Titel:
Anrechnung von Zeiten des Wehrdienstes auf die Betriebszugehörigkeit
Normenkette:
ArbPlSchG § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1 (idF bis zum 31.12.2019)
Leitsätze:
Wirkung der Anrechnung von Zeiten des Wehrdienstes auf die Betriebszugehörigkeit: kein Anspruch auf Anwendung von Bestimmungen, die nur für Personen gelten, die vor dem geschützten Arbeitnehmer eingestellt wurden. Daher bestand für den Kläger kein Anspruch auf eine Übergangszahlung und in der Folge kein Anspruch auf eine im Sozialplan vorgesehene Abgeltung für den Verlust dieses Anspruchs. (Rn. 30 – 36)
Zwar werden nach dem ArbPlSchG Zeiten des Wehrdienstes auf die Berufs- und Betriebszugehörigkeit angerechnet. Daraus ergibt sich aber kein Anspruch auf Anwendung von Bestimmungen, die nur für Personen gelten, die vor dem geschützten Arbeitnehmer eingestellt wurden. Das ArbPlSchG fingiert kein früheres als das tatsächliche Eintrittsdatum. Wird der persönliche Geltungsbereich verschiedener Versorgungsordnungen nach dem Einstellungsdatum abgegrenzt, ist auch für die nach dem ArbPlSchG geschützten Arbeitnehmer das tatsächliche Einstellungsdatum maßgebend. Die Anrechnung der Wehrdienstzeiten wirkt sich nur insoweit aus, wie Rechte dem Grunde oder der Höhe nach von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängen (im Anschluss an BAG BeckRS 2007, 40227). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anrechnung von Zeiten des Wehrdienstes, Übergangszahlung, Sozialplan, Arbeitsplatzschutz
Vorinstanz:
ArbG Augsburg, Endurteil vom 05.12.2020 – 3 Ca 353/20
Fundstelle:
BeckRS 2021, 34581
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 05.12.2020, Az.: 3 Ca 353/20 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers aus einem Sozialplan auf pauschale Abgeltung für den Verlust einer Übergangszahlung/Übergangszuschuss in Höhe von € 15.000,00.
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Der Kläger war seit 17.11.1983 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Siemens AG als ÜT - Angestellter beschäftigt. Am 01.04.2020 ging das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs von der Firma S. AG auf die jetzige Beklagte über.
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Wegen der Schließung des Standortes in B-Stadt wurde mit dem Gesamtbetriebsrat am 17.04.2019 ein Sozialplan abgeschlossen, der in Ziff. V (Bl. 11ff d. A.) lautet wie folgt:
„V. Abgeltung von Übergangszahlung/-zuschuss aus entsprechenden Regelungen der Siemens AG Arbeitnehmer, die eine wirksame Zusage auf Bezug von Übergangszahlung/- zuschuss gemäß der entsprechenden Regelungen der Siemens AG haben und die vor Erreichen ihres Firmenpensionsanspruchs im Wege eines dreiseitigen Vertrags auf Übertritt in die Transfergesellschaft oder durch Annahme eines Aufhebungsangebots zu den Bedingungen dieses Sozialplans aus dem Unternehmen ausscheiden, erhalten für den Verlust der Übergangszahlung/-zuschuss eine pauschale Abgeltung in Höhe von € 15.000,00 brutto. Diese Abgeltung wird nicht auf sonstige Ansprüche aus diesem Sozialplan angerechnet.“
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Bei der Siemens AG gab es die Dienstzeitrichtlinien vom 01.01.1999 (Bl. 31ff d.A.), die gem. der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.04.2001 (Bl. 69 d.A.) und dem 1. Nachtrag zur dieser GBV vom 14.06.2012 (Bl. 70f d.A.) auch bei der Beklagten Anwendung finden. Darin werden fünf Stichtage genannt (letzter tatsächlicher Eintrittstag, Firmenzugehörigkeit, Betriebliche Altersversorgung, Unverfallbarkeitsfrist (BetrAVG)/Versorgungszusage, Unverfallbarkeitsfrist(BetrAVG)/Betriebszugehörigkeit), für die bestimmte Zeiten neben der aktuellen Beschäftigung bei Siemens anerkannt werden. Ziff. 7 regelt die Besonderheiten bei der betrieblichen Altersversorgung. Hierin heißt es auszugsweise:
