Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 13.07.2021 – AN 1 K 21.00363
Titel:

Nichtigkeit eines Beitragsbescheids wegen nicht ausreichender Schuldnerbezeichnung

Normenketten:
AO § 125 Abs. 1, § 155 Abs. 3
BayKAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b, Nr. 4 lit. b lit. aa
Leitsatz:
Ein Beitragsbescheid, der an eine Erbengemeinschaft gerichtet ist, enthält keine ausreichende Schuldnerbestimmung und ist deshalb nichtig, denn Schuldner sind stets die Mitglieder der Erbengemeinschaft, nicht dagegen die nicht rechtsfähige Erbengemeinschaft selbst. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nichtigkeit eines Beitragsbescheids wegen unzureichender Schuldnerbezeichnung, Beitragsbescheid, fehlerhafte Adressatenbezeichnung, nichtiger Verwaltungsakt, hinreichende Bestimmtheit
Fundstelle:
BeckRS 2021, 31454

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 13.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes … vom 01.02.2021 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1
Die Klägerinnen wenden sich gegen einen Herstellungsbeitragsbescheid.
2
Die Klägerinnen sind die Erben von Frau …, welche ursprünglich Eigentümerin der Grundstücke Flur-Nrn. … und … der Gemarkung … war. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 21. April 2015, Urkunden-Nr. …, verkaufte Frau … die o.g. Grundstücke an die Beigeladene. Die streitgegenständlichen Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“, welcher am 22. Juli 2016 bekanntgemacht wurde und in Kraft getreten ist. Nach dem Tod von Frau … wurden am 21. April 2017 die Klägerinnen in Erbengemeinschaft als Eigentümerinnen der Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung der Beigeladenen als Eigentümerin im Grundbuch erfolgte am 21. Juli 2017.
3
Unter dem 13. November 2018 erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid, mit welchem für die Grundstücke Flur-Nrn. … und … der Gemarkung … ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 109.212,74 EUR festgesetzt wurde.
4
Im Adressfeld des Bescheids ist angegeben:
„Erbengemeinschaft …
z. H. Frau … …
…“.
Nach der Nennung der Summe des Herstellungsbeitrages enthält der Bescheid folgenden Satz: „Dieser Bescheid ergeht an Sie als Eigentümer bzw. Miteigentümer, d. h. mehrere Eigentümer sind untereinander zum Ausgleich verpflichtet (Art. 5 Abs. 6 KAG).“
5
Das dem Bescheid beigefügte Anlageblatt ist mit „Berechnung Grundstücks- und Geschossfläche Erbengemeinschaft …“ überschrieben.
6
Mit Schreiben vom 23. November 2018 an den Beklagten zeigten sich die Bevollmächtigten der Klägerinnen an und legten für die Erbengemeinschaft …, bestehend aus den Klägerinnen als Erbinnen, Widerspruch ein. Es wurde beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 13. 2018 aufzuheben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen und dem Beklagten als damaligen Widerspruchsgegner die Kosten des Widerspruchsverfahrens sowie die Auslagen der Klägerinnen als damalige Widerspruchsführerinnen aufzuerlegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Erbengemeinschaft … nicht passivlegitimiert sei, nachdem sie schon seit Jahren nicht mehr Eigentümerin der betroffenen Grundstücke Fl.Nrn. … und … der Gemarkung … sei. Frau … habe mit Vertrag des Notars … vom 21. April 2015, Urkunden-Nr. …, die betroffenen Grundstücke an die Beigeladene veräußert. Entsprechend der Mitteilung des Grundbuchamts des Amtsgerichts Fürth vom 21. Juli 2017 sei Eigentümerin der betroffenen Grundstücke nicht die Erbengemeinschaft, sondern vielmehr die Beigeladene. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass die Erbengemeinschaft betreffend den Beitragsbescheid vom 13. November 2018 nicht Eigentümerin im Sinne des Art. 5 Abs. 6 KAG sei. Der Widerspruch sei offensichtlich begründet. Es sei demzufolge auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen.
7
Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 18. Februar 2019 mit, dass dem Widerspruch seitens des Beklagten nicht abgeholfen werde und der Widerspruch dem Landratsamt … zur Entscheidung vorgelegt werde.
8
Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … vom 1. Februar 2021, zugestellt am 3. Februar 2021, wurde in dessen Ziffer 1 in Abänderung des Beitragsbescheids des Beklagten vom 13. November 2018 der „von der Miterbin der Erbengemeinschaft …, Frau …, zu zahlende Kanalherstellungsbeitrag für die Grundstücke Fl.Nrn. … und … der Gemarkung … auf insgesamt 70.351,88 EUR festgesetzt“. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
9
Dem festgesetzten Kanalherstellungsbeitrag liege unter Anrechnung der bereits abgegoltenen Grundstücks- und Geschossflächen folgende Berechnung zugrunde:

