Titel:
Erfolglose Klage gegen die Nutzungsuntersagung eines Schafstalls im Außenbereich
Normenkette:
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. c, Art. 76 S. 2
Leitsätze:
1. Ein Betriebsgebäude ist zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt, wenn seine Nutzungsmöglichkeit nach Bauausführung, Größe, Gestaltung und dergleichen bei objektiver Betrachtung auf diesen Zweck beschränkt ist und es insbesondere nicht zur dauernden Unterbringung von Tieren geeignet ist (BayVGH, U.v. 11.04.2017 - 1 B 16.2510 - Rn. 15). (Rn. 12)
2. Aus der Normgenese ergibt sich, dass den Unterständen für Tiere und den Unterstellmöglichkeiten für Sachen unterschiedliche Leitbilder zu Grunde liegen. (Rn. 14 – 15)
3. Aufgrund des auch für Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO Geltung beanspruchenden Gedankens der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs ist für die Bestimmung, wann die objektiven Umstände im konkreten Einzelfall für eine dauerhafte Nutzungsmöglichkeit sprechen, auch die gehaltene Tierart zu berücksichtigen und deren jeweiligen Besonderheiten sind zu würdigen. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO erlaubt es, nur das mindestens Notwendige für den vorübergehenden Schutz der Tiere verfahrensfrei zu errichten und nicht das maximal Mögliche oder sonst Wünschenswerte. (Rn. 16)
4. Ein Gebäude, das aufgrund einer besonders massiven Bauausführung zur dauerhaften Nutzung von Sachen geeignet ist, ist regelmäßig auch zu einer dauerhaften Nutzung durch Tiere geeignet. (Rn. 26)
5. Ein Gebäude mit betonierter Bodenplatte ist regelmäßig zur dauerhaften Nutzung durch Schafe geeignet. (Rn. 23)
Schlagworte:
Abgrenzung zwischen Gebäuden zur Unterbringung von Sachen und zum vorübergehenden Schutz von Tieren (Unterstand), Gebäude, Unterbringung, Sache, Tiere, Unterstand, Bauausführung, Schafe, Betriebsgebäude, Nutzung, Nutzungsuntersagung, Außenbereich
Fundstelle:
BeckRS 2021, 31093
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes … vom 27.02.2020, Az.: …, mit dem den Klägern die Nutzung des östlichen Gebäudes der auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung …, befindlichen Gebäude als Schafstall untersagt wird.
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Der Kläger zu 1.) betreibt auf dem genannten Grundstück der Kläger eine Schafzucht im Nebenerwerb. Hierzu wurde im Jahr 2012 das streitgegenständliche Gebäude errichtet. Es weist eine umbaute Grundfläche von ca. 100 qm auf und eine überdachte Fläche von ca. 120 qm. Die vier Außenseiten sind weit überwiegend mit Trapezblech umschlossen. Auf der westlichen Gebäudeseite befindet sich als Zugang zur Schafkoppel eine Tür (aus Holz mit Metallrahmen, fest verschließbar, mit Türschloss) deren Öffnung mit einem PVC-Streifenvorhang verhangen ist. Auf der gegenüberliegenden östlichen Gebäudeseite befinden sich eine Zugangstür sowie ein Zufahrtstor. Das Dach ist als Pultdach ausgeführt, das mit einer Photovoltaikanlage belegt ist. Im Inneren befinden sich daher auch elektrische Schaltkästen, die dem Betrieb der Photovoltaikanlage dienen sowie eine feste Stromversorgung, unter anderem mit einem Starkstromanschluss. Ebenfalls vorhanden ist eine fest installierte Beleuchtung, auch mit einem Schalter an der Zugangstüre zur Schafkoppel. Eine fest installierte Wasserversorgung befindet sich nicht im Gebäude. Der Boden des Gebäudes ist betoniert. Etwa die Hälfte des Gebäudes wird während der Wintermonate zur Schafhaltung genutzt. In der Schafbucht befinden sich Heuraufen, die nicht fest mit dem Boden verbunden sind. In der anderen Gebäudehälfte befinden sich vier fest eingerichtete kleinere Buchten, die jedenfalls zur Separierung kranker Tiere von der Herde benutzt werden. Ob sie darüber hinaus auch zum Ablammen benutzt werden, konnte beim durchgeführten Augenscheinstermin nicht festgestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich trächtige Mutterschafe auf verschiedenen Anhängern rund um das streitgegenständliche Gebäude und wurden dort für den Ablammvorgang separat gehalten. Im Übrigen wird die Halle als Unterstellmöglichkeit für einen Traktor und weitere Betriebsmittel genutzt. Die überdachte Außenfläche wird zur Lagerung von Stroh benutzt.
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Westlich des streitgegenständlichen Gebäudes besteht ein weiteres Gebäude, das ebenfalls mit Trapezblech umfasst ist und als weitere Unterstellmöglichkeit für Betriebsmittel dient.
