Inhalt

VGH München, Beschluss v. 28.09.2021 – 25 NE 21.2372
Titel:

Normenkontrollantrag, einstweilige Anordnung, Masken- und Testpflicht bei Teilnahme am schulischen Präsenzunterricht

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 6
14. BayIfSMV § 13
Schlagworte:
Normenkontrollantrag, einstweilige Anordnung, Masken- und Testpflicht bei Teilnahme am schulischen Präsenzunterricht
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30952

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin, die eine Grundschule in Bayern besucht, beantragt zuletzt, § 13 der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (14. BayIfSMV vom 1. September 2021, BayMBl. 2021 Nr. 615, zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. September 2021, BayMBl. 2021 Nr. 661), die mit Ablauf des 1. Oktober 2021 außer Kraft tritt (§ 20 Abs. 1 14. BayIfSMV), durch Erlass einer einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen.
2
Die Regelung hat folgenden Wortlaut:
㤠13
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Schulen
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(1) Für den Unterricht und sonstige Schulveranstaltungen, die Mittagsbetreuung an Schulen sowie den Lehr- und Studienbetrieb am Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern und am Staatsinstitut für die Ausbildung von Förderlehrern gilt § 2 mit folgenden Maßgaben:
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1. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 findet keine Anwendung.
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2. Schülerinnen und Schüler bis einschließlich Jahrgangsstufe 4 dürfen statt einer medizinischen Gesichtsmaske auch eine textile Mund-Nasen-Bedeckung tragen.
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3. Die Maskenpflicht entfällt
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a) während des Sportunterrichts,
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b) für Schülerinnen und Schüler nach Genehmigung des aufsichtführenden Personals aus zwingenden pädagogisch-didaktischen oder schulorganisatorischen Gründen oder
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c) während einer Stoßlüftung des Klassen- oder Aufenthaltsraums.
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(2) 1Die Teilnahme am Präsenzunterricht, an sonstigen Schulveranstaltungen oder schulischen Ferienkursen in Präsenz sowie an der Mittags- und Notbetreuung ist Schülerinnen und Schülern nur erlaubt, wenn sie drei Mal wöchentlich einen Testnachweis nach § 3 Abs. 4 Nr. 1, 2 erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben. 2Für Schülerinnen und Schüler der Grundschulstufe sowie an Förderschulen mit den Schwerpunkten geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie Sehen gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass an die Stelle dreier wöchentlicher Selbsttests nach Entscheidung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zwei wöchentliche PCR-Pooltestungen treten können. 3Bei einem Infektionsfall in einer Klasse kann die Kreisverwaltungsbehörde für die Teilnehmer dieser Klasse tägliche Testnachweise anordnen. 4Die Schule verarbeitet das Testergebnis für die Zwecke nach Satz 1 und 2. 5Eine Übermittlung von Testdaten an Dritte findet im Übrigen vorbehaltlich von Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz nicht statt. 6Bei der Teilnahme an PCR-Pooltestungen gelten die mit der Testung beauftragten Labore und Transportpersonen nicht als Dritte im Sinne von Satz 5. 7Das Testergebnis wird höchstens 14 Tage aufbewahrt. 8Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf kann das Staatsministerium für Unterricht und Kultus Ausnahmen bekanntmachen. 9Für die Lehrkräfte und sonstige an Schulen tätige Personen gelten hinsichtlich ihrer Tätigkeit in den Schulräumen sowie den Räumen der Mittagsbetreuung die Sätze 1 und 3 bis 7 mit der Maßgabe entsprechend, dass ein Selbsttest auch außerhalb der Schule und ohne Aufsicht vorgenommen werden kann, wenn die Person versichert, dass das Testergebnis negativ ausgefallen ist; soweit das Testergebnis für außerschulische Zwecke Verwendung finden soll, ist der Selbsttest unter Aufsicht in der Schule durchzuführen.“
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Zur Begründung ihres Antrags trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, die angegriffenen Vorschriften verletzten sie in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und in ihrem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), die Freiheit der Lehre (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG), den Schutz von Ehe, Familie und das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 und 4 GG) sowie die Regelungen über das Schulwesen in Art. 7 Abs. 1 GG. Der Normgeber habe unverhältnismäßige, vor allem ungeeignete Maßnahmen ergriffen.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sei in seinem Beschluss vom 12. April 2021 von fehlerhaften Annahmen ausgegangen, weil faktisch eine Testpflicht bestehe und nicht ausdrücklich für Kinder zugelassene Testkits in den Schulen Verwendung fänden. Die Auswahl der Testformen sei willkürlich. Eingesetzte Tests stünden im Verdacht, krebserregende Substanzen zu beinhalten. Die Maßnahme sei ungeeignet, weil die Fehlerquote bei Selbsttestung durch Minderjährige 58% betrage. Es sei daher nicht hinreichend sichergestellt, dass eine relevante Anzahl positiv infizierter Schüler erkannt werde. Die Ungeeignetheit ergebe sich auch aus einem vom Amtsgericht Weimar (B.v. 8.4.2021 - 9 F 148/21) eingeholten Gutachten (im Einzelnen erläutert). Es gebe weniger eingriffsintensive Testformen, weshalb auch die Erforderlichkeit zu verneinen sei. Die Testpflicht sei auch unangemessen.
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Die Maskenpflicht sei ebenfalls unverhältnismäßig. Sie sei bereits ungeeignet, das Pandemiegeschehen einzudämmen. Auf die Beschlüsse des Amtsgerichts Weimar (B.v. 8.4.2021 - 9 F 148/21) und des Amtsgerichts Weilheim (B.v. 13.4.2021 - 2 F 192/21) werde verwiesen (im Detail dargestellt). Als mildere Mittel kämen etwa Luftfiltersysteme in Betracht. Die Maßnahme sei aufgrund der zu erwartenden Beeinträchtigungen auch unangemessen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
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A. Der zulässige Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des § 13 Abs. 1 i.V.m. § 2 14. BayIfSMV (Maskenpflicht) ist unbegründet.
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Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache gegen § 13 Abs. 1 i.V.m. § 2 14. BayIfSMV hat unter Anwendung des geltenden Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO (I.) bei summarischer Prüfung keine durchgreifende Aussicht auf Erfolg (II.). Auch eine hiervon unabhängige Folgenabwägung geht zulasten der Antragstellerin aus (III.).
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I. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 u.a. - ZfBR 2015, 381 - juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 - 4 B 480/19.NE - NVwZ-RR 2019, 993 - juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.
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Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 u.a. - ZfBR 2015, 381 - juris Rn. 12).
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Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 u.a. - juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
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II. Nach diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 - ZfBR 2015, 381 - juris Rn. 14) voraussichtlich nicht gegeben.
