Titel:
Anpassung mit vorwiegender Beeinträchtigung anderer Gefühle als Dienstunfallfolge
Normenkette:
BayBeamtVG Art. 45 Abs. 2, Art. 46 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Der Dienstunfall ist dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind dagegen sog. Gelegenheitsursachen, dh Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Die materielle Beweislast für den Nachweis des dienstunfallrechtlichen Kausalzusammenhangs trägt der (anspruchstellende) Beamte. Grundsätzlich bedarf es insoweit des vollen Beweises im Sinne einer „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“. (Rn. 25 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Anpassungsstörung wird durch „eine besondere Veränderung im Leben“, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation geführt hat, hervorgerufen. Dabei spielt eine individuelle Disposition oder Vulnerabilität beim möglichen Auftreten und der Form von Anpassungsstörungen zwar eine größere Rolle, gleichwohl sind die andauernden, unangenehmen Umstände primäre und ausschlaggebende Kausalfaktoren. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die ICD-10-Klassifikation (F 43.1) fordert bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Aufgeführt werden dabei durch Naturereignisse oder von Menschen verursachte Katastrophen, eine Kampfhandlung, ein schwerer Unfall oder Zeuge des gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterung, Terrorismus, Vergewaltigung oder anderen Verbrechen zu sein. (Rn. 35 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstunfall, Weitere Dienstunfallfolge, Posttraumatische Belastungsstörung (verneint), Anpassungsstörung, Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung anderer Gefühle, ICD 10: F 43.23, mittelgradige depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung, PTBS, weitere Dienstunfallfolge
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 05.11.2015 – 12 K 14.5597
Fundstelle:
BeckRS 2021, 34546
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 5. November 2015 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verpflichtet, bei dem Kläger eine bis zum Ablauf des Jahres 2017 als dienstunfallbedingt (Dienstunfall vom 25.9.2012) anzusehende „Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen (ICD-10: F43.23)“ anzuerkennen. Der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 24. November 2014 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
IV. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
V. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der am 28. Juni 1960 geborene Kläger ist Studiendirektor im Dienst der Beklagten. Er ist seit dem 4. Oktober 2019 dienstunfähig erkrankt und begehrt die Anerkennung eines Körperschadens auf psychischem/psychiatrischem Fachgebiet als weitere Dienstunfallfolge eines Dienstunfalls, den er am 25. September 2012 auf dem Weg zur Arbeit erlitten hat.
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Seinen Angaben in der Dienstunfallanzeige zufolge verließ der Kläger am Unfalltag gegen 7:20 Uhr den M.er Hauptbahnhof durch den Nordausgang und brach in Richtung der Bushaltestelle in der A. straße auf. Auf seinem Weg überquerte er zunächst den Taxiparkstreifen und anschließend die Ringzufahrtsfahrbahn. Durch ein Hupen war er darauf aufmerksam geworden, dass eine Autofahrerin mit ihrem Pkw ein Taxi an der Ausfahrt behinderte und es hierdurch zum Anhalten zwang. Die Autofahrerin beschleunigte ihren Wagen daraufhin sehr stark und fuhr direkt auf ihn zu. Er hatte Blickkontakt zur Fahrerin und konnte sich nur durch einen Sprung zur Seite im letzten Moment vor einem Frontalaufprall retten. Dabei musste er wohl mit dem linken Arm in Höhe des Ellbogens mit dem Fahrzeug in Berührung gekommen sein, was er aber in diesem Moment nicht bemerkte. Er konnte sich das Kennzeichen merken und fand in einem Taxifahrer einen Zeugen. Die Unfallverursacherin flüchtete, ohne sich um den Schaden zu kümmern. Erst ca. 45 Minuten später verspürte er in der Schule Schmerzen und informierte den Schulleiter daraufhin über den erlittenen Wegeunfall.
