Titel:
Denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht wegen Ensembleschutz und Nähe zu Einzeldenkmälern
Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2, § 114 S. 1
BayDSchG Art. 1 Abs. 3, Abs. 6
BayBO Art. 6, Art 55 Abs. 1, Art. 59, Art. 68 Abs. 1 S. 1
VwVfG Art. 40
Leitsätze:
1. Die Errichtung eines neuen Gebäudes innerhalb eines Ensembles erfüllt ohne Weiteres den Tatbestand einer Baudenkmalveränderung. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit dem Begriff der Tekturgenehmigung wird in der Baupraxis üblicherweise eine Genehmigung für geringfügige oder kleinere, das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berührende Änderungen eines bereits genehmigten Vorhabens bezeichnet, die sich während des Genehmigungsverfahrens oder nach Erteilung der Genehmigung ergeben haben bzw. ergeben. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Gehen die Änderungen in einem neuen Bauantrag so weit, dass ein anderes Vorhaben als das zunächst beantragte und damit ein „aliud“ zum Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung gemacht wird, handelt es sich der Sache nach um einen vollständig neuen Bauantrag. Es ist dann eine vollständig neue Baugenehmigung erforderlich. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Zu der Frage, wann eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis versagt werden kann, weil gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstehen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
5. Zu der Frage, wann es einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bedarf, weil in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichtet werden sollen und sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines Baudenkmals auswirken kann. (Rn. 36 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufung (teilweise erfolgreich), Verpflichtung zur Neubescheidung, Abgrenzung Tektur - „aliud“, Baugenehmigung, denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht (Ensembleschutz, Nähe zu Einzeldenkmälern), unbeplanter Innenbereich, Einfügen in die nähere Umgebung, denkmalschutzrechtliches Ermessen
Vorinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 23.10.2019 – 15 ZB 18.1275
VG Regensburg, Urteil vom 24.04.2018 – RN 6 K 16.1914
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 11.10.2022 – 4 B 3.22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 33524
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. April 2018 und Aufhebung der Bescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 wird die Beklagte verpflichtet, über die Bauanträge der Klägerin vom 25. August 2016 sowie vom 3. April 2017 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zu entscheiden.
Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils die Hälfte.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung in zwei von der Beklagten abgelehnten Varianten für die Errichtung eines mehrstöckigen Wohngebäudes auf dem Baugrundstück (FlNr. …4, Gemarkung L... …...).
2
Das Baugrundstück liegt an der I … H1. Straße in der südlichen … der Beklagten und innerhalb des in der Denkmalliste eingetragenen Ensembles „… L …“. In der Nähe des Baugrundstücks befinden sich diverse in der Denkmalliste eingetragene Einzelbaudenkmäler, u.a. Wohnhäuser entlang der A … H1. straße (HausNrn. … … … …) sowie zwei größere Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite der I … H1. Straße (Amtsgebäude - HausNr. ...; ehem. Amts- und Landgerichtsgefängnis - HausNr. ...; FlNrn. ... und ...). Das Baugrundstück steigt steil in Richtung Südosten an. Das von der Klägerin geplante Flachdachgebäude soll auf mehreren Geschossen in den Hang hineingebaut werden. Hinter der südöstlichen Grenze des Baugrundstücks schließt sich - oberhalb der aufsteigenden Hangkante auf einer höherliegenden Plateauebene - das Grundstück FlNr. … zunächst mit einer Freifläche und sodann mit einem ebenfalls in die Denkmalliste eingetragenen, heute als Jugendherberge genutzten Einzelgebäude (sog. O... …...) an; auf dessen Freifläche stehen - grenznah zum Baugrundstück - ein Funkmast sowie eine bauliche Anlage zur Abfallentsorgung.
3
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) lehnte mit Stellungnahme vom 9. September 2011 eine Vorgängerplanung (Vorbescheidverfahren V-2011-17) ab. Das Vorhaben beeinträchtige das Ensemble in beträchtlichem Maße. Die gewählte Bauform sei ortsfremd, das Maß der geplanten Verdichtung sei völlig überzogen. Die Maßstäblichkeit in Bezug auf historische Vorgaben (Pracht- und Repräsentationsbauten versus einfachen, meist giebelständigen Bürgerhäusern mit Lochfassaden und steilen Satteldächern) werde nicht gewahrt. Diese Missachtung der städtebaulichen und landschaftlichen Gegebenheiten könne aus denkmalpflegerischer Sicht nicht hingenommen werden. Auch diverse Einzeldenkmäler, u.a. das O …, seien betroffen. U.a. heißt es in der Stellungnahme weiter, es komme aufgrund der geplanten baulichen Verdichtung zu einer gravierenden Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbilds des Ensembles, der Burg T … und des O … Die geplante terrassenförmige Bebauung füge sich hinsichtlich ihrer Architektursprache, ihrer Proportionen und ihrer Baumassenverteilung nicht in das historische Umfeld ein. Die Gestaltung des geplanten Gebäudes stehe nicht nur im diametralen Gegensatz zur ortsüblichen Einzelbebauung, sondern erwecke auch den Eindruck einer festungsartigen Substruktion unterhalb des O … und neben der Stadtmauer, welche die städtebauliche Situation gravierend verändere bzw. verfälsche. Der zu keinem Zeitpunkt der Stadtgeschichte bebaute Hang werde durch die geplante Bebauung nachhaltig städtebaulich umdefiniert. Das O … als eingetragenes Baudenkmal sei demgegenüber als freistehender repräsentativer Bau oberhalb des steil ansteigenden Hanges konzipiert, der keine zusätzliche Bebauung vertrage. Bezogen auf die Fernwirkung von außen komme es außerdem zu einer massiven Beeinträchtigung der historischen Stadtansicht, die geprägt sei durch die vom M... … Tor her hangaufwärts ansteigende Stadtmauer und den seitlich angrenzenden unbebauten Hügel, über dem das O... … als dominanter Repräsentationsbau throne. Der geplante Neubau wirke wie eine massive Sockelbebauung, die zu einer Verschiebung der Rangordnung innerhalb der vorhandenen hierarchisch geordneten Bebauung führe.
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Die Beklagte erteilte der Klägerin nach einer Umplanung für das Baugrundstück eine Baugenehmigung vom 15. November 2012 für ein Gebäude mit einer Ebene 0 (unteres Garagengeschoss) und drei weiteren Geschossen (Ebenen 1 bis 3) und insgesamt vier Wohnungen sowie unter dem 19. September 2013 eine so bezeichnete „Tekturgenehmigung“ für ein vergleichbares Gebäude mit entsprechender Anzahl und Gestaltung der Geschosse und fünf Wohnungen. Aus den dem Senat vorliegenden Behördenakten geht hervor, dass die genehmigten Vorhaben nach zwischenzeitlichen Abstimmungsgesprächen aus der überarbeiteten Ausgangsplanung hervorgegangen sind und dass das BLfD nicht mehr beteiligt worden war. Bis November 2015 ließ die Klägerin die Baugrube ausheben und Hangsicherungsmaßnahmen durchführen (vgl. den Schriftsatz der Klägerseite im Berufungszulassungsverfahren vom 4. Juli 2018).
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Unter dem 25. August 2016 stellte die Klägerin einen als „Änderungsantrag“ bezeichneten Bauantrag mit (vollständigen, das Gesamtgebäude betreffenden) Bauvorlagen / Plänen mit Datum vom 16. August 2016, nach dem - bei im Wesentlichen gleicher Ausführung der bislang vorgesehenen Geschosse - das Wohnhaus nunmehr 8 Wohnungen aufweisen sowie um ein (in südöstlicher Richtung zurückversetztes) weiteres Geschoss („Ebene 4“) mit einem begrünten Flachdach aufgestockt werden soll. Zu dem Vorhaben äußerten sich das städtische Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung (Schreiben vom 27. Juni 2016), der städtische Gestaltungsbeirat (28. Juli 2016, 17. November 2016) und das städtische Sachgebiet Sanierung (31. August 2016) ablehnend bzw. kritisch. Die Untere Denkmalschutzbehörde teilte mit einer von ihr selbst unter dem 15. September 2016 sowie vom BLfD unter dem 22. September 2016 unterschriebenen Stellungnahme im Genehmigungsverfahren mit, es bleibe bei der ablehnenden Haltung zum Bauvorhaben gemäß der vormaligen Stellungnahme des BLfD vom 9. September 2011. In seiner Sitzung vom 25. November 2016 beschloss der Stadtrat, dass an einem früheren Plenarbeschluss vom 25. November 2011 (Ablehnung einer fünfgeschossigen Bebauung auf der FlNr. …4) festgehalten werde.
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Mit Bescheid vom 5. Dezember 2016 lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 25. August 2016 ab. Dies wurde zum einen damit begründet, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht gem. § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Zum andern sei die Baugenehmigung aus denkmalschutzrechtlichen Gründen abzulehnen: Das Vorhaben befinde sich innerhalb des geschützten Ensembles der L... … … am Stadteingang „M... … Tor“ zur historischen Innenstadt und in unmittelbarer Nachbarschaft zu mehreren Einzeldenkmälern, insbesondere zum O... … als freistehendem repräsentativen Bau oberhalb des steil ansteigenden Hanges. Der Blick auf die exponierten Bauten der Burg T... … und des O... … sowie die sich den bewaldeten Hang hinaufziehende Stadtmauer prägten die Örtlichkeit. Die Hangflächen seien in der Vergangenheit begrünt und unbebaut gewesen und hätten damit die städtebauliche Wirkung dieser beiden hochkarätigen Einzeldenkmäler erhöht. Während die Höhenentwicklung des genehmigten Baugesuchs mit vier Geschossen noch eine notwendige Distanz durch Belassen eines Waldstückes berücksichtige, greife der nun geplante Baukörper in allen Geschossen noch tiefer als bisher in den Hang ein und tangiere mit der zusätzlich beantragten fünften Geschossebene die Stützmauer des O... … Dessen städtebaulich bewusst gesetzte erhabene Stellung werde aufgehoben, der geplante Neubau an der I... … H1. Straße erstrecke sich vom Hangfuß über die gesamte Hanghöhe hinauf und verwische die Grenzen zwischen „unten“ und „oben“. Der an dieser Stelle stets vorhandene und weiterhin zwingend notwendige „Respekt-Abstand“ sei nicht gegeben. Die Eingangssituation zur historischen Innenstadt erfahre durch die nun beantragte Dimension des Bauvorhabens eine städtebaulich und denkmalpflegerisch unverantwortliche Beeinträchtigung. Die repräsentative Wirkung des Bernlocher-Komplexes O... … werde durch das unangemessene Heranrücken des Neubaus massiv geschmälert. Die zusätzlich geplanten Öffnungen in der Stadtmauer konterkarierten darüber hinaus das Wesen einer schützenden Mauer und seien deshalb denkmalfachlich abzulehnen. Die Errichtung von Anlagen in der Nähe von Baudenkmälern bedürfe nach dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Bayerisches Denkmalschutzgesetzes - BayDSchG) einer Erlaubnis, die vorliegend unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG versagt werden könne. Das Vorhaben liege in einem denkmalschutzrechtlich hochsensiblen Bereich. Es beeinträchtige das historische Ensemble in beträchtlichem Maße, da das Maß der baulichen Nutzung überzogen werde. Weiterhin rücke die Bebauung durch das zusätzliche Geschoss unangemessen nah an den freistehenden Solitärbau O... … Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes sprächen dafür, die bauliche Entwicklung auf dem Baugrundstück auf das bisher genehmigte Maß zu beschränken. Die Häufung der Einzelbaudenkmäler im Nahbereich sowie die zusätzliche Lage im Ensemble indizierten bereits das Vorliegen gewichtiger Gründe. Das BLfD halte zudem an seiner generell ablehnenden Stellungnahme aus dem Jahr 2011 fest. Jede noch zusätzlich hinzukommende Bebauung stelle eine massive Verschlechterung dar, die abzulehnen sei. Die materiellen Voraussetzungen für eine Versagung (Art. 6 Abs. 2 BayDSchG) lägen vor. Dem Vorhaben stünden somit öffentlich-rechtliche Belange des Denkmalschutzes entgegen.
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Mit einem weiteren - ebenfalls als „Änderungsantrag“ bezeichneten - Bauantrag vom 3. April 2017 begehrte die Klägerin unter Vorlage von Bauvorlagen / Plänen mit Datum vom 4. April 2017 eine Baugenehmigung für eine weitere Variante eines Wohnhauses mit acht Wohnungen mit einem weiteren zurückgesetzten Geschoss mit derselben Gesamthöhe. Die diesbezüglichen Bauvorlagen sehen im Vergleich zum Antrag vom 25. August 2016 eine etwas abweichende Gestaltung und Lage des (zusätzlichen) obersten Geschosses (Ebene 4) vor, wobei dieses insgesamt etwas weiter nach Süden zurücktritt (also auf der Nordseite verkürzt) wird, aber im Vergleich zum Änderungsantrag vom August 2016 im westlichen Bereich zusätzliche Teile aufweist, die näher an die Stadtmauer grenzen. Auch diesen Bauantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Mai 2017 ab und begründete dies mit denselben Erwägungen wie beim Ablehnungsbescheid vom 5. Dezember 2016.