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1. Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die Maskenpflicht nach § 13 Abs. 1 i.V.m. § 2 14. BayIfSMV mit § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2 (Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung), § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG (Auflagen für die Fortführung des Schulbetriebs) eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage hat (BayVGH, B.v. 8.12.2020 - 20 NE 20.2461 - juris Rn. 24 ff.; B.v. 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 31). Jedenfalls bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine durchgreifenden Bedenken dahingehend, dass die vorgenannten Bestimmungen eine ausreichende Verordnungsermächtigung für die durch sie erfolgenden Grundrechtseingriffe darstellen und sie insbesondere auch dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechen.
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2. Die angegriffene Regelung ist voraussichtlich materiell rechtmäßig, weil sie mit den Ermächtigungsgrundlagen im Einklang steht und sich bei summarischer Prüfung nicht als unverhältnismäßig erweist.
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Zur Begründung kann zunächst auf die bisherige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verwiesen werden. Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der Maskenpflicht hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Beschlüssen vom 9. Juli 2021 (Az.: 25 NE 21.1757 - juris), 5. Juli 2021 (Az. 25 NE 21.1779), 22. Juni 2021 (Az. 25 NE 21.1654), 10. Mai 2021 (Az. 20 NE 21.1328), 4. Mai 2021 (Az. 20 NE 21.1119, BeckRS 2021, 10013), 16. März 2021 (Az. 20 NE 21.627 - BeckRS 2021, 4746), 15. Februar 2021 (Az. 20 NE 21.411 - juris), 29. Januar 2021 (Az. 20 NE 21.201 - BeckRS 2021, 791), 28. Januar 2021 (Az. 20 NE 21.136 - BeckRS 2021, 970), 7. September 2020 (Az. 20 NE 20.1981 - BeckRS 2020, 21962), 8. Dezember 2020 (Az. 20 CE 20.2875 - BeckRS 2020, 34824) und vom 3. Dezember 2020 (Az. 20 CE 20.2809 - BeckRS 2020, 34848) abgelehnt.
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Im Zeitpunkt des Erlasses der 14. BayIfSMV am 1. September 2021 wie auch der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen des § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2 und 16 IfSG weiterhin vor.
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a) Der Deutsche Bundestag hat die in § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG vorgesehene Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit Blick auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 erstmals am 25. März 2020 getroffen (BT-PlPr 19/154, 19169C). Er hat diese Feststellung seither auch nicht - wie in § 5 Abs. 1 IfSG vorgesehen - aufgehoben und diese Aufhebung im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht, sondern am 18. November 2020, am 4. März 2021, am 11. Juni 2021 und zuletzt am 25. August 2021 den Fortbestand einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG für weitere drei Monate festgestellt (vgl. BT-Drs. 19/24387; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/27196; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/30398; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/32091, BT-PlPr 19/238 S. 21076C).
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b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite bleibt zunächst festzustellen, dass die in § 13 Abs. 1 i.V.m. § 2 14. BayIfSMV verankerte Maskenpflicht grundsätzlich eine zur Bekämpfung von COVID-19 geeignete Infektionsschutzmaßnahme darstellt.
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Mit der Aufnahme in den Katalog der Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG hat der Gesetzgeber die Entscheidung, dass es sich bei der Maskenpflicht grundsätzlich um eine notwendige und damit auch eine geeignete Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handeln kann, vorweggenommen. Die angegriffene Maßnahme dient der Vermeidung der Virusübertragung in Gebäuden und geschlossenen Räumen auf dem Schulgelände, wo das Abstandsgebot zu anderen Schülern nach § 1 Satz 1 14. BayIfSMV (§ 28a Abs. 1 Nr. 1 IfSG) gerade im Rahmen des wieder zugelassenen flächendeckenden Regelschulbetriebs zunehmend nicht mehr eingehalten werden kann.
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Der Bundesgesetzgeber sieht die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) als einen zentralen Baustein zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 an. Sie stellt eine notwendige und einfache Schutzmaßnahme dar. Wissenschaftliche Studien belegen den signifikanten Nutzen zur Verringerung der Infektionszahlen (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/23944, S. 32; vgl. etwa https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Mund_Nasen_Schutz.html; siehe auch https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/question-and-answers-hub/q-adetail/q-a-on-covid-19-and-masks). Dies gilt erst Recht für die Pflicht zum Tragen medizinischer Gesichtsmasken im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV. Bei SARS-CoV-2 spielt nicht nur die Übertragung durch Tröpfchen, sondern auch über Aerosole eine besondere Rolle, wodurch in Innenräumen das Risiko einer Übertragung z.B. bei lautem Sprechen deutlich ansteigt. Nach Einschätzung des hierzu berufenen Robert-Koch-Instituts (RKI), dessen Expertise der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht beimisst (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 28/20 - NJW 2020, 1427 - juris Rn. 13; VerfGH, E.v. 26.3.2020 - Vf. 6-VII-20 - juris Rn. 16), können Masken zwar nicht sicher vor einer Ansteckung schützen, aber die Freisetzung von Aerosolen reduzieren und so einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Virus leisten (aktuelle Risikobewertung des RKI v. 24.9.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html).
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c) Die vom Verordnungsgeber getroffene Gefährdungsprognose, dass die beanstandete Verpflichtung der Schüler zum Tragen einer „einfachen Community-Maske“ (textile Mund-Nasen-Bedeckung) für Grundschüler und einer medizinischen Gesichtsmaske in den höheren Klassenstufen nach § 13 Abs. 1 i.V.m. § 2 14. BayIfSMV, die im Übrigen nur in Gebäuden und in geschlossenen Räumen gilt, bei summarischer Prüfung eine erforderliche und gemäß § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG notwendige Schutzmaßnahme darstellt, ist auch gegenwärtig nicht zu beanstanden.
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(1) Nach der aktuellen Risikobewertung des RKI vom 24. September 2021 (https:// www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html) wird die Gefährdung für die Gesundheit der nicht vollständig geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt weiterhin als hoch, für vollständig Geimpfte als moderat eingeschätzt. Nach einem Anstieg der Fälle im ersten Quartal 2021 und deutlichem Rückgang der 7-Tage-Inzidenzen und Fallzahlen im Bundesgebiet im zweiten Quartal sind die Fallzahlen zuletzt in allen Altersgruppen wieder angestiegen. In Bayern liegt die landesweite 7-Tage-Inzidenz aktuell bei 83,1 und der 7-Tage-R-Wert bei 0,99. In den sieben vergangenen Tagen wurden bayernweit 199 an COVID-19 erkrankte Personen in ein bayerisches Krankenhaus eingewiesen; 269 Intensivbetten sind durch an COVID-19 erkrankte Personen derzeit belegt (Stand 27.9.2021, https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_ coronavirus/index.htm). Es lassen sich nicht alle Infektionsketten nachvollziehen. Häufungen werden oft in Privathaushalten und in der Freizeit (z.B. im Zusammenhang mit Reisen) und größere Ausbrüche bei Veranstaltungen dokumentiert, z.B. bei Tanz-, Gesangs- und anderen Feiern, besonders auch bei Großveranstaltungen und in Innenräumen, in denen - insbesondere bei schlechter Belüftung - eine Übertragung durch Aerosole allein durch die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln nicht sicher verhindert werden kann. Neben den AHA-Regeln können Tests als ein zusätzliches Element durch frühe Erkennung der Virusausscheidung vor dem Auftreten von Krankheitszeichen die Sicherheit weiter erhöhen (RKI, Risikobewertung, a.a.O.).
