werde (besser: zu Verfügung stehe). Dies sei vorliegend im streitigen Zeitraum März bis einschließlich Juni 2020 offenkundig nicht der Fall gewesen.
40
Auf die Regelung in Ziffer 2 des Beschlusses des Landeskirchenrates vom 11. Dezember 2018 komme es damit nicht an. Der Hinweis auf die Regelung in Ziffer 3 des Beschlusses vom 11. Dezember 2018 solle lediglich verdeutlichen, dass vom Abzug des Dienstwohnungsabschlages insbesondere Abstand zu nehmen ist, wenn dem vorzeitig ausgezogenen Dienstwohnungsinhaber der Zugriff auf die frühere Dienstwohnung nicht mehr möglich sei. Dies sei natürlich erst recht der Fall, wenn die Dienstwohnung nicht mehr existiere.
41
Die Beklagte replizierte mit Schriftsatz vom 12. Februar 2021. Unzutreffend sei, dass die Beklagte den Punkt außer Acht gelassen habe, dass keine Dienstwohnung im Immobilieneigentum der Kirchengemeinde, bei welcher die Klägerin eingesetzt gewesen sei, vorhanden gewesen sei. Die Frage des Vorhandenseins einer Dienstwohnung im Eigentum einer zur Dienstwohnungsbereitstellung verpflichteten Kirchengemeinde sei rechtlich irrelevant, sodass es auf die Frage, dass bei Übertragung der Pfarrstelle für Krankenhausseelsorge … mit Wirkung zum 1. August 2012 eine Pfarrdienstwohnung nicht im Eigentum der Kirchengemeinde zur Verfügung stand, nicht ankomme. Dieser Umstand führte deshalb auch nicht dazu, dass eine sachliche Verknüpfung zwischen der Dienstwohnung und der Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin nicht bestehe, weil eine ständige Anwesenheit nicht erforderlich sei. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Kirchengemeinde generell, also für die Stellenvorgängerin und die Stellennachfolgerin, keine Dienstwohnung in ihrem Immobilieneigentum vorhalte. Denn nach dem Pfarrdienstrecht sei jede (ganze) Pfarrstelle einer Dienstwohnung zugeordnet. Sei - wie hier - eine Pfarrdienstwohnung im Eigentum einer Kirchengemeinde nicht vorhanden oder zwar vorhanden, aber aus z.B. baulichen Gründen tatsächlich nicht bezugsfertig, werde von der Kirchengemeinde, die verpflichtet sei, eine Dienstwohnung bereitzustellen, eine angemessene Dienstwohnung angemietet und dem Pfarrer bzw. der Pfarrerin mietfrei als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt, wie dies hier auch durch die evangelisch-lutherische Gesamtkirchengemeinde erfolgt sei. Eine Dienstwohnung sei demzufolge für die Klägerin vorhanden gewesen. Dadurch sei die Klägerin grundsätzlich auch verpflichtet gewesen, die angemietete und bereitgestellte Dienstwohnung tatsächlich zu beziehen. Die Frage, ob das Besitzrecht einer Kirchengemeinde im Hinblick auf eine konkrete Dienstwohnung auf Eigentum oder einem Mietvertrag fuße, sei demzufolge für das Dienstwohnungsverhältnis des Pfarrers bzw. der Pfarrerin vollkommen unerheblich.
42
Die hiervon strikt zu trennende besoldungsrechtliche Folge der Zurverfügungstellung und Unterhaltung einer Dienstwohnung ergebe sich aus § 25 Abs. 2 PfBesG und führe dazu, dass das Grundgehalt nach Anlage 1 zum PfBesG um den Dienstwohnungsabschlag, also den ehemaligen Ortszuschlag, zu mindern sei.
