Titel:
Erfolglose Klage gegen Widerruf der Zuweisung eines Marktstandes
Normenketten:
BayGO Art. 21 Abs. 1
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 S. 2 Nr. 1
BGB § 313
Leitsätze:
1. Gemeinden haben das Recht, in der Benutzungssatzung Beendigungstatbestände für die Benutzung der öffentlichen Einrichtung vorzusehen, etwa bestimmte Widerrufsgründe für die Standplatzzuweisung bei Unzuverlässigkeit, bei Nichteinhaltung der Benutzungsbedingungen oder bei einrichtungsbezogenen Verstößen von einem gewissen Gewicht zu normieren. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Markthallensatzung kann insbesondere vorsehen, dass die Zuweisung eines Marktstandes widerrufen werden kann, wenn der Zuweisungsnehmer trotz Mahnung und Hinweises auf die Folgen mit den fälligen Gebühren länger als einen Monat im Rückstand bleibt. (Rn. 26 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn sich nachträglich die zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ändern, sind für den Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakte spezialgesetzlich geregelt, sodass Zweifel daran bestehen, ob die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf durch Verwaltungsakt geregelte Rechtsverhältnisse überhaupt Anwendung finden können. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Benutzungssatzung, öffentliche Einrichtung, Markthalle, Standplatzzuweisung, Marktstand, Marktgebühr, Markthallensatzung, Rückstand, Widerruf, Wegfall der Geschäftsgrundlage
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30614
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Widerruf der Zuweisung eines Marktstandes auf dem Viktualienmarkt in München mit Bescheid der Markthallen München (im Folgenden: Markthallen) vom 17. Dezember 2020.
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Die Markthallen, zu denen u.a. neben weiteren ständigen Lebensmittelmärkten der Viktualienmarkt zählt, sind eine öffentliche Einrichtung der Beklagten. Die den Markthallen zur Verfügung stehenden Flächen sind gewerblichen Nutzungen zuzuführen mit dem Ziel, zur Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen, gesunden und frischen Lebensmitteln und Blumen beizutragen und die Gewerbestandorte für Handel, Handwerk, Produktion und Gastronomiebedarf zu optimieren (vgl. § 1 der Satzung über die Benutzung der Markthallen München der Landeshauptstadt München vom 17. Dezember 2008 - Markthallen-Satzung).
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Mit Bescheid vom 27. Januar 2005 wurde dem Vater des Klägers der Laden Nr. ... nebst Marktfläche außerhalb hierzu auf dem Viktualienmarkt, Abteilung VI, ab dem 1. Februar 2005 durch die Markthallen zugwiesen. Als Warensortiment wurden Konditorei- und Backwaren (deutsches und internationales Sortiment) festgesetzt. Auf Antrag wurde mit Bescheid der Markthallen vom 31. Juli 2006 eine Erweiterung des Sortiments um türkischen Tee, türkischen Espresso und Kaffee, türkische Cola, Cola-Light und Mineralwasser sowie das Aufstellen von jeweils zwei Stehtischen im Ladengeschäft und außerhalb des Ladengeschäfts gestattet. Ebenfalls wurde das Aufstellen und Betreiben eines Heißluft- bzw. Steinbackofens genehmigt. Mit weiterem Bescheid vom 28. April 2008 wurde eine Sortimentserweiterung um türkische Feinkost (Vorspeisen) und fertige Salate genehmigt.
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Mit Bescheid der Markthallen vom 4. Januar 2017 wurde rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 der Kläger zum Inhaber der o.g. Zuweisung bestimmt. Der Vater des Klägers schied mit Ablauf des 31. Dezember 2016 als Zuweisungsinhaber aus. Die Zuweisung wurde wegen der Gesamtüberplanung im Rahmen des Projekts „Zukunftskonzepte“ bis zum 31. Dezember 2019 befristet.
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Mit Schreiben vom 21. Februar 2018 teilten die Markthallen dem Kläger mit, dass der beantragten Erweiterung des Sortiments und einer damit verbundenen Installation von Geräten zur Zubereitung nicht zugestimmt werde, da die beantragten Produkte („Iskender“, „frittierte Falafel“) nicht zur ursprünglichen Standbewerbung passten und eine weitere Ausdehnung des Imbissangebots darstellten. Zur Klarstellung des zulässigen Sortiments wurde zudem mit Bescheid vom selben Tag eine Änderungszuweisung erteilt, wonach der Schwerpunkt des Sortiments (Hauptsortiment) auf dem Angebot und Verkauf von Konditorei- und Backwaren, kalter türkischer Feinkost (Vorspeisen) und fertigen Salaten liege. Begleitend zum Hauptsortiment dürften in untergeordnetem Umfang (insgesamt maximal 5% des Gesamtsortiments) türkischer Tee und türkischer Kaffee sowie türkische alkoholfreie Getränke ausgeschenkt werden. Eine Produktion des Sortiments „kalte türkische Feinkost (Vorspeisen)“ sowie „fertige Salate“ in den zugewiesenen Objekten werde nicht gestattet.
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Mit Folgebescheid vom 31. Oktober 2019 wurde die Befristung im Bescheid vom 4. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.
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Zuletzt mit Schreiben des Kommunalreferats der Beklagten vom 28. August 2020 sowie mit E-Mail vom 2. September 2020 wurde ein erneuter Antrag auf Sortimentserweiterung abgelehnt. Eine Ausweitung der Genehmigung auf die Zubereitung von warmen Speisen würde den Imbissanteil des Ladens wie auch des gesamten Marktes erhöhen. Die Markthallen seien verpflichtet, den Grundgedanken des Viktualienmarktes, der primär ein Lebensmittelmarkt sei und nicht den Anschein eines Naschmarktes erwecken solle, aufrecht zu erhalten und eine Imbissausweitung zu verhindern.
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Mit Schreiben der Markthallen vom 23. November 2020 wurde der Kläger zum beabsichtigten Widerruf seiner Zuweisung angehört. Laut Finanzbuchhaltung bestünden Zahlungsrückstände i.H.v. … EUR (Saldo per 20. November 2020). Durch die Abteilung Rechnungswesen seien dem Kläger diesbezüglich diverse Mahnungen und Zahlungsaufforderungen übermittelt worden. Dessen ungeachtet habe der Kläger während des gesamten Zeitraums keinen Kontakt mit den Markthallen aufgenommen, um auf eventuelle Zahlungshinderungs- oder Verzögerungsgründe hinzuweisen. Dem Kläger werde Gelegenheit gegeben, sich zum geschilderten Sachverhalt zu äußern und den rückständigen Betrag bis spätestens 14. Dezember 2020 vollständig zu begleichen. Sollten die vorgenannten Zahlungsrückstände bis zum genannten Termin nicht restlos beglichen worden sein und seitens des Klägers keine schriftliche Stellungnahme vorliegen, werde ein entsprechendes Widerrufsverfahren eingeleitet und nach Aktenlage entschieden werden.
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In der Folge wurde durch den Kläger ein Teilbetrag der Rückstände i.H.v. … EUR beglichen. Eine Stellungnahme seitens des Klägers erfolgte nicht.
