Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 21.10.2021 – RN 5 E 21.1961
Titel:

Datenschutzrechtlich zulässige Ausgestaltung der PCR-Pooltestverfahren (Lolli-Tests)

Normenketten:
GG Art. 2, Art. 6, Art. 7, Art. 19 Abs. 4
DSGVO Art. 5 Abs. 1
14. BayIfSMV § 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2, § 13 Abs. 2
Leitsätze:
Der in Art. 5 I DS-GVO normierte Grundsatz der Datenminimierung stellt keine Anspruchsgrundlage dar, sondern statuiert eine Grundpflicht des Verantwortlichen – vorliegend von dem mit der Testung beauftragten Labor – bei der Datenverarbeitung und wird durch die weitergehenden Pflichten der DS-GVO konkretisiert. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der in Art. 5 Abs. 1 DSGVO normierte Grundsatz der Datenminimierung stellt keine Anspruchsgrundlage dar, sondern statuiert eine Grundpflicht des Verantwortlichen – vorliegend von dem mit der PCR-Testung beauftragten Labor – bei der Datenverarbeitung und wird durch die weitergehenden Pflichten der DS-GVO konkretisiert. (Rn. 35 – 53 und 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die datenschutzrechtliche Grundlage für die Weitergabe von Daten an das mit der Testung beauftragte Labor, ergibt sich aus der verfassungsgemäßen Regelung (VGH München BeckRS 2021, 30069) des § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV. Die Freiwilligkeit der Einwilligung zum Pooltestverfahren innerhalb der Schule bleibt bestehen, wenn weiterhin alternative externe Testverfahren möglich sind (vgl. § 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 14. BayIfSMV) bleiben. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausgestaltung der PCR-Pooltestverfahren (Lolli-Tests), Übermittlung und Verarbeitung der Daten der getesteten Schülerinnen und Schüler, Anspruch auf Zurverfügungstellung alternativer Testmethoden durch die Schule, PCR-Pooltest, freiwillige Einwilligung, Datenschutz, Corona
Fundstellen:
LSK 2021, 32314
ZD 2022, 118
BeckRS 2021, 32314

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich mit ihren Anträgen gegen die konkrete Ausgestaltung der PCR-Pooltestverfahren durch den Antragsgegner an der Schule der Antragstellerin.
2
Die Antragstellerin besucht die dritte Klasse der Grund- und Mittelschule …
3
§ 13 Abs. 2 der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (14. BayIfSMV) vom 1.9.2021 (BayMBl. Nr. 615, BayRS 2126-1-18-G), die zuletzt durch Verordnung vom 14.10.2021 (BayMBl. Nr. 733) geändert worden ist regelt hinsichtlich der Testung in Schulen unter anderem Folgendes:
1Die Teilnahme am Präsenzunterricht, an sonstigen Schulveranstaltungen oder schulischen Ferienkursen in Präsenz sowie an der Mittags- und Notbetreuung ist Schülerinnen und Schülern nur erlaubt, wenn sie drei Mal wöchentlich einen Testnachweis nach § 3 Abs. 4 Nr. 1, 2 erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben.
2Für Schülerinnen und Schüler der Grundschulstufe sowie an Förderschulen mit den Schwerpunkten geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie Sehen gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass an die Stelle dreier wöchentlicher Selbsttests nach Entscheidung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zwei wöchentliche PCR-Pooltestungen treten können.
3Die Schulpflicht bleibt unberührt.
4Bei einem Infektionsfall in einer Klasse kann die Kreisverwaltungsbehörde für die Teilnehmer dieser Klasse tägliche Testnachweise anordnen.
5Die Schule verarbeitet das Testergebnis für die Zwecke nach Satz 1 und 2.
6Eine Übermittlung von Testdaten an Dritte findet im Übrigen vorbehaltlich von Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz nicht statt.
7Bei der Teilnahme an PCR-Pooltestungen gelten die mit der Testung beauftragten Labore und Transportpersonen nicht als Dritte im Sinne von Satz 5.
8Das Testergebnis wird höchstens 14 Tage aufbewahrt. 9Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf kann das Staatsministerium für Unterricht und Kultus Ausnahmen bekanntmachen.
4
Mit Schreiben vom 10.9.2021 teilte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) den Grundschulen und Förderzentren mit, dass der Beginn der PCR-Pooltestungen bayernweit ab dem 20.9.2021 vorgesehen sei. In einer Übergangszeit bis zum 24.9.2021 könnten von Seiten der Schulen im Ausnahmefall noch Selbsttests an einzelne Schülerinnen und Schüler ausgegeben werden, diese müssten dreimal pro Woche durchgeführt werden.
