Titel:
Erfolglose Klage gegen die Erhebung von Grabnutzungsgebühren
Normenketten:
VwGO § 74 Abs. 1 S. 2
VwVfG § 3a Abs. 2
BayVwVfG § 35
Leitsätze:
1. Eine einfache E-Mail genügt weder der Schriftform noch der elektronische Form nach § 3a VwVfG. (Rn. 21 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Erhebung eines Widerspruchs zur Niederschrift erfordert die Anwesenheit des Widersprechenden sowie dessen mündliche Erklärung und Unterschrift unter der schriftlich aufgenommenen Erklärung; eine mündliche Erklärung allein genügt für die formgerechte Erhebung des Widerspruchs nicht. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein vollstreckbares Ausstandsverzeichnis ist kein Verwaltungsakt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Statthafte Klageart gegen Säumniszuschläge bei Kommunalabgaben, Formanforderungen an die Erhebung eines Widerspruchs, Ausstandsverzeichnis kein Verwaltungsakt, Widerspruch, Schriftform, elektronische Form, einfache E-Mail, Niederschrift, vollstreckbares Ausstandsverzeichnis, Verwaltungsakt
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 23.09.2021 – 4 ZB 21.1847
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30965
Tenor
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Grabnutzungsgebühren mit Bescheid der Beklagten vom 16.08.2017 sowie gegen diesbezügliche Nebenforderungen.
2
Der Kläger ist Inhaber des Nutzungsrechts an der Grabstätte Abteilung I Grabnummern … des von der Beklagten als öffentliche Einrichtung betriebenen Friedhofs … Bevor der Beklagten mit Übernahmevertrag vom 20.12.1982 sämtliche Rechte am Friedhof von der Katholischen Pfarrpfründestiftung … übertragen wurden, wurde der Friedhof von dieser betrieben. Mit diesem Vertrag wurden darüber hinaus die Pflege des Priestergrabes sowie der Zeitpunkt für den Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten auf die Beklagte geregelt.
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Den Urgroßeltern des Klägers wurde bei Anlage des Friedhofs im Jahr 1906 durch die Katholische Pfarrpfründestiftung … ein 20 m² großer Teil des Friedhofs unentgeltlich überlassen unter der Bedingung, dass diese oder deren Kinder oder Erben auf dieser Fläche ein steinernes Kreuz sowie zwei Steinfiguren, Johannes und Maria in Lebensgröße, unentgeltlich aufstellen lassen. Nach dieser Regelung muss die Grabstätte nach Ablauf der Nutzungszeit für den festgesetzten Betrag von 10 Mark erneuert werden. Die Urgroßeltern des Klägers haben für den Friedhof ein steinernes Kreuz sowie die Figuren gespendet. Der Kläger legt hierzu die Kopie der handschriftlichen Stiftungsurkunde und eine Kopie des handschriftlichen Protokolls der Kirchenverwaltung … vom 26.07.1906 sowie eine unvollständige Wiedergabe des Inhalts dieser Dokumente in Druckschrift vor. Diese Regelung wurde im Übernahmevertrag zwischen der Katholischen Pfarrpfründestiftung … und der Beklagten nicht erwähnt.
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Am 19.03.2013 hat der Kläger beantragt, das Nutzungsrecht an der Grabstätte auf ihn zu übertragen sowie die Grabstätte zur Bestattung seines Vaters zu öffnen. Die Bestattung seines Vaters im Grab Abteilung I Grabnummer … erfolgte am 22.03.2013. Mit Bescheid vom 25.03.2013 erhob die Beklagte vom Kläger Bestattungsgebühren sowie Grabnutzungsgebühren für 22 Jahre in Höhe von 3.542,00 EUR. Mit dem Bescheid wurde die Grabstelle von 8 Grabplätzen durch die Sperrung von Tieferlegungen auf 4 Grabplätze reduziert. Darüber hinaus stellte die Beklagte dem Kläger einen Grab-Brief vom 25.03.2013 aus, nachdem die Beklagte dem Kläger im Wege der Umschreibung das Wahlgrab mit 4 Grabplätzen, Abteilung I Nr. …, zur Nutzung für die Dauer von 25 Jahren überlassen hat. Der Grab-Brief enthält den Hinweis, dass er nicht als Gebührenbeleg gelte, sowie den Vermerk, bezahlt bis 21.03.2038. Mit Bescheid vom 28.03.2013 wurde der Gebührenbescheid neu gefasst mit dem Unterschied, dass in der Neufassung Grabnutzungsgebühren nicht festgesetzt wurden. Am 09.08.2017 hat der Kläger beantragt, das Nutzungsrecht an der Grabstelle zu verlängern sowie die Grabstätte zur Bestattung seiner Mutter zu öffnen. Die Bestattung seiner Mutter erfolgte am 11.08.2017.