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Die Klägerin erhob gegen beide Ablehnungsbescheide Verpflichtungsklagen beim Verwaltungsgericht Regensburg. Nach Verbindung der Verfahren beantragte die Klägerin dort zuletzt, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 zu verpflichten, die Baugenehmigung nach den Plänen vom August 2016, hilfsweise nach den Plänen vom April 2017 zu genehmigen sowie weiter hilfsweise über ihre abgelehnten Bauanträge erneut zu entscheiden. Die Beklagte legte dem Verwaltungsgericht eine weitere denkmalfachliche Stellungnahme des BLfD vom 7. Juli 2017 vor. Unter Bezugnahme auf die vormalige Stellungnahme vom 9. September 2011 wird hierin ausgeführt, dass durch die geplante Aufstockung des Gebäudes um ein zusätzliches Vollgeschoss die städtebauliche Situation weiter verschärft werde. Die geplante Hangbebauung solle bis unmittelbar unterhalb des O... … hochgezogen werden, sodass die Hangfläche nun vollständig durch Glasfassaden aufgelöst werde. Hinzu komme, dass die unmittelbar der historischen Stadtmauer westlich vorgelagerte Treppenanlage mit den dazugehörigen Podesten und Wanddurchbrüchen den geschlossenen und wehrhaften Charakter der historischen Stadtmauer auflöse bzw. zerstöre, insbesondere auch deshalb, weil die Stadtmauer durch die fünf Wohnungseingangstüren als Wohnfassade umdefiniert werde. Der Entwurf werde deshalb seitens des BLfD abgelehnt.
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Im Anschluss an einen durch den Vorsitzenden der befassten Kammer als Berichterstatter durchgeführten Beweistermin (Inaugenscheinnahme) wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 24. April 2018 die Klage ab. In den Entscheidungsgründen wird zum abgewiesenen Hauptantrag ausgeführt, dass das Vorhaben zwar - entgegen der Ansicht der Beklagten - am Maßstab des § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig sei, dass es aber in beiden streitgegenständlichen Varianten in Anwendung von Art. 6 BayDSchG zu Recht seitens der Beklagten abgelehnt worden sei.
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Mit ihrer vom Senat wegen tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin, die bereits im Berufungszulassungsverfahren ein von dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Beurteilung, Instandsetzung und Restaurierung historischer Gebäude Prof. Dr. H1. H1. erstelltes „Kurzgutachten“ vom 2. Juli 2018 mit einer Bilddokumentation u.a. unter Visualisierung des streitgegenständlichen Wohnbauvorhabens (bezogen auf die Bauvorlagen / Pläne mit Datum vom 16. August 2016) von bestimmten Standorten aus vorgelegt hatte, ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
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Die Beklagte hatte im Berufungszulassungsverfahren eine weitere Stellungnahme des BLfD vom 13. August 2018 vorgelegt, in der sich die Fachbehörde auf die frühere Stellungnahme vom 9. September 2011 bezieht und ergänzend ausführt, dass bei Umsetzung der abgelehnten Aufstockung und damit bei Erhöhung der genehmigten Ausführung eine unmittelbare Anbindung an die Stützmauer des dem O... … vorgelagerten Platzes erfolge, was sowohl die städtebauliche Wirkung der hier bislang frei verlaufenden Stadtmauer als auch des als Solitär konzipierten O... … weiter merklich schwäche. Der ohnehin störende genehmigte Neubau mit seinen großflächigen und damit auch stark spiegelnden Fassaden würde durch die Erhöhung im Ensemble L... …, das i.S. von Art. 1 Abs. 3 BayDSchG selbst ein geschütztes Baudenkmal sei, noch mehr in Erscheinung treten. Seine nachteilige Wirkung auf das Stadtbild - insbesondere auf die berühmten Landmarken der mittelalterlichen Residenzstadt L... … (wie die katholische Stadtpfarrkirche St. … und die Burg T... …...) - würde sich noch verstärken. Auch im laufenden Berufungsverfahren hat die Beklagte eine aktuelle Stellungnahme des BLfD vom 9. Juli 2020 vorgelegt, in der unter Bezugnahme auf die vorangegangenen Äußerungen weiter ausgeführt wird, dass das Bauvorhaben sowohl in den genehmigten Ausführungen als auch hinsichtlich der nunmehr beantragten Aufstockung eine erhebliche Beeinträchtigung des Ensembles Stadt L … und einer Vielzahl der Baudenkmäler in der Nähe des Bauvorhabens bewirke. Zu den gewichtigen und im vorliegenden Fall überwiegenden Gründen des Denkmalschutzes gehöre insoweit vor allem die Tatsache, dass die gesamten Hangbereiche innerhalb der … L … von der S H1. Straße im Nordosten der … bis zum Bereich des M... … Tors im Südwesten in historischer Zeit frei von Bebauung gewesen seien und dies bis heute in weiten Teilen auch noch ablesbar so der Fall sei. Diese städtebauliche Situation und damit ein konstituierendes Element des in besonderer Weise herausragenden Baudenkmals „Ensemble … L... …“ werde durch die Baumaßnahme zumindest in einem Teilbereich dadurch gravierend geändert bzw. verfälscht, was sich insbesondere auch störend auf die auf Fernwirkung angelegten Landmarken „Katholische Stadtpfarrkirche St. …“ und „Burg T... …“ auswirke. Die geplante, in der … völlig wesensfremde Neubebauung werde sich auch auf Einzelbaudenkmäler in unmittelbarer Nähe des Bauvorhabens in schwerwiegender Weise negativ auswirken, insbesondere auf den Stadtmauerabschnitt direkt neben der terrassenartigen Bebauung und das Anwesen A... … H1. straße … (FlNr. …...). Hierbei handele es sich um einen im Stadtbild markanten Bau, in den ein Rundturm der mittelalterlichen Stadtbefestigung einbezogen sei. Das BLfD habe von Anbeginn seiner Einbeziehung in die klägerischen Planungen verdeutlicht, dass in jedem Fall einem nunmehr streitgegenständlichen fünfstöckigen Bauvorhaben gewichtige resp. überwiegende Gründe des Denkmalschutzes entgegenstünden.
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Die Klägerin trägt im Berufungsverfahren vor, die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen sei mit Blick auf die bereits erteilte Baugenehmigung auf die Änderung durch Teilaufstockung (zusätzliche Ebene 4) zu beschränken; die streitgegenständliche Aufstockung sei im Vergleich zum bereits genehmigten Vorhaben kein „aliud“. Das Vorhaben füge sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung gem. § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein. U.a. zähle das weitere Geschoss, das nicht als Vollgeschoss sichtbar sei, nicht als Vollgeschoss. Ihrem Anspruch auf Baugenehmigung stehe auch nicht das Denkmalschutzrecht entgegen. Die geplante Aufstockung orientiere sich in ihrer gestalterischen Aussage am bereits genehmigten Bauvorhaben. Soweit die Beklagte in den Ablehnungsbescheiden an den erteilten Genehmigungen festhalte, müsse sie für die streitgegenständlichen Vorhaben zu derselben Beurteilung kommen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts werde durch das zusätzliche Geschoss (Ebene 4) die bereits durch das genehmigte Bauvorhaben herbeigeführte Beeinträchtigung des historischen Ensembles …, der Burg T... … und des O... … nicht gravierend verstärkt. Das streitgegenständliche Bauvorhaben sei in der Fernsicht aus dem Ensemble … überhaupt nicht zu sehen. Von der Burg T... … aus sei lediglich die begrünte oberste Ebene zu sehen, wobei hieraus keine gravierende Beeinträchtigung des Stadtbilds resultiere. Hinsichtlich der vom Erstgericht als beeinträchtigt bewerteten (stadtbildprägenden) Sicht auf die vom M... … Tor ansteigende Stadtmauer und dem seitlich angrenzenden unbebauten Hügel, über dem das O... … als dominanter Repräsentativbau throne, sei durch das vorgelegte Kurzgutachten nachgewiesen worden, dass in dem von ihm beschriebenen maßgeblichen Sichtfenster nur winzige Ausschnitte des größtenteils von Bäumen verdeckten O... … sichtbar seien, Letzteres mithin nicht als thronend wahrgenommen werde. Auch wenn sich das streitgegenständliche Vorhaben über die gesamte Hanghöhe hinauf erstrecke, werde die bestehende Hangkante nicht überschritten, sodass die Aussichtsplattform erhalten bleibe. Die Grenzen zwischen „oben“ und „unten“ würden daher nicht verwischt. Aufgrund der geplanten Begrünung der Dachfläche bleibe diese Zäsur erhalten. Aufgrund der gegebenen topografischen Verhältnisse sei der denkmalschutzrechtlich gebotene Achtungsabstand zum O... … eingehalten. Der Blick des Passanten von unten, der dieses ohnehin nur suchend und dann auch nur fragmentarisch erblicken könne, werde nicht eingeschränkt. Die Bewertung des Erstgerichts, der Hang vertrage keine zusätzliche Bebauung, sei falsch. Die hier nur noch streitgegenständliche Aufstockung führe nach den Feststellungen des Sachverständigen zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des Ensembles bzw. des Baudenkmals O... … Die Architektur des nur in winzigen Ausschnitten sichtbaren O... … könne keine städtebauliche Wirkung entfalten, zumal die verbleibende Sichtbeziehung durch die Entsorgungsanlage mit der Mobilfunkanlage auf dem Plateau erheblich gestört sei. Die geplante Aufstockung sei nach den Darlegungen des Sachverständigen derart zurückgerückt in den Hang gestellt, dass es den Blick auf die Burg T... … in keiner Weise versperre. Auch werde nach dem Sachverständigengutachten die historische Aussicht von der Burg nicht gestört, da die Fensterflächen und die durchlaufenden Attiken / Terrassenbrüstungen sowohl in der genehmigten als auch in der versagten Variante nicht zu sehen seien und die schmalen Terrassen der Geschossdecken sowie die begrünte Ebene unter Berücksichtigung der Flächengröße und in Anbetracht der großen Blickdistanz von der Burg aus keine gravierende Beeinträchtigung des Stadtbildes ergäben. Die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts, das zusätzliche Obergeschoss, wie es in Verdeckung der Stadtmauer errichtet werden solle, sei von der I... … H1. Straße aus über einen großen Bereich zu sehen, sei nach den Darlegungen des Sachverständigen falsch. Das abgelehnte weitere Geschoss sei in der Untersicht im maßgeblichen Sichtfenster nur zu verschwindend geringem Teil rechts oberhalb des genehmigten turmartig wirkenden Baukörpers zu sehen, sei dann von diesem turmartigen Baukörper verdeckt und tauche dann links dieses Baukörpers nur als schmales Band wieder auf. Das baulich mehrfach geänderte - in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entkernte und seiner ursprünglichen Fassade beraubte sowie in den 1980er Jahren renovierte - O... … werde in seiner denkmalschutzrechtlichen Bedeutung als Zeugnis der Geschichte oder als Kunstwerk von der Beklagten und vom BLfD überschätzt. Eine städtebaulich bewusst „erhaben“ gesetzte Stellung des O... … habe es zudem nie gegeben. Es treffe auch nicht zu, dass der Hang im Bereich des Baugrundstücks von jeher bewaldet gewesen sei. Der Bereich sei vormals kleingärtnerisch mit kleinen Gewächshäusern genutzt worden und sei terrassiert gewesen. Die topografischen Verhältnisse rund um das O... … seien künstlich hergestellt worden. Die ursprüngliche Prägung des Ensemblebereichs mit Hinterhöfen und Nutzgärten hinter den Rückgebäuden der A... … H1. straße seien schon mit den bereits in den 1990er Jahren verwirklichten Neubauten sowie mit dem Umbau und Abbruch einiger verbrauchter Gebäude unwiederbringlich verloren gegangen. Es sei hier ein denkmalschutzrechtlich eigenständiger Bereich in zweiter Reihe entstanden. Das Baudenkmal A... … H1. straße … trete nach seiner Sanierung nur noch als schmuckloser Neubau in Erscheinung und erinnere in seiner Architektursprache an die Neubauten in seiner Umgebung. Die Reste der Stadtmauer bildeten die Grenze des wirksamen Bereichs und entfalteten in Symbiose mit dem streitgegenständlichen Neubau ihre Wirkung unverändert nur nach außen. Diese hätten sich von ihrer Innenseite her nie prägend auswirken können. Würde man den wirksamen Teilbereich des denkmalgeschützten Ensembles ausweiten, müssten in diesem Zusammenhang u.a. bereits bestehende Flachbauten sowie ein mit Vorbescheid gestatteter Flachdachbau in der Nachbarschaft Berücksichtigung finden. Die Stadtmauer werde durch das zusätzliche Obergeschoss nicht verdeckt. Die Feststellung des Erstgerichts, der zusätzliche Ausgang durch die Stadtmauer bedinge einen zusätzlichen Durchbruch, sei falsch.