Grundstück Fl.Nr. …

Grundstücksfläche

Beitragssatz je m²

Beitrag

1.940 m² abzügl. 1.292,44 m² = 647,56 m²

x 7,30 €

4.727,19 €

Geschossfläche

Beitragssatz je m²

1.426 m² abzügl. 583,09 m² = 842,91 m²

x 13,48 €

11.362,43 €

Gesamt

16.089,62 €

Grundstück Fl.Nr. …

Grundstücksfläche

Beitragssatz je m²

Beitrag

4.447 m² abzügl. 1.550,72 m² = 2.896,28 €

x 7,30 €

21.142,84 €

Geschossfläche

Beitragssatz je m²

931,20 m² (776 m² x 1,2) + 2.197 m² abzügl. 671,27 m² = 2.456,93 m²

x 13,48 €

33.119,42 €

Gesamt

54.262,26 €

10
Hiergegen ließen die Klägerinnen mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1. März 2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, Klage erheben.
11
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der an die Erbengemeinschaft …, z. H. Frau …, gerichtete Bescheid sei nicht nur rechtswidrig, sondern auch nichtig, weil er an einem schweren offenkundigen Fehler leide, § 125 AO, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG. Der Fehler bestehe darin, dass der vorliegende Verwaltungsakt keine eindeutige Schuldnerbezeichnung enthalte. Der Bescheid sei an die Erbengemeinschaft, bestehend aus den genannten Erben, gerichtet. Jedoch sei allgemein anerkannt, dass eine Erbengemeinschaft selbst nicht rechtsfähig sei. Nachdem Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. b KAG den § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO entsprechend für anwendbar erkläre, habe dies zur Folge, dass die einzelnen Miterben wie Eigentümer nach Bruchteilen zu behandeln seien. Als Schuldner seien daher stets die Mitglieder der Erbengemeinschaft, nicht dagegen die nicht rechtsfähige Erbengemeinschaft selbst zu benennen. Es sei demnach immer zwingend erforderlich, dass sämtliche Miterben in einem solchen Bescheid genannt werden. Zwar sei ein sogenannter Sammelverwaltungsakt grundsätzlich zulässig, jedoch müsse aus einem solchen stets hervorgehen, ob jeder einzelne Miterbe als Gesamtschuldner oder nur einzelne als Gesamtschuldner oder wiederum einzelne oder alle zu Bruchteilen und wenn ja, zu welchen Teilen herangezogen werden sollen. Erst dann wäre der Schuldner im Einzelnen ausreichend bestimmt. Dies sei zwingend erforderlich, weil der Verwaltungsakt als Titel für die Vollstreckung diene.
12
Der Bescheid vom 13. November 2018 nenne als Empfänger lediglich die Erbengemeinschaft …, wobei Frau … den Bescheid nur zu ihren Händen erhalten solle. Eine weitere Anrede bzw. entsprechendes Rubrum enthalte dieser Bescheid nicht. Er führe lediglich aus, dass Beitragspflichtiger derjenige sei, der im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht Eigentümer des Grundstücks sei. Nachdem eine Erbengemeinschaft gegeben sei, liege eine Gesamtschuld vor. Werden demgegenüber mehrere Personen zu einer Geldleistung herangezogen, sei es erforderlich anzugeben, ob sie als Gesamtschuldner oder nach (welchen) Teilen sie in Anspruch genommen werden. Somit sei auch dem Beklagten dahingehend zu widersprechen, dass er in seinem Widerspruchsbescheid schlicht und ergreifend davon ausgehe, dass der ursprüngliche Verwaltungsakt zum Kanalherstellungsbeitrag an die Miterbin Frau … zu Recht ergangen sei. So fehlten schon Ausführungen, wie der Beklagte eine solche Auslegung aufgrund des Bescheids vom 13. November 2018 habe vornehmen können. Frau … sei zu keinem Zeitpunkt in dem Bescheid vom 13. November 2018 namentlich angesprochen worden. Das Kürzel „z. H.“ bedeute demgegenüber lediglich eine postalische Anschrift, daraus lasse sich aber gerade noch kein formeller oder materieller Verpflichteter herleiten.
13
Auch könne gegen nichtige Verwaltungsakte eine Anfechtungsklage erhoben werden.
14