43
Wie in dem von der Klägerin zitierten Urteil des VG Bayreuth angeführt werde, knüpften die besoldungsrechtlichen Konsequenzen einer Dienstwohnungszuweisung daran an, dass die Dienstwohnung dem Pfarrer eine unentgeltliche Wohngelegenheit, also eine Nutzungsmöglichkeit, biete. Dies gelte wie bei jeder öffentlichen-rechtlichen Nutzungsmöglichkeit unabhängig davon, ob von der Nutzungsmöglichkeit auch wirklich Gebrauch gemacht werde oder ob die Dienstwohnung von dem Pfarrer bzw. der Pfarrerin auch tatsächlich genutzt werde. Allein durch die Nutzungsmöglichkeit würden die besoldungsrechtlichen Rechtsfolgen ausgelöst. Die weitere Frage einer Durchsetzung der Dienstwohnungsnutzungspflicht als bestehende Amtspflicht sei auf der disziplinarrechtlichen Ebene angesiedelt und folglich strikt von der besoldungsrechtlichen Folge zu trennen.
44
Zusammenfassend habe durch die Zurverfügungstellung der privat angemieteten Wohnung eine mietfreie Dienstwohnung zur Nutzung zur Verfügung gestanden. Diese hätte - sofern die Wohnung nicht im Einvernehmen mit der Klägerin vorzeitig gekündigt worden wäre - auch bis zum Eintritt in den Ruhestand weiterhin genutzt werden können. Die Klägerin übersehe, dass die durch die Kündigung und die tatsächliche Räumung der Dienstwohnung verursachte fehlende Verfügbarkeit der Dienstwohnung allein dem Umstand geschuldet gewesen sei, dass sie selbst habe vorzeitig ausziehen wollen und aufgrund dieses Wunsches die streitgegenständliche Wohnung zum 28. Februar 2020 gekündigt worden sei, sie also letztlich selbst dafür verantwortlich gewesen sei, dass die Nutzungsmöglichkeit der Dienstwohnung für sie geendet habe, weshalb sie sich auch, dem Grundsatz von „venire contra factum proprium“ folgend, auf diesen Umstand nicht berufen könne.
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Einer Befreiung von der Residenz- und Dienstwohnungspflicht - wie von der Klägerin beantragt - wurde mit Beschluss des Kirchenvorstandes … vom 13. Februar 2020 zwar zugestimmt, zuständig hierfür sei jedoch der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, aufgrund der hierbei bestehenden kirchlichen Rechtsregelungen. Nachdem auf Grundlage des Beschlusses vom 18./19. Januar 2005 die Befreiung von der Residenz- und Dienstwohnungspflicht nur in Ausnahmefällen in Betracht komme, werde auf der Grundlage dieser Regelung ein vor dem Ruhestand erfolgender vorzeitiger Auszug aus einer Dienstwohnung nur ausnahmsweise geduldet, ohne dass sich die eigentliche Rechtssituation ändere, worüber die Antragstellenden auch ausdrücklich in Kenntnis gesetzt würden. Ein Auszug aus der Dienstwohnung bleibe ohne Auswirkung auf die Besoldung und die Einbehaltung des Dienstwohnungsabschlages, da die Frage der Zuweisung einer Dienstwohnung strikt von der Frage nach der tatsächlichen Nutzung der Wohnung zu trennen sei (VG Bayreuth, U.v. 18.2.2020 - B 5 K 18.1110 - juris).
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Der Zweck der Residenz- und Dienstwohnungspflicht, die Präsenz und Erreichbarkeit des Pfarrers bzw. der Pfarrerin sicherzustellen, liege gerade auch dann vor, wenn sich eine Kirchengemeinde dafür entscheide, in ihrem Kirchengemeindegebiet nach Bedarf eine Dienstwohnung für Pfarrstelleninhaber anzumieten. An diesen Grundsätzen ändere auch die Tatsache nichts, dass die streitgegenständliche Wohnung lediglich privat angemietet worden sei und mit Ablauf des 28. Februar 2020 aufgrund fristgerechter Kündigung nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, da dieser Umstand mit Wissen und mit Einverständnis der Klägerin herbeigeführt worden sei. Sinn und Zweck der Residenz- und Dienstwohnungspflicht und die daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Konsequenzen würden nicht durch die Tatsache der privaten Anmietung und infolge der fehlenden Verfügbarkeit ausgehebelt.
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Die Klägerin übersehe ebenso, dass sie bis zum tatsächlichen Auszug aus der Dienstwohnung die Vorteile einer solchen insoweit genossen habe, als lediglich ein Dienstwohnungsabschlag von ihrer Besoldung einbehalten worden sei, von ihr nicht jedoch der tatsächliche - höhere - Mietzins, den die Kirchengemeinde aufzubringen habe, abverlangt worden sei.