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Die Klägerin beantragt,
14
die Beklagte unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 24. April 2018 sowie unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 zu verpflichten, die Teilaufstockung nach den Plänen vom 16. August 2016, hilfsweise nach den Plänen vom 4. April 2017 zu genehmigen sowie weiter hilfsweise „über die Tekturanträge (…) erneut zu entscheiden“.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Dem Vorhaben könne wegen des Vorliegens von gewichtigen und im vorliegenden Fall überwiegenden Gründen des Denkmalschutzes nicht zugestimmt werden. Insgesamt seien dabei auch die Ebenen 0 - 3 - also das Gebäude im Ganzen - mit in die Bewertung einzubeziehen, weil das streitgegenständliche Vorhaben in beiden Varianten im Verhältnis zu dem genehmigten Vorhaben als „aliud“ einzuordnen sei. In der Beschlussbegründung werde dargestellt, welche Aspekte bei der Ermessensausübung bedacht worden seien und zu welcher Auffassung man schließlich gekommen sei. Unabhängig davon sei aufgrund der klaren Stellungnahmen des BLfD von einer gewissen Ermessensreduzierung auszugehen. Ein für das Grundstück „A... … H1. straße …“ erteilter Bauvorbescheid sei nicht zu berücksichtigen gewesen, weil insofern wie bei § 34 BauGB allein die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend seien. Die Beeinträchtigung des Denkmals O... … sowie des Ensembles, die von der Mobilfunkanlage und der Entsorgungsanlage auf Höhe des O... … ausgehe, sei im Vergleich zu derjenigen, die das streitgegenständliche fünfgeschossige Vorhaben bewirke, um ein Vielfaches geringer. Das als Ganzes zu betrachtende Vorhaben füge sich in beiden streitgegenständlichen Varianten nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein und sei deshalb am Maßstab von § 34 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig. Das dem Baugrundstück direkt gegenüberliegende ehemalige Amtsgerichtsgebäude (FlNr., I... … H1. Straße ...) weise mit einer straßenseitigen Traufhöhe von 16 m die deutlich größte Traufhöhe an der I... … H1. Straße auf. Das Vorhaben der Klägerin weise demgegenüber auf Basis der Bauvorlagen eine wirksame Höhenentwicklung von 17,40 m auf. Zwar habe das ehemalige Amtsgerichtsgebäude im hinteren, straßenabgewandten (westlichen) Bereich aufgrund eines Geländesprungs eine Traufhöhe von 19,50 m. Dieser Punkt sei aber für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung nicht ausschlaggebend, zumal er im Straßenraum der I... … H1. Straße optisch nicht wirksam sei. Ebenso sei die ehemalige Justizvollzugsanstalt (FlNr., I... … H1. Straße ...) nicht geeignet, einen wesentlichen Maßstab für das Einfügen zu setzen, weil dieses Bauwerk quantitativ über ganz andere Dimensionen verfüge und auch qualitativ völlig anders einzuordnen sei als das streitgegenständliche Wohnbauvorhaben. Dies gelte ebenso für weitere Großgebäude im Umfeld, wie z.B. die Jugendherberge und das ehemalige Amtsgericht. Für die Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB sei auf das durch die I... … H1. Straße und die A... … H1. straße umfasste Wohn- und Geschäftsquartier an der Isarhangleite abzustellen. Dort sei eine kleinteilige Bau- und Nutzungsstruktur vorzufinden, die auch den zu berücksichtigenden räumlichen Umkreis beschränke. Im beschriebenen Quartier sei das Maß der baulichen Nutzung im Vergleich zum streitgegenständlichen Objekt deutlich geringer. Die bestandskräftige Baugenehmigung für ein Wohngebäude mit den Ebenen 0 - 3 sei im November 2019 wegen Art. 69 Abs. 1 BayBO nach vierjährigem Baustopp nach zuletzt ausgeführten Hangsicherungsmaßnahmen im November 2015 und mangels gestellten Verlängerungsantrags erloschen.
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Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag, unterstützt aber den Antrag der Beklagten auf Zurückweisung der Berufung. Streitgegenständlich sei im Vergleich zu den erteilten Genehmigungen ein „aliud“, sodass sich die Frage stelle, ob das Gesamtvorhaben unter Einbeziehung der vormals genehmigten Stockwerke mit dem Denkmalschutzrecht vereinbar sei. Diese Frage sei im Einklang mit dem BLfD zu verneinen. Die Fachbehörde habe in ihren diversen Stellungnahmen, denen in der Rechtspraxis ein besonderes Gewicht zukomme, sowohl für das Gesamtvorhaben als auch für die von der Beklagten abgelehnte Aufstockung dargelegt, dass die Tatbestände der genehmigungspflichtigen Ensembleveränderung und der genehmigungspflichtigen Nähebeziehung zu Einzeldenkmälern einschlägig seien und dass jeweils die Voraussetzungen für eine Versagung der Erlaubnis gegeben seien.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten sowie auf das Protokoll über die Inaugenscheinnahme des Senats und den Erörterungstermin am 22. Juni 2021 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat nur teilweise Erfolg.
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1. Die Berufung ist unbegründet, soweit die Klage im Hauptantrag sowie im ersten Hilfsantrag abgewiesen wurde. Die Klägerin hat keinen strikten Anspruch gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO darauf, dass die Beklagte ihr eine Baugenehmigung nach den Plänen vom 16. August 2016 (vgl. Hauptantrag) bzw. hilfsweise nach den Plänen vom 4. April 2017 (erster Hilfsantrag) erteilt.
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Auch wenn sich die Vorhaben in beiden Varianten in die nähere Umgebung einfügen und damit bauplanungsrechtlich zulässig sind [hierzu unten 2. a) ], hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO auf Erhalt einer Baugenehmigung für beide beantragten Varianten des Bauvorhabens. Aufgrund der Einschlägigkeit denkmalschutzrechtlicher Genehmigungstatbestände gem. Art. 6 BayDSchG, auf die sich gem. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO der Prüfumfang des Baugenehmigungsverfahrens erstreckt, ist der Baugenehmigungsbehörde ein Versagensermessen eröffnet, das vorliegend nicht zugunsten der Klägerin auf null reduziert ist.
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Eine gesonderte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz entfällt gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, wenn eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall (Art. 55 Abs. 1 BayBO). Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO erstreckt den Prüfumfang im (hier vereinfachten) Baugenehmigungsverfahren auf den mit dem Vorhaben verbundenen denkmalrechtlichen Erlaubnistatbestand (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2016 - 15 B 13.2435 - juris Rn. 39). Damit sind auch die Voraussetzungen einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis Prüfmaßstab im Baugenehmigungsverfahren, wobei für den Fall, dass das Denkmalrecht der Genehmigungsbehörde ein Versagensermessen einräumt, dieses (ordnungsgemäß gem. Art. 40 BayVwVfG) von der Baugenehmigungsbehörde auszuüben ist. Letzteres ist bei Einschlägigkeit des Versagungstatbestands (Art. 6 Abs. 2 BayDSchG) gerichtlich gem. § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar ist.
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a) Die streitgegenständlichen Vorhabenvarianten der Klägerin sind zum einen denkmalschutzrechtlich gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BayDSchG erlaubnispflichtig [aa) ], wobei gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG eine behördliche Versagungsmöglichkeit eröffnet ist [unten bb) ].
25
Das Bauvorhaben liegt in dem gem. Art. 1 Abs. 3 BayDSchG denkmalgeschützten und in der Denkmalliste eingetragenen Ensemble „… L... …“. Angesichts zahlreicher intakter Denkmäler rund um das Baugrundstück und des gerade rund um die I... … H1. Straße und die A... … H1. straße auch nach den Eindrücken der Inaugenscheinnahme insgesamt erhaltenswürdigen Orts- und Straßenbildes steht außer Frage, dass ein Ensembleschutz hier weiterhin materiell greift. Im Übrigen verlieren Ensembles, bei denen einzelne oder viele der dazugehörenden baulichen Anlagen in neuerer Zeit verändert wurde, nicht automatisch ihre Ensembleeigenschaft (zu diesbezüglichen Einzelheiten vgl. z.B. BayVGH, U.v. 2.8.2018 - 2 B 18.742 - BayVBl 2019, 346 = juris Rn. 32 ff.; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 1 Rn. 54 ff.).
26
aa) Da ein denkmalgeschütztes Ensemble gem. Art. 1 Abs. 3 BayDSchG als solches ein Baudenkmal ist (BayVGH, B.v. 29.2.2016 - 9 ZB 15.1146 - juris Rn. 10; B.v. 8.1.2021 - 9 ZB 19.282 - juris Rn. 9), erfüllt bereits die Errichtung eines neuen Gebäudes innerhalb eines Ensembles - also mithin das streitgegenständliche Bauvorhaben der Klägerin in beiden Ausführungsvarianten in der ensemblegeschützten … der Beklagten - ohne Weiteres den Tatbestand einer Baudenkmalveränderung i.S. von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 3 BayDSchG (BayVGH, U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 38). Allerdings ist die denkmalschutzrechtliche Genehmigungspflicht bei einer Ensembleveränderung gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG tatbestandlich eingeschränkt. Hiernach bedarf es in diesem Fall einer Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Das Erscheinungsbild eines Ensembles wird dabei durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG), das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 4; B.v. 29.2.2016 a.a.O. Rn. 10; B.v. 8.1.2021 a.a.O. Rn. 9).
27
Das Bauvorhaben der Klägerin (in beiden Varianten) kann sich in diesem Sinn auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken. Dabei kommt es - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht allein auf die Auswirkungen der „Aufstockung“, also durch das von den streitgegenständlichen Bauanträgen zusätzlich umfasste oberste Staffelgeschoss, sondern auf das Gesamtgebäude an. Denn die Klägerin begehrt mit ihren beiden abgelehnten (streitgegenständlichen) Bauanträgen keine bloßen „Tektur-“ oder „Änderungsgenehmigungen“, sondern eine Genehmigung für ein „aliud“, dessen Genehmigungsfähigkeit unabhängig von den Baugenehmigungen vom 15. November 2012 und vom 19. September 2013 gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO im Ganzen neu beurteilt werden muss.
28
Mit dem in der BayBO nicht enthaltenen Begriff der Tekturgenehmigung wird in der Baupraxis üblicherweise eine Genehmigung für geringfügige oder kleinere, das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berührende Änderungen eines bereits genehmigten Vorhabens bezeichnet, die sich während des Genehmigungsverfahrens oder nach Erteilung der Genehmigung ergeben haben bzw. ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984 - 2 B 82 A.301 - BayVBl 1984, 596/597; B.v. 18.3.1997 - 14 B 96.1625 - BeckRS 1997, 23800; B.v. 14.1.1998 - 14 B 96.357 - juris Rn. 22; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 18, Art. 68 Rn. 21). Kennzeichnend für eine bloße Tekturgenehmigung ist, dass sich die diesbezügliche Prüfung und Entscheidung auf die Feststellung beschränkt, dass (nur) die zur Änderung vorgesehenen Teile des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar sind; für die übrigen Teile ergibt sich diese Feststellung - die in der Reichweite des jeweiligen Prüfprogramms (vgl. hier Art. 59 BayBO) notwendiger Inhalt einer Baugenehmigung ist - aus der neben der Tekturgenehmigung bestehenbleibenden ursprünglichen Baugenehmigung. Von einem Tekturantrag oder einer Tekturgenehmigung kann aber nur gesprochen werden, wenn die Identität des (genehmigten) Vorhabens gewahrt bleibt (die bauliche Anlage also im Wesentlichen die gleiche bleibt), mithin die vom Bauherrn verfolgte Änderung das Vorhaben nicht zu einem „aliud“ macht. Als für die Identität eines Bauvorhabens wesentliche Merkmale werden in der Rechtsprechung Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild herausgestellt. Ob eine Veränderung dieser für ein Vorhaben charakteristischen Merkmale die Identität von genehmigten und errichteten Vorhaben aufhebt, hängt vom Umfang der Abweichungen und von der Bewertung ihrer Erheblichkeit im jeweiligen Einzelfall ab. Es kommt dabei entscheidend darauf an, ob durch die Änderung Belange, die bei der ursprünglichen Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich oder andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt (zum Ganzen: B.v. 26.7.1991 - 20 CS 89.1224 - BayVBl. 1992, 88 = juris Rn. 14 ff.; B.v. 14.1.1998 a.a.O.; B.v. 2.8.2007 -1 CS 07.801 - BayVBl 2007, 758 ff. = juris Rn. 33; B.v. 26.3.2008 - 15 ZB 07.3194 - juris Rn. 9; U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - NVwZ-RR 2015, 247 = juris Rn. 27; B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 10; B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684 - juris Rn. 6; B.v. 10.4.2017 - 15 ZB 16.673 - juris Rn. 16; B.v. 4.4.2019 - 1 ZB 17.1173 - juris Rn. 4 f.; B.v. 9.6.2020 - 15 CS 20.901 - juris Rn. 20; B.v. 14.12.2020 - 1 ZB 18.1164 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U.v. 14.11.2012 - 2 B 3.11 - juris Rn. 57; OVG NW, B.v. 13.12.2012 - 2 B 1250/12 - NVwZ-RR 2013, 500 = juris Rn. 15; NdsOVG, B.v. 16.6.2014 - 1 ME 70/14 - NVwZ-RR 2014, 802 = juris Rn. 11).