„7.3 Übergangszuschuss/-zahlung bei Pensionierung Bei nahtlosem Wechsel von einer Siemens-Gesellschaft, bei der zuletzt ein Anspruch auf 6 Monate Übergangszuschuss/-zahlung für den Fall der Pensionierung bestanden hat, wird der Anspruch von der Siemens AG fortgeführt. Dies ist dann in der Dienstzeitfestsetzung zu vermerken.“
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In der Anlage 1 zur Dienstzeitrichtlinie sind die einzelnen Stichtage und ihr Zweck genau definiert. Für den „Letzten tatsächlichen Eintrittstag“ ist in Ziff. 1 festgehalten, dass dieser Stichtag aus steuerlichen Gründen für die Ermittlung von Pensionsrückstellungen benötigt wird und hierfür maßgeblich der letzte Beginn des Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnisses mit der Siemens AG ist. Ausdrücklich heißt es hierin auszugsweise:
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Der Stichtag „Letzter tatsächlicher Eintrittstag“ darf keine darüber hinaus anerkannten Zeiten enthalten, wie
- Wehr-/Zivildienstzeiten Bezüglich des Stichtages „Firmenzugehörigkeit“ ist dieser als maßgebend für Firmenleistungen angegeben, die von der Dauer der Firmenzugehörigkeit abhängen. Der Stichtag „Betriebliche Altersversorgung“ ist nach der dortigen Regelung für die Höhe der betrieblichen Altersversorgung im Tarifkreis von Bedeutung, wobei angemerkt ist, dass Mitarbeiter des ÜT-Kreises eine von der Dienstzeit unabhängige individuelle Pensionszusage erhalten.
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In Anlage 2 ist die Anerkennung von gesetzlich vorgeschriebenen Zeiten geregelt, u.a. von Wehrdienstzeiten. Hierin heißt es auszugsweise:
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1.2.1 Grundwehrdienst/Wehrdienst als Soldat auf Zeit bis 2 Jahre Bei Eintritt (letzter tatsächlicher Eintritt) in die Siemens AG innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung von
- Wehrdienst als Soldat auf Zeit bis 2 Jahre wird die Zeit des Wehrdienstes für die Stichtage „Firmenzugehörigkeit“,“ Betriebliche Altersversorgung“, „Unverfallbarkeitsfrist (BetrAVG)/Versorgungszusage“ und „Unverfallbarkeitsfrist(BetrAVG)/Betriebszugehörigkeit“ anerkannt.
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Sie gilt jedoch nicht für den Stichtag „Letzter tatsächlicher Eintrittstag“.In Anlage 4 ist ein Formular für die Dienstzeitfestsetzung enthalten, wobei in Ziff. 6 eine Formulierung vorgesehen ist, wonach auch bei Eintritt nach dem 30.09.1983 ein Anspruch auf Übergangszahlung erhalten bleibt bei nahtlosem Übertritt aus einer Siemens-Beteiligungsgesellschaft in die Siemens AG.
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Bei der Siemens AG galt laut Anlage zum ZP-Rundschreiben Nr. 10/82 vom 23.12.1981 für Mitarbeiter des Tarifkreises die Zusage für einen Übergangszuschuss nach ihrer Pensionierung. Die die Übergangszuschüsse regelnden Vereinbarungen zwischen der Siemens AG und dem Gesamtbetriebsrat wurden zum 30.09.1983 gekündigt. In dieser Kündigungsvereinbarung ist festgehalten, dass Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30.09.1983 beginnt - mit eng begrenzten Ausnahmen - keinen Anspruch mehr auf diese Leistungen erwerben (Anlage zum ZP-Rundschreiben Nr. 29/8 vom 08.08.1983 (Bl 143 d.A.).