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Zur Teilnahme an den PCR-Pooltestungen wurde den betroffenen Schülerinnen und Schülern bzw. den Erziehungsberechtigten ein Formblatt „Einwilligungserklärung zur Teilnahme am PCR-Pooltestverfahren“ ausgehändigt. Nach dem Formblatt ist die Teilnahme am PCR-Pooltestverfahren nur möglich, wenn beide der nachfolgenden Felder angekreuzt sind:
„Ich willige ein, dass die Schule im Rahmen des PCR-Poolverfahrens die erforderlichen Daten, auch Gesundheitsdaten i.S.d. Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DSGVO (PCR-Pool- und PCR-Rückstellprobe sowie das negative oder positive Testergebnis der Proben), zum Zweck der Teilnahme am PCR-Pooltestverfahren verarbeitet.
… Ich willige außerdem ein, dass das beauftragte Labor im Rahmen des PCR-Pooltestverfahrens die erforderlichen Daten, auch Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DSGVO (PCR-Pool- und PCR-Rückstellprobe sowie das negative oder positive Testergebnis der Proben), zur Testauswertung und Information der Beteiligten sowie in anonymisierter Form zur Projektüberwachung und Forschung verarbeitet.
Diese Einwilligung umfasst, dass hierfür:
- […]
- das Labor die Daten für die wissenschaftliche Forschung anonymisiert und in anonymisierter Form zu Forschungszwecken an das Institut für Medizinische Informationsverarbeitung Biometrie und Epidemiologie (IBE) an der LMU München übermittelt.“
6
Am 29.9.2021 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
7
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass sich der gestellte Antrag gegen die Auslegung der BayIfSMV durch den Antragsgegner richte. Hier würden die nach der 14. BayIfSMV geforderten COVID-19-Testungen mit der Verpflichtung zur Weitergabe von Testergebnissen an Dritte, hier das IBE, verbunden. Das Ablehnen der Übergabe von Daten an das IBE schließe die Teilnahme an dem Testverfahren aus. Eine alternative Testmethode biete der Antragsgegner nicht an und verletze somit die Bestimmungen nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der
8
14. BayIfSMV. Nach Auskunft der Schule seien Selbsttests nicht mehr verfügbar, obwohl diese nach § 13 Abs. 2 der BayIfSMV gestellt werden müssten. Es widerspreche dem Datensparsamkeitsgrundsatz, wenn Daten an Dritte, hier das IBE an der LMU München, übermittelt würden. Auch wenn die Labore nicht Dritte seien, so sei das IBE klar als Dritter zu erkennen. Es werde in den Unterlagen verschwiegen, dass die Daten nach Auswertung an die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) weitergegeben und die erhobenen Daten für weitere zehn Jahre nach Beendigung der Studie gespeichert würden. Auch wenn die Labore nicht Dritte seien, stehe einer anonymen Verarbeitung der in diesem Fall als hoch sensibel einzustufenden Daten nichts entgegen und sei dem Antragsgegner zumutbar.
9
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
1.
Der Antragsgegner wird vorläufig im Wege einer einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in einer noch zu erhebenden Hauptsacheklage verpflichtet, die Schule der Antragstellerin anzuweisen, die dort angebotenen PCR-Pooltests dergestalt durchzuführen, dass die Daten der Schülerinnen und Schüler in anonymisierter Form an das mit der Testung beauftragte Labor übermittelt werden und das mit der Testung beauftragte Labor keine Testdaten an das IBE an der LMU München weitergeben darf.
2.
Der Antragsgegner wird vorläufig im Wege einer einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in einer noch zu erhebenden Hauptsacheklage verpflichtet, zusätzlich zu den angebotenen PCR-Pooltests, weitere Testverfahren an der Schule der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen, bei denen keine Übermittlung personenbezogener Testdaten erfolgt.
