Titel:
Erfolglose Klage gegen einen Kostenbescheid für eine Ersatzvornahme (Ausschneiden eines Baumes) aus Gründen des Brandschutzes
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayVwZVG Art. 23 Abs. 1, Art. 32 S. 1, Art. 41 Abs. 1
KostG Art. 16 Abs. 5
Leitsatz:
Der Kostenerstattungsanspruch nach Art. 32 S. 1 VwZVG setzt die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme voraus, die im Zusammenhang mit der Kostenerstattung regelmäßig bereits dann gegeben ist, wenn ein unanfechtbarer oder (sofort) vollziehbarer, auf Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt und eine wirksame Androhung vorliegen und sich die Durchführung der Ersatzvornahme iRd im Grundverwaltungsakt angeordneten Verpflichtung hält. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage gegen Kostenbescheid, Kosten der Ersatzvornahme, bestandskräftige Grundverfügung, Kostenbescheid, Ersatzvornahme, Rechtmäßigkeit, Grundverwaltungsakt, unanfechtbar, Kosten
Fundstelle:
BeckRS 2021, 31807
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem ihm die Kosten der Ersatzvornahme für den Rückschnitt der Äste eines Baumes von seinem Grundstück, soweit diese auf eine Feuerwehrzufahrt ragen, auferlegt wurden.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ...(...straße). Westlich daran grenzt das Grundstück Fl.Nr. ... (...straße) an, das mit einem Seniorenzentrum bebaut ist. Der Bereich der Zufahrt entlang der Grenze zum Grundstück des Klägers ist als Feuerwehrzufahrt ausgeschildert.
3
Am 18. Mai 2020 teilte die Feuerwehr der Beklagten mit, dass aufgrund der starken Ausladung eines Baumes vom Grundstück ... straße die Feuerwehrzufahrt zum Altenheim derzeit nicht oder nur schwer nutzbar sei. Mit Bescheid vom 22. Juli 2020 verpflichtete die Beklagte den Kläger, die Äste des Baumes, die aus dem Grundstück Fl.Nr. ... in die Feuerwehrzufahrt für das Seniorenzentrum ragen, bis auf eine lichte Höhe von 4 m bis spätestens 13. August 2020 zurückzuschneiden oder zurückschneiden zu lassen (Nr. 1). In Nr. 2 des Bescheids wurde die Ersatzvornahme angedroht, wobei die Kosten auf ca. 250,- EUR veranschlagt wurden, und in Nr. 3 die sofortige Vollziehung der unter Nr. 1 des Bescheids genannten Verpflichtung angeordnet. Am 14. August 2020 wurden die Äste von Mitarbeitern der Beklagten gekürzt und beseitigt.
4
Ein hiergegen gestellter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde mit Beschluss vom 16. September 2020 (Au 4 S 20.1455) abgelehnt. Die zugleich erhobene Klage (Au 4 K 20.1453) wurde mit Urteil vom 27. Januar 2021 rechtskräftig abgewiesen.
5
Mit am 22. April 2021 zugestellten Bescheid vom 20. April 2021 stellte die Beklagte fest, dass sich die Kosten für die Entfernung der in die Feuerwehrzufahrt hineinragenden Äste im Wege der Ersatzvornahme auf 263,82 EUR belaufen (Nr. 1). Der Kläger wurde in Nr. 2 verpflichtet, diese Kosten zu tragen. Für diesen Bescheid wurden Gebühren i.H.v. 75,- EUR und Auslagen i.H.v. 4,11 EUR festgesetzt (Nr. 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Erstattungspflicht auf Art. 32, Art. 36 Abs. 4, Art. 37 Abs. 1 und Art. 41 VwZVG stütze. Es handle sich um Kosten, die der Beklagten durch den Einsatz von Personal und Fahrzeugen entstanden seien. Details könnten der beigefügten Kostenrechnung entnommen werden. Der Kläger sei als Vollstreckungsschuldner auch Kostenschuldner.