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Mit Bescheid vom 17. Dezember 2020, dem Kläger zugestellt am 19. Dezember 2020, widerriefen die Markthallen die dem Kläger mit Verwaltungsakt vom 27. Januar 2005 nach § 4 Markthallen-Satzung erteilte Zuweisung, zuletzt geändert durch Änderungszuweisung vom 31. Dezember 2019, hinsichtlich der Benutzung des Ladens Nr. ... sowie der Marktfläche außerhalb zu Laden Nr. 9 in der Abteilung VI auf dem Viktualienmarkt (Nr. 1). Es wurde dem Kläger aufgegeben, die bezeichneten Objekte zu räumen und in gereinigtem, benutzbarem und bestimmungsgemäßem Zustand den Markthallen zu übergeben (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 dieses Bescheids wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung aus Nr. 2 dieses Bescheides nicht bis zum 15. Januar 2021 nachkommen sollte, wurde die Ersatzvornahme auf Kosten des Klägers angedroht und der Kostenbetrag vorläufig mit 2.000,- EUR veranschlagt (Nr. 4). Für den Bescheid wurden eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 200,- EUR und Auslagen i.H.v. 2,51 EUR erhoben (Nr. 5).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, seit April 2020 bis einschließlich Dezember 2020 seien fällige Gebühren des Klägers unregelmäßig bei den Markthallen eingegangen bzw. seien teilweise oder vollständig nicht beglichen worden. Schließlich hätten sich die offenen Rechnungsposten des Klägers bei den Markthallen zum 15. Dezember 2020 auf … EUR belaufen. Bis zum heutigen Tag sei weder eine persönliche noch eine telefonische Kontaktaufnahme seitens des Klägers erfolgt. Überdies sei lediglich eine Teilzahlung der rückständigen Beträge erfolgt. Der Kläger sei seiner Verpflichtung aus § 1 Abs. 1 i.V.m. § 5 und § 6 Abs. 1 der Satzung über die Gebühren für die Benutzung der Markthallen München der Landeshauptstadt München (Markthallen-Gebührensatzung) zur rechtzeitigen Zahlung der Gebühren nicht nachgekommen. Trotz diverser schriftlicher Aufforderungen und Mahnungen sei es zu den immensen Gebührenrückständen gekommen. Gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung könne die Zuweisung widerrufen werden, wenn der Zuweisungsnehmer trotz Mahnung und Hinweises auf die Folgen mit den fälligen Gebühren länger als einen Monat im Rückstand bleibe. Da der Kläger anfallende Gebühren nicht entrichtet habe, entstehe den Markthallen ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden. Die geschuldeten Gebühren seien öffentliche Mittel, die dem öffentlich-rechtlichen Betriebszweck der Markthallen dienten. Aufgrund der fehlenden Stellungnahme des Klägers sei eine Änderung der Situation nicht zu erwarten. Im Weiteren sei bei einem Fortbestehen des Benutzungsverhältnisses mit einer stetigen Erhöhung der rückständigen Beträge zu rechnen. Ein Tätigwerden der Markthallen, um ein Anhalten bzw. eine weitere Verschlechterung dieser Situation zu verhindern, sei daher geboten. Der Widerruf der Zuweisung sei geeignet dies zu erreichen. Trotz wiederholter Mahnungen und Hinweise auf die Folgen hätte der Kläger seine Zahlungsverpflichtung verletzt. Ein alternativer Weg zur dauerhaften Bereinigung der Situation, ohne den Widerruf der Zuweisung, sei daher nicht ersichtlich. Da der Kläger sich bis zum heutigen Tage gegenüber den Markthallen zum Sachverhalt in keinster Weise geäußert habe, seien den Markthallen keine sachlich relevanten Argumente gegen den Widerruf der Zuweisung bekannt. Die unter Nr. 2 des Bescheids angeordnete Verpflichtung zur Rückgabe und Säuberung der Objekte erfolge aufgrund von § 6 Nr. 3 Markthallen-Satzung. Die Androhung der Ersatzvornahme stütze sich auf Art. 29, 32 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG. Die Androhung eines Zwangsgeldes als Zwangsmittel zur Räumung des Objekts hätte nicht die gewünschte Wirkung, da damit zu rechnen sei, dass der Kläger den Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen werde. Da ein Zwangsgeld somit kein Erfolg erwarten ließe, sei die Androhung der Ersatzvornahme als einzig wirksames und geeignetes Mittel zu sehen. Die Kostenentscheidung beruhe auf den einschlägigen Vorschriften des Kostenrechts.
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Gegen diesen Bescheid haben die Bevollmächtigten des Klägers am 12. Januar 2021 Klage erhoben.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass es zutreffend sei, dass der Kläger im Verlauf des Jahres 2020 die von ihm für den Marktstand zu entrichtenden Nutzungsentgelte nicht pünktlich und vollständig habe zahlen können. Grund hierfür sei, dass der Kläger aufgrund der Covid-19-Pandemie und den damit verbundenen behördlichen Maßnahmen massive Umsatzausfälle beim Betrieb des gegenständlichen Marktstandes zu verzeichnen gehabt hätte. Seine privaten Rücklagen seien im Juli 2020 erschöpft gewesen, sodass er keine weiteren Zahlungen mehr habe leisten können. Entgegen den Angaben der Beklagten im angefochtenen Bescheid habe der Kläger gegenüber deren Sachbearbeitern sehr wohl telefonisch bekundet, dass er pandemiebedingt in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei und daher um eine Stundung der Forderungen bitte. Bei der Ermessensausübung habe die Beklagte insbesondere nicht berücksichtigt, dass der Kläger, wie viele andere Gewerbetreibende derzeit auch, pandemiebedingt mit massiven Beeinträchtigungen seiner Geschäftstätigkeit und damit mit massiven Umsatzausfällen konfrontiert sei. Die Bayerische Landesregierung habe bereits im Frühjahr 2020 auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um das soziale Leben einzufrieren und Kontakte auf ein Minimum zu beschränken. Dies habe im Betrieb des Marktstandes des Klägers zu einem massiven Ausfall seiner Umsätze geführt. Bereits während des Lockdowns im Frühjahr und nunmehr seit der erneuten Verhängung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie habe der Kläger seinen Marktstand geschlossen halten müssen. Ein Hygienekonzept, welches zum einen die rechtlichen Vorgaben umsetze, zum anderen aber auch noch eine angemessene Bedienung der Kunden zulasse, sei aufgrund der Beschaffenheit des gegenständlichen Marktstandes nicht möglich. Ein Großteil der Kundschaft des Klägers bestehe aus Personen, welche in der Umgebung des Viktualienmarktes in Büros und Handelsgeschäften arbeiteten und sich mittags üblicherweise am Stand ein Essen mitnehmen oder abends auf dem Weg nach Hause noch für eine Abendmahlzeit eindecken würden. Diese