10
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
11
Der Antrag sei unbegründet. Ein Anspruch auf Zurverfügungstellung alternativer Testmöglichkeiten bestehe nicht. Da das Pooltestverfahren auf freiwilliger Basis erfolge, liege keine „verpflichtende Teilnahme an einer Übermittlung“ vor. Die Übermittlung der Daten an das für die Auswertung der Testung zuständige Labor sowie die Weiterverarbeitung der Daten durch dieses sei rechtmäßig. Die Übermittlung und Weiterverarbeitung der personenbezogenen Daten durch das Labor erfolge auf Grundlage der Einwilligung der betroffenen Schülerinnen und Schüler bzw. Erziehungsberechtigten. Es würden nur diejenigen Daten an das Labor übermittelt, welche dieses benötige, damit es das Ergebnis einer Pool- und einer ggf. stattfindenden Einzelprobe (Rückstellprobe) dem Schüler bzw. der Schülerin zuweisen und die Beteiligten über das Testergebnis informieren könne. Eine anonymisierte Übermittlung der Daten an das Labor würde insbesondere die Zuordnung eines Ergebnisses zu den entsprechenden Schülerinnen und Schülern verhindern. Das Labor anonymisiere die Daten vor der Übermittlung an das IBE, sodass gerade keine personenbezogenen Daten nach Art. 4 Nr. 1 der Datenschutz-Grundverordnung an diese weitergegeben würden. Unzutreffend sei, dass neben dem Pooltestverfahren keine alternativen Testmethoden bestünden (vgl. §§ 13 Abs. 2, 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 der 14. BayIfSMV). Woraus sich ein Anspruch gegen den Freistaat Bayern ergebe solle, alternative bzw. anders ausgestaltete PCR-Pooltests zur Verfügung stellen zu müssen, werde nicht vorgetragen.
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Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde zunächst vom Vater der Antragstellerin, Herrn …, erhoben. Mit gerichtlichem Schreiben vom 29.9.2021 (Bl. 10 d. Gerichtsakte) wurde darauf hingewiesen, dass der Antrag derzeit mangels Antragsbefugnis wohl unzulässig sei, da der Antrag im eigenen Namen des Vaters und nicht im Namen des Kindes gestellt worden sei. Mit Schreiben vom 7.10.2021 erklärte der Vater der Antragstellerin, die Anträge im Namen der Antragstellerin, vertreten durch die Eltern als gesetzliche Vertreter, stellen zu wollen. Mit Schreiben vom 12.10.2021 stimmte der Antragsgegner der Antragsänderung zu.
13
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
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Die Anträge bleiben ohne Erfolg. Der Antrag zu 1) ist bereits unzulässig. Der Antrag zu 2) ist unbegründet.
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1. Die Beteiligtenwechsel ist zulässig.
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Der Wechsel der Beteiligten auf Antragstellerseite stellt einen gewillkürten Beteiligtenwechsel dar, der als Antragsänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO zu behandeln ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1982 - 7 C 34/80 - juris, Rn. 10). Die subjektive Antragsänderung kann in Form eines Beteiligtenbeitritts oder eines Beteiligtenwechsels jeweils auf Seiten des Antragstellers oder des Antragsgegners vorliegen (Wolff in BeckOK VwGO, 58. Ed. 1.7.2021, VwGO § 91 Rn. 18). Ein Beteiligtenwechsel ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Der Antragsgegner hat dem Beteiligtenwechsel auf Antragstellerseite mit Schreiben vom 12.9.2021 zugestimmt, so dass dieser zulässig war. Auf die Frage der Sachdienlichkeit kommt es damit nicht mehr an.
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2. Die Fassung der Eilanträge durch die nicht anwaltlich vertretene Antragstellerin bietet Unklarheit, sodass eine sachdienliche Auslegung seitens des Gerichts zu erfolgen hat.
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Das Gericht hat sich bei der Auslegung der im Eilrechtschutzverfahren gestellten Anträge in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB am erkennbaren Rechtschutzziel der Antragstellerin zu orientieren (Schoch in Schoch/Schneider VwGO, 39. EL Juli 2020, VwGO § 123 Rn. 104a). Dabei darf das Gericht über das Antragsbegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge auch nicht gebunden. Dies folgt aus § 88 VwGO, der gem. § 122 Abs. 1 VwGO auf Beschlüsse entsprechende Anwendung findet.
