Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 09.02.2021 – B 5 K 20.38
Titel:

Rückforderung von Dienstbezügen nach Entlassung aus Probebeamtenverhältnis

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1
BayBesG Art. 15 Abs. 2
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
BGB § 818 Abs. 3, Abs. 4, § 820 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage ist lediglich ein vorläufiger Rechtsgrund für die Fortzahlung der Dienstbezüge. Sie fingiert das vorläufige Fortbestehen des Beamtenverhältnisses, dessen Ausfluss die während des Rechtsbehelfsverfahrens fortwährende Fürsorgepflicht ist. Dieser vorläufige Rechtsgrund entfällt mit rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens rückwirkend. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung bedarf es der Rechtsfigur des "faktischen Beamtenverhältnisses" auch nicht als Rechtsgrundlage einer angemessenen Gegenleistung für einen während der aufschiebenden Wirkung faktisch geleisteten Dienst. Die durch Verrichtung des Polizeidienstes erbrachte Gegenleistung kann im Rahmen des Art. 15 Abs. 2 S. 3 BayBesG berücksichtigt werden, wonach von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden kann. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Fortzahlung der Bezüge aufgrund einer gerichtlichen Anordnung während des Klageverfahrens erfolgt unter dem Vorbehalt des rückwirkenden Wegfalls des Leistungsgrundes bei Abweisung der Klage. Die Zahlungen beruhen damit auf einem Rechtsgrund, dessen Wegfall iSd § 820 Abs. 1 S. 2 BGB nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen worden und tatsächlich erfolgt ist. Der Kläger haftet damit gem. § 820 Abs. 1 BGB iVm § 818 Abs. 4 BGB verschärft, dh er kann sich nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB berufen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rückforderung von Dienstbezügen nach Entlassung aus Probebeamtenverhältnis, Klageverfahren, aufschiebende Wirkung, Billigkeitsentscheidung, Rückforderung, Dienstbezüge, Entlassung, Probebeamtenverhältnis, tatsächlich geleisteter Dienst, faktisches Beamtenverhältnis, Absehen, ungerechtfertigte Bereicherung, Vorbehalt, Wegfall, Bereicherung, Treu und Glauben, Lebensbedarf, Rückabwicklung, Überzahlung, Ratenzahlung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 31079

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Dienstbezügen.
2
Der 1998 geborene Kläger wurde zum 01.09.2011 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeimeisteranwärter bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei eingestellt und mit Wirkung zum 01.09.2012 unter gleichzeitiger Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Mit Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei … vom 14.08.2013 wurde der Kläger gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) mit Wirkung vom 30.09.2013 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung des Bescheids angeordnet. Hiergegen hat der Kläger Klage zum VG Ansbach erhoben. Das VG Ansbach hat mit Beschluss vom 14.01.2014 die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt. Mit Urteil des VG Ansbach vom 14.01.2014 - AN 1 S 13.01683 wurde die Klage abgewiesen. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 02.07.2014 - 3 ZB 14.383 wurde die Berufung zugelassen und mit weiterem Beschluss vom 02.07.2014 - 3 AS 14.1352 die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung angeordnet. Mit Urteil des BayVGH vom 13.01.2016 - 3 B 14.1487, rechtskräftig seit 02.03.2016, wurde die Berufung zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
3
Der Kläger ist seit dem Jahr 2018 verheiratet und hat ein Kind, das am …2018 geboren wurde. Seine Ehefrau befindet sich im Polizeidienst beim Freistaat Bayern in Elternzeit mit hälftiger Teilzeitbeschäftigung. Der Kläger hat den Ausbildungsberuf des Speditionskaufmanns erlernt, die Ausbildung in diesem Beruf abgeschlossen und arbeitet in dem Betrieb, in dem er die Ausbildung absolviert hat bzw. im Betrieb des Rechtsnachfolgers. Mit notariellem Kaufvertrag vom …2019 hatten der Kläger und seine Ehefrau je zur Hälfte ein Zweifamilienhaus in …, … zu einem Kaufpreis von 325.000,00 Euro erworben. Laut Meldeauskunft wurde das Anwesen am 01.06.2019 bezogen. Die Gesamtkosten des Grunderwerbs betrugen laut Finanzierungsplan der … vom 08.05.2019 insgesamt 380.000,00 Euro. Gemäß Finanzierungsplan der … verfügt die Familie des Klägers über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.780,00 Euro, wobei sich das Nettoeinkommen des Klägers ausweislich der Aufstellung im Finanzierungsplan auf 1.658,00 Euro beläuft (die vorgelegten Verdienstbescheinigungen von Januar 2018 bis April 2019 bestätigen, dass sein monatliches Nettogehalt jedenfalls zwischen 1.603,00 Euro und 1.758,00 Euro liegt). Zudem verfügt der Kläger nach eigenen Angaben über Einkünfte aus der Tätigkeit als Fußballtrainer in Höhe von 450,00 Euro netto monatlich. Die dem Familiennettoeinkommen gegenüberstehenden monatlichen Belastungen setzen sich laut Finanzierungsplan der … aus Ausgaben für Zinsen und Tilgung im Rahmen des Grunderwerbs in Höhe von 873,71 Euro, Betriebs- und Instandhaltungskosten für das Zweifamilienhaus in Höhe von 537,50 Euro sowie Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 209,00 Euro und anderen Verbindlichkeiten in Höhe von 285,00 Euro (monatliche Rate für den seit Juli 2019 finanzierten PKW) zusammen. Zudem ist der Kläger ausweislich der Unterlagen über die auf seine Mutter laufende Versicherung eines KFZ mit monatlichen Versicherungsbeiträgen in Höhe von 84,95 Euro belastet. Insgesamt lässt sich die monatliche Nettobelastung der klägerischen Familie mit einem Betrag von 1.990,16 Euro beziffern, zum Lebensunterhalt verbleiben der Familie somit 1.789,84 Euro.