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Mit Bescheid vom 16.08.2017, Az. …, erhob die Beklagte vom Kläger Bestattungsgebühren sowie Grabnutzungsgebühren für die Verlängerung des Nutzungsrechts vom 01.01.2017 bis zum 10.08.2042 (26 Jahre) in Höhe von 2.002,00 EUR. Die Klägerin stellte einen neuen Grab-Brief vom 16.08.2017 zur Verlängerung der Nutzungszeit aus.
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Mit E-Mail vom 23.08.2017 an den Leiter des Referats Bau-, Grün- und Bäderbetrieb der Beklagten, in dessen Zuständigkeitsbereich auch die Friedhofsverwaltung fällt, bezieht sich der Kläger auf den Bescheid vom 16.08.2017 und macht geltend, ihm sei eine falsche und unberechtigte Rechnung gestellt worden. Für Ruhefristen müsse er nichts bezahlen, da die Grabstätte eine Stiftung seiner Familie sei. In der Folgezeit sind zwischen dem Kläger und der Beklagten E-Mails ausgetauscht worden und es hat Besprechungen gegeben.
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Mit Mahnung vom 10.11.2017 wurde der Kläger aufgefordert, die festgesetzten Verwaltungsgebühren, Bestattungsgebühren und Grabnutzungsgebühren zu zahlen. Es wurden ein Säumniszuschlag von 55,00 EUR gefordert und Mahngebühren von 15,00 EUR festgesetzt. Mit Schreiben vom 13.11.2019 wurde dem Kläger die Vollstreckung hinsichtlich Verwaltungsgebühren, Grabnutzungsgebühren, Säumniszuschlägen und Mahngebühren angedroht. Mit diesem Schreiben forderte die Beklagte einen weiteren Säumniszuschlag für 24 Monate hinsichtlich der Grabnutzungsgebühren in Höhe von 480,00 EUR und setzte Zustellungskosten in Höhe von 4,11 EUR fest. Dieses Schreiben wurde mit Postzustellungsurkunde an den Kläger zugestellt am 14.11.2019. Mit Ausstandsverzeichnis vom 10.12.2019 wurde bezüglich der Grabnutzungsgebühren ein weiterer Säumniszuschlag in Höhe von 20,00 EUR gefordert. Auf Grundlage dieses Ausstandsverzeichnisses hat die Beklagte mit Schreiben vom 13.12.2019 bei der Gerichtsvollzieherverteilstelle des Amtsgerichts … beantragt, dem Kläger die Vermögensauskunft abzunehmen sowie die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Klägers durchzuführen. Mit Schreiben vom 06.01.2020 gab der Gerichtsvollzieher dem Kläger Gelegenheit, die sich aus dem Ausstandsverzeichnis vom 10.12.2019 sowie aus Gerichtsvollzieherkosten ergebende Forderung in Höhe von 2.676,22 EUR innerhalb von 2 Wochen zu zahlen, und legte den Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 30.01.2020 fest. Mit Schreiben vom 02.02.2020 teilte der Gerichtsvollzieher der Beklagten mit, der Kläger sei zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht erschienen.