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Die Antragstellerin hat folgende Anträge ausformuliert: „den Antragsgegner zu verpflichten, von der im Zuge der eingeführten PCR-Pooltestverfahren (LOLI-Test) Praxis zur verpflichtenden Teilnahme an einer Übermittlung von den zur Einhaltung des Schulbetriebes nicht erforderlichen Daten an Dritte abzusehen; den Antragsgegner zur Schaffung von passenden Testverfahren zur Feststellung von Covid19 Erkrankungen an den Schulen ohne Weitergabe von Datensätzen an nicht zwingend erforderliche Dritte zu verpflichten; den Datensparsamkeitsprinzip einzuhalten und eine Anonymisierung der durch Dritte zu verarbeitenden Daten vorzunehmen.“ Der Antragstellerin geht es erkennbar darum, dass erstens Daten, die im Rahmen der PCR-Pooltests erhobenen werden, nur in anonymisierter Form an das mit der Testung beauftragte Labor weitergegeben werden dürfen, zweitens keine Testdaten von dem mit der Testung beauftragten Labor an IBE übermittelt werden dürfen und drittens zusätzlich zu den PCR-Pooltests weitere Testverfahren an der Schule der Antragstellerin zur Verfügung gestellt werden, bei denen die Übermittlung personenbezogener Daten nicht erforderlich ist. Wenn die Antragstellerin hinsichtlich des ausformulierten Antrags, den Antragsgegner zu verpflichten eine „Anonymisierung der durch Dritte zu verarbeitenden Daten vorzunehmen“ vom „Dritten“ spricht, ist aus dem Gesamtzusammenhang erkennbar, dass sie damit das Labor meint (vgl. insoweit Schreiben d. Antragstellerin v. 7.10.2021, Bl. 22 d. Gerichtsakte). Daher hat das Gericht die Anträge der Antragstellerin entsprechend ihrem Begehren sachdienlich, wie im Tatbestand aufgeführt, ausgelegt. Das Gericht geht weiter davon aus, dass der ausformulierte Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner zu verpflichten, das „Datensparsamkeits-Prinzip einzuhalten“ keine eigenständige Bedeutung zukommt. In dem Begehren der Antragstellerin, den Antragsgegner zu verpflichten, das PCR-Pooltestverfahren dergestalt zu gestalten, dass keine personenbezogenen Daten an das mit der Testung beauftragte Labor übermittelt werden, ist der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der RL 95/46/EG (Datenschutzgrundverordnung - nachfolgend DSGVO) verankerte Grundsatz der Datenminimierung bereits inhaltlich umfasst (dazu unter 3.).
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3. Die so verstandenen Anträge sind zum Teil bereits unzulässig, da die Antragstellerin hinsichtlich des Antrags zu 1) einen Anordnungsanspruch nicht geltend gemacht hat.
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a) Statthaft ist hier ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO.
22
Hier ist nicht gem. § 123 Abs. 5 VwGO ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gem. § 80 Abs. 5 VwGO vorrangig. In der Hauptsache ist keine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafter Rechtsbehelf, sondern vielmehr eine allgemeine Leistungsklage. Die Antragstellerin begehrt im Ergebnis die Änderung in der konkreten Ausgestaltung der PCR-Pooltestverfahren durch den Antragsgegner. Damit begehrt sie nicht den Erlass eines Verwaltungsaktes im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern ein schlichtes Verwaltungshandeln.
23
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind darüber hinaus nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
24
Zulässig ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur, wenn sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund geltend gemacht sind. Diese Voraussetzung entspricht der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO im Hauptsacheverfahren. Ein Antragsteller muss somit schlüssig und plausibel darlegen, dass ihm der geltend gemachte Anordnungsanspruch zustehen kann. Zudem muss nach dem Vortrag des jeweiligen Antragstellers ein Anordnungsgrund möglich sein (vgl. Schoch/Schneider/Schoch, 40. EL Februar 2021, VwGO § 123, Rn. 107).
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b) Hinsichtlich des Antrags zu 1) hat die Antragstellerin jedoch einen Anordnungsanspruch nicht geltend gemacht.
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Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag zu 1) im Kern gegen die konkrete Ausgestaltung des PCR-Pooltestverfahrens durch den Antragsgegner an ihrer Schule, insbesondere gegen die in diesem Zusammenhang vorgesehene Datenübermittlung bzw. Datenverarbeitung. Es ist keine Norm ersichtlich, aus der sich für die Antragstellerin ein möglicher Anspruch im gewünschten Umfang und in der gewünschten Form ergeben könnte, § 42 Abs. 2 VwGO analog.
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(1) Ein möglicher Anordnungsanspruch ergibt sich weder aus der 14. BayIfSMV selbst noch aus dem Infektionsschutzgesetz.