29
Vorliegend geht es der Klägerin mit ihren abgelehnten Bauanträgen nicht um kleinere Änderungen, die über eine bloße, die Ausgangsbaugenehmigung ergänzende Tektur- oder Nachtragsbaugenehmigung abgedeckt wären. Sie verfolgt vielmehr im vorliegenden Rechtsstreit mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag Baugenehmigungen für ein anderes Vorhaben („aliud“) in zwei verschiedenen Varianten. Die von der Beklagten abgelehnten Vorhaben sollen im Vergleich zum genehmigten (aber bislang nicht umgesetzten) Vorhaben jeweils über ein zusätzliches zurückgesetztes Geschoss verfügen, sollen folglich höher werden. Zudem zeigt der Vergleich zwischen den mit den Bescheiden vom 5. November 2012 und 19. September 2013 genehmigten Bauvorlagen mit den Bauvorlagen zu den beiden abgelehnten Varianten, dass aufgrund der terrassierten Gebäudegestaltung mit der zusätzlichen Ebene 4 das Bauvorhaben in beiden abgelehnten Ausführungsvarianten im oberen Hangbereich nunmehr ganz an die Grenze des oberhalb gelegenen O... …grundstücks heranrücken soll, sodass bei Projektumsetzung auch eine größere Grundfläche vereinnahmt wird. Dass die Betroffenheit dieser Belange dazu führt, dass die streitgegenständlichen, von der Beklagten abgelehnten Vorhaben im Vergleich zu dem Vorhaben, das von den bestandskräftigen Baugenehmigungen gedeckt ist, als „aliud“ anzusehen sind, ergibt sich mithin schon daraus, dass sich gerade durch die Gebäudeerhöhung, das zusätzliche Geschoss und die hinzukommende Grundfläche als wesentliche Parameter des § 34 BauGB für das gesamte Bauvorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsfrage hinsichtlich des bauplanungsrechtlichen „Einfügens“ im Ganzen neu stellt; dasselbe gilt auch hinsichtlich der Beurteilung der denkmalrechtlichen Verträglichkeit am Maßstab von Art. 6 BayDSchG. Die hier betroffenen Merkmale einer veränderten Gebäudehöhe, eines zusätzlichen Geschosses, einer größeren Grundfläche und einer damit einhergehenden veränderten Kubatur führen dazu, dass sich das nunmehr von der Klägerin verfolgte Vorhaben in beiden Ausführungsvarianten gegenüber der vorangegangenen Baugenehmigung verselbständigt hat. Für ein „aliud“ spricht zudem das in der Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 16. Juni 2021 (dort Seite 22) vorgebrachte Argument, dass das Gebäude für die nunmehr vorgesehene Aufstockung in statischer Hinsicht anders ausgebildet werden müsse, als wenn es bei der genehmigten Bauausführung geblieben wäre. Diese statischen Abweichungen sind auch im Vergleich zwischen den mit Bescheiden vom 15. November 2012 und 19. September 2013 vormals genehmigten Bauvorlagen / Schnitten (mit Datum 22.8.2012 bzw. 9.8.2013) und den mit den Bescheiden vom 5. Dezember 2016 und 5. Mai 2017 abgelehnten Bauvorlagen / Schnitten (mit Datum 16.8.2016 bzw. 4.4.2017) hinsichtlich einer partiell variierenden Dicke und Gestaltung der Zwischendecken zwischen der Ebene 1 und der Ebene 2 sowie zwischen der Ebene 3 und der Dachterrasse (vormals genehmigte Vorhaben) bzw. der Ebene 4 (streitgegenständliche Varianten) erkennbar. Zudem hat die Klägerin für den Bauantrag vom 25. August 2016 (zu Recht) vollständige Bauvorlagen für das Gesamtgebäude (auch mit den Grundrissen zu den Ebenen 0 - 3) vorgelegt.
30
Gehen - wie vorliegend - die Änderungen in einem neuen Bauantrag so weit, dass ein anderes Vorhaben als das zunächst beantragte und damit ein „aliud“ zum Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO (hier i.V. mit Art. 59 BayBO) gemacht wird, handelt es sich der Sache nach um einen vollständig neuen Bauantrag (Schwarzer/König a.a.O. Art. 68 Rn. 21). Es ist dann eine vollständig neue Baugenehmigung erforderlich. Es ist folglich das G e s a m t v o r h a b e n in seiner geänderten Gestalt im Ganzen auf seine Genehmigungsfähigkeit zu prüfen (BayVGH, B.v. 3.4.2019 - 22 CS 19.345 - BayVBl 2021, 95 = juris Rn. 37 ff.; B.v. 5.4.2019 - 22 CS 18.2572 u.a. - ZUR 2019, 491 = juris Rn. 49; B.v. 5.4.2019 - 22 CS 19.281 - BImSchG-Rspr. § 16 Nr. 16 = juris Rn. 44 ff.). Aufgrund der Einordnung der mit den Bescheiden vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 abgelehnten Vorhabenalternativen jeweils als „aliud“ im Vergleich zu dem bereits genehmigten Bauvorhaben ist Gegenstand dieser beiden abgelehnten Bauanträge nicht nur isoliert gesehen das oberste Stockwerk, sondern das Gesamtvorhaben eines mehrgeschossigen Wohnbauvorhabens im Hang des Baugrundstücks. Bei der Frage, ob die beiden streitgegenständlichen Vorhabenalternativen genehmigungsfähig sind, ist daher jeweils nicht nur das zusätzliche Obergeschoss nach den beiden Antragsvarianten vom August 2016 und April 2017, sondern das jeweilige Gesamtvorhaben mit allen Ebenen 0 - 4 zu beurteilen.
31
Für die gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 i.V. mit Art. 1 Abs. 3 BayDSchG tatbestandlich relevante Frage, ob sich das Vorhaben (in beiden Varianten) auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann, kommt es daher entgegen den Ausführungen der Klägerin (und ihrem Gutachter Prof. Dr. H1....) nicht darauf an, welchen Beitrag lediglich die hinzukommende Ebene 4 hierauf hat, sondern vielmehr darauf, ob sich das Gesamtvorhaben (also das Gesamtgebäude mit allen Ebenen 0 - 4) auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirkt. Dies ist zu bejahen: Zum bisherigen Erscheinungsbild des Ensembles gehören auch die bislang unbebaute Hangfläche auf dem Baugrundstück, jenseits dessen westlicher bzw. südwestlicher Grenze ein Abschnitt der hier erhaltenen Stadtmauer von der Höhe der I... … H1. Straße bis zum O... … aufsteigt. Stellt man nicht lediglich auf den Vergleich zwischen dem bestandskräftig genehmigten Vorhaben und den mit den beiden streitgegenständlichen Varianten verfolgten zusätzlichen Obergeschossen, sondern - wie geboten - auf das Gesamtvorhaben ab, ist nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen, dass sich ein mehrstöckiges Gebäude der geplanten Art im bislang unbebauten Hang unterhalb des O... …, unterhalb der Burg T... … sowie in der Nähe weiterer Einzeldenkmäler auf das Erscheinungsbild des Ensembles im Ganzen auswirken kann.
32
bb) Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG räumt der Behörde - hier der Baugenehmigungsbehörde im Rahmen der Baugenehmigungserteilung - ein Versagungsermessen ein. Nach der genannten Norm kann u.a. im hier vorliegenden Fall des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO (s.o.) die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - BayVBl 2008, 141 = juris Rn. 48, 51 ff.). Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Voraussetzungen dieser (Ermessens-) Versagungsmöglichkeit, die uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegen (vgl. BayVGH, U.v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 19; B.v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4; U.v. 2.8.2018 - 2 B 18.742 - BayVBl 2019, 346 = juris Rn. 39), vorliegend gegeben sind.
33
Die „gewichtigen Gründe“ sind nicht dahin zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen muss. Sie ergeben sich vielmehr grundsätzlich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht. Es ist daher bereits für den Regelfall davon auszugehen, dass bei Baudenkmälern - und damit auch bei einem denkmalschutzrechtlich geschützten Ensemble (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG) - ein Erhaltungsinteresse anzuerkennen ist und damit „gewichtige Gründe“ für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands indiziert sind. Gewichtige Gründe sind allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern oder völlig geringfügigen Beeinträchtigungen zu verneinen (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 a.a.O. Rn. 4; U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 39; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 6 Rn. 45). Im Hinblick auf die Gleichstellung von Ensembles und Einzelbaudenkmälern über Art. 1 Abs. 3 BayDSchG (vgl. BayVGH, B.v. 29.2.2016 - 9 ZB 15.1146 - juris Rn. 10; U.v. 22.4.2016 - 1 B 12.2353 - BayVBl 2016, 778 = juris Rn. 16, 27; B.v. 14.2.2018 - 2 ZB 16.1842 - juris Rn. 11) kann für eine Veränderung des Ensembles durch die Hinzufügung einer neuen baulichen Anlage, die im Ensemble liegen wird, nichts Anderes gelten (BayVGH, U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 39; vgl. auch BayVGH, U.v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - BayVBl 2008, 477 = juris Rn. 17 f.). Bei einer jeweils gebotenen Einzelfallbetrachtung und -bewertung (BayVGH, B.v. 29.2.2016 a.a.O. Rn. 12) sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes bei einer Ensembleveränderung - hier durch Hinzutreten eines weiteren Gebäudes auf einem bislang unbebauten Grundstück - jedenfalls dann für die Beibehaltung des bisherigen Zustands i.S. von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG, wenn sich das strittige Vorhaben auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen auswirkt (BayVGH, U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 40). Auch diesbezüglich kommt es nicht darauf an, ob und inwiefern sich lediglich die zusätzliche Ebene 4 denkmalschutzrechtlich auswirkt, vielmehr ist auch diesbezüglich entscheidend, inwiefern gerade mit Blick auf das geplante Gesamtvorhaben (also auf das Gesamtgebäude mit allen Stockwerken) gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen (s.o.).
34
Vorliegend spricht schon der Anbau des Vorhabens an die Stadtmauer sowie die unmittelbare Nachbarschaft zu Baudenkmälern (wie z.B. auf der FlNr. …...) dafür, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben (in beiden Varianten) auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen auswirkt. Ferner ergibt sich aus den Stellungnahmen des BLfD und damit aus fachlicher Sicht, dass ein mehrstöckiges Gebäude im Hang des Baugrundstücks nach dem für die Rechtsanwendung des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG maßgeblichen Urteil eines fachkundigen / sachverständigen Betrachters (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2018 - 1 ZB 17.813 - juris Rn. 4) nicht unerhebliche beeinträchtigende Wirkungen i.S. von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG auf das Ensemble herbeiführt und dass deshalb gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen, insbesondere hangseits weitgehend unbebauten Zustands des Vorhabenstandorts sprechen. Der Senat sieht insofern die fachbehördlichen Aussagen zur Betroffenheit des Ensembles in den Stellungnahmen des BLfD vom 9. September 2011, 13. August 2018 und vom 9. Juli 2020 insbesondere hinsichtlich der bislang weitgehend unbebauten Hangflächen als Wesensmerkmal der Örtlichkeit (zumal diese im Erörterungstermin vom Vertreter des BLfD nochmals anschaulich erläutert worden sind) sowie zur Betroffenheit der Stadtmauer als aussagekräftig an. Das BLfD ist die zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG berufene Fachbehörde. Auch wenn die Baugenehmigungsbehörden und die Gerichte rechtlich nicht an die fachliche Beurteilung des BLfD gebunden sind, sondern vielmehr deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden haben, kommen den fachlichen Einschätzungen des Landesamts - ähnlich einem fachkundig erstellten Sachverständigengutachten - auch aufgrund der gesetzlichen Wertung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG bei der Rechtsanwendung jedenfalls ein besonderes tatsächliches Gewicht zu (BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 22 B 12.1741 - BayVBl 2014, 23 = juris Rn. 27; U.v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - BayVBl 2014, 502 = juris Rn. 33; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 6 Rn. 37, 44). Vorliegend ist der Senat sowohl unter Heranziehung der fachlichen Äußerungen als auch nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die überwiegend unbebaute, bewaldete Hangfläche unterhalb des O... … - auch in Richtung Westen (Richtung I... … H1. Straße) und Richtung Norden (Richtung A... … H1. straße) - zwar aufgrund einiger sich in den Hang erstreckender Gebäude nicht mehr denselben Stellenwert hat wie die freien Hangflächen unmittelbar unterhalb der Burg T... …, dass aber nach wie vor diese „grüne“ Hangfläche die Örtlichkeit und damit auch das Ensemble noch mitprägt. Das Gericht folgt daher hinsichtlich der Betroffenheit der Hangflächen und deshalb auch des Ensembles diesbezüglich der Bewertung der Fachbehörde.