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Am 29.01.2020 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben sowie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (B 4 S 20.97) gestellt. Zur Begründung trägt der Kläger vor, seine Urgroßeltern hätten bei der Neuanlage des Friedhofs in … eine Stiftung getätigt, die geknüpft gewesen sei an die immerwährende kostenlose Nutzung einer Grabstelle im Friedhof von … Das von ihnen gespendete steinerne Kreuz und die Figuren seien Eigentum der Pfarrpfründestiftung geworden. Im Zeitraum von 1906 bis 1983 sowie in der Folgezeit seien von dem Kläger und seinen Rechtsvorgängern Nutzungsgebühren nicht erhoben worden. Nutzungsgebühren seien erst erhoben worden, als die Mutter des Klägers 2017 verstorben sei. Grabnutzungsgebühren seien weder vom Kläger noch von dessen Familie bezahlt worden. Die Verlängerung des Nutzungsrechts vom 01.01.2017 bis 10.08.2042 sei teilweise rückwirkend erfolgt. Die Laufzeit des Vertrages sei willkürlich bestimmt worden. Nachdem die Rechnung beim Kläger eingegangen sei, habe er sich sofort geäußert und dieser mit E-Mail vom 23.08.2017 widersprochen und damit Widerspruch erhoben. Darüber hinaus habe es zwei Besuche des Klägers im Bürgermeisteramt gegeben, bei denen der Oberbürgermeister nicht anwesend gewesen sei. Der Kläger habe seinen Widerspruch der anwesenden Sekretärin deutlich mitgeteilt. Dann sei es in der Innenstadt während des Wahlkampfes zur Europawahl und im November 2019 nach einer Bürgerversammlung im Sportverein … zu Gesprächen mit dem Oberbürgermeister gekommen. Innerhalb der Widerspruchsfrist habe es eine Vorsprache des Klägers beim Amtsleiter in dessen Büro im Friedhofsamt gegeben. Im April 2019 habe es dann noch ein Gespräch zwischen den Parteien gegeben, bei dem der Kläger verdeutlicht habe, dass er Widerspruch erhoben habe und diesen aufrechterhalte. Darüber hinaus sei der Kläger im Friedhofsamt gewesen und habe der Beschäftigten dort seinen Widerspruch vorgetragen. Damit habe der Kläger nicht nur per E-Mail, sondern auch zur Niederschrift bei persönlicher Vorsprache Widerspruch erhoben. Die Beklagte habe sich bisher nicht auf Bestandskraft des Bescheides vom 16.08.2017 berufen. Der Kläger macht die Einrede der Verjährung sowie die Einrede der Verwirkung geltend. Jahrzehntelang seien von der Pfarrpfründestiftung und der Beklagten keine Liegegebühren erhoben worden. Nach Erhalt des Gebührenbescheides vom 16.08.2017 habe der Kläger über 2 Jahre mit der Beklagten verhandelt.
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Der Kläger ist der Ansicht, er müsse keine Gebühren für die Nutzung der Grabstelle entrichten. Die Beklagte müsse sich an die mündlichen und schriftlichen Zusagen ihrer Rechtsvorgänger halten, da die Beklagte sich mit Vertrag vom 20.12.1982 verpflichtet habe, alle Rechte und Pflichten zu übernehmen. Darüber hinaus stehe der Erhebung von Grabnutzungsgebühren der Grab-Brief vom 25.03.2013 entgegen, der eine Nutzungsdauer bis 21.03.2038 belege.
I. festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an die Beklagte 2.676,22 EUR (Grabnutzungsgebühr zuzüglich Nebenforderungen) zu zahlen;
II. den Bescheid der Beklagten vom 16.08.2017, Az. …, für ungültig zu erklären, soweit eine Zahlung für das Grabnutzungsrecht in Höhe von 2.002,00 EUR gefordert wird sowie
III. das Ausstandsverzeichnis der Beklagten vom 10.12.2019, Az. …, aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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Im Protokoll der Kirchenverwaltung … vom 26.07.1906 sei nicht von einer gebührenfreien Nutzung, sondern lediglich von einer unentgeltlichen Überlassung der Grabstätte die Rede. Von den jeweilig Grabnutzungsberechtigten der Familie des Klägers seien in der Vergangenheit die laufenden und fälligen Grabstättengebühren durch Gebührenbescheide eingefordert und von diesen auch bezahlt worden. Die fortlaufenden Gebührenfestsetzungen und Ausgleichszahlungen durch die jeweiligen Grabnutzungsberechtigten belegten, dass keine der Parteien jemals von einer bestehenden grundsätzlichen Gebührenbefreiung ausgegangen sei. Darüber hinaus habe die Beklagte stets auf die Grabstättengebührenpflicht hingewiesen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, die Regelung im Protokoll der Kirchenverwaltung … vom 26.07.1906 entfalte, soweit sie vollzogen worden sei, eine rechtliche Bindung lediglich zwischen der seinerzeit selbstständigen Kirchenverwaltung und den beiden Stiftern sowie deren Rechtsnachfolgern. Die Beklagte habe ein Versäumnis der vormalig für die Friedhofsverwaltung zuständigen Gemeinde …, soweit dies tatsächlich gegeben sei, nicht zu vertreten. Aus dem Umstand, dass gegenüber den jeweils Grabnutzungsberechtigten bei Bestattungen Gebührenrechnungen erlassen worden seien, von denen jeweils nur die Bestattungsgebühren ausgeglichen worden seien, könne der Kläger nicht ableiten, dass eine Gebührenschuld und Zahlungspflicht nicht bestehe. Soweit mit Gebührenbescheid vom 28.03.2013 die Gebühren auf den streitfreien Betrag der Bestattungsgebühren reduziert worden seien, sei hiermit eine abschließende Entscheidung über die Grabnutzungsgebühren nicht getroffen worden.