28
Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 der 14. BayIfSMV können für Schülerinnen und Schüler der Grundschulstufe an die Stelle dreier wöchentlicher Selbsttests nach Entscheidung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zwei wöchentliche PCR-Pooltestungen treten. An den Grundschulen in Bayern und somit auch an der Grundschule, die die Antragstellerin besucht, wurde für das Schuljahr 2021/2022 auf PCR-Pooltestverfahren umgestellt (vgl. Schreiben d. Antragsgegners v. 10.9.2021 an alle Grundschulen und Förderzentren, Bl. 51 d. Gerichtsakte).
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Die Zulässigkeit der Übermittlung von Testdaten an das mit der Testung beauftragte Labor ergibt sich bereits aus § 13 Abs. 2 Satz 6, Satz 7 der 14. BayIfSMV selbst. § 13 Abs. 2 Satz 6, Satz 7 der 14. BayIfSMV regelt insoweit, dass eine Übermittlung von Testdaten an Dritte vorbehaltlich von Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht stattfindet und dass die bei der Durchführung von PCR-Pooltests mit der Testung beauftragten Labore und Transportpersonen nicht als Dritte in diesem Sinne gelten. Die Meldepflichten nach dem IfSG sind in den §§ 6 ff. IfSG geregelt; sie konkretisieren insoweit die datenschutzrechtlichen Übermittlungsbefugnisse.
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Bei der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) handelt es sich gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. t) IfSG um eine dem zuständigen Gesundheitsamt (§ 9 Abs. 4 Satz 1 IfSG) namentlich meldepflichtige Krankheit. Dessen direkter oder indirekter Nachweis ist zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen, § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 44a IfSG. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG sind im Falle des § 7 IfSG u.a. die Leiter von Medizinaluntersuchungsämtern und sonstigen privaten oder öffentlichen Untersuchungsstellen einschließlich von Arztpraxen mit Infektionserregerdiagnostik und Krankenhauslaboratorien zur Meldung verpflichtet. Die namentliche Meldung muss gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 IfSG zur Betroffenen folgende Angaben enthalten: a) Name und Vorname, b) Geschlecht, c) Geburtsdatum, d) Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und, falls abweichend: Anschrift des derzeitigen Aufenthaltsortes, e) weitere Kontaktdaten, f) Art des Untersuchungsmaterials, g) Entnahmedatum oder Eingangsdatum des Untersuchungsmaterials, h) Nachweismethode, i) Untersuchungsbefund, einschließlich Typisierungsergebnissen, und j) erkennbare Zugehörigkeit zu einer Erkrankungshäufung. Die namentliche Meldung muss unverzüglich erfolgen und dem zuständigen Gesundheitsamt nach § 9 Abs. 4 IfSG spätestens 24 Stunden, nachdem der Meldende Kenntnis erlangt hat, vorliegen. Damit trifft das mit der Testung beauftragte Labor im Fall einer positiven Rückstellprobe eine Meldungspflicht, die nicht weniger als die in § 8 Abs. 2 IfSG aufgeführten Angaben enthalten darf. Sofern dem Labor die Daten der Schülerinnen und Schüler - wie seitens der Antragstellerin begehrt - lediglich in anonymisierter Form vorliegen würden (siehe Vorschlag d. Antragstellerin im Schreiben v. 7.10.2021, Bl. 22 d. Gerichtsakte: „Schulnummer, Klasse“ für die Poolprobe; „Schulnummer, Klasse, Schülernummer“ für die Rückstellprobe) wäre das mit der Testung beauftragte Labor schon nicht in der Lage dieser im IfSG konkretisierten Meldepflicht unverzüglich nachzukommen.
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§ 13 Abs. 2 der 14. BayIfSMV ist nach summarischer Prüfung auch voraussichtlich nicht in verfassungsrechtlicher Hinsicht zu beanstanden und verstößt wohl nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 11.10.2021 - 25 NE 21.2525 - noch nicht veröffentlicht; B.v. 28.9.2021 - 25 NE 21.2372 Rn. 53 ff., noch nicht veröffentlicht sowie zu den Vorgängerregelungen etwa BayVGH B.v. 12.4.2021 - 20 NE 21.926 - juris, Rn. 14 ff. sowie BayVerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris, Rn. 26 ff.).