Kunden seien während des Lockdowns zu Hause geblieben und hätten im Home-Office gearbeitet oder hätten nicht zur Arbeit kommen können, da die Ladengeschäfte geschlossen hätten bleiben müssen. Der Kläger sei seit 15 Jahren Inhaber des Marktstandes. Zahlungsausfälle habe der Kläger während dieser Zeit niemals auflaufen lassen. Der Kläger habe durch seinen Geschäftsbetrieb im gegenständlichen Marktstand stets einen Umsatz generieren können, welcher die Zahlung laufender Gebühren sichergestellt habe. Durch die behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sei dies erstmals nicht mehr der Fall gewesen, wobei jedoch davon auszugehen sei, dass die Änderung im Verhalten seiner Kunden lediglich temporär sei, diese in Zukunft wieder beim Kläger ihre Einkäufe tätigen würden und der Kläger nach Überwindung der Pandemie, insbesondere durch die nunmehr angelaufene Impfkampagne, wieder zu seinem vormaligen Umsatz zurückfinden würde. Hierdurch werde der Kläger auch in der Lage sein, wieder die laufenden Nutzungsentgelte zu zahlen und die aufgelaufenen Rückstände auszugleichen. Zu beachten sei hierbei auch, dass die Händler auf dem Viktualienmarkt nach Art ihres Geschäfts und der Einbettung in das innenstädtische Handels- und Gewerbequartier den Gewerbetreibenden, welche ihre Ladengeschäfte aufgrund zivilrechtlicher Miet- und Pachtverträge besäßen, in jeder Hinsicht vergleichbar seien. Für die Mieter von Gewerbeeinheiten habe der Gesetzgeber aber bereits im März 2020 mit Art. 240 § 2 EGBGB ein Kündigungsmoratorium erlassen, um diese vor außerordentlichen fristlosen Kündigungen ihrer Mietverhältnisse wegen pandemiebedingten Zahlungsverzugs zu schützen. Zugleich sei an den Land- und Oberlandesgerichten die Tendenz zu beobachten, das nach dem Gesetz eigentlich dem Mieter zugewiesene Risiko, den Mietgegenstand zu dem vertraglich vereinbarten Gebrauch tatsächlich nutzen zu können, über die Vorschrift des § 313 BGB aufgrund der zu Pandemiebekämpfung erlassenen Maßnahmen auch dem Vermieter zu überbürden. Es sei reiner Zufall, dass die Zuweisung der Marktstände am Viktualienmarkt nicht zivilrechtlich, sondern durch hoheitlichen Akt aufgrund einer Satzung organisiert sei. Vor diesem Hintergrund könne nicht nachvollzogen werden, weshalb der Kläger als Inhaber eines solchen Marktstandes nicht ebenfalls in den Genuss der gesetzgeberischen und obligatorischen Abwägungen kommen solle, welche ihn davor schützen würden, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie alleine tragen zu müssen, wären die Voraussetzungen seiner Nutzung des Marktstandes zivilrechtlich kodifiziert. Es gebe keinen Grund, den Kläger hier anders zu behandeln, als jeden anderen Gewerbetreibenden, welcher seinen Marktstand aufgrund eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses besitze. Dies hätte die Beklagte in ihre Abwägung bei der Ermessensausübung einbeziehen müssen.
den Widerruf der Zuweisung im Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2020 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
Der Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, in den Jahren 2018 bis 2020 habe es diverse Themen gegeben, insbesondere nicht genehmigte Umbauarbeiten, Sortimentsüberschreitungen und einen Verstoß gegen die Urlaubsregelung, die teils zu Anordnungen im Einzelfall und teils zu Bußgeldern geführt hätten, die bisher nicht beglichen worden seien. Im März 2020 seien aufgrund der Covid-19-Pandemie staatliche Beschränkungen in Kraft getreten, die zum Teil direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Zuweisung der Münchner Märkte gehabt hätten. Aus diesem Grund habe sich die Beklagte entschieden, die Zuweisungsnehmer zu unterstützen und auf Antrag auf die Vorauszahlungen für die Jahresumsatzgebühr zu verzichten. Hierzu habe die Beklagte ein Schreiben formuliert, das allen Zuweisungsnehmern und damit auch dem Kläger zugesandt worden sei und aus dem deutlich hervorgegangen sei, dass ein Verzicht lediglich auf Antrag erfolgen könne. Des Weiteren habe die Beklagte im Zuge des Stadtratsbeschlusses vom 19. Mai 2020 die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um Standbetreibern mit Liquiditätsengpässen Stundungen oder gar den Erlass von Gebühren zu ermöglichen. In Fällen, in denen Zuweisungsnehmer mit Liquiditätsengpässen den Kontakt zur Beklagten gesucht hätten, seien gemeinsam die Möglichkeiten einer Stundung oder eines Erlasses erörtert und die entsprechenden Antragsformulare übersandt worden. Eine derartige Kontaktaufnahme sei seitens des Klägers jedoch nicht erfolgt. Soweit der Kläger behaupte, sich in einem Telefonat gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten diesbezüglich geäußert zu haben, werde dies bestritten. Da der Laden des Klägers als Bäckereiverkauf geführt werde, sei der Betrieb zu keiner Zeit durch staatliche Beschränkungen verboten gewesen. Auch der Viktualienmarkt an sich sei für Kunden innerhalb der Öffnungszeiten zu jeder Zeit frei zugänglich gewesen. Lediglich bezüglich der Stehtische sei der Kläger zeitweise von den staatlichen Verboten betroffen gewesen. Der Imbiss mache jedoch nur einen kleinen Teil seines Sortiments aus. Trotzdem habe der Kläger den Laden zu Beginn der Covid-19-Pandemie geschlossen und habe diesen auch nach den ersten Lockerungen geschlossen gehalten. Auch über die Sommermonate, in denen der Verkauf ohne allzu große Einschränkungen möglich gewesen wäre, habe der Kläger seinen Laden nicht durchgehend geöffnet gehabt. Am 1. November 2020 habe der Kläger den Laden erneut vollständig geschlossen, obwohl auch der Imbissverkauf „to go“ weiter erlaubt gewesen wäre. Bis Juli 2020 habe der Kläger die monatlichen Gebühren weitergezahlt. Seit Juli 2020 sei die monatliche Nutzungsgebühr in Höhe von 545,43 EUR (Mindestgebühr) sowie der monatliche Abschlag für Betriebskosten in Höhe von 11,60 EUR und die monatliche Pauschale für den Abfall in Höhe von 80,62 EUR ohne Angabe von Gründen nicht mehr gezahlt worden. Die offenen Beträge seien mehrfach schriftlich angemahnt worden. Die Gebühren für den Zeitraum Juli bis September 2020 seien mit Schreiben vom 4. September 2020 angemahnt worden, die Gebühren von August bis Oktober 2020 mit Schreiben vom 6. Oktober 2020, die Gebühren für den Zeitraum September und Oktober 2020 mit Schreiben vom 21. Oktober 2020, die Gebühren von Oktober und November 2020 mit Schreiben vom 26. November 2020 und die Gebühren von November 