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Die Beklagte erkannte den Unfall mit Bescheid vom 11. Dezember 2012 als Dienstunfall mit der Dienstunfallfolge Distorsion Ellenbogen links unter Ausschluss aller eventuell vorhandenen Vorschäden an. Mit weiterem Bescheid vom 31. März 2014 wurde eine vorübergehende Anpassungsstörung, nicht jedoch eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge des Dienstunfalls vom 25. September 2012 anerkannt. Die Übernahme von Behandlungskosten für die vorübergehende Anpassungsstörung wurde für die Zeit nach Dezember 2013 ausdrücklich ausgeschlossen.
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Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2014 zurückgewiesen wurde.
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Das Verwaltungsgericht wies seine Klage, die darauf gerichtet war, als wesentliche Folgen des Dienstunfalls vom 25. September 2012 Körperschäden auf psychischem/psychiatrischem Fachgebiet (posttraumatische Belastungsstörung, mittelgradig depressive Episode) anzuerkennen und über den Zeitpunkt Dezember 2013 hinaus Unfallfürsorgeleistungen zur gewähren, mit Urteil vom 5. November 2015 ab.
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Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es folge den überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen der Amtsärztin Dr. K … (Gesundheitszeugnis vom 5.7.2013, ergänzende Stellungnahme vom 22.1.2014 und deren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung), wonach beim Kläger mangels eines traumatischen Ereignisses von katastrophenartigem Ausmaß eine posttraumatische Belastungsstörung nicht angenommen werden könne. Der Formulierung der ICD-Klassifikation („belastendes Ereignis oder Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“) lasse sich entnehmen, dass das subjektive Empfinden einer besonderen Belastung allein nicht ausreiche, um die Schwere des Ereignisses bejahen zu können, sondern objektive Kriterien maßgebend seien. Danach lasse sich ein außergewöhnlich belastendes Ereignis nicht feststellen. Der Kläger habe bei dem Unfall einem Zusammenstoß mit dem auf ihn zufahrenden Auto noch rechtzeitig ausweichen können und sei deshalb nur leicht mit dem Fahrzeug in Höhe seines Ellbogens in Berührung gekommen, ohne dies zu bemerken. Unmittelbar nach dem Unfallereignis sei er in der Lage gewesen, seinen Weg zur Arbeit fortzusetzen. Schmerzen habe der Kläger erst eine Stunde nach dem Umfallgeschehen verspürt.
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Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beantragt zuletzt (Schriftsatz vom 19.1.2021),
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den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 5. November 2015 zu verpflichten, als wesentliche Folge des Dienstunfalls vom 25. September 2012 die Körperschäden auf psychischem/psychiatrischem Fachgebiet [posttraumatische Belastungsstörung, mittelgradige depressive Episode, hilfsweise eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von Gefühlen (ICD-10: F 43.23) ] anzuerkennen sowie über den Zeitpunkt Dezember 2013 hinaus Unfallfürsorgeleistungen zu gewähren
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und den Bescheid vom 31. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2014 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Senat hat ein fachpsychiatrisches Gutachten zu den Fragen eingeholt, ob der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung bzw. mittelgradigen depressiven Episode leidet und bejahendenfalls, ob die Beschwerden (noch) auf den Dienstunfall vom 25. September 2012 zurückzuführen sind.