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Im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Testverfahren führte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. 11.10.2021 - 25 NE 21.2525 - Rn. 30, noch nicht veröffentlicht) zuletzt wie folgt aus:
„Ungeachtet der Frage, inwiefern sich Beeinträchtigungen schon durch eine Testung nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 und 2 14. BayIfSMV in Teilen vermeiden lassen, stehen die Belastungen der Betroffenen bei summarischer Prüfung auch insofern nicht außer Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen. Zwar besteht ein hohes Interesse, die Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu untersagen (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO), die Testung und die Isolierung erkrankter Personen dient aber über den allgemeinen Gesundheitsschutz hinaus (vgl. Art. 9 Abs. 2 Buchst. i DSGVO) der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, der angesichts der grundsätzlich bestehenden Schulpflicht sowie des Rechts der Schüler, am Unterricht teilzunehmen, besonderes Gewicht zukommt.“
33
Gegen einen verfassungsmäßig unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerin durch die Durchführung der PCR-Pooltestungen spricht dabei auch, dass auch die 14. BayIfSMV als Alternative zur Teilnahme an den Pooltestungen weiterhin die Möglichkeit offen lässt, einen Testnachweis nach § 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 der 14. BayIfSMV vorzulegen (dazu nachfolgend unter Ziffer 4).
34
(2) Ein möglicher Anordnungsanspruch folgt auch nicht aus den Normen der DSGVO.
35
Aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) DSGVO kommt die Ableitung eines entsprechenden Anordnungsanspruchs nicht in Betracht. Danach müssen personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein (Grundsatz der Datenminimierung). Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) DSGVO stellt schon keine Anspruchsgrundlage dar, sondern statuiert vielmehr eine Grundpflicht des Verantwortlichen - vorliegend von dem mit der Testung beauftragten Labor - bei der Datenverarbeitung und wird durch die weitergehenden Pflichten der DSGVO konkretisiert (vgl. Ehmann/Selmayr/Heberlein, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 5 Rn. 1).
36
Auch aus den weiteren Bestimmungen der DSGVO ist ein möglicher Anordnungsanspruch nicht ersichtlich. Überdies folgt die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten durch das mit der Testung beauftragte Labor bereits aus Art. 6 DSGVO, der das „Ob“ der Verarbeitung regelt. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) DSGVO ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat. Die Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch das im Rahmen der PCR-Pooltests mit der Testung beauftragte Labor erfolgt vorliegend nur, wenn diesbezüglich die Einwilligung der betroffenen Schülerinnen und Schüler bzw. deren Erziehungsberechtigten vorliegt. Im Übrigen wäre hinsichtlich der Übermittlung der Daten durch das mit der Testung beauftragte Labor an das IBE bereits nicht der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. Die DSGVO gilt nicht für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, Art. 2 Abs. 1 Halbs. 1 DSGVO. Die zur Übermittlung an das IBE vorgesehenen Daten werden nach glaubhaftem Vortrag des Antragsgegners durch das mit der Testung beauftragte Labor jedoch lediglich in anonymisierter Form übermittelt. Der Antragsgegner trug insoweit vor, dass es sich bei allen Forschungszwecken um anonymisierte Ergebnisdaten handele, die keine Rückschlüsse auf einzelne Schülerinnen und Schüler ermöglichen würden (Antragserwiderung v. 8.10.2021, Bl. 27 ff. d. Gerichtsakte). Laut den FAQs zu den Pooltests (abrufbar unter https://www.km.bayern.de/allgemein/meldung/7451/haeufig-gestellte-fragen-faq-zu-den-pooltests.html, zuletzt aufgerufen am 21.10.2021) werde die Speichelprobe selbst nicht an die Forschungsgruppe weitergegeben. Das IBE erhalte die Auswertungsergebnisse der Poolproben und ggf. der Einzelproben. Diese Daten würden vollständig anonymisiert an das IBE weitergegeben werden, eine Rückverfolgung hin zu den Pools bzw. den Poolteilnehmern sei dem IBE oder der LMU München nicht möglich. Nach dem oben Gesagten beziehen sich die übermittelten Informationen damit eindeutig nicht auf konkrete, namentlich benannte Personen, sondern lediglich auf abstrakte Merkmale wie etwa Jahrgangsstufe und Geschlecht der Studienteilnehmer.
37
Im Übrigen bleibt anzumerken, dass die Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) weiterhin gewährleistet sind. Die Regelung des § 13 Abs. 2 der 14. BayIfSMV lässt der Antragstellerin weiterhin die Wahlmöglichkeit einen PCR- oder POC-Antigentest extern in einem Testzentrum oder beim Arzt oder in einer Apotheke durchzuführen, § 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 der 14. BayIfSMV (dazu nachfolgend unter 4.).
38
(3) Auch aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG kommt die Ableitung eines entsprechenden Anordnungsanspruchs nicht in Betracht.