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Da die Dienstbezüge aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Klage fortgezahlt werden mussten, ist in der Zeit vom 01.10.2013 bis 30.04.2016 eine Überzahlung in Höhe von 64.720,20 Euro entstanden (Bezügemitteilung Nr. 40 für Mai 2016, Nr. 46 für Oktober 2018 und Nr. 47 für November 2018). Mit Rückforderungsbescheid vom 05.12.2016 wurden seitens des Landesamtes für Finanzen vom Kläger für die Zeit vom 01.10.2013 bis 30.04.2016 überzahlte Dienstbezüge in Höhe von 57.788,82 Euro zurückgefordert. Der gegen den Rückforderungsbescheid erhobene Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, vom 03.04.2017 zurückgewiesen. Auf die seitens des Klägers erhobene Klage hin wurde der Rückforderungsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom 05.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2017 aufgehoben (VG Bayreuth, U.v. 13.11.2018 - B 5 K 17.344). Das Urteil ist rechtskräftig.
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Am 07.10.2019 erließ das Landesamt für Finanzen - Dienststelle … gegenüber dem Kläger einen erneuten Rückforderungsbescheid. Demnach wird auf die Rückforderung der für die Zeit vom 01.10.2013 bis 30.04.2016 überzahlten Dienstbezüge in einem Umfang von ca. 60% des überzahlten Betrages (=39.309,80 Euro) verzichtet. Der Rückforderungsanspruch in Höhe von 64.720,20 Euro werde nur noch in einem Umfang von 25.410,40 Euro geltend gemacht.
6
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Forderung noch nicht verjährt sei (Art. 13 des Bayerischen Besoldungsgesetzes - BayBesG -), so dass der erneute Erlass eines Rückforderungsbescheides mit einer neuen Ermessensentscheidung angezeigt gewesen sei. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung sei die monatliche Nettobelastung der klägerischen Familie auf 1.990,16 Euro zu beziffern gewesen, so dass ihr zum Lebensunterhalt 1.789,84 Euro verblieben. Bei der Ermessensentscheidung sei zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger während des Klageverfahrens gegen die Entlassungsverfügung weiter Dienst geleistet habe. Die zulässige Inanspruchnahme von Rechtsschutz dürfe dabei nicht zu seinen Lasten gewertet werden, auch wenn sein Rechtsschutzbegehren letztlich erfolglos geblieben sei. Bedingt durch die Arbeitsleistung gegenüber dem früheren Dienstherrn habe ihm nicht die Möglichkeit offen gestanden, den Lebensunterhalt während dieser Zeit anderweitig zu verdienen. Die Qualität der von ihm erbrachten Arbeitsleistungen sei hierbei weder positiv noch negativ in die Abwägung eingeflossen. Es dürfe allerdings nicht verkannt werden, dass es ohne das Fehlverhalten des Klägers gar nicht zu einer Entlassung und somit zu einer Überzahlung der Bezüge gekommen wäre. Andererseits sei bei der Bemessung der Höhe des Rückforderungsbetrages zu Gunsten des Klägers betragsmindernd berücksichtigt worden, dass gemäß Art. 11 Abs. 3 Satz 1 des Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG) auch einem früheren Beamten auf Lebenszeit selbst in Fällen eines gravierenden, disziplinarrechtlich zu einer Dienstentfernung führenden Verhaltens in Gestalt eines Dienstvergehens für die Dauer von sechs Monaten nach der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 v.H. der Dienstbezüge, die bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustünden, gewährt werde. Unter Berücksichtigung aller Umstände, die zur Entlassung geführt hätten, lägen keine Anhaltspunkte vor, die dafür sprechen würden, dass vorliegend eine Verlängerung eines solchen Unterhaltsbeitrags nach Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG hätte angenommen werden können. Zu Gunsten des Klägers spreche zudem, dass selbst im Falle einer vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren nur bis zu 50 v.H. der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten würden, vgl. Art. 39 Abs. 2 BayDG. Ferner sei zum Vorteil des Klägers berücksichtigt worden, dass eine rückwirkende Bewilligung von Sozialleistungen aufgrund des sozialrechtlichen Zuflussprinzips (§ 11 Abs. 23 des Zweiten Sozialgesetzbuches - SGB II -) ausgeschlossen sei. Bei Bemessung des Rückforderungsbetrages sei außerdem darauf geachtet worden, dass ihm für jeden Monat des Rückforderungszeitraums (Oktober 2013 bis April 2016) eine kalkulatorische Summe verbleibe, die hypothetische Ansprüche auf sozialrechtliche Leistungen in diesem Zeitraum nicht unterschreite. Der Regelbetrag der Hilfe zum Lebensunterhalt hätte nach § 20 SGB II bzw. § 28 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) für eine alleinstehende Person in dem Zeitraum von 2013 bis 2016 zwischen 382,00 Euro und 404,00 Euro gelegen. Für die von den jeweiligen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten zusätzlich zu erstattenden Wohnkosten sei mangels Kenntnis genauer Kosten hilfsweise der aktuelle Satz der durchschnittlichen Bruttokaltmiete im Landkreis … mit einer Höhe von ca. 343,20 Euro zuzüglich Heizkosten in Höhe von maximal 91,67 Euro herangezogen worden. Es werde daher aufgrund der Addition dieser Beträge zugunsten des Klägers pauschal davon ausgegangen, dass ihm für jeden Monat im Überzahlungszeitraum Sozialleistungen in Höhe von 850,00 Euro zugestanden hätten. Dies entspreche auch den klägerseits aufgezeigten monatlichen Ausgaben. Zu berücksichtigen seien ferner die Gesetzmäßigkeit der Besoldung und die sparsame Verwendung von Haushaltsmitteln. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung und Abwägung der dargelegten Gesichtspunkte sei es im Wege einer wertenden Gesamtentscheidung verhältnismäßig und billig, insgesamt einen Betrag i.H.v. 25.410,40 Euro vom Kläger zurückzufordern. Dieser Betrag entspreche knapp 40% der an den Kläger überzahlten Bezüge und ergebe sich durch Abzug der Summe der dem Kläger hypothetisch während des Zeitraums der Überzahlung zustehenden monatlichen Sozialleistungen (31 Monate á 850,00 Euro, d.h. insgesamt 26.350,00 Euro) sowie des hypothetischen Unterhaltsbeitrags für die Dauer von sechs Monaten nach Unanfechtbarkeit der Entlassungsentscheidung (6 Monate á 992,30 Euro, d.h. 5.959,80 Euro) vom Gesamtbetrag der Überzahlung in Höhe von 64.720,20 Euro. Zudem sei vom verbleibenden Rückforderungsbetrag in Höhe von 32.410,40 Euro ein Betrag von 7.000,00 Euro zur Berücksichtigung der familiären sowie finanziellen Situation des Klägers und des Umstands, dass er während des Überzahlungszeitraums Dienst geleistet habe, in Abzug gebracht worden.
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Weiterhin bot das Landesamt für Finanzen dem Kläger im Bescheid vom 07.10.2019 die Möglichkeit einer Ratenzahlung des Rückforderungsbetrages an. Die Tilgung könne in 84 Monatsraten zu je 300,00 Euro und einer Monatsrate zu 210,40 Euro erfolgen. Dabei sei auch der der klägerischen Familie monatlich verbleibende Nettobetrag in Höhe von 1.789,84 Euro berücksichtigt worden. Zum monatlichen Familienunterhalt stünden nach Abzug der Rate noch ca. 1.500 Euro zur Verfügung.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 05.11.2019 hat der Kläger gegen den Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 07.10.2019 Widerspruch erhoben, soweit mit dem angefochtenen Rückforderungsbescheid ein Rückforderungsanspruch in einem Umfang von 25.410,40 Euro geltend gemacht wurde. Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 12.12.2019 ausgeführt, dass angesichts des Umstandes, dass der Kläger in vollem Umfang weiter Dienst geleistet habe, nur ein gänzlicher Verzicht auf eine Rückforderung in Betracht komme.
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Mit Bescheid vom 12.12.2019 hat das Landesamt für Finanzen den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Eine erneute Überprüfung der Sach- und Rechtslage habe kein gegenüber dem Ausgangsbescheid vom 07.10.2019 abweichendes Ergebnis erbracht. Eine Widerspruchsbegründung sei innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt worden.
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Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10.01.2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
1. den Rückforderungsbescheid des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, vom 07.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2019 aufzuheben, soweit mit dem angefochtenen Rückforderungsbescheid ein Rückforderungsanspruch in einem Umfang von 25.410,40 Euro geltend gemacht wird und
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass auch der neuerliche Rückforderungsbescheid vom 07.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2019 rechtswidrig sei, soweit dem Kläger gegenüber ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 25.410,40 Euro geltend gemacht werde. Der Kläger sei der Auffassung, dass auch in dem hier angefochtenen Rückforderungsbescheid vom 07.10.2019 die seitens des Landesamtes für Finanzen vorgenommene Billigkeitsentscheidung rechtsfehlerhaft sei und damit auch das Ermessen zu Lasten des Klägers in rechtswidriger Weise ausgeübt worden sei. Der Beklagte habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Kläger während des Klageverfahrens gegen die Entlassungsverfügung weiter Dienst geleistet habe und dass es ihm bedingt durch die Arbeitsleistung gegenüber dem früheren Dienstherrn nicht möglich gewesen sei, den Lebensunterhalt während dieser Zeit anderweitig zu verdienen. Unzutreffend gehe der Beklagte weiter davon aus, dass das Verhalten des Klägers während der Dienstzeit als Beamter auf Probe über einen längeren Zeitraum gravierende Mängel aufgewiesen habe. Vielmehr habe sich das klägerische Fehlverhalten auf seine nicht angetretene Nachtschicht am Sonntag beschränkt. Rechtsfehlerhaft werde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass der Umstand, dass dieses Fehlverhalten zur Beendigung des Dienstverhältnisses geführt habe, gegen einen gänzlichen Verzicht auf eine Rückforderung spreche. Gleichzeitig werde im Rückforderungsbescheid vermieden, auszuführen, in welchem Umfang nach Ansicht des Beklagten ein Verzicht auf eine Rückforderung des überzahlten Betrags anzunehmen sei, soweit sich dieser auf das Verhalten des Klägers, welches zu seiner Entlassung geführt habe, beziehe. Eine pauschale Bezifferung eines Verzichts bzw. im Umkehrschluss damit eine pauschale