2020 zuletzt erneut mit Schreiben vom 15. Dezember 2020. Der Kläger habe auf keines dieser - der als Anlage vorgelegten - Schreiben reagiert. Am 20. November 2020 hätten sich die Zahlungsrückstände des Klägers insgesamt auf … EUR belaufen. Darin enthalten sei ein Rückstand in Höhe von … EUR auf die monatliche Nutzungsgebühr (Juli bis November). Diese Rückstände seien im Anhörungsschreiben vom 20. November 2020 aufgelistet gewesen. Die Beklagte habe am 8. und 9. Dezember 2020 Zahlungseingänge i.H.v. insgesamt … EUR festgestellt, die entsprechend der jeweils angegebenen Zweckbestimmung mit den Rückständen für die Mieten für Juli, August und September 2020 verrechnet worden seien. Ein Ausgleich der Rückstände für die monatliche Nutzungsgebühr von Oktober und November 2020 sei nicht erfolgt. Auch die Gebühren für die Monate Dezember 2020 bis März 2021 seien vom Kläger bisher nicht bezahlt worden. Es sei zu befürchten, dass die Rückstände in den nächsten Monaten kontinuierlich anwachsen würden. Grundlage für den Widerruf der Zuweisung bilde § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung, wonach die Zuweisung jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden könne, wenn der Zuweisungsnehmer trotz Mahnung und Hinweises auf die Folgen mit den fälligen Gebühren länger als einen Monat im Rückstand bleibe. Die Monatsgebühren von Oktober und November in Höhe von insgesamt … EUR seien im Zeitpunkt des Widerrufs (neben der nichtbezahlten Monatsgebühr für den Dezember 2020) noch offen gewesen. Der Rückstand habe damit mehr als eine monatliche Gebühr betragen. Soweit sich der Kläger auf Art. 240 § 2 EGBGB berufe, sei festzuhalten, dass die Beklagte die Kündigungsbeschränkungen des Art. 240 § 2 EGBGB aufgrund des Stadtratsbeschlusses vom 19. Mai 2020 auch auf die öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisse der Markthallen angewendet habe. Die Vorschrift greife im vorliegenden Fall jedoch nicht, da der Widerruf der Zuweisung ausschließlich auf Zahlungsrückstände gestützt worden sei, die nach dem 30. Juni 2020 entstanden seien. Die Verlängerungsmöglichkeit der Kündigungssperre gemäß Art. 240 § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EGBGB sei von der Bundesregierung bewusst nicht verwirklicht worden. Der vom Kläger angesprochene § 313 Abs. 1 BGB finde vorliegend keine Anwendung, da es sich nicht um ein privates Rechtsverhältnis, sondern um ein öffentlich-rechtliches Zuweisungsverhältnis handele. Daneben lägen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor. Ein Vertragsanpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB sei in die Zukunft gerichtet und eine rückwirkende Anpassung von Mieten, die vor dem Anpassungsverlangen des Mieters fällig geworden seien, daher nicht umfasst. Voraussetzung für die Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB sei, dass die staatlichen Maßnahmen die Verwendbarkeit des Betriebs, d. h. die tatsächliche Nutzung im Rahmen des vertraglich vereinbarten Zwecks eingeschränkt hätten. Daran fehle es beispielsweise, wenn bei einem Betrieb mit Publikumsverkehr die Kundschaft allein wegen sinkender Konsumbereitschaft ausbleibe. Im Zeitraum Juli bis November 2020 hätten Lebensmittel und Speisen zum Mitnehmen durchgängig verkauft werden können. Lediglich die Stehtische hätte der Kläger aufgrund der Abstandsregelungen möglicherweise nicht vollständig bzw. ab November 2020 gar nicht mehr nutzen können. Dies stelle jedoch, wenn überhaupt, lediglich eine minimale Einschränkung der zugewiesenen Nutzung dar. Die Voraussetzungen des Widerrufs lägen jedoch auch dann vor, wenn § 313 Abs. 1 BGB anwendbar wäre und Mieten lediglich anteilig geschuldet würden. Denn auch in diesem Fall wäre der Kläger nach wie vor mit zwei geminderten Monatsgebühren und damit mehr als einer geminderten Monatsgebühr in Verzug. Soweit der Kläger anführe, die Beklagte hätte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeführt, werde dem ausdrücklich widersprochen. Die Beklagte habe sehr wohl abgewogen, jedoch seien ihr aufgrund der fehlenden Äußerungen des Klägers keine Gründe für die ausbleibenden Zahlungen bekannt gewesen. Stundungen oder Mietanpassungen, die die Beklagte freiwillig aufgrund der Stadtratsbeschlüsse vom 19. Mai 2020 und 3. Dezember 2020 Mietern und Zuweisungsnehmern gewährt habe, erfolgten nicht automatisch. Vielmehr hätten die Mieter und Zuweisungsempfänger aufzeigen müssen, dass ihr Geschäftsbetrieb infolge der staatlichen Maßnahmen erheblich beeinträchtigt sei und daraus eine Existenzgefährdung oder Liquiditätsengpässe entstanden seien. Im vorliegenden Fall habe sich der Kläger gegenüber der Beklagten jedoch überhaupt nicht zu den Gründen seiner Zahlungsunfähigkeit geäußert. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Rechtsprechung sehe den Mieter in der Pflicht eine entsprechende Kausalität zwischen der Covid-19-Pandemie und der Zahlungsunfähigkeit darzulegen. Den Vermieter treffe nicht die Pflicht, Informationen über die Gründe der Zahlungsrückstände zu ermitteln. Als Betriebsfremdem wäre ihm dies auch nicht möglich. Mehr als die Aufforderung, sich zu den Zahlungsrückständen zu äußern, habe der Beklagten daher nicht zugemutet werden können. Da der Kläger jegliche Äußerung zu den Gründen unterlassen habe, habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass die Zahlungen grundlos ausgeblieben seien. Ein solches Vorgehen könne die Beklagte als Betreiberin des Viktualienmarktes nicht dulden. Gemäß Art. 75 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO) sei die Beklagte zu einer wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet. Sie habe demnach sicherzustellen, dass ihre Vertragspartner ihre Verpflichtungen erfüllten und fällige Zahlungen beglichen. Ein weiteres Abwarten sei der Beklagten nicht mehr zuzumuten gewesen. Sie habe ihr Ermessen daher fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere habe der Kläger einen Zusammenhang zwischen der Zahlungsunfähigkeit und den staatlichen Beschränkungen durch die Covid-19-Pandemie der Kläger vor Einreichung der Klage nicht dargelegt. Die Beklagte hätte hieran auch gewisse Zweifel, da die Umsätze des Klägers bereits 2019 stark zurückgegangen seien. Des Weiteren habe sich der Kläger freiwillig dazu entschieden, seinen Stand am Viktualienmarkt komplett zu schließen bzw. lediglich unregelmäßig zu öffnen, obwohl ein staatliches Verbot nicht vorgelegen habe.
