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VG München, Urteil v. 23.07.2021 – M 9 K 20.2606
Titel:

Zweckentfremdung, Leerstand seit 7 Jahren, Renovierung und Kostendeckung durch Miete in 10 Jahren

Schlagworte:
Zweckentfremdung, Leerstand seit 7 Jahren, Renovierung und Kostendeckung durch Miete in 10 Jahren
Fundstelle:
BeckRS 2021, 34324

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Mit Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2021 wurde die Klage gegen die Bescheide vom 11. Mai 2020, mit denen die Beklagte die Kläger dazu verpflichtet hatte, den Wohnraum unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,- EUR unter Fristsetzung von 8 Monaten wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. 1 u. 2 des Bescheides), abgewiesen.
Der Bevollmächtigte der Kläger hat fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt.
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Hinsichtlich des weiteren Tatbestands wird auf die Begründung des Gerichtsbescheids zunächst Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 84 Abs. 4 VwGO).
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Ergänzend gilt nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung Folgendes:
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Die etwa 7 Jahre lang dauernde Renovierung ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Nach Angaben des Bevollmächtigten der Kläger fehlt im Wesentlichen die Elektroinstallation. Ein Angebot der Beklagten, die Frist unter anderem wegen coronabedingter Schwierigkeiten des Baufortschritts um nochmals 8 Monate zu verlängern hat der Bevollmächtigte der Kläger abgelehnt, da die Frist von 8 Monaten im angefochtenen Bescheid von vornherein unverhältnismäßig gewesen sei.
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Der Bevollmächtigte der Kläger legte ferner einen mit Datum vom 16. Oktober 1956 genehmigten Tekturplan vor, wonach im Dachgeschoss bereits ein Zimmer baurechtlich genehmigt war sowie eine Übersicht der bis 30. Juni 2021 bezahlten Kosten seit September 2014 für Abbruch, Dachstuhlerneuerung, Elektro, Fenster, Fliesen, Heizung, Innenausbau, Planung und Sanitär sowie Schornstein in Höhe von 267.483,- EUR (Anlage K 16).
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Gerichtsbescheid gilt als nichtergangen, da der Bevollmächtigte der Kläger fristgemäß mündliche Verhandlung beantragt hat (§ 84 Abs. 3 VwGO).
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Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung folgt das Gericht der Begründung des Gerichtsbescheides vom 22. Februar 2021 und sieht insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
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Ergänzend gilt Folgendes:
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat sich an der Einschätzung, dass die Verzögerungen der Fertigstellung keine technischen oder baulichen Gründe hat, nichts geändert. Ausweislich der vorgelegten Aufstellung der seit September 2014 bis Juni 2021 bezahlten Kosten (Anlage K 16) sind in den 7 Jahren der Renovierungsdauer erhebliche Handwerkerrechnungen angefallen. Die von dem dritten Architekten der Kläger erstellte Baukostenaufstellung in Höhe von 232.456,46 EUR (Rn. 25 GB) haben sich auf 267.483,- EUR erhöht. Für die noch ausstehende Elektroinstallation wurden ausweislich der Aufstellung bereits 2020 Abschlagszahlungen in Höhe von 2.056,32 EUR, 7.647,82 EUR, 3.584,10 EUR, 1.430,91 EUR und 2.905,14 EUR gezahlt, sodass sich dieser Betrag durch die nach wie vor fehlende Fertigstellung der Elektroinstallation realistischer Weise nicht nennenswert erhöhen dürfte.
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Die Tatsache, dass bereits mit Tekturgenehmigung von 1956 ein Zimmer im Dachgeschoss genehmigt wurde ändert nichts daran, dass die Kläger mittlerweile das Dachgeschoss vollständig ausbauen lassen. Diese Positionen für ein Bad, 2 Zimmer und 2 Dachgauben im Dachgeschoss sind keine Kosten für die Herstellung der Bewohnbarkeit, da sie über die Bestandserhaltung hinausgehen. Die Klägerseite hat nach wie vor weder eine Aufschlüsselung dafür vorgelegt, welche Kosten für den Dachgeschossausbau auf das vorhandene Zimmer anteilig entfallen noch dargelegt, dass dieses Zimmer überhaupt vorhanden war; eine Baugenehmigung reicht dazu nicht aus.
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Die Kammer hält trotz der Einwände der Klägersite daran fest, dass eine Quadratmetermiete von deutlich über 20,- EUR für Wohnungen in der Umgebung des Vorhabensgrundstücks bei Neuvermietung bezahlt werden. Unter Zugrundelegung von Renovierungskosten von aufgerundet 300.000,- EUR, sind die Unkosten bei einer aktuell problemlos für ein Reihenhaus mit Garten in bester Lage erzielbaren 2.500,- EUR (Nettomiete monatlich) in 10 Jahren abbezahlt, selbst wenn kein Abzug für die Kosten des Dachgeschossausbaus vorgenommen wird.
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Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten ist maßgeblicher Zeitpunkt dafür nicht der Beginn der Renovierung - nach seinen Angaben im Jahr 2013 - sondern die erzielbare Miete zum Zeitpunkt der prognostizierten Fertigstellung.
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Soweit drt Klägerbevollmächtigte vorträgt, er habe einen Verstoß gegen Art. 2 GG und nicht wie im Gerichtsbescheid genannt gegen Art. 12 GG gerügt, trifft dies zu, führt jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte dafür, dass die angenommene Frist zur Fertigstellung von 8 Monaten unangemessen kurz war, gibt es keine. Sofern eine Fertigstellung sich wegen der Corona-Pandemie verzögert haben sollte, wäre es Sache der Kläger gewesen, sich diesbezüglich mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Ein Angebot zur Fristverlängerung, das die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, hat die Klägerseite abgelehnt.
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Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.