prozentuale Annahme der Rückforderung könne jedenfalls eine rechtmäßige Ermessensentscheidung nicht stützen. Denn unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes, dass der Kläger in vollem Umfang weiter Dienst geleistet habe, komme nur ein gänzlicher Verzicht auf eine Rückforderung in Betracht. Das Verwaltungsgericht Bayreuth habe dem Landesamt für Finanzen schon im Klageverfahren B 5 K 17.344 zu Recht vor Augen geführt, dass die in diesem Verfahren vorgetragene Ansicht, die sich auch in das hiesige Verfahren hinüberziehe, wonach der Kläger lediglich Hilfstätigkeiten ausgeführt haben solle, unrichtig sei. Vielmehr habe der Kläger ausweislich der Ausführungen des Urteils im Verfahren B 5 K 17.344 einen Beitrag zur Bewältigung der Aufgaben der Abteilung bzw. der Bayerischen Polizei geleistet, der mit den bezogenen Dienstbezügen eines Polizeiwachtmeisters (Besoldungsgruppe A5) in Einklang gestanden habe. Der Kläger habe seine gesamte Arbeitskraft in den Dienst seines Dienstherrn gestellt und daher auch eine angemessene Vergütung, die den bezogenen Dienstbezügen entspreche, erwarten können.
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Mit Schriftsatz vom 26.02.2020 beantragt das Landesamt für Finanzen für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass der in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2019 angefochtene Bescheid des Beklagten vom 07.10.2019 mit der vorgegebenen Rechtslage übereinstimme. Dass die Rückforderung dem Grunde nach zulässig sei, ziehe auch der Kläger nicht (mehr) in Zweifel. Auch im Rahmen der Ermessenentscheidung könne im vorliegenden Fall von einer Rückforderung nicht völlig abgesehen werden. Zwar meine die Klägerseite, dass aufgrund der Arbeitsleistung des Klägers während der Weiterbeschäftigung nur ein gänzlicher Verzicht auf die Rückforderung rechtmäßig sei. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 25.11.1982 - 2 C 12.81 - juris Rn. 15) könne der während der aufschiebenden Wirkung faktisch geleistete Dienst als Gegenleistung im Rahmen der gleichlautenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 3 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) berücksichtigt werden. Jedoch sei die Diensterbringung nicht der einzige maßgebliche Gesichtspunkt im Rahmen der Billigkeitsentscheidung. Denn diese bezwecke eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen. Die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe sei wegen charakterlicher Nichteignung erfolgt und allein im Verhalten des Beamten begründet gewesen. Der Entlassung hätten Geschehnisse zugrundegelegen, die gravierende Mängel an Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein, Kollegialität und Aufrichtigkeit gezeigt hätten. Laut Entlassungsbescheid habe der Beamte auch im Entlassungsverfahren keinerlei Einsicht oder Reue gezeigt. Aufgrund der mangelnden persönlichen Eignung für den Polizeiberuf habe das Praktikum bei der Polizeiinspektion … vorzeitig beendet werden müssen. Während des Entlassungsverfahrens sei der Kläger aufgrund der aufschiebenden Wirkung weiterhin bei der …Bereitschaftspolizeiabteilung* …Ausbildungsseminar (AS) eingesetzt gewesen. Allerdings habe der Kläger auch bei seiner Weiterbeschäftigung während des Entlassungsverfahrens gegen die ihm auferlegte Pflicht, sich täglich zum Dienst an- bzw. abzumelden, verstoßen und mit Unwahrheiten geantwortet, als er darauf angesprochen worden sei. Diese erneuten Verfehlungen würden auch aus Sicht des Leiters der Polizeiabteilung die „mangelnde Dienstauffassung“ des Klägers verdeutlichen. Es dürfe auch nicht verkannt werden, dass von Seiten des Dienstherrn kein Interesse an der Arbeitskraft des Klägers bestanden habe, vielmehr habe es einen erheblichen organisatorischen Aufwand erfordert, ihn im Verwaltungsbereich zu beschäftigen. Laut Schreiben der Bereitschaftspolizeiabteilung … vom 25.08.2016 habe der Kläger während des Entlassungsverfahrens weiterhin an den Ausbildungsveranstaltungen und auch an der Qualifikationsprüfung teilgenommen. Nach Abschluss der Ausbildung (02/2014) sei er aber nicht zum Polizeieinsatzdienst bzw. einer Einsatzhundertschaft versetzt worden, sondern sei bei der Bereitschaftspolizeiabteilung geblieben und dort mit einfacheren Arbeiten (Postholen, Kurierdienste, Küchenbetrieb, Einkleideaktionen) beschäftigt worden. Die Bereitschaftspolizeiabteilung … komme zwar mit Schreiben vom 25.08.2016 ebenso wie das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei mit Schreiben vom 02.09.2016 zu dem Ergebnis, dass der Kläger während der Weiterbeschäftigung insgesamt „einen Beitrag zur Bewältigung der Polizeiaufgaben“ geleistet habe, der mit den bezogenen Dienstbezügen in Einklang gestanden habe. Allerdings sei der Grund der Entlassung ausschließlich durch das massive und wiederholte Fehlverhalten des Beamten bedingt gewesen. Dies spreche auch bei der Abwägung mit der erbrachten Arbeitsleistung gegen einen gänzlichen Verzicht auf die Rückforderung des überzahlten Betrags. Gleichwohl sei die vom Kläger faktisch erbrachte Arbeitsleistung im Rückforderungsbescheid zu seinen Gunsten betragsmindernd berücksichtigt worden.