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Mit Schreiben vom 13.02.2020 im Verfahren B 4 S 20.97 teilte die Beklagte mit, dass die Vollziehung des Gebührenbescheides bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt werde. Mit Beschluss vom 06.03.2020 (B 4 S 20.97) wurde das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz eingestellt. Mit Schreiben des Gerichts vom 27.05.2020 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 16.08.2017 bestandskräftig sei, da mit der E-Mail des Klägers vom 23.08.2017 kein wirksamer Widerspruch erhoben worden sei.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte mit dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19.05.2021 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 S. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
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I. Die auf Feststellung gerichtete Klage, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an die Beklagte 2.676,22 EUR zu zahlen, ist nicht zulässig. Die Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht statthaft, da der Kläger seine Rechte hätte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen können. Denn die in dieser Gesamtforderung, die vom Gerichtsvollzieher mit Schreiben vom 06.01.2020 geltend gemacht wurde, enthaltenen Teilbeträge sind zuvor jeweils von der Beklagten festgesetzt worden oder, soweit es sich um Säumniszuschläge handelt, nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. a des Kommunalabgabengesetzes - KAG - i.V. m. § 218 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 der Abgabenordnung - AO - mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes entstanden. Gegen die Festsetzungen war jeweils die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO statthaft. Gegen die mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes entstandenen Säumniszuschläge war die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO auf Erlass eines Abrechnungsbescheids nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. a KAG i.V. m. § 218 Abs. 2 AO statthaft, der darüber hinaus zuvor bei der Beklagten zu beantragen gewesen wäre.
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II. Die Klage ist auch unzulässig, soweit mit dem Klageantrag zu 2 begehrt wird, den Bescheid der Beklagten vom 16.08.2017 hinsichtlich der geforderten Zahlung von 2002,00 EUR für das Grabnutzungsrecht für ungültig zu erklären.
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1. Auch wenn diese Klage unter Zugrundelegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16.08.2017 bezüglich der Festsetzung von Grabnutzungsgebühren in Höhe von 2.002,00 EUR auszulegen ist, ist die Klage aufgrund des Ablaufs der Klagefrist nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheides unzulässig.
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a) Für den Beginn der Klagefrist ist nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO auf die Bekanntgabe des Bescheides und nicht nach § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO auf die Zustellung eines Widerspruchsbescheides, der vorliegend nicht ergangen ist, abzustellen. Denn das nach § 68 Abs. 1 S. 2 1. Alt. VwGO i.V. m. Art. 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - fakultative Widerspruchsverfahren wurde nicht durchgeführt, da vom Kläger kein Widerspruch in der nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderlichen Form erhoben wurde. Danach ist der Widerspruch schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetztes - VwVfG - oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
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aa) Die E-Mail des Klägers vom 23.08.2017 an den Leiter des Referats Bau-, Grün- und Bäderbetrieb der Beklagten genügt weder der Schriftform noch der elektronischen Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG.
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Die Schriftform bezweckt, eine zuverlässige Grundlage für die weitere Sachbehandlung zu schaffen. Dies erfordert zum einen die schriftliche Festlegung des Inhalts der Erklärung und zum anderen müssen der Urheber der Widerspruchserklärung und sein Wille erkennbar werden, die Erklärung in den Rechtsverkehr zu bringen. Dies erfordert in aller Regel die eigenhändige Unterschrift (vgl. § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 70 Rn. 2). Zwar ist mit der E-Mail der Inhalt der darin enthaltenen Erklärung festgelegt, dies allerdings nicht in einer gegen nachträgliche Manipulation gesicherten Weise. Darüber hinaus sind der Urheber der Widerspruchserklärung und sein Wille, die Erklärung in den Rechtsverkehr zu bringen, nicht hinreichend zuverlässig erkennbar. Denn eine einfache E-Mail lässt nicht erkennen, ob diese tatsächlich vom in der E-Mail genannten Absender stammt und ob diese auch tatsächlich mit Willen des genannten Absenders versendet wurde.
23
Die elektronische Form setzt nach § 3a Abs. 2 S. 2 VwVfG ein elektronisches Dokument voraus, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Mit einer solchen Signatur ist die E-Mail des Klägers nicht versehen. Weiter wurde die E-Mail auch nicht in einer die Schriftform nach § 3a Abs. 2 S. 4 VwVfG ersetzenden Weise an die Beklagte übermittelt.