35
b) Daneben ist auch der denkmalschutzrechtliche Genehmigungstatbestand der Nähebeziehung zu Einzelbaudenkmälern erfüllt (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG), wobei zudem Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG der Behörde (hier der Baugenehmigungsbehörde) ein Versagungsermessen belässt.
36
aa) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann.
37
Das streitgegenständliche (s.o.: Gesamt-) Vorhaben weist wechselseitige Sichtbeziehungen zu diversen unmittelbar benachbarten Einzelbaudenkmälern (u.a. Stadtmauer in Richtung Südwesten, O... … auf der Anhöhe in Richtung Süden, Gebäudekomplex mit ehem. M... … Tor in Richtung Nordwesten) sowie auch zur Burg T... … als auf einer Anhöhe thronende und auch vom Baugrundstück aus sichtbare Landmarke auf, wovon sich der Senat auch anlässlich der Inaugenscheinnahme des Baugrundstücks und seiner Umgebung am 22. Juni 2021 überzeugt hat (vgl. Augenscheinprotokoll Seiten 2, 3, 7, 15, 16). Mithin ist das streitgegenständliche Vorhaben - gerade als mehrstöckiger, in die bislang weitgehend freie Hangfläche eingreifender moderner Flachdachbau - in beiden Ausführungsvarianten auch gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG denkmalschutzrechtlich erlaubnispflichtig, weil es in der Nähe von Baudenkmälern errichtet werden soll und es sich auf das Erscheinungsbild dieser Denkmäler auswirken kann.
38
bb) Im vorliegenden Fall des Erlaubnistatbestands der Nähebeziehung (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG) eröffnet Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG auch eine behördliche Versagensmöglichkeit, weil das Vorhaben der Klägerin im Falle seiner Umsetzung in beiden Ausführungsvarianten zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung benachbarter Baudenkmäler führen würde und (deswegen) gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
39
Die Frage der Beeinträchtigung gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG ist nicht gleichzusetzen mit einer Verunstaltung. Eine Beeinträchtigung liegt nicht nur dann vor, wenn ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird. Vielmehr soll über Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG gewährleistet werden, dass die jeweilige besondere Wirkung des in der Nähe befindlichen Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeugnis der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Beschauer ausübt, nicht geschmälert wird (BayVGH, U.v. 24.1.2013 - 2 BV 11.1631 - NVwZ-RR 2013, 545 = juris Rn. 30; B.v. 12.6.2019 - 2 ZB 17.67 - juris Rn. 12). Der Senat hat sich über die Inaugenscheinnahme davon überzeugt, dass sich das mehrstöckige, im bislang unbebauten Hang des Baugrundstücks zu errichtende Gesamtgebäude auf das überlieferte Erscheinungsbild benachbarter Baudenkmäler nicht unerheblich auswirken würde. Das terrassenförmig auf eine Gesamthöhe von über 17 m am Hang aufsteigende Vorhaben der Klägerin würde zu einer Dominanz gegenüber dem Einzeldenkmal auf FlNr. … mit den Resten des ehem. M... … Tors führen. Ebenso bewertet der Senat die Höhenentwicklung und die Gestaltung als auffälliges modernes hohes, verglastes Gebäude mit seinen Auswirkungen auf die Stadtmauer, die in das Vorhaben baulich integriert werden soll, sowie auf die wechselseitigen Sichtbeziehungen in Bezug auf die Landmarke Burg T... … als Beeinträchtigung des Wesens und des überlieferten Erscheinungsbilds von Baudenkmälern und deswegen auch als gewichtige Gründe des Denkmalschutzes, die für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Der Senat nimmt insofern ergänzend Bezug auf die diesbezüglich überzeugenden Ausführungen des BLfD, insbesondere in den Stellungnahmen vom 9. September 2011 und vom 9. Juli 2020. Ob im Fall der Umsetzung der beiden Ausführungsvarianten des Vorhabens auch relevante weitere Nähe- und Sichtbeziehungen zu sonstigen Einzeldenkmälern zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung dieser (anderen) Baudenkmäler führen würde - was zwischen den Beteiligten des Verfahrens insbesondere in Bezug auf das O... … (FlNr. …...) umstritten ist -, kann daher dahingestellt bleiben.
40
c) Da sich vorliegend sowohl aus Art. 1 Abs. 3 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BayDSchG (Ensembleveränderung) als auch aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 BayDSchG (Nähetatbestand) eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht mit behördlicher (Ermessens-) Versagensmöglichkeit ergibt, über die die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten gem. Art. 6 Abs. 3 BayDSchG i.V. mit Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO im Rahmen der Baugenehmigungserteilung zu entscheiden hat, scheidet ein strikter Anspruch der Klägerin gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO darauf, dass die Beklagte ihr die Baugenehmigung entweder nach Maßgabe des Hauptantrags oder nach Maßgabe des ersten Hilfsantrags erteilen m u s s, aus. Ein Ausnahmefall (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2013 - 1 B 12.2596 - BayVBl 2014, 506 = juris Rn. 23) einer Ermessensreduzierung auf null in dem Sinn‚ dass die Erlaubnis trotz Vorliegens gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes erteilt werden muss‚ weil die für das Änderungsvorhaben sprechenden Gründe so viel Gewicht hätten‚ dass der Beklagten bei der Ermessensausübung keine andere Wahl bliebe, als dem Antrag zu entsprechen, ist vorliegend nicht ersichtlich. Auch wenn die tragende Ermessenserwägung der Beklagten in den Gründen der beiden streitgegenständlichen Ablehnungsbescheide, wonach gerade die neue Ebene 4 im Vergleich zu den bislang gemäß Bescheiden vom 15. November 2012 und vom 19. September 2013 genehmigten Ausführungsvarianten zu einer erheblichen Verschärfung der Betroffenheit denkmalschutzrechtlicher Belange führen soll, nicht überzeugt [vgl. unten 2. b) ], vermag die Klägerin gerade aufgrund der erteilten Baugenehmigungen vom 15. November 2012 und vom 19. September 2013 keine Ermessensreduzierung zu ihren Gunsten abzuleiten. Denn unabhängig von der Frage, ob die Baugenehmigungen aus den Jahren 2012 und 2013 nach mehr als vier Jahre unterbrochener Bauausführung gem. Art. 69 Abs. 1 BayBO erloschen sind (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984 - 2 B 82 A.301 - BayVBl 1984, 596 f.; B.v. 26.3.2008 - 15 ZB 07.3194 - juris Rn. 11; B.v. 14.12.2020 - 1 ZB 18.1164 - juris Rn. 6 ff.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 69 Rn. 5 ff. m.w.N.), kann die Errichtung eines Vorhabens nach Maßgabe der vormals erteilten Baugenehmigungen vorliegend nicht unterstellt werden, weil selbst bei fortbestehender Wirksamkeit der vorgenannten Baugenehmigung die Klägerin hierzu nicht verpflichtet ist, zumal sie selbst erstinstanzlich bekundet hat, dass sich ein „Bauvorhaben mit lediglich fünf Wohnungen auf drei Ebenen nicht rechnet“ (Schriftsatz ihrer vormaligen Bevollmächtigten vom 9. März 2017), sie mittlerweile mithin offenbar kein Interesse mehr an der Umsetzung der vormals genehmigten (s.o. „aliud“-) Variante hat.
41
Das Verwaltungsgericht hat vor diesem Hintergrund die Verpflichtungsklage hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
42
2. Die Berufung hat hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags Erfolg. Die Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht ist insofern zu Unrecht erfolgt. Beide streitgegenständlichen Bauvarianten sind bauplanungsrechtlich zulässig [im Folgenden a) ]. Das gem. Art. 6 BayDSchG verbleibende Versagungsermessen hat die Beklagte ermessensfehlerhaft ausgeübt [s.u. b) ]; die Beklagte ist daher zur erneuten Bescheidung der Bauanträge unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Im Rahmen der Neubescheidung ist von der Beklagten auch das bislang in den Ablehnungsbescheiden nicht thematisierte Bauordnungsrecht zu prüfen, soweit dies gem. Art. 59, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren relevant ist [s.u. c) ].
43
a) Die streitgegenständlichen Vorhaben nach Maßgabe der Bauvorlagen vom 16. August 2016 (vgl. Hauptantrag) sowie vom 4. April 2017 (erster Hilfsantrag) sind bauplanungsrechtlich zulässig, § 34 Abs. 1 BauGB.
44
Das Baugrundstück und seine dicht bebaute Umgebung sind nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplans umfasst und liegen daher im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB). Für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens der Klägerin kommt es (vorbehaltlich einer Sonderbetrachtung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit §§ 2 ff. BauNVO) gem. § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblich darauf an, ob sich das Bauvorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist, § 34 Abs. 1 BauGB. Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich hinsichtlich dieser vier Kriterien innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Auch ein rahmenwahrendes Vorhaben kann aber ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt. Umgekehrt ist ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ausnahmsweise zulässig, wenn es trotz der Überschreitung keine städtebaulichen Spannungen hervorruft (grundlegend BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 46 f.; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19; B.v. 14.2.2018 - 1 CS 17.2496 - juris Rn. 13). Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - BVerwGE 157, 1 = juris Rn. 10, 13; U.v. 6.6.2019 - 4 C 10.18 - NVwZ 2019, 1456 = juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 2.8.2017 - 2 B 17.544 - BRS 85 Nr. 79 = juris Rn. 15); außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr aufgrund seiner Singularität als Fremdkörper erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 a.a.O. Rn. 13; U.v. 6.6.2019 a.a.O. Rn. 15; BayVGH, B.v. 7.2.2020 - 15 CS 19.2013 - juris Rn. 38; B.v. 19.10.2020 - 15 ZB 20.280 - juris Rn. 19).
45
Unter der für die Bestimmung des Rahmens maßgeblichen „näheren Umgebung“ ist diejenige Umgebung zu verstehen, auf die sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. nur BVerwG, U.v. 26.5.1978 a.a.O. Rn. 33; B.v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246 = juris Rn. 7; B.v. 22.9.2016 - 4 B 23.16 - BRS 84 Nr. 74 = juris Rn. 6; B.v. 27.3.2018 - 4 B 60.17 - ZfBR 2018, 479 = juris Rn. 7; B.v. 14.10.2019 - 4 B 27.19 - NVwZ 2020, 322 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 2.8.2017 a.a.O. Rn. 15; B.v. 7.2.2020 a.a.O. juris Rn. 30). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (BVerwG, B.v. 14.10.2019 a.a.O. Rn. 8). Dabei ist unter wertender und bewertender Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anzuknüpfen. Die nähere Umgebung ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann. Bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks ist der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung ebenso wie hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche tendenziell enger zu begrenzen als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (BVerwG, B.v. 13.5.2014 a.a.O. Rn. 7; BayVGH, B.v. 19.12.2006 - 1 ZB 05.1371 - juris Rn. 19; U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 f.; B.v. 3.3.2016 - 15 ZB 14.1542 - juris Rn. 8; ThürOVG, U.v. 26.4.2017 - 1 KO 347/14 - BauR 2018, 485 = juris Rn. 38); entscheidend ist eine Einzelfallbetrachtung nach den konkreten Umständen des Falles. Die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung kann im Übrigen über eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) oder - ggf. ohne eine solche - dort zu ziehen sein, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen und sich durch Aneinandergrenzen von Gebieten unterschiedlicher Siedlungsstruktur eine städtebauliche Zäsur ergibt (BVerwG, B.v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 7.2.2020 - 15 CS 19.2013 - juris Rn. 30, 36 m.w.N.). Neben der Perspektive des stehenden Menschen - also insbesondere nach dem Ergebnis einer Inaugenscheinnahme - kann es für die Feststellung der maßgeblichen näheren Umgebung auch auf den „Blick von oben“ (Lagepläne, Luftbilder u. ä.) ankommen (zum Ganzen BVerwG, B.v. 13.5.2014 a.a.O. Rn. 12 f.; BayVGH, B.v. 7.2.2020 a.a.O. Rn. 30).