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Mit Schriftsatz vom 28.05.2020 erklärte das Landesamt für Finanzen für den Beklagten, dass Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht. Mit Schriftsatz vom 08.08.2020 verzichtete der Klägerbevollmächtigte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch derjenigen im Verfahren B 5 K 17.344, und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Entscheidungsgründe

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Mit Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
I.
17
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
18
Der Rückforderungsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom 07.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO)
19
1. Rechtsgrundlage der Rückforderung ist Art. 15 Abs. 2 BayBesG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Dienstbezüge sind im Sinne dieser Norm zu viel gezahlt, wenn sie ohne rechtlichen Grund geleistet werden. Nach Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG steht es der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger oder die Empfängerin ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann nach Satz 3 aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden.
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2. Im hier zu entscheidenden Fall liegt eine Zuvielzahlung von Bezügen vor, weil ein Rechtsgrund für die Zahlungen des Beklagten nicht besteht. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage ist lediglich ein vorläufiger Rechtsgrund für die Fortzahlung der Dienstbezüge. Sie fingiert das vorläufige Fortbestehen des Beamtenverhältnisses, dessen Ausfluss die während des Rechtsbehelfsverfahrens fortwährende Fürsorgepflicht ist. Dieser vorläufige Rechtsgrund entfällt mit rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens rückwirkend. Dass - wie im vorliegenden Fall - der Dienstherr zunächst die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung angeordnet hat und erst aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage wiederhergestellt worden ist, macht rechtlich keinen Unterschied (BVerwG, U.v. 25.11.1982 - 2 C 12.81 - juris Rn. 14f.; B.v. 16.1.1992 - 2 CB 25.89 - juris Rn. 3; B.v. 3.2.2009 - 2 B 29.08 - juris Rn. 6).
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Damit war der vorläufige Rechtsgrund der Fortzahlung der Bezüge an den Kläger der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30.09.2013 - AN 1 S 13.01683, mit welchem die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt wurde, sowie der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 02.07.2014 - 3 AS 14.1352, mit dem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung angeordnet wurde. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13.01.2016 - 3 B 14.1487, durch das die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG rückwirkend ab dem 30.09.2013 Wirkung entfaltete, ist für diesen Zeitraum der Rechtsgrund für die Zahlung der Dienstbezüge entfallen. Aus diesem Grund steht fest, dass der Kläger für den Zeitraum nach dem 30.09.2013 seinen Anspruch auf Besoldung verloren und die gleichwohl geleisteten Bezüge im Sinne der Bereicherungsvorschriften ohne rechtlichen Grund erlangt hat.
22
3. Zudem bildet auch die weiterhin erfolgte faktische Erfüllung der Dienstpflichten durch den Kläger keinen Rechtsgrund für die Fortzahlung der beamtenrechtlichen Bezüge. Die Annahme eines faktischen Beamtenverhältnisses, auf das sich der Kläger analog dem zivilrechtlich anerkannten faktischen Arbeitsverhältnis beruft, scheidet jedenfalls vorliegend aus, weil die Bezüge für die Beteiligten ohne weiteres erkennbar allein aufgrund der durch die aufschiebende Wirkung bedingten verfahrensrechtlichen Fiktion eines fortdauernden Beamtenverhältnisses gezahlt worden sind. Gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung bedarf es der Rechtsfigur des „faktischen Beamtenverhältnisses“ auch nicht als Rechtsgrundlage einer angemessenen Gegenleistung für einen während der aufschiebenden Wirkung faktisch geleisteten Dienst. Die vom Kläger durch Verrichtung des Polizeidienstes erbrachte Gegenleistung kann im Rahmen des Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG berücksichtigt werden, wonach von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden kann (BVerwG, U.v. 25.11.1982 - 2 C 12.81 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 6.4.2006 - 14 ZB 05.2474 - juris Rn. 13).
23
Überdies fehlt es auch an der Voraussetzung der auf Weiterbeschäftigung gerichteten Willensübereinstimmung der Beteiligten. Liegt keine von beiden Parteien gewollte Beschäftigung des Arbeitnehmers vor, so sind auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die rechtsgrundlos erhaltenen Leistungen nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung rückabzuwickeln (BAG, U.v. 30.4.1997 - 7 AZR 122/96 - juris Rn. 19ff.; OVG NW, B.v. 19.12.2005 - 1 E 1330/05 - juris Rn. 15). Wie der Bezügemitteilung vom 13.09.2013 zu entnehmen ist, wurde die Zahlung der Bezüge nach der Entlassung zunächst eingestellt. Infolge des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30.09.2013 (Az.: AN 1 S 13.01683) und der dadurch gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung der Klage am 30.09.2013 wurden die Bezüge fortan wieder ausgezahlt. In der Bezügemitteilung vom 01.10.2013 fand sich jedoch ein mehrfach abgedruckter Hinweis, dass die Zahlung der Bezüge ab dem 01.10.2013 unter dem Vorbehalt der teilweisen oder vollständigen Rückforderung erfolge. Es kam also erst nach Ergreifung eines Rechtsbehelfes durch den Kläger seitens des Beklagten zur Weiterbeschäftigung und Fortzahlung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der teilweisen oder vollständigen Rückzahlung. Dieser Verwaltungsvorgang sowie das weitere Vorbringen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren machen deutlich, dass der Beklagte die Bezüge nur infolge der ihm gemäß § 80 Abs. 1 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 VwGO obliegenden gesetzlichen Verpflichtung gezahlt hatte und keine Freiwilligkeit vorlag.