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Die Kläger sind der Auffassung, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und sie in ihren Rechten verletzt. Das bestehende Gebäude sei im Jahr 2012 baurechtlich privilegiert aufgrund von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) BayBO als Schutzhütte zum Unterstellen von Schafen errichtet worden. Auf eine Anfrage des Klägers vom 17.02.2012 hin sei vom Landratsamt … die Privilegierung des Vorhabens bestätigt worden. Das Gebäude werde von der Klagepartei nicht als Stall, sondern als Schutzhütte zur vorübergehenden Unterbringung von Schafen genutzt. Die Unterbringung erfolge nur zum vorübergehenden Wetterschutz bei kalter Witterung und zur Pflege kranker Tiere. So werde dies seit vielen Jahren gehandhabt. Beanstandungen in Bezug auf die Haltung und Pflege der Tiere habe es bisher nicht gegeben. Die Futter- und Wasservorrichtungen seien mobil und nicht fest installiert. Eine Stallnutzung liege demnach nicht vor. Soweit sich Schafe in den mobilen Boxen befänden, seien diese krank oder würden dort gepflegt, was auch vom Tierarzt bestätigt werden könne. Die Haltung von kranken Schafen in den Boxen erfolge auf Anweisung des Tierarztes. Die Haltung der Schafe auf dem betreffenden Grundstück stoße bei den unmittelbaren Nachbarn auf Gegenwehr. Es bestehe seit vielen Jahren ein Nachbarschaftsstreit. Von den Nachbarn würden regelmäßig in den Wintermonaten Anzeigen an das Landratsamt …herangetragen, wonach die Haltung der Tiere durch den Kläger nicht ordnungsgemäß sei. Die Vorwürfe seien jedoch unberechtigt und erfolgten nur in gezielter Schädigungsabsicht. Die Kläger hätten bislang keinen Grund zur Beanstandung der Tierhaltung gegeben. Das Landratsamt … beuge sich jedoch den Anzeigen der Nachbarn und schreibe die Kläger regelmäßig jährlich an. Es seien insoweit auch mehrere Stellungnahmen erfolgt. Die Prämisse des angefochtenen Bescheides, der Kläger würde das Gebäude als Stall nutzen, sei falsch und nicht von der Tatsachengrundlage gedeckt. Bezeichnenderweise gehe der Beklagte nicht auf die durch die Kläger vorgelegten Lichtbilder ein, weil bereits eine Stallnutzung widerlegt werde. Die Behauptung des Beklagten, das Gebäude würde nicht die Anforderungen an eine Schutzhütte erfüllen, werde nicht begründet und sei auch falsch. Es sei aus den Behördenakten nach überschlägiger Durchsicht ersichtlich, dass nicht die Haltung der Schafe durch die Kläger das Problem sei, sondern die an das Landratsamt … herangetragenen Nachbarschaftsstreitigkeiten, insbesondere seitens der unmittelbaren, östlich anliegenden Nachbarin, mit der der Kläger bereits mehrere zivilrechtliche Streitigkeiten gehabt habe. Das Landratsamt … werde immer nur dann tätig, wenn vorwiegend diese Nachbarin dort Anzeige erstatte. Beanstandungen bei der Tierhaltung habe es aber nie gegeben. Die Behauptung des Beklagten, es liege eine dauerhafte Unterbringung von Tieren im Gebäude vor, sei von keiner Tatsachengrundlage gedeckt. Es sei auffällig, dass das Landratsamt … immer im Winter und/oder bei sehr schlechter Witterung Ortseinsichten vornehme, also immer in den 3 - 4 Monaten, in denen die Schafe aus Witterungsgründen eher in der Schutzhütte mit untergebracht seien. Im Sommer oder Herbst gebe es dagegen nie Kontrollmaßnahmen seitens der Behörde. In der Behördenakte sei sogar festgehalten, dass der Beklagte dem Ansinnen der unmittelbaren Nachbarin nach einer umgehenden Ortseinsicht im Frühjahr nicht nachkommen wollte, da in den warmen Monaten keine Beanstandungen zu erwarten wären. Vielmehr habe der Sachbearbeiter vermerkt, dass eine Ortseinsicht erst im Winter stattfinden solle, „wenn die Schafe auch wirklich im Stall sind“. Dieses Vorgehen sei unsachlich und keineswegs objektiv. Es werde vielmehr der Eindruck erweckt, dass die Sachbearbeiter des Landratsamts mit der unmittelbaren Nachbarin gezielt und bewusst kollusiv zusammenwirkten, um die zulässige Schafhaltung des Klägers zu 1. zu sabotieren. Von einer Dauerhaftigkeit könne schon deswegen nicht die Rede sein, da bekannt ist, dass die Schafe des Klägers zu 1. im Sommer auf der Weide sind und sich in den kalten 3 - 4 Wintermonaten bei Erforderlichkeit in der Schutzhütte aufhalten würden. In der Zeit von April bis Dezember befänden sich die Schafe auf Weiden des Freistaats Bayern. Es habe auch keine Vereinbarung mit dem Landratsamt … gegeben, dass Schafe aus dem östlichen Gebäude zu entfernen und künftig im westlichen Gebäude zu halten seien. Die Kläger seien hiermit nicht einverstanden gewesen, was sie auch deutlich gemacht hätten. Die baulichen Voraussetzungen in dem westlichen Gebäude seien nicht gegeben, um eine Tierhaltung zu ermöglichen. Auch stelle sich eine Verlagerung nicht als wirtschaftlich dar, da die Aufwendungen für notwendige bauliche Änderungen hierfür mehr als 25.000 EUR betragen würden. Auf die am 10.02.2020 durchgeführte Ortseinsicht, auf die der streitgegenständliche Bescheid abstelle, könne nicht zurückgegriffen werden. An diesem Tag habe es über Oberfranken heftige Sturm- und Orkanböen gegeben. Es seien mehrere Bäume durch den Sturm umgeknickt gewesen und hätten Straßen und Anderes blockiert. Die Feststellung, dass sich an diesem Tag die Schafe der Kläger in der Schutzhütte aufgehalten hätten, sei deswegen zwangsläufig. Sie hätten sich dort zum Schutz vor dem schweren Sturm befunden. Ferner treffe es nicht zu, dass die Stellungnahmen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einer Tierhaltung im Gebäude widersprechen würden. Vielmehr setzten sich die Stellungnahmen zutreffend mit den gegebenen Voraussetzungen einer Schutzhütte auseinander und sähen diesbezüglich auch keine Probleme. Im Übrigen habe die Behörde selbst festgestellt, dass auch am 10.02.2020 die Tiere ungehindert durch die offene Türe ins Freie hätten gelangen können. Das Gebäude sei von innen nicht besichtigt worden. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit hier die Feststellung getroffen werden könne, dass das Gebäude als „Schafstall“ genutzt wird. Die angefochtene Entscheidung des Landratsamtes … sei daher schlichtweg willkürlich und ungerecht. Die Nutzungsuntersagung sei weder geeignet, erforderlich noch angemessen. Sie stehe in keinem Verhältnis zur Sach- und Rechtslage. Die Entscheidung des Landratsamtes sei damit zumindest ermessensfehlerhaft erfolgt und demzufolge aufzuheben. Der Beklagte hätte zunächst als milderes Mittel die Erteilung einer Auflage in Betracht ziehen können und müssen. Da dies nicht erfolgt sei, sei die Entscheidung des Beklagten rechts- und ermessensfehlerhaft. Der Kläger zu 1. werde immerhin massiv in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG in Form der Berufsausübungsfreiheit eingeschränkt. Dem Kläger soll jede Möglichkeit genommen werden, seine Schafe in einer Schutzhütte unterzubringen. Dies sei mit einer ordnungsgemäßen Tierhaltung aber nicht zu vereinbaren. Die Auseinandersetzung mit den Rechtsgütern der Kläger sei vom Landratsamt rechtsfehlerhaft nicht erfolgt.