6
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 10. Mai 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag,
7
den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2021 aufzuheben.
8
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Kommune dadurch einen unfairen Vorteil in der Rechtsverfolgung habe, dass sie keine Rechnung stellen müsse, sondern einen Bescheid erlassen könne. Durch das Entfernen der Äste habe der Sachbearbeiter der Beklagten Sachbeschädigung am Eigentum des Klägers begangen. Das Beschneiden des Baumes habe nichts mit Brandschutz oder einem Rettungsweg zu tun. Die Arbeiter der Beklagten seien während der üblichen Dienstzeit eingesetzt worden, sodass die Beklagte keinen Aufwand gehabt habe. Stundenzettel seien nicht vorgelegt worden. Zunächst sei dem Kläger für den Fall seiner Zustimmung eine Kostenübernahme zugesagt worden.
9
Die Beklagte trat der Klage mit Schriftsatz vom 7. Juni 2021 entgegen und beantragt,
11
Die Ersatzvornahme sei mit Bescheid vom 22. Juli 2020 angedroht und nach Ablauf der gesetzten Frist am 14. August 2020 durchgeführt worden. Die Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnung und damit auch der angedrohten und durchgeführten Ersatzvornahme sei durch das Gericht festgestellt worden. Die Kosten für die Ersatzvornahme seien der Beklagten auch tatsächlich durch den Einsatz von zwei Bauhofmitarbeitern und einer Verwaltungskraft, die die Maßnahme vor Ort für 30 Minuten begleitet habe, sowie durch den Einsatz eines Traktors und eines Kippers entstanden. Der gesamte Aufwand der Vollstreckungsbehörde sei durch den Kläger zu erstatten, unabhängig davon, ob die Kosten während oder außerhalb der üblichen Dienstzeit entstanden seien. Die Ausführungen des Klägers zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Ersatzvornahme stünden nicht mehr zur Disposition.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 15. September 2021 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
13
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14
Der streitgegenständliche Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 32 Satz 1 VwZVG sowie Art. 41 Abs. 1 VwZVG. Die Kosten der Ersatzvornahme trägt der Pflichtige (Art. 32 Satz 1 VwZVG). Es handelt sich dabei um die der Behörde entstandenen Aufwendungen für die Durchführung der dem Pflichtigen obliegenden Handlung (1.). Für die mit der Anwendung der Ersatzvornahme verbundene Verwaltungstätigkeit werden (daneben) Kosten nach Art. 41 Abs. 1 VwZVG i.V.m. dem Kostengesetz erhoben (2.) (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 21.12.1999 - 20 B 99.2073 - juris Rn. 17 m.w.N.).
15
1. Der Kostenerstattungsanspruch nach Art. 32 Satz 1 VwZVG wird durch den Erlass eines Leistungsbescheides geltend gemacht (Art. 23 Abs. 1 VwZVG). Dieser setzt die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme voraus, die im Zusammenhang mit der Kostenerstattung regelmäßig bereits dann gegeben ist, wenn ein unanfechtbarer oder - wie hier - (sofort) vollziehbarer, auf Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt und eine wirksame Androhung vorliegen und sich die Durchführung der Ersatzvornahme im Rahmen der im Grundverwaltungsakt angeordneten Verpflichtung hält (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2017 - 10 ZB 17.806 - juris Rn. 6; VG Würzburg, U.v. 18.3.2019 - W 8 K 18.1161 - juris Rn. 42).
16
Dies zugrunde gelegt begegnet der festgesetzte, zu erstattende Kostenbetrag keinen rechtlichen Bedenken.