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Am 23.08.2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten per Email die Berücksichtigung seiner Grundwehrdienstzeiten (Bl 68 d.A.). Mit E-Mail vom 01.10.2019 (Bl. 55 d.A.) wurde auf den Antrag des Klägers hin mitgeteilt, dass sich die Anrechnung der Zeit des Grundwehrdienstes nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz auf den Stichtag für die Firmenzugehörigkeit und die daran anknüpfende Berechnung der Abfindung des Sozialplans auswirkt, sich hierdurch aber der Stichtag „Letzter tatsächlicher Eintritt“ nicht verändert und bei dem 17.11.1983 verbleibt. Da sein Arbeitsvertrag bei der Siemens AG nicht tatsächlich vor dem 30.09.1983 begonnen worden sei, bestehe in seinem Falle keine Zusage auf eine Übergangszahlung. Dadurch ergebe sich auch kein Anspruch auf eine Übergangszahlung.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm die Übergangszahlung in Höhe von € 15.000,00 brutto nach dem Sozialplan zusteht, weil er wegen der Anerkennung seiner Wehrdienstzeit eine vor dem 30.09.1983 beginnende Dienstzeit habe. Bei der Übergangszahlung handele es sich um eine betriebliche Altersversorgung. Daher müsse der frühere Diensteintritt auch für den Anspruch auf die Übergangszahlung gelten. Zusätzlich ergebe sich der Anspruch auch aus dem Rundschreiben 10/82 der Siemens AG wonach die Siemens AG ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf einen Übergangszuschuss zugestehe. Damit und in Verbund mit der Dienstzeitrichtlinie, dort Ziffer 7.3, sei der Stichtag für die Zahlung des Übergangszuschusses auf einen Zeitpunkt vor dem 17.11.1983 geändert worden. Dies habe zur Folge, dass der Eintritt vor dem Stichtag 30.09.1983 läge, so dass dem Kläger der Übergangszuschuss zustehe. Darüber hinaus bestehe der Anspruch auch aus der Anlage 4 der Dienstzeitrichtlinie.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger gemäß Ziffer V. des Sozialplans der C. vom 17.04.2019 für den Verlust der Übergangszahlung/ des Übergangszuschusses eine pauschale Abgeltung in Höhe von € 15.000,00 brutto zu bezahlen.
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Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
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Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass keine Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch besteht. Gem. Ziff. V. des Sozialplans der Beklagten sei Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer eine wirksame Zusage auf Bezug von Übergangszahlungen/-zuschuss gemäß einer entsprechenden Regelung der Siemens AG habe. Eine derartige Zusage habe der Kläger jedoch nicht erhalten, da er erst am 17.11.1983 in das Unternehmen eingetreten sei und damit nach dem 30.09.1983.
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Auch aus Ziffer 7.3 der Dienstzeitrichtlinie ergebe sich kein Anspruch für den Kläger, da diese Regelung keine wirksame Zusage auf Bezug von Übergangszahlung beinhalte, sondern eine solche voraussetze. Auch der Hinweis auf Anlage 4 Seite 2 der Dienstzeitrichtlinie helfe nicht weiter, da es sich hier ebenfalls um keine Anspruchsgrundlage handele. Auch beziehe sich die gewählte Formulierung auf das tatsächliche Eintrittsdatum und nicht auf die Firmenzugehörigkeit. Tatsächlich sei der Kläger aber zum 17.11.1983 bei der Siemens AG eingetreten. Damit habe sein Arbeitsverhältnis erst nach dem 30.09.1983 begonnen, sodass sich ein Anspruch hieraus nicht ergeben könne. Dies sei dem Kläger auch mit der Email vom 01.10.2019 mitgeteilt worden.