Die angefochtenen Bescheide seien darüber hinaus rechtswidrig. Die Klägerinnen seien zum Zeitpunkt des Erlasses des Ursprungsbescheids nachweislich nicht mehr Eigentümerinnen der streitgegenständlichen Grundstücke gewesen, was auch im Widerspruchsbescheid eingeräumt werde. Demnach habe der Beklagte in seiner Ermessensentscheidung entsprechend zu berücksichtigen gehabt, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts schon einen neuen Schuldner bzw. Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke gegeben habe. Der Beklagte habe den Erlass des Verwaltungsakts lange Zeit hinausgezögert, nachdem schon im Jahre 2016 der Beitrag fällig gewesen wäre. Stattdessen habe die Ausgangsbehörde erst zwei Jahre später den Bescheid erlassen, obwohl sie schon mit Erlass des Bebauungsplans im Jahre 2016 Kenntnis von den örtlichen Gegebenheiten sowie der entsprechenden angeblichen Beitragspflicht gehabt habe. Aufgrund dieser langen Zeitspanne hätte der Beklagte, um ermessensfehlerfrei zu handeln, nachprüfen müssen, wer derzeit Eigentümer des Grundstücks sei. So verstoße es auch gegen Treu und Glauben i.S.v. § 242 BGB, wenn der Beklagte offenen Auges sehe, dass mittlerweile schon ein neuer Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke gegeben sei, vielmehr aber auf die Eigentumsposition aus dem Jahre 2016 abstelle, mit dem Wissen, dass die formell angeschriebenen Parteien sich wehren werden.
15
Ferner seien die angegriffenen Bescheide auch aufgrund der mangelnden Verhältnismäßigkeit der Rechtsgrundlage rechtswidrig. Rechtsgrundlage des angefochtenen Beitragsbescheids sei die Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage des Beklagten vom 25. November 1999, zuletzt geändert durch die erste Änderungsatzung vom 12. Februar 2019, sowie die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Beklagten (BGS/EWS) vom 11. November 2010, zuletzt geändert durch die erste Änderungsatzung vom 26. April 2016. Nach § 4 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungsatzung des Beklagten sei Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter sei. Jedoch lasse diese Vorschrift entsprechende Schwebezustände außer Acht. Denn gerade in längeren Zeiträumen, zum Beispiel zwischen notariellem Kaufvertrag eines Grundstücks und der entsprechenden Grundbuchumschreibung, vergehe oftmals lange Zeit. Im vorliegenden Fall habe die Ausgangsbehörde zwei Jahre verstreichen lassen, um einen entsprechenden Gebührenbescheid zu erlassen. Eine solche Satzung müsse eine entsprechende Regelung enthalten, dass nicht auf einen zeitlich zurückliegenden Zeitpunkt abgestellt werde, sondern vielmehr eine Flexibilität dahingehend zulassen, dass die Behörde auch auf sonstige dinglich Berechtigte abstellen könne. Dies verfolge den legitimen Zweck, dass ein entsprechender Verwaltungsakt auch der tatsächlichen Sach- und Rechtslage entspreche, ohne ständig Gefahr laufen zu müssen, dass der Anspruch gegen einen falschen Verpflichteten gehe. Dies stelle auch einen Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus Art. 20 Abs. 3 GG dar.
16
Der Beklagte hätte den Bescheid zwingend gegen die Beigeladene als Verpflichtete erlassen müssen, da diese zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses nachweislich neue Eigentümerin der streitgegenständlichen Grundstücke gewesen sei. Dem Beklagten wäre es auch ein Leichtes gewesen, diesen Umstand entsprechend zu berücksichtigen. Die Tatsache des Eigentümerwechsels hätten die Klägerinnen auch schon der Ausgangsbehörde entsprechend mitgeteilt gehabt. Dass die Ausgangsbehörde sowie die Widerspruchsbehörde trotzdem den Bescheid gegen die Klägerinnen erlassen habe, stelle eine ermessensfehlerhafte Verwaltungsentscheidung dar.
17
Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Beklagten sei zudem rechtswidrig, da entsprechende Ausnahmeregelungen bzw. Härtefälle nicht vorhanden seien. Denn im Falle von Beitrags- und Gebührensatzungen müsse aufgrund der Verhältnismäßigkeit stets ein Ausnahmetatbestand in den jeweiligen Satzungen mitaufgenommen werden. So sei allgemein anerkannt, dass ein Anschlusszwang bzw. Beitragszwang dann nicht bestehe, wenn der Anschluss rechtlich oder tatsächlich unmöglich sei. Somit hätte die entsprechende Satzung eine Klausel mitaufnehmen müssen, wonach eine Beitragsschuld dann nicht entstehe, wenn der Beitragsschuldner im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr Eigentümer des jeweiligen Grundstücks sei.