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Mit Schriftsatz vom 15. April 2021 erwiderten die Bevollmächtigten des Klägers, der Kläger hätte bereits in der Vergangenheit eine erhebliche Umsatzsteigerung damit erzielen können, dass er an dem gegenständlichen Marktstand selbst zubereitete Speisen verkauft und diese zum Verzehr auch direkt am Stand angeboten habe. Allerdings habe die Verwaltung der Markthallen dem Kläger daraufhin untersagt, die Speisen vor Ort selbst zuzubereiten. Der Kläger habe daher sein Sortiment wieder auf fertig zubereitete (Tiefkühl-)Kost umstellen müssen. Dies habe zu einem Wegbrechen eines erheblichen Teils der Kundschaft des Klägers geführt. Während dem Kläger damit bereits vor dem Ausbruch der Pandemie im Februar 2020 die Möglichkeiten aus der Hand geschlagen worden sei, seinen Umsatz auszubauen, sei die Situation nach dem Ausbruch der Pandemie für ihn noch schwieriger geworden. Aufgrund der ausbleibenden Kundschaft habe er mit dem generierten Umsatz kaum noch die laufenden Kosten für den Betrieb erwirtschaften können. Es liege daher neben der Sache, wenn die Beklagte ausführe, der Kläger sei mit seinem eigentlichen Betriebszweck Bäckereiverkauf zu keinem Zeitpunkt von den staatlichen Beschränkungen betroffen gewesen. Tatsächlich erziele der Kläger mit dem Abverkauf von Bäckereiware alleine nicht den Umsatz, welchen er zu einem auskömmlichen Betrieb seines Geschäfts hätte generieren müssen. Die eigentliche wirtschaftliche Potenz des Standorts liege in den zahllosen Beschäftigten, welche in den Mittagspausen aus ihren Büros im Umfeld des Viktualienmarktes kämen, um sich dort zu verköstigen. Der Kläger habe in der Vergangenheit gegenüber den Markthallen mehrfach zu beklagen gehabt, dass den Standbetreibern in seinem unmittelbaren Umfeld die Zubereitung frischer Imbisswaren und deren Abverkauf zur Mitnahme sowie auch zum Verzehr vor Ort gewährt worden sei, während er selbst daran gehindert würde, diese Möglichkeiten für sein wirtschaftliches Fortkommen zu nutzen. Der Kläger habe daher Kontakt zu der Kommunalreferentin aufgenommen, um dem Wunsch auf Ausdehnung seines Angebots hin zu einem umsatzstärkeren Sortiment nochmals Nachdruck zu verleihen. Er sei davon ausgegangen, dass er mit der Rückkehr zu seinem erweiterten Imbissangebot die vormalige Kundschaft wiedergewinnen und sein Umsatz so weiter vergrößern könne, dass er auch ohne Hilfen der Stadt durch die pandemiebedingte Krise käme. Leider habe die Kommunalreferentin dem Kläger in ihrem Schreiben vom 2. September 2020 diesbezüglich eine Absage erteilt. Damit sei dem Kläger klar geworden, dass er nicht ohne fremde Hilfe die aufgelaufenen Rückstände würde abbezahlen können. Der Kläger habe daher am 9. September 2020 telefonisch Kontakt mit den Markthallen aufgenommen, um doch noch eine Stundung der Außenstände zu erreichen. Seitens der Markthallen sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass es zu spät für den Antrag sei. Im Folgenden habe der Kläger mit privat geliehenem Geld drei Monatsmieten nachbezahlen können. Es sei dem von der Beklagten vorgelegten Stadtratsbeschlusses vom 19. Mai 2020 an keiner Stelle zu entnehmen, dass die betroffenen Standbetreiber binnen einer Ausschlussfrist den Antrag auf Umstellung auf reine Umsatzmiete bzw. auf Stundung zu stellen hätten. Wie die Beklagte daher dazu komme, dem Kläger den Zugang zu den mit Stadtratsbeschluss vorgesehenen Zahlungserleichterungen zu verwehren, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte während des ersten Lockdowns seinen Stand lediglich in den Monaten März und April geschlossen halten müssen und habe ab Mai wieder geöffnet. Der Marktstand sei vom 25. Mai 2020 bis zum 4. November 2020 durchgehend geöffnet und der Kläger anwesend gewesen. Die Beklagte mache geltend, der Kläger sei mit seiner Monatsgebühr i.H.v. 545,43 EUR für die Monate Oktober und November 2020 in Rückstand gewesen, als der Widerruf der Zuweisung mit Bescheid vom 17. Dezember 2020 ausgesprochen worden sei. Die Beklagte übersehe jedoch, dass die Markthallen aufgrund des Stadtratsbeschlusses vom 3. Dezember 2020 ermächtigt gewesen wären, auf den vom Kläger zu zahlenden Festanteil der Gebühren für den gegenständlichen Zeitraum Oktober und November 2020 zu verzichten. D.h. die von der Beklagten begehrten Zahlungen, welche zur Grundlage für den Widerruf der Nutzung gemacht würden, wären zum Zeitpunkt des Ausspruchs des Widerrufs nicht fällig gewesen und seien daher nicht geeignet, diesen zu tragen. Die Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, der Kläger habe nichts dazu dargetan, was in seiner Person die Annahme eines, den Verzicht begründenden Härtefalles rechtfertigen würde. Dem Kläger sei, als er hierzu am 9. September 2020 gegenüber einem Mitarbeiter der Markthallen habe vortragen wollen, mitgeteilt worden, dass er für den diesbezüglichen Vortrag zu spät dran sei. Der Kläger habe also nicht wissen können, dass er zumindest auf Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 3. Dezember 2020 berechtigt gewesen wäre, durch entsprechenden Vortrag die Suspendierung bzw. den Verzicht seiner Pflicht zur Zahlung des Festanteils seiner Nutzungsgebühr zu erreichen. Es könne nicht dem Kläger zur Last gelegt werden, dass die Beklagte ihn nicht oder nur unzureichend darüber informiert und belehrt habe, dass er aufgrund der Beschlüsse des Stadtrats vom 19. Mai 2020 und 3. Dezember 2020 berechtigt gewesen wäre, durch Vortrag zu seiner Härtefallsituation eine Suspendierung oder den Verzicht auf seine Verpflichtung zur Zahlung der Nutzungsgebühren zu erreichen. Tatsächlich sei diese Härtefallsituation dadurch eingetreten, dass dem Kläger die Möglichkeit genommen worden sei, durch ein ausgedehntes Imbissangebot den von ihm vormals geschaffenen Kundenstamm zu halten. Dann hätte er auch während der Phase des Lockdowns einen ausreichenden Umsatz generieren können, um seine Nutzungsgebühren weiter zu zahlen.
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Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 28. April 2021, die Ausführungen des Klägers in Bezug auf sein Sortiment und die von ihm gewünschte Sortimentserweiterung seien im gegenständlichen Verfahren nicht von Bedeutung. Der Umfang des Sortiments ergebe sich aus der Zuweisung und beinhalte nicht die Zubereitung warmer Speisen. Sofern ein wirtschaftlicher Betrieb des Standes zu den in der Zuweisung festgelegten Bedingungen für den Kläger nicht möglich sein sollte, bestünde die Möglichkeit, die Zuweisung zurückzugeben. Ein Anspruch auf Ausweitung des Sortiments gegenüber der Beklagten bestehe nicht. Die Behauptung, der Kläger habe am 9. September 2020 telefonisch bei einem Mitarbeiter der Beklagten eine Stundung der offenen Beträge beantragt, werde bestritten. In den Akten sei hierzu kein Vermerk zu finden. Der namentlich genannte Mitarbeiter könne sich an ein entsprechendes Telefonat nicht erinnern. Insbesondere erscheine es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger mit dem Hinweis einer bereits abgelaufenen Frist abgewiesen worden sein sollte, da eine solche Frist nicht existiere. Dem Mitarbeiter sei lediglich ein Gespräch mit der Mutter des Klägers in Erinnerung, das er im Rahmen der Marktbegehung am 9. September 2020 geführt habe. In diesem Gespräch sei es jedoch um eine fehlerhafte Überweisung im Rahmen von Bußgeldern und nicht um ausstehende Mindestmietgebühren gegangen. Entgegen der Darstellung des Klägers führe die Möglichkeit, Erleichterungen aufgrund der Stadtratsbeschlüsse vom 19. Mai 2020 und 3. Dezember 2020 auszusprechen, nicht dazu, dass die Gebühren nicht fällig würden. Der Kläger führe aus, sein Marktstand sei zwischen dem 25. Mai 2020 und dem 4. November 2020 durchgehend geöffnet und er selbst anwesend gewesen. Bei mehrfachen Marktbegehungen durch Mitarbeiter der Beklagten habe der Stand von außen geschlossen gewirkt. In der Akte dokumentiert sei dieser Zustand am 9. September 2020 und am 15. September 2020, an dem die Mitarbeiter der Beklagten den Laden direkt aufgesucht hätten.