46
aa) Dass die abgelehnten Vorhaben der Klägerin als Wohnbauvorhaben hinsichtlich der A r t der baulichen Nutzung am Maßstab von § 34 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig sind, steht vorliegend außer Frage und ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
47
bb) Nach der Bewertung des Senats fügt sich das Vorhaben in beiden abgelehnten Varianten hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung auch bei der hier gebotenen Beurteilung hinsichtlich des Gesamtgebäudes [vgl. oben 1. a) aa) ] in die nähere Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB ein.
48
Nach den vorliegenden Lageplänen / Luftbildern sowie nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme am 22. Juni 2021 zählt zur prägenden Umgebung für die Bestimmung des maßgeblichen Rahmens des M a ß e s der baulichen Nutzung jedenfalls die unmittelbar nördlich bzw. nordöstlich anschließende Bebauung auf FlNr. … (A... … H1. straße … = A... … H1. straße Ecke I... … H1. Straße) sowie die Bebauung beidseits der A... … H1. straße (auch in zweiter Reihe) von der FlNr. … (Südseite) bzw. FlNr. … (Nordseite) bis zum Kreuzungsbereich des R... H1. Wegs in Richtung Südwesten, d.h. bis zur Höhe der FlNr. … (Südseite = A... … H1. straße Ecke R... H1. Weg) bzw. der FlNr. … (Nordseite, HausNr. …...), die als eine in sich weitgehend homogene Bebauungsstruktur - in weitgehend geschlossener Bauweise mit überwiegend Wohngebäuden mit kleinerer bis mittelgroßer Grundfläche - umgrenzt wird. Ob weitere Bereiche - wie das auf der Anhöhe stehende O... …, die Bebauung am K... … südlich der Anhöhe sowie die Bebauung auf der westlichen Seite der I... … H1. Straße - noch zur prägenden Umgebung gehört, kann dahingestellt bleiben, weil sich das Vorhaben der Klägerin in beiden Varianten hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung auch ohne die dortige Bebauung allein im Vergleich zur bestehenden Bebauung zum o.g. Bereich an der A... … H1. straße im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB einfügt.
49
Bedeutsam für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung sind solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und sind deshalb - und zwar kumulierend (BVerwG, U.v. 8.12.2016 a.a.O. Rn. 20) - vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung heranzuziehen. Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung zwar nicht ausgeschlossen; sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 = juris Rn. 7; B.v. 14.3.2013 - 4 B 49.12 - ZfBR 2013, 480 = juris Rn. 5; B.v. 3.4.2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 = juris Rn. 3; U.v. 8.12.2016 a.a.O. Rn. 17; BayVGH, U.v. 30.7.2012 - 1 B 12.906 - juris Rn. 19; B.v. 14.2.2018 - 1 CS 17.2496 - juris Rn. 13).
50
Das Gesamtgebäude weist nach den in den Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Berechnungen der Klägerin für die Variante nach den Bauvorlagen von 16. August 2016 (Hauptantrag) eine G r u n d f l ä c h e von 773,52 m² sowie nach den Bauvorlagen vom 4. April 2017 eine solche von 778,50 m² auf. Diese Grundflächenmaße würden nur dann den Rahmen der näheren Umgebung einhalten, wenn das O... … auf FlNr. … (Grundfläche ca. 850 m²) und / oder die ehemalige Justizvollzugsanstalt auf der FlNr. ... (I... … H1. Str., Grundfläche ca. 1.300 m²) trotz ihrer eher abgesetzten Lagen und architektonischen Sonderstellung innerhalb der prägenden näheren Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB lägen bzw. nicht als sog. Fremdkörper einzuordnen wären. Diese Fragen können hier offenbleiben. Zwar übersteigt die vorgesehene Grundfläche in beiden Ausführungsvarianten die Grundfläche des prägenden Baukomplexes auf dem Nachbargrundstück FlNr. … (A... … H1. straße …...) mit einer Grundfläche von ca. 560 m². Der Senat bewertet aber die mehr als 200 m² große nördliche Fläche der untersten Ebene 0 des Bauvorhabens der Klägerin, die vor der nördlichen Außenwand der Ebene 1 als ausschließlich überdachter Parkbereich mit Kfz-Stellplätzen hervortritt und deren Flachdach als ebenerdiger Grünbereich und weiter im Süden als Terrassenbereich der Ebene 1 ausgestaltet ist, aufgrund der Situationsgebundenheit des Baugrundstücks als nicht für künftige Bauvorhaben in der näheren Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB als hinsichtlich der zulässigen Grundfläche maßstabgebend und damit prägend. Denn die Ebene 0 bleibt insgesamt hinter der Verlängerung der Stadtmauer von außen verdeckt, die aus Richtung Südwesten zu erreichende Toreinfahrt der Ebene 0 wirkt wie eine Tiefgarageneinfahrt. Von der I... … H1. Straße tritt das geplante Gebäude (in beiden Varianten) hinsichtlich seiner Kubatur im Wesentlichen von außen nur mit den Ebenen 1 bis 4 in Erscheinung. Das vorgelagerte, bepflanzte Flachdach der Ebene 0 hinterlässt von der I... … H1. Straße von Süden kommend in Blickrichtung Nordost den Eindruck eines Gartenbereichs, von dem aus das „eigentliche“ Gebäude mit den Ebenen 1 - 4 erst aufsteigend beginnt. Zieht man diesen - für künftige Bauvorhaben hinsichtlich der Grundfläche nicht prägenden - Bereich mit über 200 m² von der geplanten Gesamtgrundfläche der beiden Varianten (773,52 m² bzw. 778,50 m²) ab, verbleibt eine ausschließlich von den Ebenen 1 bis 4 gebildete „Restgrundfläche“ in einer Größenordnung, die der Größenordnung des Gebäudebestandes auf der unmittelbar benachbarten FlNr. … (A... … H1.str. …...) entspricht. Aufgrund der genannten Umstände und insbesondere aufgrund der mangelnden Vorbildwirkung (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 Rn. 31 m.w.N.) resp. Maßstabsetzung des nördlich vorgelagerten Bereichs der Ebene 0 für künftige Bauvorhaben fügen sich beide streitgegenständliche Ausführungsvarianten hinsichtlich der Grundfläche in die nähere Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB ein, weil sie trotz der diesbezüglichen Rahmenüberschreitung ausnahmsweise keine städtebaulichen Spannungen hervorrufen.
51
Die von der Klägerin in beiden Varianten geplante Bebauung hält sich ferner hinsichtlich der G e s c h o s s z a h l im Rahmen der prägenden Umgebung resp. der in der A... … H1. straße vorhandenen prägenden Gebäude. Für das Einfügen am Maßstab der (Voll-) Geschosszahl kommt es nicht auf die Feinheiten der an landesrechtliche Begriffe anknüpfenden Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung für die Geschossfläche an; entscheidend ist insofern vielmehr die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretende Geschosszahl im Vergleich zwischen dem Bestand in der maßgeblichen Umgebung und dem jeweils streitgegenständlichen Bauvorhaben (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 = juris Rn. 9; B.v. 21.6.1996 - 4 B 84.96 - NVwZ-RR 1997, 520 = juris Rn. 3 ff.; B.v. 14.3.2013 - 4 B 49.12 - ZfBR 2013, 480 = juris Rn. 5).
52
Nach diesen Maßstäben geht der Senat davon aus, dass in beiden streitgegenständlichen Planungsvarianten nach dem optischen Eindruck von einem Gebäude mit maximal vier (Voll-) Geschossen auszugehen ist, weil aus den oben zur Grundfläche angeführten topografischen und ausführungsbezogenen Erwägungen jedenfalls die unterste Parkebene E 0 nach außen wie eine Tiefgaragenebene wirkt und nicht wie ein Vollgeschoss nach außen in Erscheinung tritt. Hierfür spricht auch - ohne dass es auf Berechnungsfeinheiten ankommt (s.o.) - der aus § 20 Abs. 1 BauNVO, Art. 83 Abs. 6 BayBO i.V. mit Art. 2 Abs. 5 Satz 1 BayBO 1998 abzuleitende Rechtsgedanke. Danach sind Vollgeschosse nur Geschosse, die vollständig über der natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m haben; als Vollgeschosse gelten Kellergeschosse, deren Deckenunterkante im Mittel mindestens 1,20 m höher liegt als die natürliche oder festgelegte Geländeoberfläche. Vorliegend ist die Ebene 0 als unterstes Park- / Kellergeschoss nach der von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen zeichnerischen Darstellungen „Schnitt“ in den jeweiligen Bauvorlagen zu den beiden abgelehnten Ausführungsvarianten sowie nach der ebenfalls von der Beklagten nicht infrage gestellten Berechnung der Klägerin (Bl. 18 des Behördenvorgangs T-2016-21 und Bl. 17 des Behördenvorgangs B-2017-101) weit überwiegend in das natürliche Gelände eingepasst und tritt mit seinen Außenfassaden nur zu einem kleinen Teil „aus dem Hügel“ nach außen hervor (vgl. auch BayVGH, U.v. 27.3.2013 - 14 B 12.193 - juris Rn. 35; U.v. 20.5.2019 - 20 B 18.1431 - BayVBl 2020, 20 = juris Rn. 37). Geht man hiernach von einem nach außen in Erscheinung tretenden Gebäude mit maximal vier Vollgeschossen aus, hält das Vorhaben in beiden abgelehnten Varianten nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme ohne weiteres den Rahmen der prägenden Umgebung ein, weil sich hier auch prägende Gebäude mit mindestens vier Vollgeschossen vorfinden, wie das Gebäude A... … H1. straße … (vgl. Augenscheinprotokoll Seite 11) und A... … H1. straße … (vgl. Augenscheinprotokoll Seite 12). Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Ebenen 1 bis 4 als Vollgeschosse einzuordnen sind, was von Seiten der Klägerin nicht nur hinsichtlich der zurückversetzten Ebene 4 in Abrede gestellt wird (vgl. Seite 6 der mit Schriftsatz der Klägerseite vom 16. Juni 2021 vorgelegten Anlage). Im Übrigen - was offenbleiben kann - wäre aufgrund des entscheidenden Elements der „optischen Geschossigkeit“ selbst bei einer Einordnung des klägerischen Vorhabens als fünfgeschossiges Gebäude ein Einfügen hinsichtlich der Geschossanzahl in Erwägung zu ziehen. Denn die beiden vorgenannten Gebäude A... … H1. straße … und … verfügen nach dem bei der Inaugenscheinnahme des Senats erfassten optischen Eindruck über jeweils großzügige, mit mehreren Fenstern bestückte Dachbereiche mit Dachgauben auf den Traufseiten. Insofern könnte es für die Beurteilung der Massivität des Gebäudes ggf. keine entscheidende Rolle spielen, ob ein zu Aufenthaltszwecken nutzbares Obergeschoss - wie beim Vorhaben - als ein zurückversetztes „Staffelgeschoss“ oder aber - wie bei den Gebäuden A... … H1. straße … und … - als nach außen sichtbarer ausgebauter und befensterter Dachraum und damit als wohnlich nutzbares, flächenmäßig ausgedehntes Dachgeschoss ausgeführt wird (vgl. auch NdsOVG, B.v. 12.2.2019 - 1 ME 151/18 - juris Rn. 11).
53
Schließlich halten sich beide abgelehnten Ausführungsvarianten hinsichtlich der G e b ä u d e h ö h e im Rahmen der prägenden Umgebung. Das gilt sogar, wenn man diese ab der untersten Ebene 0 bemisst. Hiernach wäre eine (absolute) Gesamthöhe von 17,44 m anzusetzen. Das ergibt sich sowohl aus den Bauvorlagen zur Variante 1 / Hauptantrag [Darstellung gem. Schnitt der Bauvorlage vom 16.8.2016: vom Fußpunkt (E0 = -3,405 m) bis zur Oberkante Fußboden der Ebene 3 (+10,32 m) sind es 13,725 m; von dort aus sind es bis zur Brüstungsoberkante der Dachterrasse oberhalb der Ebene 3 noch 3,715 m (2,50 m + 1,215 m) ] als auch aus den Bauvorlagen zur Variante 2 / 1. Hilfsantrag [Darstellung gem. Schnitt der Bauvorlage vom 4.4.2017: vom Fußpunkt (E0 = -3,405 m) bis zur Brüstungsoberkante (+14,035 m) ]. Die im Bereich der A... … H1. straße situierenden - prägenden - Gebäude A... … H1. straße … = FlNr. … (Firsthöhe 18,30 m, Giebelhöhe 21 m), D... H2.platz … = FlNr. … (Firsthöhe 18,50 m, Giebelhöhe 18,40 m) und A... … H1. straße … = FlNr. …4 (Firsthöhe 17,90 m) weisen nach den von der Beklagten am 15. Juni 2021 mitgeteilten Maßen größere absolute Höhen auf als das Vorhaben der Klägerin. Alle drei Bezugsgebäude weisen einen großzügigen, nutzbaren (und befensterten) Dachbereich auf, der der Struktur des zurückversetzten Obergeschosses des klägerischen Vorhabens (in beiden Varianten) ähnlich ist, sodass es nicht gerechtfertigt erscheint, bei der Einfügungsfrage lediglich auf die niedrigeren Traufhöhen in der Umgebungsbebauung abzustellen. Diese Erwägungen gelten - was offenbleiben kann - erst recht, wenn mit den Erwägungen zur Geschossanzahl der auf die Ebene 0 anfallende Höhenanteil von vornherein nicht zur Gebäudehöhe mitgerechnet wird (dann läge eine anzusetzende Gebäudehöhe von jeweils ca. 14 m vor).