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Auch die vom Kläger in Bezug genommene Vereinbarung zum Übergangszuschuss der Siemens AG helfe hier nicht weiter, da diese Vereinbarung durch eine Vereinbarung zwischen der Siemens AG und dem Gesamtbetriebsrat vom 29.07.1983 gekündigt worden sei. Nach dieser Vereinbarung würden Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis mit der Siemens AG nach dem 30.09.1983 beginne, keinen Anspruch mehr auf Zahlung eines Übergangszuschusses bei Pensionierung erwerben. Die Ausnahmefälle in der Vereinbarung seien nicht erfüllt. Im Übrigen sei auch der Antrag auf Anerkenntnis des Wehrdienstes zu spät gestellt worden und deshalb verfristet.
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Das Arbeitsgericht Augsburg hat mit dem angefochtenen Endurteil vom 05.10.2020 die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass der Vortrag des Klägers unschlüssig sei und nicht nachvollzogen werden könne, worauf sich der Anspruch des Klägers stütze. Das Vorliegen einer wirksamen Zusage im Sinne der Ziff. V des Sozialplans werde vom Kläger nicht behauptet.
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Gegen dieses dem Kläger am 13.10.2020 zugestellte Endurteil hat der Kläger am 27.10.2020 Berufung eingelegt und diese mit einem beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 08.01.2020 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.
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Der Kläger macht geltend, dass das erstinstanzliche Urteil unzutreffend sei und sich nicht mit dem klägerischen Vortrag auseinandergesetzt habe. Aufgrund der verpflichtenden Anrechnung seines Grundwehrdienstes eine Firmenzugehörigkeit vor dem 30.09.1983 begründet wurde und er daher eine wirksame Zusage auf eine Übergangszahlung erworben habe. Aus diesem Grunde habe er auch einen Anspruch auf die begehrte Leistung aus Ziff. V des Sozialplanes. Dies ergebe sich auch aus Ziff. 7.3 der Dienstzeitenrichtlinien.
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Die Anerkennung des Wehrdienstes müsse sich auch auf die Betriebsrente auswirken. Die Beklagte habe fehlerhaft nur das Datum der Firmenzugehörigkeit auf einen vor dem 30.09.1983 liegenden Termin verlegt, nicht aber die für die Pensionierung relevanten Daten. In der Dienstzeitenregelung sei aber in Ziff. 6.1.1 vereinbart, dass die Zeiten „FZ“, „AHV“, „UV-V“ und „UV-B“ zusammenhängend zu berücksichtigen seien. Demgemäß hätten durch die Anerkennung der Wehrdienstzeiten auch für die Gewährung der Betriebsrente und der Übergangszahlung die relevanten Stichtage geändert werden müssen. Aufgrund der Regelung in Ziff. 6 der Anlage 4 zur Dienstzeitenrichtlinie wäre für nach dem 30.09.1983 bei der Siemens AG eingetretene Mitarbeiter ein Beibehalt des Übergangsgeldanspruches für den Fall der Pensionierung festgeschrieben. Entsprechend hätte die Beklagte die Korrektur der erforderlichen Zeiten auch hinsichtlich des streitgegenständlichen Anspruches vornehmen müssen.
- 1.
-
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichtes B-Stadt vom 05.10.2020, Az.: 3 Ca 353/20 abgeändert.
- 2.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger gemäß Ziff. V. des Sozialplans der C. vom 17.04.2019 für den Verlust der Übergangszahlung/des Übergangszuschusses eine pauschale Abgeltung in Höhe von 15.000,- brutto zu bezahlen.