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Zudem habe an dem Auszug der Klägerin aus der streitgegenständlichen Wohnung kein kirchliches Interesse im Sinne der Bekanntmachung aus dem Jahr 2005 bestanden. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes, Pfarrer und Pfarrerinnen je nachdem, ob die ihnen zur Verfügung gestellte Dienstwohnung im Eigentum einer Kirchengemeinde stehe oder aber von dieser für diesen Zweck angemietet werde, sei nicht ersichtlich, da hierdurch das öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis im Rahmen des Dienstwohnungsrechtes zwischen Kirche und Pfarrstelleninhabers nicht berührt werde.
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Die Klägerin wies mit Schriftsatz vom 9. März 2021 darauf hin, dass die Beklagte nun erstmals eingeräumt habe, dass der ihr seit dem 1. März 2020 nach Beendigung des Mietvertrages durch die Gesamtkirchengemeinde und Rückgabe an den Vermieter keine Dienstwohnung mehr zur Verfügung gestanden habe.
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Selbst wenn jeder Pfarrstelle nach dem Pfarrerdienstrecht eine Dienstwohnung zugeordnet sei, so folge hieraus nur, dass jeder Stelleninhaber einen Rechtsanspruch auf eine Dienstwohnung habe. Dieser Rechtsanspruch sei jedoch nicht mit dem Vorhandensein einer Dienstwohnung gleichzusetzen. Es bleibe dabei, dass für ihre Stelle keine Dienstwohnung vorhanden sei. Es fehle an einem Automatismus, wonach eine Kirchengemeinde beim Fehlen einer eigenen Dienstwohnung ersatzweise eine entsprechende Wohnung anmieten müsse. So habe sie sich selbst auf die Suche nach einer Dienstwohnung machen müssen, weil sich von der Gesamtkirchengemeinde zunächst niemand darum gekümmert habe. Außerdem hätte sie (wie auch ihre Stellenvorgängerin und Stellennachfolgerin) von vorneherein auf eine Dienstwohnung verzichten und in eine eigene Wohnung ziehen können. Es sei nicht ersichtlich, dass sie verpflichtet hätte sein können, den Rechtsanspruch auf Bereitstellung einer Dienstwohnung geltend zu machen. Würde bereits die generelle Zuordnung einer Dienstwohnung nach dem Pfarrerdienstrecht der Existenz einer Dienstwohnung gleichstehen, so müsste bei jedem Pfarrer/jeder Pfarrerin ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse ein Dienstwohnungsabschlag vorgenommen werden.
51
Soweit die Beklagte die bloße Nutzungsmöglichkeit für das Auslösen besoldungsrechtlicher Rechtsfolgen als ausreichend erachte, übersehe sie, dass auch die bloße Nutzungsmöglichkeit das Vorhandensein einer Dienstwohnung voraussetze. Mit der endgültigen Rückgabe der Dienstwohnung Ende Februar sei nicht nur die tatsächliche Nutzung der Dienstwohnung, sondern auch die bloße Nutzungsmöglichkeit ausgeschlossen gewesen. Mit Hinweis auf das Urteil des VG Bayreuth habe man vorzubringen versucht, dass nur eine tatsächlich vorhandene und dem Stelleninhaber zugewiesene Dienstwohnung besoldungsrechtlicher Rechtsfolgen auslösen könne.