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4. In nicht zu beanstandender Weise gelangt der Beklagte auch zu der Einschätzung, dass der Kläger sich - unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen einer Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB - nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, denn er haftet verschärft. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Dienstbezüge, die einem entlassenen Beamten aufgrund der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage bzw. seines Widerspruchs fortgezahlt worden sind, nach rechtskräftiger Abweisung der Klage gemäß § 12 Abs. 2 BBesG (dem Art. 15 Abs. 2 BayBesG entspricht) zurückzufordern sind und der verschärften Haftung des Empfängers unterliegen (BVerwG, U.v. 25.11.1982 - 2 C 12.81 - juris Rn. 14f.; BVerwG, B.v. 16.1.1992 - 2 CB 25.89 - juris Rn. 3; B.v. 20.3.1998 - 2 B 128.97 - juris Rn. 9; B.v. 3.2.2009 - 2 B 29.08 - juris Rn.6).
25
Die Fortzahlung der Bezüge aufgrund einer gerichtlichen Anordnung während des Klageverfahrens erfolgt unter dem Vorbehalt des rückwirkenden Wegfalls des Leistungsgrundes bei Abweisung der Klage. Die Zahlungen beruhten damit auf einem Rechtsgrund, dessen Wegfall im Sinne des § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen worden und tatsächlich erfolgt ist. Der Kläger haftet damit gemäß § 820 Abs. 1 BGB i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB verschärft, d.h. er kann sich nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen (BVerwG, U.v. 25.11.1982 - 2 C 12.81 - juris Rn. 16; BVerwG, B.v. 16.1.1992 - 2 CB 25.89 - juris Rn. 6; B.v. 20.3.1998 - 2 B 128.97 - juris Rn. 9; B.v. 3.2.2009 - 2 B 29/08 - juris Rn. 7).
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Dies war für den Kläger auch klar ersichtlich. Zudem war es für den Kläger aufgrund der ihm mitgeteilten Einstellung der Zahlungen in der Bezügemitteilung vom 13.09.2013 und der Fortzahlung der Bezüge ab dem 01.10.2013 ohne weiteres erkennbar, dass die Bezüge fortan gezahlt worden sind, um der durch die aufschiebende Wirkung bedingten verfahrensrechtlichen Fiktion eines fortdauernden Beamtenverhältnisses gerecht zu werden. Hierfür ist auch nicht notwendig, dass der Vorbehalt der vollständigen oder teilweisen Rückforderung in jeder Bezügemitteilung aufgeführt wird. In hinreichender Weise wurde durch den Beklagten in der Mitteilung vom 01.10.2013 darauf hingewiesen, dass die Zahlung ab dem 01.10.2013 unter diesem Vorbehalt erfolgt und somit die folgenden Zeiträume umfasse.
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5. Gleichwohl ist auch in den Fällen der verschärften Haftung eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nicht schlechthin ausgeschlossen. Umstände, die den Verbrauch der zu Unrecht gezahlten Bezüge im Sinne dieser Rechtsprechung ausnahmsweise unter Berücksichtigung des auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatzes von Treu und Glauben als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, sind indes vom Kläger weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich (BVerwG, U.v. 27.1.1994 - 2 C 19/92 - juris Rn. 20). Ein Rechtsgrundsatz, dass der seine Entlassung anfechtende Beamte in jedem Falle die einstweilen fortgezahlten Bezüge in Höhe des notwendigen Lebensbedarfs ersatzlos verbrauchen dürfe, besteht nicht. Die Bestimmung der fortgezahlten Bezüge ist zwar der Verbrauch, aber nicht der in jedem Falle von einer Ersatzleistung befreiende Verbrauch. Anderenfalls wäre die verschärfte Haftung gem. § 820 Abs. 1 BGB nahezu gegenstandslos (BVerwG, U.v. 25.11.1982 - 2 C 12/81 - juris Rn. 17; B.v. 3.2.2009 - 2 B 29/08 - juris Rn. 9).
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6. Auch die nunmehr im Rückforderungsbescheid vom 07.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2019 getroffene Billigkeitsentscheidung gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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Gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der gleichlautenden Vorschrift in § 12 Abs. 2 Satz 3 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) bezweckt die Billigkeitsentscheidung eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 15/10 - NVwZ-RR 2012, 930/932). Dafür kommt es nicht auf die Lage in dem Zeitraum an, für den die Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf die Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung (BVerwG, U.v. 21.9.1989 - 2 C 68.86 - juris Rn. 21). Da die Billigkeitsentscheidung zu Gunsten des Schuldners den Rückzahlungsanspruch modifiziert, beurteilt sich deren Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, U.v. 8.10.1998 - 2 C 21.97 - juris Rn. 22; U.v. 25.1.2001 - 2 A 7.99 - juris Rn. 23; U.v. 28.2.2002 - 2 C 2.01 - juris Rn. 21).