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Mit Schreiben vom 29. April 2021 wurden seitens der Beklagten drei Meldungen der Marktaufsicht betreffend den Stand des Klägers vorgelegt, wonach dieser am 28. April 2021 einen - in Kopie vorgelegten - Flyer auf dem Viktualienmarkt verteilt habe, auf dem für den Verkauf veganer Kebabs am Marktstand des Klägers geworben werde. Zudem seien - zwei diesbezügliche Lichtbilder wurden ebenfalls vorgelegt - die Umhausung des Stands erneuert und neue Werbeaufkleber in Bezug auf das neue Sortiment angebracht worden. Schließlich sei am 29. April 2021 gegen 12 Uhr auch der mehrfache Verkauf der beworbenen Kebabs beobachtet worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Eilverfahren M 7 S 21.125, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der streitgegenständliche Bescheid vom 17. Dezember 2020 ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen.
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Der Widerruf der Zuweisung des streitgegenständlichen Marktstandes (Nr. 1 des Bescheids) ist auf der Grundlage von § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung vorliegend zurecht erfolgt.
24
Nach § 1 Abs. 1 Markthallen-Satzung betreibt die Beklagte die Markthallen, zu denen unter anderem die ständigen Lebensmittelmärkte wie der Viktualienmarkt gehören, als öffentliche Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO. Gemäß Art. 21 Abs. 1 GO bemisst sich das Recht zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung „nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften“, hier insbesondere nach den in der Markthallen-Satzung festgelegten Zulassungs- und Benutzungsregelungen. Im Satzungswege kann auch der Kreis der zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung Anspruchsberechtigten festgelegt werden. Eine solche Festlegung hat die Beklagte getroffen, indem sie in § 3 Markthallen-Satzung nicht nur die Kunden, sondern auch die Gewerbetreibenden - etwa Zuweisungsnehmer im Sinne von § 3 Nr. 1 Markthallen-Satzung - als Benutzer der öffentlichen Einrichtung „Markthallen“ definiert hat. § 5 Markthallen-Satzung regelt die Möglichkeiten der Beendigung einer einmal erteilten Zuweisung unter anderem in Form von zwingenden und fakultativen Widerrufsgründen. Flankierend hierzu sieht § 6 Nr. 3 Markthallen-Satzung die Pflicht zur Räumung und Übergabe der zugewiesenen Objekte nach erfolgtem Widerruf der Zuweisung vor. Gemäß § 5 Abs. 4 Markthallen-Satzung, der durch verschiedene Regelbeispiele ausgeformt und konkretisiert wird, kann die Zuweisung jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden, sofern der vorübergehende Ausschluss nach § 16 Markthallen-Satzung keine ausreichende Gewähr für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen bietet.
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Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Satzungsbestimmung, die eine Berufsausübungsregelung im Sinn des Art. 12 GG darstellt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Als Ausfluss der verfassungsrechtlich verbürgerten Selbstverwaltungsgarantie sind die Gemeinden grundsätzlich dazu befugt, den Zugang zu ihren öffentlichen Einrichtungen im Wege von Benutzungsbedingungen auszugestalten und den Benutzungsanspruch beispielsweise durch zeitliche Befristungen, Kapazitätsbegrenzungen oder inhaltliche Vorgaben zu beschränken. Hierzu gehört auch das Recht, in der Benutzungssatzung Beendigungstatbestände für die Benutzung der öffentlichen Einrichtung vorzusehen, etwa - wie hier - bestimmte Widerrufsgründe für die Standplatzzuweisung bei Unzuverlässigkeit, bei Nichteinhaltung der Benutzungsbedingungen oder bei einrichtungsbezogenen Verstößen von einem gewissen Gewicht zu normieren. Damit wird zugleich den Vorgaben des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG - Rechnung getragen, der den Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte vorsieht, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist. Als Rechtsvorschriften in diesem Sinn sind auch satzungsrechtliche Regelungen anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 - 4 CS 17.2083 - juris Rn. 14 ff. m.w.N.).
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Nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung, auf den sich der streitgegenständliche Bescheid stützt, kann die Zuweisung jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden, insbesondere wenn der Zuweisungsnehmer trotz Mahnung und Hinweises auf die Folgen mit den fälligen Gebühren länger als einen Monat im Rückstand bleibt. Nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 und 2 Markthallen-Gebührensatzung werden die Gebühren für Verkaufseinrichtungen auf den Lebensmittelmärkten als Jahresgebühr in Prozentsätzen von dem im Objekt erzielten Jahresnettoumsatz erhoben. Als Mindestgebühr werden feste Monatsgebühren erhoben, die auf die Jahresgebühr angerechnet werden. Nach § 6 Abs. 1 Markthallen-Gebührensatzung werden die bekannt gegebenen Monatsgebühren jeweils am 3. Werktag des Monats, für den sie zu entrichten sind, fällig und sind ohne gesonderte Aufforderung an die Markthallen zu bezahlen.
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Der Kläger ist bis zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Widerrufs mehrfach mit fälligen Gebühren länger als einen Monat im Rückstand geblieben. Die Mindestgebühren für Juli 2020, fällig seit 3. Juli 2020, für August 2020, fällig seit 4. August 2020, und für September 2020, fällig seit 3. September 2020, wurden erst mit Zahlung vom 8. bzw. 9. Dezember 2020 beglichen. Der Kläger war somit mehr als fünf bzw. vier und drei Monate mit der Zahlung der jeweils fälligen Gebühr im Rückstand geblieben. Die Mindestgebühr für Oktober 2020, fällig seit 3. Oktober 2020, für November 2020, fällig seit 4. Oktober 2020, und Dezember 2020, fällig seit 3. Dezember 2020, waren im Zeitpunkt des Widerrufs noch ausständig. Mit den Monatsgebühren für Oktober und November 2020 war der Kläger zu diesem Zeitpunkt ebenfalls bereits länger als einen Monat im Rückstand.