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Die rechtlich und wirtschaftlich unzutreffende Einschätzung der Beklagten zeige sich auch anhand des Vorwurfs, sie habe sich treuwidrig verhalten, indem sie sich auf das Nichtvorhandensein einer Dienstwohnung berufe, obwohl sie die vorzeitige Beendigung der Nutzungsmöglichkeit der Dienstwohnung selbst initiiert habe. Durch die vorzeitige Rückgabe der Dienstwohnung an den privaten Vermieter seien der Gesamtkirchengemeinde … erhebliche Aufwendungen in Höhe von mindestens vier Monatsmieten erspart worden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sei deshalb allenfalls der Beklagten vorzuwerfen, wenn sie trotz dieser finanziellen Entlastung des Dienstherrn an der Gehaltskürzung der Klägerin in Gestalt der Beibehaltung des Dienstwohnungsabschlags als quasi Strafmaßnahme für den vorzeitigen Auszug festhalte. Die ökonomischen Auswirkungen des vorzeitigen Auszugs machten zudem deutlich, dass es entgegen der Ansicht der Beklagten sehr wohl einen Unterschied mache, ob sich die Dienstwohnung im Eigentum der Kirchengemeinde befinde oder nur angemietet sei. Während im ersten Fall die Nutzungsmöglichkeit wie auch die finanzielle Belastung durch das Objekt für die Kirchengemeinde trotz Auszugs unverändert bestehen bleibe, könne bei einem Mietobjekt die Belastung unter Beachtung der Kündigungsfristen jederzeit beendet werden. Von diesen unterschiedlichen ökonomischen Folgen lasse sich im Ergebnis auch die von der Beklagten unzutreffend interpretierte Ziffer 3 des Erlasses des Landeskirchenrates vom 11. Dezember 2018 leiten.
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Für die Entscheidung des Streitfalles komme es auf den Zweck der Residenz- und Dienstwohnungspflicht nicht an. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte daran festhalte, dass es eine sachliche Verknüpfung zwischen ihrer Dienstwohnung und ihrer Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin gegeben habe. Auch wenn man insoweit auf die organisatorische Angliederung der Stelle an die Kirchengemeinde … abstelle, sei die Dienstwohnung der Klägerin aufgrund ihres Standortes offenkundig nicht geeignet, die Präsenz oder Erreichbarkeit in dieser Kirchengemeinde sicherzustellen. Jedenfalls habe die Kirchengemeinde … unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein eigenes Interesse an der Anmietung einer Dienstwohnung für die Stelle der Krankenhausseelsorge gehabt und habe es auch weiterhin nicht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Protokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat hinsichtlich des Begehrens der Klägerin, für die Zeit von März 2020 bis Juni 2020 nicht um den Dienstwohnungsabschlag von monatlich 758,46 EUR gekürzte Dienstbezüge zu erhalten, Erfolg.
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1. Hinsichtlich des Klagebegehrens der Klägerin ist der Verwaltungsrechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten eröffnet.
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Bei Streitigkeiten in innerkirchlichen Angelegenheiten, zu denen auch die Dienstverhältnisse der Pfarrer zählen, ist infolge des den Kirchen verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV) der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht gegeben. Nach § 135 Satz 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) - diese Vorschrift ist mit Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) nicht außer Kraft getreten, vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG - ist es jedoch den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften überlassen, die Vorschriften des BRRG über den Verwaltungsrechtsweg für Klagen aus dem Beamtenverhältnis (§ 126, 127 BRRG) für anwendbar zu erklären (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.1994 - 2 C 23.93 - BVerwGE 95, 379; VGH BW, U.v. 15.3.2011 - 4 S 684/10 - juris Rn. 14). Eine solche kirchenrechtliche Rechtswegzuweisung an die staatlichen Verwaltungsgerichte liegt mit § 4 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes der Evangelischen Kirche Deutschland zum Pfarrdienstgesetz (AGPfDG.EKD), wonach vermögensrechtliche Ansprüche vor dem staatlichen Verwaltungsgericht geltend zu machen sind und insoweit § 126 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) für anwendbar erklärt wird, sowie § 11 des Kirchlichen Verwaltungsgerichtsgesetzes der ELKB (KVGG), wonach das kirchliche Verwaltungsgericht nicht über vermögensrechtliche Ansprüche aus einem kirchlichen Dienstverhältnis entscheidet, vor.
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2. Die Klage ist auch zulässig.