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Der Sachverständige, Prof. D …, kommt in seinem fachpsychiatrischen Gutachten vom 10. Juni 2020 zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass der Kläger aktuell weder an einer posttraumatischen Belastungsstörung, noch an einer mittelgradigen depressiven Episode leidet. Bedingt durch den am 25. September 2012 erlittenen Dienstunfall habe sich bei dem Kläger als unmittelbare Folge eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen (ICD-10: F 43.23) entwickelt. Wegen der ab März 2013 aus Sicht des Klägers ungerechtfertigten Behandlung seiner Forderung nach Anerkennung einer Schädigung am Knie, später einer posttraumatischen Belastungsstörung als Unfallfolge und deren Ablehnung durch die Dienstunfallkasse sei diese Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen nicht remittiert, sondern habe weiter angehalten. Es handele sich dabei um eine mittelbare Folge des Dienstunfalls vom 25. September 2012. Als weitere mittelbare Folgen des Dienstunfalls hätten 2014 die Trennung von seiner Partnerin, die mit seiner Persönlichkeitsänderung nicht zurechtgekommen sei, und das Scheitern einer ersten beruflichen Wiedereingliederung 2016/2017 (im Zusammenhang mit den damals noch bestehenden Symptomen der Anpassungsstörung) zu deren Aufrechterhaltung beigetragen. Nachdem im Schuljahr 2017/2018 der erneute Versuch einer stufenweisen Wiedereingliederung erfolgreich verlaufen sei, sei davon auszugehen, dass spätestens ab Jahresbeginn 2018 die beschriebene (zunächst unmittelbar, dann mittelbar als Folge des Dienstunfalls vom 25. September 2012 anzusehende) Anpassungsstörung keine bedeutsame Einschränkung der Funktionsfähigkeit des Klägers mehr bedingt habe. Dass es - nach Angaben des Klägers beginnend zum Schuljahresende 2018 - zu erneuten Problemen und ab Oktober 2019 zur bis heute anhaltenden Dienstunfähigkeit wegen psychischer Symptome wie Selbstzweifel, Grübeleien, Ärger wiederum im Sinne einer „Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen“ gekommen sei, stehe weder unmittelbar noch mittelbar im Zusammenhang mit dem erlittenen Dienstunfall, sondern sei der Primärpersönlichkeit des Klägers [Übertriebene Empfindlichkeit gegenüber vermeintlicher Zurücksetzung; Misstrauen und Neigung, Erlebtes zu verdrehen, indem Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich missdeutet werden; ängstliche (vermeidende) Persönlichkeit; abhängige (asthenische) Persönlichkeit] zuzuschreiben.
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Hiergegen wendet der Kläger ein, es sei nicht nachvollziehbar, wie der Gutachter zu der Auffassung gelangen könne, die stufenweise Wiedereingliederung zum Schuljahr 2017/2018 sei erfolgreich verlaufen. Vielmehr sei er ab dem 1. Juli 2018 wegen begrenzter Dienstfähigkeit nur noch teilzeitbeschäftigt eingesetzt worden. Deswegen sei es auch zu Problemen mit dem Schulleiter gekommen, was wiederum zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes geführt habe, weshalb er sich Anfang Oktober 2019 wieder in psychotherapeutische Behandlung habe begeben müssen.
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Der Kläger legt eine Stellungnahme von Dr. D … vom 22. Juli 2020 vor. Danach bestehe eine kausale Beziehung zwischen Unfall und Symptomatik in dem Sinne, dass das Krankheitsbild ohne den Unfall nicht zustande gekommen wäre. Man könne von einer Traumafolgestörung zu sprechen. Ab dem 1. Juli 2017 sei bei dem Kläger unter Einbeziehung der Altersermäßigung und des Grads der Behinderung von 50 v.H. eine Teildienstfähigkeit von 12 Wochenstunden festgestellt worden. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger bis zum Unfall voll dienst- und leistungsfähig gewesen sei, müsse auch im Jahr 2018 von einer weiter bestehenden „bedeutsamen Einschränkung der Funktionsfähigkeit“ ausgegangen werden, und zwar als Folge des Unfalls. Die Traumafolgestörung habe sich verbessert, sei aber nie gänzlich verschwunden. Die verminderte Belastbarkeit, mit der der Teildienstfähigkeit Rechnung getragen worden sei, sei ein typisches sekundäres oder spätes Symptom.