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Die Zahl der Todesfälle befindet sich aktuell auf niedrigem Niveau mit leicht steigender Tendenz. Die Zahl schwerer Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, steigt derzeit ebenfalls wieder an. Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe steigt mit zunehmendem Alter und bei bestehenden Vorerkrankungen; allerdings kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren oder zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen können auch nach leichten Verläufen auftreten. Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen. Die Anforderungen an das Gesundheitssystem waren in weiten Teilen Deutschlands vorübergehend sehr hoch, so dass das öffentliche Gesundheitswesen und die Einrichtungen für die stationäre medizinische Versorgung örtlich an die Belastungsgrenze kamen. Da eine vollständige Impfung mit den verfügbaren Impfstoffen auch bei der in Deutschland nun dominierenden Delta-Variante (VOC B.1.617.2) einen guten Schutz vor der Entwicklung einer COVID-19-Erkrankung (insbesondere vor einem schweren Verlauf) bietet, ist davon auszugehen, dass mit steigenden Impfquoten auch eine Entlastung des Gesundheitssystems einhergeht (RKI, Risikobewertung, a.a.O.; vgl. auch Schuppert/Weber-Carstens/Karagiannidis, Intensivbettenbedarf für COVID-19 im Herbst/Winter 2021, abrufbar unter https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-021-00862-9.pdf). In Bayern haben bis zum 27. September 2021 rund 64,5% der Bevölkerung eine Erstimpfung und 61,7% den vollständigen Impfschutz erhalten, wobei letztere Quote in der Altersgruppe der 18 bis 59-Jährigen bei 67,2% und in der Altersgruppe der über 60jährigen bei 81,8% liegt (Impfmonitoring des RKI, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquoten-Tab.html). Damit liegt die Impfquote aber noch deutlich von einer sog. Herdenimmunität entfernt (rund 85% vollständig Geimpfte in der Altersgruppe der 12 bis 59-Jährigen sowie von 90% für Personen ab dem Alter von 60 Jahren, vgl. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/27_21.pdf? blob=publicationFile).
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Internationale Studien weisen darauf hin, dass die Delta-Variante, die in den letzten Wochen die dominierende Variante in Deutschland geworden ist, verglichen mit früher dominierenden Varianten zu schwereren Krankheitsverläufen mit mehr Hospitalisierungen und häufigerer Todesfolge führen kann. Aufgrund der leichteren Übertragbarkeit dieser Variante und der noch nicht ausreichenden Impfquoten muss mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen in den nächsten Wochen gerechnet werden. Nur bei einer niedrigen Zahl von neu Infizierten und einem hohen Anteil der vollständig Geimpften in der Bevölkerung können viele Menschen, nicht nur aus den Risikogruppen wie ältere Personen und Menschen mit Grunderkrankungen, gut vor schweren Krankheitsverläufen, intensivmedizinischer Behandlungsnotwendigkeit und Tod geschützt werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Vermeidung von Langzeitfolgen, die auch nach milden Krankheitsverläufen auftreten können. Es ist nach Einschätzung des RKI weiterhin von entscheidender Bedeutung, die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich zu halten und Ausbrüche zu verhindern. Nur dadurch kann die Belastung im Gesundheitswesen so niedrig gehalten werden, dass einerseits eine gute medizinische Versorgung aller kranken Personen (auch unabhängig von COVID-19) möglich ist und andererseits das Infektionsgeschehen durch die Gesundheitsämter bearbeitet werden kann (RKI, Risikobewertung, a.a.O.).
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Immer noch sind viele europäische Staaten, so auch in direkter Nachbarschaft zu Deutschland nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat als Hochrisikogebiete für eine Infektion mit SARS-CoV-2 eingestuft. Die Zahl der Neuinfektionen ist nicht zuletzt auch durch die insgesamt zunehmende Mobilität und insbesondere durch die Reiserückkehr aus den Sommerferien bedingt gestiegen (BT-Drs. 19/32091 S. 2). Zudem ist in einer Phase, in der die Infektionszahlen zwar steigen, insgesamt aber verhältnismäßig niedrig sind und die Impfungen in Deutschland und Europa fortschreiten, weltweit jedoch auf einem regional sehr unterschiedlichen Niveau sind, auch mit sogenannten Escape-Mutationen zu rechnen, das heißt Virusvarianten, die eine verringerte Sensitivität gegenüber den gegenwärtig verfügbaren Impfstoffen haben (BT-Drs. 19/32091 S. 3).
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(2) Vor diesem Hintergrund, namentlich der drohenden weiteren Ausbreitung von leichter übertragbaren und wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden Varianten (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 IfSG), des insbesondere unter den Schülern mit Vorerkrankungen noch nicht hinreichenden Impffortschritts sowie des Beginns einer vierten Welle, spricht aus ex-ante-Sicht vieles dafür, dass das Tragen von Masken in der Schule eine weiterhin erforderliche und notwendige Schutzmaßnahme zur Kontrolle des Infektionsgeschehens im Sinne des § 28a Abs. 3 Satz 7 IfSG in der im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Regelungen und bis zum 14. September 2021 geltenden Fassung bzw. des präventiven Infektionsschutzes gemäß des zum 15. September 2021 neu gefassten § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG darstellt. Die Wiederaufnahme des (angepassten) Regelbetriebs an Schulen, mit der der Antragsgegner dem gesetzlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag nach Art. 1 Abs. 1 BayEUG nachkommt, geht epidemiologisch mit einer gesteigerten Gefahrensituation einher, da Mindestabstände in geschlossenen Klassenräumen vielfach nicht eingehalten werden können. Die Verpflichtung, auch während des Unterrichts grundsätzlich eine Maske zu tragen, trägt dem Rechnung. Die Maßnahme soll dazu beitragen, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter den Schülern und Lehrern sowie deren Bezugspersonen außerhalb des Unterrichts zumindest zu reduzieren und hierdurch die Virusausbreitung insgesamt (bis zu einer hinreichenden Immunisierung der Bevölkerung) einzudämmen bzw. zu verlangsamen. Damit wiederum sollen insbesondere Personen, die sich aus medizinischen Gründen bislang nicht impfen lassen konnten oder für die noch kein Impfstoff zugelassen wurde (beispielsweise Schüler mit Vorerkrankungen unter zwölf Jahren), vor einem schweren Krankheitsverlauf und Langzeitfolgen geschützt und der bei einer unkontrollierten Infektionsausbreitung weiterhin bestehenden Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems vorgebeugt werden.