18
Die Klägerinnen beantragten zuletzt,
den Bescheid des Zweckverbandes … „…“ vom 13. November 2018 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … … vom 1. Februar 2021 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid des Zweckverbandes …
„ …“ vom 13. November 2018 und der Widerspruchsbescheid des … vom 1. Februar 2021 nichtig sind.
19
Der Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
20
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Ausgangsbescheid des Beklagten in Form des Widerspruchsbescheids sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig, eine Verletzung der Klägerinnen in ihren Rechten sei nicht ersichtlich.
21
Die Adressierung an die Erbengemeinschaft … z.H. Frau … sei nicht fehlerhaft aufgrund einer nicht eindeutigen Schuldnerbezeichnung. Insbesondere stelle dies nicht einen schweren offenkundigen Fehler dar. Als besonders schwerwiegend sei nur ein Fehler einzuordnen, der den Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich erscheinen lasse, d. h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen unvereinbar sei. Selbst wenn man in der Adressierung des Bescheids eine Unbestimmtheit des Bescheids annehmen würde, was jedoch ausdrücklich bestritten werde, führe dies nicht zur Nichtigkeit, da der Bescheid nicht an einen falschen Adressaten gerichtet worden sei.
22
Der streitgegenständliche Bescheid sei auch nicht unbestimmt. Der Bescheid des Beklagten vom 13. November 2018 sei adressiert an die „Erbengemeinschaft … z.H. Frau … …“. Weiterhin sei aufgeführt „Dieser Bescheid ergeht an Sie als Eigentümer bzw. Miteigentümer, d. h. mehrere Eigentümer sind untereinander zum Ausgleich verpflichtet (Art. 5 Abs. 6 KAG)“. Insbesondere aus diesem Zusatz sei deutlich zu erkennen, dass die Klägerin zu 2), Frau …, als Gesamtschuldnerin in voller Höhe in Anspruch genommen werden solle.
23
Die Mitglieder der Erbengemeinschaft seien auch nicht als Eigentümer nach Bruchteilen zu behandeln. Im Steuerrecht sei anerkannt, dass eine Erbengemeinschaft selbst Steuerschuldner sein könne und somit die Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf Erbengemeinschaften nicht anwendbar sei. Nach § 2 Abs. 2 der EWS des Beklagten hafteten mehrere Eigentümer als Gesamtschuldner. Die Klägerinnen seien zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses Eigentümerinnen der streitgegenständlichen Grundstücke in Erbengemeinschaft gewesen. Somit bestehe eine gesamtschuldnerische Haftung. Die Beklagte habe daher den gesamten Betrag von einer Eigentümerin verlangen und den Bescheid rechtmäßig nur gegen die Klägerin zu 2) erlassen können.
24
Im Widerspruchsbescheid werde in Ziffer 1. deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der zu zahlende Kanalherstellungsbeitrag von der Klägerin zu 2) eingefordert werde und zu bezahlen sei. Völlig zutreffend werde im Widerspruchsbescheid hierzu ausgeführt, dass nach Art. 5 Abs. 6 Satz 2 KAG mehrere Beitragspflichtige als Gesamtschuldner hafteten und die Gemeinde dabei wählen könne, wen sie zur Beitragszahlung heranziehen wolle. Die Schuldnerin sei somit spätestens durch den Widerspruchsbescheid eindeutig bestimmt. Bei einer etwaigen Zwangsvollstreckung sei der Widerspruchsbescheid bei Fertigung des Ausstandsverzeichnisses zu berücksichtigen. Somit sei hierdurch die Kostenschuldnerin ausreichend bestimmt.
25
Auch sei der Bescheid nicht ermessensfehlerhaft. Nach § 4 BGS/EWS und Art. 5 Abs. 6 KAG sei Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks sei und nicht, wer zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses Grundstückseigentümer sei. Die Beitragsschuld entstehe mit Verwirklichung des Beitragstatbestandes gemäß § 3 BGS/EWS. Die Beitragspflicht für die Gesamtfläche der Grundstücke sei mit der Bekanntmachung und dem Inkrafttreten des Bebauungsplans „…“ am 22. Juli 2016 entstanden. Die persönliche Beitragsschuldnerschaft werde nach dem Beitragsrecht i.S.v. Art. 5 KAG durch einen späteren Eigentumswechsel am Grundstück nicht berührt. Der Verkäufer des Grundstücks bleibe nach wie vor persönlicher Schuldner des Beitrags, selbst dann, wenn im privatrechtlichen Kaufvertrag vereinbart worden sei, dass der Käufer den Betrag zu entrichten habe. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsschuld seien die Klägerinnen in Erbengemeinschaft Grundstückseigentümerinnen gewesen. Der Bescheid sei daher zutreffenderweise an die Klägerin zu 2) gerichtet worden. Die ab 21. Juli 2017 im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene Beigeladene sei bezüglich einer Ermessensentscheidung nicht zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte habe sich an die geltende Satzung bzw. geltendes Recht gehalten. Ein zwischenzeitlicher Eigentumswechsel sei nicht zu berücksichtigen. Entsprechende Vereinbarungen hätten die alten bzw. neuen Grundstückseigentümer im Kaufvertrag zu berücksichtigen.
26
Von einem Hinauszögern des Bescheiderlasses könne keine Rede sein. Lange „Schwebezustände“, wie es die Klagepartei vortrage, zwischen notariellem Kaufvertrag eines Grundstücks und einer entsprechenden Grundbuchumschreibung beruhten auf der privatrechtlichen Vereinbarung der Kaufvertragsparteien. Dies liege nicht im Einflussbereich des Beklagten und müsse daher auch nicht berücksichtigt werden. Vielmehr hätten die Kaufvertragsparteien entsprechende Regelungen in ihren Kaufvertrag aufzunehmen für den Fall, dass entsprechend noch Forderungen an die Verkäufer gestellt würden. Auch dies liege nicht im Einflussbereich des Beklagten. Der Bescheid sei somit auch verhältnismäßig.
27
Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Beklagten sei daher auch nicht rechtswidrig. Eine entsprechende Härtefallregelung, wie von der Klagepartei vorgesehen, sei nicht erforderlich. Im Falle eines Grundstücksverkaufes hätten die Vertragsparteien selbst entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Dies könne nicht dem Beklagten auferlegt werden.
28
Die Klägerin zu 1) (* …*) sei vorliegend nicht Adressatin des streitgegenständlichen Bescheids gewesen. Die Klage sei daher bereits deshalb bezüglich der Klägerin zu 1) unbegründet.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakten und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30
Die Klage ist zulässig und begründet.
31
I. Für die Frage der Zulässigkeit kann noch offen bleiben, ob der streitgegenständliche Bescheid nichtig ist. Nach überwiegender Auffassung ist die Anfechtungsklage auch bei nichtigen Verwaltungsakten statthaft (vgl. BayVGH, U.v. 15.9.1983 - 23 B 80 A 861 - NJW 1984, 626; Schmidt-Kötters in: BeckOK VwGO, 58. Edition Stand: 01.10.2019, § 42 VwGO Rn. 21 m.w.N.).
32
Insbesondere ist auch die Klägerin zu 1) klagebefugt. Denn aufgrund der Adressierung des Ausgangsbescheids vom 13. November 2018 an die „Erbengemeinschaft …“ bestand zumindest die Möglichkeit, dass hiervon auch die Klägerin zu 1) betroffen ist, vgl. § 42 Abs. 2 VwGO.
33
II. Die Klage ist auch begründet.
34
Der Bescheid des Beklagten vom 13. November 2018 ist nichtig, weil er an einem schweren offenkundigen Fehler leidet, § 125 Abs. 1 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG. Der Fehler besteht darin, dass der Verwaltungsakt keine eindeutige Schuldnerbezeichnung enthält.
35
Nach § 119 Abs. 1 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, U.v. 12.6.1997 - 23 B 95.3800 - BeckRS 1997, 12344 m.w.N.) ist die Konkretisierung dieser Anforderungen in verständiger Würdigung von Sinn und Zweck der Vorschrift jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Jedenfalls muss der Wille der Behörde vollständig zum Ausdruck kommen und unzweideutig für die Beteiligten des Verfahrens erkennbar sein. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert. In sich widersprüchliche, unverständliche Angaben und Erklärungen sind unbestimmt. Ein schriftlicher Abgabenbescheid muss insbesondere die Angabe enthalten, wer Schuldner des festgesetzten Betrages ist (§ 157 Abs. 1 Satz 1 AO).
36