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In einer ergänzenden Stellungnahme vom 23. Dezember 2020 führt der gerichtliche Sachverständige hierzu aus, ihm liege nunmehr das Gesundheitszeugnis vom 27. Februar 2018 und die Aktennotiz der Amtsärztin Dr. K … zu der am 11. Januar 2018 von ihr durchgeführten Untersuchung des Klägers in Bezug auf dessen Dienstfähigkeit vor. Daraus ergebe sich, dass zwischen der begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers und dem am 25. September 2012 erlittenen Dienstunfall kein Zusammenhang bestehe. Auf psychiatrischen Gebiet sei ein „leichtgradig ausgeprägtes depressives Syndrom mit Antriebsmangel“ festgestellt worden, daneben seien weitere nicht-psychiatrische Diagnosen (Schlafapnoe-Syndrom, Bluthochdruck, Schwindelzustände unklarer Ursache) angeführt, die zur Beurteilung der begrenzten Dienstfähigkeit mitbeigetragen hätten. Darüber hinaus gehe aus dem der Amtsärztin vorgelegten Attest der LMU (Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung) eindeutig hervor, dass ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 25. September 2012 zu den beklagten Schwindelzuständen nicht hergestellt werden könne. Er komme daher zu folgendem Ergebnis:
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„Die nach Untersuchung des Klägers am 11. Januar 2018 auf 14 von 23 Wochenstunden festgestellte begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers war nicht mehr als unmittelbare oder mittelbare Folge des Dienstunfalls vom 25. September 2012 anzusehen, sondern vielmehr auf die von der Amtsärztin festgestellten organischen Beschwerden und ein ‚leichtgradig ausgeprägtes depressives Syndrom mit Antriebsmangel‘ zurückzuführen, das aber nicht in einen inhaltlichen Zusammenhang zum Dienstunfall gestellt wurde.“
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Zur Stellungnahme von Dr. D … sei auszuführen, dass die Diagnose einer Traumafolgestörung nicht zutreffend sei, weil der Unfall am 25. September 2012 das Kriterium eines Traumas nicht erfülle. Die (komplexe) posttraumatische Belastungsstörung umfasse nach der ICD-11 eine starke psychologische Reaktion, hervorgerufen durch „anhaltende, traumatische Erlebnisse, die in der Regel mehrere oder sich wiederholende traumatische Ereignisse“ einschließe. Das häufigste Beispiel einer solchen komplexen Traumatisierung sei sexueller oder physischer Missbrauch in der Kindheit. Andere Beispiele, die ebenfalls die Kriterien einer komplexen Traumatisierung erfüllen würden, seien Opfer von häuslicher Gewalt, Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung, Kindersoldaten, Flüchtlinge oder zivile Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen, die gefoltert worden seien oder andere Formen von politischer oder organisierter Gewalt erlebt hätten. Daraus ergebe sich, dass die Diagnose jeglicher Traumafolgestörungen bei dem Kläger bereits deshalb nicht zutreffend sei, weil der vom ihm erlittene Unfall am 25. September 2012 nicht das Kriterium eines Traumas erfüllt habe. Die Anpassungsstörung des Klägers sei lediglich Folge seiner unmittelbaren und mittelbaren Verarbeitung der im Zusammenhang mit dem Unfall stehenden Ereignisse. Die ab Oktober 2019 bis heute anhaltende Dienstunfähigkeit des Klägers sei weder unmittelbar noch mittelbar im Zusammenhang mit dem erlittenen Dienstunfall zu sehen, sondern den der Primärpersönlichkeit zuzuordnenden Persönlichkeitszügen des Klägers zuzuschreiben.