39
Aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach die Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern ist, ergibt sich zwar ein Bestimmungsrecht hinsichtlich des Bildungsweges des Kindes und ein Wahlrecht im Hinblick auf die vom Staat bereitgestellten Schulen; aufgrund des staatlichen Bildungsauftrags aus Art. 7 Abs. 1 GG verbleibt dem Staat bei der Planung, Organisation, Leitung und inhaltlich-didaktischen Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens sowie des dort erteilten Unterrichts jedoch eine umfassende Gestaltungsfreiheit (BVerwG, U.v. 16.4.2014 - 6 C 11/13 - NVwZ 2014, 1163 Rn. 13). Die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Organisation erstreckt sich -unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen und auf Grundlage des IfSG und der 14. BayIfSMV - auch auf die nähere Ausgestaltung des Testverfahrens an Grundschulen, konkret die Ausgestaltung des PCR-Pooltestverfahrens.
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Nach alledem ist hinsichtlich des Antrags zu 1) ein Anordnungsanspruch nicht geltend gemacht und der Antrag ist unzulässig.
41
c) Der Antrag zu 2) ist zulässig.
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Statthafter Rechtsbehelf ist hier ebenfalls ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO.
43
(1) Hier ist ebenfalls nicht gem. § 123 Abs. 5 VwGO ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gem. § 80 Abs. 5 VwGO vorrangig. In der Hauptsache ist keine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafter Rechtsbehelf, sondern vielmehr eine allgemeine Leistungsklage. Da es der Antragstellerin im Ergebnis um die Zurverfügungstellung alternativer Testverfahren an ihrer Schule geht, begehrt sie nicht den Erlass eines Verwaltungsaktes im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern ein schlichtes Verwaltungshandeln.
44
(2) Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist auch nicht durch die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Regelungen in § 13 Abs. 2 der 14. BayIfSMV nach § 47 Abs. 6 VwGO ausgeschlossen. Da die Antragstellerin auf gerichtliche Nachfrage ausdrücklich erklärt hat, dass sich ihre Anträge nicht gegen die Regelungen der BayIfSMV, sondern gegen die Auslegung durch den Antragsgegner richten würden (vgl. Schreiben d. Antragstellerin v. 7.10.2021, Bl. 21 f. d. Gerichtsakte), kam insoweit eine Verweisung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht. Abgesehen davon bleibt es der Antragstellerin unbenommen, gegen die Regelung in § 13 Abs. 2 der 14. BaylfSMV gegebenenfalls direkt beim zuständigen Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO zu stellen.
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4. Der Antrag zu 2) ist allerdings unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
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Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrundes (Eilbedürftigkeit) als auch eines Anordnungsanspruchs.
47
Hier besteht die Besonderheit, dass im Falle der Gewährung von Eilrechtsschutz die Hauptsache vorweggenommen würde, was dem Wesen des vorläufigen Rechtsschutzes widerspricht. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123, Rn. 13 m.w.N. aus Rspr. und Lit.). Dies wäre hier jedoch der Fall. Die vorläufige Feststellung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine noch zu erhebende Klage würde die Hauptsache im Hinblick auf die zeitlich begrenzte Geltung der Testobliegenheiten (bis 29.10.2021, vgl. § 20 der 14. BayIfSMV) vorwegnehmen. Andererseits ist es anerkannt, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache, dann möglich ist, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (vgl. BVerfG, B.v 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 - juris = BVerfGE 79, 69; BVerwG, U.v. 18.4.2013 - 10 C 9.12 - juris = BVerwGE 146, 189; BVerwG, B.v. 13.8.1999 - 2 VR 1.99 - juris = BVerwGE 109, 258; Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, § 123, Rn. 145, EL Juli 2020; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123, Rn. 14).
48
Gemessen hieran ist ein Anordnungsanspruch nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Erfolgsaussichten einer - derzeit noch nicht erhobenen - Klage sind bei summarischer Prüfung nicht gegeben, es besteht keine hohe Wahrscheinlichkeit des Obsiegens im Hauptsachverfahren.
49
Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch darauf, den Antragsgegner vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung dazu zu verpflichten, zusätzlich zu den angebotenen PCR-Pooltests, weitere Testverfahren an der Schule der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen, bei denen keine Übermittlung personenbezogener Testdaten erforderlich ist. Sie haben keine Wahlfreiheit hinsichtlich des in der Schule durchgeführten Testverfahrens.