Fehlt es an einer eindeutigen und differenzierenden Schuldnerbezeichnung, ist zunächst durch Auslegung des verfügenden Teils des Verwaltungsakts in Verbindung mit seiner Begründung und sonstigen dem Betroffenen bekannten Umständen zu ermitteln, ob der Bescheid noch dem Gebot hinreichender Bestimmtheit genügt. Werden durch eine solche (vorrangige) Auslegung etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt, so scheidet die Annahme seiner Nichtigkeit wegen Unbestimmtheit aus. Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des angefochtenen Bescheids unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (VG Meiningen, B.v. 11.3.2004 - 1 E 93/04 Me - BeckRS 2004, 25179 Rn. 11 m.w.N.). Es ist also - gegebenenfalls durch Auslegung unter Hinzuziehung der Umstände des Einzelfalls - zu prüfen, ob die an die Schuldnerbezeichnung zu stellenden Anforderungen aus Sicht des Empfängers erfüllt sind (BayVGH, U.v. 12.6.1997 - 23 B 95.3800 - BeckRS 1997, 12344).
37
Dieser ergänzenden Schuldnerbestimmung aus dem Inhalt des Bescheids sind jedoch enge Grenzen gesetzt, weil die Vollziehbarkeit eines Abgabenbescheids im Interesse der Rechtsklarheit eine eindeutig bestimmbare Bezeichnung des Schuldners voraussetzt (BayVGH, U.v. 15.9.1983 - 23 B 80 A 861 - NJW 1984, 626; U.v. 15.9.1989 - 23 B 86.3560 - BeckRS 1989, 08485).
38
Bei einer Erbengemeinschaft ist zu berücksichtigen, dass diese weder eine natürliche noch eine juristische Person im Sinne des Art. 6 KAG ist. Sie ist auch keine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, denn sie ist nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet. Sie ist vielmehr nur eine gesamthänderisch verbundene Personenmehrheit und kein handlungsfähiges Rechtssubjekt (BayVGH, U.v. 9.5.2016 - 4 B 15.2338 - juris Rn. 19 m.w.N.). Die Gesamthandsgemeinschaft hat keine Rechtspersönlichkeit und kann als solche nicht für öffentlich-rechtliche Beitragspflichten haftbar gemacht werden (BVerwG, U.v. 10.9.2015 - 4 C 3/14 - juris Rn. 10). Ein Bescheid, der an die Erbengemeinschaft gerichtet ist, enthält daher keine ausreichende Schuldnerbestimmung und ist deshalb nichtig (BayVGH, U.v. 15.9.1989 - 23 B 86.3560 - BeckRS 1989, 08485). Dies gilt gleichermaßen für einen „an die Erbengemeinschaft, z. H. von …“ gerichteten Beitragsbescheid, weil auch in diesem Fall die Erbengemeinschaft als solche herangezogen wird, es sei denn, es ergibt sich im Einzelfall aus dem weiteren Inhalt des Beitragsbescheids, dass ein bestimmter (Mit-)Erbe zum Beitrag herangezogen werden sollte (Matloch/Wiens in: Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, 68. UPD April 2021, 5. Verjährungsbeginn bei nichtiger Satzung, Rn. 1148 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 12.6.1997, U.v. 12.6.1997 - 23 B 95.3800 - BeckRS 1997, 12344).
39
Bei Eigentümergemeinschaften zur gesamten Hand - wie im Fall einer Erbengemeinschaft - ist jedes Mitglied Eigentümer der Sache, die zum Vermögen der Gesamthandsgemeinschaft gehört. Jedem Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft gehört die einzelne Sache ganz, wenn auch beschränkt durch das gleiche Recht der anderen Mitglieder der Gesamthandsgemeinschaft (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2015 - 4 C 3/14 - juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 4.5.2017 - 6 B 17.174 - juris Rn. 16). Es können daher die Miterben als Mitglieder der Erbengemeinschaft gesamthänderisch als Schuldner herangezogen werden. In diesem Fall sind als Schuldner stets die Mitglieder der Erbengemeinschaft, nicht dagegen die nicht rechtsfähige Erbengemeinschaft selbst zu benennen. Es ist deshalb immer erforderlich, dass die einzelnen Miterben in einem solchen Bescheid genannt sind (BayVGH, U.v. 15.9.1983 - 23 B 80 A 861 - NJW 1984, 626). Wenn sich ein Verwaltungsakt an eine nicht rechtsfähige Personenmehrheit richtet, dann muss grundsätzlich auch jede einzelne Person einen eigens für sie bestimmten Bescheid zugestellt erhalten (BayVGH, U.v. 8.1.1982 - 23 B 81 A.163 - BayVBl 1982, 630; U.v. 18.6.1997 - 23 B 96.4008 - BeckRS 1997, 24952).
40