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Der Einwand der Antragstellerseite, der Betrieb von Luftfiltersystemen sei ein milderes Mittel, überzeugt nicht. Voraussetzung wäre, dass es sich dabei um ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung der genannten Ziele handelt (vgl. BVerfG, U.v. 14.7.1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313/375 - juris Rn. 219), was nicht der Fall ist. Vielmehr stellen Lüftungskonzepte, Testen und das Tragen von Masken Bausteine dar, die jeweils einen Beitrag zur Infektionskontrolle leisten. Luftfilteranlagen allein könnten nach Einschätzung des RKI vor allem das Tragen von Masken gerade an Schulen nicht ersetzen (vgl. RKI, FAQ „Was bringen Luftreinigungsgeräte bzw. mobile Luftdesinfektionsgeräte?“ und „Was ist aus Sicht des Infektionsschutzes im Schulumfeld zu beachten?“, abrufbar unter https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/ gesamt.html). Entsprechendes gilt für die Testungen. Gerade die Antigen-Schnelltests stellen stets nur eine Momentaufnahme dar. Deren Anwendung dreimal pro Woche bietet - auch wegen der nicht 100prozentigen Sensitivität - keine vollständige Sicherheit. Daher erscheint die Einschätzung des Verordnungsgebers, dass die Maskenpflicht neben den anderen Schutzmaßnahmen derzeit weiterhin erforderlich ist, nicht offensichtlich fehlerhaft. Nach § 28a Abs. 6 Satz 1 IfSG können Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG kumulativ neben weiteren Maßnahmen zur Infektionsbekämpfung angewendet werden, soweit und solange es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 erforderlich ist.
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d) Die angegriffene Maßnahme (Maskenpflicht) ist bei summarischer Prüfung gegenwärtig verhältnismäßig im engeren Sinne. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die oben (unter II.2.) genannten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Antragstellerpartei rechtfertigen keine andere Einschätzung.
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aa) Ein von der Antragstellerin geltend gemachter verfassungswidriger Eingriff in das Recht der betroffenen Schüler auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) liegt voraussichtlich nicht vor.
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Nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Pflicht zum Tragen einer einfachen Mund-Nasen-Bedeckung für Grundschüler und einer medizinischen Gesichtsmaske für die übrigen Schüler aus § 13 Abs. 1 i.V.m. § 2 14. BayIfSMV in verfassungswidriger Weise in deren Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eingreifen könnte.
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Das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), dem unter den grundrechtlich verbürgten Freiheiten ein besonderes Gewicht zukommt, schützt die Gesundheit im biologisch-physiologischen Sinne und betrifft damit insbesondere den Schutz gegen die Herbeiführung von Krankheiten und Gebrechen. Es erfasst aber auch nichtkörperliche Einwirkungen, die das Befinden einer Person in einer Weise verändern, die der Zufügung von Schmerzen entspricht (vgl. BVerfG, B.v. 1.12.2020 - 2 BvR 916/11, 2 BvR 636/12 - BeckRS 202, 40592 Rn 220).
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Für die Verursachung derartiger Folgen durch die Pflicht zum Tragen einer einfachen bzw. einer medizinischen Maske ist nichts Hinreichendes erkennbar. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Verordnung etwaigen Gesundheitsgefahren durch die mit dem Tragen einer solchen Maske verbundenen Belastungen bereits durch die dort vorgesehenen Ausnahmen vorzubeugen sucht. So sieht § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 14. BayIfSMV Ausnahmen von der Pflicht zum Tragen einer Maske u.a. für Personen vor, denen die Verwendung wegen einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 26.1.2021 - 20 NE 21.171 - BeckRS 2021, 796 Rn. 24; B.v. 8.9.2020 - 20 NE 20.1999 - COVuR 2020, 718). Weitere Ausnahmen sind in § 13 Abs. 1 Nr. 3 14. BayIfSMV geregelt: Die Pflicht zum Tragen einer Maske gilt für Schülerinnen und Schüler nicht im Sportunterricht (Buchst. a)) und nicht während einer Stoßlüftung des Klassen- oder Aufenthaltsraums (Buchst. c)). Ebenso wenig gilt die Verpflichtung im Freien (§ 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV).
43
Ein von Antragstellerseite ungeachtet dessen geltend gemachter Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist auf Grundlage der hier nur möglichen summarischen Prüfung nicht feststellbar. Insofern kann vollumfänglich auf den Beschluss des Senats vom 22. Juni 2021 (Az.: 25 NE 21.1654 - Rn. 49 f.) verwiesen werden, der den Bevollmächtigten der Antragstellerin und dem Antragsgegner vorliegt.
44
bb) Der verbleibende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) der davon betroffenen Schülerinnen und Schüler ist nach vorläufiger Einschätzung verhältnismäßig im engeren Sinne.
45
Den mit dem Tragen einer Maske verbundenen Beeinträchtigungen steht das mit der beanstandeten Regelung verfolgte Ziel gegenüber, einer durch eine schnelle Ausbreitung ansteckenderer Mutationen möglicherweise drohenden erneuten Beschleunigung des Infektionsgeschehens, einer Zunahme schwerer und auch tödlicher Krankheitsverläufe bei Menschen, die bislang noch nicht vollständig geimpft werden konnten, und letztlich einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken. Mildere Maßnahmen, die eine vergleichbare infektiologische Wirkung haben, sind für den Senat nicht ersichtlich. Die Maskenpflicht leistet aus Sicht des Verordnungsgebers, dem hierbei eine Einschätzungsprärogative zukommt, einen unverzichtbaren Beitrag im Rahmen seines Gesamtkonzepts. In Verbindung mit der Zugangsbeschränkung durch Tests in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, hält es der Verordnungsgeber auch angesichts des durch besorgniserregende Virusvarianten (VOC) geprägten Infektionsgeschehens für vertretbar, flächendeckende Unterrichtsangebote in Präsenzform anzubieten (vgl. Begründung der Verordnung zur Änderung der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 9.4.2021, BayMBl. Nr. 262, S. 5, auf die die Begründung der 14. BayIfSMV vom 1.9.2021 Bezug nimmt, BayMBl. Nr. 616, S. 1).