30
Die Billigkeitsentscheidung kann darin bestehen, dass von der Rückforderung insgesamt oder teilweise endgültig abgesehen, dass die Rückforderung ganz oder teilweise erst für einen späteren Zeitpunkt verlangt oder dass die Rückzahlung in Teilbeträgen (Ratenzahlung) gestattet wird (BVerwG, U.v. 21.10.1999 - 2 C 27.98 - juris Rn. 28; U.v. 25.1.2001 - 2 A 7.99 - juris Rn. 22). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist daher grundsätzlich in die Ermessensentscheidung nach Art. Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG einzubeziehen (BVerwG, U.v. 21.4.1982 - 6 C 112.78 - juris Rn. 19; B.v. 11.2.1983 - 6 B 61.82 - juris Rn. 20; U.v. 27.1.1994 - 2 C 19.92 - juris Rn. 22; U.v. 26.4.2012 - 2 C 15.10 - juris Rn. 25ff.; U.v. 26.4.2012 - 2 C 4.11 - juris Rn. 19ff.).
31
Der Beklagte ermittelte im Rahmen der Billigkeitsentscheidung die Vermögensverhältnisse des Klägers im Zeitpunkt der Rückforderung, um letztlich festzustellen, in welcher Höhe der Kläger leistungsfähig ist. Weil im Rahmen der Billigkeitsentscheidung auf die Lage des Rückzahlungspflichtigen im Zeitpunkt der Rückabwicklung abzustellen ist (vgl. BVerwG, U.v. 8.10.1998 - 2 C 21/97 - juris Rn. 21), ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.
32
Die Billigkeitsentscheidung leidet nicht - wie die Klägerseite meint - an einer übermäßigen Betonung der objektiv-rechtlichen Rückzahlungspflicht. Sie bleibt hinsichtlich der berechtigten Interessen des Klägers nicht einseitig, sondern berücksichtigte dessen derzeitige Lebens- und Vermögensverhältnisse. Dass die insoweit zugrunde gelegten Annahmen unzutreffend wären, hat die Klägerseite nicht geltend gemacht. Auch drängt sich nicht der Eindruck auf, dass der Kläger nachträglich für sein zur Entlassung führendes Verhalten sanktioniert werden soll; dies wäre auch nicht die Aufgabe der Billigkeitsentscheidung (vgl. OVG NW, B.v. 19.12.2005 - 1 E 1330/05 - juris Rn. 32).
33
Weiterhin hat der Beklagte im Rahmen der Ermittlung der Höhe des belassenen Bezügeanteils ausweislich der Ausführungen des angefochtenen Bescheids keine Bewertung der Qualität der Arbeit des Klägers in der Zeit der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen seine Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis vorgenommen. Die Klägerseite weist zutreffend darauf hin, dass in einem „normalen“ Beamtenverhältnis die Alimentation, die auch dem Kläger aus dem Probebeamtenverhältnis geschuldet war, grundsätzlich nicht von Umfang und Qualität der Arbeitsleistung abhängig ist. Diese Erwägung muss jedenfalls in gewissem Umfang auch im vorliegenden Fall zum Tragen kommen, wenngleich das Pflichtenverhältnis nach der Entlassung auf einer anderen Grundlage beruhte. Dies hat das Landesamt für Finanzen im angegriffenen Bescheid jedoch berücksichtigt.
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Ein Widerspruch zu dem Gesichtspunkt der Fürsorge ist auch deswegen nicht auszumachen, weil der Beklagte dem Kläger während des Laufs der aufschiebenden Wirkung die Bezüge jedenfalls in Höhe der Sozialleistungen belassen hat. Denn durch die kraft Gesetzes erforderliche fortwährende Bezügezahlung wurde dem Kläger während dieses Zeitraums die Möglichkeit genommen, nicht rückzahlbare Sozialhilfe zu erhalten, die er jedenfalls bei später bestandkräftig werdender Entlassung nicht hätte zurückzahlen müssen. Da Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II jedenfalls nicht für zurückliegende Zeitraume gezahlt wird, hat der Beklagte mit der Belassung der Bezüge in Höhe von ca. 60% den Kläger während des Laufs der aufschiebenden Wirkung nicht einkommenslos gestellt, sondern ihm finanzielle Mittel belassen, die er zur Deckung seines allgemeinen Lebensbedarfs benötigte. Auch hat der Beklagte insoweit zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger auch während der gerichtlicherseits angeordneten aufschiebenden Wirkung und deswegen fortwährender Bezügezahlung nach seiner Entlassung tatsächlich Dienst geleistet hat. Der Umstand, dass der Kläger seine Arbeitskraft dem Dienstherrn tatsächlich zur Verfügung gestellt und Leistungen erbracht hat, floss ausweislich der Ausführungen des angegriffenen Bescheids in die Billigkeitserwägungen des Beklagten ein. Einen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass in Fällen tatsächlicher Dienstleistung eines entlassenen Beamten nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen seine Entlassung diesem die vollen Bezüge zu belassen wären, gibt es nicht und kann auch dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.10.1999 - 2 C 11/99 - juris Rn. 26 nicht entnommen werden. Dieser Entscheidung ist letztlich nur zu entnehmen, dass der Dienstherr bei der Ausübung des Ermessens in die Abwägung einstellen muss, dass der rechtsfehlerhaft ernannte Beamte ebenso wie der wirksam ernannte Beamte seine Arbeitskraft dem Dienstherrn tatsächlich zur Verfügung gestellt und ebenso Leistungen erbracht hat. Als Ergebnis der Ermessensausübung wird deshalb in den meisten Fällen die grundsätzlich volle Belassung der gezahlten, dem