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Richtige Klageart für das Begehren, ungeschmälerte Leistungsbezüge zu erhalten, ist die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO. Der (Kirchen-)Gesetzgeber genießt im Bereich der Besoldung einen weiten Gestaltungsspielraum. Deswegen und wegen des besoldungsrechtlichen Vorbehaltes des Gesetzes, der auch für das Kirchenrecht gilt (vgl. § 2 Abs. 1 PfBesG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 BayBesG), können durch das Gericht keine Besoldungsleistungen durch Leistungsklage zugesprochen werden, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Das gilt auch für (kirchen-)gesetzlich vorgesehene Leistungskürzungen wie den Pfarrdienstwohnungsabschlag. Denn es ist dem (Kirchen-)Gesetzgeber vorbehalten, die Gesamtbesoldung, die aus verschiedenen Teilen bestehen kann, festzulegen. Deswegen kann Gegenstand dieses Verfahrens nur die Frage sein, ob die Klägerin von Gesetzes wegen einen Anspruch auf Auszahlung der ungeschmälerten Pfarrbesoldungsbezüge hat bzw. der Abzug des Pfarrdienstwohnungsabschlags insoweit zurecht erfolgt ist (VG Bayreuth, U.v. 18.2.2020 - B 5 K 18.1110 - juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 23.10.2018 - 3 BV 16.382 - juris Rn. 15).
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Die Klägerin hatte zunächst Leistungsklage erhoben und in der mündlichen Verhandlung auf eine Feststellungsklage umgestellt. Der Wechsel der Klageart gilt gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung (Riese in: Schoch/Schneider, VwGO, § 91 Rn. 32).
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3. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg, da sich die Einbehaltung des Dienstwohnungsabschlags von den Pfarrbesoldungsbezügen der Klägerin für die Monate März 2020 bis Juni 2020 als rechtswidrig darstellt.
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a) Die Frage, ob der Dienstwohnungsabschlag in der Zeit von März 2020 bis Juni 2020 einbehalten werden durfte, ist nach der zum Zeitpunkt der Einbehaltung geltenden Rechtslage zu beurteilen. Maßgeblich ist insoweit das Kirchengesetz über die Besoldung der Pfarrer und Pfarrerinnen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (Pfarrbesoldungsgesetz - PfBesG) vom 3. Dezember 2013 (KABl 2014 S. 10, 20) sowie die Verordnung über die Pfarrdienstwohnungen (Pfarrdienstwohnungsverordnung - PfDWV) vom 26. Oktober 2018 (KABl S. 367).
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Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PfBesG haben Pfarrerinnen und Pfarrer Anspruch auf Besoldung nach Maßgabe des PfBesG. Die Besoldung setzt sich gemäß § 4 Abs. 1 PfBesG aus Grundbezügen und Nebenbezügen zusammen. Zu den Grundbezügen gemäß § 4 Abs. 2 PfBesG gehören neben dem Grundgehalt (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 PfBesG), der Strukturzulage (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 PfBesG), den Dekanatszulagen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 PfBesG), dem Rentenversicherungszuschlag zuzüglich Steuerabgeltungszuschlag (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 PfBesG), dem Familienzuschlag (§ 4 Abs. 2 Nr. 6 PfBesG) und der Wartestandsbesoldung (§ 4 Abs. 2 Nr. 7 PfBesG) auch die Dienstwohnung (§ 4 Abs. 2 Nr. 5 PfBesG).
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Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 PfBesG sind die Kirchengemeinden oder Gesamtkirchengemeinden vorbehaltlich etwaiger Pflichtleistungen oder freiwilliger Leistungen Dritter verpflichtet, für die Inhaber und Inhaberinnen oder Vertreter und Vertreterinnen einer Pfarrstelle Dienstwohnungen bereitzustellen und diese nach den bestehenden Bestimmungen zu unterhalten. Bei Zuweisung einer Dienstwohnung wird gemäß § 25 Abs. 3 PfBesG das Grundgehalt nach Anlage 1 um einen Betrag vermindert, der sich nach der Anlage 3 bemisst (Dienstwohnungsabschlag) und zum maßgeblichen Zeitpunkt März bis Juni 2020 758,46 EUR/Monat betrug.