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Mit Schriftsatz vom 30.03.2020 beantragen die Kläger daher,
den Bescheid des Landratsamtes … vom 27.02.2020, Az.: …, aufzuheben.
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Mit Schriftsatz vom 30.04.2020 beantragt der Beklagte,
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Der Beklagte ist der Ansicht, dass der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und die Kläger daher nicht in subjektiven Rechten verletzt. Der Beklagte habe die streitgegenständliche Nutzung nicht bereits im Rahmen einer Anfrage vom 17.02.2012 als möglich bestätigt. Vielmehr sei eine dauerhafte Nutzung des östlichen Gebäudes als Schafstall fortwährend abgelehnt worden. Ferner sei hervorzuheben, dass die Kläger im Frühjahr 2017 die beanstandete, dauerhafte Tierhaltung durch das Halten von Wildschweinferkeln zuweilen sogar intensiviert hätten. Auch sei die Behauptung, dass es Beanstandungen in Bezug auf die Haltung und Pflege der Tiere im streitgegenständlichen Bereich nicht gegeben habe, zu bestreiten. Vielmehr habe das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einer Tierhaltung im Nahbereich zu der hier bereits vorhandenen Wohnbebauung widersprochen. Die Tierhaltung im streitgegenständlichen Gebäude sei zudem Anlass für diverse Nachbarschaftsbeschwerden gewesen. Im gemeinsamen Ortstermin am 09.06.2016 sei es Ziel gewesen, eine vollständige Verlagerung der streitgegenständlichen Tierhaltung in das zwischenzeitlich errichtete westlich gelegene Gebäude der Kläger zu erreichen. Keinesfalls sei eine Tierhaltung in beiden Gebäuden gewollt gewesen. Auch im westlichen Gebäude hätte ein lediglich nichtdauerhafter Tierunterstand entstehen sollen. Die momentane Nutzung stehe im Widerspruch zu öffentlichen Vorschriften, vgl. Art. 76 Satz 2 BayBO. Die derzeitige Nutzung des östlichen Gebäudes sei formell baurechtswidrig, da es sich hierbei um eine dauerhafte, das heißt nicht von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) BayBO erfasste Unterbringung von Tieren handele. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage der Dauerhaftigkeit sei dabei keineswegs die klägerseits postulierte Zweckbestimmung. Vielmehr bedürfe es eines Rückgriffs auf objektive Kriterien, wie etwa Größe, Bauausführung und Gestaltung. Es müssten sich also bei objektiver Betrachtung der baulichen Anlage die gesetzgeberisch geforderte Zweckbeschränkung ergeben bzw. sich die fehlende Eignung für eine dauerhafte Unterbringung von Tieren geradezu aufdrängen. Das beim Ortstermin am 10.02.2020 angefertigt Bildmaterial ergebe, dass das östliche Gebäude nach Größe, Bauausführung und Gestaltung keineswegs mit einem Offenstall vergleichbar sei. Vielmehr handele es sich um einen Stall im „klassischen“ Sinne. Durch die Nutzung der westlichen Halle ausschließlich als Lager- und Gerätehalle verfestige sich der Eindruck einer Stallnutzung der östlichen Halle. Darüber hinaus sei die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung nicht nur ermessensfehlerfrei zustande gekommen, sondern auch verhältnismäßig im weiteren Sinne.