46
An der Angemessenheit der Maßnahme bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Das Maß, in dem die in Rede stehende Verpflichtung von Schülerinnen und Schülern zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder einer medizinischen Maske voraussichtlich zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beiträgt, steht zu dem Gewicht der sich für diese und ihre Eltern ergebenden Beeinträchtigungen in einem angemessenen, die Grundrechtseingriffe rechtfertigenden Verhältnis. Denn bei den Schutzmaßnahmen handelt es sich um ein Gesamtpaket, dessen Effizienz von der Funktionsfähigkeit aller Bestandteile abhängt. Die sich für die Schülerinnen und Schüler ergebenden besonderen Belastungen werden zudem durch die bereits genannten Ausnahmen sowie dadurch abgemildert, dass das Lehrpersonal auch aus zwingenden pädagogisch-didaktischen oder schulorganisatorischen Gründen zeitweise von der Maskentragepflicht befreien kann (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) 14. BayIfSMV). Durch die Befristung der Verordnung bis zum 1. Oktober 2021 (§ 20 Abs. 1 14. BayIfSMV) wird der Verpflichtung des Antragsgegners, die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Schutzmaßnahme, insbesondere vor dem Hintergrund des Impffortschritts, der Infektionslage und der Erkenntnisse zur Ausbreitung und Morbidität der Varianten, fortlaufend zu überprüfen, derzeit hinreichend Rechnung getragen.
47
cc) Ein etwaiger Eingriff in das Grundrecht der Eltern der betroffenen Schüler aus Art. 6 Abs. 2 GG, die Pflege und Erziehung ihres Kindes nach ihren eigenen Vorstellungen frei zu gestalten, wäre aus den vorstehend dargelegten Gründen voraussichtlich ebenfalls nicht unangemessen.
48
III. Eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung geht nach den eingangs dargestellten Maßstäben zulasten der Antragstellerpartei aus. Denn die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm wiegen deutlich schwerer als die Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs, die die von der Regelung betroffenen Schülerinnen und Schüler hinzunehmen haben. Diesbezüglich gelten die bereits zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne angestellten Erwägungen entsprechend.
49
B. Der zulässige Eilantrag hinsichtlich § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV (Testnachweis) bleibt nach den oben dargelegten Maßstäben in der Sache ebenfalls ohne Erfolg, weil die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht gegeben sind (I.) und eine hiervon unabhängige Folgenabwägung zu Lasten der Antragstellerin ausgeht (II.).
50
I. Bei summarischer Prüfung hat die Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg.
51
1. Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass auch die Testobliegenheit nach § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV mit § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG (Auflagen für die Fortführung des Schulbetriebs) eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage hat (BayVGH, B.v. 8.12.2020 - 20 NE 20.2461 - juris Rn. 24 ff.; B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 57). Jedenfalls bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine durchgreifenden Bedenken dahingehend, dass die vorgenannten Bestimmungen eine ausreichende Verordnungsermächtigung für die durch sie erfolgenden Grundrechtseingriffe darstellen und sie insbesondere auch dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechen. Als Ermächtigungsnorm kommt dagegen nicht § 32 Satz 1 i.V.m. § 29 IfSG in Betracht (vgl. dazu BayVGH, B.v. 2.3.2021 - 20 NE 21.1036 - juris Rn. 13; B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 57), wovon wohl auch die Antragstellerin im Ergebnis ausgeht.
52
Der Senat hält daran fest, dass auch durch die streitgegenständliche Regelung des § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV keine Testpflicht im Rechtssinne statuiert wird, weil nach dem Wortlaut die Erfüllung der Testung nicht vom Antragsgegner erzwungen werden kann; Gegenstand ist lediglich das Verbot, ohne einen hinreichenden Testnachweis oder eine in der Schule durchgeführte Selbsttestung am Präsenzunterricht, an schulischen Veranstaltungen in Präsenzphasen oder an der Mittags- und Notbetreuung teilzunehmen (vgl. VerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 16.4.2021 - 20 NE 21.1036 - juris Rn. 14, 19 ff.; B.v. 12.4.2021 - 20 NE 21.926 - juris Rn. 18 ff.; B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 58). Daher trifft Schülerinnen und Schüler lediglich eine Obliegenheit zur Testung. Dies geht auch aus der insofern weiterhin maßgeblichen Begründung der 12. BayIfSMV (BayMBl 2021 Nr. 262, vgl. die Bezugnahme durch die Begründung der 14. BayIfSMV vom 1.9.2021, BayMBl. Nr. 616, S. 1) hervor. Die Regelung des § 18 Abs. 4 12. BayIfSMV wurde in § 20 Abs. 2 13. BayIfSMV sowie in § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV inhaltlich fortgeführt, ohne dass der Normgeber dies abweichend begründet hätte (vgl. Begründung zur 13. BayIfSMV, BayMBl 2021, Nr. 385 und zur 14. BayIfSMV, BayMBl. Nr. 616). Nichts Anderes ergibt sich aus den einschlägigen Hinweisen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (https://www.km.bayern.de/allgemein/meldung/7230/selbsttests-fuer-bayerische-schuelerinnen-und-schueler.html). Erfüllen Schülerinnen und Schüler die Testobliegenheit daher nicht, findet für sie Distanzunterricht und Distanzlernen statt (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2021 - 20 NE 21.1036 - juris Rn. 14, 19 ff.; B.v. 12.4.2021 - 20 NE 21.926 - juris Rn. 18 ff.; B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 58; VerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris Rn. 26).
53
2. Die angegriffene Regelung ist voraussichtlich materiell rechtmäßig, weil sie mit den Ermächtigungsgrundlagen im Einklang steht. Im Zeitpunkt des Erlasses der 14. BayIfSMV wie auch der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG vor. Es handelt sich um eine notwendige Schutzmaßnahme zur Kontrolle des Infektionsgeschehens im Sinne des § 28a Abs. 3 Satz 7 IfSG in der im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Regelung und bis zum 14. September 2021 geltenden Fassung bzw. des präventiven Infektionsschutzes gemäß des zum 15. September 2021 neu gefassten § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG. Bei summarischer Prüfung führt die Testobliegenheit auch zu keinen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffen.
54
a) Die Regelung ist zur Erreichung des Ziels, der Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu begegnen und einer Überlastung des Gesundheitssystems vorzubeugen, voraussichtlich geeignet, was der Fall ist, wenn durch das eingesetzte Mittel der angestrebte Erfolg gefördert werden kann (grundlegend BVerfG, B.v. 16.3.1971 - 1 BvR 52/66 u.a. - BVerfGE 30, 292/316 - juris Rn. 64).
55
Die Testobliegenheit trägt zur Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei, weil dadurch die Teilnahme am Präsenzunterricht auf Personen beschränkt wird, die ein aktuelles negatives Testergebnis erbringen oder vorlegen können. Unabhängig von der Art und der Zuverlässigkeit der verwendeten oder von der Schule zur Verfügung gestellten Tests kann so zumindest ein Teil infizierter und damit in der Regel auch infektiöser Schulbesucher festgestellt werden. Einer Weiterverbreitung der Erkrankung innerhalb des Schulbetriebs wird damit entgegengewirkt (vgl. VerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris Rn. 28; BayVGH, B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 60; OVG NW, B.v. 10.6.2021 - 13 B 948/21.NE - juris Rn. 2 m.w.N.). Es ist zu erwarten, dass vor allem Personen mit einer hohen Virenlast detektiert werden können. Zudem erhöht die regelmäßig wiederholte Testung derselben Personen die Wahrscheinlichkeit, das diagnostische Fenster eines Antigentests zu treffen, so dass eine übertragungsrelevante Infektion erkannt werden kann (vgl. RKI, Epid. Bull. 17/2021, S. 14 ff., https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/17_21.html; RKI, Flyer „Antigentests als ergänzende Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie“, S. 2 f., https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Downloads/Flyer-Antigentests.html; OVG Berlin-Bbg, B.v. 10.6.2021 - OVG 11 S 76/21 - juris Rn. 58). Die Testung trägt nicht zuletzt deshalb zur Reduzierung des allgemeinen Infektionsgeschehens bei, weil bei Kindern und Jugendlichen oftmals atypische Krankheitsbilder auftreten und sie häufig keine oder nur eine milde Symptomatik zeigen (vgl. RKI, SARS-CoV-2 Testkriterien für Schulen während der COVID-19 Pandemie, Stand 23.2.2021, https://www.rki.de/DE/ Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Teststrategie/Testkriterien-Schulen.pdf? blob=publicationFile).
56
Dies steht in Einklang mit der Einschätzung des Netzwerks Universitätsmedizin vom 22. März 2021, wonach der Präsenzunterricht an Schulen durch die Anwendung systematischer Testungen zwingend begleitet werden sollte, mit denen die Ausbreitung von SARS-CoV-2 erkannt und kontrolliert werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2021 - 20 NE 21.1036 - juris Rn. 23 m.w.N.). Im Übrigen hat auch der Bundesgesetzgeber die allgemeine Testobliegenheit für Schülerinnen und Schüler als geeignetes Mittel angesehen, das dem möglichst frühzeitigen Erkennen von potentiell schwer kontrollierbaren Infektionsherden dient, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass insbesondere im Falle von jüngeren Schulkindern eine durchgehende Umsetzung von Hygienekonzepten teilweise nur begrenzt möglich ist (vgl. die Begründung des Entwurfs eines Vierten Bevölkerungsschutzgesetzes zu § 28b Abs. 3 IfSG, BT-Drs. 19/28444 S. 14). Insbesondere jüngere Kinder können Abstands- und Hygieneregeln nicht oder nur bedingt umsetzen. Während eine Zulassung von Impfstoffen für Kinder ab einem Alter von zwölf Jahren erfolgt ist, werden Impfungen für jüngere Kinder vermutlich erst zu einem weitaus späteren Zeitpunkt möglich sein. Zudem hat die Ständige Impfkommission (STIKO) die Empfehlung für eine Impfung aller Kinder und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren gegen COVID-19 erst Mitte August 2021 auf der Grundlage neuer Überwachungsdaten ausgesprochen (vgl. https://www.rki.de/ DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-08-16.html). Es wird daher für diese Altersgruppe noch keine hohe Impfquote erreicht (Stand 27.9.2021 sind in Bayern 29,4% der 12 bis 17-Jährigen vollständig geimpft). Somit stellen Schülerinnen und Schüler (derzeit noch) eine große Gruppe dar, die für SARS-CoV-2 suszeptibel ist und unter der sich ein beträchtlicher Teil des Infektionsgeschehens im Herbst/Winter 2021/22 abspielen könnte (vgl. RKI, Epidemiologisches Bulletin 26/2021 vom 1.7.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/AktuelleAusgaben/aktuelleAusgaben_table.html). Daher ist es nach überzeugender Auffassung des RKI jetzt besonders wichtig, dass wirksame Vorkehrungen in Schulen getroffen werden, um Kinder vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen sowie eine Weiterverbreitung zu verhindern und dennoch einen Schulbetrieb zu ermöglichen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein fortbestehendes Infektionsgeschehen mit regelmäßiger Exposition geimpfter Personen im privaten Umfeld der Kinder die Gefahr der Selektion neu entstehender Mutationen begünstigt, die dem Immunschutz nach Impfung ausweichen könnten („Fluchtmutationen“). Zudem stellt die Situation ein Risiko für Personen (z.B. Eltern, Großeltern) dar, die nicht geimpft werden können oder die keinen ausreichenden Immunschutz gegen SARS-CoV-2 aufbauen könnten (z.B. angeborene Immundefekte, medikamentöse Immunsuppression).
57
Die Einwendungen der Antragstellerin überzeugen nicht. Auch wenn es zu vereinzelten Problemen bei der Handhabung der Tests kommen mag, führen derartige Schwierigkeiten nicht zur Ungeeignetheit der Maßnahme. Die Selbsttests nach § 13 Abs. 2 Satz 1 14. BayIfSMV finden ausschließlich in der Schule unter der Aufsicht schulischen Personals statt. Das Vermitteln neuer Kompetenzen und das Überprüfen, ob diese richtig angewendet werden, gehört zu den Kernkompetenzen und -aufgaben von Pädagogen. Es ist nicht erkennbar und nicht substantiiert vorgetragen, dass Lehrerinnen und Lehrer, unter Zuhilfenahme von Anleitungen sowie der im Internet verfügbaren fachlichen Erläuterungen (vgl. etwa https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Medizinprodukte/Anleitung_Corona_Selbsttest_Kinder.pdf? blob=publicationFile), nicht dazu in der Lage sein sollten, den Schülerinnen und Schülern die richtige Anwendung von Coronaselbsttests zu vermitteln (vgl. BayVGH, B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 61; OVG NW, B.v. 22.4.2021 - 13 B 559/21.NE - juris Rn. 72 f.). Der Einwand der Antragstellerin, Testungen in der Schule dürften nur durch medizinisches Personal vorgenommen werden, kann dagegen nicht nachvollzogen werden. Der Anwendungsbereich der von ihr in Bezug genommenen Hygiene-Verordnung (vom 11.8.1987, GVBl. S. 291, zuletzt geändert durch Verordnung vom 15.5.2006, GVBl. S. 312) ist ebenso wenig eröffnet wie der der Bayerischen Medizinhygieneverordnung (vom 1.12.2010, GVBl. S. 817, zuletzt geändert durch Verordnung vom 5.12.2016, GVBl. S. 391; 2017 S. 36). Von der Selbsttestung in der Schule zu unterscheiden ist die Möglichkeit, einen Testnachweis durch einen PCR- oder POC-Antigen-Schnelltest zu erbringen (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 und 2 14. BayIfSMV), der dann von medizinisch geschultem Personal durchzuführen ist (vgl. § 2 Nr. 7 Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung, § 6 Coronavirus-Testverordnung). Beide Alternativen unterliegen unterschiedlichen Voraussetzungen.
58
Auch der Umstand, dass nach einem positiven Testergebnis weitere diagnostische Maßnahmen erforderlich sind, um festzustellen, ob tatsächlich eine Erkrankung vorliegt, führt nicht zur Ungeeignetheit. Die Antragstellerin verkennt dabei, dass Ziel der Tests nicht die abschließende Diagnose im Einzelfall ist, sondern dass die Weiterverbreitung der Erkrankung innerhalb des Schulbetriebs verhindert werden soll. Selbst wenn umgekehrt ein negatives Testergebnis nach aktueller Erkenntnislage die Ansteckungsfähigkeit nicht sicher ausschließt, erhöht jedenfalls die wiederholte Testung die Wahrscheinlichkeit, das diagnostische Fenster zu treffen, und trägt somit in Abhängigkeit der dadurch verhinderten Übertragungen zur Reduzierung des Infektionsgeschehens bei (vgl. BayVGH, B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 62; OVG NW, B.v. 22.4.2021 - 13 B 559/21.NE - juris Rn. 67 ff. m.w.N.).
59
b) Vor dem Hintergrund der drohenden weiteren Ausbreitung von leichter übertragbaren und wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden Varianten, des Beginns einer Vierten Welle sowie der noch nicht ausreichend hohen Impfquote (vgl. oben A.II.2.c)), ist die Einschätzung des Verordnungsgebers, dass die Testobliegenheit nach § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV weiterhin eine erforderliche und notwendige Schutzmaßnahme im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG darstellt, gegenwärtig nicht zu beanstanden. Der Normgeber hat den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum durch die Anordnung der Testpflicht nicht überschritten (vgl. dazu auch VerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris Rn. 29; OVG NW, B.v. 22.4.2021 - 13 B 559/21.NE - juris Rn. 60 f. m.w.N.).
60
Aus ex-ante-Sicht erscheint es mit Blick auf die gegenwärtige Lage der Pandemie, die durch eine zwar fortschreitende, aber noch nicht ausreichende Impfdichte sowie durch die Verbreitung der wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden und insbesondere deutlich infektiöseren Delta-Variante mit steigenden Fallzahlen gekennzeichnet ist, auch bei den derzeit (noch) relativ niedrigen Inzidenzen und Hospitalisierungen notwendig, niederschwellige Maßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens wie die AHA-Regeln und Tests einzuführen und beizubehalten, um die Ausbreitung des Virus in der noch nicht immunisierten Bevölkerung zu verlangsamen und so die Belastung des Gesundheitssystems zu begrenzen, damit sämtliche erforderliche Behandlungen - nicht nur von COVID-19, sondern aller Erkrankungen - zu jeder Zeit gewährleistet werden können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den in § 13 14. BayIfSMV für Schulen geregelten Infektionsschutzmaßnahmen um ineinandergreifende Bausteine eines Gesamtkonzepts der Pandemiebekämpfung im schulischen Bereich handelt (vgl. dazu oben und RKI, Epid. Bull. 17/2021, S. 14, a.a.O.; SARS-CoV-2 Testkriterien für Schulen während der COVID-19 Pandemie, a.a.O.). Zudem hat der Verordnungsgeber zuletzt Lockerungen vorgesehen und den Präsenzunterricht flächendeckend auch nach den Ferien beibehalten. Hinzu kommt, dass in den Sommerferien durchgeführte Reisen typischerweise zu mehr Kontakten und möglichen Eintragungen von SARS-CoV-2 führen können; das RKI sieht in diesem Zusammenhang in Tests ein zusätzliches Element, um die Sicherheit durch frühe Erkennung der Virusausscheidung vor dem Vorliegen von Krankheitszeichen weiter zu erhöhen (Risikobewertung, a.a.O.). Die häusliche Testung - bei jüngeren Kindern durch Anleitung der Eltern - dürfte schon deshalb kein gleich effektives, milderes Mittel darstellen, weil sie nicht wirksam zu kontrollieren ist (BayVGH, B.v. 12.4.2021 - 20 NE 21.926 - juris Rn. 22). Die nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 und 2 14. BayIfSMV oder in der Schule unter Aufsicht vorgenommenen Tests bieten eine weitaus bessere Gewähr für die regelmäßige und ordnungsgemäße Durchführung (vgl. OVG NW, B.v. 10.6.2021 - 13 B 948/21.NE - juris Rn. 2 m.w.N.).
61
c) Die angegriffene Regelung trägt nach summarischer Prüfung auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinn Rechnung. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere der damit verbundenen Eingriffe und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit (noch) gewahrt ist (vgl. dazu BVerfG, B.v. 18.7.2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167/260).
62
aa) Soweit die Antragstellerin einwendet, die Handhabung der Testung in der Schule führe zu schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte der Betroffenen und sei daher nicht mehr angemessen, etwa aufgrund drohender Stigmatisierung oder aufgrund von Problemen bei der Durchführung von Selbsttests, überzeugt dies nicht. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 14. BayIfSMV steht es den Schülern und den Eltern frei, entweder eine Selbsttestung in der Schule vorzunehmen oder einen Test nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 und 2 14. BayIfSMV zu erbringen. Hiervon sind insbesondere PCR- oder POC-Antigentests erfasst, die nach der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung erbracht werden. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass eine solche Testung unzumutbar wäre. Die Vorschrift belässt den betreffenden Schülerinnen und Schülern bzw. den Eltern damit die Wahl, den Test entweder durch geschultes Personal, etwa in einem Testzentrum, bei einem Arzt oder in der Apotheke, und damit außerhalb der Wahrnehmungsmöglichkeiten der Mitschüler vornehmen zu lassen oder aber diesen direkt in der Schule selbst durchzuführen.
63
bb) Angesichts der Freiwilligkeit der Testungen (vgl. oben I.1.) kann in Bezug auf das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) bereits die Eingriffsqualität der Maßnahme verneint werden (vgl. VerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris Rn. 26, 30; OVG Berlin-Bbg, B.v. 10.6.2021 - OVG 11 S 76/21 - juris Rn. 65 ff.).
64
Soweit die Antragstellerin Fragen des Vollzugs der Regelung problematisiert, fehlt es bereits an einer hinreichenden Substantiierung ihres Vorbringens dafür, dass faktischer Zwang ausgeübt würde, der einer Erzwingung der Testpflicht gleichkäme. Hierfür sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich.
65
Selbst wenn dem nicht gefolgt würde und ein Eingriff in den Schutzbereich der genannten Grundrechte (mangels Freiwilligkeit) vorläge, wäre die Regelung angemessen. Ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, läge im unteren Bereich der Eingriffsintensität. Der bei den verwendeten Tests (vgl. https://www.km.bayern.de/allgemein/meldung/7230/selbsttests-fuer-bayerische-schuelerinnen-und-schueler.html) erforderliche Abstrich aus dem Mund-, Nasen- oder Rachenraum dürfte zwar als Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu werten sein. Diese wäre indes nur von kurzer Dauer und niedrigschwelliger Intensität (VerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris Rn. 27 m.w.N.). Gleiches gilt für Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit. Angesichts des verfolgten Ziels, in Erfüllung der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, der weiteren Ausbreitung von Infektionen mit dem Corona-Virus entgegenzuwirken (vgl. VerfGH, E.v. 14.9.2020 - Vf. 70-IVa-20 - juris Rn. 24), sind die Eingriffe angemessen und zumutbar.
66
Nichts Anderes ergibt sich im Übrigen bei Einbeziehung der von der Antragstellerin nicht näher problematisierten Eingriffe durch die Verarbeitung personenbezogener Daten (vgl. Art. 4 Nr. 2, Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. g) und i) Datenschutz-Grundverordnung - DSGVO, Art. 85 BayEUG, sowie OVG NW, B.v. 22.4.2021 - 13 B 559/21.NE - juris Rn. 98 ff.). Ungeachtet der Frage, inwiefern sich Beeinträchtigungen schon durch eine Testung nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 und 2 14. BayIfSMV in Teilen vermeiden lassen, stehen die Belastungen der Betroffenen bei summarischer Prüfung auch insofern nicht außer Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen. Zwar besteht ein hohes Interesse, die Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu untersagen (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO), die Testung und die Isolierung erkrankter Personen dient aber über den allgemeinen Gesundheitsschutz hinaus (vgl. Art. 9 Abs. 2 Buchst. i DSGVO) der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, der angesichts der grundsätzlich bestehenden Schulpflicht sowie des Rechts der Schüler, am Unterricht teilzunehmen, besonderes Gewicht zukommt. Der Gefahr einer Stigmatisierung, gerade auch bei falsch positiven Ergebnissen, kann im Einzelfall durch pädagogische Maßnahmen und durch eine entsprechende Verfahrensgestaltung begegnet werden. Das Interesse, hiervon und von den damit verbundenen psychischen Belastungen verschont zu bleiben, muss hinter die Interessen von Schülern und Lehrern, nicht mit positiv getesteten sowie erkrankten Personen in Kontakt zu geraten, sowie dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Weiterverbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 zurücktreten.
67
Der Senat geht im Übrigen weiterhin von der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Testung sowie davon aus, dass - entgegen der Einwendungen der Antragstellerin - nur verkehrsfähige Antigen-Tests für die Eigenanwendung durch Laien (Selbsttests) zum Nachweis von SARS-CoV-2 zur Anwendung kommen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 - 20 NE 21.926 - juris Rn. 39; B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 70), etwa aufgrund von Sonderzulassungen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach § 11 Abs. 1 Medizinproduktegesetz (MPG), die jeweils auch die Altersgruppen der jeweiligen Anwender und die Selbstanwendung abdecken. Auf der Grundlage der Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (vgl. https://www.km.bayern.de/allgemein/meldung/7230/selbsttests-fuer-bayerische-schuelerinnen-und-schueler.html mit den Kurzanleitungen der verwendeten Tests, die wiederum auf die Gebrauchsanweisungen der Hersteller und diese wiederum auf die Sonderzulassungen des BfArM verweisen) bestehen insofern keine durchgreifenden Zweifel.
68
Soweit die Antragstellerin die Zulassung pauschal bestreitet, ist ihr Vorbringen widersprüchlich. Sie führt selbst aus, dass sämtliche verwendeten Antigen-Schnelltests über eine „nationale Sonderzulassung“ verfügten, beanstandet aber zugleich das Fehlen einer „regulären“ Zulassung und die mangelnde Prüfung von Tests an Personen unter 16 Jahren, ohne dies näher darzulegen. Soweit sie damit zum Ausdruck bringen will, dass sie die erfolgten Prüfungen im Rahmen einer Sonderzulassung gemäß § 11 Abs. 1 MPG (vgl. nunmehr § 2 Abs. 1 Satz 2 Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz) für nicht ausreichend hält, fehlt es an einer hinreichenden Substantiierung ihrer Einwendungen. Sie setzt lediglich ihre eigene Auffassung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers und der zuständigen Zulassungsbehörden, ohne ihre hinreichende Sachkunde zu belegen. Gleiches gilt im Hinblick auf die ebenfalls nicht näher dargelegte Behauptung, sämtliche Tests stünden im Verdacht, krebserregende Stoffe zu erhalten (vgl. zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit nach aktuellem Erkenntnisstand auch OVG NW, B.v. 10.6.2021 - 13 B 948/21.NE - juris Rn. 3 m.w.N.).
69
cc) Schließlich hält der Senat die Koppelung des Schulbesuchs an einen vorangegangenen Test auch in Bezug auf das (Teilhabe-)Recht der betroffenen Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler auf Erziehung und Bildung von Kindern in der Schule (Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 und 2 GrRCh) nicht für unverhältnismäßig (vgl. OVG NW, B.v. 22.4.2021 - 13 B 559/21.NE - juris Rn. 101 ff.). Es erscheint bereits fraglich, ob überhaupt ein Eingriff vorliegt; die Ausgestaltung des Schulverhältnisses wäre - aus den genannten Gründen - aber jedenfalls nicht unangemessen und nicht unzumutbar (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2021 - 20 NE 21.1036 - juris Rn. 32; B.v, 9.7.2021 - 25 NE 21.1757 - juris Rn. 72).
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II. Eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung geht nach den eingangs dargestellten Maßstäben ebenfalls zulasten der Antragstellerpartei aus. Denn die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm wiegen deutlich schwerer als die Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs, die die von der Regelung betroffenen Schülerinnen und Schüler hinzunehmen haben. Diesbezüglich gelten die bereits zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne angestellten Erwägungen entsprechend.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die von der Antragstellerpartei angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 1. Oktober 2021 außer Kraft tritt (§ 20 Abs. 1 14. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 hier nicht angebracht erscheint.
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D. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.