vermeintlichen Beamtenverhältnis entsprechenden Bezüge nahe liegen (vgl. auch Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht, 20. Edition, Stand: 01.04.2020, § 15 BBG, Rn. 13). Dies dürfte zwar grundsätzlich auch auf die hier vorliegende Konstellation einer Rückforderung rechtsgrundlos erlangter Bezüge infolge einer wiederhergestellten aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Entlassverfügung nach deren Bestandskraft übertragbar sein. Jedoch erscheint es sachgerecht, dass seitens des Beklagten in der hier vorliegenden Fallgestaltung der Umstand berücksichtigt wurde, dass an der Dienstleistung des Klägers im verfahrensgegenständlichen Zeitraum kein Interesse mehr bestand. Zu beachten ist weiterhin, dass eine volle Bezügebelassung bei tatsächlicher Dienstleistung jedenfalls nicht für Zeiträume gilt, in denen der vermeintliche bzw. entlassene Beamte nicht gearbeitet hat. So hat es das Bundesverwaltungsgericht in der vorzitierten Entscheidung nicht beanstandet, dass die ab dem Zeitpunkt einer dauernden Erkrankung gezahlten Bezüge zurückgefordert wurden. Auch hier hat der Kläger in den Jahren 2014 und 2015 mit 42 bzw. 74 Krankheitstagen (vgl. Bl. 75ff. der Besoldungsakte, Band I) nicht gänzlich unerhebliche Fehlzeiten aufgewiesen, in denen er keine Dienstleistung erbracht hat.
35
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die höchstrichterliche Rechtsprechung stützen, wonach aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen ist, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt, weil ein Beamter, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, besser stehen müsse als ein Beamter, der die Überzahlung allein zu vertreten hat, so dass in diesen Fällen regelmäßig ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 Prozent des überzahlten Betrages angemessen erscheint (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 15.10 - juris Rn. 26; U.v. 26.4.2012 - 2 C 4.11 - juris Rn. 20).
36
Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil sich hier die Frage eines überwiegenden Mitverschuldens des Beklagten an der Entstehung der Überzahlung nicht stellt. Die klassischen Fallkonstellationen, in denen die Annahme eines überwiegenden Mitverschuldens der Behörde in Betracht kommt und die auch den o.g. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2012 zugrunde lagen, sind diejenigen einer fehlerhaften Bezügefestsetzung, bei denen der Beamte nach § 818 Abs. 4, § 819 BGB in Verbindung mit (z. B.) § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG verschärft haftet, weil der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen. Insoweit kommt die Annahme eines überwiegenden behördlichen Mitverschuldens an der Entstehung einer Überzahlung etwa dann in Betracht, wenn die Ursache für die Überzahlung auf einem Fehler des von der Bezügestelle verwendeten Computersystems oder auf einem Eingabefehler beruht und wenn weitere verschärfende Umstände - etwa ein Unbemerktbleiben des Fehlers auch bei nachfolgenden Kontrollen bzw. Eingaben in das System oder aber über längere Zeit (so in den Fällen BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 15.10; U.v. 26.4.2012 - 2 C 4.11) hinzutreten (vgl. auch Nds. OVG, B.v. 24.7.2013 - 5 LB 85/13 - juris; B.v. 5.3.2014 - 5 LA 177/13).
37
Mit einer solchen Fallkonstellation sind die Fälle der von einer Behörde von vornherein unter dem gesetzlichen Vorbehalt des rückwirkenden Fortfalls des Leistungsgrundes erbrachten Leistung jedoch nicht vergleichbar. Denn hier ist die Überzahlung als solche entstanden, weil der Beklagte der ihm gemäß § 80 Abs. 1 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 VwGO obliegenden gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen ist. Damit liegt die wesentliche Ursache der Überzahlung als solche weder in einem sorgfaltswidrigen Verhalten des Klägers noch in einem fehlerhaften Verhalten des Beklagten, sondern ist allein der gesetzgeberischen Entscheidung in § 80 Abs. 1 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 VwGO geschuldet (vgl. Nds. HOVG, B.v. 1.9.2014 - 5 LA 240/13 - ZBR 2014, 422/424).
38
Auch wird der im streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Ratenzahlungsplan hinsichtlich der Höhe der einzelnen Raten den derzeitigen und absehbaren wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers gerecht. Das Landesamt für Finanzen setzte sich im angegriffenen Rückforderungsbescheid dezidiert mit den Ausgaben und Einnahmen des Klägers auseinander und ermittelte eine Ratenhöhe, bei der es dem Kläger und seiner Familie unter Deckung ihres Lebensbedarfes möglich ist, die laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Gegenteiliges wurde von Klägerseite auch nicht vorgebracht. Darüber hinaus ist insoweit ein Interesse der öffentlichen Hand an baldiger und vollständiger Realisierung von Forderungen anzuerkennen, wie es von Beklagtenseite zutreffend in die Ermessenserwägungen einbezogen wurde.
II.
39
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch die Beklagte vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.