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cc) Das Vorhaben der Klägerin fügt sich ferner in beiden Varianten hinsichtlich der ü b e r b a u b a r e n G r u n d s t ü c k s f l ä c h e in die nähere Umgebung ein. Hierbei kann zur näheren Konkretisierung auf die Begriffsbestimmungen in § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (BVerwG, B.v. 16.6.2009 - 4 B 50.08 - ZfBR 2009, 693 = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 6.2.2006 - 26 ZB 05.1470 - juris Rn. 3; B.v. 19.10.2020 - 15 ZB 20.280 - juris Rn. 8; OVG Berlin-Bbg, U.v. 24.5.2018 - OVG 2 B 3.17 - juris Rn. 21; ThürOVG, U.v. 26.4.2017 - 1 KO 347/14 - BauR 2018, 485 = juris Rn. 41; OVG Schleswig-Holstein, U.v. 19.2.2015 - 1 LB 5/14 - juris Rn. 31). Der Senat vermag keine faktische Baugrenze zu erkennen, die von dem Bauvorhaben der Klägerin überschritten wäre. Die Feststellung einer faktischen Baugrenze, die eine mit Hauptanlagen nicht überbaubare Grundstücksfläche zur Folge hat, bewirkt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, die mit Blick auf die grundrechtliche Wertung aus Art. 14 Abs. 1 GG auch im Rahmen der gesetzlichen Grundlage des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einer Rechtfertigung bedarf. Für die Annahme einer faktischen Baugrenze, als eine sich durch die tatsächliche Bebauung faktisch herausgebildete Linie, die von Gebäuden und Gebäudeteilen nicht überschritten werden darf (entsprechend § 23 Abs. 3 BauNVO), müssen wegen der einschränkenden Wirkung auf das Grundeigentum hinreichende Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte Situation bestehen; die tatsächlich vorhandene Bebauung darf kein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert sein (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 - 15 ZB 14.1542 - juris Rn. 12; B.v. 19.10.2020 a.a.O. Rn. 8 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 22.9.2016 - 4 B 23.16 - BRS 84 Nr. 74 = juris Rn. 7). Bei einer unterschiedlichen Bebauung ohne gemeinsame vordere oder hintere Gebäudeflucht kann von einer faktischen vorderen bzw. rückwärtigen Baugrenze grundsätzlich nicht gesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.9.2013 - 2 ZB 12.1544 - juris Rn. 8; B.v. 3.3.2016 a.a.O. juris Rn. 12). Es muss - ggf. unter Ausblendung von funktionell und räumlich-gegenständlich untergeordneten Nebenanlagen (z.B. Garagen, Einfriedungen) entsprechend § 23 Abs. 5 i.V. mit § 14 Abs. 1 BauNVO wie z.B. Garagen oder Einfriedungen (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 a.a.O. Rn. 18; OVG Berlin-Bbg, U.v. 24.5.2018 a.a.O. Rn. 30; ThürOVG, U.v. 26.4.2017 - 1 KO 347/14 - BauR 2018, 485 = juris Rn. 41) - aus der Lage der vorhandenen Umgebungsbebauung eine Regel ableitbar (d.h. erkennbar und formulierbar) sein, wie aus der Flucht der Vorderfassaden eine gemeinsame Baugrenze gebildet wird. Eine solche Regel vermag der Senat insbesondere nach Maßgabe der in den Akten befindlichen Lageplänen und Luftbildern nicht zu erkennen.
55
dd) Die nähere Umgebung - insbesondere beidseits der A... … H1. straße - weist, wie bei Altbaugebieten häufig, teilweise offene und teilweise geschlossene Bebauung auf, sodass die nähere Umgebung durch beide B a u w e i s e n geprägt ist (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 Rn. 26; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2021, § 34 Rn. 46). Aus bauplanungsrechtlicher Sicht ist es daher gem. § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, das Gebäude unmittelbar an der Grenze zur FlNr. … zu errichten. Beide Ausführungsvarianten des streitgegenständlichen Vorhabens fügen sich mithin auch hinsichtlich der Bauweise in die nähere Umgebung ein.
56
ee) Dass das in beiden Varianten rahmenwahrende Vorhaben dennoch unzulässig ist, weil es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt, ist nicht ersichtlich.
57
b) Die auf denkmalschutzrechtliche Gründe (Art. 6 BayDSchG) gestützte Versagung der Baugenehmigung leidet an einem Ermessensfehler (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO), ist deshalb rechtswidrig und verletzt die Klägerin in subjektiven Rechten. Wegen des verbleibenden behördlichen Ermessen [vgl. auch oben 1. c) ] ist die Rechtssache nicht spruchreif i.S. von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Beklagte ist daher nach dem zweiten Hilfsantrag gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Neubescheidung unter Beachtung der (folgenden) Rechtsauffassung des Senats verpflichten.
58
Ist - wie vorliegend sowohl gem. Art. 1 Abs. 3 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BayDSchG als auch aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 BayDSchG - eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht mit behördlicher Versagensmöglichkeit eröffnet (s.o. 1.), über die im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens gem. Art. 6 Abs. 3 BayDSchG i.V. mit Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO die Baugenehmigungsbehörde zu entscheiden hat, ist der Genehmigungsbehörde nach dem insoweit einschlägigen Gesetzestext in Art. 6 Abs. 2 BayDSchG („kann“) ein Versagensermessen eröffnet. D.h. der Genehmigungsbehörde ist ein Ermessen eröffnet, ob sie die Baugenehmigung (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO) dennoch erteilt oder aber diese aus denkmalschutzrechtlichen Gründen versagt. Hierbei handelt es sich um ein rechtlich gebundenes Ermessen. Die Behörde muss gem. Art. 40 BayVwVfG ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die Grenzen des Ermessens einhalten. Korrespondierend hierzu bestimmt § 114 Satz 1 VwGO, dass das angerufene Verwaltungsgericht die Entscheidung zwar nicht auf Zweckmäßigkeit zu überprüfen hat, wohl aber auf sog. Ermessensfehler. Der gerichtliche Prüfungsrahmen ist insoweit eingeschränkt.
59
Zweck des Erlaubnisvorbehalts in Art. 6 Abs. 2 BayDSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes, einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 BayDSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 BayDSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen. Dabei sind öffentliche Belange (insbesondere das Interesse an einer möglichst unveränderten Denkmalerhaltung) und private (insbesondere Eigentümer-) Belange in die Ermessensentscheidung einzustellen, entsprechend zu gewichten und abzuwägen (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 87; U.v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 21, 26 ff.; B.v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 12). Hinsichtlich der Gewichtung der Eigentümerinteressen ist dabei von der Sicht eines dem Denkmalschutz aufgeschlossenen Eigentümers auszugehen (vgl. BayVGH, U.v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 28 m.w.N.; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 6 Rn. 44). Der Bauherr - hier die Klägerin - hat im Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG einen Rechtsanspruch darauf, dass bei Versagung der Erlaubnis bzw. (hier) der Baugenehmigung vom Ermessen pflichtgemäß Gebrauch gemacht wird (Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner a.a.O. Art. 6 Rn. 28).
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aa) Die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten hat im Rahmen beider Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 grundsätzlich das ihr zustehende Ermessen erkannt. Die Begründungen der beiden Ablehnungsbescheide sind allerdings nicht trennscharf differenzierend hinsichtlich des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungstatbestands (Art. 6 Abs. 1 BayDSchG), der tatbestandlichen Versagungsmöglichkeit (Art. 6 Abs. 2 BayDSchG) und der Ermessensausübung. Dennoch liegt aus Sicht des Senats kein Ermessensausfall vor (zu einem solchen Fall bei Anwendung des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG vgl. BayVGH, U.v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 23 f.). Die Beklagte hat grundsätzlich gesehen, dass ihr ein Versagungsermessen zukommt. Denn in den Ablehnungsbescheiden vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 wird ausdrücklich ausgeführt, dass die denkmalrechtliche Erlaubnis (die hier von der Baugenehmigung umfasst wäre) unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG versagt werden „kann“. Die letztlich ausschlaggebende Ermessensausübung findet sich in der Sache in dem in beiden Ablehnungsbescheiden enthaltenen Satz:
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„In Kenntnis der zwischenzeitlich erteilten Baugenehmigung wird die Auffassung vertreten, dass jede noch zusätzlich hinzukommende Bebauung eine massive Verschlechterung darstellt und deshalb abzulehnen ist.“
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Die „massive Verschlechterung“ bezieht sich dabei anknüpfend an die voranstehenden Erwägungen jeweils unter II. 2. b) der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 auf eine Verschärfung der denkmalschutzrechtlichen Betroffenheiten gerade aufgrund der zusätzlichen Ebene 4. Maßgebliches Ermessenskriterium für die Entscheidung, die denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisse - und deswegen die Baugenehmigungen - abzulehnen, war mithin die Erwägung, dass im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Vorhaben denkmalschutzrechtliche Belange gerade durch das nunmehr verfolgte zusätzliche Geschoss (Ebene 4) verschärft betroffen seien und deshalb das im Vergleich zur erteilten Baugenehmigung veränderte Gebäude in beiden Ausführungsvarianten als nicht mehr hinnehmbar zu bewerten sei. In den Gründen der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 geht die Beklagte davon aus, dass das mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigte Vorhaben in seiner Höhenentwicklung mit einem Geschoss weniger noch eine gewisse Distanz durch Belassen eines Waldstücks im oberen Bereich zur Hangkante des O... …grundstücks aufgewiesen habe, während die streitgegenständlichen Baukörper (in beiden Ausführungsvarianten) aufgrund des zusätzlichen Obergeschosses noch tiefer als bisher in den Hang eingriffen und nunmehr mit ihrer fünften Geschossebene die Stützmauer des O... … berührten. Gerade durch dieses zusätzliche Geschoss würde die städtebaulich bewusst gesetzte erhabene Stellung des O... … aufgehoben, weil durch die gesamte Erstreckung des Gebäudes vom Hangfuß über die gesamte Hanghöhe hinauf die Grenzen zwischen „unten“ und „oben“ verschoben würden. Gerade durch das weitere Geschoss sei der an dieser Stelle stets vorhandene „Respekt-Abstand“ nunmehr überhaupt nicht mehr gegeben. Die Bebauung durch das zusätzliche Geschoss rücke nunmehr unangemessen nah an den freistehenden Solitärbau (O... …...). Ergänzende Ermessenserwägungen in den Gründen der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 finden sich dahingehend, dass zusätzlich geplante Öffnungen in der Stadtmauer darüber hinaus das Wesen einer schützenden Mauer konterkarierten und daher denkmalfachlich abzulehnen seien und dass das aufgestockte Vorhaben das historische Ensemble in beträchtlichem Maße beeinträchtige, da das Maß der baulichen Nutzung überzogen werde.
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bb) Die vorgenannten Ermessenserwägungen beinhalten aus Sicht des Senats einen Ermessensfehler im Sinne eines Ermessensfehlgebrauchs und sind daher unter Verstoß gegen Art. 40 BayVwVfG ermessensfehlerhaft und rechtswidrig. In den Gründen der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 stützt die Beklagte ihre Entscheidung auf sachfremde Erwägungen. Der o.g. Ermessenserwägung liegen unzutreffende, unvollständige und nicht sachgerecht ermittelte Tatsachen zugrunde.
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In Auswertung der dem Senat vorliegenden Unterlagen und insbesondere des von der Klägerin vorgelegten Kurzgutachtens von Prof. Dr. H1. H1. vom 2. Juli 2018, deren Aussagekraft durch die Inaugenscheinnahme am 22. Juni 2021 verifiziert werden konnte, hält der Senat das für die Ermessensausübung tragende Argument, dass gerade das zusätzliche weitere Staffelgeschoss in beiden abgelehnten Ausführungsvarianten eine im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Vorhaben eine relevante und deshalb nicht mehr hinzunehmende verschärfte Betroffenheit des Erscheinungsbilds des Ensembles (Hangbebauung) sowie des Erscheinungsbilds der in der Nähe befindlichen Einzeldenkmäler „O... …“ und „Stadtmauer“ bewirke, nicht für sachgerecht.