23
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als im Ergebnis zutreffend. Sie bestreitet auch weiterhin einen Anspruch des Klägers auf die begehrte Zahlung. Ein Anspruch im Sinne einer wirksamen Zusage auf Bezug von Übergangszahlung/-zuschuss sei auch in der Berufungsinstanz nicht dargelegt. Die Vereinbarung vom 23.12.1981 zu einem Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis sei durch Vereinbarung zwischen der Siemens AG und dem Gesamtbetriebsrat vom 29.07.1983 zum 30.09.1983 gekündigt worden. Für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30.09.1983 begonnen habe, ergebe sich daher kein Anspruch mehr auf Zahlung eines Übergangzuschusses, folglich auch für den Kläger. Der Kläger habe nicht vorgetragen, aus welchem rechtlichen Grund diese Vereinbarung noch gelten solle. Ziff. 7.3 der Dienstzeitrichtlinie regle lediglich den Fortbestand eines bestehenden Anspruches. Ein solchen bestehenden Anspruch habe der Kläger aber gerade nicht vorgetragen. Dass sich aufgrund der Regelungen in der Dienstzeitrichtlinie auch der Stichtag für die Übergangszahlung ändere, sei nicht ersichtlich. Im Wortlaut der Ziff. 7.3 sei hierzu nichts enthalten, insbesondere auch kein Verweis auf Anlage 2 der Dienstzeitrichtlinie. Inwieweit sich aus Ziff. 6 der Anlage 2 ergeben solle, dass dies der Fall sei, könne nicht nachvollzogen werden. Auch Anlage 4 Ziff. 6 begründe keinen Anspruch, da es sich um einen nicht ausgefüllten Antrag handele.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (25.07.2006, 3 AZR 307/05) ergebe sich kein Anspruch aus dem Arbeitsplatzschutzgesetz auf Teilhabe an einer Regelung, die bereits vor dem Eintritt in den neuen Beschäftigungsbetrieb außer Kraft gesetzt worden sei. Zudem habe der Kläger den Antrag auf Anerkennung erst 2019 und damit zu spät gestellt.
26
Für den weiteren Sach- und Rechtsvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze vom 08.01.2021 und 11.02.2021 samt Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
27
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.
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Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist daher zulässig.
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Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf die in Ziff. V des Sozialplans vom 17.04.2019 geregelte Abgeltungszahlung für den Verlust einer Übergangszahlung/-zuschusses in Höhe von € 15.000,- brutto besteht nicht, so dass die erstinstanzliche Klageabweisung zwar mit inhaltsarmer Begründung aber im Ergebnis zu Recht erfolgt ist. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch sind nicht erfüllt, weil der Kläger keine wirksame Zusage zum Bezug einer Übergangszahlung/-zuschuss gemäß den entsprechenden Regelungen der Siemens AG hatte.
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Wie bereits das LAG München in seiner Entscheidung vom 05.05.2021, 11 Sa 1183/20 in einer Parallelsache festgestellt hat, haben nur diejenigen Arbeitnehmer, die bereits einen solchen Anspruch besitzen, ihrerseits wiederum einen Anspruch nach dem Sozialplan auf Abgeltung dieses Anspruches. Ein Anspruch des Klägers auf eine Übergangszahlung/-zuschuss ergibt sich weder aus den früheren Regelungen der Siemens AG für Mitarbeiter, die vor dem 30.09.1983 eingetreten sind, noch aus der vom Kläger vorgelegten Vereinbarung vom 23.12.1981, der Dienstzeitrichtlinie oder einer Anlage hierzu.
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1. Voraussetzung für eine Zusage zum Bezug einer Übergangszahlung/-zuschuss gemäß den entsprechenden Regelungen der Siemens AG ist ein tatsächlicher Eintritt in die Siemens AG vor dem 30.09.1983, der hier nicht vorliegt. Der Kläger hat weder aus den für ihn geltenden Regelungen der Dienstzeitrichtlinien noch aus der gesetzliehen Vorschrift des §§ 12 Abs. 1 i.V.m. 6 Abs. 2 ArbPlSchG in der bis 31.12.2019 geltenden Fassung jeweils i.V.m. den für die vor dem 30.09.1983 bei der Siemens AG eingetretenen Mitarbeitern geltenden Regelungen für einen Übergangszuschuss eine wirksame Zusage erlangt.