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Ebenso könne eine Auflage im Falle einer Nutzungsuntersagung wegen formeller Rechtswidrigkeit schon gar kein milderes Mittel sein, da es sich bei der „Auflage“ im rechtsdogmatischen Sinne um einen mit einem Verwaltungsakt verbundenes, selbstständig erzwingbares Gebot oder Verbot handele. Die seitens des Klägervertreters rechtsirrig erwogene Auflage scheitere also bereits am Fehlen eines Hauptverwaltungsaktes. Die Rechtsauffassung des Klägervertreters, wonach eine massive Einschränkung in die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG in Form der Berufsausübungsfreiheit vorliege, könne - unter Zugrundelegung der insoweit einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - nicht überzeugen. Aus Art. 12 Abs. 1 GG könne nämlich bereits vom Grundsatz her kein Recht auf die Ausübung oder Aufrechterhaltung einer baurechtlich illegalen Nutzung hergeleitet werden. Dies folge schon aus der schlichten Überlegung, dass ansonsten eine Anordnung einer Nutzungsuntersagung in den meisten Fällen unzulässig wäre und ein effizienter Vollzug des Baurechts in einem wesentlichen Bereich kaum noch möglich wäre. Ferner sei noch darauf hinzuweisen, dass der Bescheid auch kein schützenswertes Eigentum berühre. Art. 14 Abs. 1 GG schütze nämlich nur das Recht, Grundstücke im Rahmen der Gesetze bebauen zu können. Die Nutzung des östlichen Gebäudes als Schafstall bewege sich demgegenüber gerade außerhalb ebenjenen Rahmens und lasse sich - angesichts der fachlichen Bedenken des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bezüglich einer Unterschreitung der 30-Meter-Grenze aus § 35 Abs. 3 Nr. 3 Alt. 1 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG auch nicht ex-post legalisieren. Die genannten Normen stellten eine Ausformung des Gebots der Rücksichtnahme dar und dienten dem Gesundheitsschutz im weiteren Sinne. Sie wirkten - wie hier - auch über Gebietsgrenzen des Außenbereichs hinweg in die Bereiche nach § 30 sowie § 34 BauGB. Der Gesundheitsschutz als ermessensleitender Faktor trete beim hiesigen Bescheid auch zu Tage.
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Auf die Verfahrensakten, das Protokoll des Augenscheintermins am 15.02.2021 sowie die dort gefertigten Lichtbilder und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 24.06.2021 wird Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt daher die Kläger nicht in eigenen, subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Nach Art. 76 Satz 2 Bayerische Bauordnung - BayBO - kann die zuständige Bauaufsichtsbehörde die Nutzung von Anlagen, die im Widerspruch zur öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, untersagen. Als tatbestandliche Voraussetzung genügt es, wenn ein genehmigungspflichtiges Vorhaben ohne die erforderliche Baugenehmigung ausgeführt wird und damit gegen Art. 68 Abs. 6 Nr. 1 BayBO verstoßen wird. Die Nutzungsuntersagung verfolgt den Zweck, den Bauherren auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen.
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1. a) Im hiesigen Fall findet jedenfalls eine formell illegale Nutzung des Gebäudes als Schafstall statt. Unabhängig von der Frage der Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 201 Baugesetzbuch - BauGB - ist die streitgegenständliche bauliche Anlage entgegen der klägerischen Auffassung nicht nur als vorübergehend zum Schutz von Tieren bestimmt im Sinne des Art. 57 Nr. 1 lit c) BayBO anzusehen. Nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO darf ein Gebäude ausschließlich zur (auch dauerhaften) Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sein, damit es als verfahrensfrei anzusehen ist und es keiner Baugenehmigung bedarf. Abzustellen ist bei der Beurteilung einzig auf objektive Kriterien, wie Größe, Bauausführung oder Gestaltung (BayVGH, U. v. 11.04.2017 - 1 B 16.2510 - Rn. 15; OVG Koblenz, B. v. 25.02.2004 - 8 B 10256/04 - BauR 2004, 1284; Lechner/Busse, in: Busse/Kraus, BayBO, Stand Februar 2021, Art. 57, Rn. 126). Ein Betriebsgebäude ist demnach zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt, wenn seine Nutzungsmöglichkeit nach Bauausführung, Größe, Gestaltung und dergleichen bei objektiver Betrachtung auf diesen Zweck beschränkt ist und es insbesondere nicht zur dauernden Unterbringung von Tieren geeignet ist. Insoweit ist zu bedenken, dass Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO auch eine - an sich unerwünschte - genehmigungsfreie Bebauung im Außenbereich nach § 35 BauGB zulässt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind daher tendenziell eng auszulegen, um die bauplanungsrechtlich gewollte, größtmögliche Schonung des Außenbereichs nicht im Wege des Bauordnungsrechts faktisch zu unterlaufen.
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Unerheblich ist daher die subjektive Zweckbestimmung, die die Nutzer, hier die Kläger, dem Gebäude beilegen wollen. Dies schon deshalb, da andernfalls eine Abgrenzung zwischen genehmigungsfreien Anlagen nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO und genehmigungspflichtigen Anlagen nach Art. 55 Abs. 1 BayBO nur sehr schwer möglich wäre. Es genügt also, dass jederzeit eine dauerhafte Unterbringung von Tieren möglich ist. Dies folgt auch aus Sinn und Zweck der Genehmigungsfreistellung von lediglich zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmten Anlagen gegenüber Ställen wegen des weitaus geringeren Konfliktpotentials (vgl. BayVGH, U. v. 11.04.2017 - 1 B 16.2510 - Rn. 15) im Vergleich zu Stallgebäuden.
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Für eine enge Sichtweise des Merkmals der vorübergehenden Unterbringung spricht auch die Normgenese. Bereits die Bauordnung von 1890 (GVBl. 531) kennt in § 6 Abs. 2 lit b) die Freistellung vom Genehmigungsverfahren für bestimmte, einfacher gestaltete landwirtschaftliche Gebäude, wobei zwischen Gebäuden innerhalb und außerhalb von Ortschaften differenziert wird. Außerhalb der Ortschaften wurde die verfahrensfreie Bebauungsmöglichkeit damals explizit stärker eingeschränkt. In der ersten Nachkriegsbauordnung von 1962 (GVBl. 179) wird diese Verfahrensfreistellung in Art. 84 Nr. 1 lit d) aufgegriffen. Während der Gesetzentwurf noch vorsah, dass nur Gebäude verfahrensfrei gestellt sind, die zum vorübergehenden Schutz von Pflanzen oder Tieren bestimmt sind (vgl. LT-Drs. 4/2060, S. 25), ist in der Gesetzesfassung dann vom Schutz von Sachen und zum vorübergehenden Schutz von Tieren die Rede. In der „BayBO 1998“ (GVBl. 1997, 323) wurde die Größe der Bebauung, die verfahrensfrei möglich ist auf 100 m² erhöht. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 13/7008) wurde dies mit einem erhöhten Platzbedarf durch größere Maschinen begründet, um so dem Strukturwandel in der Landwirtschaft Rechnung zu tragen. Keine eigene Erwähnung in der Begründung zum Gesetzentwurf findet hingegen die Nutzung zum vorübergehenden Schutz von Tieren. Vielmehr wollte der Gesetzgeber offenbar nur für Gebäude, die zum Unterbringen von Sachen bestimmt sind, eine relativ massive und beständige Bauausführung ermöglichen, im Übrigen jedoch nicht.