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Aus dem im Berufungszulassungsverfahren vorgelegten Kurzgutachten vom 2. Juli 2018 ergibt sich, dass allein die Aufstockung um ein weiteres Geschoss im Vergleich zu den genehmigten Ausführungsvarianten allenfalls zu geringfügigen Veränderungen des Erscheinungsbilds der Umgebung führe. Das Kurzgutachten führt aus, die geplante Aufstockung habe aus der faktischen Betrachterperspektive von tatsächlich möglichen und daher allein relevanten Standorten (maßgeblich von der I... … H1. Straße sowie in der Fernsicht von der Burg T... … oder von der …...) nur geringfügige Veränderungen des Erscheinungsbilds zur Folge, die im Verhältnis zu den genehmigten Eingriffen in die städtebauliche Situation kaum ins Gewicht fielen. Von der … in Höhe H... …gasse aus sei in mehr als 400 m Entfernung maximal ein Teil des O... … und der Plateau-Stützmauer, vom Bauprojekt der Klägerin hingegen nichts zu sehen. Als Betrachterstandpunkte in der Fernsicht kämen daher nur einzelne Punkte auf der Burg T... … in Betracht, die etwa 180 - 210 m Luftlinie vom Neubauprojekt entfernt seien und von oben eine schräge Draufsicht auf das klägerische Projekt böten. Es seien von hier aus aber weder die vom BLfD kritisierten großen Fensterflächen noch die durchlaufenden Attiken / Terrassenbrüstungen zu sehen. Erkennen könne man im Fall der Umsetzung sowohl des genehmigten Plans als auch des abgelehnten Plans vom 16. August 2016 die schmalen Terrassen der Geschossdecken sowie die begrünte oberste Ebene, die sich im genehmigten Fall als angeböschte Erdüberdeckung und im Fall der abgelehnten Planung als begrüntes Flachdach darstelle, wobei unter Berücksichtigung der Flächengröße und in Anbetracht der großen Blickdistanz von der Burg T... … aus in beiden Fällen keine gravierende Beeinträchtigung des Stadtbildes resultiere. Die Nahsicht beschränke sich auf ein 40 m langes Wegstück der I... … H1. Straße, wo sich - komme man von Süden - kurz nach dem linkerhand gelegenen Justizgebäude rechterhand ein Sichtfenster öffne, das südlich vom Baumbestand des bewaldeten Hügels unterhalb des O... … und nördlich von dem zur Stadtmauer gehörigen Rundturm und dem anschließenden Denkmalkomplex eines Wohnhauses aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begrenzt werde. Von Süden kommend werde man zuerst der eben beschriebenen Denkmäler gewahr, um dann - habe man den Baumbestand des Hügels passiert - die steil ansteigende Stadtmauer wahrzunehmen. Hier ergebe sich ein durchaus eindrucksvoller Blick auf die Burg T... … Gehe man weiter nach Norden, werde dieser Blick nach und nach von den genannten Baudenkmälern verdeckt. Gleichzeitig tauchten oberhalb des in der Bauvorbereitung ausgeschachteten Hanges (Baugrundstück) in der Untersicht winzige Ausschnitte des größtenteils von Bäumen verdeckten, jedenfalls von hier aus nicht als „thronend“ wahrnehmbaren O... … auf. Die meisten vom BLfD beanstandeten, die denkmalrelevanten Aspekte beeinträchtigenden Strukturen seien in diesem Sichtfenster wahrnehmbar. Eine Ausnahme stelle hier die schmale begrünte geböschte Überdeckung auf dem Flachdach über der Ebene 3 dar, die aus der gegebenen Untersicht von den Terrassierungen der unteren Ebenen verdeckt worden wäre. Unterziehe man nun die abgelehnte Aufstockungsplanung aus der beschriebenen Nahsicht eine Analyse, zeige sich, dass das beantragte zurückgesetzte weitere Geschoss in der Untersicht in dem oben beschriebenen Vorwärtsschreiten von Süd nach Nord zunächst nur mit einem verschwindend geringen Teil rechts oberhalb des genehmigten, turmartig wirkenden Baukörpers auftauchen würde, im weiteren Fortgang zunächst langsam verschwinde, um sodann gleichzeitig links und größtenteils von den unteren Geschossen verdeckt als relativ schmales Band wieder aufzutauchen. Im Vergleich zu der genehmigten Planung sei die Aufstockung als Beeinträchtigung denkmalpflegerischer Belange nur marginal negativ wirksam.
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Nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme teilt der Senat die Ansicht des Gutachters, dass speziell das geplante oberste, zurückversetzte Staffelgeschoss keine relevante bzw. wirklich spürbare zusätzliche Betroffenheit denkmalschutzrechtlicher Belange in Bezug auf eine zusätzliche Inanspruchnahme des bislang weitgehend frei gebliebenen Hanges im Vergleich zu der mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Variante (ohne das Staffelgeschoss), an der die Beklagte nach Maßgabe ihrer Ermessenserwägungen in den Ablehnungsbescheiden bislang festhält, aufweist. Im Rahmen des Augenscheintermins sind die im Kurzgutachten beschriebenen Perspektiven vom Senat nachvollzogen worden (zu Nahsicht vgl. Augenscheinprotokoll Seiten 2, 3, 6, 7, zur Fernsicht von den Standorten D... H2.platz, Anfang L... …gasse und Burg T... … vgl. Seiten 8, 14, 15, 16). Der Blick „von unten“ - d.h. von der I... … H1. Straße bzw. vom Baugrundstück - auf die Burg T... … wird allein durch die zusätzliche Ebene 4 im Vergleich zu dem mit Baugenehmigung vom 19. September 2013 nicht zusätzlich eingeschränkt. Der Blick auf den gesamten Hang von unten würde maßgeblich schon im Ganzen verdeckt, wenn es zur Umsetzung des mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Vorhabens gekommen wäre. Eine Perspektive im Sinne der Nordansicht der Bauvorlagen in beiden abgelehnten Varianten, wonach gerade die zusätzliche Ebene 4 weitere unbebaute Bereiche der oberen Hangkante unterhalb des O... … zusätzlich verdeckt, eröffnet sich in der Realität von der I... … H1. Straße, dem Baugrundstück oder einem anderen öffentlich zugänglichen Standort im näheren Umfeld des Baugrundstücks nicht. Auch eine zusätzliche spürbare Beeinträchtigung allein durch die zusätzliche Ebene 4 des auf der Anhöhe zurückversetzten und daher „von unten“ (d.h. von der I... … H1. Straße und dem Baugrundstück) ohnehin nur in kleinen Ausschnitten zu sehenden O... … ist für den Senat ebenfalls nicht ersichtlich. Im Augenscheintermin (vgl. Protokoll Seite 8) konnte auch die Richtigkeit der Ausführungen im Kurzgutachten vom 2. Juli 2018, wonach in der Fernsicht von der … aus nur ein kleiner Teil des O... …, praktisch nichts aber vom Bauprojekt zu sehen ist, verifiziert werden. Es verbleibt eine gewisse Sichtbarkeit gerade des obersten weiteren Geschosses (Ebene 4) mit Bezug zur (nur ausschnittsweise sichtbaren) Hangkante und der Gesamtansicht des O... … nur aus der (Quer-) Fernsicht von der Burg T... … aus (vgl. Augenscheinprotokoll Seiten 14 - 16). Hierbei ist neben der nicht unerheblichen erheblichen Entfernung zu berücksichtigen, dass das Flachdach des obersten Geschosses nach den Bauvorlagen beider abgelehnter Varianten begrünt werden soll. Auch von daher sind die denkmalschutzrechtlichen Auswirkungen gerade des zusätzlichen Geschosses im Vergleich zum (nicht verwirklichten) genehmigten Gebäude ohne das Staffelgeschoss allenfalls marginal, nicht aber von der Erheblichkeit, wie es die Ermessenserwägungen in den Bescheiden vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 suggerieren. Insbesondere ergibt sich aus der Fernsicht („schräge Draufsicht“) von der Burg T... … aus nach der Bewertung des Senats nicht, dass die erhabene Stellung des O... … gerade durch die zusätzliche Ebene 4 aufgehoben wird und dass gerade hierdurch die Grenzen zwischen „unten“ und „oben“ verwischt werden bzw. die repräsentative Wirkung des O... … in besonderem Ausmaß geschmälert wird.
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Ebenfalls ermessensfehlerhaft - weil nicht tatsachengerecht - ist die Ermessenserwägung in beiden Ablehnungsbescheiden, dass zusätzlich geplante Öffnungen in der Stadtmauer darüber hinaus das Wesen einer schützenden Mauer konterkarierten. Im Vergleich zu den mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten (nicht verwirklichten) Bauvorhaben ergeben sich - abgesehen von einem offensichtlich nicht gemeinten weiteren kleinen Fenster - in den Bauvorlagen zu den beiden abgelehnten Varianten keine zusätzlichen Öffnungen. Neben dem Zufahrtstor zur Ebene 0 sind entlang der Stadtmauer und dem nach oben führenden Treppenweg sowohl bei den abgelehnten beiden Varianten als auch bei der vom Genehmigungsbescheid vom 19. September 2013 umfassten Variante insgesamt vier Tor- / Türdurchbrüche vorgesehen, wobei die Standorte der obersten beiden Durchbrüche etwas variieren und der oberste Durchbruch bei der vormals genehmigten Variante mit einer Art Gartentor (zur großen Dachterrasse über der Ebene 3), bei den beiden abgelehnten Varianten hin-gegen als (blickdichte) Türe als Zugang zur weiteren Ebene 4 dargestellt ist.
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cc) Aufgrund der aufgezeigten Ermessensfehler ist die Berufung hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags begründet. Daher sind die beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 aufzuheben und ist die Beklagte gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, über die Bauanträge der Klägerin vom 25. August 2016 sowie vom 3. April 2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
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c) Im Rahmen der Neubescheidung ist von der Beklagten nach den Grundsätzen des steckengebliebenen Genehmigungsverfahren auch das bislang in den Ablehnungsbescheiden nicht thematisierte Bauordnungsrecht zu prüfen, soweit dies gem. Art. 59 BayBO zum Prüfprogramm des hier einschlägigen vereinfachten Genehmigungsverfahren zählt. In der Situation eines sog. „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahrens entfällt die Verpflichtung des Gerichts zur Herbeiführung der Spruchreife, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren erschöpfend geprüft werden müssten, was u.a. in Betracht kommt, wenn der Erlass von Nebenbestimmungen (Art. 36 BayVwVfG) und / oder Ausnahmen (§ 31 Abs. 1 BauGB), Befreiungen (§ 31 Abs. 2 BauGB) oder Abweichungszulassungen (Art. 63 BayBO) in Bezug auf bislang nichtgeprüfte Genehmigungsvoraussetzungen denkbar erscheint (zum Ganzen vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 - 4 C 52.87 - NVwZ 1990, 257 = juris Rn. 18; B.v. 25.11.1997 - 4 B 179/97 - NVwZ-RR 1999, 74 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 18.9.2015 - 22 B 14.1263 - BayVBl 2016, 265 = juris Rn. 31; OVG Berlin-Bbg, U.v. 30.8.2012 - OVG 11 B 4.11 - juris Rn. 31; OVG SH, U.v. 4.4.2013 - 1 LB 7/12 - NuR 2014, 299 = juris Rn. 84, 86; OVG NW, U.v. 21.4.2020 - 8 A 311/19 - UPR 2020, 305 = juris 128). Diese Grundsätze gelten auch, soweit - wie im vorliegenden Fall - bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte bei der behördlichen Ablehnung eines Genehmigungsgesuchs keine Rolle gespielt haben (vgl. OVG NW, U.v. 3.2.2011 - 2 A 1416/09 - BauR 2011, 1631 - juris 130 ff.; OVG RhPf, U.v. 11.5.2005 - 8 A 10281/05 - BauR 2005, 1606 = juris Rn. 20). Insbesondere wird sich daher die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten, soweit sie die nochmals zu bescheidenen Bauanträge in beiden Varianten nicht schon (ermessensfehlerfrei) in Anwendung von Art. 6 BayDSchG scheitern lässt, ggf. neben der Befassung mit evtl. einschlägigen örtlichen Bauvorschriften (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c i.V. mit Art. 81 Abs. 1 BayBO) prüfen müssen, ob beide streitgegenständlichen Ausführungsvarianten mit dem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht (Art. 6 BayBO), das gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst b BayBO in der seit 1. September 2018 geltenden Fassung wieder zum Prüfprogramm im hier einschlägigen vereinfachten Baugenehmigungsverfahren rechnet, im Einklang steht.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die hälftige Beteiligung der Klägerin und der Beklagten an den Verfahrenskosten berücksichtigt ihr wechselseitiges Unterliegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).