65
Ergänzend regelt die seit 1. Januar 2019 geltende Pfarrdienstwohnungsverordnung das öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis. Gemäß § 6 Abs. 1 PfDWV ist jeder Pfarrstelle mit Umfang von mindestens 75 v.H. eine Dienstwohnung zuzuordnen. Das Wohnen in der zugewiesenen Dienstwohnung ist gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 Pfarrdienstgesetz der EKD Teil der Dienstpflichten. Eine Befreiung von der Dienstwohnungspflicht bedarf gemäß § 38 Abs. 1 Satz 3 Pfarrdienstgesetz der EKD der Genehmigung und kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen erteilt werden. Der Dienstwohnungsabschlag gemäß § 25 Abs. 3 PfBesG ist der Betrag, der dem Dienstwohnungsnehmer bzw. der Dienstwohnungsnehmerin während der Dauer des Dienstwohnungsverhältnisses als im Wege der Möglichkeit der Nutzung der Dienstwohnung bereits vorhandener Besoldungsbestandteil auf die Bezüge vermindernd angerechnet wird, § 9 Satz 2 PfDWV.
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b) Dies berücksichtigend stellt sich die Anrechnung des Dienstwohnungsabschlages für die Monate März bis Juni 2020 als nicht rechtmäßig dar.
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Die Klägerin war vom 1. August 2012 bis 30. Juni 2020 als Kirchenseelsorgerin am Klinikum … … tätig. Da für die der Kirchengemeinde … zugeordnete Stelle keine Dienstwohnung vorhanden war, wurde der Klägerin ein von einem privaten Vermieter angemietetes Reihenhaus überlassen, wobei die Kaltmiete von der Kirchengemeinde … übernommen wurde. Die Zuweisung im Sinne des § 25 Abs. 3 PfBesG erfolgte durch Überlassung des Reihenhauses zur unentgeltlichen Nutzung. Keinen Einfluss hat insoweit die seit 1. Januar 2019 geltende Regelung des § 5 Satz 1 PfDWV, wonach eine Dienstwohnung durch Bescheid zuzuweisen ist, da das Pfarrdienstwohnungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten durch Inkrafttreten der PfDWV in seinem Bestand unberührt blieb (VG Bayreuth, U.v. 18.2.2020, a.a.O., Rn. 30).
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Unerheblich ist auch, dass die Pfarrdienstwohnung aufgrund der Entfernung zur Kirchengemeinde … nicht dem Regelfall einer Pfarrdienstwohnung, die dem Zweck dient, dass der Pfarrer in seiner Gemeinde präsent und erreichbar ist, entspricht. Durch Übernahme der Kaltmiete durch die Kirchengemeinde … entstand nämlich eine vergleichbare Situation mit einem Gemeindepfarrer, der mietfrei im Pfarrhaus der Kirchengemeinde wohnen kann. Denn Anknüpfungspunkt für die besoldungsrechtlichen Konsequenzen der Überlassung einer Dienstwohnung in Gestalt des Dienstwohnungsabschlages ist, dass dem Pfarrer bzw. der Pfarrerin eine unentgeltliche Wohngelegenheit zur Verfügung gestellt wird und er/sie dadurch die Möglichkeit hat, sich Mietkosten zu ersparen. Die Zurverfügungstellung der Dienstwohnung ist gleichsam eine Sachleistung des Dienstherrn, die eigenständig neben die Grundbezüge tritt. Diese Leistung des Dienstherrn erfolgt, sobald eine Dienstwohnung an der Pfarrstelle tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, völlig unabhängig davon, ob die Dienstwohnung vom Pfarrer genutzt wird. Die Dienstwohnung als Besoldungsbestandteil (vgl. § 4 PfBesG, § 9 Satz 1 PfDWV) wird kompensiert durch eine Verminderung der Grundbezüge im Verhältnis zu denjenigen Pfarrern, denen eine kostenlose Wohngelegenheit nicht zur Verfügung steht. Diese Differenzierung ist gesetzliche Folge der Zuweisung (VG Bayreuth, U.v. 18.2.2020, a.a.O., Rn. 32 f.).
69
Auch dass es sich bei der überlassenen Wohnung um ein von der zuständigen Kirchengemeinde angemietetes Objekt gehandelt hat, ändert nichts daran, dass die Überlassung des Wohnobjektes grundsätzlich die Berücksichtigung des Dienstwohnungsabschlages ausgelöst hat. Denn für den das Wohnobjekt nutzenden Pfarrer ergeben sich keine unterschiedlichen Vorteile daraus, ob das Wohnobjekt im Eigentum der zuständigen Kirchengemeinde steht oder von dieser angemietet wurde, § 4 Satz 2 PfDWV.