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Der Kläger legt eine weitere Stellungnahme von Dr. D … vom 13. Januar 2021 vor. Danach habe der Sachverständige recht, wenn er feststelle, dass im vorliegenden Fall die Kriterien eines Traumas nach ICD 10 oder 11 nicht erfüllt seien. Klinik und Praxis der Psychotraumatologie verführen allerdings nach anderen (und praxis- und realitätsnäher erscheinenden) Kriterien. Letztlich sei die Frage, ob ein Trauma vorliege, aber ohnehin nicht entscheidend. Statt Traumafolgestörung könne man auch Dienstunfallfolgestörung sagen. Der Hinweis auf die Persönlichkeitsakzentuierung des Klägers verfange nicht. Die Begründungen hierfür überzeugten nicht. Von einer kurzzeitigen paranoiden Verarbeitung des Unfalls habe sich der Kläger klar und mit anhaltender kritischer Stellungnahme distanzieren können, was gegen eine Persönlichkeitseigenschaft spreche.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof vom 28. Juli 2021 erläutert Prof. D … sein Gutachten. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
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Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Klägers ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
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1. In der Neufassung des Klageantrags mit Schriftsatz vom 19. Januar 2021 liegt keine Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO. Denn der Klagegrund hat sich dadurch nicht verändert; er ist im Laufe des gesamten Gerichtsverfahrens vielmehr unverändert geblieben. Ausweislich des in der Berufungsbegründung vom 29. Januar 2019 angekündigten Antrags, der den Klageantrag im Wesentlichen unverändert übernommen hat, war das (dem Sachbegehren im Verwaltungsverfahren entsprechende) Sachbegehren des Klägers darauf gerichtet, „als wesentliche Folge des Dienstunfalls vom 25. September 2012 die Körperschäden aus psychischen/psychiatrischen Fachgebiet (posttraumatische Belastungsstörung, mittelgradige depressive Episode) anzuerkennen“. Unter dem 19. Januar 2021 hat der Kläger sodann hilfsweise beantragt, „eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen (ICD-10: F 43.23)“ als Folge des Dienstunfalls anzuerkennen. Dieser Hilfsantrag hat nach wie vor die Anerkennung der beklagten psychischen Beschwerden als Dienstunfallfolgen zum Gegenstand. Die (weitere) Konkretisierung dieser psychischen/psychiatrischen Beschwerden ändert daran nichts. Sie ist allein dem Umstand geschuldet, dass der Kläger seine psychischen/psychiatrischen Beschwerden nach dem Vorliegen der Diagnose des gerichtlichen Sachverständigen nunmehr in einer weiteren Weise bezeichnen konnte.
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2. Der Kläger hat Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, eine - allerdings nur bis zum Ablauf des Jahres 2017 als dienstunfallbedingt anzusehende - Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen (ICD-10: F43.23) als (weitere) Dienstunfallfolge festzustellen (Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG). Innerhalb dieses zeitlichen Rahmens hat der Kläger Anspruch auf Unfallfürsorge (Art. 45 Abs. 2 BayBeamtVG).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Dienstunfall dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind dagegen sog. Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (zuletzt BVerwG, U.v. 6.5.2021 - 2 C 10.20 - juris Rn. 15 m.w.N.)
26
Die materielle Beweislast für den Nachweis des dienstunfallrechtlichen Kausalzusammenhangs trägt der (anspruchstellende) Beamte. Grundsätzlich bedarf es insoweit des vollen Beweises im Sinne einer „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ (BVerwG, U.v. 6.5.2021 a.a.O. Rn. 16).
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Gemessen hieran liegt der dienstunfallrechtliche Kausalzusammenhang zwischen dem - als solchem bereits anerkannten - Dienstunfall vom 25. September 2012 und der Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen (ICD-10: F43.23) vor. Dieser Körperschaden beruht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit kausal auf dem Dienstunfall. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen vom 10. Juni 2020, der ergänzenden Stellungnahme vom 23. Dezember 2020 sowie dessen Erläuterungen hierzu im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung am 28. Juli 2021, denen der Senat folgt. Das vorliegende Gutachten ist in sich stimmig und überzeugend. Es bietet keinen Anlass zu Zweifeln, welche die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich machen könnten.
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Eine Anpassungsstörung wird durch „eine besondere Veränderung im Leben“, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation geführt hat, hervorgerufen. Das ist hier der Wegeunfall vom 25. September 2012. Dabei spielt eine individuelle Disposition oder Vulnerabilität beim möglichen Auftreten und der Form von Anpassungsstörungen zwar eine größere Rolle, gleichwohl sind die andauernden, unangenehmen Umstände primäre und ausschlaggebende Kausalfaktoren. Die Störung wäre ohne ihre Einwirkung nicht entstanden (siehe hierzu ICD-10: F 43.-; Gutachten vom 10.6.2020, S. 72). Insoweit hat der Sachverständige zutreffend den Fokus auf den Dienstunfall als auslösendes Moment gelegt und ausgeführt, dass seine Überlegungen zur Primärpersönlichkeit des Klägers für die Beantwortung der dem Gutachten zugrundeliegenden Fragen keine Rolle spielen (a.a.O.).