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Entgegen dem klägerischen Vortrag fehlt es vorliegend auch nicht an der Fälligkeit der jeweiligen Gebühr aufgrund der den Markthallen durch Stadtratsbeschluss eingeräumten Möglichkeit zur Stundung bzw. zum Erlass von Gebühren. Sowohl der Erlass als auch die Stundung setzen eine entsprechende Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner voraus (vgl. zum Erlass § 397 Abs. 1 BGB; zur Stundung vgl. Grothe in MüKoBGB, 8. Aufl. 2018, § 205 Rn. 3). Während der Erlass das Schuldverhältnis zum Erlöschen bringt - sich die Frage der Fälligkeit mithin nicht mehr stellt - bewirkt die Stundung zwar grundsätzlich, dass die Fälligkeit bei bestehenbleibender Erfüllbarkeit hinausgeschoben wird (vgl. Krüger in MüKoBGB, 8. Aufl. 2019, § 271 Rn. 22). Dies setzt jedoch eine entsprechende Stundungsabrede der Parteien voraus. Eine entsprechende Vereinbarung wurde vorliegend unstreitig nicht geschlossen. Der Einwand der Klägerseite, die von der Beklagten begehrten Zahlungen, welche zur Grundlage für den Widerruf der Nutzung gemacht würden, wären aufgrund der den Markthallen durch Stadtratsbeschluss eingeräumten Verzichtsmöglichkeit zum Zeitpunkt des Ausspruchs des Widerrufs nicht fällig gewesen und seien daher nicht geeignet, diesen zu tragen, verfängt daher nicht.
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Die rückständigen Gebühren wurden auch sämtlich angemahnt. Eine eindeutige und bestimmte Leistungsaufforderung (vgl. Ernst in MüKoBGB, 8. Aufl. 2019, § 286 Rn. 51) liegt jeweils in Gestalt der Schreiben der Markthallen vom 4. September 2020 hinsichtlich der Mindestgebühren i.H.v. jeweils 545,43 EUR für Juli bis einschließlich September 2020, vom 6. Oktober 2020 hinsichtlich der Mindestgebühren für August bis einschließlich Oktober 2020, vom 21. Oktober 2020 hinsichtlich der Mindestgebühren für September und Oktober 2020, vom 26. November 2020 hinsichtlich der Mindestgebühren für Oktober und November 2020 und vom 15. Dezember 2020 hinsichtlich der Mindestgebühren für November und Dezember 2020 vor. In diesen wurde jeweils unter Auflistung der anzumahnenden Gebühr und unter Fristsetzung die Zahlung der fälligen Posten angefordert. Für den Fall der nicht fristgerechten Zahlung wurde jeweils die zwangsweise Einziehung der Forderungen durch das Kassen- und Steueramt angedroht.
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Der nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung erforderliche Hinweis auf die Folgen nicht fristgerechter Begleichung der trotz wiederholter Mahnungen und Zahlungsaufforderungen angelaufenen Gebührenrückstände erging mit Schreiben vom 23. November 2020, dem Kläger zugegangen am 3. Dezember 2020.
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Damit lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung im maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung vor. Der Kläger war im Zeitpunkt des Widerrufs mit den fälligen Gebühren für Oktober und November 2020 trotz Mahnung und Hinweises auf die Folgen länger als einen Monat im Rückstand geblieben. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob der Widerrauf daneben trotz nachträglicher Begleichung im Dezember 2020 auch auf die rückständigen und sämtlich angemahnten Gebühren für die Monate Juli bis September 2020 gestützt werden könnte.
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Bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen liegt die Entscheidung über den Widerruf („kann“) im pflichtgemäßen Ermessen der Markthallen. Hinsichtlich dieser Ermessensentscheidung legt § 114 Satz 1 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang fest. Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2016 - 10 C 8/15 - juris Rn. 13).
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Danach stellt sich der Widerruf der Zuweisung vorliegend nicht als ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig dar. Die Markthallen haben insbesondere erkannt, dass ihnen hinsichtlich des Widerrufs Ermessen zukommt und dieses durch entsprechende - wenn auch recht knappe - Erwägungen ausgefüllt. So ist es nicht zu beanstanden, dass die Markthallen in Ermangelung einer Stellungnahme seitens des Klägers auf das Anhörungsschreiben vom 23. November 2020 hin davon ausgegangen sind, dass bei Fortbestand des Zuweisungsverhältnisses mit einem weiteren Auflaufen rückständiger Beträge zu rechnen ist. Der Kläger, der trotz wiederholter Mahnungen seinen Zahlungsverpflichtungen über bis zu fünf Monaten nicht nachgekommen ist, hat Sachgründe, die eine Abstandnahme von der bei entsprechendem Zahlungsverzug grundsätzlich vorgesehenen Widerrufsmöglichkeit im Einzelfall rechtfertigen könnten, weder rechtzeitig noch substantiiert vorgetragen. Zwar behauptet der Kläger im Klageverfahren, gegenüber den Sachbearbeitern der Beklagten telefonisch bekundet zu haben, dass er pandemiebedingt in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei und daher um eine „Stundung“ der Forderungen bitte; bei diesem Telefonat am 9. September 2020 sei er jedoch mit seinem Anliegen wegen Verspätung zurückgewiesen worden. Dieses pauschale - beklagtenseits ausdrücklich bestrittene und nicht in der Behördenakte dokumentierte - Vorbringen wäre - auch bei Wahrunterstellung - ohne die Vorlage konkreter Nachweise über seine pandemiebedingte Notlage nicht als substantiierter Vortrag zu den Gründen seines Zahlungsverzugs zu werten. Mit E-Mail vom 17. bzw. 18. März 2020 wurden die Zuweisungsnehmer - auch der Kläger (s. Behördenakte Bl. 260, 254) - über die Möglichkeiten der Beantragung staatlicher Corona-Soforthilfen sowie der Beantragung eines Verzichts der Markthallen auf die laufende Vorauszahlung zur Jahresumsatzgebühr unter Beifügung entsprechender Antragsformulare informiert. Zudem hat die Beklagte mit Stadtratsbeschlüssen vom 19. Mai 2020 bzw. vom 3. Dezember 2020 weitere Möglichkeiten vorgesehen, um bei entsprechendem Nachweis Zahlungserleichterungen gegenüber Zuweisungsnehmern, die pandemiebedingt in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, durch die Markthallen gewähren zu lassen. Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren nichts dahingehend vorgetragen, warum er von einer entsprechenden Antragstellung abgesehen hat und stattdessen die Zahlungsrückstände hat auflaufen lassen. Auch die für die begehrte Stundung erforderlichen Nachweise, wie insbesondere seine objektive Existenzgefährdung, seine Bedürftigkeit, eine erfolglose Antragstellung für staatliche Soforthilfen, das Fehlen anderweitiger Beseitigungsmöglichkeit des Liquiditätsengpasses, hat er gegenüber den Markthallen weder erbracht noch ihr Vorliegen auch nur behauptet. Eine Stellungnahme zu den ab Oktober 2020 aufgelaufenen Zahlungsrückständen erfolgte unstreitig zu keinem Zeitpunkt. Spätestens aber mit Zugang des Anhörungsschreibens, indem explizit darauf hingewiesen wurde, dass eine Kontaktaufnahme bezüglich der Zahlungsrückstände nicht erfolgt sei, hätte der Kläger erkennen müssen, dass den Markthallen keinerlei Gründe für seinen Zahlungsverzug bekannt geworden sind. Auch zu diesem Zeitpunkt hätte er noch die Möglichkeit gehabt, einen entsprechenden Vortrag nachzuholen bzw. zu wiederholen. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger jedoch ebenfalls keinen Gebrauch gemacht. Die Behörde hat daher pandemiebezogene Erwägungen ihrer Ermessensentscheidung über den auf die Gebührenrückstände für Oktober und November 2020 gestützten Widerruf in nicht zu beanstandender Weise nicht zugrunde gelegt. Die Markthallen durften auch annehmen, dass der Zuweisungswiderruf eine geeignete und erforderliche Maßnahme darstellt. Mildere Mittel zur Gewährleistung künftiger Zahlungen durch den Kläger waren nicht ersichtlich. Insbesondere würde eine Gestattung der vom Kläger begehrten Sortimentserweiterung kein milderes, gleich geeignetes Mittel darstellen. Ungeachtet dessen, dass ein Anspruch auf die begehrte Erweiterung im Hinblick auf den Marktzweck tatsächlich nicht bestehen dürfte, würde die bloße Gewährung einer Sortimentserweiterung auch nicht gleichermaßen effektiv sicherstellen, dass der Kläger künftig zuverlässig keine Zahlungsrückstände mehr auflaufen lassen würde.