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Die Entstehungsgeschichte zeigt also, dass der Gesetzgeber zwischen Unterständen für Tiere und den dauerhaften Unterstellmöglichkeiten für Sachen differenziert, obwohl die Regelung innerhalb der gleichen Norm erfolgte. Entsprechend liegen hier auch unterschiedliche Leitbilder zu Grunde. Typischerweise ist unter einem Gebäude, das für den vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt ist, ein Bauwerk in leichter Bauweise zu verstehen, das auf Weiden, tendenziell von der Hofstelle aber weiter entfernt, Tieren Schutz bietet. Es genügt hier aber regelmäßig eine nur leichte Fundamentierung, etwa mittels Punktfundamenten, da auf Weiden auch ein Abbau oder Umsetzen des Unterstandes wieder möglich sein soll und gerade keine dauerhafte Bebauung über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte angestrebt ist. Demgegenüber befinden sich Gebäude zur dauerhaften Unterbringung von Sachen meist in unmittelbarer Nähe zur Hofstelle, schon alleine deshalb, um Fahrwege im landwirtschaftlichen Betriebsablauf möglichst kurz zu halten. Aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist hier meist auch eine gewisse Dauerhaftigkeit des Gebäudes angestrebt, wenngleich sich tatsächlich eine große Variationsbreite, je nach individueller Situation eines landwirtschaftlichen Betriebes, findet. Ausschlaggebend ist aber, dass Gebäude zum vorübergehenden Schutz sich regelmäßig weiter im Außenbereich befinden, als Gebäude zum dauerhaften Schutz von Sachen. Den Gebäuden zur dauerhaften Unterbringung von Sachen liegt ein völlig anderes gesetzgeberisches Leitbild zu Grunde, als solchen Gebäuden, die dem vorübergehenden Schutz von Tieren dienen sollen.
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Aufgrund des auch für Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO Geltung beanspruchenden Gedankens der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs ist für die Bestimmung, wann die objektiven Umstände im konkreten Einzelfall für eine dauerhafte Nutzungsmöglichkeit sprechen, auch die gehaltene Tierart zu berücksichtigen und deren jeweiligen Besonderheiten sind zu würdigen. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO erlaubt es nur, das mindestens Notwendige für den vorübergehenden Schutz für Tiere verfahrensfrei zu errichten und nicht das maximal Mögliche oder sonst Wünschenswerte. Hiermit wäre dann nämlich jeweils eine stärkere Beeinträchtigung des Außenbereichs durch verfestigte Gebäudestrukturen verbunden. Eine Haltung von Großtieren, wie Rinder, weist deutliche Unterschiede zu einer Haltung von kleineren Nutztieren, wie Schafen oder Ziegen, hinsichtlich der notwendigen Bodenbefestigung, der Größe des Auslaufs, der notwendigen Futterbevorratung oder des Dunganfalls und der damit verbundenen notwendigen Lagermöglichkeit auf. Entsprechend weisen auch die hierzu nötigen Gebäude, je nach gehaltener Tierart, unterschiedliche Merkmale auf, obgleich sie doch immer nur zum vorübergehenden Aufenthalt objektiv geeignet sind. So wird man bei Großtieren möglicherweise auch ein Gebäude mit einer massiveren Bodenbefestigung als noch zum vorübergehenden Aufenthalt geeignet ansehen können, wohingegen man bei kleineren Nutztieren zum vorübergehenden Aufenthalt lediglich Gebäude in leichterer Bauweise benötigt.
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Weiter ist zu berücksichtigen, dass alleine ein Auslauf bzw. eine Freifläche für die gehaltenen Tiere ein Gebäude noch nicht als bloßen Unterstand qualifiziert. Insoweit ist auf die neuere Entwicklung in der Tierhaltung zu verweisen, die immer mehr hin zu sog. Offenställen geht, also Gebäuden, die, jedenfalls teilweise, nicht fest, sondern nur mit sog. Curtains verschlossen sind und typischerweise Auslaufhöfe aufweisen. Auch hier handelt es sich wegen der übrigen massiven Ausführung (Bodenplatte, Aufstallung, Tränkemöglichkeiten etc.) unstreitig um Ställe.
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Endlich ist ein Gebäude auch nicht deshalb als vorübergehender Unterstand einzuordnen, weil es nur während einer bestimmten Jahreszeit, für drei oder vier Monate genutzt wird. Eine dauerhafte Nutzung ist auch dann möglich, wenn ein Gebäude nur während einer bestimmten Jahreszeit mit Tieren belegt ist. Das Tatbestandsmerkmal „vorübergehend“ in Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO bezieht sich nicht auf den Zeitraum von einem Jahr mit der Folge, dass eine Haltung während einer bestimmten Jahreszeit vorübergehend i.S.d. Vorschrift wäre. Ausgehend vom oben dargelegten gesetzlichen Leitbild des Unterstands auf der Weide, ist eine vorübergehende Haltung nur während eines kurzen Zeitraums, der wenige Tage, allenfalls eine Woche umfasst, möglich. Dies entspricht in etwa einer längeren Schlechtwetterperiode, während derer Tiere tatsächlich in einem Unterstand auf der Weide Schutz suchen würden bzw. müssten. Ist eine bauliche Anlage für einen längeren Zeitraum objektiv dazu geeignet, von Tieren zum Aufenthalt genutzt zu werden, kann diese nicht mehr als Unterstand eingeordnet werden.