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Die hier in Rede stehende Anpassungsstörung ist von der Beklagten mit Bescheid vom 31. März 2014 als Folge des Dienstunfalls anerkannt worden. Da es sich bei der Anpassungsstörung in aller Regel um eine vorübergehende gesundheitliche Störung handelt, wurde eine Behandlung nur bis Dezember 2013 für erforderlich gehalten (vgl. Gesundheitszeugnis vom 5.7.213 unter 7. und Schr. vom 19.3.2014, jeweils in der Dienstunfallakte, Bl. 48 und 109) und die Übernahme der Behandlungskosten nach diesem Zeitpunkt ausdrücklich ausgeschlossen.
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Der gerichtliche Sachverständige hat jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass sich das psychische Störungsbild bei dem Kläger auch nach diesem Zeitpunkt weiterentwickelt hat (Gutachten vom 10.6.2020, S. 74) und sich ein komplizierter Krankheitsverlauf (Gutachten vom 10.6.2020, S. 75) ergab. Dies insbesondere deshalb, weil der Kläger zum einen mit der Behandlung seiner Dienstunfallangelegenheit unzufrieden war (dies bereits ab 3/2013), zum anderen wegen privater Probleme (u.a. der Trennung von seiner Partnerin 2014). Diese hinzutretenden Faktoren seien jeweils „mittelbar unfallabhängig“ (Gutachten vom 10.6.2020 S. 75, 78) gewesen, hätten die bestehende Anpassungsstörung geprägt (Gutachten vom 10.6.2020, S. 76), aber nicht überlagert (Protokoll der m.V., S. 4). In der Folge sei die Anpassungsstörung nicht remittiert, sondern habe sich zu dem protrahierten Verlauf entwickelt. Die Unzufriedenheit des Klägers mit der Behandlung seines Dienstunfalls habe zu einer Verbitterung geführt und zur Chronifizierung der Anpassungsstörung beigetragen.
31
Spätestens ab Jahresbeginn 2018 jedoch sei davon auszugehen, dass die als mittelbar beschriebenen Dienstunfallfolgen keine bedeutsame Einschränkung der Funktionsfähigkeit des Klägers mehr bedingten. Bei der Frage nach der Kausalität dürfe man nicht verkennen, dass sich die Beschwerdesymptomatik in einem Kontinuum bewege. Ab 2018 sei die nach wie vor bestehende psychische Erkrankung des Klägers nicht mehr durch die mit dem Dienstunfall (mittel- oder unmittelbar) zusammenhängenden Probleme verursacht worden, sondern beruhe auf der Verarbeitung dienstlicher Konflikte, wobei der Persönlichkeitszug der leichten Kränkbarkeit des Klägers dies begünstigt habe (S. 5 des Protokolls über die mündliche Verhandlung).
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Der Senat hält diese Einschätzung für plausibel und nachvollziehbar. Die Beschwerdesymptomatik des Klägers mit einem prolongierten Verlauf ließ es nicht zu, dass der gerichtliche Sachverständige präzise Daten zum Wegfall der Kausalität nennen konnte. In der Zeit zwischen 2014 und 2018 sind keine einschneidenden Ereignisse zu verzeichnen, die für die Anpassungsstörung des Klägers hätten führend werden oder die ursprüngliche Kausalität hätten überlagern können. Der Umstand, dass der Kläger bei dem Versuch einer Wiedereingliederung im Schuljahr 2016/2017 einen „Zusammenbruch“ (Gutachten vom 10.6.2020 S, 36) erlitt, spricht für den Fortbestand der Anpassungsstörung.