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Gründe, die gegen die Angemessenheit des Widerrufs sprechen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere hätte die nach der Anhörung erfolgte Teilzahlung, mit der die Gebührenrückstände für Juli bis September 2020 beglichen wurden, die Behörde nicht veranlassen müssen, aus Ermessensgründen vom Widerruf der Zuweisung abzusehen. Zwar kann eine nachträgliche Begleichung im Rahmen des Ermessens angemessen zu berücksichtigen sein. Jedoch hat der Kläger vorliegend weder den gesamten rückständigen Betrag beglichen, noch sich in irgendeiner Weise bemüht, das Ausbleiben des weiteren rückständigen Betrags für die Monate Oktober bis Dezember 2020 gegenüber den Markthallen zu erklären. Vielmehr erfolgte seitens des Klägers diesbezüglich ebenfalls überhaupt keine Kontaktaufnahme mit den Markthallen. Die Markthallen sind mangels anderweitiger Erklärungen und Informationen daher zurecht davon ausgegangen, dass der Kläger auch künftig Zahlungsrückstände ohne weitere Erklärung auflaufen lassen würde. Die Entscheidung stellt sich auch nicht als unverhältnismäßig dar. Hinreichende Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Auch hat der Kläger nicht vorgetragen, dass eine unzumutbare Existenzgefährdung mit der Maßnahme verbunden wäre. Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller mit seinem Konditorei-, Bäckerei- und Imbissverkauf keine alternativen Betätigungsmöglichkeiten im Stadtgebiet mit zumutbarem Aufwand finden könnte.
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Auch die im Übrigen seitens des Klägers im Hinblick auf die Ermessensausübung geäußerten Bedenken führen zu keiner anderen Beurteilung.
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Die Markthallen haben zurecht keine Ermessenserwägungen betreffend Art. 240 § 2 EGBGB angestellt. Ungeachtet der Frage, ob die Norm zur Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen auf öffentlich-rechtliche Zuweisungsverhältnisse überhaupt Anwendung findet, gilt das dort vorgesehene Kündigungsmoratorium lediglich hinsichtlich solcher Zahlungsansprüche, deren Fälligkeit im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 liegt. Die streitgegenständlichen Zahlungsrückstände sind jedoch unstreitig erst nach dem 30. Juni 2020 fällig geworden, sodass eine Anwendbarkeit der Norm bereits aus diesem Grund ausscheidet.
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Auch § 313 BGB steht vorliegend der Rechtmäßigkeit des Widerrufs nicht entgegen. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn sich nachträglich die zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ändern, sind für den Verwaltungsvertrag (Art. 60 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) und Verwaltungsakte (Art. 48 ff. BayVwVfG) spezialgesetzlich geregelt (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2020 - 3 ZB 19.556 - juris Rn. 11). Dem Verwaltungsakt ist eine einseitige Rechtsfolgensetzung durch die Behörde eigen, während der Verwaltungsvertrag seiner Natur als Kooperationsform nach Rechtsfolgen aufgrund eines Konsenses zwischen mindestens zwei Parteien herbeiführt (Brüning/Bosesky in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 54 Rn. 68). Bereits aus diesem Grund bestehen Zweifel daran, ob die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf durch Verwaltungsakt geregelte Rechtsverhältnisse überhaupt Anwendung finden können. Jedenfalls wäre die begehrte Vertragsanpassung jedoch nicht kraft Gesetzes eingetreten, sondern hätte den Abschluss eines entsprechenden „Änderungsvertrags“ zwischen den Parteien erfordert. Im Rahmen des Art. 60 BayVwVfG muss die berechtigte Partei die Anpassung des Vertrags gegenüber der anderen Partei verlangen (vgl. Brosius-Gersdorf in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 60 Rn. 68). Mit einem entsprechenden Anpassungsverlangen in Bezug auf das Zuweisungsverhältnis ist der Kläger jedoch vor Bescheidserlass nicht an die Markthallen herangetreten. Des Weiteren wäre die Berufung auf eine Grundlagenstörung im Rahmen von Vertragsverhältnissen überhaupt nur dann zulässig, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnisses unabweislich erscheinen würde. Die Formel dient der Rechtsprechung dazu, eine Abwägung aller Einzelfallumstände nach Treu und Glauben vorzunehmen (vgl. Finkenauer in MüKoBGB, 8. Aufl. 2019, § 313 Rn. 76). An der Unzumutbarkeit für den Kläger bestünden aber jedenfalls insoweit Zweifel, als die Beklagte in Reaktion auf die besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie mit den Stadtratsbeschlüssen vom 19. Mai 2020 und vom 3. Dezember 2020 gerade umfassende Möglichkeiten für die Markthallen vorgesehen hat, innerhalb der bestehenden Zuweisungsverhältnisse für einen einzelfallbezogenen Ausgleich von coronabedingt entstandenen Nachteilen bei entsprechendem Nachweis sorgen zu können. Zudem bestand für den Kläger die Möglichkeit, staatliche Soforthilfen zu beantragen oder einen Verzicht der Markhallen auf die Vorauszahlungen auf die Jahresumsatzgebühren zu beantragen. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger von keiner dieser Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat und insbesondere auch nicht die für die Zahlungserleichterungen nach den Stadtratsbeschlüssen erforderlichen Nachweise (insb. objektive Existenzgefährdung, Bedürftigkeit, keine Soforthilfen trotz rechtzeitiger Antragstellung, keine anderweitige Beseitigungsmöglichkeit des Liquiditätsengpasses) gegenüber den Markthallen erbracht hat, wäre bereits nach den Grundsätzen von Treu und Glauben vorliegend ein Bedürfnis für die Anwendung des höchst subsidiären Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht anzuerkennen.
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Auch gegen die mit dem Widerruf der Zuweisung verbundene notwendige Anordnung in Nr. 2 des Bescheids (Verpflichtung zur Räumung und Rückgabe des Objekts) bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Folgeentscheidung dient der Umsetzung des Widerrufs der Zuweisung. Sie stellt die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der Nutzungsberechtigung durch sofortige Rückgabe des zuweisungsgegenständlichen Objekts sicher und folgt für den Fall des Widerrufs der Zuweisung nach § 5 Abs. 4 Markthallen-Satzung verbunden mit einer behördlichen Sofortvollzugsanordnung unmittelbar aus § 6 Nr. 3 Markthallen-Satzung. Hinsichtlich der Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 4) und der Kostenentscheidung (Nr. 5) sind rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Nach all dem ist die Klage unbegründet und war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.