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b) Im vorliegenden Fall sprechen einzelne Umstände dafür, dass lediglich eine nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmte bauliche Anlage vorliegt, etwa die fehlende fest installierte Tränkemöglichkeit und die lediglich mobilen Heuraufen; dennoch überwiegen diejenigen Umstände, die objektiv die dauerhafte Nutzungsmöglichkeit begründen und auch auf eine entsprechende tatsächlich dauerhafte Nutzung hindeuten.
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Nach Auskunft der zuständigen Fachbehörde genügt für eine bauliche Anlage, die Schafen einen vorübergehenden Schutz bietet, ein befestigter Boden und eine zugfreie sowie trockene Umgebung, die bereits mit einer Umschließung eines Unterstandes auf drei Seiten möglich ist, soweit diese gegen die vorherrschende Windrichtung gerichtet ist. Aus der Beschreibung des Schafdungs als sehr trocken, folgert das Gericht, dass nicht zwingend eine befestigte Betonbodenplatte notwendig ist, um ein Versickern von Wasser aus dem Dung zu vermeiden, soweit nur eine vorübergehende und keine dauerhafte Nutzung gegeben ist. Dies wird bestätigt durch die in der Praxis anzutreffenden großen Variationsbreite der Schafhaltung bei kleineren Betrieben, die auch die Ausführung des Bodens betrifft.
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Das Gebäude ist mit fest ver- und abschließbaren Türen und einem Tor versehen, insbesondere auch zur Schafkoppel hin. Es ist auf allen vier Seiten baulich fest mit Trapezblech umschlossen. Gerade die jederzeit abschließbare Tür zur Koppel begründet eine dauerhafte Nutzungsmöglichkeit. Für eine lediglich vorübergehende Nutzung zum Schutz der Tiere, ist eine Umschließung auf vier Seiten zumindest ungewöhnlich, mag aber noch zu rechtfertigen sein, jedoch ist die Möglichkeit die Tiere fest und dauerhaft innerhalb des Gebäudes einzuschließen hierfür keinesfalls notwendig. Sobald die Tiere eingeschlossen werden können, besteht eine dauerhafte Nutzungsmöglichkeit, was für die Qualifizierung als Stall ausreicht. Das sicherheitsrechtliche Argument der Kläger, es gelte zu verhindern, dass insbesondere Kinder das Gebäude betreten, verfängt hier nicht. Das Bedürfnis der Kläger, eine Absicherung vorzunehmen, rührt allein aus der gewollten und umgesetzten Mischnutzung des Gebäudes. Dass dies im Hinblick auf die Frage der vorübergehenden oder dauerhaften Nutzungsmöglichkeit zur Qualifizierung als dauerhaft führt, haben die Kläger also selbst zu verantworten.
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Darüber hinaus ist das Gebäude selbst mit einem festen Betonboden versehen. Der feste Boden ist eindeutig auf eine dauerhafte Nutzungsmöglichkeit ausgelegt und nicht nur auf eine vorübergehende. Ein Betonboden wird üblicherweise nur in Ställen ausgeführt, da hier die Belastungen durch den anfallenden Dung wesentlich größer sind, als in reinen Schutzhütten, die eben nur zwischenzeitlich von den Tieren aufgesucht werden. Auch im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit des Gebäudebestandes ist eine Ausführung des Bodens in Beton problematisch, da ein Rückbau deutlich schwieriger möglich ist. Wie oben dargelegt, sind die Merkmale des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO jedoch eng auszulegen, damit sich keine unerwünschte Bebauung im Außenbereich verfestigt. Zudem hat die zuständige Fachbehörde überzeugend dargelegt, dass die Belastung des Bodens durch Schafhaltung gering ist. Sie verursacht bedingt durch geringes Körpergewicht und besondere Klauenform kaum Trittschäden. Auch im Hinblick auf die konkret gehaltenen Tiere ist im hiesigen Fall keine betonierte Bodenplatte notwendig. Dadurch, dass kein Betonboden baulich zwingend notwendig ist, tritt umso stärker der Gedanke des Immissionsschutzes in den Vordergrund: Es mag sein, dass durch den fehlenden Betonboden stärkere Geruchsbelastungen auftreten, allerdings will die Verfahrensfreistellung für Unterstände gerade Immissionskonflikte dadurch vermeiden, dass eben nicht übermäßig Dung an einer Stelle anfällt, weil sich die Schafe dorthin regelmäßig zurückziehen.
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Im Übrigen hat es der Verwaltungsgerichtshof im U. v. 11.04.2017 - 1 B 16.2510 - Rn. 16 auch für eine Rinderhaltung genügen lassen, dass der Boden betoniert war, um das Gebäude als zur dauerhaften Nutzung geeignet anzusehen. Erst recht muss dies daher für eine Schafshaltung gelten.