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Maßgeblich ist aber unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsvorschriften, dass ein Wohnobjekt tatsächlich zur Verfügung steht.
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So ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der übergeordneten Vorschrift des § 38 Abs. 1 Satz 2 des Pfarrdienstgesetzes der Evangelischen Kirche Deutschland (PfDG.EKD), wonach eine für Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrer „bestimmte“ Dienstwohnung zu beziehen ist, dass diese Dienstwohnung vorhanden und nutzbar sein muss. § 25 Abs. 1 PfBesG erfordert eine „bereitgestellte“ Dienstwohnung, nach § 25 Abs. 3 PfBesG setzt die Zuweisung einer Dienstwohnung eine vorhandene und nutzbare Dienstwohnung voraus. Des Weiteren schreibt § 9 Satz 2 PfDWV den Gedanken, dass eine Dienstwohnung verfügbar sein muss, fort, indem festgelegt wird, dass der Dienstwohnungsabschlag während der Dauer des Dienstwohnungsverhältnisses die „Möglichkeit der Nutzung der Dienstwohnung“ abgelten soll. Maßgeblich ist also die Möglichkeit der Nutzung, nicht die tatsächliche Nutzung. Jedenfalls setzt die Möglichkeit der Nutzung das Vorhandensein und die Verfügbarkeit einer Dienstwohnung voraus. Entsprechend ermöglicht § 16 Abs. 1 Satz 1 PfDWV die Genehmigung des Wohnens im eigenen Haus bzw. in der eigenen Wohnung, falls keine „bezugsfertige Dienstwohnung“ vorhanden ist.
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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass aufgrund der Kündigung des Mietverhältnisses über das Reihenhaus durch die Kirchengemeinde … eine zugewiesene bzw. zuweisbare Dienstwohnung ab 1. März 2020 nicht mehr vorhanden war. Durch die Kündigung des Mietverhältnisses und Rückgabe des Reihenhauses an den Vermieter lief die Zuweisung der Dienstwohnung aus tatsächlichen Gründen ins Leere und beendete das öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis, da eine Nutzungsmöglichkeit wegen Fehlens einer Dienstwohnung gerade nicht mehr bestand. Damit entfiel auch die Verpflichtung des Beklagten, den Dienstwohnungsabschlag von den Bezügen in Abzug zu bringen. Dass die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Kirchengemeinde … auf Anregung der Klägerin erfolgte, ändert nichts an der Situation, dass gerade keine Dienstwohnung, die zur Nutzung hätte zugewiesen werden können, vorhanden war. Entsprechend wurde die Kirchengemeinde auch nicht mehr mit Mietzahlungen belastet. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Situation erheblich von Pfarrwohnungen/-häusern im Eigentum der Kirchengemeinden, die aufgrund eines vorzeitigen Auszuges des Pfarrers ungenutzt weiterhin zur Verfügung stehen.
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Soweit die Beklagte sich auf den Beschluss des Landeskirchenrates vom 11. Dezember 2018, veröffentlicht mit Bekanntmachung vom 2. Dezember 2019 (KABl. 2020 S. 7) zu § 16 Abs. 2 Satz 1 PfDWV über den Auszug von Pfarrern und Pfarrerinnen aus der Dienstwohnung vor der Versetzung in den Ruhestand bezieht und darauf verweist, dass gemäß Ziff. 2 und 3 des Beschlusses bei einem Auszug aus der Dienstwohnung anlässlich des anstehenden Ruhestandes die Berücksichtigung des Dienstwohnungsabschlages nur unterbleibt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Auszug im kirchlichen Interesse liegt, so übersieht sie, dass auch diese Beschlusslage auf das Vorhandensein einer Dienstwohnung und deren Nutzungsmöglichkeit abstellt. Entsprechend kann es dahinstehen, ob vorliegend ein wichtiger Grund bzw. ein kirchliches Interesse am Auszug bestanden hat.
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Im Übrigen dürfte dem Abzug des Dienstwohnungsabschlages auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen, da die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 3. März 2020 für die Zeit vom 5. Februar 2020 bis zum Eintritt des Ruhestandes erneut von der Residenzpflicht befreit hat (vgl. BayVGH, U.v. 8.7.2021 - 3 B 21.373 - juris).
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.