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Zum Schuljahr 2017/2018 hat der Kläger eine weitere stufenweise Wiedereingliederung begonnen. Zum Schuljahresende (also Juli 2018) wurden die dienstlichen Probleme, die im Zusammenhang mit seiner Funktionsstelle „Mitarbeiter in der Schulleitung“ standen, für den Kläger fassbar, eskalierten in der Folgezeit und führten schließlich dazu, dass er seit dem 4. Oktober 2019 bis heute dienstunfähig erkrankt ist. Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung vom 11. Januar 2018 ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte mehr dafür, dass beim Kläger eine Anpassungsstörung besteht. Vielmehr ist lediglich von einem leichtgradigen depressiven Syndrom mit Antriebsmangel die Rede. Insoweit ist es ohne weiteres nachvollziehbar, wenn der gerichtliche Sachverständige davon ausgeht, dass spätestens ab Jahresbeginn 2018 die beschriebene (zunächst „unmittelbar“, dann „mittelbar“ als Folge des Dienstunfalls vom 25.9.2012 anzusehende) Anpassungsstörung keine bedeutsame Einschränkung der Funktionsfähigkeit des Klägers mehr bedingte. Eine bessere Annäherung an die Unterbrechung des Kausalverlaufs ist dem Senat auch unter Berücksichtigung der gutachterlichen Äußerungen und insbesondere der Aufklärungsversuche in der mündlichen Verhandlung nicht möglich. Da psychiatrische Diagnosen im Wesentlichen psychopathologische Zustands-Verlaufs-Beschreibungen sind, lassen sie sich in aller Regel - und so auch hier - nicht auf einen präzisen Zeitpunkt festmachen. Dieser Umstand kann weder zugunsten noch zulasten des Klägers Berücksichtigung finden.
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3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung und/oder einer mittelgradigen depressiven Episode als Dienstunfallfolgen.
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3.1 Der gerichtliche Sachverständige, Prof. Dr. D …, hat im Einzelnen dargelegt, dass und warum die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nach den anerkannten Diagnosesystemen nicht erfüllt sind. Es fehlt bereits an dem Eingangskriterium. Die ICD-10-Klassifikation (F 43.1) fordert ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Aufgeführt werden dabei durch Naturereignisse oder von Menschen verursachte Katastrophen, eine Kampfhandlung, ein schwerer Unfall oder Zeuge des gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterung, Terrorismus, Vergewaltigung oder anderen Verbrechen zu sein.
36
Bei der bereits verabschiedeten, aber noch nicht eingeführten ICD-11 ist davon die Rede, dass die sog. „komplexe posttraumatische Belastungsstörung“ eine starke psychologische Reaktion umfasse, hervorgerufen durch anhaltende, traumatische Erlebnisse, die in der Regel mehrere oder sich wiederholende traumatische Ereignisse einschließe. Das häufigste Beispiel einer solchen komplexen Traumatisierung, also dem Erleben von anhaltenden, sich wiederholenden traumatischen Ereignissen, sei sexueller oder physischer Missbrauch in der Kindheit. Andere Bespiele, die ebenfalls die Kriterien einer komplexen Traumatisierung erfüllten, seien Opfer von häuslicher Gewalt, Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung, Kindersoldaten, Flüchtlinge oder zivile Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen, die gefoltert wurden oder andere Formen politischer oder organisierte Gewalt selbst erlebt haben. Das Kriterium A1 in der DSM-IV- als auch der DSM-5-Klassifikation verlangt die Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt durch direktes Erleben.