24
bb) Der Kläger hat auch nicht formwirksam zur Niederschrift bei der Beklagten Widerspruch erhoben. Die Erhebung eines Widerspruchs zur Niederschrift erfordert die Anwesenheit des Widersprechenden sowie dessen mündliche Erklärung und Unterschrift unter der schriftlich aufgenommenen Erklärung (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 70 Rn. 2).
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Für eine formwirksame Widerspruchserhebung fehlt die schriftliche Aufnahme der Widerspruchserklärung des Klägers sowie dessen Unterschrift. Deshalb war dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, die Zeugen Frau L. und Herrn M. zu der Tatsache zu vernehmen, dass der Kläger fristgerecht Widerspruch erhoben hat, nicht nachzukommen. Denn es ist unbestritten, dass der Kläger innerhalb der Widerspruchsfrist bei den bei der Beklagten tätigen Zeugen vorgesprochen hat, allerdings ist auch unstreitig, dass im Rahmen dieser Vorsprachen kein Schriftstück mit der Unterschrift des Klägers gefertigt wurde. Die mündliche Erklärung allein genügt für die formgerechte Erhebung des Widerspruchs nicht.
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b) Die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheides vom 16.08.2017 war zum Zeitpunkt der Klageerhebung mit Eingang der Klage bei Gericht am 29.01.2019 bereits abgelaufen. Sie endete nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -, § 188 Abs. 2 1. Alt. BGB spätestens mit Ablauf des 25.09.2017, denn dem Kläger war der Bescheid spätestens am 23.08.2017 bekanntgegeben, da der Kläger mit E-Mail vom 23.08.2017 auf den Bescheid Bezug nahm. Da der 23.09.2017 ein Samstag war, endete die Frist nach § 222 Abs. 2 ZPO mit Ablauf des nächsten Werktages, also am Montag, den 25.09.2017.
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2. Die Klage auf Ungültigerklärung des Bescheides der Beklagten vom 16.08.2017 wäre auch unzulässig, würde man sie unter Zugrundelegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) auslegen, mit der Zielrichtung, die Beklagte zu verpflichten, die bereits begonnene Vollstreckung aus dem Bescheid vom 16.08.2017 nach Art. 21 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes - BayVwZVG - für unzulässig zu erklären oder einzustellen. Für eine darauf gerichtete Klage fehlt das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, da der Kläger das Ziel, eine Entscheidung nach Art. 21 BayVwZVG zur erhalten, schneller und einfacher durch einen zunächst bei der Beklagten als Anordnungsbehörde (Art. 20 Nr. 1 BayVwZVG) zu stellenden Antrag erreichen kann. Darüber hinaus hätte der Kläger mit einem solchen Antrag - ohne dass es darauf für die Entscheidung über die Klage ankäme - wohl in der Sache keinen Erfolg, da die vom Kläger gegen den Bescheid vom 16.08.2017 geltend gemachten Einwendungen nicht erst nach Erlass des Bescheides entstanden sind (Art. 21 S. 2 BayVwZVG).
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III. Weiter ist auch die Klage auf Aufhebung des Ausstandsverzeichnisses vom 10.12.2019 unzulässig. Gegen das Ausstandsverzeichnis ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO nicht statthaft, da das Ausstandsverzeichnis keinen Verwaltungsakt i. S. d. Art. 35 S. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - BayVwVfG - beinhaltet. Der Klausel nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG zur Vollstreckbarkeit des Ausstandsverzeichnisses fehlt die Außenwirkung. Denn bei der mit Erstellung des Ausstandsverzeichnisses getroffenen Vollstreckungsanordnung handelt es sich um eine rein innerbehördliche Mitteilung an den Gerichtsvollzieher (VG Augsburg, B.v. 20.12.2016 - Au 7 E 16.1598 - juris Rn. 42; LG München II, B.v. 29.10.2010 - 6 T 4893/10 - BeckRS 2011, 27562 Rn. 17). In Bezug auf den erstmals mit dem Ausstandsverzeichnis geltend gemachten weiteren Säumniszuschlag in Höhe von 20 EUR fehlt eine Regelung, da Säumniszuschläge nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. b lit. dd des Kommunalabgabengesetzes - KAG - i.V. m. § 240 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. a KAG i.V. m. § 218 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 AO mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes entstehen, also keiner Festsetzung durch Verwaltungsakt bedürfen.