Alternativ kann auch nur ein einzelner oder mehrere Miterben als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Denn zum einen bestimmt - vor dem Hintergrund, dass die nicht rechtsfähige Gemeinschaft selbst nicht Abgabeschuldner ist - § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, der gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. b KAG auch im Beitragsrecht Anwendung findet, dass die einzelnen Miterben wie Eigentümer nach Bruchteilen zu behandeln sind; das bedeutet im vorliegenden Fall, dass die einzelnen Miterben wie Bruchteilseigentümer jeweils auf den gesamten Beitrag in Anspruch genommen werden können, weil sie Gesamtschuldner neben anderen, möglicherweise nicht der Erbengemeinschaft angehörigen Miteigentümern sind, Art. 5 Abs. 6 Satz 2 KAG (BayVGH, U.v. 15.9.1983 - 23 B 80 A 861 - NJW 1984, 626). Zudem ergibt sich die gesamtschuldnerische Haftung der Miterben auch daraus, dass es sich bei Beitragsschulden für ein zum Nachlass gehörendes Grundstück um Nachlassverbindlichkeiten handelt, wofür die Miterben - auch des ungeteilten Nachlasses - nach §§ 2032 Abs. 1, 2058 BGB als Gesamtschuldner haften (vgl. OVG Bautzen, B.v. 11.3.2013 - 5 A 751/10 - NJW-RR 2013, 1162 Rn. 15).
41
Die Heranziehung der Mitglieder der Erbengemeinschaft kann dabei durchaus in einem einheitlichen Bescheid erfolgen (§ 155 Abs. 3 AO, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b aa KAG), wenn aus ihm klar hervorgeht, mit welchem Inhalt er sich jeweils an welche Person richtet. Da die einzelnen Miterben Gesamtschuldner sind, muss also aus einem solchen Sammelverwaltungsakt gem. § 155 Abs. 3 AO hervorgehen, ob jeder einzelne Miterbe als Gesamtschuldner oder nur einzelne als Gesamtschuldner oder wiederum einzelne oder alle zu Bruchteilen, und wenn ja, zu welchen, herangezogen werden sollen. Dann erst wäre der Schuldner im Einzelnen ausreichend bestimmt. Diese genaue Bestimmung ist erforderlich, weil der Verwaltungsakt als Titel für die Vollstreckung dient (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 15.9.1983 - 23 B 80 A 861 - NJW 1984, 626; U.v. 15.9.1989 - 23 B 86.3560 - BeckRS 1989, 08485).
42
Soll allein ein Miterbe als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden, ist ein Hinweis auf eine bestehende Gesamtschuld oder Erbengemeinschaft nicht erforderlich. Weil der interne zivilrechtliche Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern abgabenrechtlich belanglos ist, gehören der Hinweis auf die Gesamtschuldnerschaft und die Bezeichnung der übrigen Gesamtschuldner nicht zum notwendigen Inhalt eines Abgabenbescheids (BayVGH, U.v. 4.5.2017 - 6 B 17.174 - juris Rn. 16). In einem solchen Fall müssen auch die Erwägungen, weshalb die Gemeinde einen bestimmten Beitragsschuldner ausgewählt hat, im Bescheid nicht angegeben werden (BayVGH, U.v. 29.9.1994 - 6 B 93.297 - BeckRS 1994, 15186).
43
Bei Zugrundelegung dieser Maßgaben enthält der Bescheid vom 13. November 2018 keine hinreichend bestimmte Schuldnerbezeichnung.
44
Zweifel an dem Vorliegen einer konkreten Schuldnerbestimmung ergeben sich bereits aus der Adressierung des Bescheids. Der Bescheid vom 13. November 2018 ist ausdrücklich an die Erbengemeinschaft als solche adressiert. Da der Bescheid nur zu Händen an die Klägerin zu 2) erging, was letztlich nur die Frage der Bekanntgabe des Verwaltungsakts und nicht diejenige der Schuldnerbestimmung betrifft, spricht bei alleiniger Betrachtung der Adressierung des Bescheids einiges dafür, dass dieser an die Erbengemeinschaft als solche gerichtet ist.
45
Eine eindeutige Schuldnerbestimmung ergibt sich jedoch auch nicht bei Berücksichtigung des weiteren Inhalts des Beitragsbescheids im Rahmen einer Auslegung. Vielmehr können durch diese ergänzende Auslegung die aufgrund der Adressierung bestehenden Zweifel nicht ausgeräumt werden.
46
Insoweit hilft auch der im Bescheid enthaltene Satz „Dieser Bescheid ergeht an Sie als Eigentümer bzw. Miteigentümer, d.h. mehrere Eigentümer sind untereinander zum Ausgleich verpflichtet (Art. 5 Abs. 6 KAG)“, nicht weiter, da der Bescheid keinerlei persönliche Anrede enthält, so dass auch aus diesem - zumal sehr formelhaft wirkenden - Satz nicht eindeutig erkennbar wird, ob sich der Bescheid an die Erbengemeinschaft als solche, ihre Mitglieder oder nur die Klägerin zu 2) richten soll.