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1.1 Eine solche „Rückwirkung“ der Wehrdienstzeit auf das Eintrittsdatum ergibt sich nicht aus den Dienstzeitrichtlinien. Diese definieren in der Anlage 1 fünf verschiedene Stichtage und ihren Zweck. Für den „Letzten tatsächlichen Eintrittstag“ ist in Ziff. 1 ausdrücklich festgehalten, dass dieser Stichtag über die tatsächlichen beim Arbeitgeber zurückgelegten Zeiten keine darüber hinaus anerkannten Zeiten enthalten darf, wie Wehr- oder Zivildienstzeiten. In Anlage 2 ist die Anerkennung von gesetzlich vorgeschriebenen Zeiten, wie u.a. auch von Wehrdienstzeiten geregelt. Gem. Ziff. 1.2.1 gilt für die Zeit des Wehrdienstes ausdrücklich, dass diese für die Stichtage „Firmenzugehörigkeit“,“ Betriebliche Altersversorgung“, „Unverfallbarkeitsfrist (BetrAVG)/Versorgungszusage“ und „Unverfallbarkeitsfrist(BetrAVG)/Betriebszugehörigkeit“ anerkannt, jedoch nicht für den Stichtag „Letzter tatsächlicher Eintrittstag“.
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Auch die Regelung in Ziffer 7.3 der Dienstzeitrichtlinien führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Entgegen der Ansicht des Klägers wird mit dieser Regelung nicht der Stichtag für die Zahlung des Übergangszuschusses auf einen Zeitpunkt vor dem 17.11.1983 geändert. Vielmehr beschränkt sich die Regelung auf den Fall eines nahtlosen Wechsels von einer Siemens-Gesellschaft, bei der zuletzt ein Anspruch auf 6 Monate Übergangszuschuss/-zahlung für den Fall der Pensionierung bestanden hat, zur Siemens AG und bestimmt, dass in einem solchen Fall der Anspruch von der Siemens AG fortgeführt wird und dies in der Dienstzeitfestsetzung zu vermerken ist. Der Kläger hat weder von einer Siemens-Gesellschaft zur Siemens AG gewechselt, noch hatte er vor seinem Eintritt bei der Siemens AG einen Anspruch bei einer Siemens-Gesellschaft einen Anspruch auf 6 Monate Übergangszuschuss/-zahlung für den Fall der Pensionierung.
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Damit führen die Dienstzeitrichtlinien nicht dazu, dass für den Kläger eine wirksame Zusage auf ein Übergangsgeld erfolgt ist, die nach den für die Siemens AG geltenden Regelungen ein Eintrittsdatum bis spätestens 30.09.1983 vorausgesetzt hat. Das für den Kläger insoweit maßgebliche Eintrittsdatum bleibt der 17.11.1983. Lediglich für die Stichtage „Firmenzugehörigkeit“,“ Betriebliche Altersversorgung“, „Unverfallbarkeitsfrist (BetrAVG)/Versorgungszusage“ und „Unverfallbarkeitsfrist(BetrAVG)/Betriebszugehörigkeit“ konnte bei rechtzeitiger Antragstellung eine Anerkennung der Wehrdienstzeiten erfolgen. Da es vorliegend auf diese Stichtage nicht ankommt, kann dahinstehen, ob der Kläger mit seiner Email vom 23.08.2019 den Antrag noch rechtzeitig gestellt hat, oder ob dieser entsprechend dem Einwand der Beklagten nach der Dienstzeitrichtlinie verfristet war.
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1.2 Auch aus §§ 12 Abs. 1 i.V.m. 6 Abs. 2 ArbPlSchG in der bis 31.12.2019 geltenden Fassung ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf eine Übergangszahlung/-zuschuss der Siemens AG. Zwar werden nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz Zeiten des Wehrdienstes auf die Berufs- und Betriebszugehörigkeit angerechnet. Daraus ergibt sich aber kein Anspruch auf Anwendung von Bestimmungen, die nur für Personen gelten, die vor dem geschützten Arbeitnehmer eingestellt wurden. Das Arbeitsplatzschutzgesetz fingiert kein früheres als das tatsächliche Eintrittsdatum. Wird der persönliche Geltungsbereich verschiedener Versorgungsordnungen nach dem Einstellungsdatum abgegrenzt, ist auch für die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz geschützten Arbeitnehmer das tatsächliche Einstellungsdatum maßgebend. Die Anrechnung der Wehrdienstzeiten wirkt sich nur insoweit aus, wie Rechte dem Grunde oder der Höhe nach von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängen (BAG 25.07.2006, 3 AZR 307/05).