17
Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß Art. 18, Art. 19 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1, Art. 32 und Art. 36 Abs. 4 VwZVG lagen zum Zeitpunkt der Ersatzvornahme am 14. August 2020 vor. Insbesondere war der Kläger mit Bescheid vom 22. Juli 2020 zu einem bestimmten Handeln, dem Rückschnitt der Äste seines Baumes, verpflichtet worden. Hinsichtlich dieser Verpflichtung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet, sodass die Anordnung gem. Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollziehbar war. Der Kläger kann in dem vorliegenden Verfahren nicht mehr die Rechtswidrigkeit des Grundverwaltungsaktes bzw. der Androhung der Ersatzvornahme geltend machen (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2008 - 7 C 5.08 - juris -Ls- und Rn. 13), weil der Grundverwaltungsakt bereits bestands- bzw. rechtskräftig ist. Denn mit Urteil vom 27. Januar 2021 (Au 4 K 20.1453) wurde die Klage gegen den Bescheid vom 22. Juli 2020 abgewiesen. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig und entfaltet zwischen den Parteien Bindungswirkung (§ 121 Nr. 1 VwGO). Die vom Kläger insbesondere in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen betreffen allenfalls den Grundverwaltungsakt und können deswegen hier nicht mehr berücksichtigt werden.
18
Die Tätigkeit der Mitarbeiter der Beklagten hielt sich auch im Rahmen der im Bescheid vom 22. Juli 2020 angeordneten Maßnahme. Die Durchführung der Ersatzvornahme erweist sich demnach ebenfalls als rechtmäßig.
19
Zu den Kosten für die im Wege der Ersatzvornahme vorzunehmenden Handlung nach Art. 32 Satz 1 VwZVG gehören hier die Kosten für die beiden Bauhofmitarbeiter, die die Äste des Baumes zurückgeschnitten haben, sowie die Kosten für die dafür eingesetzten Maschinen in Höhe von insgesamt 236,52 EUR. Die Dauer des Einsatzes ist durch Stundenzettel der Bauhofmitarbeiter in der Behördenakte belegt. Auch die Höhe der Kosten für die Maschinen erscheinen dem Gericht angemessen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger jedenfalls nicht substantiiert geltend gemacht.
20
2. Demgegenüber richten sich die Kosten der Amtshandlung „Anwendung des Zwangsmittels Ersatzvornahme“ im Vollstreckungsverfahren nach Art. 41 Abs. 1 VwZVG, wonach Kosten nach dem Kostengesetz (KG) erhoben werden. Sowohl die Durchführung der Ersatzvornahme (s.o.) als auch der streitgegenständliche Bescheid sind rechtmäßig, sodass der Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch gegenüber dem Kläger auf Erstattung auch dieser Kosten zusteht, Art. 16 Abs. 5 KG. Zu diesen Kosten zählen zum einen die Entgelte für Telekommunikationsdienstleistungen und Postzustellungsaufträge (Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG) i.H.v. 4,11 EUR und zum anderen die Gebühren gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG. Diese bemessen sich nach dem Kostenverzeichnis (Art. 5 KG). Im Kostenverzeichnis (KVz) ist die Höhe der Gebühr nach dem Verwaltungsaufwand aller an den Amtshandlungen beteiligten Behörden festgelegt (vgl. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KG). In Ziffer 1.I.8 sind die Gebührenhöhen für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren geregelt. Für die Anwendung von Zwangsmitteln der Ersatzvornahme und des unmittelbaren Zwangs werden nach Ziffer 1.I.8/2 KVz Gebühren in Höhe von 50,- bis 2.500,- Euro erhoben. Hierunter fallen sowohl die von der Beklagten festgesetzte Gebühr für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides i.H.v. 75,- EUR als auch die Kosten für die die Ersatzvornahme überwachende Verwaltungskraft i.H.v. 27,30 EUR (siehe hierzu: BayVGH, B.v. 21.12.1999 - 20 B 99.2073 - juris Rn. 17 m.w.N.). Die von der Beklagten festgelegte Gebührenhöhe von insgesamt 102,30 EUR bewegt sich im unteren Rahmen dieser Vorgaben des Kostenverzeichnisses und ist damit nicht zu beanstanden.
21
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.