47
Hinzu kommt, dass das dem Bescheid angefügte Anlageblatt, auf welches der Bescheid ausdrücklich Bezug nimmt, wiederum mit „Erbengemeinschaft …“ überschrieben ist und den Hinweis enthält, dass Beitragspflichtiger ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht Eigentümer des Grundstücks ist. Die streitgegenständlichen Grundstücke standen im maßgeblichen Zeitpunkt im gesamthänderischen Eigentum der im Grundbuch eingetragenen Mitglieder der Erbengemeinschaft, welche aus beiden Klägerinnen besteht.
48
Demnach ist auch bei einer Gesamtschau der Umstände nicht eindeutig erkennbar, wer als Schuldner des festgesetzten Betrages in Anspruch genommen werden soll. Insbesondere lässt sich dem Bescheid aufgrund der dargestellten Unstimmigkeiten entgegen der Ansicht des Beklagten eine alleinige Inanspruchnahme der Klägerin zu 2) nicht ohne weiteres entnehmen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass in diesem Fall - wie oben ausgeführt - ein Hinweis auf die Erbengemeinschaft gar nicht nötig gewesen wäre. Dass auch für die Klägerin zu 2), auf deren Sichtweise es ausschließlich ankommt, aus dem Bescheid eine alleinige Inanspruchnahme ihrer Person jedenfalls nicht eindeutig erkennbar war, zeigt zudem der Umstand, dass der Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid durch beide Klägerinnen für die Erbengemeinschaft erhoben wurde.
49
Auch unter Berücksichtigung dessen, dass einer ergänzenden Schuldnerbestimmung aus dem Inhalt des Bescheids im Hinblick auf das für die Vollziehung relevante Gebot der Rechtsklarheit enge Grenzen gesetzt sind, muss vorliegend davon ausgegangen werden, dass eine hinreichend konkrete Schuldnerbezeichnung nicht vorliegt.
50
Die Unbestimmtheit des Bescheids aufgrund der nicht eindeutigen Schuldnerbezeichnung stellt einen schweren offenkundigen Fehler i.S.d. § 125 Abs. 1 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG dar, der zur Nichtigkeit des Bescheids führt (vgl. BayVGH, U.v. 15.9.1983 - 23 B 80 A 861 - NJW 1984, 626; U.v. 15.9.1989 - 23 B 86.03560 - BeckRS 1989, 08485; Füssenich in: BeckOK AO, 17. Edition Stand: 01.07.2021, § 125 AO Rn. 32).
51
Die unbestimmte Schuldnerbezeichnung im Ausgangsbescheid konnte auch nicht durch den Erlass des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2021 geheilt werden. Dabei kann dahinstehen, ob die Schuldnerbezeichnung im Widerspruchsbescheid die obigen Anforderungen an die Bestimmtheit erfüllt. Denn unabhängig davon ist eine Heilung ausgeschlossen, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Verwaltungsakt in seiner ursprünglichen Form wegen der Schwere des Fehlers und seiner Offenkundigkeit nichtig ist (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 42 mit Verweis auf BayVGH, B.v. 22.4.2008 - 19 ZB 08.489 - NVwZ-RR 2009, 268). Insofern konnte eine Klarstellung durch den Widerspruchsbescheid die Nichtigkeit des Ausgangsbescheids nicht heilen.
52
Zur Beseitigung des erzeugten Rechtsscheins war aus Klarstellungsgründen nicht lediglich die Nichtigkeit des Ausgangsbescheids des Beklagten vom 13. November 2018 festzustellen, sondern dieser war darüberhinausgehend aufzuheben (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 VwGO Rn. 15).
53
Mangels wirksamen Ausgangsbescheids konnte auch der Widerspruchsbescheid jedenfalls nicht rechtmäßig ergehen, so dass auch dieser aufzuheben war.
54
Nach alldem war der Anfechtungsklage stattzugeben, ohne dass es auf die weiteren aufgeworfenen Fragen entscheidungserheblich ankam.
55
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene hat sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Billigkeitsgründe, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Beklagten oder der Staatskasse aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich (§ 162 Abs. 3 VwGO).
56
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.