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Im Gebäude befinden sich fest installierte Buchten, die auch dazu genutzt werden, kranke Tiere von der Herde zu separieren, um diese dort so lange zu halten, bis eine Rückführung in die Herde wieder möglich ist. Dies mag auf tierärztliche Anordnung geschehen, spielt aber für die baurechtliche Bewertung keine Rolle. Das Baurecht stellt anlagenbezogene Anforderungen auf, wohingegen die Separierung kranker Tiere tiergesundheitsbezogen ist. Will ein Landwirt eine Tierhaltung betreiben, so muss er dafür selbstredend die entsprechenden baulichen Anlagen herstellen, allerdings dies im Einklang mit den baurechtlichen Vorschriften. Tierhaltungsrechtliche Vorschriften wirken nicht in die anlagenbezogenen Bauvorschriften dergestalt hinein, dass die baurechtlichen Anforderungen hierdurch obsolet werden.
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Weiter ist im Gebäude eine dauerhafte Lichtinstallation vorhanden, die für zwischenzeitlich schutzsuchende Tiere so jedenfalls nicht notwendig ist. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass hierdurch auch Kontrollen der Tiere im Winter am Morgen und Abend möglich sein sollen, während sie sich im Stall befinden.
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Das Gericht verkennt nicht, dass im hiesigen Fall die Besonderheit besteht, dass das Gebäude sowohl der Unterbringung von Schafen als auch der Unterbringung verschiedener landwirtschaftlicher Geräte dient. Die Unterbringung von Sachen ist nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) BayBO nämlich dauerhaft möglich. Dadurch, dass beide zulässigen Nutzungsformen innerhalb eines Gebäudes verwirklicht werden, entsteht zwangsläufig eine gewisse Vermengung der objektiven Umstände, anhand derer die Dauerhaftigkeit bzw. Zeitweiligkeit der Nutzungsmöglichkeit durch die Tiere zu bestimmen ist. Jedoch ist ein Gebäude, das zur dauerhaften Nutzung von Sachen geeignet ist, regelmäßig auch zu einer dauerhaften Nutzung durch Tiere geeignet. Dies kann sich zwar ob der unterschiedlichsten Bauausführung für Unterstellmöglichkeiten von Sachen und abhängig von der gehaltenen Tierart im Einzelfall wieder anders darstellen, dennoch verbleibt es dabei, dass bei einer besonders massiven Bauausführung eines Gebäudes dieses grundsätzlich zur dauerhaften Nutzung auch für Tiere geeignet ist. Dies hat zur Folge, dass in solchen Gebäuden keine Tiere dauerhaft gehalten werden dürfen, da sie sonst als Stallgebäude anzusehen sind.
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Im vorliegenden Fall werden zudem diejenigen Umstände, die für eine dauerhafte Nutzungsmöglichkeit des Stallbereichs sprechen, nicht dadurch gerechtfertigt, dass eine dauerhafte Unterbringung von Sachen erfolgt. Auch für letztere wäre weder eine Betonbodenplatte, noch fest installierte Einzelbuchten, noch eine fest ver- und abschließbare Tür in Richtung der Koppel notwendig.
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Die derzeitigen baulichen Umstände begründen eine dauerhafte Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes als Stall, die genehmigungspflichtig ist. Ställe, die nicht zum vorübergehenden, sondern zum dauerhaften Schutz von Tieren bestimmt sind - wie hier -, fallen gerade nicht unter den Genehmigungsfreiheitstatbestand. Sie sind nach Art. 55 Abs. 1 BayBO immer genehmigungspflichtig.
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2. Der streitgegenständliche Bescheid ist ermessensfehlerfrei ergangen. Art. 76 S. 2 BayBO räumt der zuständigen Behörde ein Entschließungsermessen dahingehend ein, ob sie bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Nutzungsuntersagung aussprechen will oder nicht. Das Verwaltungsgericht prüft daher, ob der Verwaltungsakt deswegen rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO. Hinsichtlich der zweiten Variante kann weiter danach differenziert werden, ob die Behörde ihre Entscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat, sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder die einzelnen Gesichtspunkte nicht entsprechend ihres Gewichts gewürdigt hat (Rennert; in: Eyermann, VwGO, § 114, Rn. 22 ff.).
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Zu beachten ist dabei insoweit, dass es sich bei dem in Art. 76 S. 2 BayBO eingeräumten Ermessen um ein „intendiertes“ Ermessen handelt. Die Bauaufsichtsbehörde bei vorliegend der Tatbestandsvoraussetzungen also regelmäßig zum Einschreiten berechtigt ist und besondere Gründe vorliegend müssen, um ausnahmsweise eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen (m.w.N. BayVGH, B. 19.05.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 37).
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Der Beklagte hat zutreffend die Sachlage ermittelt. Es ist nicht zu beanstanden, dass - wie vorgetragen - eine Kontrolle nur in den Wintermonaten stattgefunden hat oder stattfinden soll. Zwar sind für die Nutzungsuntersagung alleine die objektiven Umstände maßgeblich, die sich im Sommer und im Winter als gleichförmig darstellen, allerdings lassen sich die Umstände dahingehend, ob auch tatsächlich eine dauerhafte Nutzung als Stall erfolgt, naturgemäß nur dann ermitteln, wenn der Stall auch mit Tieren belegt ist. Für die Ermessensentscheidung des Landratsamtes kann dies durchaus von Bedeutung sein, weshalb eine Baukontrolle gerade in den Wintermonaten auch angezeigt war.