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Damit ist klar, Zeiten eines Wehrdienstes, die für die Berufs- und Betriebszugehörigkeit anzurechnen sind, nicht dazu führen, dass das Datum des letzten tatsächlichen Eintritts vorverlegt wird. Der Kläger hat entgegen seiner Meinung keinen Anspruch darauf, dass die Anrechnung von Wehrdienstzeiten auf die Berufs- und Betriebszugehörigkeit sich in allen Punkten so auswirkt, als ob er schon während der Wehrdienstzeit bei dem neuen Arbeitgeber beschäftigt worden wäre. Insbesondere gilt auch im Rahmen von Regelungen, die der betrieblichen Altersversorgung dienen, dass es keinen Anspruch auf die Anwendung betrieblicher Normen gibt, die nur für Arbeitnehmer gelten, die vor dem geschützten Arbeitnehmer eingestellt wurden (Boecken/Düwell/Diller/Hanau-Huke, Gesamtes Arbeitsrecht, § 12 ArbPlSchG, Rn 4). Gem. § 12 Abs. 1 Satz 3 beschränkt sich eine Anrechnung in einer betrieblichen oder überbetrieblichen Altersversorgung nach Satz 1 auf die Berücksichtigung bei den Unverfallbarkeitsfristen nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.
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2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus der von ihm vorgelegten Anlage zum ZP-Rundschreiben Nr. 10/82 vom 23.12.1981 über eine Zusage für Mitarbeiter des Tarifkreises für einen Übergangszuschuss nach ihrer Pensionierung. Diese gilt ausdrücklich nur bei Pensionierung im „Tarifkreis“. Nachdem der Kläger unstreitig Mitarbeiter des ÜT-Kreises war (also Übertariflicher Mitarbeiter) gilt diese Vereinbarung nicht für ihn. Zudem kann die Frage dahinstehen, ob in dem Rundschreiben nur Bezug genommen wird auf eine bestehende Regelung mit dem GBR, wie dies die Arbeitgeberseite vorträgt, oder ob der Arbeitsgeber damit ggf. eine Gesamtzusage gemacht haben könnte. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen. Durch eine Gesamtzusage kommt also eine „Mehrheit gleichlautender Individualverträge“ zustande (ErfK-Preis BGB § 611a Rn. 218, m.w.N.). Hierfür braucht es ein Angebot und eine Annahme, die auch konkludent erfolgen kann. Eine Gesamtzusage kann sich folglich nur auf die Arbeitnehmer beziehen, die zum einem Zeitpunkt eingetreten sind, als ein entsprechendes Angebot noch bestand. Dies war ausweislich der Anlage zum ZP-Rundschreiben Nr. 29/8 vom 08.08.1983 für nach dem 30.09.1983 eingetretene Mitarbeiter der Siemens AG nicht der Fall. Die Beklagte hat darin klargestellt, dass es jedenfalls für die nach dem 30.09.1983 eingetretenen Mitarbeiter keine solche Zusage mehr gibt.
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3. Die Anlage 4 der Dienstzeitrichtlinie enthält ein Antragsformular für die Dienstzeitfestsetzung und keine Anspruchsgrundlage. In Ziff. 6 findet sich zudem lediglich eine Formulierung, die darauf hinweist, dass auch bei Eintritt nach dem 30.09.1983 ein Anspruch auf Übergangszahlung erhalten bleibt bei nahtlosem Übertritt aus einer Siemens-Beteiligungsgesellschaft in die Siemens AG. Diese Regelung ist für den Kläger nicht einschlägig (s. oben Ziff. 1.1 der Begründung zu der entsprechenden Regelung in Ziff. 7.3 der Dienstzeitrichtlinie).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
40
Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zulassen sollte. Die Beklagte wird auf deren Möglichkeit und deren Voraussetzungen gem. § 72 a ArbGG hingewiesen.