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Das hier maßgebliche Unfallgeschehen reicht nach der sehr gut nachvollziehbaren Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen nach keiner der genannten Klassifikationen an ein solches Ereignis heran. Auch wenn der Kläger im Verlauf mit der Auseinandersetzung um die Anerkennung des Dienstunfalls als Auslöser einer „posttraumatischen Belastungsstörung“ den Unfall vom 25. September 2012 immer drastischer dargestellt habe (wenn er z.B. bei der psychologischen Begutachtung vom 9.3.2016 davon gesprochen habe, die Unfallgegnerin sei „wie aus dem Nichts“ plötzlich auf ihn zugerast und er habe in diesem Moment „Todesangst“ gehabt), so sei dies den ursprünglichen Angaben des Klägers und den ersten Befundschilderungen nach dem Unfall in dieser Form nicht zu entnehmen. So habe er in seiner „Niederschrift zum Wegeunfall vom 25.9.2012“ angegeben, er sei durch Hupen auf den Wagen der Unfallverursacherin aufmerksam geworden, die (weil sie ein ausfahrwilliges Taxi an der Ausfahrt gehindert habe) ihren Wagen in der Folge stark beschleunigt habe und auf den Kläger zugefahren sei. Er habe Blickkontakt mit der Fahrerin gehabt und sich im letzten Moment durch einen Sprung zur Seite vor einem Frontalaufprall retten können, wobei er wohl mit dem linken Arm in der Höhe des Ellbogens mit dem Fahrzeug in Berührung gekommen sein müsse, was er aber in diesem Moment nicht bemerkt habe. Auch die Tatsache, dass der Kläger, wie in der genannten Niederschrift angegeben, sich das Kennzeichen des Fahrzeugs habe merken können, spreche dagegen, dass er sich zum Zeitpunkt des Unfalles in einem durch Todesangst geprägten Ausnahmezustand befunden haben solle. Auch der Bericht der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der LMU M. lasse keine Hinweise auf eine besondere psychische Belastung des Klägers durch den Unfall erkennen. Eine erste Erwähnung hätten psychische Beeinträchtigungen durch den erlittenen Unfall in einem Anschreiben des Klägers an das Personal- und Organisationsreferat der Beklagten vom 7. März 2013 gefunden, wo vom Kläger „ganz nebenbei“ bemerkt werde, er leide seit dem Ereignis auch unter einer „schweren posttraumatischen Belastungsstörung“, während sich bis zu diesem Zeitpunkt die Auseinandersetzung auf die Anerkennung der vom Kläger geltend gemachten zusätzlichen Kniebeschwerden als Dienstunfallfolge konzentriert hätten. Auch wenn einzelne im Attest von Dr. C … vom 5. März 2013 genannten Symptome wie „Träume, Alpträume“ sowie „vegetative Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung“ oder das „Gefühl der emotionalen Stumpfheit“ durchaus den im ICD-10 genannten typischen Merkmalen einer posttraumatischen Belastungsstörung entsprechen mögen, so seien sie doch - wegen des fehlenden Eingangskriterium - nicht einer posttraumatischen Belastungsstörung zuzuordnen.
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Diese sehr genauen und fundierten, durch Angabe von wissenschaftlichen Schriften belegten Ausführungen hält der Senat für überzeugend. Sie entsprechen der amtsärztlichen Einschätzung (Dr. K …). Auch der Sachverständige Prof. Dr. W … ist in seinem fachpsychiatrischen Gutachten zur Berufsunfähigkeit des Klägers davon ausgegangen, dass die Kriterien des Vollbilds einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht erfüllt sind (vgl. S. 31 des Gutachtens). Nicht zu folgen ist demgegenüber der in mehreren ärztlichen Stellungnahmen vertretenen Einschätzung von Dr. D … Dieser nimmt zwar an, dass der Kläger an einer Traumafolgestörung bzw. Dienstunfallfolgestörung leidet, gesteht aber gleichzeitig ein, dass die Kriterien eines Traumas nach ICD-10 bzw. ICD-11 nicht erfüllt sind (vgl. Stellungnahme vom 13.1.2021). Die Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge erfordert jedoch eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme (ICD-10/11 oder DSM IV/5) unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (grundlegend BSG, U.v. 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - juris Rn. 22 und U.v. 26.11.2019 - B 2 U 8/18 Rjuris Rn. 19).
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3.2 Anhaltspunkte für eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10: F 32.1) bestehen ebenso wenig. Der Senat folgt auch insoweit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen. Der Kläger hat dessen Einschätzung insoweit auch nicht in Frage gestellt, sodass weitere Ausführungen hierzu entbehrlich sind.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG).