Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 07.09.2021 – Au 8 K 21.1075
Titel:

Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen Verstoßes gegen einen Auflagenbescheid zur Hundehaltung

Normenkette:
BayVwZVG Art. 23 Abs. 1, Art. 31, Art. 36, Art. 37 Abs. 4
Leitsatz:
Gem Art. 37 Abs. 4 S. 2 BayVwZVG ist ein angedrohtes Zwangsgeld beizutreiben, wenn der Duldungs- oder Unterlassungspflicht zuwidergehandelt worden ist, deren Erfüllung durch die Androhung des Zwangsgeldes erreicht werden sollte; sind weitere Zuwiderhandlungen nicht mehr zu befürchten, so kann die Vollstreckungsbehörde von der Beitreibung absehen, wenn diese eine besondere Härte darstellen würde. Die Androhung des Zwangsgeldes (Art. 36) ist dabei ein Leistungsbescheid iSd Art. 23 Abs. 1 BayVwZVG (Art. 31 Abs. 3 S. 2 BayVwZVG ). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Feststellungsklage, Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen Verstoßes gegen einen Auflagenbescheid zur Hundehaltung, Hundehaltung, Auflagenbescheid, Verstoß, Zwangsgeld, Fälligstellung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 03.06.2022 – 10 ZB 21.2613
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30685

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen Verstoßes gegen einen Auflagenbescheid zur Haltung seines Hundes.
2
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. August 2011 erließ die Beklagte Anordnungen zur Haltung u.a. des streitgegenständlichen Hundes. Danach sind die Hunde, wenn sie frei auf dem nicht eingezäunten Hofgelände gehalten werden, von einer unmittelbar anwesenden Person beaufsichtigen zu lassen, welche die körperlichen und geistigen Fähigkeiten besitzt, die Hunde bei eventuellen Gefahrensituationen unter Kontrolle zu halten (Ziffer 1 Spiegelstrich 1). Wenn die Hunde nicht entsprechend beaufsichtigt werden können, sind sie in einem ausbruchsicheren Gehege unterzubringen oder je an einer reißfesten Leine zu halten, deren Länge den Hunden die Möglichkeit nimmt, das näher bezeichnete klägerische Grundstück zu verlassen (Ziffer 1 Spiegelstrich 2). Für den Fall der Nichterfüllung der Pflichten aus Ziffer 1 Spiegelstrich 1 oder Spiegelstrich 2 wird ein Zwangsgeld in Höhe von je 200,00 Euro fällig (Ziffer 3).
3
Mit E-Mail vom 28. März 2021 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass am Samstag, dem 27. März 2021 gegen 9:43 Uhr und 9:50 Uhr der Hund des Klägers unbeaufsichtigt im Garten des Mitteilers, einem Anwohner in der Nähe des klägerischen Grundstücks, gewesen sei. Während des gesamten Vorfalls habe der Mitteiler weder den Kläger noch eine andere Person, welche den Hund beaufsichtigt hätte, gesehen.
4
Mit Schreiben vom 30. März 2021 stellte die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 200 € fällig und übersandte dem Kläger eine entsprechende Kostenrechnung.
5
Am Samstag, dem 27. März 2021, sei der schwarze Spitz des Klägers außerhalb des Hofgeländes des Klägers gesichtet worden. Eine Aufsichtsperson sei nicht feststellbar gewesen. Dadurch seien die Pflichten aus dem Bescheid vom 24. August 2011 nicht eingehalten worden, so dass die dort angedrohten Zwangsgelder von insgesamt 200,00 € fällig geworden seien (Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG) und nunmehr eingezogen und beigetrieben werden könnten (Art. 37 Abs. 4 Satz 2 VwZVG).
6
Hiergegen ließ der Kläger am 4. Mai 2021 Klage erheben und beantragen,
7
Es wird festgestellt, dass das im Schreiben vom 30. März 2021 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 200,00 € nicht fällig geworden ist.
8
Der Vorfall vom 27. März 2021 werde bestritten. Sowohl die Angabe des Zeitpunktes als auch des Ortes des angeblichen Vorfalls vom 27. März 2021 im Schreiben vom 30. März 2021 seien zu unbestimmt. Die bloße Angabe des Tages genüge den Bestimmtheitsanforderungen nicht. Auch der Ort des angeblichen Vorfalles sei nicht beschrieben. Die Bedingungen für die Fälligkeit des Zwangsmittels seien zudem nicht erfüllt. Es sei weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass eine der beiden von der Beklagten zitierten Regelungen des Bescheides vom 24. August 2011 verletzt worden sei. Die Regelung in Ziffer 1 Spiegelstrich 1 betreffe nur den Sachverhalt, dass die Hunde des Klägers frei auf dem nicht eingezäunten Hofgelände gehalten würden, nicht jedoch den Fall, dass die Hunde das Hofgelände verlassen hätten. Der Bescheid betreffe ebenfalls keine Sachverhaltskonstellation, bei welcher die Hunde das Grundstück des Klägers verlassen hätten.
9
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
10
die Klage abzuweisen.
11
Für den streitgegenständlichen Vorfall vom 27. März 2021 gebe es ein Beweisbild sowie die Angaben des Mitteilers, der als Zeuge zur Verfügung stehe. Es seien auch die genauen Uhrzeiten, wann der Hund im Garten des Mitteilers gewesen sei, bekannt. Es gebe seit Jahren immer wieder Vorfälle mit den ehemals zwei Hunden des Klägers. Am 9. Mai 2021 gegen 21:54 Uhr sei der Hund des Klägers erneut im Garten des Mitteilers gewesen.
12
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
13
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

14
Über die Klage konnte ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten darauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
15
Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet.
16
1. Das mit Bescheid vom 24. August 2011 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 200,00 € wurde zu Recht mit Schreiben der Beklagten vom 30. März 2021 fällig gestellt. Der Kläger hat gegen die Anordnungen in Ziffer 1 des bestandskräftigen Bescheids vom 24. August 2011 verstoßen.
17
a) Gem. Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Abs. 1 VwZVG wird die Zwangsgeldforderung unter anderem fällig, wenn die Pflicht zu einer Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung nicht erfüllt wird. Gem. Art. 37 Abs. 4 Satz 2 VwZVG ist ein angedrohtes Zwangsgeld beizutreiben, wenn der Duldungs- oder Unterlassungspflicht zuwidergehandelt worden ist, deren Erfüllung durch die Androhung des Zwangsgeldes erreicht werden sollte; sind weitere Zuwiderhandlungen nicht mehr zu befürchten, so kann die Vollstreckungsbehörde von der Beitreibung absehen, wenn diese eine besondere Härte darstellen würde. Die Androhung des Zwangsgeldes (Art. 36) ist dabei ein Leistungsbescheid im Sinn des Art. 23 Abs. 1 VwZVG (Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG).
18
b) Die Hunde sind, wenn sie frei auf dem nicht eingezäunten Hofgelände gehalten werden, von einer unmittelbar anwesenden Person beaufsichtigen zu lassen, welche die körperlichen und geistigen Fähigkeiten besitzt, die Hunde bei eventuellen Gefahrensituationen unter Kontrolle zu halten (Spiegelstrich 1). Nach Spiegelstrich 2 sind die Hunde, wenn sie nicht entsprechend beaufsichtigt werden können, in einem ausbruchsicheren Gehege unterzubringen oder je an einer reißfesten Leine zu halten, deren Länge den Hunden die Möglichkeit nimmt, das klägerische Grundstück zu verlassen. Für den Fall der Nichterfüllung der Pflichten aus Ziffer 1 Spiegelstrich 1 oder Spiegelstrich 2 wird ein Zwangsgeld in Höhe von je 200,00 Euro fällig (Ziffer 3).
19
c) Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts gegen Ziffer 1 des Bescheides vom 24. August 2011 verstoßen, so dass das angedrohte Zwangsgeld aufgrund des Vorfalls am 27. März 2021 fällig wurde.
20
Einer E-Mail eines Anwohners in der Nähe des klägerischen Grundstücks ist zu entnehmen, dass dieser den Hund des Klägers am 27. März 2021 um 9:43 Uhr und um 9:50 Uhr in seinem Garten gesehen hat. Beigefügt ist ein Lichtbild des Hundes im Garten dieses Anwohners (Bl. 52 der Behördenakte). Auf diesen Vorfall nimmt die Beklagte in ihrem Schreiben vom 30. März 2021 entsprechend ihrer Darlegungs- und Beweislast auch eindeutig und hinreichend Bezug. Es bestehen damit keine begründeten Zweifel, dass der Hund des Klägers am 27. März 2021 im Garten des Anwohners und damit unbeaufsichtigt außerhalb des klägerischen Grundstücks war. Diesen Feststellungen ist die Klägerseite nicht substantiiert entgegengetreten. Damit hat der Kläger seinen Hund offensichtlich auf seinem Grundstück weder ordnungsgemäß beaufsichtigt, noch durch ausbruchsichere Unterbringung bzw. eine entsprechende Leine verhindert, dass der Hund das klägerische Grundstück verlässt.
21
d) Entgegen der Ansicht des Klägers betrifft die Ziffer 1 des Bescheids vom 24. August 2011 gerade auch Konstellationen, in denen sich der Hund außerhalb des klägerischen Grundstücks befindet. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut, aber auch aus dem Telos der Regelung, dass der Hund das klägerische Grundstück nicht unbeaufsichtigt verlässt.
22
e) Das Schreiben vom 30. März 2021 ist auch hinreichend bestimmt. Es ist unschädlich, wenn in diesem Schreiben lediglich unter Angabe des Datums geschildert wird, dass der Hund des Klägers außerhalb des Hofgeländes gesichtet worden ist. Das Schreiben enthält alle wesentlichen Informationen, um die Fälligkeit des Zwangsgeldes festzustellen. Beweismittel kann der Kläger im Rahmen der Akteneinsicht jederzeit einsehen.
23
2. Der Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
24
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.