50
Es kann vorliegend dahinstehen, ob es sich bei der streitgegenständlichen Regelung des § 13 Abs. 2 der 14. BayIfSMV in der aktuellen Fassung weiterhin nicht um eine Testpflicht, sondern lediglich um eine Testobliegenheit im Rechtssinne handelt (vgl. zur Testobliegenheit nach § 13 Abs. 2 der 14. BayIfSMV zuletzt BayVGH, B.v.11.10.2021 - 25 NE 21.2525 - Rn. 13, noch nicht veröffentlicht; B.v. 28.9.2021 - 25 NE 21.2372, Rn. 52, noch nicht veröffentlicht; zu den Vorgängerregelungen etwa VerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris, Rn. 26; BayVGH, B.v. 16.4.2021 - 20 NE 21.1036 - juris, Rn. 14, 19 ff.; B.v. 12.4.2021 - 20 NE 21.926 - juris, Rn. 18 ff.; B.v. 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris, Rn. 58), da sich die Antragstellerin vorliegend nicht gegen die Testung an sich, sondern gegen die konkrete Ausgestaltung des Testverfahrens an der Grundschule der Antragstellerin durch den Antragsgegner wendet.
51
§ 13 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 der 14. BayIfSMV regelt ausdrücklich, dass die Teilnahme am Präsenzunterricht nur gestattet ist, wenn die Schülerinnen und Schüler dreimal wöchentlich einen Testnachweis nach § 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 14. BayIfSMV erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben. Für Schülerinnen und Schüler der Grundschulstufe (…) gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass an die Stelle dreier wöchentlicher Selbsttests nach Entscheidung des StMUK zwei wöchentliche PCR-Pooltestungen treten können.
52
Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig. Seit der Entscheidung des StMUK sind durch die betroffenen Schulen anstatt der Selbsttest unter Aufsicht die Pooltestungen durchzuführen. Es ist gerade nicht vorgesehen, dass regelmäßig zusätzlich oder alternativ andere Testverfahren, wie etwa Selbsttests, in der Schule zur Verfügung gestellt werden. Die Regelung räumt ihrem Wortlaut nach den betroffenen Schülern bzw. Eltern gerade kein Wahlrecht zwischen unterschiedlichen Testverfahren ein, die innerhalb der Schule durchgeführt werden können.
53
Sofern die Erziehungsberechtigten eine Teilnahme am PCR-Pool-Testverfahren nicht wünschen, ist zudem weiterhin der Nachweis eines negativen Testergebnisses nach § 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 der 14. BayIfSMV möglich. Alternativ zur Teilnahme an den PCR-Pooltestungen kann der Testnachweis nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der 14. BayIfSMV aufgrund von Testungen erbracht werden, die außerhalb der Schule durch medizinisch geschultes Personal durchgeführt werden, vgl. §§ 13 Abs. 2, § 3 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 der 14. BayIfSMV. Folgende Testverfahren sind dabei möglich: ein maximal vor 48 Stunden durchgeführter PCR-Test, ein PoC-PCR-Test oder ein Test mittels weiterer Methoden der Nukleinsäureamplikationstechnik (Nr. 1) und ein maximal vor 24 Stunden durchgeführter POC-Antigentest (Nr. 2).
54
Die Vorgabe eines einheitlichen Testverfahrens entspricht dabei auch organisatorischen Gründen und Praktikabilitätserwägungen. Sie verhindert, dass innerhalb einer Schulklasse verschiedene Testverfahren durchgeführt werden müssen. Durch die Anwendung eines einheitlichen Testverfahrens kann insbesondere durch die beaufsichtigenden Lehrkräfte leichter sichergestellt werden, dass die jeweiligen Tests korrekt angewendet werden.
55
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die regelmäßige Inanspruchnahme externer Testangebote für die Antragstellerin und ihre Eltern eine zusätzliche Belastung bedeuten kann. Das gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass aufgrund der zunehmenden Impfungen und dem Wegfall der Bürgertestungen das Angebot von Schnelltests in einigen Regionen des Freistaats Bayerns abnimmt. Aufgrund des eindeutigen Regelungswortlautes kann jedoch ein Anspruch auf eine alternative Testungsmöglichkeit nicht angenommen werden.
III.
56
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte war der Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR je Antrag anzusetzen. Insgesamt beläuft sich der Streitwert auf 10.000,00 EUR (§ 39 GKG). Aufgrund der Vorwegnahme der Hauptsache war eine Halbierung des Streitwertes nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geboten.