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Der Beklagte hat ferner nicht die Bedeutung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz - GG - in Form der Berufsausübungsfreiheit verkannt, wie die Kläger meinen. Bereits im Ansatz ist es nicht möglich, aus Art. 12 Abs. 1 GG eine Ausübung oder Aufrechterhaltung einer baurechtlich illegalen Nutzung herzuleiten (vgl. BayVGH, B. v. 28.12.2016, Az.: 15 CS 16.1774, juris Rn. 52). Das Baurecht ist anlagenbezogen und regelt ausschließlich die zulässige Nutzung von Grundstücken mit baulichen Anlagen. Bereits deshalb kann hinsichtlich des Art. 12 Abs. 1 GG mangels Berufszugangsregelung allenfalls die Berufsausübungsfreiheit betroffen sein. Um hier eine Rechtfertigung zu ermöglichen, genügen bereits hinreichende Gründe des Allgemeinwohls, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des Zwecks geeignet ist und auch erforderlich und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist. Ziel ist hier jedenfalls der Schutz der Nachbarn vor Immissionen, die von einer konfliktträchtigen Stallnutzung naturgemäß ausgehen. Im Einzelfall mögen diese zwar die zulässigen Werte nicht überschreiten, darauf kommt es aber bei der typisierenden Betrachtung im Baurecht nicht an, mit der bestimmte Anlagen generell genehmigungsfrei gestellt werden und andere Anlagen gerade nicht. Wird ein genehmigungspflichtiges Vorhaben verwirklicht, bedeutet dies eben nur, dass eine präventive Kontrolle im Wege des Baugenehmigungsverfahrens durchzuführen ist. Insoweit müssen die Kläger sich hierauf verweisen lassen.
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Auch kommt eine „Auflage“ nicht als milderes Mittel in Betracht. Zur Herstellung baurechtlich ordnungsgemäßer Zustände kommt hier nur eine Nutzungsuntersagung in Betracht, da sich die derzeitige Nutzung als Stallhaltung darstellt. Einzelne „Auflagen“, die mangels eines Hauptverwaltungsakts schon nicht nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG mit diesem hätten verbunden werden können, hätten auch nicht hinreichend sicherstellen können, dass die illegale Nutzung als solche tatsächlich nicht mehr stattfindet. Soweit die Kläger damit andeuten, der Beklagte hätte mitteilen sollen, welche Veränderungen vorzunehmen sind, damit die derzeitige Nutzung mit Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit c) übereinstimmt, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 49 BayBO der Bauherr grundsätzlich die volle Verantwortung dafür trägt, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die für eine bauliche Anlage bestehen, eingehalten werden. Den Belangen des Antragsstellers wurde bereits dadurch Rechnung getragen, dass die Nutzungsuntersagung erst ab dem 31.03.2020 ausgesprochen wurde, also einem Zeitpunkt, ab dem regelmäßig die Schafe auf den verschiedenen Sommerweiden gehalten werden und sich nicht mehr im Stallgebäude befinden. Die Kläger hatten bis zum Beginn der Wintersaison 2020/2021 ausreichend Zeit, unter Umständen in Absprache mit dem Landratsamt, das auch einen Lösungsvorschlag unterbreitet hat, für baurechtlich unbedenkliche Zustände zu sorgen und den Schafen künftig tatsächlich nur in eine zum vorübergehenden Schutz bestimmte bauliche Anlage auf der Winterweide zur Verfügung zu stellen.
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Endlich ist die Nutzungsuntersagung auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die bestehende Anlage und die Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine Nutzungsuntersagung würde gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit verstoßen, wenn eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit gegeben wäre (stRspr BayVGH, B v. 14.06.2018 - 2 CS 18.960 - juris Rn. 2; B. v. 18.09.2017 - 15 CS 17.1675 - juris Rn. 14).
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Die bauplanungsrechtliche Situation ist für das Grundstück, auf dem sich der Stall befindet, mindestens unklar. Zwar existiert ein Bebauungsplan, das Gericht hat aber Bedenken, ob der Vorhaben- und Erschließungsplan „Brunnwiesen“, in dem sich das Grundstück befindet überhaupt wirksam ist. Ausweislich der Satzungsurkunde mit den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen war der Entwurf des Vorhabens- und Erschließungsplans vom 14.05.2002 bis 14.06.2002 ausgelegen. Nachfolgend hat der Bauausschuss den Vorhaben- und Erschließungsplan am 19.06.2002 nur bezogen auf einen Bauabschnitt I als Satzung beschlossen. Die beiden Bauabschnitte wurden während des Aufstellungsverfahrens zwischen Auslegung des Entwurfs und dem Satzungsbeschluss offenbar getrennt. Inwieweit dies möglich ist und welche Wirkungen die bestehende Planung auf die Beteiligung der Gemeinde hat, wäre weiter zu prüfen. Möglicherweise ergibt ein Baugenehmigungsverfahren, dass die Gemeinde ihre Planung jedenfalls jetzt mit den Instrumenten des BauGB weiter sichern will.
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Auch wenn man davon ausgeht, dass der Bauabschnitt II keinerlei Wirkung entfaltet - sei es weil er nie in Kraft gesetzt wurde oder der Vorhabens- und Erschließungsplan insgesamt nichtig ist - liegt das Grundstück unter Umständen im Außenbereich nach § 35 BauGB. Dass ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sein kann, muss es regelmäßig privilegiert sein i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB. Hier wäre eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB denkbar allerdings im Genehmigungsverfahren weiter zu prüfen.
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Auch wenn man zum Ergebnis kommt, das das Vorhabengrundstück in einem Dorfgebiet nach § 34 Abs. 1, 2 i.V.m. § 5 Baunutzungsverordnung - BauNVO - liegt, ist im Baugenehmigungsverfahren die immissionsschutzrechtliche Situation weiter zu beleuchten.
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Eine genaue Überprüfung der bauplanungsrechtlichen Situation ist nur im Baugenehmigungsverfahren möglich, weshalb die derzeitige Stallnutzung auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist.
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II. Die Kostenentscheidung folgt §§ 154 Abs. 1, 159 S. 2, 167 Abs. 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung - ZPO -. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO hinsichtlich der Vollstreckung durch den Beklagten bedurfte es angesichts seiner - wenn überhaupt anfallenden - allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen nicht, zumal er auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.